1847 / 126 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

nur das Recht dazu statuiren wollen. Jch bin überzeugt, daß, wenn 12, 14 und, im ausgedehntesten Falle, 24 Mitglieder der zweiten Kurie hier zu- hören fönnen, den Wünschen Vieler genügt sein wird. Jch glaube niht, daß die Mitglieder der zweiten Kurie verlangen werden, Se. Majestät zu bitten, eine dieser prachtvollen Wände niederzureißen, um besser Zutritt zu haben, sondern sie werden E daß wir ihnen nur bieten fönnen, was wir haben. Ein altes, freies, stamm- verwandtes Land, in vielen constitutionellen Verhältnissen und parla= mentarischen Beziehungen uns ein Vorbild, ein Land, welches sehr eifersüchtig auf seine Freiheiten und Rechte is, hat dies dur Hun- derte von Jahren für vollkommen ausreichend gefunden. Vlejenigen, welche dieses Land besucht haben, werden wissen, daß nur ein enger und dunkler Raum den Mitgliedern des anderen Hauses übrig ist, wenn sie den Verhandlungen des ersten Haujes beiwohnen wollen. Dieser Raum i} viel dunkler und unansehnlicher, als der, (welcher uns hier geboten is. Zch gehe aber über den Räumlichkeitspunkt hinweg und erlaube mir, auf einen anderen Punkt aufmerksam zu machen. Als ih mir erlaubte, über die Mangelhaftigkeit und Ein- seitigkeit der früheren stenographischen Protokolle Bemerkungen zu machen, hatte ich geho, es würden. in Folge besser geordneter stte- nographischer Berichte die Verhandlungen sehr rasch gedruckt wer= den fönnen. Dies ist nicht geschehen; es 1} auch durchaus nicht meine Absicht, heute diese Debatte wieder aufzunehmen und zu fragen, warum es nit geschehen is; ich werde mir nur erlauben, die Trage an die Versammlung zu richten, wenn etwas in der anderen Kurie debattirt wird, was höchst lehrreich, interessant und von dringender Nothwendigkeit ist, ob es uns nicht erfreuen, uns nicht angenehm sein wird, das zu hören, was in kurzem in unserer eigenen Mitte be- rathen werden wird, Was wir aber begehren, müssen wir auch bie-

ten, Was nun diese Petition anbetrifft, so möchten mir Ew.

Durchlaucht erlauben, auf einen Punkt des Vortrages zurückzukommen,

den ih die Ehre hatte, in voriger Woche zu halten, das ist auf das

Vertrauen, welches wir viel mehr beanspruchen müssen, als die zweite

Versammlung, Als Se. Majestät geruht haben, der Herren-Kurie

diese Stellung zu geben und die Versammlung zu berufen, haben sich

viele Stimmen dagegen ausgesprochen und sprechen sich noch heute

dagegen aus. Jch will als Beispiel nur die Petition des Abgeord-

neten Hirsch und die Papiere, die vor mir auf dem Tische liegen,

anführen; sie beweisen, daß man uns nicht überall vollständig und

Vertrauen einflößend hingestellt findet. Wir werden uns aber als

erste Versammlung bewähren, wenn wir uns so parlamentarisch tüch-

tig vor unseren Kollegen der zweiten Kurie zeigen, wie cs für das

Ganze heilsam und nothwendig is. Jch glaube nicht, daß sich etwas

Erhebliches dagegen wird einwenden lassen, Jch würde Ew. Durch-

laucht bitten, die Frage wegen der Thüren außer Spiel zu lassen und

darauf anzutragen, ob vielleicht der Königl. Kommissar, der hier Se.

Majestät vertritt, hier in dieser Halle, in der wir uns befinden,

einen Ausweg finden dürfte, ohne die Sahe aus Räumlichkeits-

Rücksichten und hÿgienischen Bemerkungen zurüzuweisen und zu

deprimiren.

- Marschall: Jch befinde mih eben in dem Falle, der meistens, beinghe immer eintritt, wenn Rede und Gegenrede gewechselt wer- den, nämlich, daß ich Manchem von dem, was der geehrte Redner geaußert hat, beistimme, Anderem meine Beistimmung versagen muß, Wenn er die Rücksicht auf den Raum, auf die Oertlichkeit für eine ganz untergeordnete Sache, für aller Beachtung unwürdig hält, so muß ih dem widersprechen. Nicht blos hygienische Rücksichten haben mich veranlaßt, dieses zur Sprache zu bringen , sondern auch höhere. Nicht allein die Rücksicht, die der geehrte Redner voranstellte, sondern auch andere und gerade solche, in welchen ih mit ihm übereinstimme. Er sagte, was man in Anspruch nehmen will, das müsse man Ande- ren auch bieten, und wir müßten daher der anderen Kurie bieten, was wir hätten. Hier stimme ih mit ihm überein; ih seße hinzu, daß wir eben nihts haben, um es der anderen Kurie zu bieten. Deun dem würde ih mich von meinem Standpunkte s{chon als Vorsiben der der Versammlung widerseßen müssen, daß die vier Thüren geöffnet wür- den, zwar nicht alleiín aus hygienishen Rücksichten, sondern ih würde veranlassen, daß, wenn tie Mitglieder der anderen Kurie irgendwo hier Plaß genommen hätten, nachher die Thüren geschlossen würden, und, indem ich dies thâäte, würde ih mich vollkommen in meinem Rechte besinden. Zwischen 4 offenen Thüren lassen sich keine Sibungen hal- ten, Jn einer anderen Beziehung stimme ih wieder mit dem geehr- ten Redner überein, und ih widersprehe sogar, wenn er der Meinung sein sollte, daß er lieber, als ich, den Sibungen der anderen Kurie bei= wohnte; dem widerspreche ih, indem ih behaupte, daß ih vollkom- men eben so gern diesen Sißungen beiwohnen würde, wie der ge- ehrte Redner selbst, Wenn er aber hinzufügte, daß nur dann dies mögli is, wenn wir den Mitgliedern der anderen Kurie auch hier Pläte anbieten, so hat er dadurch selbst gesagt und mit anderen Wor- ten ausgedrückt, daß sein Antrag fallen müsse, eben deshalb, weil wir feine Pläbe haben, um sie der anderen Kurie zu bieten, und weil ich mich in der Unmöglichkeit zu befinden erkläre, diese Pläbe zu ver=

\chaffen.

