1847 / 131 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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rien Undestheile und für mehrere Arten ständischer Verbände noch ehlen.

__Glei{mäßigkeit und L 7 ati der Gescbgebung in diejer Hinsicht empfehlen sich von selbst.

E ‘m I u, I.

s fragt sih aber ferner : S B. wie + Begriff der Bescholtenheit in ständischer Be= ziehung geseßlih zu formuliren sein wird?

Der Entwurf stellt dafür zwei Kategorieen f:

a) Fälle, in denen geschmälerte Ehrenhasftigkeit in bestimmten

staatlihen Formen festgestellt is und von selbst ips0o jure eintritt. L Me (230m L

b) Fälle, in welchen auch ohne solche bestimmte Formen Zweifel

gegen Chrenpa B fd fgr ugen und zu erledigen sind. L Ae F6bo u. Y+ L

Die btkcung erkennt es dankbar, daß dur g. I. Nr. 4 des Entwurfs unseren ständischen Verhältnissen ein neues Lebens-Prinzip zugeführt werden soll, ein Grundsaß, der in unseren militairischen Einrichtungen sich bereits so ungemein segensreih bewährt hat, der

danke: n U das Urtheil ‘der Standesgenossen die Ehrenhaftigkeit der Mitglieder zu überwachen habe.

Kein Geseß, selbst wenn es sih die nicht einmal empfehlens= werthe Aufgabe stellen wollte, die kleinsten Details zu erschöpfen, würde im Stande sein, alle Kennzeichen der Bescholtenheit im vor= aus aufzustellen.

Unverleßte Ehrenhaftigkeit kann nur wurzeln in dem Anerkenut= nisse der Nebenmenschen, insbesondere der Standesgenossen.

Dieser Grundsaß findet sih niedergelegt in Nr. 4 des g. I. Die Abtheilung hält ihn für einen

auf den nothwendigen sittlihen Grundlagen unseres öffentlichen Lebens ruhenden, durch echt deutsches Wesen getragenen Ge= danken, j

Sie hat nicht verkannt, daß die Stärke eines Prinzips sich bei den Konsequenzen seiner Durchführung zeigt. Gleichwohl hält sie einstimmig dafür :

daß es einer ganz konsequenten Anwendung jenes Grundsabes nicht bedürfe, weil es allerdings staatliche Formen giebt, welche den Flecken der Be= \holtenheit dem davon Betroffenen so unzweifelhaft aufdrücken, daß derselbe auch für ständische Verhältnisse ohne weiteres Urtheil der Standesgenossen vorhanden ist. Zur Abstimmung wird daher die Vorfrage vorgeschlagen : Soll die Bescholtenheit in ständischen Verhältnissen allein durch das Urtheil der Standesgenossen festgestellt werden? und eventuell, wenn diese Frage nah dem Gutachten der Abtheilung verneint wird : Soll die Bescholtenheit in ständischen Verhältnissen auch in gewis= sen, durch das Geseß bestimmten Fällen von selbst ips0 jure eintreten ?

So weit würde der allgemeine Theil der Berathung gehen. Jch

erlaube mix einige Worte hinzuzufügen. Der Gegenstand ijt in den leßten Tagen \o vielseitig besprochen worden, daß ih glaube, die mei= sten Mitglieder werden bereits mit sich im Reinen sein, wohin sie sich in dieser oder jener Rücksicht entscheiden wollen; ih halte daher da= für, daß die Debatte hier sih sehr konzentriren wird. Zunächst würde es darauf ankommen, den Grundgedanken des Entwurfs ins Auge zu fassen. Dieser i die Frage: wie man ständische Versammlungen vor der Theilnahme Unwürdiger sichern will. Es sind zwei Wege, auf denen das zunächst geschehen kann. Einmal, daß der Staat selbst A die Fürsorge dafür in die Hände nehme; das war der Weg, der bisher vorzugsweise betreten wurde, und die Folge davon war, daß zunächst die Königlichen Behörden und die Kommissare der ein- zelnen Landtage den Gegenstand zu erledigen hatten. Jch glaube, daß der uns vorliegende Geseß-Entwurf einen anderen Weg bahnen will, indessen cinen doppelten Wegz einmal will der Staat, daß ge= wisse Fälle, in denen die Frage der Ehrenhaftigkeit {hon durch fest bestimmte Formen festgestellt worden is, ohne Weiteres erledigt scin sollenz der zweite Weg is, daß nebenbei die Standesgenossen selbst das Urtheil darüber zu fällen haben. Jch, meines Theils, halte da= für, daß dieser neue Weg ein sehr wichtiger is und doch wohl bei Betrachtung des Gegenstandes zunächst an die Spiße gestellt werden muß. Daß überhanpt eine allgemeine Verordnung über den Gegen= stand wünschenswerth is, scheint mir ziemlich zweifellos zu sein, weil unbedenklich sich schon gezeigt hat, daß die bisherigen Bestimmungen theils niht ausgereicht, theils niht alle Seiten des ständischen Le= bens umfaßt haben. Die Schwierigkeit der Sache liegt aber darin, wie der Begriff der Bescholtenheit geseßlich festzustellen sein wird, Daß das Geseß ein Bedürfniß sei, kann unmöglich bezweifelt werden. Jch weiß nicht, ob der Herr Landtags-Marschall diese Frage ers noch besonders zur Abstimmung bringen wolle, die Abtheilung aber hat es für nothwendig erachtet.

Marschall: És fragt sid, ob bei diesem Gegenstande über die Page noch Bemerkungen zu machen sind; ih meines Orts habe keine andere in dieser Beziehung zu machen, als daß hier schon in Betracht kommt, was die leßte Frage von denen is, die der Aus= dd vorschlägt. Nämlich er \{lägt vor und beiläufig bemerkt, vhne Bezug auf das vorliegende Gutachten, wäre es für die Zukunft nicht einmal erforderli, daß die Abtheilungs - Berichte die Fragen vorschlügen, die zu stellen M der Ausschuß also hat zuleßt folgende mit der Bedürfnißfrage zusammenhängende Frage vorgeschlagen : „Tritt die hohe Kurie dem Entwurfe der Verordnung bei?“ Da würde sich ganz am Ende wieder die Frage nah dem Bedürfnisse her= ausstellen. Deshalb \chicke ih voraus, daß Alles, was in dieser Be- ziehung zu sagen ist, nah meiner Ansicht jetzt gesagt werden muß, und shicke weiter voraus, daß ih mich mit dieser leßten Fragstellung am Ende der Berathung nicht einverstanden erklären kann, Wir ha-

M , ben am Schlusse einer Berathung nicht darüber abzustimmen , ob die Mabanbs bes den Geseb-Entwurf, wie er dann vorliegen wird, nad / ) Maßgabe der stattgefundenen Berathung annehmen wolle oder nicht Das würde nicht in der Sache liegen, weil wir nur eín Gutachten über einen Geseß-Entwurf zu geben haben, nicht aber ihn abzulehnen oder anzunehmen. Es würde also diese Frage weder hier, noch bei anderen Gegenständen am Ende einer Berathung zu stellen sein, und ih glaube, wenn über die Bedürfnißfrage noch etwas beigebracht werden soll, daß dazu jeßt der Augenblick da ist.

