1847 / 153 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Nügblichkeit die Periodizität und den Wegfall der Ausschüsse für noth- wendig hält. Es wird dies der in der Adresse niedergelegten Ver- wahrung und den Deren Erklärungen eben \o entsprehen, als der an uns ergangenen Aufforderung zur Herbeisührnng eines Einver- ständnisses, den angedeuteten Mangel an fekecétisttmnn in den Gesebßen näher zu begründen. Es genügt niht, daß die Behaup- tung, es mangle eine Uebereinstimmung in dem Geseße, 1m Allge- meinen aufgestellt werde. Eine solhe Behauptung muß gengu pra zisirt und motivirt werden, und ehe eine solhe Behauptung Namens der Versammlung aufgestellt wird, muß die Rechts-Ansicht, die Ueber- zeugung der Versammlung genau fonstatirt werden, was indeß nur durch Abstimmung geschehen fann. Denn wäre die Majorität der Versammlung nicht der Ansicht, daß wirklih ein Mangel an Ueber- einstimmung bestehe, so könnte, ungeachtet der entgegenstehenden Er- flärung Einzelner, der Mangel an Uebereinstimmung Namens der Versammlung nicht behauptet werden. Erst wenn die Ueberzeugung der Versammlung feststeht, erst dann wird das Verfahren zu erörtern sein, welhes auf Grund dieser Ueberzeugung, weiter eingeschlagen werden soll. Es is von einem verehrten Mitgliede aus Sachsen ge- sagt worden, die Abtheilung habe den Rechtsgrund in den Hinter- grund und die Nüblichkeit in den Vordergrund gestellt. Es ist dies, wie der Neferent schon vorgetragen hat, nicht geshehen. Jch bin iber ben Rechtsvunkt mit dem verehrten Mitgliede aus Sachsen glei- her Ansicht. Aber den Vorwurf halte ih nicht billig, daß die Ahb- tbeilung die Petition des Mitgliedes von Prenzlau nicht genugsam erörtert habe. Sie is verschiedener Ansicht gewesen, aber zu welchem Resultat die Erörterung bei jedem Mitgliede führe, die daraus resul- tireude Ansicht muß man ehren, auh wenn diese Ansicht eine andere ist, wie die eigene, und so is es mir ergangen.

Wenn der Herr Justiz-Minister in dem vorgestern gehaltenen Vortrage gesagt hat, daß die dem Vereinigten Landtage zustehenden Rechte niht durch Beschlußnahme festzuseßen seien, so hat der Herr Minister wohl nur sagen wollen, daß nicht durch bloße Beschlußnahme er Versammluug die Ausübung weiterer Rechte, als solche, wie sie das Patent vom 3, Februar gewährt hat, herbeigeführt werden kön- nen, Die Absicht des Herrn Ministers wird nicht dahin gegangen sein, die Versammlung über den innezuhaltenden Weg ihrer Ver= handlung zu belehren oder ihr das Recht der Beschlußnahme inso- weit abzusprechen, als es nothwendig is, um ih über den Mangel an Uebereinstimmung klar zu werden.

Der vorleßte Redner hat gesagt, wenn man einen Rehts=An- spruch begründen wolle, so träte eine Macht der anderen Macht ge= genüber, und es sehle dann an einem Richter. Jh glaube nicht, ieine Herren, daß diese Auffassung in dieser Versammlung Anklang finden wird, Sind wir eine Macht, so stellen wir uns nicht der Trone gegenüber, sondern wir bilden dann eine Macht für die Krone, um die Macht und den Ruhm der Krone noch mehr zu erhöhen, Fern sei es von uns, der Krone gegenüber zu treten, Es fehlt uicht an einem Richter, wir haben einen gerehten Richter, und seinem Ur- theile wollen wir submittiren, Aber wohl haben wir die ernste Pflicht, daß, ehe der Richter entscheidet, die Frage zur Entscheidung reif ge- stellt werde. 1

: Der Herr Justiz - Minister gelangt nah einer sehr kunstreichen Rechts-Deduction zu dem Zugeständnisse, daß die srüheren Gesebe wohl die Erwartungen haben erregen fönuen, daß jährlich eine grü-

ßere Versammlung einberufen werden müsse, und zwar eine einzige

reichsständische Versammlung. Nur fügt der Herr Minister hinzu: zwischen einer folhen Erwartung und einem verliehenen Rechte ist ein großer Unterschied. Es mag diese Ausführung, juristisch betrachtet, ein Meisterstück sein, darüber mögêèn Männer von Fach urtheilen.

Die Versammlung aber wird sich ihre eigene Anschauung bilden, Bas mi anlangt, so habe’ ich mich nicht überzeugen können, baß die Ansicht, es sei ein Rehts-Auspruh vorhanden, eine irrige sei, im Gegeutheil babe ih mich nur in dieser Ansicht gestärkt fühlen können, Bleiben wir bei dem Zugeständniß des Herrn Justiz-Ministers stehen, as ist die Folgerung? Wenn die früheren Gesebe zu der Erwar- tung berechtigen, daß alljährlich eine reichsständische Versammlung be- rufen werden müsse, so is eine unmittelbare Folgerung die, daß daun die Erwartungen, zu welchen die früheren Geseße berechtigen, bis heute nicht in Erfüllung gegangen sind. Wenn nun der Herr Mi- nister einen großen Unterschied darin findet, daß die Gesebe nicht mit ausdrüicklihen Worten die Rechte verleihen, zu welchen die Gesebe wohl eine Erwartung haben erregen fönnen, \o docirt der Herr Minister an einer anderen Stelle seines Vortrags, daß bei der Erflärung der Gesehe der Sinn, oder wie es aus- gedrückt is, der Gedanke maßgebeud sein soll, den der Gesetzgeber hat hineinlegen wollen.

Daß es bei Erklärung der Geseße mehr auf den Sinn, als auf den Buchstaben ankomme, darin stimmen alle Geseßgebungen überein. Das Allgemeine Landrecht bestimmt dies ausdrücklich und fügt hinzu, daß, wo der Sinn zweifelhaft sei, er doch immer so genommen wer=- den müsse, daß er eine Wirkung habe. Der Sinn und die Absicht des Gese6gebers fönnen nicht zweifelhaft sein. Der Herr Minister hat den Sinn der Gesebe selbst durch sein Zugeständniß anerkannt. Wenn uun aber die in dem Geseße vom 17. Januar 1820 ausge- sprochene Absicht der Unterordnung des Staats-Schuldenwesens unter die Reichsstände, so wie der Anordnung einer alljährlichen Rehnungs- legung eine Wirkung haben soll, so muß doch die Periodizität fest- stehen. Denn wollte man annehmen, es könne die reichsständische Versammlung erst in fünf, zehn oder zwanzig Jahren zusammenberufen werden, so würde die Absicht unmöglich zu erreichen sein.

