Das Abtheilungs - Gutachten i} von einer anderen Ansicht aus- gegangen. Es hat mehr Werth darauf gelegt, daß in der Petition schon hervorgehoben werde, daß die Patrimonial - Gerichtsbarkeit in ihrer jeßigen Gestalt doch unter allen Ümständen auf wohlerworbenen Rechten beruhe, daß man daher bei der Umbildung derselben diesen Gesichtspunkt recht ins Auge fassen möge. Es is ferner im Ab- theilungs-Gutachten darauf hingewiesen worden, daß die Umbildung eine feste und nachhaltig gesiherte Stellung und Vervollkommnung der Patrimonial-Gerichtsbarkeit herbeiführen möge. Jch glaube, das wird nicht so mißverstanden werden, als ob man eine feste und nah- haltig gesicherte Stellung der jeßigen Verhältuisse ohne wesentliche Modificationen wünsche, sonst würde ein Widerspruch mit dem Haupt- antrage entstehen, der unter allen Umständen auf eine Reform ge- richtet is. Jn dieser Beziehung habe ih selbst in diesen Worten des veränderten Antrags nichts gefunden, was mich hätte hin- dern fönnen, mh doch dem Amendements - Vorschlage anzu- schließen. Als wesentlicher Punkt ist aber noch zu berühren, daß das Gutachten wünscht, die weitere Berathung, nah einer den Betheiligten wünschenswerthen Vorberathung, möge zunächst den einzelnen Provinzial - Landtagen zugewiesen werden. Jch habe nit anerkannt, daß das von der Jdee, von der ih ausgegangen bin, als ich mi dem ursprünglichen Antrage anschloß, abweicht. És schien mir aber, daß das Resultat zuleßt auf dasselbe hinauskommen würde, Denn wenn man den allgemeinen Entwurf zuerst dem Vereinigten Landtage vorlegen sollte, so würde es meines Erachtens sih doch fin- den, daß in den einzelnen Provinzen so viele Modificationen sih her- ausstellen würden, daß doch immer die Einzelnheiten der Umbildungs- Frage den Berathungen der einzelnen Provinzial - Stände zuzuwetsen sein dürften. Es schien mir daher gleichgültig, wenn man den Ent- wurf zuerst den einzelnen Provinzen zuwiese und dann die Haupt= Grundsäße fkonzentrirte, je nachdem diese sih mehr herausstellten, wonächst ein allgemeines Geseß die Haupt=-Jdeen zusammenfassen fönnte, wenn niht etwa dies auh schon auf dem Wege zu erreichen sein sollte, daß die Propositionen für die einzelnen Provinzen gewisse Grundsätze enthielten, die in jeder einzelnen Vorlage sih wiederfänden. Ich habe daher geglaubt, ohne eine Jukonsequenz zu begehen, den modifizirten Anträgen der Abtheilung mich anschließen zu können, fi Justiz-Minister Uhden: Es 1 bereits bemerkt und von allen Seiten, auch von dem Gouvernement, anerkannt worden, daß die Patrimonial - Gerichtsbarkeit ein jus singulorum sei, die nicht ohne Weiteres, fondern nur nah den Vorschriften des Landrechts aufgeho- ben werden fönne, wenn nämli ein solhes Recht mit dem gemein- schaftlichen Wohle in Widerspruch steht, und zwar auch dann nur ge gen Entschädigung. Nun hat si aber allerdings gezeigt, daß einzelne Einrichtungen dieses Jnstituts mit der bestehenden Gerichtsverfassung in Widerspruch getreten sind, insofern die Patrimónial - Gerichte ihrer großen Mehrzahl nah von einzeln stehenden Richtern verwaltet werden. ;
2210 mache zuvörderst auf die neuen Gesebe, betreffend das Ver-= fahren in Civilsachen, aufmerksam, wonach in den Fällen, wo das Objekt mehr als 50 Rthlr. beträgt , eine kollegialische mündliche Be- rathung stattfinden muß, Wird diese follegialishe Berathung als ein Gortschritt, als eine bessere Justizpflege anerkannt, so muß solche au n S met Vai FNO Iten zu Theil werden, und um so mehx als auch Königliche Gexichts = Ei esse j S e betbeiligt sein D ) )ts - Cingesessene bei den Prozessen
Eine zweite Bemerkung betrifst das Krimingl-Verfahren.
Der Weg zu einem neuen Kriminalverfahren is durch die Ver= ordnung vom 17. Juli v. J. angebahnt, Diese Verordnung gilt für jest nur noch lofal; indessen is der Wunsch allgemein rege geworden, dieselbe auf die ganze Monarchie auszudehnen, und diese Ausdehnung wird nicht versagt werden köunen. Die Untersuchung selbst soll hier- uach überall, mit Ausschluß ganz geringer Vergehen, vor einem Kol- legium mündlih und öffentlich verhandelt werden.
Als ein Mangel hat sich aber drittens die ungenügende Kontrolle herausgestellt. Die Ober-Landesgerichte sind nämlich nicht im Staude, wie aus allen Berichten hervorgeht, eine solhe Kontrolle zu führen, wie sie besonders bei Einzelurichtern erforderli is. Es giebt näm- lich in den einzelnen Ober-Landesgerichts = Bezirken eine so große Anzahl von Patrimonialgerichten, daß die Obergerichte nicht im Stande sind, die erforderlichen Visitationen abzuhalten, wodurch sie sich haupt-
sächlich von der ordnungsmäßigen Rechtspflege überzeugen fönnen. Eben so wenig sind die Kreis - Justizräthe, wo diese vorhanden sind, wegen ihrer vielen auderweitigen Geschäfte vermögend, solche Visita- tionen vorzunehmen, wozu sie sonst berechtigt sind. Die Angabe ei- niger Zahlenverhältnisse wird dies anschaulicher machen. )
In dem Kammergerichts-Departement befinden sich 623 Patri- monialgerichte, in dem naumburger 466, in dem stettiner 477, in dem franffurter 634, in dem glogauer 658, in dem fösliner 709, in dem breslquer sogar 988 einzelne Patrimonialgerichte. Jh glaube, daß nach diesem Zahlenverhältniß zugegeben werden muß, wie es nicht möglich is, daß eine genügende Kontrolle über alle diese einzelnen Gerichte geführt werden kann. Jh weiß wohl, daß mehrere Patri- monialgerichte oft in der Hand eines Justitiars vereinigt sind; indeß wenn eine Visitation stattfinden soll, muß sie sich auf jedes Gericht einzeln erstrecken,
_ Diese Widersprüche und Mängel würden aber uur insofern eine Aufhebung der Patrimonial=Gerichtsbarkeit rechtfertigen, als sie an- derweit nicht zu beseitigen wären, i
Die Regierung glaubt nun einen Weg gefunden zu haben, auf dem eine solche Veseitigung zu erreichen ist, “Auch bei den Königli- hen Gerichten hat sich nämlich eine Reorganisation als nothwendig herausgestellt, die ihrem Wesen nah dahin geht, die Vorzüge der Einzelrichter mit denen der Kollegialgerichte zu verbinden. Demgemäß sollen zunächst alle Einzelnrichter zu Kollegien ver- einigt werden, jedoch nur für die kfollegialisch zu bearbeitenden Sachen. Sonst bleiben sie mit beschränkter Kompetenz als Einzelrichter beste- hen, Aber auch im ungekehrten Verhältniß wird eine Reorgauisation
‘der formirten Kollegien beabsihtigt, Man hatte früher greße Kol-
legien für bedeutende Bezirke gebildet, wodurch der Nachtheil für die Gerichtseingesessenen entstand, daß sie drei bis vier Meilen zu gehen hatten, ehe sie ihren Richter erreichen konnten, wodurch ihnen die Rechtshülfe in vielen Fällen fast unzugänglich war, besonders in schleunigen Sachen, bei Aufnahme von Testamenten und dergleichen. Besonders beshwerend war dies au für Vormünder, die ohnedies ¡hr Amt unentgeltlich verwalten müssen, die ihre Zeit verloren und Mardies noch Kosten davon hatten, wofür ihnen keine Entschädigung wurde.
