1847 / 144 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

für alle Staatsbürger, ohne Rücksicht auf Konfession. Sie werden wohl daran thun. Dann werden Sie Preußen den Ruhm erhalten, welchen es seit Jahrhunderten hat, den Ruhm, daß es an der Spiße des Fortschritts stehe. j

Referent Graf von Gneisenau: Jh muß mir erlauben, 11 Beziehung auf den Vortrag des leßten Redners Einiges zu erwiedern. Wenn ich von cóönstitutionellen Ländern gesprochen habe, so ist be- reiflih, daß ‘ich nur deutsche constitutionelle Staaten im Auge ge- habt habe, wo mir Niemand bestreiten wird, daß, um in die Sine Versammlungen gewählt zu werden, das christliche Glaubens-Bekennt- niß erforderlich sei. 2

(Eine Stimme: „Kurhessen! ‘) L

Daß Türken und Heiden feine guten Unterthanen jem können, habe ich nirgends behauptet, daß aber dix dem russischen Scepter unterworfenen Türken und Heiden S8 E See AUj. GLRENT Tj sischen Vereinigten Landtage hätten, den Deweis ist der geehrte Red-

: uns blieben.

s L dp von Schwerin: Meine Herren! Jch würde es fast für ein Unrecht gegeu die hohe Versammlung halten, wenn ih, nachdem wir in der gestrigen Sißung die gründliche Erörterung über die Frage, die uns zur Berathung vorliegt, von Seiten des Abgeordneten aus Krefeld in einer wahrhaft s{chönen Rede gehört haben, von demselben Standpunkte aus den erx ist auch der meinige mir erlaubte, noh etwas hinzuzufügen, wenn nicht in zwischen der Herr Minister der geistlichen Angelegenheiten gesprochen hätte, und ih für nöthig hielté, einige Bemerkungen gegen feine Aeußerungen zu machen, und wenn ih nit, ungeachtet ih mit dem Abgeordneten von Krefeld dem Grundsaß nah einverstanden bin, dennoch glaubte, einen anderen Modus der Abstimmung, wie aus seinem Vortrage hervorzugehen schien, wählen zu müssen. Der Herr Minister hat uns in einer längeren Rede den Standpunkt auseinan- dergesebt, den die Regierung in dieser wichtigen Frage einnimmt. Es hat mir niht gelingen wollen, ih bedaure es aufrichtig, seiner Gedankenentwickelung folgen zu können, Wahrscheinlich trägt die Entfernung meines Sißes die Schuld davon. Nur eine Bemer- fung, in welcher sich, wie ich glaube, aber auch der Kern der Ent- wickelung des Herrn Ministers sich zusammendrängt, darf ih nicht unberührt lassen.

Der Herr Minister hat behauptet, es würde als ein Akt des Differentismus und der Gleichgültigkeit angesehen werden, wenn die Versammlung den Beschluß fassen wollte, zu bitten, daß die jeßigen Bestimmungen des Geseßes, wonach nur Angehörige der 3 christli- hen anerkannten Kirchen ständische Rechte ausüben können, gestrichen oder modifizirt werden, Meine Herren! Jch bestreite nicht, daß es sto vielfach angeschen werden wird; das kann mich aber nicht irren in dem, was ih für Recht und Pflicht halte, Jch. muß ferner zugeste- hen, daß es der Indifferentismus sein kann, der diese Forderung stellt, daß es aber der Indifferentismus und die Gleichgültigkeit sein muß, die sie stellt, das bestreite ih auf das allerentschiedenste. Jch würde die Ueberzeugung verleugnen müssen, von der mein ganzes Le- ben getragen wird, wenn ih diese Schlußfolgerung anerkennen wollte ; ih bin vielmehr der Ueberzeugung, daß aus dem tiefsten Jnnern des christlichen Bewußtseins heraus diese Forderung gestellt werden kann, ja, ih möchte fast sagen, gestellt werden muß.

| (Zustimmung von vielen Seiten.)

Das Christenthum“ braucht, meiner Anschauung nach, zu seiner Entwickelung keine andere Unterstüßung, als die ihm inwohnende Kraft der Wahrheit und der Liebe. Es muß allein dieser Macht vertrauen und von si abweisen jede ändere äußere Stütze, Der Staat gber be-

ruht auf anderen Grundlagen, die Sphäre des Staats is Ret, Ge-

seß und Sitte, und je fester man von der Ueberzeugung als Christ durchdrungen. ist, daß das Christenthum eben alle Verhält nisse heiligen und -durhleuchten muß, Je mehr wird - man den Grundsaß anerkennen müssen , daß es auch für den Staat nicht gleichgültig sein kann, wie viel oder wie wenig Christen= thum vorhanden i, Das bedingt aber durchaus nicht, daß- er sich seine Sphäre so begränzen soll, daß staatsbürgerliche Rechte nur geübt werden fönnen von solchen, die dem Christenthum zugethan jind, und ih bin eben darum im Grundsa be ganz vollstäudig mit dem einverstan- den, was der Abgeordnete von Krefeld gesagt hat, daß staatsbürger- liche Rechte nicht abhängig gemacht werden können von dem religiö- sen Glauben. Jch bin aber auch der Meinung, meine Herren, daß es nicht zweckmäßig ist, uns in unserer heutigen Berathung über die Gränze der cristlihen Religion hinaus zu begeben, hon heute auch diejenigen Bürger des preußischen Staates ins Auge zu fassen, welche eben der ristlihen Religion mch{cht angehörig sind, und zwar aus dem Grunde, weil wir auf diesen Punkt noch bei einer anderen Gelegen- heit wieder zurücfzukommen haben werden, Wir würden unserer Be- rathung über die Königliche Proposition, die uns vorliegt, präjudizi- ren, wenn wir {hon heute auch über diese Frage entscheiden wollten, Jch bin daher der Ueberzeugung, daß man sich im Wesentlichen nux dem, was, wie ich glaube, die Abtheilung gewollt, anschließen fann, obgleih ich glaube, daß die Fassung, wie sie die Abtheilung vorge- {lagen hat, nicht prägnant genug is, um den Zweck zu erreichen, Dex Paragraph des Gesebßes, um den es sich handelt, spricht aus, daß man ein Mitglied der anerkannten hristlihen Kirchen . sein müsse, und Sie wissen, meine Herren, daß der Para= graph \o interpretirt worden is, daß dadurch alle diejenigen von ständischen Rechten ausgeschlossen werden, welche eben nicht der römisch -fatholischen oder evangelischen Kirche, wie sie definirt wird, angehören, Jh glaube nun, meine Herren, daß darin allerdings eine durchaus nicht zu rechtfertigende Beschränkung liegt. Vielmehr , daß man hier, wo wir eben nicht sprehen von denjenigen Staatsbürgern, welche außerhalb des Christenthums stehen, allen denjenigen Staats- bürgern, welhe sich Christen nennen, jedenfalls alle staatébürgerlichen und somit auch die ständischen Rechte vindiziren muß, und von diesem Ge aus habe 6 mix folgendes Amendement vorzuschlagen erlaubt, P 4 gU e, E Tue der Abtheilung überein- immen wird - und ‘nur eine präzisere Fassung i|. Jch würde vor= jdlagen, daß der Landtag beschließe, Se. Mai R Lm den be- reffenden Paragraphen in den verschiedenen ständischen Geseßen, welche als Un der Wahlfähigkeit jeßt Gemeinschaft mit einer der christlihen Kirchen erforderu, dahin abändern zu wollen, daß darunter Alle, welche sich zur christlichen Religion bekennen begriffeu werden können. L “Meine Herren! Man wird mix von einer Seite erwiedern, man

