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damals übernommen hat, würde gleichsam der distributiven Gereh- tigkeit gegen alle Provinzen damit Genüge geleistet haben.

Sollten \päter andere Anforderungen auf den Bau neuer Bah- nen auf Staatskosten gemacht werden, % würde dies einen ganz neuen Abschnitt bilden; es müßte die Nüßlichkeit und Nothwendigkeit ge- prüft werden, und, würden diese anerkannt, überstiegen aber die Aus-

aben die Kräfte der gewöhnlichen Staats-Revenüen, #0 würde dann jedenfalls die Einwilligung der Stände-Versammlung nothwendig sein. Auch in dieser Beziehung dürfte daher jede Beunruhigung fern sein.

Dies sind die Gründe, mit denen ih den Vorwurf der Jnkon= sequenz zurückweisen, mit denen ih darthun zu können glaube, daß es sich nicht darum handelt, ob die Preußische Bahn gebaut werden soll, sondern wann und wie sie gebaut werden soll, und ih glaube ferner dargethan zu haben, daß es im Interesse nicht allein der Provinz, sondern des gesammten Vaterlandes liegt, }le bald zu bauen, Ob das von dem Gouvernement in dieser Beziehung angedeutete Mittel die Zustimmung, die Billigung der hohen Versammlung erhalten werde, das is Gegenstand der Debatte, der weiter vorzugreifen ich nicht ge- willigt sein kann. (Dravorie,

Referent von Manteuffel U. : Die Debatte - ist mitten in das Gutachten schon hereingeführt worden , was ih nicht vermuthen fonnte, sonst würde ih schon früher gebeten haben, einige Worte äu- ßern zu dürfen, Jh bitte dringend , festzuhalten, daß es sih nicht um tie Frage handelt, ob, sondern nur um die Beschleunigung des Baues. Zweitens bitte ich, festzuhalten, daß im Staats - Haushalte ein besonderer Titel für Cisenbahnen besteht, der durch besondere Fonds gebildet ist, daß dieser Titel auf Grund des Gutachtens und unter Beirath der damaligen ständischen Ausschüsse entstanden is, daß diesem Fonds ein besonderer Zweck gegeben is , und daß dieser be- sondere Zweck eben in Unterstügung des Eisenbahnwesens besteht, daß aus diesem Fonds bisher für die östlichen Provinzen nichts gethan worden is, daß also bisher diese Provinzen zu Eisenbahn - Unterneh= mungen beigetragen haben, die in anderen Theilen der Monarchie unterstüßt worden sind. Drittens bitte ich, festzuhalten, daß das Un- ternehmen in der Abtheilung nicht für ein provinzielles, sondern für ein solches erachtet worden is, welches die größten, heilsamsten Ein- flüsse auf die ganze preußische Monarchie ausüben muß.

Abgeordn. Frhr. von Vincke : Jh kann dem geehrten vorleßten Redner aus der Niederlausiß nur darin beipflichten, daß eine Anleihe, sie mag aus Gründen erfolgen, aus welchen sie wolle, immer eine sehr wichtige und bedenkliche Maßregel is , und zwar kurz aus den drei Gründen: Einmal, weil dur eine Anleihe, namentlich in dem Maße, wie sie hier beabsichtigt wird, der Jndustrie und dem Aer-= bau Kapitalien entzogen werden , die zu ihrer Hebung verwendet werden können, also die Privat-Jnudustrie leidet. Zweitens, weil we=- sentlih eine Anleihe dazu beiträgt, eine Klasse von Staatsbürgern zu bereichern, die sich niht mit dem Handel, nicht mit der Jndustrie, niht mit dem Ackerbau, überhaupt niht mit einem produktiven Ge- werbe beschäftigt, sondern aus Rentiers besteht, die nur, wenn ich \o sagen darf, aus der Trennung der Coupons ein Geschäft machen; weil also eine inproduktive Judustrie befördert wird; und drittens, weil dadurch wesentlich dem Börsenspiele Vorschub geleistet wird, was aus Gründen, die früher gegen die Lotterie angeführt sind, aber in einem weit höheren Grade bedenklich zu sein scheint.

Das würden, meiner Ansicht nach, die Gründe sein, die mir eine Anleihe bedenklih machen, Natürlich müssen Ausnahmen von diesem Prinzipe gemacht werden, wenn eine politishe Nothwendigkeit oder eine hohe politishe Angemessenheit vorliegt. Eine solche Ausnahme würde ih für den vorliegenden Fall als begründet erkennen, und ich fann in dieser Beziehung dem verehrten Redner und dem, der nach ibm gesprochen hat, nicht beipflichten. Jch halte allerdings die poli- tische Nothwendigkeit für begründet, namentlich aus den Gründen, die der Königliche Kommissar mit beredteren Worten auseinanderge- seßt hat, als es mir möglich wäre.

Jch möchte hinzuseßen: eine gewisse Sympathie würde mich zur Votirung der Anleihe bestimmen, und zwar eine Sympathie für meine Kollegen in der Provinz Preußen, die noch weit vollständiger und größer ist, als die jenes sächsishen Abgeordneten der Ritterschaft, der in ibnen auch angenehme und verehrte Kollegen erkannt hat. Jh glaube, wir haben Ursache, unsere ganzen Sympathieen dicser Provinz zuzuwenden, von der der gesammte Staat den Namen führt, die im Zahre 1813 zuerst das Banner gegen die gemeinsamen Unterdrüer erboben und das erste Landwehr - Regiment gebildet hat, unter der Führung eines ehrwürdigen Mannes, den wir an ihrer Spiße er- blickden, einer Provinz, die vor sieben Jahren den ersten Lichtstrahl in die damals noch ziemlich dunklen Zustände unseres öffentlichen Rech- teë geworfen hat, durch Erinnerung an die theuren Verheißungen Sr. Majestät des höchstseligen Königs; wir haben Anlaß, unsere Sumpvathieen den verehrten Mitgliedern dieser Provinz zuzuwenden, die sich gewiß gegründete Anerkennung selbst ihrer politischen Gegner in dieser Versammlung erworben haben durch die Gesinnungen, wozu sie mit Einmüthigfeit sich bekennt; ih meine das lebendige Rehtsge- fühl, den unabhängigen Freimuth und ihren hohen Patriotismus. J glaube nur der Änsicht aller Mitglieder dieser Versammlung zu begegnen, wenn ih dieses ausspreche. Jch sage, meine politischen

Sympathieen würden mi, wenn es sich um ein so wesentliches In- teresse der Provinz Preußen handelte, bestimmen, meine vollständige Unterstüßung ihm zuzuwenden, und ih fann nur lebhaft bedauern, daß die Lage der Dinge, die fein Mitglied der hohen Versammlung vershuldet bat, noch so gestaltet ist, daß ih nit glaube, mit meiner Pflicht vereinigen zu können, in dem gegenwärtigen Augenblicke mein Votum für tie Anleihe zu geben, und ich muß, wenn ih das auê=- spreche, namezHih an den Patriotiêmus der verehrten Mitglieder der

Provinz Preußen, dessen ih eben erwähnt habe, appelliren, wenn ih

sie auffordere, zu erflären, ob sie wollen, daß in diesem Augenblicke |

"e ,

für einen hochwichtigen Landeszweck, der zugleich ihr Provinzialzweck | die i 4 | reite Mittel darbieten, woraus für die Eisenbahn außer dem Eisen-

ist, Staatèmittel tur eine Anleihe verwendet werden?