Domprobst von Krosigk: Meine Herren! Indem ich mich Ihnen als das Mitglied des Ausschusses vorstelle, welches in der Aus\huß-Berathung in der Minorität geblieben is, wenn man anders eine vereinzelte Stimme unter Zehn als Minorität bezeichnen fann, bitte ich um Erlaubniß, mein Votum mit einigen Worten mo- tioiren zu dürfen. Jch erachte es für eine der unerläßlichsten Pflich- ten der dur das Gesez vom 3. Februar c. ins Leben E ersten landständischen Versammlungen dieses Gesebß in Verbindung mit der ständischen Gesebgebung aus dem Zahre 1823 in seiner Jntegri- tät zu bewahren. / S

Marshall: Wird uns dies nicht zu weit führen ?

Domprobst von Krosigk: Jch habe geglaubt, diese Worte vorausschicken zu dürfen, um mich sowohl für alle Zukunft als auch E, Gegenstand dieser Debatte vollkommen verständlich zu machen. L

Marschall: Es wäre aber doch wünschenswerth, nicht so tief darauf einzugehen. ' (

Domprobst von Krosigk: Es it uns im Laufe ‘der Debatte vorgetragen worden, welche geringfügigen Anfänge die Oeffentlichkeit in anderen Ländern gehabt hat, in Ländern, die Constitutionen besiben Constitutionen, die jedoch auf anderer Basis beruhen als unsere Ver- fassung und von dieser in mehr oder minder wichtigen Punkten gb- weichen. Es ist nachgewiesen worden, wie in diesen Ländern Dezen- nien und Jahrhunderte dazu gehört haben, die öffentliche Tribüne bis zu ihrem gegenwärtigen Umfange auszubilden, Es ist unschwer zu ermessen, meine Herren, daß die für jeßt beantragte beschränkte Oeffentlichkeit uns auf gleihem Wege und wahrscheinlich in fürzerer Zeit zu gleichem Resultate der Oeffentlichkeit der Tribünen führen werde. Diese Besorgniß ist auch im Ausschusse nicht unerörtert ge- blieben, Man hat dagegen eingewendet, daß es ja in der Hand der Kurien beruhe, die Ausdehnung weiterhin zu beantragen oder abzu- lehnen. Jch erlaube mir aber, dem Herrn Antragsteller ins Gedächt- niþ zurückzurufen, daß er bei Berakhung über Beschränkung oder Ausdehnung der Oeffentlichkeit durch stenographirte Protokolle, also faum vor 8 Tagen, die unbedingte Veröffentlichung der stenographir- ten Verhandlungen für nothwendig erachtete, „wenn keine Beffent- lichkeit der Sibungen stattfände““. Das sind die eigenen Worte,

644

Jebt, nahdem die Kurie unter dieser Vorausseßung die unbeschränkte Veröffentlichung der Landtags-Verhandlungen durch die Stenographie votirt hat, geht er einen Schritt weiter und beantragt vorerst die beschränkte EEDIS der Sizungen. Die unbeschränkte Tribüne wird, wie ein Glied der Kette dem anderen, unverweilt nafolgen. Meine Herren, ih lasse die Würdigung der Tribüne auf sich beru=- hen, sie hat ihre Vorzüge, sie hat ihre Nachtheile; aber sie ist kein Element unserer ständishen Verfassung, das Patent vom 3, Februar kennt fie niht. Aus diesem Grunde trete ih jedem Schritt ent-

gegen, der uns der Tribüne nähert. Wenden Sie mir nicht ein, daß bei fonsequenter Durchführung dieser Argumentation

jede Verbesserung unserer Verfassung ausgeschlossen sei, daß anstatt der beabsihtigten Stabilität weiterhin Stagnationen eintreten müssen, Das ist meine Ansicht nicht; ih halte dafür, daß auch wir dem Be- dürfniß der Zeit Schritt vor Schritt, aber mit Besonnenheit folgen müssen; das aber halte ih nit für die Aufgabe der Landstände, einem besonnenen und fonsequenten Öouvernement gegenüber ein Ge- seß, das wohlerwogene Resultat Jahre langer Berathungen und an- gestrengter Arbeiten, das noch nicht sein vierteljährlihes Jubi- aum gefeiert hat, systematish zu durchlöchern uud von allen Seiten anzubohren, wo es nicht von der dringendsten Nothwendigkeit ge- boten is, Möge man sich wenigstens die Folgen nicht verhehlen, die bei solchem Verfahren für das Lebens - Prinzip des ganzen Gesebes in Aussicht stehen. Bis zur Stagnation haben wir uo einen wei- ten Weg vor uns. Jch erlaube mir nun, mit wenigen Worten auf den materiellen, hauptsächlihen Stüßpunkt des gestellten Antrags zu= rüczukommen, der von der möglichst zu beshleunigenden Veröffent- lihung der Landtags = Verhandlungen und von den gegen unzeitige Verbreitung falscher Gerüchte zu ergreifenden Schußmitteln herge- nommen is, Es is eine- Erfahrung, die sih täglih erneuert, daß, je mehr sih die Communicationsmittel, sowohl intellektuelle als ma- terielle, vermehren, desto lauter die Klagen über Mangelhaftigkeit der- selben werden. Jch erinnere mích der Zeit, wo wir zufrieden waren, die Zeitungen zweimal wöchentlich und Nachrichten aus entfernten Ländern uach 3 oder 4 Wochen zu erhalten, Seit der Zeit sind Eisenbahnen und Schnellposten , Telegraphen und Elektro - Magnetis mus, Stenographie und Schnellpresse erfunden, aber die Klagen über Langsamkeit der Communicationsmittel sind deshalb nicht geringer ge- worden. Ob es in Beziehung guf Oeffentlichkeit der Sißungen durh die Deffnung der Tribünen der Fall sein wird, muß ih in Zweifel stellen, Sicherlih aber täuscht sich der Herr Antragsteller noch mehr, wenn er hofft, durch die vorgeschlagene Maßregel der Verbreitung falscher Gerüchte zuvorzuklommen. Jedermann weiß, welches Gewicht in Beziehung auf Zuverlässigkeit mündlichen Ver= breitungen beizulegen is, die auf Hörensagen beruhen,

Was die Räumlichkeit in diesem Saale anbetrifft, auf die ich mein Separat-Votum in der Abtheilung zum Theil gestüßt habe, o ist dieselbe bereits so vielseitig beleuchtet worden, daß es darüber keines Zusaßes von meiner Seite bedarf.

