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in eine Nachlässigkeit übergehen, und daß eine solche Raläsater oft in den kleinsten Familien Nachtheile herbeiführen kann, die später durch die größten Opfer gar nicht mehr ausgeglichen und erseßt wer- den können. Darum meine ich: Alles zur rechten Zeit und am rechten Orte! Hiernach meine Erklärung, warum ih für den Bau und für das Anlehen stimme, was ih T besonders damit moti- viren will, daß ich aus den vorliegenden Daten die Ueberzeugung gewonnen habe, wie der Staat keine Gefahr und noch weniger eine neue Last zu befürchten habe, wie im Gegentheil dur den vollstän- digen Bau der Bahn eine Nüßlichkeit herbeigeführt wird, die nicht sowohl für die Provinz Preußen, als für den gesammten preußischen Staat, ja, wenn man will, für das ganze deutsche Vaterland eine hohe Bedeutsamkeit und Geltung gewinnt. Hier meine ih nämlich au, daß der preußische Staat zwar eine Verpflichtung habe, zunächst für seine Provinzen und für si selbst, dann aber au für das esammte deutsche Vaterland das herzustellen, was dem Ganzen srommt. Es kümmert mi hierbei nit, ob die Provinz Preu- en mehr soulagirt wird, wie jede andere; es is mir nicht

uwider, wenn es wirklich wahr wäre, daß die Provinz Preu- Lia früher schon hier und da begünstigt worden wärez ich glaube vielmehr, dem muß Hülfe gewährt werden, der wh bedarf, und was dem Einen heute geschieht, fann dem Anderen schon morgen unent- behrlih sein. Was nun endlich die Rentabilität, welche von \o vielen Seiten in Zweifel gezogen worden ist, anlangt, so möchte ih doch auch glauben, daß diese nicht ganz unbedeutend sein würde. Es ist

esagt worden: nah Preußen hin ist wenig Güterverkehr, der Per- Puenzug muß nur äußerst gering sein, und da liegt der Schluß nahe, was eine solhe Eisenbahn einbringen kann. Aber ih meine, das ist eben der Grund, welcher uns gewissermaßen darauf hinführt und zwingt, unsere preußischen Mitbrüder in unseren Verkehr mit herein- zunehmen. Die jeßt schon bestehenden Bahnen werden der neuen Bahn aufhelfen, und die neue Bahn wird ihrerseits au für die äl- teren eine größere Rentabilität erzeugen, so daß ih glaube, daß hier nur durh gemeinsames Einwirken ein vollständiges Ganze, eine längst . gewünschte Perfection erzielt werden kann. Aus diesen Gründen werde ih, wie schon erwähnt, für den Bau wie für die Anleihe stim- men und bitte die hohe Versammlung, insoweit es ihr belieben sollte, meinem Beispiele zu folgen.