Die Grünte, die mich abhalten, sind theils spezielle, theile all- | gemeine. bezie mt ten fpeziellen. Die speziellen Gründe sind |

xen der Lage tes Gelamarftes hergenommen, und da bin ih mit tem geehrten Mitaliete ter E chen Ritterschaft einverstanden, na- mentlich in dem, was es von Englant gesagt hat. Man hat in Enalan® wegen der jeßigen Geltflemme Bedenken getragen, dieselbe tar ¡u vergrößern, taß man eine neue Anleihe auf den Geld- markt werfe, Es ist im Gegentheilim Unterhause die Rede tavon gewesen,

sogar tie Ausführung der ven Privaten unternommenen Eisenbahnen zu |

sistiren, um der Geldklemme abzahelfen. Es scheint mir deshalb in diesem Augenblicke nah meiner Ansicht, cbaleih ih glaubte, daß sach- verständigere Mitglieder si hier befnten, bie eia fompetenteres Ur- theil darüber gus\sprehen wertex, zx ss beteutenter Schritt nicht angemessen, Auch der Umstand, taß vie Anleihe auf mehrere Jahre vertheilt werden soll, kann mi nit beruhigen, weil ich und alle andere Mitglieder niht im Stande sind, die Eventualitäten der näch- #8 ne Be af! die Zukunft zu übershauen, nnd weil ih eine ir di i

möchte, die ih niht übersehen Zusicherung für die Zukunft cingehen

__ Eben so bin ih damit einverstanden, was das erwähnte Mit- glied gesagt hat, daß darin eine gewisse Un erectigfeit gegen dieje- nigen liege, die ihr Vertrguen auf die seitherigen Maßregeln des

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Gouvernements dur Zeichnung von Actien bethätigt haben. Die Eisenbahn-Actien sind in ihrem Course wesentlich zurückgegangen und würden noch weit mehr zurückgehen, wenn durch die Anlethe der Ka- pitalienmarkt überfluthet würde. Die Ausschuß - Protokolle sind nicht veröffentlicht worden, da man sich damals noch nicht derjenigen Oef- fentlihkeit zu erfreuen hatte, wie sie jeßt stattfindet; das Publikum ist daher niht im Stande gewesen, alle die Gründe zu würdigen, die vor den Ausschüssen für den Bau der Eisenbahnen aus Privatmitteln aufgestellt worden sind. So viel drängt sih indeß auf, daß das Gouvernement damals wesentlich das Prinzip verfolgte, nur Staats= arautie zu gewähren und keine Bahnen aus Staatsmitteln zu bauen, er Herr Landtags-Kommissär hat gesagt, das Gouvernement wäre damals nicht im Stande gewesen, einen anderen Weg einzuschlagen. Das lasse ih dahingestellt, weil es der Vergangenheit angehört ; ich muß es aber bestreiten, weil ih nicht einsehe, warum nicht auch da= mals eine solche Versammlung, wie die gegenwärtige, ins Leben zu rufen gewesen wäre. Aus allen den Gründen, welche in den Aus= \{huß-Verhandlungen vorgekommen sind, würde ih es für besser ge- halten haben, wenn der Staat von Hause aus die Eisenbahnbauten in seine Hand genommen und vermittelst einer Anleihe ausgeführt hätte. Da wir aber einmal den unangemessensten Weg eingeschlagen haben und das Geld -Publifum im Vertrauen auf die Weisheit der Staats -Regierung und die gewährten Garantieen Eisenbahn - Actien gezeichnet hat, so scheint es mir eine Unbilligkeit, daß die Staats- Regierung jeßt mit der Privat-Speculation in Konkurrenz treten und eine Anleihe auf den Geldmarkt werfen will, die den Cours der Ac- tien wescutlich herabdrücken muß. Es kommt noch dazu, daß viele Actien noch nicht eingezahlt sind und viele Eisenbahnen in einer kri- tischen Lage sih befinden, die noch fritisher würde und fast zur Auf- lösung dieser Gesellschaften führen müßte, wenn der Staat jeßt eine so bedeutende Anleihe vou 24 bis 30 Millionen eröffnete.

Das i} der eine Erundz ih muß aber noch einen anderen Grund anführen und mich dabei von vornherein dagegen verwahren, als ob es irgend Absicht von mir wäre, auh nur irgend eine Per- sönlichkeit zu berühren. Jch weiß, daß die Versammlung, wie es auch natürlih ist, da unser parlamentarisches Leben noch ein sehr junges is, in dieser Beziehung eine gewisse Empfindlichkeit besißt, und ih möchte namentlih die verehrten Herren auf der Minister- Bank nicht irgendwie empfindlih verlegen. Jch glaube aber, daß, wenn man die Ehre hat, den Repräsentanten der Regierung einer europäischen Großmacht gegenüberzustehen, wie sie hinter mir sißen,

(Heiterkeit.) : man auch das Recht habe, sie öffentlich zu kritisiren, und ich verwahre mich also im voraus vor der Absicht, als ob ih Persönlichkeiten zur Sprache bringen wollte, Jh würde die Sache niht zur Sprache bringen, wenn sie in den Vereinigten Kurien vorgekommen wäre, sie ist aber blos in der Drei-Stände-Kurie vorgekommen, und ich kann nicht annehmen, daß sie den verehrten und erlauchten Mitgliedern der Herren - Kurie vollständig bekannt sei, Jch meine den Fall von vorgestern. Wir haben leider gehört, daß der Herr Landtags-Kom- missar die bedenklihen Worte „\hwebende Schuld“ ausgesprochen hat, was den ehrenwerthen Abgeordneten für Berlin, dessen Lob aus- zusprechen überflüssig ist, da sein Charakter dazu zu hoch steht, in eine große Gewissens - Unruhe verseßt hat, die den größten Eindruck auf die ganze Versammlung hervorbrachte und vermöge seiner amt- lichen Stellung hervorbringen mußte. Wir haben gehört, wie des Herrn Finanz = Ministers Excellenz auseinandergeseßt hat, daß zwar die Staatskasse nah der Aufschrist der Banknoten dieselben an Zah- lungsstatt annehmen muß, baß aber in Fällen, wo die Bank zur Li- quidation fomme, sie von dieser Verpflichtung entbunden wäre.

