1847 / 154 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

17 Millionen? Unser großer König Friedrih 11, sagte am Abend seines t atenreihen Lebens, was er mit Flammenzügen in das Buch der Gêschichte egetragen, daß er müde sei, über ein Volk von Skla- ven zu herrschen, und Daa dadurch vielleiht in Anwandlung augen- blilichen bitteren Unmuthes aus, daß sein Volk, wie redlih es au gekämpft und gestrebt, dem erhabenen Genius seines Königs nicht ganz zu folgen vermoht hatte! Unser hohsinniger König, lücklicher in dieser Beziehung, als sein großer Vorfahr, wird mit tolz und. Freude es anerkennen, daß sein Volk reif geworden, daß sein Volk, mit tief sittlichem Bewußtsein, mit offenen Augen mit ihm wan- delnd, mündig geworden is und auf seiner Königlichen Bahn ihn be- leiten will! Giebt es denn eine höhere, schönere Aufgabe für Für= en, als die, an der Spibe freier Völker zu stehen, freie Völker auf thren Wegen zu leiten und zu begleiten? Eine ganz andere Kraft wird dargestellt durch die germanishen Stämme, wenn 40 Millionen Deutsche, die alle an dem Geschicke des Vaterlandes auf das innigste theilnehmen, weil sein Geschick ihr eigenes Geschick is, mitwirken zur Begründung seiner Macht und Würde nah innen und na außen, als wenn sie stumpfsinnig s{hlummern, Meine Herren, dem Rechts= bewußtsein im Volke, dem ih das Wort zu reden mih bemühte, würde es nit entsprechen, wenn durch irgend eine Bitte, ohne klare Hinweisung auf das Recht, fortan jährli als Reichsstände zusam- menzutreten, welhes ich dargethan zu haben glaube, dieses Recht in Frage gestellt würde. Jede Bitte um Verleihung dieses Rechtes ohne bestimmt formulirten Rehtsanspruch würde sagen, daß diese Rechte dem Volke gewährt, aber au, daß sie dem Volke abgesprochen wer=- den fönnen Jch gebe gern zu, daß die Ausübung unserer Rechte zur Zeit der freien Königlichen Entscheidung unterworfen is, daß wir Se, Majestät zu bitten haben, unsere Rechte anzuerkennen, uns ihre Ausübung zu gestatten. Aber ein Recht, was ih besie, mag es auch noch so lange dauern, bis es anerkannt wird, das kann ih nicht durch eine Bitte um neue Verleihung in Fragé stellen. Jch glaube, es mir und meinen Kommittenten schuldig zu sein, ‘dieses Recht in seinem vollen Umfange zu verwahren, dasselbe meinen Kindern zu ver= erben, dadurch, daß ih die Ueberzeugung seines ungeshmälerten Fort= bestehens, auch wenn es einstweilen niht zur Ausübung gelangen sollte, ‘in ihnen fortpflanze und ungeshwächt lebendig erhalte. Ein Volf, was seiner Rechte bewußt ist, wird dieselben, ih bin davon fest überzeugt, früher oder später anerkannt schen, Von diesem Stand- punkte aus ließe ih mich dem Amendement an, was ein verehrter Redner der Ritterschaft aus Westfalen gestellt hat, dahin zielend, daß Se. Majestät gebeten werde, das in dem Geseße vom 17, Januar 4820 dem Volke verbriefte Recht jährlih wiederkehrender reihsstän- discher Versammlungen anerkennen und die Ausübung desselben ge statten zu wollen.

Abgeordn. Gier: Nach dem, was vor einiger Zeit ein sehr beredter und treuer Mund Wichtiges und Feierlihes auf dieser Stelle Oen hat, bin ih jeßt bange, noch einige Worte über meine Ansicht vorzutragen. Jch thue es aber, und ofen um ehrlich meine Ueberzeugung auszusprechen, weil ih einmal dazu entshlüssig war. Veber einen Rechtsanspruh nah gemeinem Civilrecht in Betreff der periodischen Zusammenkunst der Stände des Reiches bestehen Mei=- nungsverschiedenheiten in und außer diesem Saal, Meinungsverschie= denheiten, die sih nicht vereinigen lassen werden, in Betreff welcher ih Anstrengungen und Versuche zur Vereinigung für unfruchtbar halte, Jch wende mich daher von der Seite der civilre{tlichen An= forderung ab, wünsche sehnlichst, daß uicht darüber abgestimmt werde, und bítte dringend um Eintracht, und im wahren Interesse des Lan- des, davon abzulassen, Dagegen finde ih es nach dem Gedanken, nah dem Geiste und nah dem Sinn der Königlichen Verheißungen und Patente von 1815, 1820 und 1823 unzweifelhaft, ih finde es in dem Wesen der Stände eines Reiches und nah der Nüblichkeit und Nothwendigkeit, wie sie der geehrte Abgeordnete aus Köln so ausführlich in seiner Petition vorgetragen hat, ganz unerläßlich, daß den Ständen eine regelmäßige, periodische Zusammenkunft gesichert werde. Den Gründen des mir sehr willklommenen gediegenen Gut- achtens der Abtheilung habe ich nur zwei Momente, zwei Punkte ganz kürzlich beizufügen. Es scheint mir nämlih dem Königthume, dem ih innig anhänge, nichts nachtheiliger, nihts gefährlicher als die Einseitigkeit der Ansichten und Beschlüsse und der CEgoismus und die Leidenschaftlichkeit der Beamten. Diesen Uebeln beugt aber eine freie, wiederkehrende Stände-Versammlung durch ihre Macht un= fehlbar vor, -Sie hat jedoh nur diese Macht, sie gewinnt nur An- sehen und Kraft, wenn sie nicht blos berufen wird zum Schulden- machen und Steuerbewilligen. Jn diesem Falle würde sie im Volke mehr auf Haß als auf Achtung stoßen, sie würde in der öffentlichen Meinung nicht hoh gehalten werden. Eine Versammlung, die nur zu jenem Zwecke auftritt, würde erscheinen wie ein Lasten - Auflagen- Institut, was man lieber gar nicht existent wünschen möchte, als daß es vielleicht noch selbst mit Vermehrung von Ausgaben ins'Leben ge- rufen worden is. Das ijt eine bedenklihe Seite. Unserem landes= väterlichen Könige, der die Würde seiner Stände und eine Rathge- bung, die im Lande Anklang genießt, will, wird ein solcher Zustand und Erfolg zuwider sein, Mit Vertrauen weude ih mich zum Lan- desvater, der gus jenen Rücksichten unsere diesfalsige Bitte erhören wird; ih wünsche daher den Weg der Petition einzuschlagen und stimme dafür, daß eine zweijährige Wiederkehr der Stände des Reiches eintrete, so wie die Fortlassung der Ausschüsse geschehe, und glaube, daß diês zur wahren Wohlfahrt des Königs und des Vaterlandes führen wird.