Marschall: Jch erkenne jeßt noch mehr, was ih im Anfange der Berathung mehr vermuthend erfannt habe, daß es nicht unnüß war, wenn ih im Anfange der Diskussion den Gesichtspunkt hin- stellte, von dem die Diskussion ausgehen möchte. Sie muß sich auf den Antrag gründen, der vorliegt, und wenn sie dabei bleibt, wird \ welchen ih im An-

ie auh von dem Grundsaß auszugehen haben, M als den aufstellte, von dem ausgegangen werden müsse, näm- lich von der Rücksicht auf die Oertlichkeit, Wenn mir auch vorge- worsen worden ist, daß diese Rücksicht eine untergeordnete und eine solche sei, die nicht füglih auf Beachtung Auspruch zu machen habe, so \cheue ich diesen Vorwurf um so weniger, als die Erfahrung ge- zeigt hat, wie richtig mein Vorschlag war, sich an diesen Punkt zu halten. Jch glaube, daß der Antrag, wie er gemaht worden ift, feine Veranlassung giebt, zu etwas Weiterem überzugehen, und ich glaube niht, daß wir, abgesehen von diesem Autrage, Beranlassung haben, auf irgend ein anderes Feld uns zu begeben, sondern ih muß wünschen, daß man bei diesem Gesichtspunkte beharre und von keinem anderen bei der Berathung ausgehen möge.

«ürst von Lyhnowski: Ew. Durchlaucht haben sehr richtig das bemerkt, wovon die Diskussion auszugehen hat, und dennoch möge mir erlaubt sein, dem geehrten Redner, der vorhin gesprochen und mich interpellirt hat, zu autworten, Jch befinde mi gegenwär- tig gerade in der verkehrten Lage, als das erstemal, wo ih das Wort ergriff. Vorhin kam mir, ih kann es nicht leugnen, dex An- trag etwas deprimirt vorz jeßt scheint er mir auf eine Höhe geho- ben zu werden, auf die ih nachzufolgen nicht im Stande bin, Jch habe allerdings hon in der Kommission, deren Mitglied ih zu fein die Ehre habe, den Fall gehabt, mit dem Herrn Redner in einer ganz verschiedenen Meinung mich zu befinden, und ih habe, wie sich das von selbst versteht , eine Meinung, die allein steht, ge- bührend respektirt, wie man jede Meinung zu respektiren hat ; ich kanu aber dem geehrten Redner nicht das Recht zugestehen, aus den Anträgen, die ih gestellt habe, auf diejenigen zu auguriren, die ih etwa noch stellen werde. Jch kann dem geehrten Redner auch nicht zugestehen, einem Antrage, dem von zehn Mitgliedern neun beige- stimmt haben, Männer, von denen mehrere in diesem Lande die glän=- zendsten Beweise ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten gegeben und die höchsten Staatsämter bekleidet haben diesem Antrage, sage ich, die Absicht unterzulegen , als sei er auf ein Durchlöchern, Durchbohren der Geseßbgebung vom 3, Februar gerichtet, ohne daß ih auf die anderen oratorischen Ausdrücke des geehrten Redners weiter eingehe. Zch überlasse das der Beurtheilung der hohen Versammlung. Cs lag in meinem Autrage etwas ganz Unschuldiges, und ih muß mit Verwunderung und Staunen vernehmen, daß, mit Ausnal, me des ge- ehrten Redners, der ganzen Kommission etwas entgangen is, was auf ein Durchlöchern und Durchbohren hinzielt und etwas höchst Schäd- lihes enthält, Jh würde mih noch weiter darüber auslassen, wenn nicht der Herr Landtags = Marschall selbst mir hätte mehr Gerechtig- feit widerfahren lassen. Nur über einen einzigen Punkt muß ih mir erlauben, dem geehrten Redner noch meine Meinung in Bezug auf das zu sagen, was ih über die stenographische Niederschrist aussprach. Jch habe gesagt: Wir haben noch keine Tribüne, also müssen wir wenigstens Stenographen bekommen, um Oeffentlichkeit zu haben, wenn - auch nur von dieser Seite her; ih habe aber nicht gesagt, daß, wenn wir die Tribüne haben, wir die Stenographen verlieren müssen. Jch abstrahire also von dem und komme auf die Oertlich- feit, Jch submittire mih da der Ansicht des Herrn Landtags-Mar- \halls, wenn Se, Majestät der König, unser Allerdurchlauchtigster Hausherr, findet, daß der Raum nicht geeignet sei, Wenn Aller- höchstdieselben aber finden sollten, daß der Raum geeignet sei, so werde ih mich nicht bescheiden und muß bitten, daß die Frage bean- tragt werde, : | j /

_ Landtags-Kommissar: Wenn es mir erlaubt ist, bei dem in Frage stehenden Antrage einige Worte zur Beleuchtung der Frage zu sagen, so ist es Folgendes: Bei der innigen Vereinigung der bei= den Kurien zu einem Allgemeinen Landtage, zu einer Plenar - Ver- sammlung, bei der durch die Stenographen vollendeten Veröffent- lihung der Verhandlungen beider kann es an und für sich keinem Be- denken unterliegen, die Mitglieder der einen Kurie zu den Berathun- gen der anderen Kurie zuzulassen, und es würdêé bei der Entwerfung

des Reglements wahrscheinlich eine solche Anordnung vorgesehen wor-

f den sein, wenn man nit in der Lokalität begründete und {wer zu beseitigende Hindernisse gefunden hätte. Der Saal, welcher zu den Plenar - Versammlungen dient, und in welchem die Kurie der drei Stände ihre Versammlungen hält, enthält eine Tribüne, welche hin- länglichen Raum für die gesammte Herren-Kurie umfaßt, und außer- dem sind ja die Pläve für sie in dem Saale selbst vorhanden, Die - ser Saal dagegen, welcher für die Versammlung der Herren - Kurie bestimmt ist, enthält eine Tribüne, von der es schr zweifelhaft ist, ob sie als ein Aequivalent anzusehen sei, denn abgesehen von ihrer Lage und Anorduung, enthält sie niht einmal so viel Raum, um uur eine mäßige Anzahl der Mitglieder der Kurie der drei Stände aufzunehmen, Die vorgeschlagene Oeffnung der Thüren, um diese Mit= glieder von den anstoßenden Räumen aus dur die Oeffnung der Thüren zuhören zu lassen, is ein Ausweg, der mir nicht ganz ge- eignet erscheint, und der au die Zustimmung Sr, Majestät des Kü-= nigs nicht finden dürfte, Sollte ein anderes Mittel aufzusinden sein, und sollten beide Kurien den Wunsch des gegenseitigen Besuches qus- sprechen, so glaube ich nicht, daß seitens des Gouvernements etwas dagegen zu erinnern wäre, vorausgeseßt jedoch, daß praktische Schwie- rigkeiten es nicht verhindern, und vorausgeseßt, daß die Kurie der drei Stände nicht eine Ungleichheit darin erkenne, daß die ganze Herren-Kurie an ihren Berathungen theilnehmen kaun, während nur eine unbedeutende Fraction jener Kurie der drei Stände den Be- rathungen der Herren-Kurie beizuwohnen in den Stand geseßt würde.