Referent von Keltsch: Jh glaube durch einige Worte Auf- flärung geben zu können, Es hat sih auf einzelnen Provinzial-Land- tagen, besonders auf einem, dem ih au anzugehören die Ehre ge- havi habe, gezeigt, daß die Abstimmungen in den Plenar-Versamm= ungen wesentlih erleihtert worden sind, wenn die vorarbeitende Ab= theilung selbst vorher diejenigen Fragen schon entworfen hatte, die dann zur Abstimmung in pleno zu bringen waren. Die Abtheilung, welche diese Propositionen zu bearbeiten die Ehre gehabt, hat diesen selben Weg auch eingeschlagen, und dabei hat si herausgestellt, daß eben so, wie auf den Provinzial-Landtagen es immer üblich gewesen ist, zum Schlusse einer Berathung über eine Allerh. Proposition die allgemeine Frage hinzustellen, ob denn überhaupt das Gutachten des plenum für eine Ablehnung oder für eine Annahme befürwortend

696 ausgedrückt werden solle, diese allgemeine Frage jedesmal am Schlusse wiederholt werden müsse. Nur diesen Zweck “hat die am Schlusse des Gutachtens allgemein hingestellte Frage gehabt, davon ausgehend, daß, wenn vorher dur einzelne Fragen das Hauptprinzip und die einzelnen Bestimmungen ' zur Berathung und Beschlußnahme pflicht= mäßig gestellt worden, nahher noch das plenum Gelegenheit finden, sich zu äußern, ob es im Ganzen für oder gegen die Proposition sein Gutachten abgeben zu müssen und zu dürfen glaube. Niemals kann das natürlich so verstanden werden, als wenn sich die Kurie anmaße, zu erklären, wir wollen das Geseß annehmen oder nicht, Das kann nicht gemeint sein; sondern es soll nur die Frage angedeutet fein, ob das Gutachten dafür oder dagegen ausfallen wird. Wir können nun also zur Bedürfnißfrage zurückkehren,

Marschall: Jh würde doch noch der Meinung sein, daß Al- les, was über die Bedürfnißfrage zu sagen is, jeßt zu sagen wäre. Was der Herr Referent eben bemerkte, würde einschließen, daß, wenn wir zu Ende der Berathung gekommen sein werden, noch über die Bedürfniß-Frage gesprochen werden könne, und meine Erfahrung hat mich gelehrt, daß es nur günstig sein kann, wenn der Weg von vorn= herein für alle vorkommende Fälle eingeschlagen wird, den ih hier bezeichnet habe, und man am Ende einer Berathung auf die Bedürf- nißfrage oder auf die Frage, ob der amendirte Geseßentwurf zu em- pfehlen sei oder nicht, niht mehr zurückkomme. Das is der Gang, der von jeher, z. B. auf dem rheinischen Landtage, verfolgt worden ist, und der auch dort keinen Widerspruch gefunden hat, im Gegentheil, man hat anerkannt, daß dies auch in Folge der gemachten Erfah= rungen der einzig mögliche, der einzige zum Ziele führende Weg sei. Jch würde also auch von dieser Ansicht hier abzugehen keine Veran- lassung finden.

Graf von Landsberg-Gehmen: Durchlauchtiger Marschall ! Jch erlaube mir zu lemerken, daß ih die Ehre habe, Vorsitzender in der Abtheilung zu sein, und daß ih um so mehr keinen Zweifel gehabt habe, auch in dieser Art auf den Vorschlag einzugehen, als selbst auf meine Empfehlung auf dem Provinzial = Landtage es in ähnlicher Weise gebräuchlih und immer als zweckmäßig erschtenen ist. Tch sehe wohlweislih ein, daß darum sich nicht genau in der Ple=- nar - Versammlung nach diesen Fragen gerichtet werden kann, aber immer habe ich gefunden, daß es zweckdienlich is, wenn im Aus-=- husse die Fragen vorher angedeutet worden sind, Der Herr Land= tags - Marschall wird dadurch bei der Angabe der Fragstellung noch mehr erleichtert, und das if der Grund gewesen, weshalb ich mich der Ansicht des Herrn Referenten angeschlossen habe, daß in dem Gutachten die Fragen zu stellen sein möchten. Was die leßte Frage betrifft , so is} sie häufig auf den Landtagen bei uns gestellt worden. Es kann natürlih niht die Ansicht unterstellt werden, als ob man das Geseß hätte annehmen wollen; dazu is allerdings der Landtag nicht befugt; wir haben aber geglaubt, deshalb die ¿Frage stellen zu missen, weil sich dadurch klarer herausstellt, ob die Bersammlung das nun berathene Geseß auch wirklih für den Nußen der Provinz entsprechend hält. Das sind die Gründe, die mich veranlaßt haben, um «so mehr dem Referate mich anzuschließen,

Marschall: Jch glaube, bei der Ansicht beharren zu müssen, daß die Bedürfnißfrage im Eingange erörtert werde. Sie is sa doch nur eine Erklärung darüber, ob man ein Bedürfniß erkenne, daß über- haupt ein Gegenstand gesebßlih regulirt werde. Erkennt man das Bedürfniß, #o geht man mit größerer Ueberzeugung an die Arbeit; aber nachher zu erklären, wir wollen dieses Geseß für annehmbar er= flären oder nicht, i} ein Gegenstand, der sich mit der Bedürfnißfrage eigentlich nicht mehr beschäftigt. _ Was zur Bedürfnißfrage beizubrin- gen ist, dazu i immer im Eingange der Debatte Zeit, und ich kann mich nicht dahin einverstanden erklären, daß zuleßt noch die Meinung eingeholt und eine Abstimn ung darüber veranlaßt werde, ob das so und so amendirte Geseß empfohlen werde oder niht. Wie gesagt, es hat sich auf dem rheinischen Landtage dieses Verfahren immer als das allei zweckmäßige bewährt, und es fragt sih nun, was noch über die Bedürfnißfrage jeßt beizubringen ift,

Prinz: Friedrich von Preußen: Darauf erlaube ih mir, zu bemerken, daß, so viel ih mich erinnere, auf dem rheinischen Land- tage gerade der umgekehrte Fall vorgekommen sein soll. Es betraf das neue Strafgeseß, welches von dem rheinischen Landtage nicht be- rathen wurde, und es war dabei zuvörderst zur Sprache gekommen, ob es überhaupt berathen werden solle.

