1847 / 127 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

mals: \o weit mein Gedächtniß reiht, habe ich niemals auf diesen Weg hingewiesen. bu

Abgeordn. Freiherr von Mauteuffel 1l.: Es is seit vielen Wodthen von dieser Stelle aus fortwährend gesprochen worden von dem Rechtsboden und von dem gesezmäßigen Wege, den wir betreten wollen. ae wir diesen wirklih betreten wai E E apt erur ad eiggo:

eht, so muß dies aber auch fonsequent durchgesuhrt , m6 micht das e Mal eine G Maßregel beliebt und das andere Mal wieder auf den Rechtobaden dicgr H a Das Geses fennt nur zwei Gegenstände für die hieige Derathung, es er- Tate me s die S über Allerhöchste Botschaften und die Gutachten auf Petitionen oder Beschwerden; wir haben aber von mehreren Herren, die bei dieser Schrist selbst betheiligt sind, gehört, sie enthalte eine Erflärung. Wenn dies der Fall ist, wohlan, dann forbevé ih Sie auf, bleiben Sie auch auf dem gesebmäßigen Wege, und der is, meiner Ansicht nach, der, daß diese Schrift denjenigen, die sie eingereiht haben, zurückgegeben wird; i

(Mehrere Stimmen: Ja! Andere Stimmen: Nein!) denn sie ist keine Proposition, sie ist au keine Petition. Wir haben beider Adreßberathung zuerst ein exceptionelles Verfahren eingeführt, und es ist meiner Ansicht nah das Allerhöchste, was man den Unterzeichuern der Schrift gewähren kann, daß man ihnen noh einmal diesen excep- tionellen Weg eröffnet. (Gemurr.) Jch glaube, daß sich die Unterzeichner dann nicht e pan fönnen, sondern dem Herrn Landtags-Marschall zu Dank verpflichtet sein müssen, wenn er ihnen gestattet, diesen excep= tionellen Weg noch einmal einzuschlagen; aber in dieser Versammlung hier die Declarationen zu berathen, ist ein Verlassen des gesezmäßi- gen Weges, und wer einmal auf dem geseßmäßigen Wege bleiben will, der bleibe auch immer darauf.

(Schwaches Bra90o !)

Abgeordn. von Auerswald (vom Plaße): Jch muß mich dagegen verwahren, daß eine Sache, die durch keine Abtheilung egangen ist, hier Gegenstand einer Debatte werde; ih halte das für einen ungeseßlihen Weg. Es handelt sih darum, ob der Herr Marschall über die Sache entscheiden kann, ohne die Abtheilung gehört zu haben, oder erst naher.

Marschall: Das is ganz rihtig. Wenn ih die Meinung eines Jeden hier gern vernehme, so geschieht dies darum, um mich aufzuklären, ob ih auch in meinem Rechte bin. Jch habe die Ueber- zeugung, in meinem Rechte zu sein, wenn ih hier in dieser Sache entscheide, und ih werde darüber entscheiden, aber ich will gern einen Jeden vorher hören.

Abgeordn. Graf Zech: Es ist vorhin hon von einem Redner auf dieser Seite ausgesprochen worden, daß, weil die Vereinigten Kurien in der Adresse eine allgemeine Rechtsverwahrung niedergelegt haben, diese Kurie nunmehr si selbst \{chuldig sei, eine spezi:lle Ver= wahrung zu Protokoll zu geben, Jch kann diese Ansicht nicht thei- lenz ih glaube, daß dem Vereinigten Landtage ein anderer Weg vor- gezeichnet ist, um alle Zweifel und Bedenken zur Sprache zu bringen und zu erledigen, die in Bezug auf die fehlende Uebereinstimmung der Geseßgebung vom 3. Februar mit den älteren Gesetzen erhoben werden fönnten. Der Vereinigte Landtag hat eine Adresse an Se. Majestät den König erlassen und offen ausgesprochen, daß viele Mit- glieder desselben das Patent vom 3. Februar niht im Einklang fin- den mit den älteren Geseßen; der Vereinigte Landtag hat gesagt, er wolle diese Zweifel prüfen und, wenn er sie begründet findet, Sr. Majestät vortragen

(Mehrere Stimmen: Ja!) und vertrauensvoll von Sr. Majestät dem Könige die Herstellung des fehlenden Einklanges erwarten. Meine Herren, in der Adresse also, scheint mir, hat der Vereinigte Landtag selbst den Weg der Pe- titionen als denjenigen bezeihnet, den er betreten wird, um alle Ywerifel unv Vovonkon zur Sprache zu bringen und zu erledigen, Auf diese Adresse ist an den Vereinigten Landtag cine Königliche Botschaft ergangen, die auf die große Mehrzahl unserer Versamm- ung wohl einen anderen Eindruck gemacht hat, als er vorhin ge- e

schildert wurde ;

(Mehrere Stimmen: Ja!) ih glaube, diese Botschaft hat uns Allen den erhebenden Beweis gege en, daß Se. Majestät der König den ernstlichen Willen haben, Hand in Hand mit den Ständen das Werk unserer ständischen Ge- seßgebung einer gedeihlihen Fortentwickelung entgegenzuführen. Ju dieser Botschaft fiat Se. Majestät der König:

„Auf diesem verfassungsmäßigen Wege können zugleih alle Zwei-

fel ihre Erledigung finden, die etwa über den wahren Sinn dieser

Geseßgebung obwalten möchten. ““

Also betelhs Weg wird auch von Sr. Majestät dem Könige {hon als der verfassungsmäßige Weg bezeichnet. Ganz diesem Wege ent- sprechend, sind bereits viele Petitionen eingegangen, welche das Pa- tent vom 3. Februar betreffen; in diesen Petitionen werden alle die weifel und Bedenken, die sih an das Patent vom 3. Februar an- nüpfen lassen, zur Sprache gebraht, und der Herr Marschall hat diese Petitionen auch der betreffenden Abtheilung zugewiesen ; der vor- liegende Antrag aber, meine Herren, soll nicht zu einem Antrage an Se, Majestät den König erhoben werden, er is vielmehr eine Decla- ration, welhe der Landtag nachträglich, als einen Anhang zur Adresse, im Protokolle niederlegen soll. Jh bin auch der Ansicht des Herrn abi v R diese Declaration sich anknüpst an die Verhandlun- gen über die Adresse. Abgeordn, vou Sgucken (Tarputschen): Darf ich mir vom Plabe aus einige Worte erlauben? Jch bin nicht der Meinung gewesen, dem Herrn Kommissarius die Ansicht unterzulegen, daß er die Ver= wahrung als das geeignete Mittel erkannt, sondern pas er selbst aus- gesprochen DAle, daß er den Weg der Bitten und Beschwerden als A e wo jedes Mißverständniß ausgeglihen werden vnne. Vas, glaube ih, hat dec Königliche Kommissarius in frühe= ren Versammlungen gesagt, und ih erkenne es auch noch heute als den Weg an, den wir betreten fönnen, und daß es zum Nuen der Versammlung nicht nur, sondern auch der Krone gereihen fann, wenn sie Alles erfährt, was für einzelne Mitglieder oder für die Majorität ein Ie je s sei.