, Abgeordn. von Haw: Der Reihenfolge der Einschreibungen nah gelange ih erst zum Wort, nahbem mehrere Redner den Gegen- stand, der uns heute beschäftigt, vielseitig und ausführlich erörtert und beleuchtet haben, Jh muß demnach den Vortrag, den ih an die hohe T zu rihten Willens war, bedeutend abkürzen, um nit in Wiederholungen zu gerathen. Jch resümire den Junhalt des- E eit in zwei Säßen. Der eine bezieht sich auf die Vergangenheit,

er andere auf die Gegenwart unserer ständischen Legislation. Bis zunt Anfange dieses Jahres, meine Herrèn, waren auf dem Boden der ständischen Verfassung manhe Schwankungen und Ungewißheiten bemerfbar, die aus der darauf bezüglichen, durch die Zeitereignisse etwas unstät gewordenen Geseßgebung hervorgegangen waren, Des Hochseligen Königs Majestät haben in den leßten Jahren Allerhöchst Ihrer glorreichen Regierung durch cutbentifche Declarationen den Sinn und den Zweck früherer Gesebe gedeutet, das Maß der den Landständen zugedachten Befugnisse und Rechte Ader, Diese Allerhöchsten Deutungen, Auslegungen und Willenserklärungen haben es aer nicht vermocht, dem Ständewesen eine gegen alle Zweifel ewähren, So N, aueh Pircion' Eine Eine feste Basis der ständischen Ein- richtung zu \{afsen, war dem AlcthaAten Patent vom 3. Februar ae den damit verbundenen Verordnungen vorbehalten. Jn Mle R N Erscheinen mit allgemeiner Freude und Dankbarkeit i E G: en Un und in Folge deren wir hier vereint sind, n diesen L nde ih den verfassungsmäßigen Anhalt zur Beur- theilung und Bemessung der uns S2 ien Befugnisse und Rechte. Auf diesen Geseßen rußt gu ; s i

ibilv d l ch meine Hoffnung auf die segensreiche Fortbildung der vaterländischen Institutionen, Von diesem Gesichts- unkte esen Ne meine Herren, trete ih dem verehrten vierten Aus- usse, dessen Referat wir über den vorliegenden Gegenstand gehört

esiherte Grundlage zu Ausand der Vergangenheit e

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haben, in manchen Beziehungen bei, doch niht in den meisten. Der erste Antrag, der uns vorliegt, betri die periodische Einberufung des Mes Landtages. Nach meinem Ermessen steht uns ein retliher Anspruch auf einen solchen periodishen Zusammentritt nach

‘gewissen Zeitabschnitten nicht zu, denn ih finde ihn in keinem Gesetze

ausgesprochen. Allein ih halte die Periodizität für zweckmäßig und wünschenswerth, als ein Mittel zur festeren Konstituirung der Central- Landschaft, Darum träte ih einer Bitte bei: des Königs Majestät möge Allergnädigst geruhen, eine periodische Versammlung der Cen- tral-Landschaft nah Allerhöchsten Orts angemessen scheinenden Zwi= shenräumen anzuordnen, Jh \{lö}e um so lieber dieser Bitte mich an, als die Allerhöchste Botschaft vom 22. April lebthin kundthut, daß eine zeitweise Einberufung des Allgemeinen Landtages in der Absicht Sr, Majestät liegt, und sogar den Ständen die Zusicherung gegeben hat, daß sie bei dem nächsten Male innerhalb der ersten vier Zahre um den Thron würden versammelt werden. Bei allen wahr= haft nüßlichen Anträgen läßt mich mein unbegränztes Vertrauen auf die Weisheit unseres erleuchteten Landesvaters immer voraussehen, daß die Allerhöchste entsprehende Entschließung dem Ausdruck der Bitte {hon vorangegangen ist, Ueber die folgenden Anträge, die in dem Referat enthalten sind, behalte ih mir vor, bei der weiteren Disfussion darauf einzugehen.

Abgeordn. Frhr. von Lilien-Echthausen: Meine Herren! Jh beabsichtige bei Erörterung der vorliegenden Frage mich ebenfalls nicht auf das Feld der juridischen Deductionen zu begeben, nicht zu untersuchen, ob und inwiefern es den Rednern vor mir gelungen ist, den lichtvollen Vortrag des Herrn Justiz-Ministers für die Geseßge= bung in der Sißung vom 29sten d. M. über die rechtlihe Seite der Frage zu widerlegen, Jch werde die Frage nur von der politischen Seite auffassen. Ju dieser Beziehung verkenne ih keinesweges das Gewichtige der Nüblichkeits- und inneren Nothwendigkeitsgründe in dem Gutachten der Abtheilung, womit dieselbe sich für die Nothwen- digkeit der periodischen Wiederkehr des Vereinigten Landtags in be= stimmten Zeitabschnitten ausgesprochen hat. Für mich kommt es in= dessen auf alle diese Gründe größtentheils niht weiter an, da ih die periodische Wiederkehr des Landtages aus dem Grunde allein hon für dringend wünschenswerth halte, damit die zur Zeit neben demselben bestehenden Central-Haupt-Aus\chüsse in ihrer gegenuwär= tigen Einrichtung entbehrlih werden. Jch bin nämlich kein Freund von Surrogaten, wenn ih das Original unter denselben Bedin- gungen haben fann. Sodann liegt es in der Natur der Sache, daß der aus dem Vereinigten Landtage hervorge= gangene Ausschuß bei seinen Berathungen nicht sowohl die Meinung des in seinen Ständen vertretenen Landes als vielmehr die politischen Ansichten der Fractionen des Vereinigten Landtages wieder= geben wird, die eben seine Wahl durhgeseßt haben, Jch würde da- her auch nmicht das mindeste Bedenken tragen, mich dafür auszuspre= hen, daß Se. Majestät der König von dem gegenwärtigen Verei= nigten Landtage gebeten werden möge, die periodische Wiederkehr des Vereinigten Landtages in bestimmten Zeitabschnitten auszusprechen, wenn Se. Majestät nicht inzwischen {hon in der Allerhöchsten Bot- schaft auf die Dank-Adresse uns die Zusage zu ertheilen geruht hät= ten, daß für das nächste Mal der Vereinigte Landtag schon innerhalb der nächsten vier Jahre zusammentreten solle, und zwar hauptsächlich deshalb, damit - derselbe auf Grund der bis dahin gesgmmelten Er= fahrungen die etwa nöthig erscheinenden Abänderungen des Patentes vom 3. Februar und der damit in Verbindung stehenden Verordnun- gen erbitten möge. Jch bitte um Erlaubniß, die desfallsige Stelle der Allerhöchsten Botschaft vom 22sen v. M. vorlesen zu dürfen, weil es auf die Motivirung wesentlich ankommt, da. gerade diese meine Ansicht rechtfertigt : :