Fürst zu Lynar: Ein ähnlicher Fall ist, glaube ih, auf dem hiesigen Provinzial-Landtage vorgekommen; wir haben bei dem Straf-= geseße au zuvörderst die Bedürfnißfrage bejaht; späterhin is das Gesetz so verändert und durhlöchert worden, daß uns zuleßt die Frage vorgelegt werden mußte, ob man das so amendirte Geseß noch für wünschenswerth halte, und Se. Majestät der König i} unterthänig gebeten worden, das Geseh so nicht zu erlassen. Es is also immer möglich, eine solche Frage zuleßt zu bringen, zwar nicht über das Be- dürfniß, aber doch über die Zweckmäßigkeit des Gesetzes, so wie es aus der ständischen Umarbeitung hervorgegangen.

Marschall: Ein solcher Beschluß eines Landtages würde im- mer die ganze Arbeit umwerfen uno konsequent nichts Anderes ent= halten, als den schärfsten Tadel über die ständische Arbeit selbst und aus\agen, daß man noch einmal mit dem Gegenstande sih befassen und dahin trachten müßte, ihn besser zu bearbeiten. Das steht aber mit der Bedürfnißfrage nicht im Zusammenhang, und ih halte es nicht einmal wünschenswerth, daß der Landtag ein folhes Votum über sich selbst ausspräche, eine solche Anklage über sich selbst am Schlusse der Debatte erhöbe, sondern daß er nur im Eingange hin- stellt : Wir erkennen das Bedürfniß, daß der Gegenstand gesetzlich re= gulirt werde, und begeben uns nun an die Arbeit. Findet sich \zäter, daß sie nicht gelungen ist, so is das ein Gegenstand, der, wie mir vorkommt, blos von den Mitgliedern des Landtages zu bedauern, aber nicht wieder besser zu machen ist.

Referent von Keltsch: Jch glaube doch nicht, daß Beides #o zusammenfällt. Es kann einer Versammlung klar werden, daß das Bedürfniß der Geseßgebung über irgend einen Gegenstand vorhanden sei, sie kann sich vorher über die Frage verständigen und aussprechen. Wir halten allerdings dafür, es sei ein Bedürfniß vorhanden, eine Lüdke der Geseßgebung auszufüllen. Se. Majestät der König können nun dieser selben Versammlung eine Allerhöchste Proposition haben vorlegen lassen, zu dem Zwecke, diese erkannte Lücke auszufüllen ; die Versammlung muß dann unbedingt diese Allerhöchste Proposition in allen Theilen berathen und über jeden einzelnen Punkt auch ein Gut= achten abgeben, sie kann aber, wie {hon von dieser Seite hervorge- hoben worden is, zuleßt zu dem Resultate kommen, daß gerade die berathene Proposition das Bedürfniß, von dem man durchdrungen sei, entweder nicht rihtig oder nit in dieser Weise befriedige, so daß die Versammlung doch zuleßt zu dem Resultate kommen muß, Sr. Ma- jestät dem Könige allerunterthänigst zu erklären: Wir halten im Ganzen das Gefes in der Weise, wie es vorgelegt ist, noch nicht für geeignet, dem Bedürfnisse abzuhelfen, und ih glaube, diese Frage kann nicht auders erledigt werden, als daß an die Spibe der Berathung zwar die Bedürfnißfrage gestellt, nah der Berathung der Einzelnhei- ten aber zuleßt eine Frage gestellt wird, ob die E S nun die empfohlene Proposition als zur Abhülfe des Bedürsnisses geeignet erachtet wird, ob sie ihr Gutachten dafür abgebe, daß die Proposition ¿zu einem Geseße umgewandelt werde, Wird irgend ein Zweifel in

den Worten, die die Schlußfrage enthalten, gefunden, daß die Worte in der Abtheilung so gefaßt worden sind: „Tritt die Kurje dem Ent- wurfe bei?“/ so bemerke ih meinerseits, und ih. glaube au, daß ih es im Namen der Abtheilung erklären kann, ohne ihr eine Dementi zu geben, daß es Keinem von uns in den Sinn gekommen is, damit zu sagen, das Gesetz könne nur Gesebeskraft bekommen, wenn die Kurie des Herren-Standes ihren Beitritt erkläre, sondern es hat nur damit auf die schärfse Weise ausgedrückt werden -sollen: Erklärt die hohe Kurie sih begutachtend für oder wider den Entwurf im Ganzen?

Marschall: Jh bekenne, daß sich meine Ueberzeugung durch das, was ich vernommen habe, niht geändert hat; wir können aber zur Berathung der einzelnen Paragraphen nunmehr übergehen.

Graf von Sierstorpff: Jn der Geschäftsordnung heißt es: „Nach dem Schlusse der Berathung stellt der Marschall die aus der= selben sich ergebenden Fragen und bestimmt deren Reihenfolge. ““

__ Marschall: Das würde sih auf das beziehen, was ih vor= hin beiläufig bemerkte, nämlich, daß späterhin es niht nothwendig und auch nicht erwünscht erscheint, daß von den Abtheilungen die Fra= gen vorgeschlagen werden. Jh erkenne zwar, wie vorhin gesagt worden ist, vollkommen an, daß dessenungeachtet das Recht und die Pflicht des Marschalls, die Fragen zu stellen, niht gerade zu alterirt ist, finde es aber doch nicht gerade günstig, daß von der Abtheilung die Vorschläge gemacht werden, und es ist diejenige Bestimmung, die aus der Geschäftsordnung #o eben angeführt worden is, ganz im Einklange mit dem, was ih bemerkte. Also nun zur Berathung des G. 2

Furs Zu Lonart Ds die Devatte uver das gane Gelees eröffnet ?

Marsch all: Es würde noch an der Zeit sein, über das Be-= dürfniß etwas zu sagen.