fann 4 niht Jeden für einen Christen halten, der ih selbs so s

nennt. gehört mehr dazu, ein Christ zu sein, als si so zu nennen. Meine Herrèn! Jh érwiedere denen: ob Jemand ein Christ ist, das haben” wir nicht zu beurtheilen, weil wir nicht die sind, die Herzen und Nieren prüfenz ih berufe mich aber auf das allein gül-

_ tige Zeugniß in dieser Beziehungz ih berufe mih auf das Wort aus

dem Munde, der unfehlbar is, auf das Wort, welches sagt: Wer nicht wider mich ist, der is für mich. }

Abgeordn. Heyer: Meine Herren! Es is gestern von dem Herrn Minister des Kultus darauf hingewiesen worden, welchen Ein- druck” es im Lande machen würde, weun unsere Versammlung einen Beschluß faßte, wodur sie den Grundsaß des §. 5, 2 des Gesebes vom 1, Julí 1823 aufhöbe. Jch kann über den Eindruck, der -von

einem solhen Beschlusse zu erwarten ist, nur aus dem Gesichtsfreise

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urtheilen, den ih in meiner Provinz einnehme; aber das glaube ih sagen zu können, daß -der Eindruck in meiner Provinz in größter Mehrheit eîn durchaus befriedigender sein werde. Er wird es sein, nicht etwa, weil in dieser Provinz ein Jndifferentismus in religiösen Dingen herrsht; das Gegentheil beweist die lebhafte Bewegung, die seit Jahren auf dem religiösen Gebiete stattfindet, sondern aus dem Grunde, weil man es als eine Forderung der Gerechtigkeit an- sieht, daß Jeder, der seine staatsbürgerlihen und bürgerlichen Pflich- ten in vollem Umfange zu erfüllen bereit ist, auch an allen staats- bürgerlichen Rechten unbeschränkt Antheil habe. Jn meiner Provinz

- entschuldigen Sie, daß ih noch einmal davon spreche is das Verlangen nach religiöser Freiheit allgemein und lebhaft; aber wir verstehen unter Religions - Freiheit niht blos die Freiheit, seinen Glauben nach innerer Ueberzeugung zu bestimmen, denn diese Freiheit fann uns feine Macht der Erde rauben, sondern wir verstehen dar- unter die Freiheit, unseren Glauben auch öffentlih zu bekennen und ihm nachzuleben. Diese Freiheit aber, meine Herren, is nicht genü- gend geivahrt, wenn blos Kebergerichte und Scheiterhaufen nicht mehr stattfinden, sondern sie verlangt mehr, sie verlangt die völlige Freiheit des Glaubens - Bekenntnisses ohne allen Nachtheil von Seiten des Staates. So lange der Staat sih herausnimmt, über den Werth religiöser Doktrinen zu richten, sie als unchristlih zu verwerfen und ihren Bekennern blos aus diejem Grunde Rechte zu entziehen oder

Nachtheile zuzufügen, \o lange, meine Herren, haben wir noch feine Religions - Freiheit, so lange haben wir néênne ih es mit dem wahren Worte wenn auch unter glimpflicher Form 1mmer

noch eine Jnquisition. Jm Juteresse der Humanität, meine Herren, bitte ih Sie daher, lassen sie diesen Zustand aufhören und jorgen Sie durch Jhre heutige Abstimmung dafür, daß die Religions- Freiheit, die uns längst in Geseßen verbürgt is, eine Wahrheit werde.

(Bravo!)

Abgeordu, Graf von Helldorff: Meine Herren, ih werde die vorliegende hochwichtige Frage vorzugsweise von dem Standpunkte der evangelischen Kirche, welcher ih angehöre, beleuhten, Jch will heute mih nicht in Erörtekung darüber einlassen, ob die traurigen Zerrissenheiten, welche jeßt im Schoße der evangelischen Kirche ent- standen sind, uicht zu vermeiden gewesen wären z ich will ferner keine Erörterung darüber veranlassen, ob die firhenregimentlihen Behörden sih jederzeit auf dem jeder Behörde gebührenden Standpunkte dem Standpunkt über. die Parteien nämlih erhalten haben. Jch will endlich auch nicht erörtern, sage ih, ob die evangelische Kirche in den vorhandenen Justitutionen und in denen zu schaffen noch be- absichtigten Justitutionen ihre wahren Organe und Vertreter zu er- fennen vermag wie gestern der Herr „Minister der geistlichen An- gelegenheiten, wenn ih ihn recht verstanden habe, angedeutet zu ha ben scheint, womit ich mi aber nicht vollkommen einverstanden er- flären kann, Zur Erörterung dieser Fragen wird es Zeit sein, wenn wir an die dergleichen Gegenstände berührenden Petitionen kommen, Aber, meine Herren, von dein Standpunkte dér evangelischen Kirche aus will ich Sie au ‘die Grundsäße unserer großen “Kirchen - Refor- matoren erinnern. Als diese die Bekenntnißschristen des sehzehnten Jahrhunderts. abfaßten, glaubten sie nichts Anderes zu thun, als die Auffassung ihrer Zeit . über die Lehre Christi und das Verständniß der selbige darlegenden heiligen Schriften auszusprechen ; keinesweges aber wollten sie durch: dâs, was sie in die Bekenntnißschriften nieder= legten, die Ansicht der kommenden “Jahrhunderte an ewig bindende Normen fesseluz 4 ?