; eordn, Freiherr von Vinckde: Ih habe ä ü meine b gehalten, das geehrte Mitglicd e vey Rieder aus welches sch so gern auf dem Rechtsboden befindet, daran zu erinnern, af außer decn beiden von ihm angeführten Gegenständen, den Pro- ositionen und Petitionen, uns auch noch das Zustimmungsrecht zu

nleihen und Steuern zusteht, Da es sih hier um Vollständigkeit handelt, so dürfen auch in bloßen Relationen der See eine geseblichen Rechte entzogen werden. Jm Uebrigen bin ih überzeugt, ‘daß in keiner l drei Handlungen keine andere Thätigkeit auszuüben gestattet

telle des Gesebes gesagt ist, daß uns L jenen ci, D dies nicht die Absicht Sr. Majestät des Königs hat sein können, baa beweisen die Verhandlungen über die Adresse, die mit Zulassung des Königlichen Kommissarius hier ie, haben, und wenn das ein

exceptioneller Weg genannt wird, so habe ih nichts dagegen zu er- innern; aber so gut wie dieser Weg stattgefunden hat, bleibt uns auch die Möglichkeit unbenommen, daß noch ein anderer Weg statt- Finden fann. Uebrigens habe ih noch mit zwei Worten auf das, was ‘von dem Herrn Kommissarius- gesagt wurde, zu antworten. És ist gesagt worden, daß die Antwort Sr, Majestät des Königs guf die

ros R L rid

652 Adresse den Weg weise, den wir einschlagen sollten. Daß dies die Ansicht der Krone gewesen sei, darüber kann nah den Worten der Allerhöchsten Eröffnung kein Zweifel obwalten ; wir sind dadurch- auf den Weg der Petitionen hingewiesen worden, ih aber und diejenigen, mit denen ih das Glück habe, in einerlei Meinung mich zu vereinigen, wir sind der Ansicht gewesen, daß man um Rechte, die man zu be- sien glaubt, und die durch einen Beschluß der Krone allein niht ver- loren Hehen können, nicht bitten kann, sondern nur erklären, daß man diese Rechte noch besißt, Das is die Absicht diefer Erklärung ge- wesen, Ob es die geeignete Form ist, diese Erklärung zu Protokoll nie= derzulegen, ob sie dem Landtags-Kommissarius mitgetheilt werden muß und welher Weg überhaupt einzuschlagen sei, kann nicht eher Gegen= stand der Diskussion sein, als bis die Erklärung ihrem ausführlichen Inhalte nah der Versammlung bekannt is, und es ist eine wunder- liche Pelitio principii, wenn man über eine Schrift diskutiren will, die man nicht gelesen hat, wenn einzelue verehrte Mitglieder über die Ungeseblichkeit des Antrages philosophiren wollen, ohne ihn zu fennen,

; (Gelächter.)

Zunächst handelt es sich darum, daß der Antrag an eine Ab=- theilung verwiesen und ein Bericht darüber erstattet wird, damit man den Bericht lesen, sich auf die Berathung desselben vorbereiten und dann erst seine Meinungen hier vortragen könne. Das is der Weg, um den ih habe bitten wollen. Jch muß mih immer wieder auf §. 14 des Geseßes beziehen, wonach nur die darin speziell vorgese- henen Fragen zur Verhandlung der Vereinigten Kurien gehören, und so leid es mir thut, mich in einer Meinungsverschiedenheit mit dem Herrn Landtags-Marschall_zu befinden, so sehr ih die Unparteilich= feit anzuerfennen habe, womit vorzugsweise der Marschall unserer Kurie der drei Stände unsere Verhandlungen leitet, so muß ih doch das Bedauern wiederholen, daß ich dem Herrn Marschall eine Be- fugniß nicht zugestehen kann, den Weg einzuschlagen, den das Gesetz ipsissìimis verbis ausgeschlossen hat.

(Bravo! von mehreren Seiten.)

Abgeordn. Milde: Jch kann mich im Allgemeinen dem nur anschließen, was von dem geehrten Redner vor mir ausgesprochen worden is. Es handelt sich nämlich in ter Declaration , welche wir zu Protokoll zu geben beabsichtigen, keinesweges um etwas, das mit einer Petition irgendwie in Zusammenhang zu bringen wäre, es han= delt \sich vielmehr darum, ganz positiv auszusprechen, was wir für unsere Rechte halten und inwiefern Viele von uns. eine Uebereinstim= mung des Patents vom 3. Februar mit den früheren Geseßen ver= missen. Der Mangel an Präzision, womit dies in der Adresse aus= gesprochen is, hat diese Erklärung hervorgerufen, und es 1st sehr wichtig, daß bei dem angedeuteten Wege, welchen wir in Bezug auf Petitionen zu beschreiten haben, diejenigen, welche bei Petitionen mit- fonfurriren wollen, sich von vornherein den Rechtsboden bewahrt ha= ben, auf dem sie stehen müssen, um auf eine unbefangene Weise dar= auf eingehen zu können. Das geehrte Mitglied von Krefeld hat auf den eigentlichen Standpunkt der Debatte hingewiesen, und es is zu be= dauern, daß man so wenig Rücksicht auf das genommen hat, was er gesagt hat, obleih er niht Mitunterzeichner dieser Declaration ift, er hat sehr positiv ausgesprochen, daß durch diese Declaration für diejeni= gen, welche berufen- sein sollen, sich im Wege der Petitionen an die Krone zu wenden, der Rechtsboden erst gefunden werden müsse, der einerseits ihr Gewissen bewahren und andererseits die Unbefangen- heit der Diskussionen erhalten soll,