Wir haben gehört, daß der Herr Justiz-Minister die Aeußerung gemacht hat, daß er mehrere Ober-Landes-Gerichte angewiesen habe, die Banknoten nicht in Zahlung anzunehmen, daß er also durch solche Verfügungen die Sicherheit derselben neutralisirt hat. Wir haben nachher gehört, daß der Herr Landtags -Kommissar dem Herrn Fi- nanz =- Minister widersprach und daß er die Vorausseßung aussprach, daß; der Herr Finanz-Minister diese Aeußerung zurücknehmen würde; daß ferner der Herr Landtags - Kommissar, dem wir die \chöne Aeußerung verdanken, daß das Gouvernement ein gutes Gewissen habe, die Ver- sammlung veranlassen wollte, diesen Theil ' des Vorganges in den öffentlihen Verhandlungen zu unterdrücken, und auf die sehr richtige Bemerkung derjenigen Mitglieder, welche dem Handelsstande angehö- ren, diesen Antrag zurücknahm, und daß wir auf deren Wunsch die Debatte selbst ruhen ließen, Das sind Umstände und Zustände, die mir die allerbedenklihsten zu sein scheinen. Die ganze Versammlung wird davon durchdrungen sein, daß solche Aeußerungen Nachtheile für den öffentlichen Kredit haben müssen. Wenn diese zarte Pflanze, der öffentliche Kredit, auf so wenig rüdsihtsvolle Weise vor einer Versammlung von 500 Personen behandelt wird, so glaube ih ge- rehte Bedenken haben zu müssen, in solher Zeit dem Kredit des Staats durch mein Votum eine weitere Folge zu geben durch Be- willigung einer Anleihe, die den Zustand noch bedenklicher machen fann.

Jch glaube, daß, wenn auch diese Gründe nicht vorlägen, die Abtheilung, welcher ih übrigens keinen Vorwurf machen will, mehrere wesentliche Gesichtëpunfte niht gründlich erwogen hat. Hieczu zähle ih zunächst die Prüfung des Finanz=- Etats. Jh glaube, daß bei einer früheren Diskussion, der ih nicht beigewohnt habe, diese Frage gründlich erörtert ist, und daß die Vorlage desselben als durchaus unvollständig betrachtet wurde. Darauf is von Seiten der verehr- ten Vertreter der Krone bemerklich gemacht worden, daß einzelne Ab- theilungen, denen solhe Fragen zur Erörterung vorlägen, auch die Befugniß und die Verpflichtung besäßen, sich vollständig von dem Finanz-État zu unterrihten. Jch vermisse diese Erwägungen gänzlich in dem Gutachten der Abtheilung, insofern man nämlih nicht auf die Frage eingegangen ist, ob andere Titel des Etats vielleiht be-

bahn- Fonds noch andere Fonds in Anspruch genommen werden fön- nen. Diese Frage is in dem Gutachten, so weit ich dasselbe aufgefaßt habe, ganz mit Stillschweigen übergangen. Wenn ih nach bloßer Durchsiht des Haupt -Finanz=- Etats auch nicht darüber urtheilen will, so scheinen mir doch solhe Titel vor- handen zu sein, z. B. der Pracht - Bau - Fonds, der nur für Verschönerungs-Zwecke der Hauptstadt bestimint is, welche jedenfalls

| zurückstehen müssen, so lange es sich um Erfüllung von Landeszwecken

handelt, die der Herr Landtags - Kommissarius als die erheblichsten und wichtigsten mit Recht bezeichnet hat. Dies wäre einer von den Titeln, der sich Jedem aufdrängt, während ih dahingestellt sein lassen will, ob noch andere Titel existiren, die die nöthigen Mittel zu der in Rede IaOeE Anlage gewähren. Jn dieser Hinsicht hat also die Abtheilung diese Angelegenheit nicht gründlich erwogen. Es fommt noch hinzu, daß die Kostenanschläge bei Eisenbahnbauten bekanntlich sehr unsicher sind. Wir haben bis jeyt keine Eisenbahn ausführen sehen, wo mit den veranschlagten Ko en ausgereicht wäre, Um so unerläßlicher erei es, daß, wenn es sich um Bewilligung einer neuen Anleihe handelt, die Frage erwogen werde, ob der P gründlich erörtert ist, und es würde nah meiner Ausicht die Anfgabe der Abtheilung gewesen sein, nicht blos auf die technischen Raisonne=- ments der Techniker des Gouvernements sich zu beschränken, sondern

ihrerseits Techniker zuzuziehen und deren Gutachten in gründliche Er- wägung zu nehmen,

Jh bescheide mih wohl, daß eine solhe Frage in einer Ver= sammlung von 600 Personen nicht erwogen werden kann, aber i glaube, daß es die Pslicht der Abtheilung gewesen wäre, sie um o gründlicher in Erörterung zu ziehen. o lange ih niht weiß, ob man mit den Mitteln ausreichen werde, so lange kann ich nicht wissen, wie ih votiren soll, denn wir haben ja von 22 Millionen, von 34 Millionen und, was weiß ih, sonst noch gehört, Es is mir daher ganz ungewiß, ob mit diesen Mitteln auszureichen ist, und ob vollends der Bas zur Unterstüßung anderer Eisenbahnen noch Mittel gewäh= ren wird,