Um nun den Gerichtseingesessenen den Richter zugänglicher zu machen, hat man den Plan entworfen, von den Ge beann Kollegien einzelne Richter mit einer beschränkten Kompetenz in die kleineren Städte zu deputiren, jedoch mit der Maßgabe, daß sie sih alle Mo- nate einmal, oder wie das Bedürfniß es sonst erfordert, nah dem
Siß des Kollegiums b ; follegialisch E zu begeben haben, um die nach den Geseßen
ledigen. ___ Der Direktor führt die Aufsicht über diese Einzelrichter und hat die Pflicht, deren Geschäftsführung einige Male des Jahres zu vi- sitiren. Ueberdies hat er die Befugniß, einzelne an sich der Kom- petenz dieser Richter unterworfene Sachen, wenn solche nah seiner
earbeitenden Sachen in den Plenar-Sißungen zu er-
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Ansicht unrichtig und fedlerdos behandelt worden und eine gütliche Vermittelung nicht stattfinden follte, zur kollegialishen Berathung zu avoziren. An den im Kollegium gefaßten Beschluß is dann der Einzelrichter bei der ferneren Behandlung der Sache.
Dieser Plan, von dem hier nur die Grundzüge angegeben sind, be- traf zunächst das Land=- und Stadtgericht zu Wanzleben und wurde Sr. Majestät mittelst Berichts vom 11. November v. J. vorgelegt, Se. Majestät genehmigten diesen Plan, erließen aber außerdem noch folgende Ordre, welche an mi gerichtet T
„Jh habe Jhnen bereits bei Gelegenheit des Vortrags über die beabsichtigte neue Organisation des Land - und Stadtgerichts zu Groß = Wanzleben zu erkenuen gegeben, daß Jh es als eine wich- tige Aufgabe Meiner Regierung ansche, das Justitut der Patri- monial = Gerichte dur eine dem wahren Bedürfnisse der Rechts- pflege entsprehende Reform aus seiner gegenwärtigen unsicheren und von mehreren Seiten bedroheten Lage héraus in eine feste und nachhaltig gesicherte Stellung zu bringen. Die wesentliche Tendenz einer solchen Reform muß dahin gerichtet sein, den Pa- trimonialgerichts - Einsassen, ohne Beeinträchtigung der diesen Ge= richten eigenthümlichen Vorzüge, die mit der follegialischen Be= handlung wichtigerer Rechts - Angelegenheiten und mit einer leben- digen Beaufsichtigung der - selbstständigen Wirksamkeit der Einzel- richter verbundene Garantie gründlicher und unparteüscher Rechts- pflege zu gewähren. Dieser Zweck wird sih jedoch, nah Meiner Ansicht, nur dann erreichen lassen, wenn die Grundzüge der beab- sichtigten Einrichtuugen geseblih festgestellt werden.“
Gleichzeitig sollte auch dana eine Proposition ausgearbeitet und den Ständen vorgelegt werden, Durch eine spätere Ordre ist indeß dieser leßte Zusaß modifizirt worden. Es waren nämlich mehrere Gutsbesißer aus verschiedenen Provinzen eingekommen und hatten gebeten, daß eine Reform ihrer Patrimonialgerichtsbarkeit vor- genommen werden möchte, und diese Bitten waren besonders auf eine follegialische Vereinigung, ziemli in dem Sinne des von der Ver- waltung projektirten Planes, gerichtet, Auf den hierüber gehaltenen Vortrag erließen Se. Majestät unter dem 1. April d. J, folgende Ordre:
„Jh habe Sie bereits durch Meinen Befehl vom 19, Dezember v. J. beauftragt, Einleitungen zu einer den gegenwärtigen Bedürf- nissen der Rechtspflege entsprehenden Reform des Instituts der Patrimonialgerichte zu treffen, und Jhnen dabei zu erfeunen ge- geben, daß die wesentliche Tendenz einer solchen Reform dahin ge- richtet sein müsse, den Patrimonialgerihts-Einsassen, ohne Beein- trähtigung wohlerworbener Rechte und der jenen Gerichten eigen- thümlichen Vorzüge, die mit der kollegialischen Behandlung wich- tigerer Rechts-Angelegenheiten und mit einer lebendigen Beausfsich- tigung der selbstständigen Wirksamkeit der Einzelrichter verbundene Garantie gründlicher und unparteüscher Rechtspslege zu gewähren. Nachdem jih inzwischen, Jhrer Anzeige zufolge, verschiedene Pa- trimonialgerihtsherren bereit erklärt haben, ihre Gerichte nah jeuen vou Mir vorgeschriebenen Grundsäßen umzugestalten, so will Jch die Schluß - Bestimmung Meines Befehls vom 19. Dezember wegen Vorbereitung der Sache zur ständischen Berathung für jeßt suspendiren und Sie nah Jhrem Autrage hierdurch ermächtigen, mit sämmtlichen Patrimonialgerichtsherren auf die Jhuen geeignet scheinende Weise in Unterhandlungen zu treten, um zu einer Mei- nen Absichten entsprehenden Reform der bestehenden Patrimonial- gerichts = Einrichtungen zu gelangen, wobei Sie denselben niht nur die Gründe und die Tendenz der Reform zu eröffnen, sondern ihnen auch Meinen damit übereinstimmenden Willen zu erkennen zu geben haben. Ueber deú Erfolg sehe Jch spätestens nah Jahresfrist Ihrem Berichte ‘entgegen und behalte Mir für den Fall, daß die Reform im Wege der Unterhandlung nicht zu Stande fommen sollte, die weiteren Schritte vor,“