„„Auch wollen Wir, da den von dem ersten Vereinigten Landtage ausgehenden Anträgen und Wünschen der vorgedachten Art die Grundlage reifliher Erfahrung fehlen würde, für diesen Zweck aber, nach Vorschrift des §. 12 der ersten Verordnung yom 3. Fe= bruar d. J., die Thätigkeit des Vereinigten Landtages erforderlich ist, Unseren getreuen Ständen hiermit gern die Zusicherung er= theilen, daß Wir dieselben das nächste“ Mal innerhalb der durch §. 2 der zweiten Verordnung vom 3. Februar d. J. für die pe- riodische Zusammenberufung centralständischer Versammlungen vor- gesehenen Frist von 4 Jahren, auch wenn keine durch das Geseh selbst gebotene Veranlassung dazu vorliegen sollte, vollzählig um Uns versammeln werden, damit die Früchte besserer Erfahrung nicht unbenutßt bleiben.“

Es ist nun zwar {hon von demjenigen geehrten Mitgliede der shlesishen Ritterschaft, welches zuerst heute auf der Rednerbühne stand, um über die Tages-Ordnung zu sprechen, angeführt worden, daß in dem vorleßten Absaße der Botschaft Se. Majestät Selbst schon erflärt hätte, daß die gegenwärtige Verfassung nicht als abgeschlossen angesehen werden solle, sondern daß sie bildungsfähig sei. Hieraus folgt indessen keinesweges, daß nun Se. Majestät nicht am Schlusse der Botschaft die Erwartung aussprechen sollten, daß der gegenwär- tige Vereinigte Landtag von Anträgen auf Abänderung der Verfassung Abstand nehmen möge. Jch erblicke in jener aus Sr. Majestät Allerhöchsten freien Entschließung hervorgegangenen Zusage der perio dischen Wiederkehr des Vereinigten Landtages, wenigstens in Bezie- hung auf den zweiten Vereinigten Landtag, zugleich Sr. Majestät Wunsch und Erwartung, daß der gegenwärtige Landtag keine Anträge auf Abänderung der Verfassung an den Thron bringen, son-= dern diese dem zweiten Landtage überlassen möge, Wenn diese An- sicht aber richtig is, wenn“ Se. Majestät jeue Erwartung ausge- sprohen haben in dem Schlusse der Botschaft vom 22sten v. M., andererseits aber keine Gefähr im Verzuge liegt, wenn es für die Sache selbst keinen erheblichen Unterschied macht, ob der erste oder der zweite Vereinigte Landtag die periodische Wiederkehr beantragt, so halte ih es für eine moralische Verpflichtung, daß wir der von Sr. Majestät ausgesprochenen Erwartung niht dadurh entgegen- handeln, daß wir {hon jebt eine Bitte auf periodische Wiederkehr des Landtages an den Thron gelangen lassen.

Ich erlaube mir, in dieser Beziehung auf das aufmerksam zu machen, was ein geehrter Abgeordneter der Ritterschaft der Graf- schaft Mark in seiner denkwürdigen Rede vom 17ten d, M. vorge- tragen hat. Er hat uns damals selbst gesagt, daß er es nicht ver= einbar finde mit der Achtung, die er der Krone und ihrem Allerhöch= sten Träger \{huldig sei, schon jeßt Petitionen auf Aenderung der Gesebgebung zu beantragen, Er hat uns gesagt, Se. Majestät hät- ten bei vielen Veranlassungen erklärt, Allerhöchstdieselben wollten nicht gedrängt und getrieben sein, er hat uns gefragt, ob wir etwas An- deres thâten, als drängen und treiben, wenn wir uns jeßt mit Pe- titionen wegen Abänderung des Gesehes. nahten. Jch lebte daher der Hoffnung, daß mein Freund bei der Abstimmung über die heutige Frage mit mir auf derselben Seite stehen würde. Zu meinem inni- gen Bedauern habe ih aber vernommen, daß er inn mehr dieser ate ist, daß \sih ihm ein Weg gezeigt hat, der ihn nach seiner Ansicht verpflichtet, heute anders zu Kie Endlich, meine Herren, lassen Sie uns die Rücksicht der Dankbarkeit niht aus den Augen ver= lieren, lassen Sie uns den Dank nicht vergessen, den wir Sr. Majestät dem Könige vor ganz Europa dafür verschulden, daß Er es ist, der Preußen die er- hne reichsständishe Ver assung verliehen hat. Wir haben zwar in der Adresse vom 20sten v, M, diesen Dank ausgesprochen; trkiben wix

ihn indessen niht dadur, daß wir ohne Noth an dem Verfassungs- Werke, womit der König uns erst eben beschenkt hat, rütteln , bevor es noch vollständig zur Ausführung gekommen is. Bethätigen wir vielmehr unseren Dank dadur, daß wir der Jntention des Königs im Schlusse der Botschaft vom 22sten v. M. nachkommen und für jeßt von einer Petition, welche sih auf éine Aenderung der Verfassung bezieht, Abstand nehmen. Nach allem diésen. bin ih außer Stande, mich der betreffenden Frage der Abtheilung anzuschließen. Dieselbe enthält einmal Gründe, und ich glaube, daß man überhaupt keine Gründe in die Sage bringen muß, weil hierdurch einzelne Mitglieder bei der Abstimmung kaptivirt sein könnten. Es ist in der von der Abtheilung gestellten Frage von Gründen des Rechtes und von politishen Gründen die Rede, Diejenigen Mitglieder also, welche die Gründe des Rechtes nicht anerkennen, wohl aber die politischen, befinden sich außer Stande, die Frage zu beantworten, Außerdem kumulirt die Frage, wie sie gestellt ist, zwei Fragen. Die eine Frage ist: Hält die Versammlung es überhaupt für nöthig, daß die periodische Wiederkehr eintrete; die zweite Frage ist die, ob die Versammlung der Ansicht is, daß Se. Majestät schon jeßt gebeten werde, den periodischen Zusammtritt des Landtages in bestimmten Zeitabschnitten auszusprehen. Jch erlaube mir daher, ein Amendement dahin zu stellen, daß die Frage, wie sie von der Abtheilung gestellt is, in die nachstehenden beiden Fragen getheilt werde:

Erstens, Hält die Versammlung die periodische Zusammenbe- rufung des Vereinigten Landtags in bestimmten Zeitabschnitten über - haupt für erforderlich ?