Graf zu Solms=Baruth: Also die Bedürfnißfrage is an- erfanut 7

Fürst Lyhnowski: Darüber ist die Versammlung noch nicht befragt worden.

Graf zu Solms=Baruth: Darum frage ih eben.

Marshall: Es i} keine Bemerkung gegen das Bedürfniß einer geseßlichen Regulirung des Gegenstandes gemacht worden, und wenn das nicht geschieht, 10 werde ich allerdings das Einverständniß der hohen Versammlung dahin vorausseßen, daß sie mit ihrer Abthei lung ein Bedürfniß zur Regulirung des Gegenstandes anerkenne, Dies i also als geschehen anzunehmen.

Referent von Kelts\ch: Es würde daher zur zweiten Hauptfrage überzugehen sein, wie der Begriff der- Bescholtenheit in ständischer Beziehung gesebßlih zu formuliren sein wird, und zwar bestimmter noch ausgedrüct, ob die hohe Kurie der Ausicht ist, daß die Beschol- tenheit in ständischen Verhältnissen allein dur das Urtel der Stan desgenossen festzustellen sein möchte. So steht die Frage, wie die Abtheilung sie vorgeschlagen hat. S S

Marschall: Die Abtheilung is mit der Denkschrift dahin ein- verstauden, daß von der Versammlung nicht angenommen werden möge, daß blos nah dem Urtheile der Standesgenossen zu. verfahren sei, sondern auch Fälle anzuerkenuen, wo 1ps0 jure die Bescholtenheit anzunehmen wäre, und wenn keine Bemerkung erfolgt, die sih gegen den Antrag der Abtheilung richtet, so würde ste als angenommen zu betrachten sein. L

Fürst zu Lynar: Jch glaube, die Debatte ijt eröffnet, auch über den Begriff der Ehrenhaftigkeit, und meine, daß es wohl dw mäßig wäre, wenn wir uns erst genau darüber verständigten. 51 haben den vorliegenden Geseß -Entwurf über die Bescholtenheit zu begutachten, und es scheint mir, wie gejagt, förderlich, daß wir gleich bei dem Beginn der Debatte den Begriff der Ehrenhaftigkeit näher zu begründen suchen, Jch erlaube mir, über den Begriff der Chre zuvörderst meine Definition vorzulegen. Nach memer Ueberzeugung is die Ehre (subjcktiv) das Bewußkjein eimer unverleßten Persönlich= feit. Diese Persbulichkeit hat aber eme doppelte Naturz sie is ein-= mal eine innere und geistige und zum anderen die der äußeren Erscheinung. Beide sollen als unverleßt dastehen. Diese Unverleß= lichkeit der inneren Natur wird dadurch bewirkt, daß unser Wille mit dem inneren Moralgeseß in Uebereinstimmung ist, folglih daß wir sittlich sind. Ju dieser Beziehung würden also die Begriffe von Sittlichkeit und Chre zusammenfallen. Wir fühlen aber, daß noch ein großer Unterschied besteht, daß die Worte Sittlichkeit und Ehre noch nicht dasselbe bedeuten. Das liegt darin, weil wir auch die andere, objeftive Seite der Persönlichkeit ins Auge fassen und auch diese als unverleßt hinstellen müssen. Jhre Unverleblichkeit wird bewahrt, wenn eine andere Jndividualität, der wir das Recht der Persönlichkeit zuerkennen, der unjrigen nt zu nahe tritt; oder wenn dies geschehen, wir dann Alles anwenden, um für die erlittene Schmach uns Genugthuung zu verschaffen, um so unsere Unverlebt- heit wieder herzustellen. Dieses Bedürfniß nach Genugthuung im Falle einer Beleidigung is ein ganz besonderes, ein nothwendiges Moment der Ehre, und es wurzelt tief in der inneren menschlichen Natur, in unserem Rechtsgefühle und in dem Triebe nach Wieder- vergeltung, der eine der Anlagen is, woraus sich die Rechts - Jdee entwidelt. So steht deim die Unverleßtheit der Persönlichkeit mit der Ehre im genanesten Zusammenhange, deren mehr gefühlter als logisch festgestellter Begriff wie eine alte, ehrwürdige Tradition aus germanischen Ueberlieferungen auf uns gekommen ist, die wir mit Pietät bewahren und als ein heiliges Erbe wieder unseren Kindern hinterlassen wollen, Jh will aber keinesweges hiermit gesagt haben, daß die Ehre em ausschließlihes Eigenthum eines gewissen Standes seiz im Gegentheil, sie is ein Gemeingut; denn auf jeder Bildungs= stufe der jozialen Leiter wird sie wurzeln, nur nach verschiedenen Formen. Wollte Jemand, veralteten Vorurtheilen huldigend, die Meinung aufstellen, die Ehre wie sie in unserer Sphäre verstanden wird sei das ausschließliche Eigenthum des Adels, so würde ich ihm erwiedern: Auf den glorreichen Schlachtfeldern aus den Jahren 1813, 1814 und 1815 hat das ganze preußische Volk den Ritter= {lag empfangen, Jch glaube also, die Ehre ist in ihren Grund= bedingungen ein allgemeiner Begriff, und wir müssen sie in jeder Sphäre der Gesellschaft suchen und vorausseßen. Die Chrenhasftig= feit is nun die andere objektive Seite der Ehre von der Richtung der Gesellschaft her, mithin das in der Gesellschaft lebende Bewußt= sein von der unverleßzten Persönlichkeit desjenigen Subjektes, welches beurtheilt werden soll, Hieraus geht hervor, daß über die Ehren= haftigkeit nux die Gesellschaft urtheilen lann. Da aber das Bewußt= sein der Gesellschaft in jedem konkreten Falle nicht darüber befragt werden kann, so suht man nach den geeignetsten Repräsentanten der= selben und findet die Standesgenossen, die über die Bescholtenheit vorzugsweise zu urtheilen haben. Das is das Prinzip des Gesebes, und ih muß mih mit demselben vollkommen und dankbar einver- standen erklären.