Graf von York: Nach dem, was ih von dem Königl, Kom-= missar gehört habe, is fast nihts mehr zu erörtern und zu erwiedern. Es bleibt nur noch übrig, daß, wenn wir den Vorschlag für geeignet halten, gegenseitig unseren Versammlungen beizuwohnen, wir ihn an die andere Kurie bringen. Wie er dann auszuführen i, wenn er auch von der anderen Kammer angenommen wird, das hängt nicht von unserer Bestimmung ab,

Graf von Keyserling: Als Mitglied der Abtheilung dieser Kurie, welche das Gutachten erstattet hat, habe ih hervorzuheben, daß nicht der Hinblick auf die Oeffentlichkeit der Verhandlungen, daß nicht der Anklang, der Eindruck und der Effekt, den die mündliche Rede auf den Zuhörer macht, die Kommission veranlaßt hat, den An= trag zu bevorworten, sondern nur der Gesichtspunkt der einheitlichen Organisation für den ganzen Landtag. Aus dieser Ansicht ist der Antrag bevorwortet; uud nicht als eine Petition, sondern als eine Anfrage an den Landtags-Kommissar: ob es uicht als ein neuer Vor- schlag, sondern als Juterpretation des Reglements zulässig sei, daß die Mitglieder der einen Kurie den Berathungen der anderen Kurie zuhören, Es wurde von dem Gesichtspunkt ausgegangen, daß in diesem Raum die Aufstellung von 6 bis § Stühlen genügen würde ; daß nur insoweit die Zulassung von Mitgliedern der anderen Ku- rie zu bevorworten sei, als der Raum in diesem Saale es gestatte; und daß dieses überhaupt der Beurtheilung und dem Ermessen der Marschälle überlassen werden solle, Es soll dieser Antrag nicht als eine Petition und als ein besonderer Antrag hingestellt werden, son- dern nur als ein Vorschlag anzusehen sein, wonach der Landtags- Kommissar zu ersuchen und bei ihm anzufragen sei, ob eine solche ge genseitige Theilnahme nah dem Reglement gestattet werde.

Marschall: Das bringt mich auf das zurück, was ih im Ein- gange gesagt habe. Angenommen, daß die Geneigtheit der Regie- rung, auf den Antrag einzugehen, auch die allergrößte sei, so stnde ih doch , daß , was diesen Saal anlangt, die Unmöglichkeit vorliegt, und so scheint die Frage zu stehen, wie weit zu gehen sci, ob die an= dere Kurie veranlaßt werden soll, uns den Zutritt zu gestatten, wäh rend ich bei der Ansicht beharren muß, daß es in diesem Saale eine Unmöglichkeit sei, den Mitgliedern der Kurie der drei Stände den Zutritt zu verschaffen. Jch überlasse der Versammlung, sich dahin zu einigen, ob sie angemessen erachte, den Zutritt in der Versamm lung der anderen Kurie in Anspruch zu nehmen, während wir nicht im Stande sind, den Mitgliedern derselben den Zutritt bei uns in irgend angemessener Weise anzubieten,

Graf von Solms=-Baruth: Die Diskussion scheint si vorzugsweise auf dem Felde der Oertlichkcit bewegen zu sollen. Rücksichtlich des Prinzips würde sih aber noch mehr dagegen sagen lassen, obgleich bis jeßt mehr dafür gesprochen worden is, Die Oertlichkeit scheint mir auch ein wesentlihes Moment zu sein, sie scheint durchaus die Zulassung von irgend einer beträchtlichen Anzahl der Mitglieder der Vereinigten Kurie ganz unmöglich zu machen, und dieser anderen Kurie eine Offerte zu machen, die in der Ausführung sich faum als anscändig zeigen dürfte, möchte ich bedenklich finden.

(Zeichen der Ueberraschung von einigen Seiten her.)

Jch wiederhole es, ich finde es bedenklich, weil id nicht für an= ständig erachten kann, daß die Mitglieder der anderen Kurie vor oder in den Thüren unseren Berathungen zuhören, Die Wfkalität ist einmal so, und ih glaube nicht, daß der Antrag des Jürsten von Lgchnowski dahin gehen wird, Se. Majestät den König zu ersuchen, uns einen anderen Saal einzuräumen. :

Fürst von Lychnowski: Jch kann mich durch das, was dex Herr Landtags-Marschall gesagt hat, eben so wenig, als durch die Worte des geehrten Mitgliedes aus Braudenburg, im geringsten in meiner Meinung irre machen lassen. Was die Worte „nicht anstän - dig“ anbetrisst, so werde ih mir erlauben, darauf anzutragen, diesen Ausdruck als unparlamentarisch aus der Debatte wegzulassen, Jch glaube nicht, daß die Kommission mit neun gegen eine Stimme einen Antrag, der unanständig gewesen wäre, ihrer Aufmerksamkeit würdig erachtet hâtte. i

Marschall: Jch fam diesen Ausdruck fkurzweg dahin erläutern, daß das geehrte Mitglied gesagt hat, es halte nicht für ganz anständig oder nicht für angemessen, daß von hier aus der Anspruch gemacht werde, in dem anderen Saale Zutritt zu haben, während die Verhältnisse unmöglich machen, daß die Mitglieder der jenseitigen Kurie in diesem Saale einen Plah finden. So habe ih es verstanden.

Graf von Solms=-Baruth: Allerdings it es so.