Was die Unterstüzung dieser leßten Eisenbahnen betri, so ist dies ein Moment, was vielleicht einen Theil der Versammlung, wel= cher dabei betheiligt is, in Rücksicht der Lokal - Jnteressen veranlassen fönnte, der Sache eine günstigere Beurtheilung zuzuwenden. Na= mentlich is bei mehreren derartigen Eisenbahnen die Provinz West falen wesentlich betheiligt. Es is mir mehrfach, namentli von Mit= gliedern der Rhein-Provinz, die vorzugsweise Beachtung provinziellex Standpunkte vorgeworfen worden. Jch habe es bis jet für über- flüssig gehalten, darauf zu antworten, weil ich glaubte, daß sich im Laufe der Verhandlungen hinlängliche Momente finden würden, diese Ansicht dur mein parlamentarisches Verhalten zu widerlegen. Ich bin der Meinung, daß die provinziellen Juteressen immer zurücktreten müssen, wo sie mit den allgemeinen Landes-Jnteressen kfollidiren. Wo aber von feinem allgemeinen Landes - Juteresse die Rede is, wo es sich vielmehr um einen allgemeinen Grundsaß der Gerechtigkeit, der auf alle Provinzen gleih angewendet werden muß, handelt, da glaube ich, müssen auch die Provinzial-Juteressen beachtet werden. Von die= sem Grundsaß lasse ih mich leiten, und von diesem Standpunkte aus muß ih erklären, daß das Provinzial-Juteresse Westfalens bei dieser Frage für mich nit vorhanden ist, Jch füge hinzu, damit es nicht scheine, als ob ih und die anderen Mitglieder etwa glauben, ein enormes Opfer zu bringen, daß die Ansichten, welche das Gouvernement geleitet haben, für mich nicht gel= tend sind. Jch bin der Ansicht, daß, wenn die Versammlung sich nicht entschließen sollte, ihre Zustimmung zu der Anleihe zu geben, dann doch der Ausweg, welchen der Herr Finanz-Minister angedeutet hat, nämlich die Ostbahn aus den Ueberschüssen des laufenden Eisen= bahn-Fonds zu bauen, aus technischen Gründen nicht möglich is, und ih glaube niht, daß eine Eisenbahn in 18 Jahren ruckweise er-= baut werden kann. Wenn die Anleihe nicht bewilligt wird, so folgt daraus nach meiner Ansicht nur, daß das Gouvernement einen at-= deren Zeitpunkt, namentlich in Rücksicht auf den Geldmarkt, abzuwar= ten haben dürfte, niht aber die Bahn stücweise anzufangen. Jch bin weiterhin der Ansicht, daß die Unterstüßungen des Staates für die Eisenbahnen nur von sehr untergeordneter Rücksicht sind, insofern sie sih auf die baare Unterstüßung und nicht auf die Garantie er- \trecken. Die Hauptsache bleibt vielmehr immer die, dem Geldmarkt Ruhe zu lassen, so daß, wenn diese neue Konkurrenz nicht geschasfen wird, die Gelegenheit sih finden wird, daß die Actionaire, wo sie mit ihren Zahlungen in Rückstand geblieben sind, dieselben leisten fönnen. Wie gesagt, ih lasse mih durch solche provinzielle Rücksich= ten nicht bestimmen, ih lasse mich in diesem Falle nur durch allge= meine Rücksichten leiten, und da muß ih auf den Punkt zurükkom- men, der mir bei der ganzen Frage der erheblichste zu sein scheint.

Es hat uns der Königl. Kommissar gesagt, daß die Stände sich immer in der Lage befinden würden (im Gegensaß zu der Aeußerung des Mitgliedes aus der Niederlausiß), in künftigen Fällen ihre Zu= stimmung zu Bewilligungen für die Eisenbahnen ertheilen zu fönnen. Jch glaube, daß diese Aeußerung des Königl, Kommissars nicht ganz im Einklange ist mit dem, was wir früher aus demjelben verehrten Munde gehört haben. Es ist uns früher gesagt worden, daß die Garantieen für Eisenbahnen nicht zu den Staatsschulden gehören, wozu die ständische Zustimmung nöthig wäre, sondern daß unter leß= teren nur Darlehne begriffen wären. Jh frage also, wenn diese Aeußerung des Königl. Kommissars richtig wäre, was ich jedoch durchaus bestreite, wenn es namentlich die Ansicht des Gouvernements und der Krone wäre, warum sih dann der Staat nicht immer in der Lage befinden würde, durch Garantieen für Eisenbahnen den Kre= dit aufs äußerste in Anspruh zu nehmen? Denn diese Garantieen müssen doch eventuell auch erfüllt werden ; sie sind uns ja selbst als ein erheblihes Moment dargestellt wordenz sie sind uns bei Berech= nung des disponiblen Eisenbahn- Fonds in der Denkschrift in Abzug gebraht worden. Hierbei will ih beiläufig erwähnen, daß dieser ganze CEisenbahn-Fonds nur auf dem Papiere existirt. :

Es is zwar gesagt worden, der Fonds, der jeßt nur etwa 1,200,000 Rthlr, beträgt, werde sih jährlih um 50,000 Rthlr. vermehren und bis auf 2 Millionen anwachsen. Es ist nur ein Unglück, daß alle diese Vorausseßungen der Zukunft angehören, daß sie daher auch weit ungünstiger ausfallen können und somit die ganze Basis -der Berechnung in Staub zerfällt.

Der allgemeine Standpunkt, auf den ich jeßt übergehen will, ist die unsichere Lage, in der wir uns in Beziehung auf den Rechtszu= stand befinden. Wir haben uns die ganze vorige Woche damit be- schäftigt und Petitionen darauf gebaut an Se. Majestät den König, veren Schicksal uns noch ganz unbekannt 1; wir können selbst “ihr Geschick für den Verlauf der nächsten Tage nicht wissen; wir wissen nicht, in welcher Form sie aus der Herren-Kurie hervorgehen werden, obwohl ich damit dem Zwei-Kammer - Systeme keinen Vorwurf zu machen denke, und ob sie überhaupt zur Entscheidung Sr. Majestät des Königs gelangen werden, Wenn dieser bedenkliche Fall eintreten würde, so würde bei der Rechts-Unsicherheit, in der ih mich, und mit mir viele andere Mitglieder, zu befinden glaube, die Lösung in eine ganz ungewisse Zukunft vershoben werden; und bei einer solchen Sachlage glaube ih mich niht im Stande zu befinden, für ein Dar= lehn, für irgend einen Schuld=-Titel meinerseits mein Votum abzuge= ben. Es giebt Lagen in dem öffentlichen Leben der Staaten, wo der

atriot sein Haupt verhüllt, in sein Juneres zurückgeht und den festen Entschluß faßt, nur der inneren Simme zu folgen, welche ihut zuruft: „Thue recht und scheue Niemand! ‘“/ Jn einem solhen Mo- mente befinden wir uns jeßt; wir wissen nicht, was die Zukunft uns bringen wird, und haben daher nur den gegenwärtigen Moment ius Auge zu fassen, So lange nicht die Uebereinstimmung der gegen= wärtigen Geseßgebung, die das Datum des 3. Februar trägt, mit den Gesehen vom Jahre 1820, die in derselben Geseß-Sammlung abgedruckt sind, hergestellt ist, so lange ferner die Stände der noth= wendigsten Grundlage entbehren für die Erhaltung ihrer Rechte, der Grundlage, daß, wie es stets in Deutschland Rechtens gewesen ist, ihre Rechte nicht alterirt werden fönnen ohne ihre ausdrücliche Zustimmung, \o lange werde ih mein Votum nicht abgeben für die Bewilligung irgend eines Darlehns zu Gunsten des Staates.