Marschall: Es fragt sich, ob zu dem zur Berathung gestellten Punkte noch irgend etwas zu bemerkfen ist. Wäre das niht, so würden wir das Einverständniß der hohen Versamm- lung. + 4 o

5 Graf York von Wartenburg: Bei Seite lassend diese De- finition der subjektiven und objektiven Ehre, würde ih nur noch darauf zurückkommen müssen, daß ich glaube, es handelt sich im vorliegenden Gesebe um die Anerkennung, die Jemand als ehrenhaster Mann bei

der Gesammtheit oder bei seinen Standesgenossen findet. Ih muß mich au für das Geseß aussprehen, wenn das Gutachten sagt, daß in bestimmten Fällen {hon ips0 jure diese Ehre, dieses Ansehen der Ehcenhastigkeit bei der Gesammtheit verloren gehen fönne. Jn den Fällen, wo der Richter gesprochen hat, is es unzweifelhaft, daß selbst, wenn ein Einzelner aus der Gesammtheit die Ansicht hat, der Rich- fer habe in einem speziellen Falle gefehlt was immerhin möglich dleibt, denn au der Richter kann irren, und es is das auch schon vorgekommen dieser dennoch sein Urtheil dem Rechts\pruche unter= ordnen muß und sagen: wenn ich selbst diese Ansicht habe, so muß sie doch eine irrige sein in der Anwendung, weil das Gericht, das Geseß gesprochen hat, Jch stimme in diesem Punkt für den Gesehß- Entwurf. a,

Marschall: Jh habe auh die Bemerkung vorhin nicht so verstanden, als habe sie gegen den Antrag der Abtheilung gerichtet sein follen. ;

Fürst zu Lynar: Nein, das habe ich gar nicht gemeint, ich habe nur den Begriff entwickelt. .

Graf York: Jch habe Sie so verstanden. .

Marschall: Sie hätte allenfalls so verstanden werden können.

Fürst zu Lynar: Jch - habe es nicht so gemeint; ih glaubte nur, die Debatte wäre eröffnet über den allgemeinen Begriff der Ehre und Ehrenhaftigkeit und wollte mir vorbehalten, noch über den Paragraphen zu sprechen, wenn er zur Debatte gestellt würde.

Marschall: Es war also keinesweges gerichtet gegen den An trag des Ausschusses. Wenn keine entgegenstehende Bemerkung er= folgt, fann ih annehmen, daß ein Einverständniß vorhanden sei.

Herr von Hochberg: Dürfte ih mir erlauben, zu bemerken, daß es mir bedünken will, als wenn in solchen Fragen der Ehren- haftigkeit auch die Standesehre zur Sprache kommen müßte, und so würde denn auch erörtert werden müssen, ob ein solcher niht auch andererseits an seiner Ehre angegriffen worden sei. Jch glaube mich also auch dafür erklären zu müssen, daß die Standesgenossen darüber urtheilen.

Marschall: Das is nicht ausgeschlossen, aber es wird nicht die Absicht gewesen sein, sih deshalb gegen den Antrag zu erklären.

Graf Sierstorpff: Das Wort „Standesgenossen““ habe ich zu vermissen geglaubt; indem dadurch dem Publikum Anlaß gegeben werden könnte, zu zweifeln, ob die Standesgenossen gemeint seien.

Marschall: Jn der Frage lag nur, ob die Versammlung dem Antrage der Abtheilung beistimme, daß Fälle vorkommen sollen, wo 1ps0 jure Bescholtenheit anerkannt werden muß? Es is also die= ser Antrag der Abtheilung als angenommen anzusehen, und wir gehen nun zu den nächstfolgenden Einzelnheiten über.

Referent von Kelts{ch: Um Mißverständnissen vorzubeugen, erlaube ih mix die furze Bemerkung, daß man bei den Berathungen in der Abtheilung davon ausgegangen ist, daß unter der Bezeichnung „„Krimingl-Gericht nicht blos bürgerliche Kriminal-Gerichte gemeint seien, jondern eben so militairishe Kriminal= Gerichte. Man hat ge- glaubt, daß der Geseß =Entwurf darin so unzweifelhaft sei, daß man es micht für nöthig erachtete, eine Aeußerung hierüber in das Gut achten aufzunehmen, Die Abtheilung hat also in dieser Beziehung die Frage vorgeschlagen: „Tritt die hohe Kurie der Festseßung des F. L. Nr. 2 des Entwurfs bei?

Marschall: Es fragt sich, ob gegen den Antrag der Abthei= lung eine Bemerkung zu machen ist?

Domprobst von Krosigk: Es können Fälle vorkommen, daß im Civil - Prozeß Jemand zur Ableistung eines nothwendigen Eides für unfähig erklärt wird, und daher scheint der Vorschlag der Kurie der drei Stände angemessen, statt der Worte „durch ein Kriminal=- Gericht“ zu seben „durch ein rehtsfräftiges Urtel.“/ :

Referent von Kelt\ch: Jn der Abtheilung kam dieser Gegen= stand auch zur Sprache; man war aber der Ansicht, einmal, daß &Jâlle dieser Art sehr vereinzelt sind, Allerdings enthält unsere äl- tere Prozeßordnung eine Festseßung, die dahin führen kann, daß auch in einem Civilurtel Jemand für unfähig zur Ableistung eines noth= wendigen Eides erklärt werden kanu; praktisch zeigt sich aber, daß diese Fälle sehr selten zur Anwendung kommen. Ich glaube auch, sie werden bei der weiteren Entwickelung unseres Gerichtsverfahrens im- mer seltener werden. Die Abtheilung kam deshalb zu dem Beschlusse, auf diese so sehr vereinzelten Fälle nicht erst Rücksicht zu nehmen, und wollte lieber die Schärfe und Präcision des neuen Geseßes, welches möglicherweise für eine lange Zeit berechnet sein soll, niht \{chwähen, Sie hielt es daher für richtiger, den Entwurf der Verordnung darin nicht zu ändern, sondern blos den durch ein Kriminalgericht gefällten Urteln der Art diese Wirkung beizulegen.

Fürst W. Radziwill: Jch wollte mir nur die eine Bemerkung erlauben, daß hier Kriegs- und Kriminglgerichte zuglei genannt worden sind, nämlih im Gutachten; Kriminalfälle kommen aber im Kriegsrechte nicht vor. Ueber gewöhnliche Kriminalfälle erkennt das Kriminalgeriht; beim Militair haben wir nur Kriegs - und Ehren- gerichte.

Referent von Kelt\ch: Das scheint mir doch zweifelhaft zu sein.

Der Kriegs-Minister von Boyen: Mir scheint, wenn ih etwas darauf erwiedern sollte, diese Bemerkung etwas vorgegriffen zu sein ; deun wir müssen von dem Standpunkte ausgehen, daß Gerichte, die der König niedergeseßt hat, bis diesen Augenblick noch gültige Ge- richte sind, um Strafen zu vollziehen.