Jn einem Punkte stimme ich dem Herrn Justiz = Minister bei, nämlich darin, daß, wenn ein Rehtspunkt auf die Periodizität besteht, dann au ein Rechts - Anspruch auf alljährlihe Einberufung feststehe. Jch habe in der Abtheilung in diesem Sinne gestimmt, aber als ih dabei in der Minorität blieb, habe ih auch bei der zweiten Frage- stellung die Frage mit Ja beantwortet, weil ih eine Einberufung ín so kurzen regelmäßigen Fristen, die eine Ausführung der Bestimmun- gen des Gesebes vom 17, Januar 1820 möglich machen, für mich nicht anders als eine jährliche habe interpretiren können.

Das Volk, meine Herren, hat feine Rechtswissenschaft studirt, es liebt feine funstreihen Rechtsdeductionen. Das Volk versteht die Ge- jebe nah dem einfach verständlihen Sinne. Uns aber, die wir be- rusen sind, die Rechte der Stände, die Rechte des Volkes zu wahren, nus liegt, meines Erachtens, die Pflicht ob, uns nicht irre machen L ges durch kunstreihe Deductionen, sondern festzuhalten an den L Mae welche dem Lande- und den Ständen nah dem ge- Rehte 6 _Wortsinn aus den Geseßen erworben sind. Diese A hae A Ms überzeugender Klarheit, so weit sie nicht füroibati ee nung vom 3, Februar enthalten sind, ausge- mi dieser Ans estbesprochenen Erklärung der 138. Jch ließe über die Form eng an. Man fönnte verschiedener Ansicht sein fende Verfibre Zeit der Einbringung und über das daran zu knüp- wird sich zu daten U die überwiegende Mehrheit der Versammlung

És if eberzeugung bekennen müssen.

t vou dem Herrn Justiz - M ührt den, daß der Artikel 13 vom 47 Justiz = inister angeführt worden, dc vid aéûin bié G '+ Januar 1820 wohl nur eine Verpflich-

g gegen die Staatsgläubiger hab D B

hauptung ist, wenn i ni 3 e eingehen wollen. iese e-

i : iht irre, {hon einmal von der Ministerbank

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Justiz-Minister sie aufnehmen würde. Hieße es in diesem Artikel, so lange, bis die damaligen Staatsgläubiger befriedigt sein würden, solle die Rehnungs-Ablegung an die Reichsstände erfolgen, so hätte sich vielleicht eher ein Grund, aber auch nur ein s{chwaher Grund für eine solhe Behauptung finden lassen. Wenn aber der Herr Justiz-Minister den wahren Sinn dieser Bestimmung erforschen wollte, warum hat er den Eingang des Gesebßes unbeachtet gelassen, worin es ausgedrüct ist, daß nicht blos der Wille, den Stagtsgläu- bigern gerecht zu werden, sondern was diesem und mit Recht vorgesebt ist, die Absicht nun, das Vertrauen zum Staate und zu seiner Verwaltung zu befestigen, dem Geseße als Motive vorgewal- tet haben. Warum hat der Herr Justiz-Minister wiederum diesen Eingang nicht in Verbindung geseßt mit dem Geseße vom 27. Ok- tober 1810, auf welches ausdrücklich darin verwiesen ist, und în die- sem Gesetze heißt es ja ausdrüdcklich : „Wir werden übrigens Unsere stete und größte Sorgfalt darauf richten, durch jede nothwendige und heilsame Einrichtung in poli- tisher und finanzieller Hinsicht Unseren Uns so sehr am Herzen liegenden Hauptzweck, das Wohl Unserer getreuen Unter- thanen herzustellen, möglichst zu befördern. Zu dem Ende soll auch die nächste Möglichkeit ergriffen werden, das Münzwesen auf einen festen Fuß zu Len so wie Wir Uns vorbehalten, der N a- tion eine zweckmäßig eingerichtete Repräsentation, sowohl in deu Provinzen, als für das Ganze zu geben, deren Rath Wir gern benußen und in der Wir nach Unseren landesväterlichen Gesinnungen gern Unseren getreuen Unterthanen die Ueberzeugung fortwährend geben werden, daß der Zustand des Staats und der Ftnan- zen sich bessere, und daß die Opfer, welhe zu dem Ende gebracht werden, nicht vergeblih sind. So wird sich das Band der Liebe und des Vertrauens zwischen Uns und Unserem treuen Volk immer fester knüpfen.“

Der Herr Justiz -= Minister sagt nun noch, daß die jährliche Rechnungslegung um deswillen nicht die jährliche Einberufung der reihsständishen Versammlung bedürfe, weil es sih ja nur um ein bloßes Gutachten handle, und dafür sei die Deputation ganz genü- gend. Anders sei es, wenn es sich um einen wichtigeren, um einen gefährlich bindenden Aft handle. Es handle sich aber darum nicht, sondern nur um ein Gutachten, sonst hätte wohl ein Ein- wand gegen die Rechtsgültigkeit erhoben werden können, Lei= der beschränkt \ich die Wirksamkeit der Stände in den meisten Fällen noch auf ein Gutachen. Wenn aber von Seiten der Minister= Bank ein so geringer Werth darauf gelegt wird, welchen Werth) sollen wir dann darauf legen? Mich wird dies bestimmen, um so entschiedener den Petitionen beizutreten, welhe auf Gewährung der Feststellung des Haupt-Finanz-Etats und daraus folgender Kontrolle des Staats-Haushaltes gerichtet sind. Ferner sagt der Herr Justiz= Minister: „Indem das Geseß vom 3. Februar sih als einen Fort- bau der früheren ständischen Geseßgebung ankündigt, hat es eben da mit niht anerkennen wollen, daß die früheren Geseße in ihrer eigen- thümlichen Form und Begränzung fortbestehen und uebenher fortwir= fen sollen. Jene Geseße vom 3. Februar erklären sich vielmehr als

eine Fortseßung und Fortentwickelung derselben.“

Anscheinend soll darin ein Zugeständniß liegen, daß die früheren Gesetze nicht vollständig in den Patenten vom 3, Februar aufgenom- men sind; indeß wird angenommen, daß im Uebrigen die früheren Gesehe stillschweigend beseitigt seien. Der Herr Justiz-Minister scheint dabei nicht an das Allgemeine Laudrecht gedacht zu haben, worin es lautet: Daß die Gesebe so lange in Kraft bestehen, bis sie aus= drüdlicch aufgehoben sind.