Jusofern unsere Kirhen-Resörmatdrèn dieses Recht einer anderen Auffassung, al® derjenigen, ‘elche die: damals alleinherrschende Kirche in Anspruch nahm, sih“vindizirten, fonnten und wollten sie es auch nicht späteten Jahrhundertèn streitig machen; sie wären ja mit sich selbst in den größten Widerspruch gerathen. Wenn ih für meine Person offen bekenne, daß ich einer strengeren kirchlichen Richtung zu- gethan bin und in dieser mein Heil -zu finden glaube, so sei es doch fern von mir, über diejenigen in irgend einer Weise richten zu wol= len, die in einem von dem meinigen abweichenden Wege das Heil ihrer Seele zu finden überzeugt sind. Noch weniger aber auch liegt es in meiner Ansicht, daß. man diesen ihre Stellung im Staate ir- gend benachtheiligen dürfe. Jch erinnere an die erhabenen Lehren der Duldung und Liebe, welche unser göttlicher Heiland und Erlöser selbst ausgesprochen hat in Zeiten seines Wandels auf Erden, an die Leh- ren der Duldung und Lebe gegen Andersdenkende, welhe er ausge- sprochen und bethätigt hat Fäbst an der Kreuzesstätte. Jch glaube daher dieser erhabenen Lehre der Liebe und Duldung nur zu huldi- gen, wenn ih mi für das Gutachten der Abtheilung erkläre, eine Bitte an Se. Majestät den König vorzuschlagen :

Allerhöch in Erwägung ziehen zu wollen, ob nicht ein Ausweg zu finden sein möchte, das Recht der Wahlfähigkeit und Wählbarkeit zu den Landtagen auf alle im Staate geduldeten christlichen Reli- gions=Gesellschaften auszudehnen.

Jch wünsche hier uur den Zusaß, welcher schon zur Sprache ge= fommen is, daß Se. Majestät unterthänigst ersucht werde, hierauf bezügliche Propositionen an die nächsten Provinzial-Landtage gelangen zu lassen, Die Begründung dieses Antrags is zu entnehmen chon aus dem neuerdings erlassenen Geseße über Bildung der ‘neuen Re= ligions-Gesellschaft vom 30, März d. J,, so wie aus der gleichzeitig publizirten Kabinets -Ordre von demselben Tage, welche hierauf Be- zug nimmt. e

Was nun hingegen den Antrag eines sehr verehrten Abgeord neten aus der Rhein-Provinz anlangt, daß das Recht der Stand- schaft auch den nicht christlichen Religions = Gesellschaften verliehen werde, so muß ih mich dagegen erklären, da, meiner Meinung nach, in der Entwickelung unseres Staates wie anch aller übrigen europat- hen Staaten das Christenthum das Allen gemeinsame Lebensprinzip geworden ist. Jch bin überdies der Ansicht, daß nicht angemessen sein würde, jeßt anf die Berathung dieses ganz improvisirten Antra- ges einzugehen; ih halte vielmehr es eher zule, daß man die Frage, die von dem geehrten Abgeordneten der Rhein - Provinz ge- stell? worden ist, bei Berathung der Allerhöchsten Proposition über die Regulirung der Verhältnisse der Juden in Erwägung _nehme.

Abg. vou Hagenow: Meine Herren! Der Standpunkt, auf dem ih mi in dieser Angelegenheit befinde, 1} heute {hon hinrei- hend. von dem geehrten Deputirten aus der Rhein-Provinz, so wie von einem sehr verehrten Kollegen aus Pommern, erörtert worden; ih brauche daher nit weiter auf diese Sache einzugehen; nur eins möchte ih mir zu bemerken erlauben, nämlich, daß wir diese Frage, wie, wenn ih nicht irre, son gestern von dem Herrn Antragsteller selbst, so wie von einem Mitgliede aus Schlesien, vorgeschlagen wurde, in ihrer Beschlußnahme, wenigstens in Bezug auf das Amenu- dement des Deputirten von. Krefeld, heute vorläufig ausseßen mögen. Mein Antrag geht dahin, dasjenige zu unterstüßen, was der Herr Graf- Renard gestern schon beantragt hat, indem auch, meiner Ansicht na, sr leiht der Fall eintreten Jann, daß wir durch den heutigen Beschluß für eine“ später noch zu berathende b i Angelegenheit wi Ia stellen oder wohl gar shließlich in einen Wider- pruch gerathen. !

(Abgeordneter von Kunheim verzichtet auf das Wort.)

Abgeordn, von Helldorff-Bedra: Es giebt nach meiner An-

sicht Gebiete für uns; meine Herren, in denen es wohl zulässig ist,

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seine feste unabänderliche Ansicht zu haben, wo es, obgleih es Manchem angemessen erscheint, die Motive nicht auszusprechen, dessenungeachtet es die Pflicht ist, sein Votum frei und offen zu_ erklären. Jch kann und will mich daher kurz fassen und nur sagen, daß ih mich auf dem jenigen Standpunkt befinde, den ein geehrter Abgeordneter der Rit terschaft aus Pommern, ein geehrter Abgeordneter der Städte aus Sachsen und einer der Ritterschaft aus Sachsen hicr klar und deut- lich dargelegt haben. Jch hatte in diesem Bezug ein Amendement gestellt, dem Sinne nah fast gleichlautend, wie das ves Herrn Ab- geordneten aus Pommern, dahin lautend : „Eine Bitte an Se. Majestät vorzuschlagen nach Einholung des Gutachtens der Provinzial-Stände die Bestimmung des §. 5 sub 2 des Gesebes vom 1. Juli 1823 wegen Anordnung der Provinzial- Stände geseblih dahin deklariren zu wollen, daß das Recht der Wahlfähigkeit und Wählbarkeit zu den Landtagen; auch auf die Mitglieder der im Staate geduldeten cristlihen Religions-Gesell schasten auszudehnen sei“, welches Amendement ih jeßt zurückziehen kann.