Sollte sich aber bei weiterer Diskussion finden, daß dieses Ge- richt den Begriffen der Kriminalgerichte nicht entspräche oder man Aenderungen wünschte, so würde dies auf einen anderen Fall führen. Wir müssen allerdings die vom Könige eingeseßten, bestehenden Gerichte, wenn er thnen den Vollzug gewisser Strafen anvertraut hat und diese nah sciner Sanction vollzogen werden, als kompetente Gerichte ansehen; sonst hieße das unsere ganze bestehende Verfassung umwerfen. Jch glaube aber, daß durh die Bemerkungen, die ich wegen der Ehrengerichte im Gutachten finde, sih dieser Punkt ziem- lih ausgleichen wird.

Marschall: Ohnehin war es kein Abänderungs= Vorschlag zu dem Geseß=-Entwurfe, den die Abtheilung gemacht hätte. }

Der Kriegs-Minister v. Boyen: Nein! im Gegentheil, ich glaube damit hier auf cinem Boden mit der Abtheilung zu stehen; ih fühlte mich nur gedrungen, auf die Bemerkung, daß es im Mili= taix keine Kriminalgerichte, sondern nur Stand- und Kriegsgerichte gebe, zu erwiedern, daß es möglih wäre, wie es im Kriege häufig vorkommt, daß wir noch exceptionelle Gerichte unter der Sanction des Königs haben müssen, denen kein Mensh die Geltung eines Kriminalgerichts, wenn der König ihnen diese Befugniß beigelegt hätte, absprechen könnte. : : Referent von Kelt\ch: Der vorliegende Entwurf hat gerade ut F. L. unter 1 nur die Kriminalgerichte Verdott ebidbei und unter bi b M nrishea Ehrengerichte wieder besonders behandelt ; das hat bei {btheilung bestimmt, sich bei der Berathung auch wieder zunächst bei Nr. 1 nux über die Kriminalgerichte zu äußern, aber mit dem Zusate, der hier gemacht word j : c t

j ; orden is, daß die Abtheilung unter Kri= minalgerichten dann auch militgirishe St _ G! Standgerichte, mitbegriffen 9 he Strafgerichte, d. h. Kriegs- und von einem durclauditigen geerhanben hat, Auf den Einwurf, der Bemerkung machen zu dürfen glie e gemacht wurde, glaube ih die

"n, daß die in Reihe und Glied stehenden

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Soldaten, die ein Verbrechen begehen, welches gar nicht unter die Kompetenz der Ehrengerichte fallen fann, dessenungeachtet nicht von dem Civilgerichte beurtheilt werden fönnen, sondern eben nur von den militairischen Strafgerichten , die nach Ansicht der Abtheilung unter die Kriminalgerichte fallen, die n Nr. 1 erwähnt sind. Jh glaube also, daß von dieser Seite fein Widerspruch erhoben werden kann.

Marschall: Wenn keine entgegenstehende Bemerkung erfolgt, so is Einverständniß mit dem Antrage der Abtheilung anzunehmen, und wir kommen also zum nächsten Punkt. :

Referent von Kelt}ch: Zweifelhafter erscheint der Abtheilung die Bestimmung des §. 1. N. 2 : ; j

wonach der Ausspruch eines militairishen Chrengerichts in den dort bezeichneten Fällen jederzeit Bescholtenheit in ständischer Beziehung zur Folge haben soll. A

Die Majorität von 4 Stimmen hat si jedoch für die unver= änderte Beibehaltung dieser Festseßung des Entwurfs entschieden, Sie geht hierbei davon aus: E

der Staat müsse für die Ausübungsfähigkeit so wichtiger Rechte, wié ständische seien, die ungeshwächteste Ehrenhaftigkeit verlangen und könne eine solhe nicht mehr als vorhanden anerkenen, wo überhaupt gegen die Ehre eines Individuums etwas _ZFormelles oder auch nur eiu Schein vorliege. Dies trete aber gewiß in den Fällen ein, wo andere Standesgenossen, welchen ein ständisches Mitglied in anderer Beziehung angehöre, demselben das Anerkenntniß un- geshmälerter Ehrenhasftigkeit in staatlihen Formen versagt hätten. In den meisten ständischen Versammlungen würde eine niht geringe Anzahl der Mitglieder, und gerade die am höchsten gestellten, dem Offizierstande angehören, diesen aber könne doch nicht zugemuthet werden, mit Judividuen, denen der Ofsizierstand das Anerkenntniß ungeschmälerter Ehrenhastigkeit versagt habe, in einer ständischen Versammlung zugleich zu erscheinen. | 2,

Allerdings könnten Fälle vorkommen, in denen nur die Mili- tair - Ehre des Judividuums beeinträchtigt erscheine, während man in bürgerlicher Stellung einen Mangel ehrenhafter Gesinnung nicht anerkennen würde. Solche Fälle würden zwar hart erscheinen, je- doch sei zur Beseitigung dieser Härte den Ständen der Antrag auf Wiederzulassung durch §. VI. des Entwurfs gestattet. -

Bei der näheren Erwägung der Verordnung vom 20. Juli 1843 und namentlich der einzelnen dort §. 4. þ. bis e. aufgeführten Stra= fen und der einzelnen im §. 2 derselben aufgezählten Handlungen, für welche diese Strafen eintreten können, drängte sich der Majorität das Bedenken auf:

ob nicht diese Bestimmung doch zu modifiziren sein werde?

Der Versuch solher Modificationen hat jedoh wieder aufgegeben werden müssen, weil dergleichen bei sehr vielen der im §. 2 der Ver- ordnung vom 20. Juli 1843 erwähnten Handlungen, welche die Un- terlage ehrengerichtliher Entscheidungen bilden, sich als nöthig zeig= ten und dadurch ein verwickeltes und denuoh nicht ausreihendes De- tail herbeigeführt sein würde. ,

Auch war hierbei die Ansicht leitend, daß Jeder, welcher in den Offizierstand eintrete, wissen müsse, daß, wenn er sih in diesem Staude etwas zu Schulden kommen lasse, dies auch auf seine übrigen bürgerlichen Rechte Folgen äußere, daß er deshalb doppelten Grund habe, dergleichen Handlungen zu vermeiden, und sich nicht beschweren fönne, wenn ihn die geseßlihen Folgen derselben träfen.