Abgeordn, von Becckerath: Jch werde sehr kurz sein. Meine Herren! Jch habe nur auf zwei geseßliche Bestimmungen hinzuweisen, welche die Form einer Erklärung oder eines Beschlusses betreffen, Die erste is enthalten im §. 2 des Reglements über den Geschäfts- gang, wo es heißt :

„Unser Kommissarius is die Mittelsperson- für alle Verhanblungen mit dem Vereinigten Landtage. Er übergiebt demselben Unfer Propositionen und alle sonst von der Regierung ausgehende Mit- theilungen und empfängt dessen Erklärungen, Gutachten und Eingaben aller Art.“ Also handelt es sich hier niht blos um Bitten und Beschwerden, sondern um Erklärungen und Eingaben aller Art. Ferner sagt §. 16 der Verordnung über die Bildung des Vereinigten Land- tags: „Die Beschlüsse werden in der Regel durch Stimmenmehrheit gefaßt. Bitten und Beschwerden dürfen nur daun zu Unserer Keunt- niß gebracht werden, wenn u, st. w.““ Also im Gegensaß zu Bitten und Beschwerden is hier von Beschlüssen die Rede, und wenn der Herr Laudtags-Kommissarins dagegen sich verwahren, daß sie sth genchmigend geäußert darüber, daß die Versammlung eine Erklärung zu Protokoll gebe, so is das allerdings von dem richtigen Stand= punkte aus geschehen, denn es hieße die Existenz einer ständischen Versammlung in Frage stellen, wenn man ihr erst noch die Genehmi- gung dazu ertheilen wollte, daß sie etwas zu Protokoll gebe, daß sie sich gleihsam ihrer selbst bewußt werde. Jch halte die Frage, ob die Verhandlung über den Antrag in unserer Kurie allein statt= finden könne, für vollständig erörtert, und da nah wiederholter Hin= weisung auf die verfassungsmäßigen Bestimmungen gewiß formell der Erklärung zu Protokoll nichts im Wege steht, so sprehe ih das Ver= trauen in den Herrn Landtags-Marschall aus, daß durch dieselbe Un= parteilihkeit und Gesebmäßigkeit, die vorhin anerkaunt wurde und die ich neuerdings freudig anerkenue, er sich bewogen sinden wird, den vielfachen Anträgen Folge zu geben und den Gegenstand an eine Abtheilung zu verweisen.

Abgeordn. Naumann: Jch habe nur wenige Worte zu sagen und bitie daher, vom Plate aus sprechen zu dürfen, Jch \chließe mich der Ansicht des Abgeordneten aus Westfalen ganz an. Es han= delt sih hier niht darum, was beantragt worden ist, sondern es muß, glaube ih, lediglih dabei stehen geblieben werden, daß etwas beantragt worden ist, Da fragt es sich nun, wo muß der Antrag berathen werden? Die Vereinigten Kurien haben nur zu berathen bei Staats-Anleihen und Steuern z das sind die beiden einzigen Ge=-

“genstände. Diese Gegenstände werden im Wege der Propositionen

eingebraht; ein Amendement dazu würde vor beide Kurien gehören ; alle übrigen Anträge müssen gesondert verhandelt ‘werden. Daher darf auf das Materielle des Antrags jeßt nicht weiter eingegangen werdeu, Pat es handelt sih blos um die Frage: ob der Antrag an eine Kommission dieser Kurie zu verweisen sei, und diese Frage muß ih bejahen. ;

Abgeordu. Ste inbeck: Ein großer Theil der hohen Versamm-= lung hakt erst heute vernommen, daß ein Schriftstück vorhanden sei,

welches 129 oder 139 Mitglieder dieser hohen Versammlung vollzo-

en haben, ein Schriftstück, welhes nah Allem, was wir in der Dis- ussion fragmentarish vernommen haben, von Bedeutung, von Wich= tigkeit is, Was ist dies für ein Schriftstück? wir haben es nennen M G Declaration, wir haben es h p e aaa vir haben es \o verschieden bezeihnen hören, daß es uns, denen bis zu dieser Sind uben 19 véitlcvin räthselhaft ‘bleibt, was eigentlih der Charakter dieses Schriftstücks in formeller wie in materieller eziehung is, J} dieses Schriftstück eine Petition ? Darauf antworten Viele: Nein, es i eine einfache Erklärung unse- rer Ansicht , unserer Meinung , unserer Ueberzeugung , es ist ‘etwas rein Supplementarisches. Nun wohl, wenn das is, wenn ‘es keine Petition 1, auf welchen Paragraphen unserer organischen Gesebe

gründet sich dann der Anspruh auf eine Berathung? Es hat der ehr geehrte Redner aus der Rhein-Provinz, welcher vorhin sprach, richtig, nah meiner individuellen Ansicht , angeführt, daß ein jeder Antrag von ‘der Versammlung anzunehmen sei; zwischen Annehmen und Berathen ist aber ein großer Unterschied. Ein höchst verehrter anderer Redner machte bereits auf diesen Unterschied aufmerksam, er hob hervor, daß es nur zwei Formen gäbe, in denen ein Gegenstand Berathungsgegenstand werden fönne, die Form der Königlichen Aller= höchsten Propositionen, die Form der Petitionen. Ist die Decla- ration oder das Schriftstück , von der wir hören , eine Petition , so möge es deutlih und bestimmt als solche bezeichnet werden ; so lange ihm aber eine solhe Bezeichnung verweigert, so lange ihm geradezu dieser Charakter abgesprochen wird, s\o lange wird es mir nicht ge- lingen, den Paragraph zu finden, der eine Berathung darüber A fertige. Wird eine solche Berathung dennoch beschlossen, s\o is es eine reine Exception, eine Exception, die nur eintreten kann, wenn der Kommissarius Sr. Majestät seine Einwilligung dazu giebt, wenn also Se. Majestät der König selbst nalassen will, daß eine solche Ausnahme von dem gegebenen Gesebe eintrete, dann aber is es auch lediglih der höchste Wille Sr. Majestät des Königs, der über die Form einer solhen Exception bestimmt, und so lange dies nicht aus= gesprochen is, muß, so \heint mir, diese Erklärung, sie sei welches Jnhaltes ‘sie wolle, allerdings zu den Aften genommen, ihre Bera- thung aber abgelehnt werden.

(Einzelne Stimmen: Bravo!)