Fürst vou Lychnowski: Jh habe auch nicht daran gedacht, von einem anderen Saale zu sprechen. Was diese inkriminirten Thüren betrifft, so habe ih mit sehr vielen und bedeutenden Mitgliedern der anderen Kurie darüber gesprochen, und diese haben es als durchaus angemessen, alé sehr annehmbar und wünschenswerth gefunden, wenn diese zwei Thüren geöffnet und unter diese Stühle gestellt würden. An diese beiden Thüren hätten aht Stühle und hinter ihnen 10 bis 12 gestellt werden können, und dieser Plaß wäre noch immer besser gewesen, als die Art Loge in dem englischen Parlament.

Marschall: Jun dem alten oder neuen Parlamentshause? Fürst von Lychnowski: Natürlich in dem alten, Der Herr Referent hat aber einen anderen Plan mitgebracht, und diesen finde ih noch für besser. Jch bedaure, daß der Herr Regierungs - Kom-= missar hinausgegangen ist. Jch habe mit ihm über diesen Plan ge- sprochen, und er hat ihn wahrscheinlich nicht zuwiderlaufend den vozr ihm ausgesprochenen Ansichten gefunden.

Referent von Quast: Jn der Kommission is allerdings die Lokalität besonders berüdsichtigt und allgemein zugestanden worden, daß es in keiner Weise möglich wäre, ein Gleiches, wie in dem au= deren Saale, zu bieten, so daß sämmtliche Mitglieder der anderen Ku- rie hier aufgenommen werden könnten, Davon konnte nicht die Rede sein,

sondern nur davon, daß in irgend einer Weise eine Anzahl Mitglieder Zweite Beila2°

Z

N 126.

Zweite Beilage

645

zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Freitag den Tin Mgi.

A C C

der anderen Kurie ih gestatte mir den Ausdruck, wenn es auch ein Wort is, das verpönt sein sollte anständig aufgenommen wer= en fönnte. Als das Gutachten der Abtheilung bereits abgefaßt war, fam mir erst gestern Abend der Plan des Rittersaales zu Hülfe, und ih fand, daß es mögli sein dürfte, wenn auf jeder Seite 7 Sive wegsielen, die sich in der Mitte vereinigten, was 14 Pläße wären, e es würde dann so viel Plaß gewonnen, daß hinter denselben 3 e 4 Bänke aufgestellt werden könnten, die sih etwa in derselben Entfernung von einander, wie jene in dem anderen Saale, befänden, so daß der Plaß ungefähr für 60 bis 80 Personen in jeder Weise genügen würde, Dann würden aber auch die Sibe für die Herren Staats - Minister dort nicht bleiben können, sondern würden etwa zu den Seiten des Thrones anzubringen sein, und der Play für die dere MphEn und Protokollführer würde gleichfalls zu verän= ein,

L Marschall: Gegen viesen Vorschlag muß ih mich doch er- tlären, nicht nur deshalb, weil er ciner weiteren Erwägung und B rüfung zu unterliegen hat, sondern auch, weil er mir nicht vor der

erathung über diesen Gegenstand, sondern erst in diesem Augen- blie mitgetheilt worden ist, Außerdem scheint mir die dermalige Einrichtung dieses Saales fo izweckmäßig und is mit einer solchen Ersparniß angeordnet, daß ih eine andere Einrichtung nit für thunlich erachte, Der Sitz der Protokollführer und Stenographen jt in der Mite und läßt kaum genugsamen Raum für die Circula- tion, und da ich zu bemessen leiht im Stande bin, daß nicht füglich eine andere Einrichtung stattfinden kann, ohne die Mitglieder zu sehr zu been- gen, so muß ih mi gegen diesen Plan erklären, wie ih dies hiermit thue.

Fürst von Lyhnowski: Jch sehe nicht ein, wie dieser neue Plan ein Antezedens sein kann, das nicht durch die Debatte bedingt worden wäre, Es is weder in dem Vortrage, den der Herr Refc- rent gehalten hat, noch in meinem Antrage von Thüren u, f W, Die Rede. Es is nur von der Oertlichkeit überhaupt die Rede, und die Oertlichkeit bedingt sowohl meinen Plan, als auch den neuen. Jch fann niht absehen, wie Se. Durchlaucht darin etwas Neues erblicken wollen, was doch durch die Frage selbst, die wir berathen, involvirt worden ist.

__ Marshall: Neu ist für mich das, was mir in diesem Augen- blicke erst vorgelegt wird. i

__ Jürst von Lychnowski: Jch muß bemerken, daß ih das nicht fassez denn es heißt nur, es sei die Räumlichkeit aufzufinden, und diese muß aufgefunden werden, ob nun ein Mitglied diesen, das an- glei t Plan für angemessen hält, kann für die Frage selbst gleich= ültig sein.

Marschall: Um darauf zurücfzukommen, was ih gesagt habe, so hätte es die gewöhnlichste Rücksicht erfordert, daß dieser Plan nicht erst in diesem Augenblick mir mitgetheilt worden wäre.

Referent von Quast: Jch erlaube mir die Bemerkung, daß ich den größeren Plan des Sibungssaales erst gestern Abend erhalten habe. Was den jebt vorgelegten anlangt, so habe ih nicht geglaubt, daß ih ihn vor der Debatte selbst hätte beibringen müssen, da er nur zur Erläuterung meines mündlichen Vortrags dienen sollte.

i Fürst von Hohenlohe: Jh bemerke, daß der Plan der Ahb=- I nicht mitgetheilt worden is. Wir haben ihn noch gar nicht gesehen.

Graf von York: Jch möchte es für gleichgültig erklären, ob ein solher Plan vorgelegt wird oder niht; denn ih muß der An- sicht des Fürsten von Lychnowski beitreten, daß nicht wir zu bestim- men haben, es möge die Räumlichkeit in dieser Weise geschafft wer= den, was auch weder in seinem Rechte noch in seiner Absicht liegt. Er hat gar nicht die Absicht, einen solhen Plan zu geben. Es han- delt sih prinzipiell nur darum, zu untersuchen, ob die Mitglieder der einen Kurie den Sißungen der anderen Kurie beiwohnen können, Jn velcher Weise dies auszuführen sei, cheint mir niht Gegenstand un- serer Berathung zu sein, sondern wir müssen erwarten, in welcher Weise die Einrichtung beliebt wird.