Die Verwaltung hat nun die gebotene Gelegenheit, zunächst den Weg der freien Verständigung einzuschlagen, um so lieber ergriffen, da sih eine abstrafkte Norm bei der Verschiedenheit der Verfassung der einzelnen Gerichte und wegen der örtlichen geographischen Lage nicht gut vorschlagen ließ. Man muß nämlich unterscheiden, cinmal die materielle, innere und dann die formelle, äußere Einrichtung. IVas die materielle Einrichtung betrifft, so miissen allerdings darüber allgemeine Grundsäße festgeseßt werden, sowohl über die Kompetenz der Cinzelurichter , als über die über sie zu führende Kontrolle, Es fommt hierbei auch zur Sprache, daß die Patrimonialgerichte rücksicht- lich ihrer Rechte sehr verschieden sind. Hier in der Mark haben sie die vollständige Civil- und Kriminalgerichtsbarkeit, in Sachsen nur die Civilgerichtsbarkeit; in Schlesien haben sie zum Theil nur eine sehr beschränkte Kriminalgerichtsbarkeit, das heißt in allen den Theilen, wo die Juquisitoriats-Einrichtung besteht. Was die äußere Einrichtung betrifft, so glaube ich, daß es gerade hier recht am Orte wäre, eine freie Verständigung herbeizuführen. Es liegen nämlich allerdings Pa- trimonialgerihte in einzelnen Gegenven ziemlich dicht zusammen, und dort wird ein Kollegium mit einem Direktor leicht gebildet werden fönnen, Es giebt aber auch wieder Orte, wo die Patrimonialgerichte so zerstreut liegen, daß es fast unausführbar sein würde, ein Kolle gium aus denselben einzurihten, Die Verwaltung glaubt, daß fir diese Fälle ein sehr einfaches Auskunftsmittel zu treffen sein wird, nämlich, daß diese sich an die nächstgelegenen Königlichen Gerichte und zwar in der Art anschließen, daß sie vollkommen selbstständig in allen Sachen, die ihrer Kompetenz angehören, verbleiben; wo aber eine follegialishe Berathung erforderlich is, müssen sie mit dem Kol- legium zusammentreten, das mit ihnen die Entscheidungen und Beschlüsse zu treffen hat.
Ueberdies müssen sie sich der Aufsicht und Kontrolle des Direk- tors, dem alle Rechte eines Kreis-Justizrathes beigelegt werden, un- terwerfen. Die Verwaltung hat darum geglaubt, daß es bei dieser Verschiedenartigkeit gerathener sei, für jeyt nicht mit bestimmten An- trägen aufzutreten, sondern vielmehr eiue freie Verständigung eintre- ten zu lassen. Jch glaube, man wird hierbei noh den Vortheil er- reichen, daß man bei einer fünftigen Geseßvorlage, wenn solche Ber-
einigung zn Stande kommt, eine konkretere, schon durch die Praxis bewährte Norm vorschlagen wird können, während man zur Zeit nur ein auf Theorie begründetes Abstraktum, welches wahrscheinlich nicht für alle Verhältnisse passend sein würde, aufstellen kann. i Prinz Bironu: Zuerst sei mix gestattet, meinem verehrten Freunde, dem Referenten, für die klare Entwickelung seiner persönlichen Ansicht, der ih im Allgemeinen beitrete, meinen Dank auszusprechen. Die Petition, die ih mir erlaubt habe, einzureichen, hatte einen doppelten Zweck, erstens den: daß der hohen Kurie Ge- legenheit gegeben werde, ihre Ansicht dahin auszusprechen, daß eine Reform der Patrimonialgerichtsbarkeit als ein dringendes Bedürfniß hervortritt. Zweitens, daß den Räthen der Krone Gelegenheit werde, die Ansichten, die über die Reform der Patrimonial-Gerichts- barkeit obwalten, darzulegen. Für mich ist dieser Gegenstand mit einer der allertheuersten; ich habe, aus einer anderen Provinz in meine Heimat wieder verseßt, Gelegenheit genommen, die Uebelstände des gegenwärtigen Zustandes der Patrimonialgerihte in ihrem ganzen - Umfange kennen zu lernen. Jh habe im Jahre 1841 bereits mit meinem väterlihen Gönner, dem früheren Herrn Justiz - Minister, mehrfache Unterredungen gehabt, und mit gleicher Liebenswürdigkeit hat der jeßige Herr Justiz-Minister mir im vergangenen Jahre
Unterredung über diesen Gegenstand gestattet. Als ich zum Verei= nigten Landtage einberufen wurde, habe ih die Hoffnung gehegt, daß eine Königl. Proposition über diesen Gegenstand vielleicht dem Veceinigten Landtage vorgelegt werden würdez ih habé aber in der Nichtvorlage den Wunsch der Regierung zu erkennen geglaubt, daß, da die Patrimonial-Gerichtsbarkeit, wie der Herr Justiz-Minister ausgesprochen hat, ein jus singulorum is und als solches von der Regierung anerkannt wird, die Juitiative in dieser Angelegenheit den Berechtigten überlassen bleiben soll. Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, bleibt mir jeßt, nach dem, was der Herr Minister ausge= sprochen hat, die Fassung und Form meiner Petition zu vertheidigen. Ich bin von dem Gesichtspunkte ausgegangen, daß die Petition eben so allgemein, wie irgend möglich, gehalten werden müßte, damit die Entwikelung der Ansicht der Krone nicht gleich mit einer Zurückwei= sung divergirender Ansichten zu beginnen habe, sondern eben den Räthen der Krone Gelegenheit gegeben werde, ihre Ansichten in der Versammlung klar und bestimmt auszusprehen und durch Aus- taush der verschiedenen Ansichten die Gelegenheit zur Erwägung derselben gegeben werde. Wenn ih mir nicht erlaubt habe, ein Manuskript, welches ih mitgebracht habe, der Versammlung als Mo-= tiv mitzutheilen, so geschah dies einmal, weil ich geglaubt habe, daß alle Mitglieder der hohen Kurie, die in Gegenden leben, wo Patri= monial-Gerichtsbarkfeit eingeführt is und seit Jahrhunderten besteht, vollständig Gelegenheit gehabt hätten, sih von den vielfachen Uebel-= ständen und wenn nicht von den Uebelständen, doch wenigstens von den Klagen, die doch im großen