Abgeordn. Camphausen: Jch habe dem verehrten Redner zu erwiedern, daß die Frage, ob über diese Angelegenheit berathen werden solle, erst von der Abtheilung theilweise zu entscheiden sein wird, an die gebeten wird, den Antrag zu verweisen. Daß das leb=- tere geshehen müsse, scheint niht zweifelhaft zu sein, nicht nur aus geseßlichen, sondern au aus logishen Gründen. Die Vereinigten Kurien haben eine ehrfurchtsvolle Adresse au Se. Majestät den Kö- nig erlassen, worin Andeutungen enthalten siud, daß ihr fernere An- träge folgen könnten; es ist darauf von Sr. Majestät dem Könige erwiedert worden, der Vereinigte Landtag möge diejen Weg einschla- gen und auf dem geseßmäßigen Wege seine Bedeuken zur Kenntniß Sr. Majestät bringen, auf demselben Wege, wie jede Kurie über die betreffenden Petitionen berathe und beschließe. Jndem diese Kurie, vielleicht auch die andere Kurie im Begriff ist, auf diesen Weg einzu- gehen, dazu veranlaßt durch die Petitionen, welche ihr vorliegen, füh- len viele Mitglieder dieser und vielleicht auch der anderen Versamm- lung das Bedürfniß, den rechtlihen Standpunkt festzustellen, von wel= chem aus sie diesen Weg betreten, und es leuchtet daraus ein, daß darüber jede Versammlung besonders sih zu erklären hat. És ist möglih, daß darüber in dieser Versammlung eine ganz andere An- sicht besteht, als in dér anderen, Es scheint daraus hervorzugehen, daß die Ueberweisung des Antrages an eine Abtheilung" zur Bera= thung oder, wie ein Redner vorhin meinte, Nichtberathung erfolgen müsse. Die Frage, ob, wird dann nicht mehr zur Erörterung kom- men, es handelt sich daun nur um das wie, und es wird auch fein Zweifel darüber bestehen können, wohin dieser Antrag zu verwei- en sei. | arschall: Die Rechte, welche das Geseß dem Vereinigten Landtage verliehen hat, sind in demselben positiv ausgedrückt ; zu die- sen Rechten finde ih aber nirgends gezählt, Erklärungen der wih- tigsten Art beschließen nund in das Protokoll niederlegen zu können, Fch sage, der wichtigsten Art, denn eine solche Erklärung, wenn diese Kurie tieser Erklärung beitreten könnte, wäre eine der allerwichtigsten Art. Es handelt si aber hier, ih muß es wiederholen, nur um die Form. Es mag sehr mißlich sein, von meiner Seite einem großen Theile dieses Landtags, den achtbarsten Männern, den talentvollsten Rednern entgegenzutretenz aber viel mißlicher wäre es, wenn ih mei- ner Pflichk, meiner Ueberzeugung entgegentreten wollte, wenn ich, um Beifall zu ärndten, mir Lobsprüche zu erwerben, die mir vielleicht un- verdient vorhin gezollt worden sind, mich bestimmen ließe, etwas zu thun, was meiner Ueberzeugung entgegen is. Was hülfe es mir, wenn ich die ganze Welt gewönne und nähme Schaden an meiner Seele? Jch könnte nun die hohe Versammlung fragen, ob sie mir das Recht zugestehen wolle, in meiner Machtvollkommenheit den An- trag der anderen Kurie zuzuweisen oder den Herrn Äntragsteller zu bitten, ihn zurückzunehmen. Mir dies zuzugestehen, würde die Ver= sammlung zu präjudiziell finden; es bleibt mir also nichts Anderes übrig, als mir das Recht selbst zu nehmen, und wenn mir das nicht zugestanden werden sollte, - auf Se. Majestät den König zu provozi- ren. Nach dem, was ich gesagt habe, kann ih nicht anders umhin, als denjenigen Herrn Bittsteller, der an der Spibe der Unterzeichner steht, zu fragen, ob er der Meinung ist, daß ih das Schriftstück dem Herrn Marschall der Herren - Kurie zusenden solle, oder aber, wenn nicht, es zurückzunehmen. Unter diesen beiden Alternativen kann ih, nach meiner Ueberzeugung, nur die Wahl stellen.

Abgeordn. Freiherr von Vincke: Jh habe ausgesprochen, daß ih im §. 29 der Geschäftsordnung für den Marschall nur das Recht begründet finden kann, über Zweifel der §g. 4 bis 28 der Geschäfts- orduung zu entscheiden. Das Recht, über die Auslegung der Ver= ordnung vom 3. Februar d. J, zu entscheiden, is aber dem Mar= hall nirgendwo eingeräumt worden. Zudem ist der §. 14 dieser Ver- ordnung so klar, daß eine verschiedene Auslegung ganz unmöglich it, Jch befinde mih zwar als Einzelner außer Stande, irgend einer Thä- tigkeit des -Herrn Marschalls hindernd in den Weg zu treten. Jch fann daher nur meine Ueberzeugung aussprechen, daß ih den Herrn Landtags-Marschall nicht in seinem Rechte zu erkennen vermag, und ih nuit darauf bestehen, daß U meine Protestation zu Protokoll genommen werde, Wenn aber gefragt wird, welche Alternative mir die angenehmste sein würde, entweder die Eingabe ganz zurückzuneh-

. men oder dieselbe dem Herrn Landtags-Marschall der Herren-Kurie

überwiesen zu sehen, so wird es wohl feiner weiteren Ausführung bedürfen, daß ih dem Leßteren den Vorzug gebe.

Marschall: Jh werde demnach die Eingabe an mich behalten, bis mir die Aeußerung darüber zugegangen ist.

Abgeordn. Freiherr von Vincke: Jh habe meine Meinung darüber bereits abgegeben; ih befinde mih aber ohne Vollmacht der übrigen Antragsteller und kaun daher Namens derselben hier feine Erklärung abgeben.

(Es erheben \sich eine Menge Abgeordnete und schließen sich dem an.)

Abgeordn, Mil de: Jch glaube, es wird Niemand der Abgabe an den Marschall der Herren-Kurie entgegen sein.