Jch glaube mit Sicherheit annehmen zu dürfen, daß diese Frage mit großer Majorität bejaht werden wird,

Die zweite Frage i} die: Js die Versammlung der Ansicht, daß Se. Majestät hon von dem ersten Vereinigten Landtage ge- beten werde, die periodische Zusammenberufung des Vereinigten Land- tags in bestimmten Zeitabschnitten auszusprechen ?

Diese Frage wird von allen denjenigen verneint werden, welche mit der Ansicht übereinstimmen, welche ih so eben die Ehre hatte, näher zu entwidckeln.

Abgeordu. Freiherr vou Vindcke: einer persönlichen Bemerkung.

Marschall: Was die Fragstellung betri, so muß ih mir dieselbe für den Schluß der Debatte vorbehalten, Wenn ich aber das Amendement des geehrten Reduers richtig verstanden habe, so geht es dahin, daß es für den jeßigen Landtag noch nicht an der Zeit sei, eine Bitte für periodishe Wiederkehr desselben an Seine Majestät zu richten, und so würde dies Amendement erst hier Unter= stüßung finden müssen, wenn es weiter zur Berathung kommen soll, Jch frage, ob es so is, wie ih gesagt habe?

Abgeordn. Freiherr von Lilien-Echthausen: Jch bitte, das Amendement so zu stellen, wie es von mir verlesen worden it.

Marschall: Das Amendement geht dahin, daß eine gewisse Fragstellung stattfinden soll, So wie es formulixt is, kann ih nicht fragen, ob es Unterstülzung findet, denn ob die Frage so oder anders gestellt werden wird, kann erst von dem Laufe der Debatte abhängen, Ich kann nur fragen, ob das Materielle dieses Amendements Unter= stüßung findet, und dieses geht dahin, daß .der jebige Landtag die Pe= tition auf periodische Wiederkehr anu Se. Majestät noch nicht stelle. Findet dieser Autrag die Unterstüßung, welche nöthig is, um ihn zur Berathung zu bringen? Jch bitte diejenigen, die 1hu unterstüßen, aufzustehen,

Jch bitte ums Wort wegen

(Wird unterstüßt.)

Abgeordn. Moewes: Jch wollte mir nur die Bemerkung er= lauben, daß es gar nicht als Amendement zu betrachten is, sondern nur als ein dissentirendes Votum. 2

Abgeordn. Frhr. von Vin cke: Jch bedaure sehr, daß ih durch den leßten Redner Veranlassung erhalten habe, auf ein Faktum zu= rüdzukfommen, was meine Person betroffen hat. Jh glaube nicht, daß ein solcher Fall im Laufe unserer siebenwöchentlihen Verhand- lungen vorgekommen ist, und ih bedaure sehr, daß er sih jeßt zum erstenmale in dieser Weise ereignet, Daß über das Verhalten eines Mitgliedes der Versammlung ein Vortrag gehalten wird, daß Kon-= sequenzen und Jukonsequenzen zur Sprache kommen, das scheint mir nicht zur Frage zu gehören, Wenn ein Redner sich auf einen fcü- heren bezieht, so fann er dabei nur zwei Absichten haben, entweder seiner Ansicht beizutreten oder ihn zu widerlegen. Beides hat das geehrte Mitglied, das sich meinen Freund genannt hat, nicht gethan, 3 (Gelächter) sondern er hat blos mir Jukonsequenzen gegen mein früheres Ver= fahren vorgeworfen. Jh muß bemerken, daß ih zunächst auf Kon- sequenzen in politischen Entschlüssen nur einen Werth lege, insoweit ih niht durch Belehrung und Erörterung (ind das is ja der Zweck unserer Diskussionen) zu einer besseren Ansicht gelange. Jch habe aber vorhin gesagt, daß ih den beiden Mitgliedern aus Prenzlau und der pommerschen Ritterschaft zu danken habe, daß sie mir einen anderen Weg gezeigt haben, den ih uicht gekannt. Daraus erklärt sih hon, daß ih mich diesem anschließen konnte; im Uebrigen habe ih gesagt, daß ih nach der Eröffnung, die der Königliche Komnussar uns gemacht hat, allerdings glaube, daß Se. Majestät der König diesen Weg in diesem Falle nicht als ein Drängen und Treiben be- trachten werde, um so mehr, als es sich bei dieser Form der Bitte nicht handelt um ein Drängen und Treiben nah etwas Neuem, sondern wesentlich um das Erhalten des Bestehenden, was ih niht Drängen und Treiben nennen kann, sondern sehr konservativ finde. Und wenn es noch eines Grundes bedürste, o würde er darin zu finden sein, daß der Weg, den ich einschlagen wollte, von dem Herrn Marschall nicht zulässig gefunden is. Wenn überhaupt etwas geschehen muß, so glaube ih, daß sih für alle Mitglieder, die sih mit mir vereinigt haben, das Resultat ergiebt, daß, wenn unser Weg mit einer Hecke verschlossen is, wir dann einen anderen Weg gehen. :

Abgeordn. Frhr. von Lilien-Echthausen: Jch wollte mir nur die Beineifilita erlauben, daß es in keiner Weise in meiner Absicht gelegen hat, dem geehrten Abgeordneten eine Jukonsequenz vorzuwer- fen, die ihn persönlich angreifen könnte. : j

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Mit Bedauern habe ich im Laufe der heutigen Debatte von dieser Stelle aus Worte vernom- men, welche auf Aeußerungen und Zustände außerhalb dieses Saales Bezug nehmen. Zuvörderst muß ich in diese Kategorie den Eingang der Rede des geehrten Mitgliedes der pommerschen Ritterschaft seben, Sie enthält Änschuldigungen von Aeußerungen einer Partei gegen eine andere. Jch habe von dieser Stelle aus nichts gehört, dem ih eine solhe Deutung unterlegen könntez ih muß also glauben, daß diese Aeußerungen außerhalb dieses Saales gefallen sind. Jch seße ferner in diese Kategorie die Anspielung, die das geehrte Mit- lied der westfälishen Ritterschaft auf die Vereinigung im englischen

ause gemacht hat; ih gehe auf die Bestrebungen dieser Vereinigung niht näher ein, weil die Ansichten und Gesinnungen ihrer Mitglieder offen der Beurtheilung vorliegen. Aber von dem zufälligen Schilde über diesem Hause auf die Tendenz der Vereinigung, so rheenvoli die Unterstellung des geehrten Redners auch sein mag, zu ließen, würde eben so wenig zutreffen, als ‘daraus, daß eine andere Faction ihre Versammlung im Hotel de Russie hält, den Verdacht zu {6öpfen, daß sie eine russifihe Politik. verfolgt.