Landtags-Kommissar: Es is gewiß für mich keine an- genehme Pflicht, die Versammlung nach so kurzer Zwischenzeit noch einmal mit einer Rede behelligen zu müssen. Da aber der Deputirte aus Westfalen einen Vorfall berührt hat, der in der leßten Sihung der Kurie der drei Stände vorgekommen ist, so glaube ich, die geehr- ten Mitglieder der Herren -Kurie auch nicht die kurze Zwischenzeit,

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zwischen dem jeßigen Momente und dem Durchlesen der Verhand- lung der stenographischen Berichte - über den Vorfall im Ungewissen lassen zu dürfen.

Was zuerst den tragishen Eindruck betrifft, den das von mir ebrauchte Wort „„shwebend“ hervorgerufén haben soll, #0 muß i ¡itten, varauf kein zu großes Gewicht zu legen. Jch hatte desinirt,

welhe Schulden nothwendig an die Zustimmung der Versammlung des Vereinigten Landtages gebunden seien, und davon ausgenommen die eigentlihen Verwaltungsschulden, d. h. solhe Schulden, welche in bloßen Anticipativnen déx Skáaks-Revénüên duf furzé Zeit bestehen, ohne dadurh dem Lande neue Lasten aufzulegen. Soviel d vêr- nommen, hat diese meine Erklärung sich auch der Zustimmung der hohen Versammlung erfreut, ih hatte aber bei Stellung der Ausnahme das Wort „s{webend““, in Pareuthese gebraucht, soweit man éine Parenthe|e ín mündlicher Rede andeuten känn. Dies gab zit dér Bé- merfung Veranlassung, daß in diesem Worte eine Gefahr für das Vaterland liege, und nahm ich davon Veranlassung, zu bitten, daß man dieses Wort als nicht gesprochen, als eine müßige Parenthese ansehen und sich lediglich an den materiellen Jnhält einér Erklärung halten möge. Hiermit i} auch, so viel ih bèmerken konnte, selbst das Mitglied, das dagegen aufgetreten war, im Wesentlichên befricdigt géwêstil.

as den zweiten beregten Gegenstand betrifft, nämlich dei é gen der Bankschêine, so hat der geehrte Redner selbst bemerkt, daß der öffentlihe Kredit eine zarte Blume sei, die man nicht ohne Noth berühren dürfe. Jn Anerkennung dér Richtigkeit dieser seiner Worte hätte ich wohl erwarten dürfen, daß er nit in dessen Verketinilüg Veranlassung genommen hätte, auf diese Debatte nohmals zurüdckzu- fommen. Es is damals allerdings von einigen geehrten Rednern bemerkt worden, daß die Diskussion möglicher Weise dem öffent- lichen Kredit schaden könne, Jch habè mich bemüht, diesêi Eindbrilck aufzuheben ; es sind mir mehrere Mitglieder der Versammlung bei dieser Bemühung unterstüßend entgegengekommen. Jch hatte ange- deutet , daß der Zweck am besten erreiht werden würde, wenn der fragliche Theil der Debatte aus dem stenographischen Berichte weg- bliebe ; än die Bemerkung aber, daß es unter 500 Mitgliedern fein Geheimniß gebe und es daher weniger beunruhigend sein werde, die Debatten zu veröffentlichen, als solche zurückzuhalten, habe ih mich so- fort dieser Ansicht konfórmirt, obgleich, wie dêr Herr Marschall de drei Stände-Kurie richtigbemerfkte,es meinemErmessen überlassen gewesen wäre, diesem meinem Rathe auf eigene Autorität die Ausführung zu geben. Noch- mals also, ich hätte von dem geehrten Herrn Redner wohl erwarten dürfen, daß er im Anerkenntniß des selbst ausgesprochenen Grund= sabes und nah Lage der Sache hierauf nicht zurückgekommen wäre. Jch selbst muß mich dessen éuthalten und, indem ich übrigens bitte, die Verhandlungen zu lesen, sobald sie in den stenographischen Be- richten ersheinen, werde nur noch eines einzigen Moments dieser Ver- handlung erwähnen, ih meine des Umstandes, daß ih bezüchtigt worden bin, mich mit dem Herrn Finanz-Minister in Widerspruch ge- set zu haben, Das is meines Wissens niht gesehen, wenigstens meine Absicht nicht gewesen, ich provozire dieserhalb auf den Rends graphischen Bericht, sobald solcher abgedruckt ‘sein wird.

Außerdem hat der geehrte Herr Redner hervorgehoben, daß er sich niht im Stande befinde, mit Sachkenntniß über die vorliegende Frage zu urtheilen, weil der vorgelegte Finanz=-Etat nicht die gehü- rigen Aufschlüsse gegeben habe. Jh lasse dahin gestellt sein, ob in dieser Beziehung eine weitere Aufklärung hätte stattfinden sollen, hoffe aber, daß der geehrte Redner vielleicht heute noch anerkennen wird, daß in Beziehung auf seinen Wunsch wegen weiterer Aufschlüsse in Beziehung auf den Finanz-Etat die Staats-Verwaltung mit der höch- sten Offenheit gegen ihn zu Werke gegangen is. Wenn aber der geehrte Redner in dieser Beziehung sich auf ein einzelnes Moment bezogen und hervorgehoben hat, daß indem Finanz-Etat unter dem Namen „für Prachtbauten““ ein Titel mit 1 Million Thaler stehe, die füglich erspart und zu nüßlicheren Dingen verwendet werden könne, \o muß ich bemerken, daß hier ein Jrrthum obwaltet. Ein solcher Titel besteht im Finanz= Etat nicht; vielmehr is zu einer Zeit , als die Finanzen sih in be= sonders günstiger Lage befanden ich glaube im Jahre 1843 oder 1844, eine Million Thaler zurück- und theilweise verzinslich an= gelegt, um die bedeutenden Bauten, welche damals iu Berlin in Aus=- führung begriffen waren, daraus zu bestreiten , namentlich die Her- stellung des abgebrannten Opernhauses und des neuen Museums. Die Beurtheilung dieser Maßregel glaube ih anheimstellen zu dürfen. Ein derartiger Titel findet sich im Haupt-Finanz-Etat, wie ih wiederholt versichern kann, nicht. Der Herr Justiz-Minister scheint eine ihn näher berührende Aeußerung selbst beantworten zu wollen.