Umfange, namentlich in den östlichen Provinzen, an den Tag gekommen sind, Kenntniß zu nehmen. Jür die anderen Herren, die in den westlichen Provinzen die Patrimonial= Gerichtsbarkeit nicht fennen, hatte i mir erlaubt, auf die von Vinckeshe Schrift Bezug zu nehmen, damit ihnen Gelegenheit gege= ben würde, die Motive und die Ansichten kennen zu lernen, die in den östlichen Provinzen vielfa {hon erörtert worden, und die in dieser Schrift auf eine geistreiche Weise entwickelt sind. Das Gut= achten des Ausschusses hat in seinem ersten Theile den Wunsch, den ih gehegt habe: „daß es der hohen Kurie gefallen möge, die Re=- form der Patrimonial-Gerichtsbarkeit als wünschenswerth anzuer- fennen, und daß sie als eine Bitte zu den Stufen des Thrones niedergelegt werden möge““, erfüllt. Was den zweiten Punkt anbetri}}st, nämli den Passus, daß zu dem Eude die Regierung geeignete Vor- \chläge mit einer Kommission von Betheiligten berathe, jo kann i mich dem nicht anschließen. Jm Gegentheil muß ih den Ansichten, die mein verehrter Freund, der Herr Referent des Ausschusses, aus- gesprohen hat, in der Beziehung beistimmen, daß ich lebhaft münshe, der Regierung möge es gefallen, die allgemeinen Grundzüge, nah denen die Umgestaltung der gegenwärtigen Patrimonial - Gerichtsbarkeit stattfinden soll, den Vereinigten Ständen zur Begutachtung vorzulegen und dan den Entwickelungs
Gang der Vereinigung der Kreisstände zur Bildung follegialischer Gerichte nah den Bedürfnissen der verschiedenen Theile der Monar= hie überwachen. Jch habe immer einen Entwickeluugs8gang von un- ten herauf und nicht von oben hinein als den segensreichsten betrach= tet und gehofft, daß, wenn die Regierung sich veranlaßt sieht, diejen mit Wahrung der Rechte der Betheiligten einzuschlagen und in all= gemeinen Grundzügen die P rinzipien aufzustellen, nah denen sie gemeint ist, die Patrimouial-Gerichtsbarkeit nach verschiedenen Lokal- Verhältnissen zu reformiren, dann eine ruhig sih entwickelnde Umgestal= tung dem Bedürfnisse unseres Volkslebens am angemessenen }e1n dürste. Es hat der hohachtbare Stand unserer Patrimonial-Richter, dem wir nicht genug Dauk wissen können für die treue und segens- reiche Erfüllung seiner {weren Pflichten, dies in mehreren geistrei= chen Schriften ausgesprochen. Es is erfreulich gewesen, namentlich in der leßteren Zeit zu bemerken, wie das Vertrauen zu den Patri= monial - Richtern sich von Seiten der Gemeinde wohl gestärkt hat; aber troßdem haben die Richter selbst vielfah den Wunsch ausge- sprochen, daß es der Regierung gefallen möge, die einzelnen Richter in follegialische Gerichte zu vereinigen. Wenn der Justiz-Minister als Königlicher Kommissar die Ansicht der Regierung entwickelt hat, so trete ih derselben eben nur in dieser Beziehung bei, und is es ge= wiß der hohen Versammlung eine sehr erwünschte Mittheilung gewe
sen. Dagegen muß ih eutschieden auf den Antrag beharren, daß die Grund-Prinzipien, nah denen die Reformation der Patrimonal-Ge- richtöbarkeit erfolgen soll, den Vereinigten Ständen zur Begutachtung vorgelegt werden, i
Justiz-Minister Uhden: Jch wollte mir nur wenige Worte als Erwiederung erlauben, nämlich, wenn die allgemeinen Grundsäße zu dem Zwecke, um sie später dem Vereinigten Landtage zur Berathung vorzulegen, erst zusammengestellt werden sollen, so würde dadurch ein Zeitverlust vou vier Jahren entstehen, Ueberdies liegt darin feine Ungesetzlichkeit, wenn mit den einzelnen Patrimonialgerichts - Herren über eine Reform ihrer Gerichte, die den Ansichten des Gouverne= ments entspricht, unterhandelt wird.
Endlich dürfte auch diese Angelegenheit insofern nicht vor den Vereinigten Landtag gehören, als bei der schon früher erwähnten materiellen Verschiedenartigkeit der Patrimonialgerichte in den einzelnen Provinzen fast in jeder derselben eine besondere Proposition gemacht werden dürfte, wozu noch hinzutritt, daß drei Provinzen gar nicht dabei interessiren. Jch habe nux auf diese Bedenken aufmerksam machen wollen. /
Graf von Sierstorpff: Von alten Mängeln erlaube ih mix auf den wesentlichen Uebelstand der jebigen Rechtsform bei den Pa trimonial=Gerichten aufmerksam zu machen, nämlich auf die Perhor= rescirung. Durch dieses Geseß, wonach die Patrimonial-Jusassen ein anderes Forum bei Streitsahen über 50 Rthlr, Werth erwählen fönnen, während der Gutsherr gezwungen is, deu Patrimonial-Rich- ter anzuerkennen, wird nicht allein das Vertrauen der Patrimonial- Insassen in die Gerechtigkeit des einzelnstehenden Richters aufs hes= tigste* erschüttert, sondern es sind au dem Patrimonial-Gerichtsherrn Gränzen gesteckt, welche die andere Partei überschreiten darf, Es ist daher durchaus nothwendig, daß so bald als möglich dies Vertrauen und somit der gesicherte Rechtszustand wieder hergestellt werde, oder daß auf der auderen Seite dem Gerichtsherrn in Bezug auf das rihterlihe Forum gleiche Freiheit gestattet werden möge, als seinen Gerichts-Untergebenen. :
Justiz-Minister Uhden: Jch bemerke nur, daß es die Absicht ist, die Perhorrescenz-Gesuche abzuschneiden, wenn die Patrimonial= Gerichte vereinigt werden.