(Gelächter)

Meine Herren! Wo große politishe Versammlungen berathshla- gen, werden si jederzeit Parteien bilden, und diefe Parteien werden in der Versammlung \ich einander gegenüberstehen und verschiedene Zwecke verfolgen. A h finde darin das Glück der politischen Ver=

e f / i 6 sammlungen. Jch achte jede auch mir gegenüberstehende Ansicht, wenn sie aus der Tiefe der inneren Ueberzeugung hervorgeht, Aus dieser Reibung der gegenüberstehenden Parteien muß endlih das Gute her- vorgehen. Es ist aber nicht nöthig, daß auch außerhalb dieses Or= tes diese Parteien sih anfeinden, und ich würde daher den Wunsch aussprechen, daß in Zukunft inmitten dieses Saales das, was außer= halb desselben geschieht, mit keinem Worte berührt werde, iwie denn auch der Redner aus Westfalen darauf hingedeutet hat, wie unpar= lamentarish es sei, wenn die eine Kurie die Berathungen der ande= ren in ihre Debatte zieht. Wenn das Mitglied der pommerschen Ritterschaft den Anspruch auf einen ehrlichen Mann darauf begrün= det , daß es seine Meinung offen ausspricht, und ih gern bereit bin, diesen Anspruch ihm im vollsten Maße zuzuerkennen , so glaube ich andererseits die gute Meinung von ihm hegen zu können, daß er aus diesem Anspruche kein Monopol für sich machen will , und ih hoffe, er wird mir und allen denen, die nmcht zu seiner Meinung si hin= neigen und unter einer anderen Fahne als der seinigen kämpfen, eben sowohl den Anspruch auf das Prädikat eines ehrlichen Mannes zuerkennen.

Indem ich nun auf den vorliegenden Gegenstand der Debatte übergehe, so muß ih befürworten, daß ih fein Jurist bin und mich also nicht auf juristische Deductionen in ihrer ganzen Feinheit ein- lassen kanu. Mein Urtheil gründet sih auf das Maß des gesunden Menschenverstandes, welches die Natur mir zugewiesen hat. Jun Be- zug auf den Rechtsanspruch aus dem §, 13 des Gesebes vou 1820, {o finde ih ihu nicht begründet, Es wird daselbst von jährlicher Rechnungs=-=Ablegung gesprochen z in auderen constitutionellen Staaten findet die Rechnungs = Ablegung ebenfalls alljährlich statt, ohne daß alljährlich Versammlungen stattfinden z sie könuen in anderen Perioden oder auch durch bevollmächtigte Deputationen abgenommen werden, Ueberhaupt muß ih bekennen, daß ih das Patent vom 3, Februar vielmehr als eine Einführung der früheren Geseßgebung ins Leben betrahte, Diese hat, wenn ih mich des Ausdrucks bedienen darf, seit 30 Jahren geschlafen; ih sehe also uicht ein, wie mau vollkom- mene Rechts-Ansprüche auf etwas begründen will, was 30 Jahre geruht hat und nie in Ausführung getreten ist; ih sehe ferner nicht ein, wie man ein solches Recht, wenn es existirte, geltend machen wollte, wo kein entscheidender Richter einen Ausspruch thun kaun,

(Aufregung.)

Wenn ih nun also ein Recht, welches sich uur auf den klaren Buchstaben gründet, hier nicht anerkennen kann, so geht daraus selbst- redend hervor, daß, obgleich der Herr Landtags-Kommissar eine enut=- gegenstehende Ansicht geäußert hat, ih mih nicht dem in dem Amen= dement des geehrten Mitgliedes von Westfalen enthaltenen Wunsche anschließen kann , Se, Majestät den König um Anerkennung ei1es solchen Rechtes zu bitten z gleichwohl sehe ih die Nothwendigkeit und Nüblichkeit ein, die periodishe Zusammenberufung des Landtages zu eybitten. Es is mir uicht möglich, in einem Staate, der offenbar wie der unsrige seit dem 3, Februar man nenne es, wie man will eine Verfassung erhalten hat , diese Verfassung in ihrer ganzen Wirksamkeit mir zu denken, wenn die periodische Versammlung nicht feststeht. Es is übrigens auch nichts Neues, was wix dadurch erbit- ten, die periodische Versammlung is für die Vereinigten Aus\chiüi}se bereits zugesagt. Es ist also vielmehr eine Uebertragung, die wir erbitten von dem Vereinigten Ausschuß auf den Vereinigten Landtag. Wenn ein geehrter Reduer aus der Rhein-Provinz gesagt hat, daß wir in diesem Falle viel mehr den Buchstaben als den Sinn der Gesehz= gebüng berüdsihtigen missen, so stimme ich dem bei, sche aber uicht ein, wie man aus dem Buchstaben des Geseßes vom Jahre 1820 - ein Recht deduziren will. Wohl aber erkenne ih an, daß eine Vermuthung dar= in liegt, daß dem Gesebgeber eine periodische Versammlung vorge= {webt habe, Die Vereinigten Ausschüsse haben in mir auch große Bedenken erregt, insofern, als ih mix uicht denken kann, daß zwei Versammlungen, eine aus der anderen hervorgehend, ganz dieselben Befugnisse unabhängig von einander ausüben sollen. Gleichwohl sind diese meine Besorgnisse zum großen Theil beseitigt, weil uns eine Wiederzusammenberufung binnen vier Jahren zugesichert is, auf einer Seite dann die Kontrolle nicht fehlen wird und andererseits man an= nehmen fann, daß, wenn der Vereinigte Ausschuß wirkli in der Zwischenzeit berufen werden sollte, diesem doch keine wichtigen Sachen vorgelegt werden dürften. Nun, meine Herren, wenn wir im Allge- meinen hier mit wenigen Ausnahmen in diesem Saale denselben Zweck vor Augen haben, nämlich den, eine bestimmte periodische Zu- sammenberufung herbeizuführen, dann, denke ih, würde es angemessen sein, wenn wir in unseren Ansichten die kleinen Nüancen zum Wohle des guten Zwecs fallen lassen, Was würde es helfen, wenn jede Partei auf ihren Ansichten hartnäckig bestände und am Ende der Zweck dadurch verfehlt würde, Die Partei, zu der ih gehöre, is entshlos#- sen, der Bitte, welche in dem Gutachten enthalten i, sich anzuschlie- ßen, sie ist aber eben so entschlossen, auf das Rêcht nicht pochen und das Recht nicht ertroßen zu wollen, weil wir nämlich ein solhes Recht aus der Gesebgebung nicht heraus deduziren können und wir uur eine ehrfurchtsvolle Bitte an Se. Majestät richten wollen. Was nun das Amendement eines geehrten Mitgliedes von Schlesien betrifft, so thut es mir leid, obwohl ih sonst immer mit ihm übereiustimme, demsel- ben nicht beitreten zu föunen. Jch wünsche, daß die Entscheidung auf unsere Frage Sr. Majestät dem Könige anheimgestellt werde, ich wünsche ferner, daß, wenn wir binnen 4 Jahren wieder zusammen- kommen, unsere Zeit nicht wieder in Anspruch genommen werden möge durch Debatten über die Verfassung, Wir würden dann gerade auf demselben Punkt sein, auf dem wir uns jeßt befinden. Jch bin daher zufrieden, wenn Se. Majestät der König eine freie und volle Enut- scheidung auf unsere Bitte gewährt.