Abgeordn. S iebi g: Hohe Versammlung! Wenn bereits gestern ein hochgefeierter Redner aus dem -Rheinlande die religiösen und Glaubens = Bekenntnisse als heiligste Eigenthümer des Menschen hin gestellt hat, wenn er ferner aussprach, daß die Rechte, welche der preußische Bürger im Vaterlande zu genießen habe, uiht an das re ligióse Bekenntniß gebunden sein dürften, so glaube ih ersehen und erfannt zu haben, daß bei weitem die Mehrheit der hohen Versamm lung ihm aus vollem Herzen beistimmte. Von der Bank des hohen Ministeriums ward über Prinzipien gesprochen und bemerkt, daß es auch“ außerhalb dieser Versammlung Massen gäbe, auf die wir auf= merksam sein müssen. Jch bin weit entfernt, mich sfritisirend_ auf diese Aeußerungen einzulassen, ih bin auh weit entfernt, denjenigen der Herren Redner, die gegen die Ansicht des hochverehrten Herrn Ab gevrdneten aus dem Rheinlande gesprochen haben, entgegenzutreten, das mag auf sich beruhen, ih erlaube mir vielmehr einige Bruch stücke aus der vaterländischen Geschichte Preußens hervorzuheben, die ungefähr zeigen, wie der Gang in allen diesen Fällen seit Jahr hunderten bis auf die neueste Zeit gewesen is, und Sie werde daraus erblicken, meine Herren, daß überall da, wo Licht ist, es auch Schatten gebe. Ein geehrter Redner vor mir hat daran erinnert, wie in dem \chbnenu preußischen Vaterlande vor fast 150 Jahren die durch das Edikt von Nantes vertriebenen Hugenotten ein Asyl fanden, er hat daran erinnert, wie die aus Salzburg Vertriebenen in Preußen ein Asyl fanden, wie in neuester Zeit die in ihrer Glgubensmeinung be- drängten Tyroler in Schlesien Aufnahme fanden. Das sind That- sachen, die von dem hocherleuchteten Geiste der preußischen Regie rung und des preußischen Volks zeugen. Sie leben zum Theil noch in ihren Nachkommen unter uns, se haben dem Staate viele Vor- theile gebracht und sind wahrhaft gediegene Bürger geworden, aber, wie gedacht, wo Licht ist, is auh Schatten, Es- find auch Erschei- nungen, und zwar im achtzehnten Jahrhunderte, vorgekommen, wie, daß ein hochgefeierter Mann seiner Zeit , der Philosoph Wolff, bei Strafe des Stranges aus dem Vaterlande gewiesen wardz es sind Erscheinungen da, wie die Wöllerschen Edikte, Dieses am Schlusse des achtzehnten Jahrhunderts. Aber, Triumph der Sache, wenn es galt, den Glanz Preußens zu trüben, {wang sich der Genius Preu- ßens auf, und Wolff wurde im Triumph zurückgeführt, die Wöllner- hen Edikte fielen. Auch in unserer Zeit haben wir leider mit tiefer Bekümmerniß eine derartige Bevormundung in religiöjer Beziehung bitter und tief empfunden. Allein gleichsam, als wenn Preußen unter der Macht eines höheren Schußes stehe, erschien hierauf das Geseß vom 30. März 1847, und unsere Besorguisse sind mit ihm geschwun den. Meine Herren! Sie sind hier versammelt als die Mandatarien einer Nation von 16 Millionen Menschen. Sie könnten fortan nicht dulden, daß Menschen, die nah göttlichen Gesetzen unter uns leben, sie mögen sonst einem Bekenntnisse angehören, welchem sie wollen, wenn sie soust friedliche Bürger sind, die Rechte verkümmert werden sollen, die jedem preußischen Bürger gewährt sind, Jch glaube da her, hochgeehrte Herren, Sie haben nichts Feierlicheres, nichts Ernst- licheres zu thun, als die Hemmuisse binweg zu heben, die den also Gedrängten im Wege stehen, um die höchsten bürgerlichen Ehreurechte auszuüben. Gestüßt auf diese Ansicht, meine Herren, kaun ih Jhnen nur empfehlen, sich dem Amendement des Herrn Redners aus dem Rheinlande, wie er es gestern gestellt hat, vollständig anzuschließen, denn es gilt, der Menschheit Gerechtigkeit zu zollen, Friedrich der Große i} berühmt durch seinen Ausspruch, indem er sagte: Jn mei= nen Staaten fann Jeder nah seiner Meinung selig werdenz ich füge noch hinzu, und im preußischen Staate soll im 19teu Zahrhundert kéin Mensch wegen seiner religiösen Ueberzeugung an seinen bürger lichen Rechten verkümmert werden.

(Lautes Bravo !)

Abgeordn. T\chocke: Verehrte Herren! Ohne weitere Einlei- tung gehe ih auf die Sache ein und muß leider da anknüpfen, wo wir gestern begonnen und fortgefahren hoben, nämlich damit, daß der Herr Minister der geistlichen Angelegenheiten bei dieser Frage uns an die öffentliche Meinung erinnerte, indem er darauf himvies, was wohl die Stimmen draußen sagen würden, wenn wir einen solchen Judifferentismus, eine solhe Gleichgültigkeit gegen das absolute Christenthum dadur an den Tag legten, daß wir Männer zu glei chen Rechten befürworteten, die niht unsere Glaubensansicht theilen, von denen man nicht einmal recht weiß, ob sie Christen sind. Jch glaube, daß wir die öffentliche Meinung gern hören und achten, ih glaube, daß sie Keinem von uns gleichgültig, und zwar um so weni- ger gleichgültig ist, als" sie nach vielen Kämpfen endlich sich Geltung errungen hat, als sie Gott Lob auch in unserem Staate bereits ein Richteramt ausübt. Nichtsdestoweniger, glaube ih, werden wir uns dem Herrn Minister der geistlihen Angelegenheiten zu Dank ver= pflichtet fühlen, daß er von seiner Seite der öffentlihen Meinung eine Anerkennung gezollt hat. Nun, meine Herren , gewiß werden nur Wenige unter uns sein, die die öffentliche Meinung unbeachtet lassen, auch Wenige, die sie niht beachtet haben in.-diesen Tagen,= seit uns der Ruf Sr. Majestät des Königs hier versammelt hat. Ich mei= nerseits muß bekennen, daß ih vernommen habe, daß die öffentliche Meinung, die Stimmen da draußen, mit den Stäuden des preußi= schen Reiches und ihrem Wirken bisher zufrieden waren, _daß die Stimmen da draußen sich beifällig geäußert haben über die Stellung, über die feste, aber gemäßigte Stellung, die die preußischen Stände bis jeyt eingenommen haben, daß sie sich beifällig darüber geäußert haben: über die drei Grundpfeiler, die wir uns erkoren haben zurRichtschnur: Recht, Pflicht und Humanität. Nun, meine Herren, haben wir zwar aus dem Munde des Herrn Ministers zugleih gehört, als Erwiederung auf das Anführen eines sehr geehrten Redners der Rheinprovinz, daß die Humanität ja die Frucht des Christenthums sei. Und ganz

ewiß ist es so, aber ih glaube, sie is nicht die Frucht des Chri tenthyms, welches audere Meinungen zurückgeseßt wissen will, nicht die Frucht des Christenthums, welches diejenigen, die anderen An= ichten huldigen, niht mehr als Christen betrachtet, nicht des Chri- ¿N euipians der Dogmen, des blinden Glaubens, sondern des Christen- thums der Vernunft, der göttlihen Vernunft, die dem Menschen verliehen is. | (Von einer Seite: Gelächter.) ao Und o ‘glaube ih, in Rücksicht guf jene drei Grundprinzipien,