Marshall: Meine Herren! Jch ann Jhnen nur meinen Dank dafür aussprechen, daß Sie mir dies gestatten wollen. :

Eine Stimme (vom Plaß): Jch habe zu fragen, ob Peti- tionen, die zum Druck befördert werden sollen, vorher abgegeben wer- den müssen, um die Erlaubniß dazu y erhalten. S

Mar sch all: Die beschlossene Veröffentlichung besteht bis jeßt nur darin, daß Alles, was in der Versammlung verhandelt ist, dem Druck übergeben wird. Darüber, ob auch Schriftstücke, welche nicht an die Verfammlung gekommen sind, veröffentlicht werden sollen, hat der Landtag noch nicht Beschluß gefaßt. Jn dem Gutachten über die Geschäfts-Ordnung is ein ae Vorschlag gemacht worden.

halte es aber für vorgreifend, darüber zu \prechen, ehe über das Gutachten beschlossen worden ist, Jh ‘darf in diesem Augenblick eine

Erste Beilage

Me 127.

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Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Sonnabend den Zien Mai.

T

\solhe Genehmigung nicht ertheilen. Es würden wohl die allgemeinen Censur-Vorshriften hierüber maßgebend sein. y «ha

, Abgeordn, Feiherr von Vincke: Es is uns heute an der Thür ein Antrag zugestellt worden; ih meine von einem der Herren Abgeordneten für Köln herrührend, in welcher Weise der Dru des= selben geschehen ist, ist uns nicht mitgetheilt worden. Meine Frage bezwedckt, zu vernehmen, ob dadur ein Präcedenzfall begründet is. __ Marschall: Dies ist ohue mein Zuthun geschehen ; wahrschein- tab wird sih der Abgeordnete die Drudckerlgubniß dazu verschafft aben.

Abgeordn, Mohr: Meine Herren, mit dem Vorwissen und der p enb des Herrn Landtags=Marschalls habe ih die Ehre, der hohen Versammlung einen Fall vorzutragen, welcher vielleicht noch mehr vorgekommen sein mag. Dieser Fall isst folgender: Jch habe einen Antrag gestellt, das Auswanderungswesen betreffend, und ich bin verhindert gewesen, ihn am Sonnabend zu beendigen. Jch habe ihn erst am anderen Tage in der Morgenstunde überreichen können Und persönlich überreichen wollen, um dem Herrn Landtags-Marschall die Gründe mitzutheilen, woher diese ganz furze Verspätung käme. Ich fand indeß den Herrn Marschall niht zu Hause. :

: (Lautes Murren.)

Jch bitte, mir zu sagen, woher dieses allgemeine Gemurre?

__ Eine Stimme (vom Playe): Weil es der allgemeine Wunsch ist, zur Tagesordnung überzugehen.

Abgeordn. Mohr: Jch habe gesagt, des Herrn Landtags-Marschalls das Wort habe.

Marschall: Die Sache ist diese. Es is der erwähnte An= trag gestellt worden, und ih würde denselben dem Direktor der be- tressenden Abtheilung als Material bei der Berathung geben, damit ist der Antragsteller zufrieden.

(Heiterkeit in der Versammlung.)

bbs v atl Mart FEH ist nichts zu lachen. Die Sache ist eyr ern\t. Das Auswanderungswesen is ein C ; Phletland nahe bete, gswesen is ein Gegenstand, der das

Ma rscall: Vir seben unsere Berathung über das Beschol- tenheits - Geseß fort. Jch bitte den Herrn Referenten, . sich hierher zu bemühen, G Referent Graf Stosch: Die Berathung über diesen Entwurf ist in der leßten Sißung bis zu Passus 3 des §. I. gelangt. Dieser Passus lautet : „Als bescholten sind diejenigen Personen zu erachten, welche im geseßlichen Wege vom Bürger= oder Gemeinderecht aus- geschlossen sind,“ Hiernach sollen diejenigen, welchen das Bürger= oder Gemeindereht entzogen is, als bescholten zu {ständischen Ver sammlungen nicht zugelassen werden. Unter welchen Formen, unter welchen Verhältnissen dieses aber eintritt, das besagen die Städte- Ordnungen vom Jahre 1808 und 1839, die Landgemeinde-Ordnung für Westfalen vom Jahre 1841, die Gemeinde-Ordnung der Rhein=- Provinz vom Jahre 1845. Bei der Wichtigkeit des Bégciltanbes, bei den reichhaltigen Erörterungen, die in Aussicht stehen, halte ih es für unabweislih, die bezüglichen Geseßesstellen vorher vorzutra- tragen.

g. 39 der Städte-Ordnung vom Jahre 1808 besagt:

Wer für ehrlos erklärt, des Landes verwiesen oder nach ergrif= fener Flucht des Todes schuldig erkannt worden , verliert sein Bür= gerreht sofort. Dasselbe trift Jeden, der eines Meineides, Urkun= den-Verfälshung, unredlicher Vormundschafts - Verwaltung oder sonst eines qualifizirten Betrugs vom Richter überführt worden is. An= dere Verbrecheu haben den Verlust desselben nur alsdaun zur noth= wendigen Folge, weun darauf, nah Vorschrist der Kriminal - Gesetze, ausdrücklih erkannt oder der Verbrecher zum drittenmale mit einer Kriminalstrafe für begaugene Verbrechen belegt worden is. Doch fann Jeder, der sih dur niederträchtige Handlungen verdächtig ge= macht oder wegen eines Verbrechens Kriminalstrafe erlitten hat, durch einen Schluß der Stadtverordneten des Bürgerrechts für verlustig erklärt werden.

Die revidirte Städte-Ordnung zom Jahre 1831 sagt:

F. 19.

Das Bürgerrecht soll denjenigen versagt und, wenn es schon erlangt ist, wieder entzogen werden, welche wegen irgend eines Ver= brechens auf zwei Jahre oder länger zum Zuchthause oder einer härteren Strafart, oder aber wegen Meineides, Diebstahls oder qua-= lifizirten Betruges zu irgend einer Kriminalstrafe rechtskräftig verur- theilt worden sind.

Eine anhäugige Kriminal -Untersuhung und ein eröffneter Kon- furs macht die Ertheilung des Bürgerrechts vor Entscheidung der

Sache unzulässig. g. 20.

Die Stadtbehörden haben die Befugniß , das Bürgerreht dem- jenigen zu versagen oder zu entziehen, welcher außer den Fällen des §. 19 zu irgend einer Kriminalstrafe verurtheilt oder in irgend einer Kriminal-Untersuchung nur vorläufig freigesprochen ist.

Es fkfann auch demjenigen versagt oder wieder entzogen werden, welcher sich durch einzelne Handlungen oder dur seine Lebensweise die öffentliche Verachtung zugezogen hat.