Abgeordn. Frhr, von Vincke: Jch kann nur mein lebhaftestes Bedauern wiederholen, daß ih zum drittenmale wider meinen Willen mich auf diesem Standpunkte befinde, um persönliche Angriffe ablehnen zu müssen, Der leßte Redner hat mir nämlich den Vor- wurf gemacht, daß in meiner Person eine Partei die andere auge feindet hätte. Das Wort Partei is nicht über meine Lippen ge- kommen; ih kenne feine Partei und seße eine Chre darin, keiner Partei anzugehören, und hoffe, dies durh mein bisheriges Verhalten dokumentirt zu haben, Jch erfahre zum erstenmale, daß der Red- ner einer Partei angehört, die Beschlüsse faßt; ih habe das nicht gewußt. Jh habe Niemanden angefeindet, ih habe nur meine Ge nugthuung darüber ausgesprochen, daß sih Mitglieder zu einem löh= lichen Zweck vereinigt haben, dem ih vollständige Gerechtigkeit widerfahren lasse. Jh kenne keine Versammlung, die sich im Hotel de Russie zu Parteizweken gebildet hat, Es hat sich nur dort vor S Zeit eine solche zusammengefunden, um den Gegenstand der Petition der 138 zu besprechen, es hat aber nicht die mindeste Ex- klusivität dabet stattgefunden, i berufe mich auf das Zeugniß der 138 Mit- glieder, namentlich auf ein bekanntes Mitglied aus Vreúben, Wir haben nur gemeint, daß wir Niemanden. zu dieser Versammlung einladen fönnten, von dem wir nicht voraussebten, daß er beiträte und sich anschließen würde; aber Jeder, der zuhören wolle, solle uns willkom- men sein, Wie man also von Partei sprechen kann, begreife ih

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nicht. Wenn irgend Motive vorgelegen haben sollten, das Hotel de Russie zu den Zusammenkünften zu wählen, so wäre es vielleiht nur das gewesen, um durch den Klang des Namens guch die Mitglieder anzuziehen, von denen wir damals noch nicht wußten, daß ‘sie sch zu englischen Gesinnungen hinneigten. (Gelächter) Wenn ih mich endlih dagegen verwahrt habe, als gegen einen alten Grundsaß parlamentischer Form, daß ein Staatskörper nicht den anderen fritiz siren darf, und daß also die Herren = Kurie Aeußerungen, die hier gefallen sind, nicht kritisiren darf, so kann ih doch diesen Grundsaß nicht anwenden auf irgend eïne Fraction oder Partei der Versamm-= lung. Denn ih kenne kein Geseß und Verhältniß, wodurch eine Partei, wie “sie hier benannt is, die sich im Englischen Hause ver- sammelt, die Rechte der Kurie der drei Stände erlangt und den Rechtsboden dieser Versammlung gefunden haben könnte, (Bravo !)

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh bin ein großer Feind von persönlichen Erörterungen und Erklärungenz aber wenn ich direkt dazu aufgefordert werde durch den Nedner, der vor mir sprach, \o fann ih sie niht vermeiden, Jch habe aber geglaubt, daß meine heutige Rede dazu am wenigsten Veranlassung geben sollte, als hätte ih sagen wollen :- diejenigen, die meine Üeberzeugungen nicht hegen, sind nicht ehrlich, im Gegentheil glaube ih gesagt zu haben, weil wir diese Ueberzeugung haben, darum können wir nur unsere Treue gegen Se, Majestät den König bewähren, darum können wir nur ehrliche Männer sein, wenn wir unsere Ueberzeugung gegen Se, Ma- jestät den König aussprehen. Jch sollte meinen, darin läge unzwei=- deutig die Erklärung, daß ih diejenigen, die diese Meinung nicht haben, auch vollständig berechtigt halte, diese Erklärung nicht abzu- geben. Jch weiß nicht, was ih noch hinzufügen soll, ih glaube ge- sagt zu haben, daß ich uiht wünsche, daß die Scheidung, die aller- dings auch hier vorgekommen i}, und sie is von dieser Tribüne ge macht worden, daß die Mitglieder nah ihrer politischen Auffassung getrennt und beurtheilt werden, als solche, die dje Ehrfurcht vor der Krone bewahren wollen, und solche, die es nicht wollen, unter uns nicht Gang und Gebe werdez ich gestehe aber zu, man kaun ja gegen das, was außerhalb geschieht, die Ohren nicht verschließen, daß mich zu den desfallsigen Aeußerungen hauptsächlich veranlaßt hat, daß es auch vielfach außerhalb dieser Versammlung \o dargestellt wird, daß, wenn man von Rechten des Volkes spricht, wie wir sie hier bespre- den, man nicht die Macht der Krone wolle, nicht das Vertrauen zu derselben bewahre, Jch bin namentlih dazu gekommen durch ein Blatt, welches mir heute früh ins Haus gekommen is, mit der Zu muthung, es ja noch vor der Sibung zu lesen, und bitte, mir zu er= lauben, einen Saß daraus vorlesen zu dürfen :

„Da waren aber noch einige andere Punkte, die zwar gegen die großen, niemals auch nur erbetenen, ganz freiwillig gewährten Ge= schenke nicht viel zu sagen hatten; aber da stimmte es auch uicht, und das war der Haken, an den sih das Mißtrauen hing, das in den Gemüthern leider die alte Treue und Vaterlandsliebe über= wuchert hatte.“

Solche Aeußerungen sind mir viele begegnet, und das war der Grund, weshalb ih es für nöthig hielt, nochmals deu Standpunkt dieser Sache klar zu machen.