Jch kann mir endlich nicht denken, daß der damalige Gesebgeber absichtlich die Auslegung hat zweifelhaft lassen wollen, um freie Hand zu behalten. Jch fann das, wie gesagt, nicht glauben. . Der Geist, der aus jener Geseßgebung hervorleuchtet, bürgt mir für das Ge- gentheil.

Jch habe, wie \chon vorhin bemerkt, in der Abtheilung mein Votum dahin abgegeben, daß ein Rechts - Anspruch auf alljährliche Einberufung bestehe, und ih bin das Mitglied, welches allein bei der Abstimmung über die Frage, ob eine Bitte auf jährlihe Einberufung zu stellen sei, in der Minorität geblieben is. Jch verbleibe bei dieser Ansicht und glaube wohl, daß dies unsere Pflicht ist, wenn wir den Rechts-Anspruch für gegründet halten. Dieser aber wird zuvörderst in der Versammlung zu konstatiren sein.

Abgeordn, Frhr, von Vincke: Von verschiedenen Rednern, die vor mir gesprochen haben, bin ih theils direft angegriffen worden und theils in einer Weise gerühmt, die ich nur als direkten Angriff betrachten fann, und ich befinde mich also in einiger Verlegenheit, wenn ih jeßt meine Ansicht als den zweckmäßigsten Weg in der Sache vertheidige, und bitte um so mehr um gütige Nachsicht. Jch habe mich bei mehreren Gelegenheiten sowohl für mich, als wenn ih für Andere das Wort nabm, die mit mir in einer Meinung vereinigt waren, zu der Ansicht bekannt, daß ih gegen jede Petition sei in Bezug auf die Nicht - Uebereinstimmung der älteren mit den neueren Geseßen, und zwar hauptsächlich aus zwei Gründen z einmal, weil es mir nit geeignet zu sein schien, um ein Recht zu bitten, was ih bereits zu besißen glaube, und zum Anderen deshalb, weil ih nicht glaube, daß es mit dec Ehrerbietung gegen den Allerhöchsten Träger der Krone in Eiuklang zu bringen sei, wenn wir den bestimmten Er- flärungen gegenüber, die wir theils aus dem Munde Sr. Majestät des Königs und theils aus der Botschaft vernommen haben, sofort jeßt um eine Abänderung der Gesebe vom 3, Februar bitten wol- len. Jm Wesentlichen bekenne ih mich noh jeßt zu dieser Ansicht; ih freue mi indeß , daß der weitere Fortgang der Verhandlungen es mir gestattet , mit Modificationen dem Gutachten der Abtheilung beizutreten, was ich im Gegensaße mit mehreren Rednern als voll= ständig unparteiish anerkennen muß. as den ersten Punkt anbetrifft , so haben wir alle Ursache, dem geehrten Abgeordneten aus Prenzlau und der pommerschen Rit- tershaft es zu danken, daß sie einen Weg aufgefunden haben für eine Bitte, ohne daß dadurch unser Recht in Frage ge- stellt zu werden brauht. Sie gehen im Wesentlichen davon aus, daß sie sagen: wir besißen Rechte, und wir bitten Se. Majestät, diese Rechte anzuerkennen; wir bitten nicht, wie es in anderen Peti- tionen ausgedrückt worden ist und mir auch in dem Gutachten der Abtheilung zu liegen scheint, um die Verleihung des Rechts, sondern dessen Ä érlélhan g. Jch finde einen großen Unterschied in diesen beiden Formen und bedaure, mit dem Mitgliede für Kölu, hierin in wesentliher Meinun s-Verschiedenheit zu sein. Es scheint mir nicht unbedenklich, wenn ih bitte, mir ein hon bestehendes Recht zu verleihen, denn das Mitglied aus Köln bemerkt in dem Abdruck seiner Petition, daß die Krone nicht verhindert sei, ein Reht durch Verleihung neu zu {aen , so würde dies doch ein schr gefährlicher Zustand sein; dagegen muß ih mich verwahren. Wenn ‘dagegen, nach dessen später folgenden Erklärung, nur um diè Befriedigung eines Rechtsanspruches gebeten werden I so ist dies das we=- sentlich verschieden. Die Form, in welcher ich bitte, ist daher gewiß nicht gleichgültig; es kann dadurch ein Recht zur bloßen Vergön- nung werden! Jh glaube, vas selbst die verehrten Vertreter der

ausgesprochen worden; ghex ih hahe nicht geglaubt, daß der Herr

unser Gewissen zu beeinträhtigen. Jn Bezug auf den zweiten Punkt glaube ih zwar immer noch, daß solche Bitten nah Emanation der Geseßgebung vom 3, Februar, die si als vollendet ankündigt, nach den Worten, die wir hier vom Throne aus gehört haben, sich nicht leiht mit der Allerhöchsten Willensmeinung in Einklang bringen las- sen, und ih glaube dem Mitgliede der brandenburgischen Ritterschaft darin widersprehen zu müssen, daß ih in der Allerhöchsten Botschaft diesen Weg nicht vorgezeichnet sinden kann. Jm Gegentheil hat Se, Majestät der König gesagt: Der Vereinigte Landtag hat keine anderen Rechte, als die ihm durh das Patent vom 3, Februar er- theilt sind, und nur auf Ausbildung dieser Gesebgebung fönnen Bitten gerichtet werden. Wenn hiernach um eine neue Schaffung H And gebeten wird, so will ich dies erwägen und darüber ent- heiden.

Mit Anträgen um Verleihung neuer Rechte möchte ih nun gern den König möglichst verschonen, um \o dringender aber möchte ih be- stehen auf Erhaltung der bereits durch die frühere Geseßgebung be- gründeten Rechte.