Das Geseÿ von 1841 für an lautet :

g. 45. Von dem Gemeinderechte sind diejenigen auszuschließen, welche 1) wegen irgend eines Verbrechens auf zwei Jahre oder länger zum Zuchthause oder zu einer härteren Strafart, oder 2) wegen Meineides, Diebstahls oder qualifizirten Betruges zu irgend einer Kriminalstrafe verurtheilt worden sind. |

Die Ausschließung von dem Gemeinderechte wird auf den Grund

des rechtskräftigen Erkenntnisses durh die Gemeinde = Versammlung

ausgesprochen. G §. 46.

Das Gemeindereht kann durch Beschluß der Gemeinde - Ver= sammlung auch demjenigen entzogen werden, welcher außer den Fäl- len des §. 45 zu irgend einer Kriminalstrafe verurtheilt oder in ir- gend einer Kriminal =- Untersuchung nur vorläufig freigesprochen wor= den is oder sih dur einzelne Handlungen oder durch seine Lebens= weise die öffentlihe Verachtung zugezogen hat.

Das Geseß von 1845, die M Eean anlangend, lautet:

i g. 38, |

Von dem Gemeinderechte sind diejenigen ausgeschlossen , welche

zum Verluste der Ehrenrechte verurtheilt worden sind. i g. 39. ; Das Gemeindereht kann durch Beschluß des Gemeinderaths auch demjenigen entzogen werden, welcher 1) zu irgend einer Kriminalstrafe verurtheilt oder in irgend einer N E nur vorläufig freigesprochen worden ist, er 2) sich dur seine Lebensweise oder durch einzelne Handlungen die öffentlihe Verachtung zugezogen hat. : Nach diesen Bestimmungen werden von dem Bürger-- oder Ge-

daß ih mit Zustimmung

meinderecht diejenigen ausgeschlossen, welhe durch ein Erkenntniß zu entehrenden Strafen verurtheilt worden sind,“ oder diejenigen, welche sich dur ihre Lebensweise die öffentlihe Verahtung zugezogen ha- ben. Dies sind ipisssima vérba. Daß diese nicht in Stände-Ver- sammlungen \ißen können, is meinem Gefühle nah außer jedem Zweifel. Außerdem erscheint es ein Folgereht, daß, wenn eine poliz tische Corporation niederen Grades einen Solchen ausschließt, eine Corporation höheren Grades ihn nicht annehmen fann,

Marschall: Zu diesem Passus sind Amendements angemeldet worden. Zuvörderst eines vom Herrn Abgeordneten Naumann, wel- ches mit dem des Herrn Abgeordneten Hansemann übereinstimmt,

Abgeordn. Naumann: Jch wollte eben bevorworten, daß mein Antrag mit der Ansicht Vieler zusammenfällt. Er geht dahin, Nr. 3 ganz wegzulassen. Es sind im Wesentlichen dieselben Gründe, die bei der allgemeinen Diskussion und in specie bei der Diskussion des g. I sub 2 erörtert worden sind, Nr. 3 bestimmt nämlich, daß die- jenigen als bescholten angesehen werden sollen, welhe von dem Ge- meinderecht ausgeschlossen sind. Wir haben gehört, in welchen Föllen ein solher Ausschluß eintreten kann. Daß Verbrecher der Art, wie hier eben von dem Herrn Referenten erwähnt worden is, und wie sie auch hier speziell angegeben worden sind, in ständishen Versammlun= gen nicht sollen sißen können, darüber ist kein Zweifel. Und aus den Worten des Herrn Referenten will ih auch nicht die Schlußfolgerung ziehen, irgend Jemand könne wünschen, wenn er anträgt, Nr. 3 zu streichen, daß dergleichen. Personen in Stände - Versammlungen siben könnten. Die Meinung is aber folgende: Einmal is Nr. 3 in die- sem Geseß nicht nothwendig, und zwar deshalb, weil eine dergleichen anrüchige Person vor das Ehrengericht der Wähler gestellt werden fann und von diesen ganz gewiß eben so ausgeschlossen werden wird, wie von den einzelnen Kommunal = Behörden. Jch halte aber auch diese Bestimmung nicht für zweckmäßig, weil, wie {hon weitläufig auseinandergeseßt worden is, in einzelnen Fällen Personen ausge- {lossen worden sein können, die deshalb doch nicht für anrüchig und Gew zu erachten sind. Es genügt, daß diese Möglichkeit nur

a ist.

Der dritte Grund is der, daß, meines Erachtens, diese Bestim- mung gegen das Prinzip des Gesebes verstößt. Das Prinzip des Geseßes i nämlih dieses: Die Ehrenhaftigleit der Beurtheilung den Wählerschaften zu unterwerfen. Dies ist die Bestimmung, welche im §. Ill. unter a. und b. enthalten is. Es-sollen die Wählerschaf= ten nohmals gefragt werden, ob sie den betreffenden Abgeordneten für bescholten halten oder nicht... Es würde aber den Ansichten diescr vorgreifen heißen, wenn man von einer anderen Corporation dieselbe Frage \chon vorher entscheiden ließe. Dies sind in kurzem die Gründe, welche, meines Erachtens, dafür sprehen, Nr. 3 ganz fortzulassen. Jch enthalte mich einer näheren Ausführung, weil solche {hon bei Punkt 2 ausführlich debattirt worben ist.

Abgeordn. Hansemann (vom Plaßve aus): Jch habe dasselbe ‘6 au gestellt und würde daher das eben Erwähnte unter=

tüßen.