Abgeordn. von Platen: Diejenige Ansicht, die ih hier vertre=

ten will, i} bereits durch mehrere Mitglieder dieser Versammlung, aber namentli durch ein Mitglied der pommerschen Ritterschaft und ein Mitglied der Ritterschaft aus der Grafschaft Mark #o gut ver= treten worden, daß es die hohe Versammlung langweilen hieße, wollte ich das, was gesagt is, wenn anch mit anderen Worten, wiederholen. Aber eines muß ich mix zu bemerken erlauben. Versammlung so oft auf die Gefühle des Vertrauens und der Hoff= nung hingewiesen, man ruft uns zu: „Habt Vertrauen! wir hegen die Hoffnung, die Wünsche des Landes werden erfüllt werden !‘““ Meine Herren, auch- ich habe Vertrauen, .auh mih beseelen Gefühle der Pietät und der Hoffnung ich behaupte, 7s is Niemand in dieser Versammlung bei dem’ dies nicht der Fall wäre, und. Keinem kaun ich das Recht einräumen, dies zu bezweifeln. Aber, meine Herren, für alle diejenigen, - die in dieser Versammlung nicht allein eigene, sou dern auch die Nehte Anderer zu vertreten und zu wahren, die ein Mandat empfangen haben, giebt es uur ein Geselz, das bindende Kraft hat, und dies ruft ihnen unabweisbar zu : Erfüllt Eure Pflicht, wie sie das Nechtsbewußtsein in Eurer Brust es vorschreibt. Wer mehr will, wer anders will, wer weniger will, als diese Stimme ge bietet, der fehlt an seinem Gewissen, Darum, meine Herren, nicht Gefühle können die Basis zu unseren Beschlüssen geben, sondern un- ser eigenes Rechtsbewußtsein, das Rechtsbewußtscin derjenigen, die uns gesandt haben, muß uns auch bei der vorliegenden Frage zur Richtschnur dienen. Hierauf fußend, schließe ih mich den Gutachten der Abtheilung und dem Amendement des Herrn von Vincke au und glaube hierdurch meine Ansicht über die Nothwendigkeit der Festhal- tung des Rechtsbodens dargethan zu haben.

Abgeordn. Ts\chocke: Hohe Versammlung! Jch - beginne meine Erklärung damit, daß ich mich der Minorität der geehrten Abtheilung anschließe, deren Ansicht dahin geht, daß die jährliche Wiederkehr einer reichsständischen Versammlung geseßlih begründet sei, Jch finde diese begründet in den Worten, daß die Schuldcn- Deputation der reichsständishen Versammlung alljährlich Rechnung ablegen soll; ih bin dagegen nicht gemeint, daß die Versammlung lediglich zu diesem Zweck zusammentreten soll, sondern daß ein núht minder großer Zweck jener Bestimmung zum Grunde gelegen hat, nämlich die Landes - Augelegenheit, die der Geseßgeber von seinen Ständen berathen wissen wollte, und daß der Sinn des Geselzes da= hin geht, daß die Schulden - Deputation der reihsständischen Ver= sammlung bei dieser Gelegenheit Nehuuug legen sollte. Wenn aber an diesem Geseße vielfah gemodelt worden, wenn verschiedene Fol gerungen daraus gezogen worden sind, so sei es auch mir erlaubt, meine Ansichten darüber auszusprechen, Es sind dies folgende: Der hochselige König hat ausdrüklih festgeseßt, daß die reichs\tändische Versammlung alljährlich stattfinden soll, weil er sie für nothwendig erkannt, weil er der Ueberzeugung war, daß eine Regierung, die, mit weniger Ausnahme, blos in den Büreaus und blos durch Beamten geführt, ohne eine direkte Stimme aus dem Volke zu vernehmen, un- praktisch sei, weil sie in dem Boden des Volkes keine Wurzel habe, weil eine solche Regierung nicht befähigt sei, des Volkes Wohl fahrt zu gründen, zu bewahren oder zu erhöhen, weil fie viel mehr zum Ruin derselben führen und am Ende ihren eigenen Untergang herbeiführen kann; das sind nah meinem Erachten die Gründe zu jenen Geseßen, und namentlich zu dieser vor= liegenden speziellen Bestimmung. Man könnte nun aber sagen, daß die von mir ausgesprochene Meinung eben nur eine individuelle sei und ebeu so wenig begründet sei, als die anderen Meinungen, die mehrfach dagegen ausgesprochen sind, Darum muß ich bitten, mix noch einige Augenblicke zu gönnen, um die Verhältnisse, die vor und während jener Gesebgebung stattgefunden haben, in das Ge- dächtniß zurückzurufen. Meine Herren! Uns Allen sind die hohen Herr- schertugenden des- hochseligen Königs noch in #\o- frischem Andenken, als daß deren Aufzählung nothwendig- wäre. Wir wissen aber auch Alle, daß jene Herrschertugenden, verbunden mit dem ernsten Willen, sein Volk zu beglücken, nit ausreichten, ein ‘\{weres Unheil von der Krone und dem Volk abzuwenden, Das Unglück brach herein, die

Es wird in diéser

Ursache konnte nirgends sefunden werden, als in der büreaukratischen

Regierungsform, die, so lange ein großer Geist sie leitete auh Gro-

ßes if als aier aber entwichen, als sie ihre Zeit überlebt hatte

weil sie das Volk von der Theilnahme seiner heiligsten Interessen aussloß, da bra das Unglück herein. Aber der weise Monarch er fannte bald die Ursache, die jene trübe Wirkung herbeigeführt hatte

und als es jenen drei Monarchen, die mehr oder weniger ein glei- hes Geschick betroffen, gelungen war , durch ihre Weisheit und die Treue ihrer Völker ihre Throne wieder sichergestellt und ihre Völker von der Fremdherrschaft befreit zu haben, da nahmen {ie jene Siege als ein Geschenk des Himmels an, ihre Herzen waren dank= erfüllt gegen den ewigen Lenker aller Geschicke, und ihre Brust er glühte von den herrlihsten Vorsäben für 1hrer Völker Glück, So standen die Sachen , als unser hohsel. Monarch jene Gefühle, jene Entschließung ‘niederlegte in die deutsche Bundesakte, die unsere in- nere politishe Gestaltung bestimmte, und dies Geseb ist ein sichtba- res Zeichen jener frommen E uns unseres hohsel. Monarchen. So, meine Herren, frage ih, was konnte nah solchen Ereignissen ein Monarch anders thun, als seinem Volk eine Verfassung geben, die den Stän- den eine jährlihe Zusammenkunft zusicherte, damit die Regterung ununter- brochen von den Bedürfnissen des Volkes unterrichtet bliebe. Hiermit glaube ich meine Ansicht begründet zu haben und den Zweifel aussprehen zu dürfen, daß alle entgegengeseßte Ansichten einer gleihen Begründung fähig seien. Was schon oft hier von dieser Stelle ausgesprochen worden i} , wiederhole ih, daß ich auch durch ‘meine Zustimmung zu dem Beschluß dieser Petition keinesweges die Ehrfurcht vor der Krone zu verleßen glaube, daß im Gegentheil, wenn es darauf ankommt, daß Jemand seine Ehrfurcht in die eine Wageschale legt, ih die meine unbedingt in die andere zu legen entschlossen bin. Deshalb glaube ih, daß die Versammlung auf die Petition um jährliche Wiederkehr der Versammlung und um Wahrung der Rechte vom Jahre 1815 bis 1820, ohne die Ehrfurcht der Krone zu verleßen, eingehen fann, Wenn wir nun aber ih glaube, es war in den ersten Ta= gen unseres Zusammenseins von der Minister-Bank gehört haben, daß Se. Majestät sich habe ein Gutachten von dreien der Herren Justiz-Minister darüber geben lassen, ob in dem Patente vom 3. Fe- bruar die Gesebe von 1815—1820 enthalten sind; ich wiederhole, daß ich glaube, zugleih gehört zu haben, daß das Gutachten der drei Herren Minister dahin ausgefallen sei, daß jene Gescße in dem Pa- tente wirkli enthalten sind; dann bleibt uns nur Eins übrigz das Eine aber is eine heilige Pflicht für die Vertreter des Volkes, näm= lih von ‘dem übel berathenen Könige an den besser zu berathenden zu appelliren. Ja, meine Herren, appelliren wir an die Weisheit und Gerechtigkeitsliebe Sr. Majestät mit der festen Zuversicht, daß Se. Majestät mit der Bewahrung der Macht, der Würde und der Rechte seiner Krone auch die Rechte und die Liebe seines Volkes be- wahren und auch diese in möglichst gesteigertem Maße guf seinen Nachfolger vererben wird.