Prinz Biron: Was das Mitglied aus Schlesien geäußert hat, glaube ih, sind Einzelnheiten; darauf habe ih mich hier nicht eingelassen, denn hätte ih mich auf dieses Feld begeben, so würde es mich zu weit geführt haben. Ich habe mir selbst die Ehre gegeben, dem Herrn Jastiz - Minister im vorigen Jahre über die Umgestaltung meiner Patrimonial-Gerichte einen Vortrag zu halten, Jch bin also selbs in dem Fall, den Wunsch zu hegen, eine Umgestaltung der Pa= trimonial - Gerichtsbarkeit, wie ih sie auszuüben berechtigt, zu veran= lassen. Da nun die allgemeinen Grundzüge der beabsichtigten Re= form der Patrimonial - Gerichtsbarkeit niht bekannt sind, so wäre es sehr erwünscht, daß sie jeßt bald bekannt würden. Es würde daher mein Antrag nochmals dahiu gehen, daß es Sr. Majestät dem Kö= nig gefallen möge, diese Grundzüge den Ständen zur Berathung vor=
legen zu lassen, und es fönnte dann jedenfalls. {hon in den nächsten
Jahren mit der Umgestaltung vorgeschritten werden, da ohnedies, wie wir gehört, alles vorbereitet E de mich unbedingt dem an-
Graf von Burghaus: Jch wür lagen haben, daß der schließen, was der Herr Justiz-Minister vorges agen? 2 Beavilliger Verwaltung überlassen bleiben Es Reformen L 0 aub mögli Einigung herbeizuführen, und da olche Einw! ieden ¿ls ba.bie sind; ih fann keinen anderen Gedanken dabei q S, Grundsape Verwaltung diese Vereinbarungen nach H Be ‘ebung und nach zu Staude führen wird, wenn auch in forme red ; Tán sollt : Had äußerer Richtung hin die Einrichtungen verschieden |é der O M Bedenken dürfte demuah wohl wegfallen, en R ‘d E Richtung überall derselbe Grundsaß durchgeführ ebt F bre] E nen jedenfalls den Vortheil, daß bald etwas gesciedt, MARLLO ne wenn erst nah 4 Jahren die allgemeinen Grundsäße sestgesept wer- den sollen, jeder Fortschritt auf eine lange Zeit hinausgeschoben wird. Uebrigens pürfte es für den Vereinigten Landtag sehr \hwierig sein, 4h 9 die vrovinziellen Verhältnisse hineinzudenken und Maßregeln fh ne P N rir jede Provinz die geeignetsten id, 0)
2 innen, die gerade sur J i T ea MEM g Fen aussprechen, daß, weun ih die Mängel der
i ls gui ß eso m lalgec dio M anerkenne, ih doch die Vortheile durchaus achte und \häße, welche sie haben, namentli den wesentlichen Vor- tbeil, daß, weil auf kleinere Kreise beschränkt, sie ‘dem Land- manne Zeit ersparen. &Ur den Landmann aber ist die Zeit das größte Kapital, was er besißt, während andererseits, wenn die einzelnen Patrimonial - Gerichte mehr zu einem Kollegium zusammengefaßt werden, die Entfernung immer größe wird und der Landmann sein fostbares Kapital, die Zeit, immer mehr zersplittern nuß. Ferner wird es diesen Kollegien bei ihrem weiten Verwaltungs- Bezikf niemals möglich werden, die persönlichen Verhältnisse der Gerichts - Jusassen so kennen zu lernen, als dies bei dem Patrimo- nial- Richter der Fall ist, der alle 4 Wechen längstens nach seinem Gerichtsorte hinfonunt und in die Familien und Vermögens - Ver- hältnisse seiner Klienten fast, möchte ih jagen, mit eigenen Augen hineinsieht, und es erfordert da ost nur zweier Worte, um sich ver= \tändlich zu machen, während jo, wenn der Landmann vor ein solches Kollegium hintreten joll, deren Mitglieder ihm fast alle fremd sind, dies nur mil Scheu und ohue Vertrauen geschehen wird. Dies jind die Momente, die mich die Patximonial-= Gerichte von diejer Seite sehr schäßen lassen. Ó s /
Justiz - Minister Uhden: Zun Betresf des von dem Prinzen Birou Durchlaucht gemachten Vorschlages, eine derartige Proposition schon diesem Landtage vorzulegen, muß ih erwiedern, daß es jogar die Ansicht des Gouvernements gewe|en ist, eme solche Borlage zu bewirken. Man ift aber aus den chon von mir angeführten Gründen davon zurückgetreten, i
Fürst Lynar: Die Anerkennung des Prinzips der Oeffentlich- feit und Mündlichkeit im Gerichtsverfahren, welches in seiner An: wendung immer mehr Ausdehnung gewinnen dürfte, so wie gewisse geseßlihe Bestimmungen, und endlich die allgemeine Nothwendigkeit, alles organisch Bestehende naturgemäß fortzubilden , machen es un- streitig durchaus erforderlich, daß \auch die Patrimomal-Gerichte einer Umbildung zugeführt werden.
Mit diesem Grundsaße erkläre ih mich ganz einverstanden; al- lein ih fann nicht verkennen, daß die Patrimonial Gerichtsbarkeit auch viel gute Seiten habe, und daß sie weit davon entfernt sei, sih in einer fo traurigen Verfassung zu befinden, als solches vorausgeseßt zu wer= den scheint. Jch selbst kenne aus eigener Erfahrung und persönlicher Anschauung Patrimonial-Richter, die ihren wichtigen Beruf in seinem ganzen Umfange erkennen und erfüllen und die Benennung : Patri- monial-Gérichte väterlihe Gerichte - waltung derselben vollkommen rechtfertigen. Sie sind die Freunde, die Stützen, die Rathgeber der Gerichts -= Angehörigen, suchen ihre Streitigkeiten gütlich beizulegen (was mit gutem Willen so oft ge- lingt) und sind bemüht — #}o weit es ihnen möglich is — das mate- rielle und moralische Wohl ihrer Untergebenen zu befördern, was ih nen nur dadurh möglich wird, daß sie — in dem beschräufkteren Kreise ihrer Wirksamkeit — alle Persönlichkeiten und Verhältnisse fennen lernen,
Jch glaube daher nicht, daß es mit der Reform der Patrimo uial- Gerichte eine so große Eile habe, und da die Räthe der Krone aussprechen, daß die hohe Staaksregierung diese nothwendige Reform beabsichtige, solche aber zunächst im Wege gütlicher Vereinigung her beizuführen versuchen wolle, so halte ich einen hierauf bezüglichen ständischen Antrag zur Zeit noch nicht für so dringend, :
Jh möchte mir aber erlauben, bei dieser Veranlassung schon jeßt den Wunsch auszusprechen, daß bei der Organisation der Patrimonial Gerichte ganz besonders darauf Rücksicht genommen werden möge, daß möglichst kleine Gerichtsbezirke gebildet werdeu, welche dem Richter eine lebendige Wirksamkeit sihern und den Eingesessenen so bequem als nüßlich sein würden. Jch glaube auch, daß unter solchen Voraussetzungen gütliche Einigungen mit den Gerichts - Patronen in den meisten Fällen zu Stande kommen dürften.
Justiz - Minister Uhden: Es scheint, daß ih nicht verstanden worden bin, wenn angenommen wird, als wenn das Gouvernement gegen die Patrimonial - Gerichtsbarkeit gewesen ist. Dies geht aus dem, was ich gesagt habe, auch niht hervor; im Gegentheil, das Gouvernement hat das Gute der Patrimonial - Gerichtsbarkeit aner fannt und will nur die zeitgemäße Reform.