Abgeordn, Freiherr von Gudenuau: Herr Landtags-Marschall, ih halte mich ebenfalls für verpflichtet, für das Amendement in Be= treff der Weglassung des Punktes 3 in §. 1, zu stimmen. Da aber die Motive meiner Abstimmung nicht ganz mit denen übereinstimmen, die sowohl bei der leßten Verhandlung, als auch heute wiederholt und vorgeschlagen worden sind, so muß ih mi beehren, die Motive, welche mich bestimmen, der hochverehrten Versammlung darzulegen, _Sie sind meist entnommen ans dem praktischen Gesichtspunkte. Es ist kaum nöthig, daß ih es wiederhole, daß jeder ständischen Ver- sammlung daran gelegen sein muß, daß kein Unwürdiger in threr Mitte fungire, und anderen Theils, daß kein Würdiger ausgeschlossen werde. Der Wunsch der Versammlung, bei einer so wichtigen Frage mitzuwirken , ist eben so natürlich , als sahgemäß , und theilweise in dem Entwurf von selbst anerkannt. Die ständischen Versammlungen entsagen nur diesem Mitwirkungsrecht, wo die Verurtheilung durchs Gericht geschehen iz wo die Verurtheilung eines Mitgliedes zu künf- tiger Strafe feststeht, da is zu erörtern, ob die ständischen Corpora- tionen auf das Mitwirkungsrecht verzichten sollen und namentli auf Grund aftiver Entscheidung. Es is vorgetragen worden, [daß der- jenige das Gemeinderecht verloren hat, welcher durch seine Lebens= weise oder auf andere Weise sih die allgemeine Verachtung zugezogen hat; und eben \o is bemerkt worden, daß es keiner Frage unterliege, daß ein öffeutlih Verachteter Mitglied der. Versammlung sein könne. Es is aber eine praktische Frage, wenn es bei ergriffenem Rekurs der Entscheidung bedarf.

In meinem Kreise is der Fall vorgekommen, daß ein Gemein- derath das Gemeindereht Einem nehmen wollte, und zwar auf Grund solcher Thatsachen, die keinesweges hinreichend waren, um einen sol- chen Beschluß hinlänglich zu motiviren. Er wäre aber bestimmt ge- faßt worden, wenn der Bürgermeister nicht aus Gewissenhaftigkeit seinem Urtheile gemißtrauet und vorher eine Frage an mich gerichtet hätte. Blos guf meine dringenden Bitten is der Beschluß unterblie- benz es fonnte aber auch der Fall anders eintreten. Diese gesebliche Bestimmung könnte einen Mann treffen, welcher sich in früheren Jah= ren die Mißachtung seiner Mitbürger zugezogen, später aber dur ch ein vorwurssfreies Leben allgemeine Achtung wieder erworben hat; dieser hat den Rekurs an die Regierung verabsäumt und den weite! Weg der Rehabilitirung gemacht. Hier ist nun zu betrachten: Hak Jemand die öffentlihe Achtung verloren, so wird er sicher uicht ge= wählt, und dann kommen wir uicht in den Fall. Träte aber der Fall ein, daß eine und dieselbe Person einerseits von dem Gemeinderecht ausgeschlossen und andererseits gewählt werden sollte, so is dies ein Fall, bei dem sich mir die Vermuthung aufdringt, daß besondere Um- stände vbwalten müssen, und diese bedürften sehr wohl einer aberma- ligen gründlichen Untersuchung, welche üns selbst zu überlassen ist. Die ausgesprochene Absicht des Entwurfes is : die Stände-Versamm- lung so hoh als möglich zu stellen,” und so kann man uns wohl zu=- trauen , daß wir selbst wohl unsere Versammlung vor unwürdigen Personen bewahren werden. /

Abgeordn. von der Heydt: Jch schließe mich dem Amende- ment für Streichung der in Frage stehenden Position an. Jch werde niht die Gründe wiederholen, die hon vorgebraht worden sind, aber ih halte mich für verpflichtet, die hohe Versammlung darauf aufmerk= sam zu machen, daß der Gemeinderath in der Rhein-Provinz in klei- nen Gemeinden nur aus sechs Mitgliedern besteht; es wird somit die Entscheidung einer wesentlichen Frage in die Hände nur weniger Per- sonen gelegt. Darüber, ob Personen, die die allgemeine Verachtung genießen, in der Versammlung aufzunehmen seien, darüber L keines Wortes. Aber sehr wichtig ist es, von wem ein solcher Be- {luß gefaßt wird, und wir haben von dem lehten Redner gehört, wie leicht ein solcher Fall vorkommen kann. Nur das möchte ih noch ad Bie was von dem geehrten Mitgliede, welches einen hohen Plaß im Ministerium des Junern einnimmt, gesagt worden is. Jch meine, ehört zu haben, daß von Seiten der fhe Gemeinde des Rheins

Feine Einwendung gegen die in die rheinishe Gemeinde-Ordnung auf-

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zogen werden.

enommene Bestimmung über die Ausschließung vom Gemeindere L aid worden sei, Jch halte mich für verpflithtet, der Johex a sammlung zu sagen, daß der rheinische Es diese Bestimmung einstimmig für höchst bedenklich gefunden und gebeten hat, sie weg- zulassen. Er hat die Weglassung des fraglichen Paragraphen bean= tragt, indem dadurch dem Gemeinderath eine richterliche Befugniß beigelegt werde, die mit seiner Stellung und den allgemeinen Rechts= rundsäßen nicht vereinbar sei. Einstimmig hat der Provinzial= Landtag vorgeschlagen, statt dessen die Be mmung aufzunehmen: „Von dem Gemeindereht sind diejenigen auszuschließen, welche zum Verlust eines der im Art. 42 des rheinischen Strafgeseßbuchs be- zeichneten Rechte ‘verurtheilt worden sind.“ Es würde mir sehr leid thun, wenn dieser einstimmige Beschluß des Provinzial - Landtages bei dem hohen Ministerium übersehen worden wäre. Jh bin der Mei- nung, daß Position 3 wegfallen müsse.

Abgeordn. Möwes: Die ad 3 im Geseh-Entwurf enthaltene Bestimmung in Beziehung auf die Frage, ob der Verlust der bürger= lihen Ehrenrechte au die der ständischen nah sich ziehe, ist hinrei= hend debattirt worden. Wie es in anderen Provinzen gehalten wird, vermag ih nicht vollständig zu beurtheilen. Jh glaube, der Mei= nung sein zu müssen, daß der Grundsaß, der hier ausgesprochen worden is, ein richtiger sei, und daß es fonsequente Folge und Noth= wendigkeit ist, daß derjenige, der des Besibes der bürgerlichen Rechte verlustig gegangen ist, niht mehr ständische Rechte ausüben könne. Wein in Frage gestellt worden if, ob Sen Bestimmung hier stehen bleiben könne, oder ob sie nicht unter g. Ill, zu subsumiren set, sto fann ih mich dem nicht anschließen. Nr. IV. bezieht sih meines Erachtens auf diejenigen Fälle, welche noch niht zur Entscheidung gekommen sind, und welche erst in der Stände-Versammlung Erledi= gung finden. Jch glaube nicht, daß die Stände= Versammlung eine Bestimmung aufnehmen werde, wodur der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte in Frage gestellt wird.