Wenn wir hiernach auch niht im Einklange uns befänden mit den früheren Ansichten der Krone, so fühle ih mich doch jeßt darüber beruhigt, und zwar aus zweien Gründen, einmal, veil wir bei einer späteren Veranlassung von dem Herrn Königlichen Kommissar ver- nommen haben, daß jeder Weg zur Verständigung willkommen ware, dani aber au aus einem zweiten persönlichen Grunde. Es i ge- wiß der Versammlung bekannt, ih wenigstens habe vernommen, daß eine Zahl ehrenwerther Mitglieder, welhe durch ihre Stellung im Leben und durch die Familien-Traditionen, die gewissermassen in 1hnen si konzentriren, dazu vorzugsweise geeignet sind, sich berufen fühlen, den konservativen Standpunkt, die Erhaltung unseres alten Rechtes besonders zn erstreben, und welche sich zu einer engeren Vereinigung zusammengefunden haben, und welche sogar schon durch die Benen- nung des Ortes, den sie zu ihrer Zusammenkunft gewählt haben, an das Land haben erinnern wollen, das schon seit Jahrhunderten seine alten Rechte zu erhalten sucht.

(Gelächter.)

Jch habe diese Thatsache mit großer Genugthuung und Befrie- digung vernommen. Ich habe ferner gehört, daß ein erwählter Aus= {uß, wenn ih so sagen soll, aus der Versammlung des englischen Hauses sich in Verb:ndung mit dem Königlichen Kommissar gesebt hat, und wenn ih auch diesen Weg etwas extraordinair finde, so glaube ih do daraus sließén zu dürfen, daß eine größere Ueber= stimmung des Gouvernements mit diesen konservativen Mitgliedern besteht, und daß deshalb die Erhaltung unserer Rechte nicht blos das Ziel dieser Versammlung, sondern auch des Gouvernements sein wird, Sonach fühle ih mich vollständig beruhigt und kann nun auf die Sache selbst übergehen.

Jm Betreff der Frage, ob wir wirklich ein Recht besiben auf die Periodizität des Vereinigten Landtages, so hatte ich mir vorge- nommen, dem Herrn Justiz = Minister ausführlich zu antworten , ob- gleich ich nur mit einer gewissen Zaghaftigkeit mich dazu entschließen fonnte, einem Manne gegenüber, der gestern mit Reht ein Jurist von europäischem Rufe genannt wurde, Nur der Umstand gab mir wie- der einigen Muth, daß ih in dem Minister der Geseb-Revision guch zugleih meinen früheren Lehrer von der Universität her zu verehren habe. Hätte ih daher irgend etwas Erhebliches zur Widerlegung vorgebracht, so wären es eben nur die früheren Gedanken desselben

verehrten Mannes gewesen wie ja der Diamant nux durch D ía= mantensta ub ge\chlissen werden kann, ( Gelächter.)

Es haben indeß viele Mitglieder, die sih vor mir auf dieser Stelle befunden haben, namentli die Mitglieder für Königsberg, für Reinerz und für Elberfeld, si so vollständig über den Rechtspunkt geäußert, daß ich blos eine kleine Nachlese zu halten brauhe. Jm Wesentlichen scheint mir von ihnen schon der Vortrag des Herrn Ju- stiz-Ministers vollständig widerlegt zu sein. Es ist namentli bemerkt worden, daß aus dem klaren Buchstaben des Gesetzes ein begründe- tes Recht auf eine alljährlihe Zusammenberufung des Landtages be- a Abnahme der Rechnung der Staatsshulden-Verwaltung abzulei- ten sei. |

Es i ferner bemerkt, daß dies niht blos den Kreditoren, son- dern dem ganzen Lande verliehen ist. Jh habe aber noch nachträg=- lich zu bemerken, daß, wenn von dem Herrn Justiz-Minister gesagt worden ist, die Reichsstände hätten ja die Rechnung alljährlich zu prüfen, da die betreffende Deputation aus und von ihnen gewählt werde, ich dies mit dem Wortlaut des Geseßes nicht vereinigen kann, welcher der ganzen Versammlung dies Recht verleiht. Wenn er ferner sagte, jene engere Deputation bekäme ihre Aufträge nicht von der

Justiz auf der Ministerbank das zugeben werden, und meine daher, daß wir den beiden Mitgliedern dankbar sein müssen, daß sie uns

Versammlung, sondern sie hätte ihr Mandat aus dem Geseb; so spricht dies gerade für uns, denn nur der Mandatar kann dan Recht für sih in Anspruch nehmen, die Persönlichkeit des Mandantes innerhalb der Gränzen seiner Vollmacht zu vertreten. Aber wie der Königliche Kommissar {hon gesagt hatte, so sind diese Mandatare nicht von uns gewählt worden, sondern sie sind uns geseßt worden, und so können sie uns nicht erseßen und können nie unsere Stelle vertreten. Es ist ferner shon von dem leßten Redner gesagt wor den, daß dieser Punkt keinesweges unbestimmt in dem Gesebe ge- lassen wäre, und ih möchte dies noch dahin ergänzen, daß der Ge- sebgeber, wie der Herr Justiz-Minister auf pag. 6 selbst bemerkt, nur die Einrichtung, Bildung, Zusammenseßung und Organisirung der Reichsstände unbestimmt gelassen hat, nur die Frage, ‘wie sie aus den Provinzial-Ständen hervorgehen sollen, Das gebe ih zu, aber diese Organisation is jeßt dahin bestimmt worden , daß uicht die Ausschüsse, wie das möglich gewesen wäre, sondern daß sämmtliche Provinzial-Landstände zu einer reichsständishen Versamm- lung vereinigt sind; aber wie oft sie zusammenkommen sollen, darüber besteht feine Unbestimmtheit, darin ist keine Ungewißheit, es war vielmehr ausdrücklih bestimmt, daß sie alljährlich zusammenkommen. Wenn es endlich um die Jnterpretation des Gesebes aus der Absicht desselben sich handelt, \o findet eine solhe überhaupt do nur dann s wenn die Disposition, ker Wille des Geseßgebers selbst un- ar ist.