; t änner edeihen lassen zu müssen, die die Humanität auch den Männern ang h ckgeblieberu sind,

bis jeßt in feiner bürgerlihen Pflicht hinter i 2s in ihren Kräften den Männern, die Bürgertugend üben, 19 - Männern die dem steht, Wix wollen Humanität üben fn, De T ie Gottes ist a So, nige geben, was des Königs is, und Oere, die N L Eh = ck= ins den Männern, gegen die jonjt nicht meine Herren, lassen Sie S e Bruderhand reihen und ihnen dás Geringste einzuwenden it, E »-denf des Wahlspruches: Lie- gileihe Rechte mit uns vindiziren, einge? S wDUMIprucjeS: LIe- M "atten ca alen: Das Gutachten stellt die Ansicht auf, d Ade Sid beiden gestellten Anträge uicht vollständig mit einander bniiiönixten 1 (ch glaitbe abet; 0aV E wesentlich mit einander über- einstimmen, denn beide stellen den E, auf, daß fortan das Christenthum nicht mehr Bedingung zur „“lusübung politischer Rechte séin solle. Der zweite Antrag, dab §, & 2 ber provinzialständishen Gesebe aufgehoben werde, greift in die Rechte der Provinzial-Stände ein und kau! nach der Eröffnung des Herrn Landtags - Kommissars nit bei uus zur - Berathung kommen, es sei denn durch Bermittelung jener Brücke, daß wir des Königs Majestät bitten, eine Proposition dieserhalb den Provinzial-Landtagen zuzuweijen. Er fällt im Wesen wieder mit dem früheren zusammen, sei es, daß auf diesem oder je nem Wege wir thu zur Kenntniß der Krone bringen. Wenn aber das Christenthum niht mehr die erforderliche Qualification der Stand chaft sein soll, wenn die Ausübung der politischen Rechte überhaupt und ‘die Ausübung der Standschaist insbesondere, wenn bei dem höch- sten, wie bei dem geringsten politischen Rechte das Christenthum un beachtet bleiben soll, wohin soll das uns führen? auf welchen Stand punkt wollen wir die Würde der Standschaft gestellt haben? Zt die Berwaltung höher als die Standschaft oder 11k je geringer als die Standschaft? Wenn unter uns keine Christen mehr zu sißen brauchen, wollen wir verlangen, daß in der Staats Verwaltung nux Christen sitzen sollen? Js es für uns ein Vorzug, daß wir nicht mehr blos als Christen hier sißen dürfen, oder 1 es em Vorzug, daß in der Staa!s- Verwaltung nur Christen sein dürfen? Wenn für die Standschaft die Bedingung des Christenthums aufgehoben wird, so kann ste für die Staatsverwaltung nicht bleiben, und wollen wir die Bedingung des Christenthums überhaupt aufheben, so hört der Staat auf, ein christlicher zu sein, er verliert seinen christlichen Charafter. Jch glaube und vertraue fest, daß die Stände-Versamm lung es nie zugeben wird, den christlichen Staat als solchen niht mehr fortbestehen zu lassen, denn das Christenthum durchdringt das Leben des (Einzelnen sowohl als der Gesammtheit Aller, die sich in demselben befinden. Es muß den Menschen von der Muttermilch an zu dem großen Ziele führen, das wir jenseits dieses Lebens er warten. Soll Freiheit vom Christenthume das Glück des Staats begründen, so muß umgekehrt wenigstens Unterricht und Erzie hung frei und unabhängig werden vom Staate, damit der Christ noch Christen erziehe und der niht mehr christliche Staat nicht hindernd zwischen die Generationen sih drängt, die fort= dauernd christlich bleiben wollen, Doch wir sind noch nicht bis zu diesem Punkte gelangt. Wir habeu einen christlichen König, der neuerdings noch in dem Toleranz-Edikte den geschichtlihen und durch Staatsverträge bevorrechteten Kirchen, . der römisch - katholischen und evangelischen, seinen fräftigsten Schuß angedeihen zu lassen versprohen hat, der in der Thron-Rede deu Glauben an seinen und unser Aller göttlichen Heiland, ‘Herrn und König bekannte, und freudig stimmen gewiß in dieses Bekenntuiß mit mir Alle ein, die da glauben und er- fanut habeu, daß dieser Heiland is Christus, der Sohn des leben- digen Göttes, Weit eutfernt sei es von mir, der Gewissensfreiheit des Einzelnen zu nahe zu treten, weit entfernt, das angreifen oder darauf zurückommen zu wollen, was von dieser Stelle aus gesagt worden ist; aber das Recht glaube ih in Anspruch nehmen zu, müssen, und Jeder, der mit in mein Bekenntniß einstimmt, muß das Recht haben, daß dieses unser Bekenntniß frei bleibe von aller und jeder Anseindung, Wir sind Deutsche, denen die Freiheit der anerkannten Konfessionen nach vielen Schlachten aufs ‘neue garantirt ward; wir sind Unterthanen eines hochverehrten , eines christlichen Königs, der uns seinen Schuß uicht entziehen wird. J stimme gegen die beiden Anträge und eben so sehr gegen den Antrag, welchen das Gutachten aufstellt; demn der Antrag des Gutachtens i} nur eine Brücke, auf DEN"IVIV UVer Tul; ODer lang gu Dent gelangen, was die Auträge wollen, E i

Abgeordn. Steinbeck: Herr Landtags - Marschall! Ob es zwedmäßiger gewesen wäre, die Debatte nah dem Antrage eines geehrten Redners aus der Provinz Schlesien ausgeseßt zu lassen his die Debatte über die Reception der Juden vor sich gegangen ‘das muß dahingestellt bleiben; deun es is einmal anders entschieden wor den, Jebt aber scheint es zweckmäßig, wie schon ein geehrter Redner vor mir bemerkbar gemacht hat, die Debatte und Entschließung genau auf die Frage zurückzulenken, von der sie ausgegangen ist, nämlich auf die über Reception der Dissidenten in die Mitte dieser Bersamm- lung, also Anerkenntniß ihrer aktiven und passiven Wählbarkeit. Darf ¡ch annehmen, daß dies die Gesinnung und Meinung ‘der hohen Ver= sammlung sei, so werde ih mich auf diesem beschräukteren Felde be wegen, Es ist ein erfreuliches Zeichen unserer Bildung, daß kein einziger der Redner, welche vor mir gesprochen, diese Tribüne zur E M und wir dürfen hoffen, daß auch. keine Kanzel zur Lribune gemacht wir 3 ( irdlihe tisde Erbriéint ub Cn fabtia A edie N ie bes Pee e : erun ) ungen zu trennen wissen werde; aber in- dem ich dies ausspreche, befällt mich eine gewisse Sorge, nämlich die daß“ man einem Momente meinés Vortrages den Vorwurf machen könne, er gehöre mehr auf die Kanzel, als auf die Tribüne. Es ift nämlich durchaus nothwendig, um zu einer klaren Ansicht des Gegen= standes zu gelangcu, daß wir die Ansichten der neben ein= auder bestehenden, durch den westfälishen Frieden garan- tirten Kirchen näher ins Auge fassen; denn keiner dürfen wir Unrecht thun, weil beide Ansichten gleiche Anerkenntuiß fordern können.