Justiz-Minister Uhden: Jch wollte nur die Bemerkung ma- chen, daß hier die Rede von dem Unterschiede zwischen Depositorien und Königlichen Kassen war. Ein Depositorium, das bestimmt ist zur Aufbewahrung von Privat-Vermögen, kann nämlich in dieser Bezie- hung mit den Königlichen Kassen nicht gleichgestellt werden. Es fam auf das Prinzip an, ob bedeutende Summen solcher Banknoten ad

depositum genommen werden dürften. Nur darüber is eine Entschei- dung ergangen. Das ist also eine ganz andere Sache.

Landtags-Kommissar: Jch wollte noch eine meine frühere Aeußerung betreffende Behauptung des geehrten Deputirten ans West- falen berührenz sie is mir im Augenblick entfallen, und verzichte ich

“daher auf das Wort unter dem Vorbehalt, später darauf zurückzu-

fommen.

Abgeordn. Frhr. von Vincke: Der Herr Landtags-Kommissar hat mir so eben vorgeworfen, daß ih die Bemerkung, die ih in Be- zug auf seine Erklärung in der leßten Sibung gemacht habe, nicht hâtte zur Sprache bringen sollen, indem dieselbe niht im Einklange stehe mit den Worten, die ih selbst gesprochen hätte, daß nämlich der öffentliche Kredit eiue zarte Pflanze sei. Diesen Ausdruck habe i gebraucht, und dazu bekenne ih mich noch. Jh muß aber den Vor- wurf des Widerspruchs, der zwischen meinen Aeußerungen bestehen soll, vollkommen ablehnen. Die Ehre und die Würde meines Vater-= landes stehen mir so hoch, daß ih innig bedauert habe, einen Vor= fall erwähnen zu müssen, der auch nur den Schein eines Schattens auf dieselben werfen könnte. Aber meine Kommittenten haben mich hierher geschickt, um die r des Landes zu wahren, und wenn es sih darum handelt, eine Last von 32,000,000 Rthlrn. zu bewilli= gen, jo habe ih zu erwägen, ob ih dies im Juteresse meiner Kom- mittenten, die von der Last betroffen werden, thun kann, und ob der Kredit von der Staats=-Verwaltung so intakt erhalten wird, daß ih noch einen weiteren Kredit bewilligen kann. Jh habe mich daher nur in der R einer {weren Pflicht bewegt und muß also den mir gemachten Vorwurf auf das vollständigste ablehnen.

Referent Freiherr von Manteuffel 11. Der Abgeordnete aus der Grafschaft Mark hat in dem Gutachten der Abtheilung zweierlei vermißt. Erstens ein e Wten in den allgemeinen Staatshaushalt und zweitens eine nähere Prüfung der Kosten-Ueberschläge. Die Ab- theilung is auf den allgemeinen Staatshaushalt nicht näher einge- loffen weil die Allerhöchste Botschaft nur darauf lautet, den abge-

hlossenen Eisenbahn - Fonds , wie er jeyt [besteht , mit jährlichen

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Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

§000,000 Rthlr. Einnahme fortbestehen zu lassen und nur einen Theil in Kapital umzuseßëit.

Hätte also eine Prüfung des Staatshaudshaltes stattfinden sol- len, so hätte vorauggelt t werden müssen, daß eine Petition, welche ëine Erhöhung jenes Eisenbahn - onds verlangte, Veranlassung dazu

Eine ae Petition hat aber nicht vorgelegen und eine Königliche Botschaft dazu au nicht, Was nun den weiteren Punkt betrifft, nämlich die rüfung der Kosten-Ueberschläge, so muß ih bemerken , daß allen Sihungen der Abtheilungen das technische Mitglied des Finanz-Ministeriums beigewohnt hat, und daß mir we- nigstens jede Kénntnif über Tie R abgeht, und kein einziges Mit- glied der Abtheilung slch zu Einer olen technishen Kenntniß bekannt hat. Die Abtheilung hat sich nit flir befugt gehalten, einen Bau- verständigen zum Mitglied des Landtags zu machen, ihn in die Ab- Mena nehinién und ibm das Referat zu übertragen. Jch glaube, dieser Grund witd als Entschuldigung gelten, daß die Abtheilung nicht auf die Prüfung der Kosten-Üebérschläge eingegangen ist.

_ Abgeordn. vou Saucken: Meine Herren! Jh muß bei diesem fo wichtigen Gegenstande, besonvers für diejenige Provinz, welcher ih angehöre, mir erlauben, Einiges, was über die Nüßlich- keit der Sachë gesagt is, zu rekapituliren, um mein Votum vor der hóhen Versammlung zu rechtfertigen, Jh glaube, daß die Nüglich- feit der Ausführung der Cisenbahn für Preußet von Jedem aner- fannt werden wird, der sich nur einigermaßen die Lage der Provinz vor die Seele führt. Der Bau dieser Bahn berührt unsere Ver- féhrs-Vérhältnisse aufs genaueste. Wenn hier gesagt ist, was is aus was soll uns âuls Préußé1u zugefühtt werden, so antworte ih darauf : Eben weil keine Verkehrstraßen sitd, sind auch feine Zufuhren; hier bedingt Eines das Andere. Man hat bemerkt, wir hätte unseren Absaß nah der See. Wir haben ihn dahin, aber nur, weil alle anderen Absabwege uns fehlen. Es is ferner richtig bemerkt wor=- den, daß Preußen von der cinen Seite durh bedauerliche Gränz- Verhältnisse in dem Handels-Verkéhr mit den Nachbarstaaten gehin- dert ist. Dies is aber gerade ein Grund, bet uts um so mehr ver= anlassen sollte, in einen lebendigeren Verkehr mit dem Westen zu treten, der für unsere zunehmende Fabrication von der äußersten Wichtigkeit is, Aber auch in geistiger Beziehung, meine Herren, ist diè Erbauung der betrefsenden Eisenbahn von großer Bedeutung, weil ein Theil des Volks mit dem anderen dadurch in nähere, in die innigste Berührung kommt. Diese Berlihrun( befördert die geistige Entwickelung , berichtigt die Ansichten, (chleift sie hier und dort ab, und nie wird ein Volk innig und stark sein, wenn es nicht in stetem wechselseitigen Verkehr unter si steht. Jh glaube, die gegenwärtige Versammlung, die Vereinigung von Männern aus allen Provinzen, die hier vertreten werden, hat gezeigt, welher Segen es ist, wenn Personen aus allen Theilen des Volkes und des Landes sich ins Auge schauen, kennen lernen und dann bei Uebereinstimmung der Ansichten und gleihem Streben sih die Rechte männiglich reichen.