Das aber i} hier nicht der Fall, sondern es is ausdrüdcklih ge- sagt worden, sie sollen alljährlich zusammenkommen, alljährlich soll ihnen Rechnung abgelegt werden. Ob dies zur Sicherheit der Kre- ditoren und für den Vereinigten Landtag n üblich is, is eine ganz andere Frage. Wie es aber der Buchstabe des Gesehes klar entschei= det, sollen wir alljährlich behufs der Prüfung der Rehnungen zusam- menkommen. Und hiermit glaube ih das Wenige noch ergänzt zu haben, was mir nah dem verehrten Redner noch zu sagen blieb. Bei Beleuchtung des Vortrags des Herrn Justiz-Ministers glaube ih auch die Ansicht des einen Theils der Abtheilung im Wesentlichen schon mit- widerlegt zu haben. Jch habe nur noch zu bemerken: Wenn die Ab- theilung auf unsere provinzialständische Thätigkeit Bezug nimmt und sagt, daß dies eine permanente Thätigkeit wäre, ohne daß die Pro= vinzial-Stände immer in voller Versammlung zusammenkommen, so habe ih darauf zu erwiedern: diejenigen Kommissionen der Provin- zial-Stände, die behufs der Erledigung einzelner Angelegenheiten zu-

Beilage

den Weg Aezeigt haben, um Anerkennung des Rechts zu bitten, ohne

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sammenkommen und in Permanenz bleiben, sind von den Provinzial= Ständen gewählt, diese haben ihnen nur ihre Rechte delegirt, wäh= rend, wie der Herr Justiz-Minister selbst sagt, das Mandat für un= sere Deputation nur aus dem Gesete herrührt, das Gesey sie an unsere Stelle seßt, ohne daß wir unsere Zustimmung dazu ertheilt haben. Hiernach scheint mir das Recht auf periodischen und alljähr= lichen Zusammentritt der verehrten Versammlung vollständig begrün- det. Die Nüylichkeits= und Nothwendigkeits-Gründe, die das Gutachten aufstellt, sind von dem geehrten Mitgliede für Köln arf, klar und so vollständig auseinandergeseßt worden, daß ih nicht glaube, darauf zurückommen zu müssen. Aber für mi handelt es sich zunächst L um die Nüglichkeit und Nothwendigkeit, sondern, wo wir das Recht für uns haben, verlange ich es in scinem ganzen Umfange anerkannt zu sehen, und erst nahher wird es Gegenstand der Verhandlungen der Krone mit den Ständen sein, ob davon etwas abzunehmen is, ob die voll ständige Ausübung des Rechtes nicht zweckmäßig sei. Jch für mein Theil glaube, daß eine europäische Großmacht, wie Preußen, si ganz in der Wage befindet, die vollste Stärkung und Kräftigung sämmtlicher Elemente im Staate durch eine innige Verbindung mit den Ständen zu sichern, und daß wir in dieser Beziehung nicht oft genug zusam= menkommen können, wenn wir mit Recht der Ansicht sind, daß unser Zusammentritt der Krone neue Elemente der Stärke giebt. Wenn ih das wesentliche Vorrecht der Stände, mit der Krone sich in das engste Vernehmen zu seben, so hoch anschlage, so finde ih dazu die Veran= lassung bei allen Großmächten, die sih ständischer Versammlungen er= freuen, in Franfreih und namentlich in England, mit denen wir uns in politischer Beziehung auf einer und derselben Höhe befinden, und welhe daraus ihre Kraft mit so glücklihem Erfolge gezo= gen haben. Es handelt sich hier zunächst nicht um Bitten und Wünsche, nicht darum, was nothwendig und nüßlich is, denn auch in dieser Beziehung wünsche ih Se. Majestät möglichst wenig zu be- drängen, ja, ih würde es nicht beklagen, wenn auf dem ganzen Land- tage fein einziger Antrag auf Verfassungs-Aenderungen an den Thron gelangte; ih würde darguf keinen allzugroßen Werth legen, wo es sich aber um die Conservation wohl erworbener Rechte handelt, habe ich die allerstrengste Ansicht, Jusofern es sih nun gegenwärtig nur um den Rechtspunft handelt, will ih diesen nicht mit Gründen der Nüßz= lichkeit vermishen und verdünnen, denn so hoh der Himmel über der Erde, so hoch steht das Recht über den Nüzlichkeitösgründen, die nimmermehr an das Recht in seiner Höhe hinanreichen können. Das Recht will ih ungemisht mit Nüglichkeitsgründen Sr. Majestät vor= getragen haben, auf das Recht berufe sih die Versammlung, und um es vollständiger zu sagen, als es mir möglich ist, beziehe ih mi auf den Antrag des geehrten Mitgliedes für Köln, wo es sagt: „Das gefährlichste Reizmittel für den Trieb, Rechte zu erwerben und zu erkämpfen, is das Gefühl, deren gar feine zu besißen, und bei einer unbefangenen Erwägung des Jnhaltes der Verordnungen vom 3, Februar c. läßt sich die Erkenntniß nicht abweisen, daß dem Ver- einigten Landtage und dem Lande kein Recht zugetheilt sei.“ Und deshalb handelt es sich hier zunähst um Rechte und zwar um wohl erworbene und alte Rechte. Es ist von einem geehrten Mitgliede mir gegenüber gesagt worden, wir sollten zurückgehen auf die Geschihte, wir sollten aus der Geschichte lernen, daß es sih niht um einzelne Buchstaben handle, daß die Beispiele der Geschichte den Weg des Buchstabeis als einen gefähr= lichen bezeihnen. Jch bedaure, daß die versprochenen Beispiele der Geschichte nicht gegeben worden sind, ih habe aus der Geschichte die entgegengeseßte Lehre gezogen und berufe mih auch hier wieder auf England, was ih fast überall als unseren großen Lehrineister betrachte. Dort wurde ungefähr vor 150 Jahr, als die jeßige Dynastie mit Wilhelm Ul. den Thron bestieg, das alte Recht punktatim und buch- stäblich niedergeschrieben, in der Declaration der Rechte und dann der Krone zur Anerkennung vorgelegt, in der Bill der Rechte ein \hlagendes historisches Beispiel, \o lange das geehrte Mitglied kein entgegengeseßtes geliefert hat. Es ist hier ebenfalls mit Bezug auf die Geschichte gesagt worden, daß Eintracht mit der Krone Noth thue, und ih frage, wer unter uns wollte nicht mit der Krone einträchtig sein? Es war damit wohl der erhabene Wahlspruch des niederlän- dischen Volkes gemeint: Eintracht giebt Macht. Aber warum geht dort dieser Wahlspruch wesentlih vom Volke aus? weil die Antwort aus dem Munde der niederländischen Fürsten darauf lautet : Je maintiendrai!