Die fatholische Kirche, abgeschlossen in sich, sagt: „Auf diesem Felsen will ih -meine Kirche bauen“, und auf diesem Felsen, sagt diese Kirche weiter, hat er die Kirche gebaut , auf diesem Felsen die Kup- pel gewölbt über dem Allerheiligsten. Wer si die Heils-Mittel ver= jagt, welche die Kirche darbietet, der ziehe in Frieden, er is nicht unser, Die evangelische Kirche dagegen auf ihrem Standpunkte sagt : Freie Bewegung der Geister! Wir wollen nach allen Richtungen hin versuchen, uns theilhaftig zu machen der wahren Auslegung, des wahren Verständnisses des göttlichen Wortes, ohne Jemand zu zwin gen. Aber diese Kirche sagt zugleih : Die evangelische Kirche ist eine. Kirche, fie ist-niht eine Sammlung von Kirchen. Es hat mit hoher Begeisterung ein Redner aus der Rhein - Provinz gestern alle Herzen entzündet, indem ex Allen aus dem Jnnersten seiner Seele das Bild der die Welt umfassenden Liebe lebhaft ‘vor Augen stellte. Doch. dieses Bild der christlihen Liebe darf uns nicht hindern, wo es Fs M sür das Bestehende eine Norm zu finden und solche für E E ea Im Bestehenden sind zwei Kirchen vorhan-

/ | ) e ehren und. achten, die, weit entfernt, einander ent- gegenzutreten, beide das Prinzip anerkennen, welches aus der Ti des Glaubens geschöpft is, N t di j halle

O un àâber tritt- diesen beiden Kirchen ge- gea es ie A Anzahl andèrer Religions-Gesellschaften. Sie“ l; ch entividtelt ha y giece geltend, welche jéèner Redner \o vortrefff=

- Ansprüche, welche auf den ersten Moment von ih-

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nen gefordert werden zu: fönnen scheinen, aber doch vielleicht nit ganz in dem Umfange, wie der verehrte Redner dieses äußerte. /

Es sind nämlich drei verschiedene Stellungen, in denen Staat und Kiïche neben einander stehen können. -Die eine i die, in w (- er die Kirche den Staat beherrscht, Diese Stellun "di L An S halb des Christenthums allerdings in mehreren Stets f E namentlich den Mohamedanismus predigt , diese Sti RRE s E

Z A n ; | Stellung war Ge- genstand großer Kämpfe des Mittelalters. Dergleichen Stell be- gehrt Niemand von uns, Die zweite Stellung it di E

dio : S vou M. , g iff die, wo Staat und Kirche von einander gar keine Notiz nehmen, eine Stelluna, vor= zugsweise in den Vereinigten Staaten Nord- Amertla's vorlie Wie sie sih in ihren Folgen entwickeln wird, liegt heute noch nit zu Tage. Jedoch hat bereits in jenen Staaten die Neigun festgss bildete Kirchen zu besitzen, sich so mehrfach alidaëfrnddi Tat mmai wohl zweifeln darf, jene Ansicht sei eigentlich die begünstic E e Eine dritte Stellung bleibt übrig, es is die Stellung, Res N preußische Staat eingenommen hat. Staat und Kirche wollen ait einander hier Hand. in- Hand gehen. Der Staat éerkenut an. daß die Lehre des Christenthums nur diejenige sei, welche E Ne es überhaupt möglih macht, daß er der Träger des Rechts p: Träger einer vernunftgemäßen Entwielung sei. Der Staat erkennt an, daß, indem er der Kirche die Hand reicht, er sie nicht zu beherr schen und eben so wenig von ihr beherrscht zu werden wünscht son dern durch gemeinsames Wirken beider der Zweck der Menschheit auf Erden, die Ausbreitung des Reiches Gottes, allein möglich sei Nun komme ih darauf zurück: welche Ansprüche können bei einer jolchen Stellung, bei einem solchen Anerkeuntuiß seitens des Staats jene einzelnen Religions - Gesellschaften machen? Unsere Geseße sprechen sich darüber klar und unumwunden une Cs heißt nämlich in_ dem Allgemeinen Landrecht Thl. Il, s S N: Me Begrisf der Religions-Gesellschaften festgeseßt Gs Gl, e. eligions=Gesellschaften, welche si zur öffentlichen Feier e E verbunden haben, werden Kirchen-Gesellschaften du Da eine Erklärung gegeben, die für unsere Beschlußnahme

t | aun. Vie Kirche im Allgemeinen zu definiren, hat unser bürgerliches Gesebbuch weislich vermieden. Es lauten die Bestimmungen der Gesetze, welche über die Landtags-Fähigkeit spre= chen: „Es soll unter die Eigenschaften des zu Wählenden gehören die Gemeinschast mit einer der christlihen Kirchen.“ Das „christ - liche“ bei „Kir h e“ lasse ich vorerst durchaus bei Seite, denn das ist Gegenstand jener Debatte, von der ih gewünscht hätte, sie wäre O L S ale eza, I E kanuten Kirche Angehörigen fönnen für fa ate A ee hin für den allgemeinen Landta tblbar E P , U en Xandtag wählbar sein, Damit \cheint das Patent vom 30. März insofern in einigem Widerspruch zu stehen als es sich auf den westfälischen Frieden bezieht, Dieser sagt: Außer den drei christlichen Konfessionen, der katholischen, der lutherischen und kalvinistischen, soll keine andere in Deutschland weder aufgenommen noch geduldet werden,“ —. Diese Bestimmung des westfälischen Frie- dens -fann ihrem Buchstaben nah in jenem Patent unmöglich ge= meint sein, denn diesem Buchstaben -nachwäre-“die ‘ÿréußische unirte Kirche ganz von dem Staate ausgeschlo##en,-—-Die- preußischen evan- gelischen Christen müßten entweder Luthergnex oder Kalvinisten sein. Es fann also Se. Majestät nur den Siu des westfälischen Frie- dens im Auge gehabt haben, Auf diese Meinung, auf solchen Sinn führt das Vertrauen, welchès wir zu.,Sr. Majestät dem Könige nicht blos in Worten, sondern .äüch! in Thaten haben, haben können und sollen. Jst aber der S in1p des iéstfäliftheii Friedells die Tendenz der Duldung dem Patent vom 30, März"*d;. Je, zu Grunde gelegt, so fann wohl fein Zweifel obwalten, daß--ver-Staat den Mitgliedern jeder Kirchen-Gesellshaft, welcher êr überhaupt gestattet, daß sie existire und Duldung genieße, auch die Wählfähigkeit zu Provinzial= und allgemeinen Landtagen verleiht. Der Staat hat im Allgemeinen Landrechte für solhe Duldung bestimmte Formen und Bedingungen aufgestellt, die mit dem Gewissen gar nichts gemeii haben, aber wohl mit der öffentlichen Ordnung und Ruhe, der allgemeinen Sicherheit und den Rechten der anderen Staatsbürger. Er hat die Kirchen Gesellschaften seiner Kontrolle unterworfen, und eben diese Bestim mungen des allgemeinen Rechtes mathen: jener Zeit, .wo sie in Preußen erschienen, doppelte Ehre, weil jene Zeit auch andere Ansichten ver theidigte.