Die Minorität von 3 Stimmen hält die Weglassung der Be- stimmung der Nummer 2 des §. 1 für rihtiger. Sie geht von fol=- genden Ansichten aus : s

Die militairischen Ehrengerichte beruhten auf vem sehr rühmens- werthen rihtigen Gedanken, R die Ehrenhasftigkeit des Offizierstandes auf das sorgfältigste

zu überwachen, . : i wozu sich als das sicherste Mittel Genossenschafts - Gerichte an die Hand gegeben haben. e

Militairische Ehre müsse so zarter Natur sein, daß sie schon durch manche Handlungen und Unterlassungen gefährdet werde, welche die allgemeine bürgerliche Ehre noch im mindesten nicht beflecken.

Der Ausspruch eines militairischen Ehrengerichts könne daher von dem militairishen Standpunkte aus vollständig gerechtfertigt sein und dennoch in bürgerliher und rein menschlicher Hinsicht eine Verleßung der heiligsten Rechtsbegriffe enthalten.

Man trete der eigenen sittlihen Grundlage der militairischen Ehrengerichte zu nahe, wenn man ihren Aussprüchen eine Wirkung beilege, welche über ihr Wesen und ihren Zweck hingusliege.

Eben so entkräfte man aber zugleih das sittlihe Prinzip, welches ständisher Genossenschaft zum Grunde liege, wenn man sie nöthige, ein in anderer Genossenschaft gefälltes Urtheil über Ehrenhaftigkeit au innerhalb ihrer Kreise ohne Weiteres gelten zu la}}sen.

Nur wenn militairische und ständische Genossenschaftsgerichte ganz aus einauder gehalten würden, bewahre man beiden die Be- dingungen ihres Gedeihens und vermeide zugleich bedenkliche Kol-= lisionen.

Die einzelnen Bestimmungen der §§. 4 und 2 der Verordnung vom 20. Juli 1843 zeigten aber, daß darunter Strafen aufge= führt seien, die als Folgen von nicht nothwendig ehrenrührigen Handlungen eintreten könnten, und daß auch wieder einzelne der von den Ehrengerichten zu beurtheilenden Handlungen vom mili= tairishen Standpunkte aus ganz anders zu betrachten seien, als vom rein menschlichen oder ständischen. E

Dabei könne man aber vollständig vertrauen , daß die ständi= schen Körperschaften gewiß nah Nr. 4 des §. 1 des Entwurfs selbst diejenigen aus ihrer Mitte entfernen würden, welche als un- ehrenhaft aus einem Militair - Ebrengeriht hervorgegangen sein sollten.

Zur Abstimmung wird die Frage vorgeschlagen :

Tritt die hohe Kurie der Festseßung des §. 1. Nr. 2 des Entwurfs bei ?

Marschall: Es fragt sich, ob Bemerkungen über diesen Ge= genstand zu machen sind?

Domprobs|t von Krosigk: Jch glaube, die Minorität is wohl zu weit gegangenz indem sie zu sehr die Militair - Verhältnisse von den bürgerlichen getrennt hat. Wir leben im preußishen Staate, jeder preußische Unterthan ist Soldat. Jch werde mit der Majorität stimmen,

Graf York: Jch würde der Minorität beitreten. Wenn ich mich vorhin dahin ausgesprochen habe, daß durch richterlihen Spruch entschieden sein müsse, ob Jemand unehrenhaft ist oder nicht, so wün- he ih zu gleicher Zeit auszusprechen, daß es auch noch ein anderes Urtel gebe, das von den Standesgenossen gefällt werden muß. Es ist nämlich eben das ein Urtheil, welches niht mehr auf bestimmten, festen, geseßlichen Grundlagen, sondern das nur in der Ueberzeugung, in der Ansicht beruht, was also ohnehin in sich etwas Shwankendes tragen muß. Es i} allerdings anzuerkennen, daß das Militair we-= nigstens ein exceptioneller Stand zu nennen i. Indem ih meine, daß der Militairstand und, was, wie ich glaube, uns zunächst berührt, der Offizierstand ein exceptioneller ist , L: ih an ihn einen \trenge= ren Maßstab legen, vielleiht in mancher Beziehung auh etwas mehr Aeußerlihes an ihn knüpfen, welches aber , indem es sih eben bei

einem exceptionellen Stande findet, nit blos etwas A i i sondern auch vollständig seine innere wichtige Bedeutun sat Stn Verhältnisse aber als unumgänglich nothwendig auch auf bürgerliche Verhältnisse zu übertragen, scheint mir sehr {wierig, Jh wi nicht verbergen , daß mir noch eine besondere Schwierigkeit in unserem Landwehr-Systeme in dieser Meatehung zu liegen scheint, Da if ver Offizier in der Lage, daß er halb Offizier und halb niht Offizier ist, so daß es hier allerdings Verhältnisse giebt, und mir selbst po aus eigener Erfahrung solche vorgekommen, wo man gesagt hat: Der Mann war früher Offizier und treibt nun ein Gewerbe, welches uns nicht recht zusagen will; stimmt das noh zusammen, fann der Mann noch Offizier bleiben? Er war dabei vollkommen unbescholten , aber ih selbst bin der Meinung gewesen, wir würden do nicht wünschen fönnen, daß er Offizier bliebe, obglei gegen die Eheeuyafigen des Gewerbes und auch gegen die Person durchaus nicht etwas die Chre Berührendes einzuwenden war. Man muß also anerkennen, daß es solche Verhältnisse wohl geben kann und wirklich giebt, worin das Ur- theil verschiedener Stände auseinandergehen fann, ohne daß dem Einen oder dem Anderen ein bestimmter Vorwurf gemacht werdenkönne, er fühle weniger zart, als Andere, und fasse den Begriff der Ehre weniger scharf auf und empfinde weniger, ob sie verleßt oder unverleßt erhal- ten sei. Jch kann mich daher nah meinen Ansichten im Allgemeinen nur der Minorität anschließen; ich möchte aber eben auch aus dem Grunde gern der Standschaft das Recht gewahrt wissen, au ihrer- seits auszusprehen: wir halten den Mann, sofern er etwas Ehrenrüh-= riges begangen hat, niht für aufnehmbar in unserem Kreise, damit nicht vorher hon die Standschaft durch das Anerkeuntniß eines höchst ehrenwerthen und in Preußen insbesondere von uns Allen als höchst- stehend anerkannten und im Staate mit den höchsten äußeren Ehren ge- \{hmüdckten Standes gebunden werde, sondern auch durch die Ueberzeugung ihrer eigenen Genossenschaft solhe Urtheile Geltung bekommen und unab= hängig von der Bestimmung eines anderen Standes gehalten werden. Indem wir von einer Standesehre \prehen, seben wir selbs schon einen gewissen Unterschied, ein gewisses Auseinandergehen der Ansich=- ten mit dem Ausdrucke selbs fes, und indem ih ihn von meinem Standpunkte aus nicht aufgeben möchte, muß ih auch jedem Stande das Recht vindiziren , sich allein geltend zu machen , einem anderen Standpunkte gegenüber.