Marschall: Es muß doch die Oertlichkeit selbst der Gegen- stand der Berathung sein können, und wenn ih hiervon das Gegen- theil annehmen wollte, so müßte ih erklären, daß ih von vornherein mich geirrt hätte, indem ih auf die Dertlichkeit Gewicht gelegt habe. So gern ich bereit bin, zu erklären, daß ih mich geirrt habe, überall da, wo ih Veranlassung dazu finde, so muß ich erklären, daß ich ge- genwärtig eine Veranlassung hierzu nicht finde, und ih bin der Mei- nung, daß der Plan, welcher mir jeßt vorgelegt worden ist und nun unter den Mitgliedern zu coursiren anfängt , auf die Abstimmung niht von Einfluß sein kann.

Fürst von Lychnowski: Jch fann Grafen von York vollständig beistimmen.

nur den Worten des Ich habe mich um die

Räumlichkeit bei meinem Antrage nicht bekümmert. Die Räum- lihkeit zu bestimmen, habe ich als mir niht zustehend dem reinen Ermessen der beiden Herren Marschälle und des

Königlichen Kommissars überlassen müssen, sondern ich habe nur die Frage hingestellt, ob nicht viele Rücksichten n En beider Kurien nothwendig erscheinen lassen, den beiderseitigen Sißungen bei= zuwohnen, Wenn hierüber abgestimmt ist, wenn beide Kurien er- flärt haben, daß sie wünschten, die Mitglieder der anderen Kurie zu ihren Sißungen zuzulassen, wenn sie ihre Sißungen nicht absperren, wenn sie erklären, daß sie auch den Sibungen der anderen Kurie bei- awohnen wünschten, und es findet sich, daß die Räumlichkeit es nicht gestattet, so müssen wir uns dabei bescheiden. Ih erlaube mir da- her, darauf anzutragen, daß der Antrag zur Abstimmung gebracht werde, ob die Mitglieder der Herren-Kurie den Sihungen der Kurie der drei Stände und die Mitglieder “dieser Kurie den Sißungen der Herren-Kurie beiwohuen fönnen. S : - :

Marschall: Jch glaube, daß sih die Frage einfach so stellt, ob die Versammlung dem Antrage des Fürsten Lychnowski beitrete?

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen: Jch glaube, bemerken zu müssen, daß die Frage wegen der Räumlichkeit von dem Berathungs-Gegenstande nicht ganz getrennt werden fönne, weil es onst den Schein haben könnte, als hätten wir der anderen Kurie etwas angeboten, was wir nicht zu leisten im Stande sind. Jch muß gestehen, daß ih mi gegen das Prinzip des gegenseitigen Besuches nicht erklären würde, aber bei der jeßigen Lokalität müssen wir uns üten, daß uns nicht der Argwohn trifft , dessen ih eben gedacht abez aber ih möchte dafür sein, daß Sr. Majestät dem Könige über- lassen werde, ob Allerhöchstdemselben die Lokalität \o erscheint, daß per Antrag ausführbar is oder niht. Wenn sie niht von der Art erscheint, wird die andere Kurie sich begnügen müssen; aber die Téaumlichkeit bei der owerngna Berathung ganz außer Augen zu lassen, is niht möglich. j:

Marschall: Die beabsichtigte Fragstellung, ob die Versamm- lung dem Antrage des Fürsten Lyhnowskfi beistimme, wird keineswe- ges ausschließen, daß man Es der Abstimmung von der Rücksicht auf den Raum leiten lasse. ih würde gerade die Rücksicht auf die Räumlichkeit leiten, und ih glaube, daß wir nun zur Abstimmung übergchen können,

(F044

Graf von Jbenplig: Die Abtheilung is in ihrer Majorität von der zwiefachen Ansicht ausgegangen, daß sie einerseits ihren guten Willen beweisen und darthun wollte, daß sie die Exrklusivität nicht begünstigez und andererseits sie der Ansicht sei: daß es ge\chäftlich von Nutzen sein könnte, zum bessern Verständniß der Debatten, namentli solcher’, die von {wierigerer Natur sind, das gegenseitige Zuhören zu gestatten. Wenn aber der Herr Landtags- Marschall gegenwärtig bei der Abstimmung zunächst auf ‘den Antrag des Fürsten von Lychnowski kommen will, so scheint mir, daß der Antrag der Abtheilung beseitigt wird, und ih erlaube mir die Be- merkung, daß dies ein ungewöhnlicher Geschäftsgang zu sein scheint.

Marschall: Jch habe nichts dagegen, daß die Fragstellung auf den Antrag der Abtheilung gerichtet wird.

Graf von Jhenpliß: Das ist das, was ih beantrage.

Fürst von Lychnowski: Es if dasselbe, was in dem Refe- rate under 2 steht, wo es heißt: Die Abtheilung trägt bei der ho- hen Herren-Kurie darauf an, Hochdieselbe wolle die Anfrage an den Königl. Herrn Kommissar richten, ob in Ermangelung einer Bestim- mung hierüber sowohl im Königlichen Patent vom 3. Februar d. J., als auch in der Geschäfts-Ordnung den Absichten Sr. Majestät des Königs es entgegen sei, den Mitgliedern beider Kurien die Anhörung der Verhandlungen der anderen Kurie, so weit die Oertlichkeit nach den Bestimmungen der Herren Marschälle es erlaubt, zu gestatten.

Das ist, wenn ih ret verstanden habe, der Antrag des ge- ehrten Redners; scheint au mit den Worten, die ih aus durhlauch- tigem Munde vernommen habe, übereinzustimmen, und es is meine Ansicht, daß damit angefangen und Sr. Majestät dem Könige an- heimgestellt werde, ob diesem Antrage zu deferiren sei oder nicht.

Marschall: Jch habe schon gesagt, daß ih nichts Erhebliches zu entgegnen finden würde, wenn von der Abtheilung, also au zu= nächst von dem Vorsißenden der Abtheilung, darauf beharrt wird, daß die Frage auf den Antrag des Ausschusses gerichtet werde. Uebrigens scheint mir die Frage klarer gestellt und leihter nah Maß- gabe der schon stattgehabten Berathung beantwortet werden zu kön- nen, wenn sie so heißt, ob dem Antrage des Fürsten von Lychnowski von der Versammlung beigetreten werde ?