Bei dieser Gelegenheit sei es mir gestattet, zu bemerken, daß die Städte-Ordnung auch andere Fälle enthält, wo das ‘eber Ehrenrecht entzogen wird, wie z. B. diejenigen, die sich beharrlich geweigert haben, städtische Aemter anzunehmen, nicht nur ihres Stimm- rechtes, sondern auch der Theilnahme an der Verwaltung verlusti gehen, ja sogar einer höheren Besteuerung unterworfen werden. Jh weiß gar wohl, daß wir nicht dieses im Sinne haben, weil es Man- gel an Gemeinsinn und an ehrliebender Gesinnung herbeigeführt hat. Jch halte dafür, daß es wünschenswerth sein möchte, wenn die ein= zelnen Paragraphen in Parenthese angefügt würden.

Abgeordn. Krüger: Jch habe * dassebe aussprehen wollen, was der Syndikus Möwes ausgesprochen hat, und namentlich mich beziehen wollen auf die §§. 1 und 2, wo dieselben Ehrenrechte ent=

Abgeordn. von Manteuffel 1: Jch war in der leßten Sihung im Begriff, dem Abgeordneten aus Westfalen, der zuleßt gesprochen hat, einige Worte zu erwiedern, die Versammlung ver- langte aber damals die Abstimmung, und i hre diesen Beschluß, auch dadurch, daß ih auf jene Reden, nicht er zurückomme. Jch glaube aber bei der Lebendigkeit, mit der die Diskussion an jenem Tage erfolgte, dohch auf den allgemeinen Standpunkt noch einmal hinweisen zu müssen, aus dem auch die gegenwärtige der Berathung unterliegende Bestimmung sih rechtfertigt. Es handelt sih hier etwa feinesweges um die Frage, wer aus dieser Versammlung auszu= schließen sein möchte. Die Frage ist im Geseß= Entwurf allgemein aufgefaßt worden und darin gesagt: „aus ständischen Versammlun= gen“. Wenn ih nicht irre, so hat in der leßten Sißung ein Mit= glied aus der Rhein-Provinz die Ansicht aufgestellt, daß es für die Kreistags-Versammlungen {hon Bestimmungen gäbe und es sich nur um Ausschließung aus größeren Stände = Versammlungen handle. Diese Ansicht finde ih im"Geseß nicht begründet, und die Denkschrift, welche die Regierung vorgelegt hat, steht dem entgegen. Es wird darin Werth darauf gelegt, daß alle ständischen Verhältnisse, in ver=- schiedenen Oliederungen, auf Kreis-Landtagen, Kommunal=-Landtagen und Provinzial-Landtagen nah einer Regel zusammengefaßt werden. Man kann aber bei uns ständische Rechte nur ausüben als Mitglied eines Standes, denn wir vertreten niht Köpfe, niht eine Steuer= Einheit, sondern wir vertreten unseren Stand, der uns gewählt hat.

(Abgeordn. von Bardeleben einfallend: „und die Nation““.)

Hieraus folgt, daß der, den der Stand von si ausgestoßen, indem er ihn in seiner Mitte nicht mehr haben will, -nicht atel wahl= fähig is. Jch glaube, es würde eine große-Jnkonseqnenz sein, wenn man Jemandem, dem das Bürgerrecht entzogen is, den Wählern noch vorstellen wollte und fragen: Wollt ihr ihn wählen, er gehört die= sem Stande in vollem Sinne des Worts nicht mehr an, ihm is das Werthvollste genommen, was diesen Stand charakterisirt. Deshalb rechtfertigt sich diese Bestimmung in ihrer Konsequenz vollkommen. Es i von einem anderen Mitgliede aus der Rhein-Provinz mir ein Jrrthum vorgeworfen worden, und ih bin in diesem Augenbli nicht im Stande, mich definitiv zu erklären; ih erlaube mir aber, daran zu erinnern, daß, als ih jene Aeußerung damals that, ih zugleich hinzufügte, ih sei meines Gedächtnisses niht mehr gewiß, und die Versammlung wird mir verzeihen, wenn ih nicht alle Beschlüsse des rheinischen Provinzial - Landtages vollständig im Kopfe habe. Aber das erwähnte Mitglied wird mir zugeben, daß die rheinische, Ge- meinde-Ordnung ein landesherrlihes Geseß i}, daß sie gegenwärtig besteht, und daß der, der auf Grund dieser Gemeinde-Ordnung der Gemeinderechte beraubt is, niht mehr in die Wahl-Versammlung ge- hört. Jch glaube mich also auf die nähere Diskussion über jene Einwendung nicht einlassen zu- dürfen, sondern bleibe lediglich bei der sehr strengen Konsequenz stehen, die auch von einer anderen Seite näher hervorgehoben i}, und werde für Beibehaltung dieses Punktes stimmen. Jch gebe zwar zu, daß, wenn man diese Fälle vor die Wähler bringt, die Ausschließung auch erfolgen würde, aber einmal is es überflüssig, und zweitens is es nicht konsequent, und deshalb stimme ih für die Beibehaltung.

E DDle von L Heydt: f Id hierauf erwiedern; ih bin weit entfernt, erehrl welches so eben gesprochen hat, zuzumuthen, daß ihm jeder Beschluß des rheinishen Landtages gegenwärtig sei; wenn aber einerseits zur Beruhigung der Versammlung S ist, daß von dem rheinischen Landtage gegen die fragliche Bestimmung nichts eingewandt sei, \o war es Pflicht, der Versammlung vorzutragen , daß ein einstimmiger Beschluß des Landtages dahin gefaßt worden, daß eine Bestimmung nicht angenommen werde, die weder in der Städte-Ordnung, der al= ten guten, wie ‘sie genannt ist, noch der neuen revidirten, aufgenom=- men is. Es kann offenbar niht gewünscht werden, daß Jemand, der in öffentlicher Verachtung Bat hier zugelassen werden dürfe. So. lange aber die fragliche estimmung in der rheinishen Gemeinde- Ordnung besteht, habe ih das Vertrauen, daß die Versammlung diese

tionen nicht annehmen wird. : EON Ren, Lensing: Darüber, daß kein Bescholtener unter

wollte nur einige Worte dem verehrten Mitgliede,

uns sien dürfe, werden wir Alle hoffentlich einig sein, Es handelt