Abgeordn. von Meding: Beim Beginn der gegenwärtigen Debatte is} die Frage gestellt worden und der Wunsch laut geworden, daß die hohe Versammlung sih darüber zunächst ausspreche, ob sie zu der vorliegenden Bewilligung sich überhaupt kompetent halte. Wenn ih richtig verstanden habe, ist diese Frage im Allgemeinen be- jaht und deshalb davon abgegangen worden, auf die Beantwortung der Frage durch die Diskussion näher einzugehen. Es hat sih aber im weiteren Verlaufe der Diskussion herausgestellt , daß bei einem großen Theile der Versammlung bedeutende Bedenken obwalteten, die nicht aus dem inneren Zusammenhange, aus dem Materiellen der Sache hergenommen waren, sondern aus dem Formellen. Diese kann ih aber nicht anders verstehen, als dahin, daß ein Theil der Ver- sammlung annimmt, er sei nah Lage der Geseßgebung zwar sehr wohl befugt, die Anleihe zu bewilligen, die vom Gouvernement pro- ponirt ist; er halte aber dafür, daf er dem Gouvernement die Unter- stüßung nicht bewilligen könne, die dur eine solche Bewilligung ge- währt werden würde, indem man diese Unterstüßung ers dann ge- währen will, wenn gewisse Anträge, gewisse Bitten zugestanden wor- den sind, welche man zu machen \sich veranlaßt gefunden hat. Jch bin weit entfernt, den Herren, die diese Ansicht yaben, Schuld geben zu wollen, daß sie damit nicht vollkommen nach ihrem Gewissen handeln, ich seße vielmehr mit der größten Zuversicht voraus, daß sie durch eine solhe Annahme und Érklärung in ihrem Gewissen handeln und das wahre Beste des Landes zu befördern glauben. Aber ih nehme für mi und für die, die mit mir gleicher Ansicht sind, auch das Recht in Anspruch, unsererseits eine andere Meinung zu haben und frei und offen auszusprehen, wodurch wir das Beste des Landes wahrhaft zu befördern meinen, nämlih dadurch, daß wir den Vorausseßungen ent- sprechen, unter denen wir von Sr. Majestät dem Könige hierher be- rufen sind, und daß wir dem Gouvernement die Unterstüßung ange- deihen lassen, die jeßt von uns gefordert wird. Und ih glaube, cs geschieht dies niht blos im Interesse teclenigen Gegenstandes, der uns jeßt zunächst R, im Interesse der Beförderung der hoch= wichtigen Ostbahn, deren Nüßlichkeit und Nothwendigkeit von allen Sei- ten anerkannt wird, sondern ih glaube auch, daß es im Juteresse der Beför- derung der ständischen Jnstitutionen überhaupt geschieht. Meiner innigsten Ueberzeugung nah, werden die Herren, die aus dem angeführten Grunde ihr zusagendes Votum für die vorliegende Frage verwei-

ern, dadurch der Beförderung und Weiterentwickelung der ständischen Snstitutionen nicht nüben, sie werden vielmehr besser thun, in diesem Jnteresse, im Interesse der Erfüllung der Bitten, die sie Sr. Maje- stät vorgetragen haben, wenn sie gegenwärtig innerhalb des Kreises, der ihnen durch die jeßige Geseßgebung vorgezeihnet is, sich frei bewegten und dem Gouvernement die Unterstüßung angedeihen ließen, die durch die gegenwärtige Vorlage von ihnen gefordert wird.

Abgeordn. Naumann: Für den Fall, daß die hohe Versamm- uns beschließen sollte, die Anleihe zu genehmigen, habe ih mir er- laubt, bei dem durhlauhtigen Marschall ein Amendement einzugeben, welches die Richtung dieser Bahn betrifft, Jch würde nämlich für diesen Fall der Versammlung vorschlagen, die Anleihe nur unter der Maßgabe zu bewilligen, daß die Bahn die Richtung erhalte von Frankfurt a, d. O. durch Posen nach Bromberg und dann weiter bis zum Uebergange na Dirschau. J finde mi bewogen, die Gründe schon jeßt aus einander zu seben, welhe dafür reen, der Bahn diese Richtung zu geben; weil ih nicht weiß, in welher Weise die erste Abstimmung erfolgen wird, und ob nicht durch dieselbe mir später der Weg abgeschnitten sein würde, auf diese Gründe noch einmal zurückzukommen. Jch stüße das Amendement lediglich auf das Geseß, und zwar auf die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom Jahre 1842. Diete Allerhöchste Kabinets-Ordre enthält, daß nah Anhö- rung der damals vereinigt gewesenen Ausschüsse Se. Majestät aus den zur Disposition stehenden Staatsmitteln ein Eisenbahuneß her- zustellen bestimmten, welches den Zweck hat, die Provinzen mit der Hauptstadt und die Provinzen unter sich selbst zu verbinden,