Fürst von Hohenlohe: Jh glaube, wie der Antrag des Fürsten von Lychnowski angenommen und zu einer Petition erhoben wird, so muß diese Petition an die andere Kurie verwiesen werden, um die Beistimmung derselben zu erhalten. Es muß daher nach dem Antrage und der Ansicht der Abtheilung die zweite Frage zuerst erörtert werden, ob die Sache Sr. Majestät dem Könige ohne Petition zu überlassen sei,

Marschall: Da würde ih vorschlagen, die Worte: „so weit die Oertlichkeit nah dem Ermessen der Marschälle es erlaubt“, ent- weder ganz zu streichen oder sie zu unterstreichen.

Fürst von Lychnow ski: Weglassen!

Marschall: Unterstrichen sind sie hon, wenn auf meine Bemerkungen Rücksicht genommen wird. i

Jürst von Hohenlohe: Die Abtheilung wird sich ganz fü- gen, so wie eine Anfrage bei Sr. Majestät dem Könige beschlossen wird.

Fürst von Lyhnowskfi: Jch würde mir erlauben, vorzuschla- gen, den Saß auszuschließen, den ih aus durchlauchtigstem Munde gehört habe, nämlich die Worte: „so weit die Dertlichkeit u. #. w.“

Graf von Jhenpliß: Jh möchte bitten, daß pure über den Antrag der Abtheilung abgestimmt werde, weil ih glaube, daß die Sache dadurch in die rechten Wege geleitet wird, und weil dieser An- trag die Mittel darbietet, um alle Rücksichten zu beobachten, welche die Sache erheischt. Dieselbe wird in den Händen Ew. Durchlaucht, des Landtags-Marschalls von Rochow und des Landtags-Kommissars eine befriedigende Lösung finden. ;

Graf von Arnim: Jch habe in der Abtheilung eben darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Gegenstand mir ein Fall zu sein scheine, wo es sih niht zunächst um eine Petition, sondern um die Frage handle, inwieweit es überhaupt der Geschäftsordnung für die inneren Verhältnisse beider Kurien gegen einander entgegen sei, den bei- derseitigen Verhandlungen beizuwohnen, und die Abtheilung hat eben die Petition des Antragstellers dahin modifizirt, daß es sih zunächst davon handelt, die Anfrage an den Landtags-Kommissar zu richten : ob in Er- mangelung einer Bestimmung hierüber sowohl in dem Patente, als der Geschäftsordnung es der Absicht Sr. Majestät des Königs ent- gegen sei, den Mitgliedern der einen Kurie die Anhörung der Ver- handlungen der anderen Kurie zu gestatten, Jch brauche nicht hin=- zuzufügen, was heute mehrfah erörtert worden is, wie dies in vielen Fällen für die Mitglieder einer Kurie wünschenswerth sein müsse, den ausführlihen Verhandlungen der anderen Kurie rascher folgen zu fönnen, als dies durch die gedruckten Berichte stattfinden fann. Es scheint auh, was das formelle Verfahren betrifft, der Weg sich zu empfehlen, den die Abtheilung vorgeschlagen hat. Es scheint das bei dem engen Zusammenleben der Kurien etwas zu sein, von dem vermuthet werden kann, daß es sich eben so gut von selbst versteht, als nicht. Jch glaube also, daß, wenn die Dertlichkeit beider Räume es gestattet, in gleihem Maße von beiden Seiten davon Gebrauch gemacht werden wirdz ih halte aber auh dafür, daß, wenn von den Mitgliedern dieser Kurie der Wunsch lebhaft is, den Verhandlungen der anderen Kurie beizuwohnen, es nicht so streng auf die Recipro= zität ankommt, da es nicht in unserem Willen liegt, den Mitgliedern der anderen Kurie die Anhörung unserer Verhandlungen in minderem Umfange zu gewähren, sondern wenn dics, der Räumlichkeit nah, sih \o gestaltet, dies in den Umständen liegt. Es scheint also, daß es ein Fall sei, wo man Auskunft über eine Frage wünscht, die bei der Abfassung des Reglements und des Gesebes ofen geblieben ist, Es scheint nur darauf anzukommen, ob wegen der Oertlichkeit die Frage Sr. Majestät anheimzustellen, oder wie weit diese den Bestimmungen der Marschälle zu überlassen sei. Die Oertlichkeit der anderen Kurie scheint keine Bedenken mit sich zu führen, die Oertlichkeit dieses Saales allerdings, und ih gebe anheim, ob es ganz angemessen sein dürfte, darin gewissermaßen Sr. Majestät die Verneinung zu überlassen, die eben, wenn sie statt- findet, niht in der Verneinung des Prinzips liegt, sondern in der Verneinung einer Frage, die sih auf die Oertlichkeit bezieht; es scheint mir angemessener, hier lediglih den Herrn Marschall als Or= gan der Versammlung entscheiden zu lassen und niht Se. Majestät in die Lage zu seßen, beim Einverständniß des Prinzips die Ver= sagung aus reinen lokalen Gründen aussprehen zu müssen. Jch wiederhole es, ih glaube, es hat in der Jdee gewiß nicht gelegen, die Mitglieder der einen Versammlung von der Anhörung der Ver- handlungen der anderen Versammlung auszuschließen, und wenn dies nicht in der Jdee gelegen hat, so würde ich auch kein Bedenken ha= ben, Aufklärung von dem Herrn Kommissar zu erfragen, und es würde dem praktischen Gang zu überlassen sein, wie sh die Sache in der Ausführung gestaltet. Sie auf den Weg der Petition zu verle- gen, scheint mir niht angemessen, weil wir nicht leugnen können, daß, wenn die Petition gestellt wird, zu gestatten, daß die Mitglieder der einen

Versammlung der anderen Versammlung beiwohnen, wir etwas beantragen würden, was sich hier nur in geringerem Maße ausführen ließe. Wir würden also etwas erbitten, was in jener Kurie in vollflomme=- nem Maße uns gewährt werden kann, während von jener Kurie et= was erbeten werden soll, was ihr bei uns nur in sehr geringem Maße gewährt werden kann. Jh glaube au, daß wir, der Zeit nach, mehr im Stande sein werden, den R in jener Kurie beizuwohnen, als umgekehrt. Jh komme also auf den Wunsch zu-= rück, daß die Frage 2 des gedruckten Gutachtens zur Abstimmung gebracht werde, und daß die hohe Versammlung sich dahin entscheide, die Frage an den Königl. Kommissar zu richten, wie sie dort enthal- ten ist. : 219 ] :

Marschall: Ja, i stimme dem bei, daß die Frage so ge- stellt werde, daß sie auf Nr. 2 des Gutachtens der Abtheilung ge=- richtet werde. E

(Mehrere Stimmen erklären sich beifällig.)