oder wie es in andere Spracher auf der Brust Cin E ge-

schrieben steht: suum cuique. Weil die niederländischen Fürsten das Recht ungeshwächt bis auf den kleinsten Buchstaben erhalten, deshalb sagt das Volk: Eintracht giebt Macht. Deshalb kann ich nicht die Ansicht des oft citirten Mitgliedes theilen, daß es sih hier wesentlich um materielle Juteressen handle, daß diese vorzugsweise befördert und ge=- pflegt werden sollen. Meiner Ansicht nach, stehen vielmehr die immateriellen Interessen unendlich hoh über ihnen, und so lange die immateriellen Interessen nicht unerschütterlih begründet sind, so lange wir noh gar nicht wissen, was bei uns Rechtens ist, so lange darf von den mate= riellen Jnteressen gar keine Rede sein. Aus diesen Gründen habe ich mir erlaubt, ein Amendement dem Herrn Marschall vorzulegen, was ih vorzutragen und mit wenigen Worten motiviren zu dürfen bitte. Ich habe in Bezug auf die Periodizität der ständischen Versammlun= gen das Amendement gestellt: „Se. Majestät den König alleruntcrthänigst. zu bitten, das beste- hende Recht des Vereinigten Landtages, auf Grund des Art, X11, des Geseßes vom 17. Januar 1820 alljährlich behufs Abnahme der Rechnung der Haupt= Verwaltung der Staatsschulden einberu- fen zu werden, Allergnädigst auerkennenz falls jedoch einer so häufigen Einberufung erhebliche Bedenken entgegenstehen möchten, dem Vereinigten Landtage eine darauf bezügliche Proposition huldreichst vorlegen lassen zu wollen.“ R Dies Amendement hat meiner Ansiht nah wesentliche Vorzüge vor dem Antrage der Abtheilung. Es is in diesem Vorschlage der Abtheilung gesagt: „Mit Bezug auf die frühere Geseßgebung, #0 wie auch namentlich aus Gründen der Nüglichkeit.“ Jh muß mich selbst dem Herrn Referenten gegenüber , dessen Unparteilichkeit ich \hon anerkaunt habe, doch cinem Redner anschließen, welcher sagte, daß der Rechtsgrund hinter die Nüglichkeit hierbei zurückgedrängt sei. Es 1st gesagt worden: „Mit Bezug auf die frühere Geseugebung““, ih frage aber: sind das Beziehungen des bestehenden Rechtes oder nur Bezichungen der Erwartung, wie der Herr Justiz - Minister sagte? Jh wünsche nur Beziehungen des Rechtes, und weil es heißt : „In Bezug auf das Geseg“, darin aber von Cinigen nur Erwartungen gefunden werden, o will ih das Recht, das bestchende Recht ausgedrückt haben. Jch beschränke dies aber auf den Buchstaben des Geseßes, weil mein Beweis weiter nicht zu- träfe, ih beschränke mich auf die alljährlihe Zusammenkunft behufs der Bela sabnahme und Prüfung. Zwar bin ih der Ansicht, daß der Gesjeßgeber damals daran gedacht hat, die Stände alljährlich zu berufen, und dann niht blos mit jenem einen Gegenstande zu be=- schäftigen; aber ih bin auch der Ansicht, daß, wenn wir einmal zu=-

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Beilage zur Allgemeinen Preufishen Zeitung.

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sammen sind, von selbst auch andere Gegenstände an die Reihe kom- men werden. Genehmigen wir dies, A wir uns auf diese Forderung, so bewegen wir uns streng au dem Rechtsboden, Diesen will ih anerkannt haben, ih bitte nicht um Verleihung, sondern ih bitte um Aufrechthaltung, des Rechtes, und insofern dies Verlangen über die früheren Erklärungen hinausgeht, wünsche ich die Anerkennung seitens der Krone, damit das Recht in Ausführung gebracht werde und zum Leben durchdringe. Denn so lange unsere Ueberzeugung nicht unangefochten ist, so lange noh Zwiespalt zwischen der Krone und uns pt M so lange ift Eintracht nicht vorhanden, auf die ih auch den t ten Werth lege. Jh will aber auch end- lih einem Einwande begegnen, damit man nicht sagen soll, ih wolle nicht das Nütliche. Jh will der Krone freie Hand lassen, auf ge= seßlihem Wege durch Vorlegung etner Proposition diese Frage zur Entscheidung zu bringen, bitte also, daß, im Fall die Krone die un- beschränkte Ausübung des Rechtes bedenklich findet, dem Ver- einigten Landtage eine desfallsige Proposition vorgelegt werde. Aber das Reht muß erst gesichert sein. Jh erblicke in der verlangten Maßregel auh keine Gefahr oder Bedroh- niß für den Staat und glaube, daß der König, unterstüßt von den Rathgebern der Kroue, si in der Lage befindet, zu erwägen, ob die Ausübung diesex Rechte nüßlih und zweckmäßig sei.

Jch weise endlich darauf hin, daß der Wille Sr. Majestät durch die Thronrede diesen Weg hauptsächlich, das Recht in den Vorder- grund treten zu lassen, als den wesentlichsten und nächsten bezeichnet. Es ist dort ausdrücklich gesagt: Vertrauen weck Vertrauen, und wenn ih diesem erhabenen Spruche folgen darf, so glaube ich, wenn wir dem Könige mit Vertrauen bezeichnen, was wir für das Rechte hal- ten, so wird uns anch das Allerhöchste Vertrauen entgegenkommen und das gewähren, was wir nah dem unzweifelhaften Buchstaben der früheren Geseßgebung als unser Recht in Anspruch nehmen. Es ist dort ferner gesagt worden, daß die Stände mit dem ureigenen Geiste der deutshen Verfassung sih durchdringen und Wahrer des Rechtes sein müßten, und darum würden sie sich ihrem heiligsten Be- rufe entfremden, den ihnen ter König selbst vorgezeichnet hat, wenn sie aufhören wollten, zunächst ihr Reht zu wahren, wenn wir uns auf Nütlichkeits- und Nothwendigkeits-Gründe einlassen wollten, wo wir das klare Recht vor uns haben. Wir sollen nicht die Folgsam= feit des Knechtes üben, sondern die Folgsamfkeit um Gottes und des Gewissens willen. Und mein Gewissen sagt mir, daß ih meinen Kommittenten gegenüber eine Pflicht auf mir habe, daß 1h nicht blos mein Recht, sondern au das Recht meiner Kommittenten auf dieser Stelle zu wahren habe. Und weil dieses im Buchstaben des Geseßes flar ausgedrüdt is, deshalb is es ein Gehorsam um des Gewissens willen, wenn ih mi erdreiste, der Krone die Gründe vorzutragen, aus denen ih glaube, daß die Geseßgebung vom 3. Februar nicht in Einklang zu bringen sei mit der früheren, die unseres nun in Gott ruhenden Königs Majestät im Jahre 1820 erlassen hat. Jch glaube, daß dieser Weg uns am sichersten {üyt vor dem revolutionairen Treiben, was Se. Majestät in der Thronrede als ein gefährliches Zeichen und bedenkliches Symptom der Zeit angeführt hat. Denn worin hat dies seine Wurzel? Darin, daß man Fürst und Volk gegenseitig einander zu verdächtigen und zu entfremden suht. Und wie stellt man \sich ihm am erfolgreichsten entgegen Wenn man sich stets auf dem Rechtsboden hält, nie den Boden des Geseßes verläßt, also nicht einen entfernten Anlaß zu der Vermuthung giebt , als ob es je die Absicht sein: könnte, dex Krone Rechte zu nehmen und für uns zu beanspruchen, als diejenigen, die das Geseß uns verleiht oder die wohlerwogene freie Entschließung der Krone uns als neue Rechte geben will, : : S