Es is} hier au gesagt worden, der Nachbarstaat habe feine oder doch \{lechtere Communicationsmittel, als wir. Dies is un- richtig. Er hat vortreffliche. Seine Communicationswege sogar sind sehr gut und mit den unseren gar nicht zu vergleichen, und außer Chausseen werden bereits Eisenbahnen jenseits der Memel gebaut. Jh muß gestehen, ih betrachte uns Preußen jeßt auf einèm ver- lorenen Posten, diesem großen Riesen des Nordens gegenübergestellt. Wenn unsere Brüder nicht hülfebringend uns nahen können, so sind wir, wenn der Strom seiner Macht über uns hereinbrehen sollte, von Kosaken, Kalmucken, Kirgisen überfluthet und verheert , zerstört das ganze Land, wenn auch Jeder seine Brust als Wall entgegen- stellte. Damit nun die fernen Brüder {nell zu uns fommen fönnen, ist es nothwendig, diese Eisenbahnen zu bauen, und auch damit wir zu ihnen eilen in wenn das geistige, leiht bewegte Volk im Westen in frevelhaftem Ucbermuth es einst wagen sollte, auch nur ein Dorf unseres Landes in Besiß zu nehmen, damit wir ihnen auch unser Schwert in nerviger Faust zubringen können, daß auch nicht ein Haus diesem großen Staaten-Verbande, den wir Preußen nennen, entrissen werden kann. Jeder muß fühlen, daß Preußen, einig in sich, dadurch mächtig und stark, eine große Volks - Familie bildet, in der Alle für Einen und Einer für Alle stehen! Es ist mir \{merz- lich, hier auch noch in Spezialitäten einzugehen, ich bin aber dazu gezwungen. Es is gesagt worden, die Provinz is in einer Lage, daß sie selbst niht bauen, sich selbst nicht erhalten und nur durch die Aushülfe der anderen Provinzen fortbestchen fönne. Jch sage, es isst nicht so. Die Provinz zahlt, ih will die Summe niht genau angeben und speziell vertreten, aber ich glaube 10 Millionen, von denen 7 Millionen für und in der Provinz und also 3 Millionen zu allgemeinen Staatszwecken außer derselben ver- wendet werden. Es is ferner gesagt worden, daß in früheren Zeiten für diese Provinz schon viel geschehen sei, und zwar auf Kosten der anderen, und namentlih in den lebten Jahren. Alle anderen Pro- vinzen haben und wir gönnen es ihnen seit vielen Jahren bessere Communicationswege und sind durch diese und den dadurch gehobenen Verkehr gerade zu der Wohlhabenheit gelangt, dcren sie sich erfreuen, —- wir haben unser Scherflein dazu beigetragen, und im Laufe so vieler Jahre in nicht geringem Betrage. Heute fommen in Sachsen, wenn ih nicht irre, auf 3 Quadratmeilen hon eine Meile Chaussee und in Preußen erst auf 10 Quadratmeilen und, während alle übrigen Provinzen bereits Eisenbahnen haben, werden bei uns erst die nöthigsten Chausseen angelegt, deren Zahl noch ungemein ge- ring erst vermehrt wurde, als unser hochherziger König vor zwei Jahren zu scinem treuen, durch große Noth heimgesuchten Volke dilte und Trost und Hülfe bringend auch die Chaussee-Bauten befahl, die aber noch lange nicht ausgeführt, ja, an vielen Strecken alle Ar- beiten eingestellt sind. ]

So schon zurückgeseßt frage ih Sie, meine Herren, wollen Sie uns auch noch die Hauptlebensader alleu Verkehrs, deren Sie sich so vielfach erfreuen, auch noch in der Eisenbahn unterbinden? ich befürchte es niht und habe mit großer Befriedigung erkannt, daß die Staats - Regierung mit einer solchen Entschiedenheit und Sorge die Nüglichkeit, ja die Nothwendigkeit des Baues der Eisenbahn Lon allen Seiten anerkannt und hervorgehoben hat. Je mehr ich dieses freudig wahrgenommen, desto mehr {merzt cs mich, daß ih diesen Vorschlage— der nicht den Eisenbahnbau nach Preußen erst bestimmen, sondern ihn nur beschleunigen und also den Nuten, den andere Pro- vinzen schon, genießen, nur schneller auch für Preußen herbeiführen und der den Vorwurf abweisen soll, daß durch die Verzögerung des Baues unendliche Summen verloren gehen, welche hätten gewonnen werden können; daß ih einem solhen Vorschlage entgegen- treten muß, nicht, weil ih eine hohe Versammlung und mich selbst nicht für befugt zur Bewilligung einer Anleihe halte, nein, denn dur die Berufung des Vereinigten Landtags sind wir die Reich s stän de, welche diese Befugniß haben, sondern weil ih mi nicht für dazu fähig halte, so lange nicht eine genaue Einsicht in den Staatshaushalt zugestanden und dadur die Ueberzeugung zu erlan- gen ist, daß der Bie auf keinem anderen Weg erreicht werden kann,

gegebêi hätt,

Sonnabend den 12! Juni.

o lange nicht die Periodizität des Vereinigten Landta |

hen anb meine Bedenken gehoben sind. Aus diesen Grünbee maß ih mich, ohne weiter die Spezialitäten zu berühren, au bei der gro= ßen Nüglichkeit der Sache dagegen erklären. Denn ih muß es sa- gen, wenn ih auch alle Hütten meines Landes dur die Bewilligung des Anlehens zu Schlössern verwandeln könnte, so würde ih in dem Glauben, daß mit leihtem und ruhigem Gewissen es sih glüdckliher und behaglicher in einer Hütte als mit einem beshwerten im Palaste selbst wohnen läßt, ‘dagegen stimmen!

(Bravo!)