Wenn gewünscht worden ist, daß möglichst kleine Sprengel ein- gerichtet werden sollen, so bemerke ich, daß die einzelnen Patrimonial Gerichte ihren Gerichts\sprengel völlig intaft behalten und uur deren Kompetenz beschränkt werden soll; für die kollegialisch zu behandeln den Sachen sollen sie entweder unter sih ein Kollegium bilden oder sich zu diesem Behuf einem formirten Königlichen Gerichte anschließen.
Graf York: Jch bin anderer Ansicht als die beiden verehrten Mitglieder, welhe vor mir gesprochen haben; ih wünsche, daß die Patrimonial - Gerichtsbarkeit ganz aufgehoben würde, ih glaube auch, daß nur dadurch die Uebelstände gehoben werden fönnen, ih bin überzeugt, daß wir durch eine Reform allerdings einen und deu anderen Uebelstand beseitigen und vermeiden werden, daß si dann aber sogleich ein anderer herausstellen wird. Es wird z. B. häufig unter die Vortheile der Patrimonial - Gerichte mit in Anschlag ge- bracht, daß der Richter in genauen Beziehungen zu den Gerichtsin sassen stehe, lebt er aber in einer Stadt, wie dies am häufigsten der Fall i}, fo is er schon von der einzelnen Gerichtsbarkeit, die er ver waltet, entfernt ; diese Entfernung wird aber immer bestehen, da eine große Anzahl von kleinen Gerichtsbarkeiten ein zu geringes Einfom- inen abwirft um, die Existenz des Patrimonial -= Richters zu begrün den, daher er die Vermehrung desselben durch Vereinigung mehrerer Stellen herbeizuführen suchen muß. Es wird also die Absicht, den Patrimonial - Richter in nähere Verbindung mit den Eingesessenen zu bringen, nit erreiht. Allerdings giebt es einige größere Besißun- gen, wo ein eigenes Patrimonéal- Gericht eingerichtet und mit dem nöthigen Lokal versehen i, und welhes auch dem Gerichtsverwalter Wohnung und die Möglichkeit, im Kreise der Gerichts-Jusassen zu le- ben, darbietet, und in dem Fall werden die Vortheile, welhe mein Pes Shlesien angegeben hat, zu berüsihtigen sein. Allein
ies wird nur selten der Fall sein, Es wird sich im Allgemeinen
herausstellen, daß die jeßigen Patrimonial - Gerichtsbarkeiten {hon einen weiten Sprengel haben und haben müssen. (
Jch habe - gerade
- dur väterliche Ver=.
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deshalb im Gegensaß hierzu geglaubt, daß dur die Aufhebung der Patrimonial - Gerichte und durch Einrichtung Königlicher Gerichte die Möglichkeit gewährt würde, sie den Gerichts - Eingesessenen näher zu bringen, und daß man uicht allein in den größeren Kreis Städten größere Gerichte vereinigen, sondern kleinere Gerihte in anderen Punkten der Kreise, z. B, in den kleineren Städten, bilden werde so daß dadurh die Ausdehnung des Sprengels verringert werde. Jn dem gegenwärtigen Zustande liegt ein großer Uebelstand [Pa daß der eine Gerichtsherr irgend einen Richter wäblt i S zunächstliegende einen auderen, so daß die Richter A u nahbarter Güter oft sehr weit entfernt von einander e wodurch bei Beibehaltung der jebt fungirenden Patrimonial - Richter für die Bildung von Gerichten eine erheblihe Schwierigkeit sich herausstellt, Jh möchte mih aber überhaupt nicht auf spezielle S örterungen einlassen, denn es liegen mir dazu zu wenig Data Hor i Der Autrag selbst is ganz allgemein gehalten, und ih kann auch auf das, was der Herr Justiz - Minister angeführt, nicht eingehen, da ich nicht die parlamentarische Gabe habe, eine so lange Rede mir so zu eigen zu machen, um sie einzeln zu widerlegen. “ Prinzipiell A ih sagen, daß, wenn der Staat die Macht hat, das Recht der Ein= zelnen zu Gunsten des allgemeinen Wohles aufzuheben, er dazu auch die Macht hat, und in diesem Fall um so mehr, da das Recht der Einzelnen mir ein scheinbares is. J erkenne an, daß das Gouver- nement jeßt die Patrimonial - Gerichtsbarkeit beshüßt und, wie wir von dem Herrn Justiz -= Minister gehört haben, auch ferner schüßen will. Dies muß ich, von meiner Ansicht aus, beklagen, ich wünschte vielmehr, daß es eben so feindlih als freundlich dagegen gesinnt wäre. Jch kann mich nur auf allgemeine Punkte einlassen, glaube auch, daß nur die eine allgemeine Frage zur Berathung kommen fann. Sollte aber nicht eine Aufhebung, sondern eine Reform beliebt wer- den, alsdann scheint es nothwendig, daß die Angelegenheit den Pro vinzial-Ständen vorgelegt werde; jedenfalls muß ih mi gegen cine vorbereitende Einrichtung erklären, die mit einzelnen Gerichtsherren beschlossen werden soll. Eine solche kann ih nicht gutheißen, sou darum nicht, weil es nur ein Versuch ; wäre ich glaube aber daß das Gouvernement nicht mit Versuchen auftreten darf, sondern mit einem richtig entwickelten Plane und einem allgemein durchgeführten Prinzip. Justiz - Minister Uhden: Ueber die Ansicht, ob die Patrimo nial Gerichtsbarkeit eine gute Einrichtung sei oder uicht, enthalte ich mich jeßt jedes Urtheils; ih muß aber bemerken, daß, wenn der Herr Redner anerkennt, daß es sich hier um ein Recht der Einzelnen han delt, au erwogen werden muß, ob das Gouvernement berechtigt i} wohlerworbene Rechte aufzuheben. Wenn aber einzelne Gerichtsherren die Aufhebung selbst wünschen, so entsteht die Frage, eb das Gou- vernement die Verpflichtung hat, diese anzunehmen. Jch behaupte, das Gouvernement hat diese Verpflichtung nicht. Es würden dadurch einmal mehr Ausgaben veranlaßt werden, meil die meisten Patri monialgerichte keinen Gewinn abwerfen, sondern eines Zuschusses be dürfen. Der Staat würde die Mehrkosten übernehmen müssen, zu denen er nicht verpflichtet i. Wenn also der Staat nicht das un bedingte Recht der Aufhebung und nicht die Verpflichtung zur An
nahme hat, so muß auf irgeud eine Weise den Uebelständen vorge sehen werden, die sich als solche hervorgethan haben, :
Graf York: Je) glaube nur gesagt zu haben, daß ich es nicht für gut und uicht für thunlich halte, denn ih bestreite das Recht des Einzelnen, die Gerichtsbarkeit abzugeben, eben so wenig, wie das des Staats, sie anzunehmen. Jch wünsche aber, daß keine derartige Ver änderung auf allgemeine Prinzipien gegründet sei.