Se. Majestät der König ich darf mir {ließlich erlauben, diese erhabenen Worte selbst vorzutragen, die mir die Sache vollstän=

dig zu begründen scheinen, hat gesagt : „Jeßt gilt?s einen neuen Kamps

um dieselben hohen Güter, einen friedlichen zwar, aber seine Treffen sind nicht um eines Haares Breite unwichtiger, als es jene im Blach- felde waren. Gott aber wird wieder mit uns sein, denn es gilt den Kampf gegen die bösen Gelüste der Zeit. Jhre Einmüthigkett mit Mir, Jhr thätiges Bekenntniß, Mir helfen zu wol-= len: den Boden des Rechts (den wahren Acker der Kö= nige) immer mehr zu befestigen und zu befruhten, wird aus diesem Landtage eine gewonnene Haupt schlaccht wider jenes arge, rechtlose, Veutschland betrübende und entehrende Treiben machen, zu Jhrem und des Vaterlandes Ruhm und zur Befriedi= gung Meines treuen Volkes.“ Diesen Allerhöchsten Worten lassen Sie uns nun anschließen: stets den Boden, den Aer des Rechtes pflügen. Wir sind hingewiesen auf die alten Rechte unseres Volkes, und der chrenwerthe Redner gegenüber hat mir den Vorwurf gemacht, als ob es meine Absicht sei, diese Rechte jeßt wieder hervorzurufen. Das habe ih nit gesagt. Jch habe gesagt, ich befände mi nicht in der Lage, jeßt die alten Rechte unserer früheren Stände in An-= spruch zu nehmen. Aber, so lange uns noch nicht einmal die Rechte der nächsten Vergangenheit gesichert sind, will ih auch nicht auf die Reservation verzichten, nach Umständen auf eine noch entferntere Ver= gangenheit zurüczugreifen, N

Jch erinnere mih mit gerechtem Stolze, daß meine Vorfahren den Ader des Rechtes seit vielen hundert Jahren gepflügt und dem- selben viele köstliche Früchte abgewonnen haben, werthvoller, als die materiellen Güter dieser Erde. Jch weiß nicht, wie lang die Spanne Zeit is, die mir hier noch zugemessen is. Wenn aber einst meine leßte Stunde schlagen sollte, dann wünsche ih nur, auf dem Aer des Rechtes meine Grabstätte zu finden. Es ist heute ein großer Zag in der vaterländischen Geschichte. Heut vor 10/ Jahren hat Friedrich der Große den erhabenen Thron seiner Väter bestiegen. Lassen Sie uns durch eine würdige That des Landtags feiern die Thronbesteigung Sr. Majestät des Königs Friedrichs Il, der uns nicht blos Schlesien erobert hat, dessen edelste Söhne hier siben.…..

(Eine Stimme lacht laut.) ih finde dies nicht lächerlich, es is eine historische Wahrheit des gro= ßen Königs, welcher für unser öffentlihes Recht den erhabenen Grund- saß aufgestellt hat, daß der König der erste Diener des Staates sei. Es wird eine Zeit kommen, wo keines der ehrenwerthen Mitglieder dieser Versammlung mehr auf Erden wandelt, dann wird die unpar- teiische Geschichte über den ersten Vereinigten Landtag zu Gericht siven. Möge sie dann sagen, der erste Landtag der Krone Preußen, insbesondere die Mitglieder der Kurie der Ritterschaft, der Städte und Landgemeinden, sie wurden als fleißige und treue Ackerer erfun-= den auf dem Acker des Rechtes, sie sind von diesem Boden nicht einen Fuß breit abgewichen, niht um dieses Nagels Dice haben sie nah- gegeben von ihrem guten Rechte, sie haben stets unabänderlich beharrt bei dem alten deutschen Grundsaße unserer Väter: Recht muß doch Recht bleiben ! (Stürmischer Applaus.) j

Landtags-Kommissar: Es war nicht meine Absicht, mich in diesem Stadium in die wichtige Debatte einzumischen, welche die hohe Versammlung in diesem Augenblicke beschäftigt, Die gleichsam

Freitag den 4! Juni.

persönliche Aufforderung des geehrten Redners aber, wel

Redner - Plaß ares Sey nöthigt mich dazu, damit me S

niht gemißdeutet werde. Der geehrte Redner hat angeführt, daß

er zu dem Entschluß, von seiner früheren Absicht, die vermeintlih

verlezten Rechte der Stände nur durch eine Wahrung zu sichern

jeßt auf den Weg der Petition überzugehen, durch meine ühere Aeußerung: „Jeder Weg der Verständigung sei mir wünschens werth“, ermuthigt sei.

Jch kann zwar jedes einzelne Wort und Wörthen, was ich hier gesprochen habe, niht anerkennen oder verneinen; ih glaube aber nicht, gesagt zu haben: jeder Weg der Verständigung sei mir wün= \chenswerth, sondern: der Weg der Verständigung überhaupt, na- mentlih derjenige, welher durch die Allerhöchste Botschaft vom 22. April d. J. bezeichnet sei. Bei dieser Aeußerung glaube ih stehen bleiben zu müssen, während ih mich vor einer ißdeutung der Worte: „Jeder Weg der Verständigung sei mir wünschens- werth“, verwahren muß, da es dergleichen Wege der Verständigung giebt, die ich für nihts weniger ‘als wünschenswerth halte.