_ Der Herr Finanz = Minister meinte gestern, es sei die jegt pro- jeftirte Bahn der Schlußstein zu diesem Projekte, cs würde damit das L UeI vollständig hergestellt, und er äußerte dabei, die Allerhöchste abinets-Ordre, welche ih angeführt, habe nur die Haupt- provinzen mit einander zu verbinden bestimmt, Jch glaube nicht, daß der Ausdruck „Haupt - Provinzen“/ so gemeint sei, daß einzelne Pxo- vinzen vor anderen den Vorzug haben sollten; wäre dies der Di so möchte ih mich dagegen verwahren, daß die Provinz, aus der ih zu erscheinen die Ehre pee, in die zweite Kategorie geseht werde, denn Ce a bf gleihem Rechte mit allen übrigen Provinzen. Ih kann nicht die Ansicht theilen, baß durch die proponirte Bahn Le Intention in dem Ausspruche der von mir erwähnten 9 lt m vollständig erreiht werde. Wenn die Bahn, wie sie Peia el u nux geführt wird von Dirschau am rechten Ufer der Is osen aaa romberg und dann weiter bis nah Driesen, so audsricht, mit d nicht angeschlossen, wie es die Kabinets= Ordre pricht, er Hauptsiadt des Staates, mit Berlin, vielmehr

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von Posen über Stargard und Stettin, Das wäre ungefähr eine Entfernung von 44 bis 45 Meilen, während die Entfernung in ge- rader Richtung 34 beträgt, und es würde“ also jene Entfernung nur ein Drittel länger sein. Jh glaube nicht, daß man mir zu erwiedern gemeint ist, die Bahn würde von dem Kreuzpunkte bei Driesen wei- ter geführt werden bis Berlin; die Aeußerung des Herrn Finanz- Ministers war gestern ganz ausdrücklich die, daß beabsichtigt werde, die Bahn nur bis Driesen zu führen und insofern die Versammlung gemeint sein sollte, eine höhere Anleihe zur Weiterführung zu bewil- ligen, die Staats-Regierung nicht darauf eingehen könnte. So habe ih es verstanden, und i glaube recht verstanden zu haben. Es wird also erstens niht der Zweck erreicht, die Provinz Posen und ihren Mittelpunkt (und darauf kommt es doch an), mit der Hauptstadt Berlin zu ver= binden, eben so wenig aber fann ich zugeben, daß die Provinzen Preußen und Posen dur die projektirte Bahn verbunden werden. s ist gesagt worden , die Bahn würde geführt werden von Brom- berg nah Driesen, und so wird die Verbindung zwischen Posen und Bromberg hergestellt werden über Driesen und die Entfernung 31 Meilen betragen. Die jetzige Entfernung beträgt circa 15—16 Meilen; jene Entfernung würde also noch einmal so viel betragen, als die jebige direkte erbindung, wenn die Bahn die in meinem Amendement bezeichnete Richtung erhält, so käme hinzu, daß auch da=- für gesorgt wird, daß die Provinz Preußen auch auf den geradesten Linien verbunden wird mit Schlesien und mit den weiter südlich ge- legenen deutschen Ländern. i

Ich halte dafür , daß das Geseh namentlich für die Provinz Posen zur Ausführung gebracht werden muß, und ih glaube, daß die Pro=- vinz Posen Ansprüche darauf hat, nicht zurückgeseßt zu werden gegen andere Provinzen. Diese Provinz hat bekanntlich dur eine Geschichte unglücklich fast ohne Gleichen (und ich glaube, daß kein Land eine unglücklichere gehabt hat), es nicht vermocht, in ihrem Kultur=Zustande g'ei= chen Schritt zu halten mit den übrigen westlihen europäischen Staaten. Seitdem die Provinz mit dem preußischen Staate verbunden ist, ist es nicht gelungen, sie in threm Kultur=-Zustande mit den benachbarten Provin- zen gleichzustellen. Jch glaube abcr, daß es die Aufgabe des Gou- vernements is, in dieser Provinz durch alle möglichen Maßregeln die Wohlfahrt zu befördern, um das Schmerzlihe der Erinnerungen, welche in den bei weitem größten Theile der Bewohner dieses Landes nicht verwischt werden können, wenigstens zu mildern, und darum bitte ih die Versammlung, meinem Amendement, wenn es überhaupt noch zur Sprache gevraht werden kann, insofern die Präjudizial= Frage nicht verneint wird, beizutreten.