Abgeordn, von Manteuffel 1.: Es is von dieser Stelle oft der Spruch gesagt worden, Wahrheit sei zwischen der Krone und den Ständen; nun wohl, aber ih füge den zweiten Spruch hinzu, Wahr= heit fei zuerst unter uns, zwischen den Ständen. Jede Ueberzeugung hat das Recht, wenn sie ausgesprochen wird , gehört zu werden, und ein Recht, geehrt zu sein. Jch werde meine Ueberzeugung hier aus=- sprechen, auf die Gefahr hin , daß der Spiegel der Wahrheit, den ih Zhnen vorzuhalten beabsichtige, vielleicht nicht Alleu gefällt. Ver= gegenwärtigen wir uns die Lage, in der wir uns in diesem Augen- blicke der Krone gegenüber befinden ; der König hat aus eigener freier Machtvollkommenheit die Geseße vom 3, Februar erlassen, er hat viel gewährt, er hat mehr gewährt, als erwartet werden konnte. Jh nenne das ein hochherziges Vertrauen, was er dem Lande und dessen hier versammelten Vertretern erwiesen hat. Es sind ehrfurhtsvolle Be- denken von hier aus vorgetragen worden gegen diese Allerhöchste Bestimmung, und Se. Majestät hat hierauf die Autwort gegeben, Sie wollten in Jhrer Weisheit die Erfahrung zu Rathe ziehen und dann eine Entscheidung treffen ; es ist uns sogar ein Zeitpunkt be= stimmt, bis zu welchem unser Beirath gehört werden soll. Was wird uns uun gegenüber dieser Königlichen Entschließung vorgeschlagen ? Wir sollen erklären, die Geseße vom 3. Februar gefallen uns theil= weise wohl’, theilweise aber nicht, stückweise nähmen wir sie an, stückweise verwahrten wir uns dagegen; wir wollten uns nicht beruhigen bis auf den Zeitpunkt, den der König zur Erwägung der Abänderungen uns gestellt hat, sondern wir wollen gleih und bevor die Geseße ausge= führt sind, darum bitten. Meine Herren ! Ein hochherziges Vertrauen, eine weise Vorsicht finde ih in dem, was Se. Majestät ‘in dieser Angelegenheit gethan und gesprochen haben; leider vermisse ih dies ín dem, was man uns vorschlägt. Jch halte viel von den ausschließli= chen Vorrechten der Krone, aber ih halte das hochherzige Vertrauen, die weise Vorsicht nicht für solche Vorrechte der Krone, sondern ih vindizire sie auch der ständischen Versammlung , ih vindizire sie uns, und an ein hochherziges Vertrauen, an eine weise Vorsicht appellire ich, indem ih Sie bitte, daß Sie die Jhnen vorgeschlagene Pétition jeßt nicht beschließen. Jch weiß, es werden mir Einwendungen ge= macht werden, erlauben Sie mir, daß ich dieselben im Lichte der Wahrheit beleuhte, Man sagt, wir wollen. ja uur bitten, ver= trauungsvoll bitten, und auf diesen Weg sind wir verwiesen; es i} wahr, meine Herren, Se. Majestät hat in Seiner Botschaft uns den geseß= lihen Weg gezeigt, den allein wir mit unseren Bedenken gehen kön- nen, und jeder Andere würde nah meiner Ueberzeugung ungeseblich gewesen sein, wie ih auszusprechen keinen Anstand genommen haben würde, wenn die Sache in anderer Form zur Erörterung gekommen wärez allein nirgend i} uns gesagt, daß wir der Königlichen Zu= sicherung ungeachtet petitioniren sollten. Diese Frage unterliegt jeßt Jhrer Entscheidung, und ich verneine sie.

Man wird mir ferner einwenden, es handle sich gar niht um die hohe Person des Königs, es handle sih hier um eine Vereinba- rung mit dem Gouvernement, über welchem hoh die Königliche Per- son stehe. Jch weiß wvhl, daß eine solche Stellung möglich is, daß sie vielleicht von vielen, deren Absichten ih durchaus nicht verdächti= gen will, gewünscht wird. Jch habe gehört, daß vor einigen Tagen die Existenz eines Premier-Ministers als die Panacce gegen alle un= sere Leiden geschildert worden i}; ih sehe von diesen Doktrinen ab; aber thatsächlih wahr ist es, dieser Zustand besteht bei uns heute nicht, Der König hat seine getreuen Stände um seinen Thron, der mitten unter ihnen steht, versammelt, und eine Petition, die wir hier beschließen, geht an Niemand anders, als au die Person des Kö- nigs. Jenen Einwurf also kann ih nit gelten lassen. Jch komme endli auf den Rechtsboden, den viel besprochenen, viel betretenen Rechtsboden. Jch weiß, der Rechtsboden is verschieden formulirt und begründet, ih will Jhnen aber eine ganz einfache Formel dafür vor= legen, aber eine Formel, die wenigstens das für sih hat, daß sie im Lande eine Wahrheit ist, zur Zeit eine Wahrheit, Diese Formel heißt: was mit des Königs Unterschrift in der Geseß - Sammlung steht, is ein Gesek. Nun frage ih Sie, stehen die Verordnungen vom 3, Februar uicht in der Geseß-Sammlung mit des Königs Un-

terschrift ? D (Geläcter.) Jh höre, man weist darauf hin, andere Geseße ständen au

darin. ) (Gelähter.)