Graf von Dyhrn: Es sind zwei Fragen zu stellen.

Marschall: Die erste würde bis zu dem eventuellen Antrage ehen.

n Graf von Dyhrn: Wird der erste Antrag niht angenommen, so kommt der zweite Antrag daran. Nr. 2 zerfällt in zwei Punkte, und wenn einer nicht beliebt wird, kommt der andere Punkt zur Ab- stimmung. S Marschall: Allerdings, und es is nit zu verkennen, daß der eventuelle Antrag noch mehr enthält, als die erste Frage. Wird diese erste verneint, so wird auch die andere nicht gestellt wer- den fönnen. j /

Graf von Dyhrn: Jh muß um Verzeihung bitten. Die erste ist eine Anfrage an den Königlihen Kommissar, aber es könnte die Meinung der hohen Kurie \o entschieden für eine Petition sein, es fönnte dieser Fall eintreten, obschon ich ihn nicht glaube, daß sie eine Anfrage für unnöthig hielte und für eine Petition stimmte. Also wenn auch die erste Etat fällt, muß noch immer, meinem Dafürhal= ten nach, über den eventuellen Antrag abgestimmt werden. Q Graf von Arnim: Das is eine Frage, die nachher zu erör= tern wäre. c :

Graf zu Dohna-Lauck: Jch glaube, über die erste Frage muß uerst abgestimmt werden.

/ P n N Lychnowski: Jch kann nur dem Herrn Marschall beistimmen, daß jeßt bis zu den von ihm angedeuteten Worten ab- gestimmt werde. : ;

Marschall: Es handelt sich um die an den Landtags-Kommis= sar zu richtende Mittheilung. Darüber hat sich die Versammlung zuerst zu entscheiden, und das isst der Gegenstand der Frage, die jeßt zu stellen is, ob die Versammlung dem Antrage ihrer Abtheilung beistimme? j its A

Diejenigen, welche diese Frage zu verneinen beabsichtigen, wür- den das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Die Frage wird gegen drei Stimmen bejaht.)

Die Entscheidung ist also nicht zweifelhaft, die beschlossene Frage wird an den Kommissar gestellt werden, und es fällt die Veranlassung weg, noch weiter eine Frage zu stellen. Der Gegenstand hat uns nun nicht weiter zu beschäftigen, er is als erschöpft und beendigt an-

zusehen, ein weiterer liegt nicht vor, es liegt mir also nur ob, die Sitzung, wie hiermit geschieht, zu s{ließen. (Schluß der Sißung: 27 Uhr Nachmittags)

Bertckchtiguñngen

Die von dem Geheimen Staats - und Justiz-Minister Uhden in den Sißungen der Kurie der drei Stände vom 30. April und 1. Mai gethanen Aeußerungen sind in den zum Druck befbrderten Pro= tofollen zum Theil a n erb hei worden. Anstatt der dort gegebenen Worte muß es namentlich heißen : ;

As 1) Sizung vom 30. April, Allg. Preuß. Zeitg. S. 616, Sh, 1 i

l „Es ist bereits bemerkt worden, daß in den alten Provinzen der Justiz-Minister einen Einfluß auf Einleitung einer Kriminal-Untersu= chung haben könne. Das ist in der Theorie rihtig, in der Praxis ist s diese Befugniß, wenigstens in neuerer Zeit, fast nie zur An- wendung gebracht worden. Ueberdies hat das Geseß vom 17. Juli v. J. über das neue Kriminal = Verfahren angeordnet, daß nur die Gerichte über die Einleitung einer Untersuchung zu beschließen haben und etwaige Beschwerden über die von dem zuständigen Richter als unbegründet zurückgewiesenen Untersuchungen nur in dem geordneten gerihtlihen Jnstanzenzuge erledigt werden sollen, Derselbe Grund= saß, nämlich die Einwirkung des Justiz-Ministers auf alle dur Urtel und Recht zu entscheidenden Angelegenheiten auszuschließen, ist auch in dem Geseß vom 21. Juli v. J., betreffend das Civil-Verfahren, anerkannt und deshalb ebenfalls der gerihtliche Jnstanzenzug an= geordnet.“

2) Ebendaselbst Sp. 2: : :

„Jch selbst hatte Jhre Aeußerung nicht so verstandenz sie ist aber von Anderen so aufgefaßt worden und von einem der geehrten Redner in dem gerügten Sinne vorgetragen worden. ““

3) Sißung vom 1. Mai, S. 622, Sp. 3.

Statt: „Jh muß mir die Bemerkung 2c.““: i

„Es ist richtig bemerft worden, daß in dem Strafrecht keine Definition von politischen Verbrechen enthalten ist, und eben so we=- nig existirt ein besonderer Abschnitt über politishe Verbrechen. Hat der Richter deshalb eine Strafe wegen eines Verbrechens, das aller= dings politischer Natur sein kann, ausgesprochen, so kann er wenig= stens nicht in dem Erkenntnisse das Verbrechen als solches formuliren. Es würde sih daher fragen, wem die Entscheidung darüber obliegen solle, ob das Verbrechen , wegen dessen auf Verlust der Ehren- rechte erkannt is, politisher Natur is, um die beantragte Ausnahme eintreten zu lassen und über die Ausschließung noch zuvor die stän= dische Versammlung zu hören.“

Die Rede des Abgeordneten Heyn in der Sipung der Kurie der drei Stände vom 30. April (Allg. Preuß. Zeit. Nr. 123, Beilage 2, Seite 616, Sp. 1) ist fg Ee zu vertnge!:

„Jh möchte mich in keine weitere Disku sion einlassen, um so weniger, als ih den Gegenstand der Debatte zur Abstimmung reif erachte; aber ich möchte do sagen, es giebt feinen Menschen, der nicht ein Artefakt seiner Verhältnisse wäre; dadurch sind aber seine Urtheile und Ansichten bedingk. Jch will das, was von ständischen Verhältnissen gesagt ist, in Ehren halten, aber ih bin doch der An- sicht, daß das Wort Ehre sehr relativ erscheint, denn Ehre- kann - Le gegeben werden. Das Individuum kann sie nur haben, ünd äußerlih kann sie nur dur ein von einzelnen Jndividuen auêgehen= des Anerkenntniß festgestellt werden. Sie läßt sih also nur in Form

eines Anerkenntnisses geben, das ist das Kriterium. Wenn Jeder in