Hiernach erscheint allerdings mir der Vorschlag der Abtheilung in seinem wesentlihen Jnhalte ganz zweckmäßig, insofern er daraus hingusläuft, daß man versuchen möchte, den Ausweg zu ftuden, das Recht der Wahlfähigkeit und Wählbarkeit zum Landtage auf alle, auch auf die nur geduldeten Religionsgesellschaften, auszudehnen, Aber so gefaßt, muß ich es bestreiten, Jch behaupte nämlich, daß man seiner gar- niht bedarf. Sollte das Gegentheil von dem Vor= ausgeseßten eintreten, was nicht zu erwarten t, bat: es Sein Beschwerde zu führen, daun ist es Zeit, die Gewissensfreiheit auch als Bekenntnißfreiheit zu vertheidigen, jeßt aber niht. Und darum stimme ih dahin, daß man den Antrag zurückweise. i

Abgeordn, Frhr, von Gaffron: Wenn ih in der vorliegen den Angelegenheit für die bestehende Bedingung des christlichen Glau- bens-Bekeuntuisses bei Ausübung der Standschaft das Wort ergreife, so fühle ih sehr wohl, daß mir die Gabe der Beredtsamkeit niht in dem Maße zu Gebote steht, mit der mehrere Verfechter der entge gengeseßten Meinung diesen Plaß betreten“ haben. Jh halte es aber für die Pflicht eines jeden Einzelnen, seiner inneren Ueberzeugung und seinem Gewissen gemäß, wenn auh nur in einfachen und schlih= ten Worten, seine Meinung auszusprechen; den es handelt sich hier um eine Lebensfrage für die Zukunft; es handelt sich darum, ob wir das Grundprinzip verlassen wollen , auf. dem unser Staatsleben be- gründet ist.

Meine Herren! Das Christenthum ist der Boden, auf dem un- sere Civilisation, unsere Geseße uud unsere Verfassung sich entwidelt haben, es is der Boden , in welchem alle unsere Justitutionen tiefe und feste Wurzeln geschlagen haben; das Christenthum hat unsere nordischen Wälder gelichtet, es hat uns der Civilisation eutgegenge- führt, es hat uns diejenige Bildungsstufe gegeben , welche vor uns kein Volk des Alterthums erreiht hatte und welche ohue den Geist des Christenthums fein Volk je erreichen wird. :

Der Glaube unserer Väter lehrt uns, auch Andersglaubende mit Liebe und Duldung aufzunehmen, er lehrt uns, ihnen zu helfen und beizustehen, Der erhabene Stifter unseres Glaubens ging uns hierin mit leuhtendem Beispiele voran. Wohlan, meine Herren, wir wollen diese {öne Pflicht üben, wir wollen den Andersglaubenden den Schuß unserer Justitutionen , die Theilnahme an allen heiligen Menschenrehten und sogar an den Bürgerrehten“ zu Theil werden lassen, insofern diese nicht in die Einheit des Staates und des Chri- stenthums eingreifen. Aber indem ich piese Einheit für unerläßlich erachte, kann ih nicht anerkennen, daß die Bekenner eines anderen. Glaubens Theil nehmen sollen an der Gesebgebung, die mit dem Christenthum Hand in Hand geht. Wir würden ein \stbrendes , fremdes Element aufnehmen, welches sich nicht mit dem bestehenden .assimiliren könnte, da es von anderen Prinzipien ausgeht Zund andere: Zwecke ‘verfolgen würde, Jh gebe zu, daß. auch Nicht = Christen guf _diesélbe Höhe

der sittliden- Bildung gelangen können , - daß guf verfhiedênen Wege

die Stufe der geistigen und fittli i ;

welche den Mens n für eins höhere Bung erreicht werden fann, jenseits des irdischen Daseins vorbereitet, Aber für s eine Zukunft für die Völker halte ih das Christenthum für ven x OeMmtheit, Weg, der sie diesem Ziele der Sittlichkeit und des Recht en, siheren führt, und darum müssen die Geseße mit diesen Zwei entgegen= Hand gehen, und ihre Vertreter müssen dem Glauben an ben W, dem sie e sind, JeYbren, auf

Es is gestern gesagt worden, daß der Nicht - Chrisi der von einer Bérsütuiswis christlicher Wähler Fn Vertrter Ld würde, ein ausgezeihneter Mann sein, daß ihm die Ausübung de höchsten ständishen Rechte gebühren müßte, und daß wir stolz sein würden, ihn in unseren Reihen zu sehen; ih gebe es zu, aber ih nehme die Sache nicht, wie sie in der Jdee is , sondern nach der Wirklichkeit, Jn mehreren Theilen unseres Vaterlandes i} \{chon ein großer Theil des städtischen Grund - Eigenthums iu die Hände der Juden übergegangen. Die Folge der Abänderung der bisherigen geseßlichen Bestimmung würde sein, daß noch mehr Grund =- Eigen- thum dahin übergehen würde, und es fönnen ganze Wahl - Versamm- lungen entstehen, die großentheils aus israelitischen Glaubensgenossen zusammengeseßt sind. Jh frage, ob damn noch jene Ansicht das Kriterium der Wahl bilden, ob nicht vielmehr eine andere Macht sih geltend machen wird? Jh meine die Macht des Geldes, die {on jeßt ein enormes Gewicht in die Wagschale unserer sozialen Zu- stände legt, und die dann ihre Riesenshwingen entfalten würde, um durch jenes Uebergewiht die Freiheit unserer öffentlihen, unserer ständischen Justitutionen zu gefährden. Dies sind die Gründe, warum ih nach meinem Pflichkgefühl mich nicht damit einverstanden erklären kann, daß andere, als die Bekenner des cristlihen Glaubens, zu ständischen Rechten berufen werden. Was den zweiten Punkt in Be- tref der Dissidenten anbetrifft, so glaube ih, daß Deutschland nichk umsonst in idreißigjsährigen blutigen Kämpfen die Glaubensfretiheit errungen hat, als daß wir niht Jedem, der sich zum christlichen Glauben bekennt, die Ausübung der ständischen Rechte gestatten sollten. E