Graf Keyserling: Die Patrimonial-Gerichtsbarkeit involvirt namentlich auch die Polizei-Gerichtsbarkèit, derezr Trennung von dem großen Grundbesiß in einigen Provinzen sür alle Betheiligten wegen der ländlichen Polizei-Verwaltung sehr mißlich erscheint, deshalb glaube ih mich gegen die unbedingte Aufhebung der Patrimonial-Gerichts barkeit aussprechen ‘zu müssen, und wenn wir darau festhalten und wei=- ter in die Vorlage eingehen, dau fragt es sih, auf welche Art ift die Orgauisation am schnellsten zu erreihen? Jch glaube, der Weg, den der Herr Minister angegeben hat, nämlich der Weg der frenwil ligen Uebereinkunft mit einzelnen Betheiligten, wird zum Ziele sühren;z wo nicht, so bleibt der Vorschlag übrig, der von der Abtheilung ge macht is; derselbe paßt auh, wenn bei dem leßten Theile desselben noch ein Zusaß gemacht is , diesen Zusaß schlage ich als ein Amen dement, als Einschaltung bei dem Worte des Gutachtens der Abthei- lung Zeile 22, Wort „daß“ in folgender Fassung vor: dap zu dem Ende, so weit nicht die bereits s{hwebeuden Unterhandlungen zum Ziele führen, die Regierung geeignete Vorschläge in dieser Beziehung mit einer Kommissien von Brtheiligten jeder Provinz berathe, und muß dieses Resultat später dem Landtage vorgeiegt werden, um das, was nicht im Einzelnen zu Stande zu bringen ist, auf allgememem Wege erzielt werde. /
Graf York: Wegen . des jus singulorum möchte ih erwäh- nen, daß es nach dem Allgemeinen Landrecht aufgehoben werden fann, wenn es dem allgemeinen Wohle nachtheilig is; daß aber die Patrimonial-Gerichtsbarkeit schädlich ist, dies is hier vou allen Seli- ten ausgesprochen worden.
(Verneinende Stimmen.) —
Ich glaube verstanden zu haben, daß man den Ucbelstäuden der entweder Ungenügendes entwickelt oder Fehlerhaftes verbessert werden soll ; Ungenügendes und Schlechtes muß aber auch schädlich jem.
Graf von Jh enpliß: ZM fomme heute in die Verlegenheit, mih gegen zwei Kollegen aussprechen zu müssen, mit denen ih in den leßten Tagen viel zusammen gearbeitet und bisher die Freude gehabt habe, im Einklange zu sein, die mir auch durch viele \charf- sinnige Bemerkungen meine Arbeit erleichtert haben; nämlich gegen den Grafen York und Prinzen Biron. Jch kann es nicht als eine ansgemahte Sache zugeben, daß die Patrimonial - Gerichte nichts taugeu oder auch nur nachtheilig sind. Jch will nicht bestreiten, daß sie mangelhaft sind, glaube aber doch, day sie wesentliche Vortheile haben, namentlich die, daß der Richter den Leuten näher steht und ihre Verhältnisse genauer kenut, und daß die Patrimonial : Justiz für die Justizuntergebenen wohlfeiler ist, und dies is nicht ohne Wich=- tigkeit. Jh glaube daher, daß es uur dankbar anerfanut werden faun, daß Se. Majestät der König und der Justiz-Minister der Sache den Gang gegeben haben, über “welchen uns hier Vortrag gehalten worden ist, nämlich den Gang, zu dem ih mich in allen politischen Verhältnissen bekenne, den der bedahten Reform.
Jch möchte dem früheren geehrten Redner, dem Herru Grafen von York, darin nicht beistimmen, daß, wenn eine Sache in eine Theorie nicht paßt — und möchte sie die philosophisch bestbegründete sein — man sie deshalb über Bord werfe; ih glaube, daß es ge rathen ist, die Verhältnisse im Staatsleben mehr praktis und hi-= storisch zu nehmen, wegzuschneiden, zu reformiren, je nachdem es noth= wendig isst, aber niht ohne Weiteres, wenn einige Mängel bemerkt werden und wenn einige Ungunst gegen ein Institut ausgesprochen wird, deshalb die ganze Sache wegzuwerfen. Îh glaube, daß es niht dankbar genug anerkannt werden kann, daß der Justiz -= Minister die Sache \o eingeleitet hat, wie es gesehen i, daß nämlich die freiwillige Gerichtsbarkeit und die Nachlaß - Verwaltung, die ge- ringeren Prozesse u. \. w. dem einzelnen Patrimonialrichter verbleiben
und für die Entscheidung der wichtigeren Prozesse und für die Kri-
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sagen ist, daß man eine gütlihe Einigung versuche ;
mich sehr gern damit einverstanden erflären, af ' and i würde fortgefahren werden möge, ih glaube aber uicht, daß vamit di E hu ist, und daß zugleich ein Weg angebahnt werden j ausreicht. Jn dieser Beziehung nun muß ih mi gegen d Biron erklären. Jch glaube, daß der Vorschlag, die Sache an di
Allgemeinen Stände zu bringen, nicht gut ist, indem Viele L sien, die das Justitut, welches in mehreren Provinzen gar nicht vi fommt, weniger fennen und nur das wissen, was man in den Zei- tungen darüber liest. ß ü meine Landtag alle nur möglich e Einsicht in sih vereinigt, um all- gemeine Angelegenheiten zu erledigen, so sind doch solche Angelegen heiten provinzieller Natur und so angethan, daß man sie wohl besser uur von denen beurtheilen läßt, die sie genau fennen. monial-Gerichtsbarkfeit ist, wie ih erinnern will, auh in verschiedenen Provinzen von einander man 4e Den vor den Allgemeinen Landtag bringe, Was nun die gütliche Einigung \ wird dabei auf zwei Wegen vorgeschritten werden können, Man macht Vorschläge und erwartet, ob die Gerichtsherren darauf ein gehen, ter ungünstig beurtheilt wird und sie nie für die Gerichtsherren lu frativ ist; Viele werden also keine Veranlassung haben, die Patrimo nial-Gerichtsbarfkeit zu behalten. Es giebt aber auh Viele, die nicht den Kostenpunkt im Auge haben und das Justitut für nüßlich hal