Abgeordn. von Bismark-Schönhausen : Die Gegner der= jenigen Wünsche des Gouvernements, welche uns jeßt beschäftigen, theilen sich bei dieser Frage, wie bei der ähnlichen der Rentenbank, in solche, die an die Nüblichkeit des Unternehmens nicht glauben, und in solche, die sich nit für befähigt halten, ihre Zustiumung zu einer Anleihe zu geben. Auf die Nüblichkeit will ich niht weitläuftiger eingehenz es ist das etwas, worüber uns nur die Erfahrung belehren fann, es is gewissermaßen eine Glaubenssahe. Jch meinestheils glaube an die Nüglichkeit, wenn auch nicht von dem materiellen und provinziellen Standpunkte aus, so doch aus dem der Konsolidirung unserer politischen und militairischen Verhältnisse. Eine andere Frage ist es, wenn selbst unter denen, die von der Nüglichkeit des Unter= nehmens überzeugt sind, si solche finden , die nit in der Lage zu sein glauben um einen hier parlamentarisch gewordenen Ausdruck zu wählen eine Anleihe zu bewilligen. Wir Alle sind einig, daß der hier versammelte Landtag wirklich die Körperschaft ist , welche Anleihen zu bewilligen oder abzulehnen hat; ein Theil von uns will aber von diesem Rechte auch für nüßliche Zwecke nicht eher Gebrauch machen, als bis die Regierung in Beziehung auf andere hiermit nicht zusammenhängende Punkte, namentlich die, worüber in der vorigen Woche die Kurie der drei Stände verhandelt hat, gewisse Konzestio= nen ertheilt haben würde; er will gleichsam ein Retentionsreht an dem Rechte der Anleihe-Bewilligung ausüben, bis die Regierung jene Konzessionen ertheilt hat; durch diese Konzessionen soll sich die Re=- gierung gewissermaßen die Bewilligung der Anleihe erkaufen. Jd frage, welchen Sturm würde es erregen , wenn das Gouvernement seinerseits sagen wollte, daß es gewisse administrative Wohlthaten, die es ciner Provinz zuwenden oder entziehen fann , davon abhängig mache, wie die Vertreter dieser Provinz bei politishen Fragen voti= ren würden.

(Aufregung.)

Marschall: Der Redner darf nicht unterbrohen werden.

Abgeordn. von Bismark-Schönhausen: Es scheint mir dies vollkommen analog zu sein, und die Mißbilligung, die von je- ner Seite sih kund giebt, beweist mir, daß ih die Wahrheit gesagt

habe .

(O! Bravo!) wenn ich behaupte , daß von einer Partei eine analoge Taktik geübt wird, die man der Regierung gewiß nicht verzeihen und nicht anste=- hen würde, es mit dem Namen der Erpressung zu brandmarken, wenn sie sich dieselbe gestattete.

Abgeordn. Sperling: Jch will auf die Aeußerungen, die ein

eehrter Abgeordneter der sächsischen Ritterschaft zum Nachtheile Preu-

dens gethan hat, niht mehr zurückfommen, da sie durh den Königl. Herrn Landtags - Kommissarius bereits gehörig gewürdigt worden sind, und kann um \o mehr darüber hinweg gehen, als der geehrte Abgeordnete dabei dasjenige, worauf es bei unserer Berathung an- fommt, ganz verfehlt hat. Daß die Eisenbahn gebaut wird, steht bereits fest, darüber dürfen wir niht mehr debattiren. Es handelt sich nur noch um eine Beschleunigung des Baues, und daß eine solche zweckmäßig - und nüßlich ist, kann feinem Bedenken unterliegen. Es sind im Gutachten der Abtheilung mehrere Gründe dafür angeführt. Mit dem einen nur kann ih mi nicht einverstanden erklären, mit demjenigen nämlich, der von einer Attraction der auswärtigen Staa= ten gegen einzelne Landeëtheile handelt. Die Provinz Preußen hat in ihrer Lebe und Anhänglichkeit zu ihrem angestammten Herrscher- hause einen so gewichtigen Schwerpunkt, daß bei ihr von einer At=- traction eines auswärtigen Staates nie die Rede sein fan

Dieses Argument weise ih als Preuße zurück. Alle übrigen Gründe mache ‘ih zu den meinigen. Jh verehre in dem Entschlusse Sr. Majestät des Königs, diese Eisenbahn herzustellen, einen hohen Beweis Seiner landesväterlichen Güte. Durch diese Bahn wird die Provinz Preußen Seinem landesväterlichen Herzen näher gerüdt, und die Entfernung, welche sie von Deutschland trennt, gehoben. Jch bin überzeugt, daß dieselbe die materiellen Juteressen der Provinz sehr heben und wohlthätige Folgen für sie herbeiführen werde, die wir hier viel= leicht Alle noch niht ahnen. Jh bin namentlich davon durchdrungen, daß Preußen erst durch dieselbe der wohlthätigen Folgen des Zoll- vereins theilhaftig werden wird, deren die anderen Provinzen si be- reits erfreuen. Und eben so wie im Interesse der Provinz Preußen dürfte die ganze Bahn und die Beschleunigung ihres Baues gewiß auch im Jnteresse des ganzen Staates liegen, denn durch sie wird er fonsolidirt find gekräftigt.

Doch so hochwichtig dieses Unternehmen auch is, knüpft sich doch bei mir ein Bedenken daran. Nach einem dreißigjährigen Friedens=- zustande, nahdem die Einnahmen des Staates jsich um 40 Millionen jährlih vermehrt haben, nachdem die im Jahre 1820 consolidirte Staatsschuld und die damit verbundene Ausgabe um beinahe die Hälfte reduzirt ist, da die Nation hierauf {on die Hoffnung gegründet hat, eine Erleichterung in ihren Steuern und Abgaben zu erfahren , soll eine nicht unerhebliche neue Staatsschuld aufgenommen werden, durch welche die Aussicht des Volks auf eine Erleichterung in den Steuern hbinausgeshoben, ja sogar dem Gedanken an die Möglichkeit einer Erhöhung seiner Steuern Raum gegeben wird. Jch sage einer Möglichkeit der Erhöhung der Steuern, denn wer stebt dafür, daß nicht Ereignisse eintreten, die es dem Staats - Haushalt unmöglich machen, den Eisenbahnfonds mit dem in der Denkschrift angegebenen Betrage fortlaufend jährlich zu dotiren? Ereignsje eim- treten, in Folge deren dieser Fonds schon dur die übernommenen Garantieen wesentli mehr in Anspru genommen werden würde, als es jeyt der Fall ist? Und wenn Eines und das Andere geschähe, würde das Zurückgehen auf die Steuerpflihtigkeit der Staats-Unter= thanen do immer nur der leßte Ausweg sein.

So wie im gewöhnlichen Leben ein guter Hausvater, wenn er

etwas unternehmen will, sein Unternehmen nach allen Seiten prüft,

die damit verbundenen Auêga würdigt, und ebe er zu einem die Kosten nicht mit den ibm

ben mit dem Auge der Sparsamkeit Anleben schreitet, erst zusiebt, ob er zu Gebote ge aa E E Been

reiten im Stande i, so haben wir Zier Eme nl er- Bihtung in Beziehung auf den Bau, der Gegenstand unserer Be- rathung is. Es ist uns im Allgemeinen mitgetheilt, welche Richtung diese Bahn baben wird, es fehlen uns aber alle Nachrichten, aus denen wir die Ueberzeugung chöpfen könnten, daß diese Richtung R

esc ‘bren Theilen zweäckmäßig ist. Es is uns die ae seine angezeigt, Wir wissen aber La wie dd Lau

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