__ Abgeordn, Frhr. von Wolff=Metternich: Nach der gegen- wärtigen Lage der Geseßgebung is die Theilnahme an der Stand- haft von der Bedingung abhängig, daß Jemand einer der im Staate auerkannten] christlichen Kirchen angehöre, Man hat diesen Grund= jaß festgehalten, weil man von der Jdee des christlichen Staates aus= gegangen ist; weil man angenommen hat, daß die Lehre des Christen- thums die Institutionen des Staates durchdringen müsse, und weil man endlich die Ueberzeugung festgehalten hat und festhalten mußte, daß fein anderes Merkmal der Christlichkeit dieser oder jener Sekte es gebe, als die vorhergegangene Prüfung und Anerkennung seitens des Staates, Die Allerhöchste Verordnung vom 30. März d. F. hat den Weg angedeutet, auf welchem eine Sekte sich die Anerkennung des Staats darüber: ob sie auf ristlihem Boden stehe oder. nicht, verschaffen kann und zwar leichtlih verschaffen kann, Will man ‘von diesem Grundsaß abgehen, will man die Betheiligung an der Stand= schaft auch denjenigen christlichen Bekenntnissen zuerkennen, welche die Anerkennung des Staates nicht haben, Fondern blos geduldet sind, dann glaube ih, verstößt man gegen einen Elementar-Grundsaß des Rechts, es würde daun nämlich uicht mehr zu rechtfertigen sein, die Bekenner anderer Religions=Gesellschaften und namentlich die Juden von der Standschaft auszuschließen ; und Leßteres um so weniger, als das Recht der Theilnahme an der Standschaft ihnen nah der Geseh- gebung vom Jahre 1812 nicht entzogen is. Will man, wie gesagt, von der Idee des christlihen Staats ablassen, will man. die Frage wegen Betheiligung an der Standschaft unter dem Gesichtspunkte der Humanität stellen, dann stimme ih aus vollster Ueberzeugung mit demjenigen überein, was das verehrte Mitglied für Krefeld gestern gesagt hat, erkläre mi ‘aber gegen den Antrag der Kommisston.

Abgeordn. Becker: Meine Herren! Jch werde mich in meiner Rede ganz kurz fassen. Jh stimme den Rednern der Provinz Sach=- sen und Schlesien ganz bei. Den Grundsaß, daß Niemand nach sei nem Glauben gefragt werden darf, halte ich nach meiner Ueberzeu= gung nicht ‘für entsprehend, da dies gerade den Staatsgeseßen nicht entsprechend ist, Wenn ih nah meinem Glauben gefragt werde, so bekenne ich mich Christ, und zwar mit vollstem Rechte, und ih kann mich daher uur entschieden dem Grundsabe der Abtheilung anschließen.

(Rufe nah Abstimmung.)

Marschall: Jch bemerke, daß noch 17 Redner das Wort ver- langt haben; ich will jedo“ fragen, ob der Wunsch nah Schluß der Debatte Unterstüßung findet.

(Wird zahlreich unterstüßt. )

Nun bitte ih, daß alle diejenigen aufstehen, die für den Schluß der Debatte stimmen,

(Eine große Majorität stimmt für den Schluß.)

Eine Stimme (vom Plaße): Jn diesem Falle erlaube ih mir einen Antrag wegen der Fragestellung.

Marschall: Die Frage werde ih stellen, und wenn mir einige Mitglieder anderweitig Rath geben wollen und mit der von mix ge= stellten Frage nicht einverstanden sind, kann ih erst dann auf einen Autrag, der die Fragestellung betrifft, eingehen.

Abgeordn, von Diebitsh (vom Plabe): Auch ih habe ge-

beten, ein Amendement beifügen zu dürfen,

Marschall: Es is vom Herrn von Diebitsch ein Amende- ment eingebraht worden, welches ih für ein Amendement zum gegen= wärtigen Gutachten nicht halten kann. Es wird kein Bedenken haben, den Herrn Abgeordneten aufzufordern, sein Amendement vorzutragen, und wenn die Versammlung glauben sollte, daß es dennoch nicht zur Sache gehört, so werde ih fragen, ob es Unterstüßung findet. Abgeordn. von Diebitsch: Jch schicke voraus, daß es mir nicht anfommt, allen den Rednern, die gestern und heute von diesem Plaße gesprochen haben, folgen und mich auf ein theoretisches Gebiet be- geben zu wollen; aber von einem“ anderen Gesichtspunkte aus, von einem materiellen, bitte ich die hohe Versammlung, mir nur wenige Augenblicke zu folgén.

(Murren und Lärm.)

Marschall: Jh muß den Herrn Redner bitten, sein Amen- dement voraguszuschicken. Abgeordn, vo n Diebit\ch: Mein Amendement lautet : „Den von ihren Predigern früher vollzogenen Trauungen nachträglih wider=_ rechtlihe Gültigkeit zu verleihen, weil sie ausgeschlossen sind.“ Marschall: Es fragt sich, ob 24 Mitglieder der Meinung sind, daß dieses Améndement ein solches sei, das zu dem gegenwär= tigen Antrage gehört. (Von Seiten der Versammlung wird stürmisch „Nein! ““ gerufen.) Ich kaun es also nicht zulassen, i Abgeordn, von Saucken: Jch habe mih um das Wort ge- meldet, mich aber auch dem Urtheile . der Versammlung unterworfen und auf das Wort verzichtet, Nachdem aber“ Aeußerungen gefallen Put, als wenn dergleichen Fälle niht vorliegen, die den gestellten [ntrag begründen, so will ih mir erlauben, die hohe Versammlung zu fragen, ob sie mir- gestattet, ein Faktum anzuführen, wélches der Grund zu dem vorgeschlagenen Amendement ist. :

(Von vielen Seiten. wird „Nein!“ “von noch mehreren a ge-_

i gerufen.) - - Marshall: Jh muß die Versammlung fragen, ob sie, un-