ten. Diese werden sih nicht auf gütlihe Einigung einlassen wollen. Was soll mit diesen geshehen? Soll man durhs{chimmern lassen, wie der Fall eintreten föunte, daß die Sache ganz und gar weggeschafst wird? Dann wäre die gütliche Einigung eine \{cheinbare, Oder soll man mit Einigen abschließen, mit Anderen nicht? Dann entsteht die bunteste Musterkarte. meine bescheidenen Worte darauf hinwirken, daß gütliche Einigung nicht versucht werden solle. einen Weg anbahnen muß, um auf s{honeude und praktische Weise die Reform generell durchzuführen, Landtage, nachdem die Betheiligten vorher gehört worden find. Neben dieser generellen Einleitung der Sache kann eine gütliche Vereinigung Plab greifen, wie bereits der Herr Justiz = Minister er= wähnt hat. Daun hat die gütliche Vereinigung eine natürliche Basis, es wird die Gesebgebung vorbereitet, während mit den Betheiligten verhandelt wird. Es fann daun Keiner sagen: es geschieht Gewalt oder wird im Hintergrunde damit gedroht. Wenn dies geschieht, so wird es der richtige Weg sein. Ansicht im Namen der Herren- Kurie Sr. Majestät zu Füßen gelegt
Patrimonial - Gerichtsbarkeit durh Reform abhelfen will, daß aljo }
minal-Justiz anderweitige Vorsorge dur S ber Sache getroffen werde. Zeh laube auch, bo dde Behandlung
dagegen nichts zu
aus diesem Wege Sache nuß, um ung nicht en Prinzen
e Angelegenheit da zu erledigen, wo die gütliche Einig
Obgleich ih gewiß glaube, daß der Allge-
Die Patri-
Jch rathe daher, daß
verschieden. provinziellen Verhältnissen anpasse und nicht
bemerke ich darüber Folgendes: Es
L
ANReDr.- 10
Viele werden dies thun, da die Patrimonial-Jurisdiction öf
Jch wiederhole, ih will keinesweges durch Jch glaube aber, daß man gleichzeitig
Dieser Weg sind die Provinzial-
Jch lege Werth darauf, daß diese
wird, einerseits, damit Se. Majestät wisse, daß die Herren Kurie die Mängel der Patrimonial-Gerichtsbarkeit anerkennt, daß sie selbst eine Reform beantragt, daß sie dankbar die Schritte anerkennt, welche das Justiz-Ministerium gethan hat, und daß sie wünscht, daß der weitere Gang auf dem Wege der Provinzial Geseßgebung geschehe, ich hofe, daß dies der richtige Weg is, um den Vorschlag zu beseitigen, den mein geehrter Kollege mir gegenüber, der Prinz Bixon, beantragt hat. Jch habe zur Abtheilung gehört, welche diese Petition vorbe rathen hat, und habe daher deren Antrag dringend der Kurie ans Herz legen wollen. Das, was ih gesagt habe, is nur eine weitere Ausführung des Gutachtens der Abtheilung und \timmkt 1m Wesent lichen mit dem überein, was der Graf von Keyserling bezeichnet- hat, Jch würde mich daher ließlich vollständig dem anschließen, daß man dem Autrage der Abtheilung noch deu Vorschlag des Grafen von Keyserling hinzufüge. : (Der Redner wurde durch eine leise Bemerkung eines anderen Sprechers unterbrochen.) - x bemerke nur noch, daß, wenn ih sagte: wir wollen die Petition zu den Füßen Sr. Majestät niederlegen, so habe ich dies niht an ders verstanden und nicht anders verstehen fönnen, a8: wt wollen die Sache auf dem geseßmäßigen Wege an Dé. Majestät ge- langen lassen; das heißt: nah erfolgter Beistimmung der anderen Kurie. 5 s E i Justiz-Minister Uhden: Sé. Majestät der Köuig hat befohlen, daß nah Jahr und Tag über das Resultat dei beabsichtigten freien Verständigung berichtet werden soll, um eventuell die nöthigen ge)eB= lichen Maßregeln zu tressen. Wenn aber die beantragte Kurie erhält, so muß sie auch noch durch berathen werden. von Massenbach:
Petition die Genehmigung der hohen die Kurie der drei Stände
Tch bin zwar fein Jurist, aber ich glaube, daß ih über die Vorzüge und Nachtheile der Patrimonial Gerichts barkeit einige Erfahrungen gemacht habe. Zu der Provinz, wo ich wohne, is keine Patrimouial Gerichtsbarfeit und ih kann jagen, daß ih den Verlust der Patrimonial-Gerichtsbarfkeit oft schmerzlich empfun Weun man bereit ist, den Einjgijen bei ihren Rechts--An gelegenheiten zu rathen und zu helfen, so wird man ohne Patrimonial Gerichtsbarkeit gar niht im Stande jein, dies zu thun. Jch habe auh auf anderen Gütern in der Neumark zu thun gehabt, welche Patrimonial Gerichtsbarfeit hatten, und dort die Vorzüge derselben fennen gelernt. Deshalb schließe ih mich allein an, was }ür die
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Patrimonial-Gerichte und gegen jeder anderen Justiz=Verfassung ge
sagt worden ist. _ |
Se. Königliche Hoheit Prinz Albrecht von Preußen: Jch schließe mich dem, was der Graf von Ißbenpliß angeführt hat, an, und stimme ihm im Allgemeinen vollständig bei. Doch möchte ich besonders hervorheben, daß, sobald dem Gutsbesißer die Patrimonial- Gerichtsbarkeit genommen wird, demselben nichts bleibt, als der ein fache Name, und daß dann das Band zwischen ihm und den Einsassen immer mehr gelodckert, daß dasselbe zuleßt ganz ;und gar aufgelöst werden wird.
Daß eine Reform nothwendig sein kann und deshalb beliebt wird, mag möglich sein, und ih will mich derselben auch weiter gar nicht widerseßen, aber ih muß wiederholen, daß die Gutsbesißer bei dieser Gelegenheit Gerechtsame aus der Hand geben würden, welche sie nie wieder erlangen fönnten. Ob die vorgeschlagene follegialische Combination hiergegen schüßen würde, lasse ih dahingestellt. Dieser Gesichtspunkt ist überhaupt nicht allein maßgebend. Jch besie selbt ein Out in der Gegend von Glaz, welches nicht zu den größeren gehört. Dort ist der Uebelstand, daß alle juristischen Geschäfte und was sonst dahin gehört, in Glaz erledigt werden müssen, Die Ein=- sassen sind nun in den obigen Fällen genöthigt, ein paar Meilen zu gehen , ihre Arbeit liegen zu lassen und dadurch viel Zeit unnüß zu verlieren. Hilft nun die follegialishe Combination solchen Uebelstän= den ab? ih glaube, sie würde den Einsassen in dieser Beziehung wenig nüßen, denn diese würden dann auch bei den größeren Be- sibungen, wo bisher die Patrimonial - Gerichtsbarkeit an Ort und Stelle ausgeübt worden ist, viel Zeit verlieren, sie würden auch hier gezwungen werden, oft meilenweite Strecken zurüczuülegen. Es er- Fiheint mir aber hauptsächlich wichtig, daß, wenn die beantragten Veränderungen einmal nothwendig geworden sind, daß dann das Wohl der Einsassen vorzugsweise ins Auge gefaßt werde, und des-
den habe.