Prinz von Preußen: Was in Bezug auf den exceptionellen Stand gesagt worden is, in Beziehung auf den Ehrenpunkt, so er= fenne ih vollkommen an, daß der Offizierstand in dieser Beziehung ein exceptioneller ist; aber in welcher Art! Hinsichtlich des Ehren- punktes nur insofern, als er die Ehrenhaftigkeit als auf das höchste Stadium getrieben darstellt. Es fragt sich also, ob eine ständische Versammlung sich damit begnügt, ein Mitglied unter sih zu haben, dem dieser höchste Grad der Ehrenhasftigkeit abgeht. Meiner Ueber» zeugung nah, muß eine ständische Versammlung, gerade so wie der Offizierstand, den höchsten Grad der Ehrenhaftigkeit ihrer. Mitglieder verlangen. Darum behaupte ih gerade, weil es einen Stand giebt, der bereits durch seine Justitutionen *(Ehrengerichte) zu dem höchsten Stadium der Ehre hingetrieben wird, daß Jemand, der von seinen Standesgenossen nicht für würdig gefunden wird, in ihrer Mitte zu bleiben, ein Mitglied einer ständishen Versammlung nicht sein kann.

Domdechant von Krosigk: Ich habe mich bei meinem Voto blos auf den juristischen Standpunkt gestellt. Der Entwurf sagt, daß alle diejenigen, welche durch ein militairishes Chrengericht zu einer der im §. 4 litir. b. bis e. der Allerhöchsten Verordnung vom 20. Juli 1843 über die- Ehrengerichte aufgeführten Strafen verurtheilt sind, wegen Bescholtenheit auch der ständischen Chrenrechte verlustig sein \ollen. Die Strafen bestehen in Entlassung aus dem Dienste, in Entfernung aus dem Offizierstande, mit welcher Verlust der Titel und Chargen und die Unfähigkeit zur Wieder-Anstellung als Offizier ver= bunden is; in Verlust des Rechtes, die Uniform zu tragen, und end- lih in Entfernung aus dem bisherigen Wohnorte als Strafe. Da- gegen sind die Handlungen, welhe vor das Ehrengericht gehören, im g. 2 bestimmt, aber die Strafen, welche auf sede einzelne Handlung folgen sollen, sind hier nicht für einzelne Fälle ausgesprochen, sondern dis is dem Ehrengeriht überlassen. Gleihwohl bedingen manche Handlungen, welche dem Ehrgefühl oder den Verhältnissen des Offsi= zierstandes zuwider sind, wie z. B. Mangel an Entschlossenheit, noch nicht die Verleßung der allgemeinen Begriffe von Chrenhaftigkeit.

Wenn also uun die Frage behandelt wird, ob cin ständisches Mit-= glied wegen einer solchen Bestrafung ausgeschlossen werden kann und soll, so müßte doch das ständische Chrengericht, das errihtet werden soll, von der Handlung erst in Kenntniß geseßkt werden, die eine Strafe nach sih gezogen hat, die Handlungen werden aber üt der Regel nicht bekannt sein, sondern nur die Strafen, bei denen ich noch einiges Bedenken habe, ob sie wohl hinreichend wären, um die Standesehre zu verletzen, z. B. der Mangel an Ent= \hlossenheit. Jch weiß nicht, ob hier blos von der Entschlossenheit im Kriege die Rede is oder überhaupt in einem geselligen Verhält= nissez da konnten Nüangçen eintreten, welche wohl eine Ehrenhaftig= feit niht ganz ausshlössen. Eben so is es mit dem Mangel an Verschwiegenheit über dienstliche Anordnungen. Jch kann mir denken, daß ein junger Mann, welcher im Dienste eine Anordnung erhalten hat, in einer Gesellschaft davon erzählt ‘und also einen Mangel an Vershwiegenheit zeigt. Daß dies doch nicht so weit für die bürger= liche Existenz ausgedehnt werden kann, sollte ih meinen, Jh glaube, dies könnte man den Ständen überlassen, denn es wird doch jeden= falls immer auf die Handlungen ankommen, weshalb die Strafe ver= hängt worden i. Uebrigens bestimmt das Geseß ausdrücklih, daß die Entscheidung nur dem Stande zukomme, zu welchem das Subjekt gehört. Sie werden zum Theil dem Offizierstande, zum Theil dem niederen Militairstande angehören, so daß man wohl annehmen kann, daß in den allermeisten Fällen immer das Urtheil des Ehrengerichts, des militairischen sowohl als des ständischen, zusammenfallen würde. Jch habe versucht, die Punkte herauszuheben, bei denen ih Anstand nehme, sie niht auszuschließen; es if das aber so {chwierig und so ins Spezielle gehend, daß ich davon habe absehen müssen, und glaube, daß es doch den ständischen Ehrengerichten zu überlassen sei, nah ge=- nauer Prüfung der möglichen militairishen Ehrengerichts-Aussprüche zu urtheilen.

Prinz von Preußen: Zur Erläuterung dessen, was ih ge- äußert habe, erwähne ih, daß ih ausdrüdcklich gesagt habe: alle die= jenigen, die durch Ehrengerichte aus der Mitte der Offiziere entfernt worden sind, halte ih niht für aufnehmbar. _Daß die anderen Punkte noch nicht darunter begriffen sind, versteht sich von selbst; ich habe darüber mich nicht ausgesprochen, weil diese Kategorieen noch nicht zur Sprache gebracht worden sind. Jh habe aber die stenogra= phischen Aufzeihnungen werden das “auch enthalten gesagt, daß der Offizier, der von seinen Standesgenossen aus ihrer Mitte aus= geschlossen worden i, niht Mitglied einer ständischen Gei nA sein kann. Dies nur zur Erläuterung, damit kein Mißverständni über den Sinn meiner Worte besteht. ;

Kriegs-Minister von Boyen: Wenn ih mix erlaube, über- den Gegenstand auch noch einige Worte zu sagen, \o gehe ih von der Vor= aus\ezung aus, daß Alle, die darüber ein Urtheil ausgesprochen ha=- ben, nit allein sich mit den Geseben, von denen die Redé ist, be-