Es führt mich dieses aber ferner zu der Nothwendigkeit, mich über die Ansicht der Krone in Beziehung auf die Gränzen der gegenwärtigen Debatte zu erklären, Mein sehr verehrter Kollege, der Herr Justiz-Minister, hat bereits angedeutet, daß dur die Aller=- höchste Botschaft vom 22. April d, J. ausdrülih erklärt sei, daß Se. Majestät der hoben Versammlung keine anderen Rechte anerfen=- nen fönne, als diejenigen, welhe die Geseße vom 3. Februar ihr zu- weisen oder welche Er ihr künftig im verfassungsmäßigen Wege bei- legen werde. Allerdings hat dieselbe Botschaft angedeutet, daß diese Rechte erweitert werden könnten, daß die Verordnungen vom 3. Fe- bruar bildungsfähig seien, daß der hohe Landtag das Recht habe, in Beziehung auf die Ausbildung dieser Geseße Bitten an den Thron des Königs zu richten, und daß Se. Majestät der König dergleichen Bitten prüfen und nah Jhrer besten Ueberzeugung darüber entschei den würden. Diesen Weg habe ih gemeint, wenn ih den Weg der Verständigung angerathen habe. Jn Beziehung auf diese Bitten nun ist es keinesweges ausgeschlossen, keinesweges verwehrt oder erschwert, auch diejenigen Ansichten auszuführen, welche si vielfältig in dieser Versammlung ausgesprochen haben, daß nämlich durch die Gu bung vom 3. Februar d. J. die Verheißungen des hochseligen Königs Majestät der verschiedenen älteren Gesebe nicht vollständig erfüllt seien und daß also, weil einzelne Mitglieder dieser hohen Versammlung, oder weil die Mehrzahl oder die ganze Versammlung diese Ueber= zeugung theile, darauf die Bitte mit gegründet werden fönne , daß der vermeintlih unerfüllte Theil der Verheißungen durch Declaration oder durch Abänderung der neuen Gesetze erfüllt werden möge. Ja ih nehme keinen Anstand , selbst eine Bitte für loyal zu erklären, welche dahin gerichtet würde, daß jene Rechte nicht gegeben, son= dern anerfannt werden möchten.

(Bravo! Bravo!)

Aber davon i} sehr verschieden, den Beschluß fassen zu wollen , der Landtag habe solche Rechte. Gegen einen solchen Beschluß würde ich mi, und zwar auf Allerhöchsten Befehl, ausdrücklih verwahren müssen, Se. Majestät haben in der Botschaft erklärt, daß die Ver= heißungen der früheren Geseße, so weit sie unerfüllt gewesen, durch die Geseßgebung vom 3. Februar erfüllt seien; daß der Landtag keine anderen Rechte habe, als diese, daß diese Geseßgebung vom 3. Fe= bruar allein sein Geseß sei. So lange also der Gesebgeber feine andere entscheidung trifft , is dies allein die Basis, auf der er sich bewegen darf. Deshalb würde ih mich jedem Beschluß darüber, ob der Landtag andere Rechte hab e, auf das Entschiedenste widerseßen müssen. Jnnerhalb der Gränzen aber, die ih vorhin be= zeichnete und die au ein verehrter Redner aus der Provinz Pom= mern nach meiner Ueberzeugung richtig bezeichnet hat, innerhalb dieser Gränzen kann sih die Debatte des Landtags mit voller Frei= heit bewegen. Se. Majestät werden die Anträge, sie mögen lau= ten, wie sie wollen, als loyale Anträge entgegennehmen, und dar= auf in Jhrer Weisheit entscheiden, wie Sie glauben, daß es für die Juteressen, für die wahre Wohlfahrt des Vaterlandes am ersprieß= lichsten sei. i ,

Außerdem muß ih noh eines Umstandes erwähnen, welchen der= selbe verehrte Redner zur Sprache gebracht ; vielleicht hätte ich auhch Anderen die Antwort überlassen können. Es wurde angedeutet, wie ih mich mit einer gewissen Fraction der Versammlung in Verbindung gesetzt habe, damit sie von mir erführe, was sie ibun-follé. 6 - (Zeichen der Verneinung des früheren Redners.)

Jch glaube Aehnliches gehört zu haben. In dieser Bez= iehung fann ich die Versicherung geben, daß ih die Es ten, welhe die Krone, welche das Ministerium in e= ziehung auf die Verhandlungen des Landtages hat, mit nicht größe= rer Offenheit gegen die bezeichnete Fraction geäußert habe, als gegen die Mitglieder einer ganz anderen Fraction, und ih würde, wenn es verlangt werden sollte, leßtere namentlich bezeichnen fönnen. Jch würde die Personen unter Jhnen nennen können, gegen die ich mi mit der vollsten, unumwundesten Offenheit ausgesprochen habe, mit einer Offen=- heit, die weiter gegangen is, als diejenige, welche die Mitglieder, von denen in der Recrimination die Rede war, empfangen haben. Dies erkläre ih als die vollste Wahrheit.

Abgeordn. Graf vou Schwerin: Gegen mich hat sich Se. Excellenz ganz ofen ausgesprochen.

Abgeordn. Freiherr von Viucke: Jh habe ein persönliches Faktum zu berichtigen. Jch habe keinesweges gesagt, daß Se. Exc. gesagt habe, was die Fraction thun solle, ih habe nur gesagt, diese Mitglieder hätten sich dur einzelne Ausschüsse mit Sr. Excellenz in Verbindung geseßt, und Se. Excellenz hätten sich ausgesprochen über die Ansicht des Gouvernements; und daraus [höpfte ih die beruhi= gende Ueberzeugung für mih, daß der Weg der Einigung zur Er= haltung unserer alten Rechte (der einzige, der zum Verständniß führt) angebahnt sei durch diese Konferenz. Dieser Ansicht bin ich noch, und ih {öpfe neue Hoffnung durch das, was Se. Excellenz eben ge= sagt haben. E i

Abgeordn. von Beckerath: Obgleich die Verhandlung eigent- lih {hon in ein anderes Stadium getreten 1k, |0 fann ih doch nicht umhin, Jhre Aufmerksamkeit noch einmal auf den Vortrag des Herrn Justiz-Ministers zurückzulenken und dasjenige nachzuholen, was mir nach den bereits stattgefundenen Erörterungen darüber noch zu sa en nöthig scheint. Gewiß war eine der bedeutendsten Stellen in diesem Vortrage, diejenige, worin die Behauptung ausgesprochen wird, daß der fragliche §. 13 ledigli eine Verpflichtung gegen die Stgats= gläubiger enthalte. Dieser Behauptung muß der §. 1 desselben Ge- seßes entgegengestellt werden. Nachdem hier die Gesammtfumme der Staatsschulden auf 18,091,720 Thaler festgestellt ist, heißt es weiter :

Abgeordn. von Bedckerath (liest vor) : „Diese Schulden sollen niht nur von Uns , sondern auch von Un-

seren Nachfolgern in der Krone bis zu ihrèr endlichen Tilgung un-