Was die Sache endlich selbst betrifft, so erlaube ih mir noch mit weni- gen Worten darauf zurückzukommen, ob es überhaupt angemessen erscheinen kann, die Anleihe zu bewilligen, welche nah der Königl. Proposition von uns verlangt wird. Der erste Einwand, der erhoben worden ist, ist nit der der Jnkompetenz, und er ist hier auch mrgends geltend gemacht worden, sondern es ist derjenige, der daraus hergenommen wird, daß wir uns nicht in der Lage befinden, eine Anleihe zu bewilligen. Die- ser Grund liegt darin (ich sage: es ist cin Grund und nicht der Zweck) daß wir uns sagen müssen: wir befinden nus nicht in der Lage, beurtheilen zu können, ob nicht andere Staats-Mittel vorhan- den sind, um die Anlcihe beseitigen zu können.

Der fernere Grund liegt darin, daß wir uns nicht in der Lage befinden, die volle Sicherheit zu haben, daß die Anleihe, die wir be- schließen, dem Zwecke, für den sie aufgenommen wird, entsprechend

würde die Provinz Posen nux mit Berlin in Verbindung kommen

verwandt werde. Das Vertrauen können wir allerdings dafür haben; die Gewißheit aber, die für denjenigen vorhanden sein muß, der über- haupt eine Handlung beschließt, die Gewißheit fehlt uns. Jch würde es bedauern, daß dieser Grund auch bei dieser Frage der leitende sein könnte, um für eine so wichtige Verbindung nicht im Augenblick wirken zu könnenz indessen finde ih eine Beruhigung darin, daß, wenn auch selbst dieser Grund nicht obwaltete, ih mih dennoch in die- sem Augenblick nicht dafür erklären könnte, die Anleihe zu bewilligen. Der Grund liegt in Folgendem: Es wird uns angemuthet, eine Anleihe zu gewähren. Die erste Frage, die ih thun müßte, wäre die: wie hoch soll die Anleihe sein? as Gutachten der Abtheilung giebt darüber feine Auskunft; es wird darin nur gesagt, die Anleihe soll in der Höhe kontrahirt werden, wie es möglich sein wird, sie aus dem disponibel bleibenden Theile des Cisenbahn - Titels zu verzinsen. Dann fragt si : wie viel bleibt disponibel? Auch darüber is etwas Bestimmtes nicht gesagt. Jch weiß niht, ob eine Summe übrig bleibt, die, fapitalisirt, ausreichen wird, um die Bahn herzustellen. Möglich is es, das sie ausreichen wird; aber eine Sicherheit habe ih dafür nicht. Jch weiß ferner nicht, unter welchen Modalitäten das Gouvernement in den Stand kommen wird, die Anleihe zu kon= trahiren; ich weiß nicht, zu welhem Zinsfuß und zu welcher Zeit dies erfolgen wird. Sollte das Gouvernement in diesem Augenbli die Anleihe kontrahiren wollen, so würde dieses niht anders möglich sein, als gegen 4, vielleicht 5 pCt., und wenn es zu 5 pCt abschließen müßte, so würde das Kapital selbst niht einmal 22 Millionen errei- hen, und es würde also niht ausreichen, die Strecke der Bahn von Dirschau bis Königsberg resp. Danzig zu bauen. Jch sage also: -in diesem Augenblick würde ih mich nicht in der Lage befinden, mi für die Anleihe erklären zu können, weil ih niht weiß, wann, unter wel- chen Modalitäten die Anleihe aufgenommen werden soll, denn sollte ih mich dafür erklären, so müßte wenigstens in diesem wesentlichsten Punkte präzisirt sein, wie man die Anleihe zu kontrahiren beabsichtige.

Landtags=-Kommissar: Blos um die Versamm'ung über den geseßlichen Standpunkt aufzuklären, der von dem Redner, wel- cher jo eben gesprochen hat, hervorgehoben is, erlaube ih mir, den betreffenden Passus der Allerhöchsten Ordre vom 22, November 1842 mitzutheilen. Derselbe lautet :

„Neben dem vorstehend bewilligten Steuer- Erlasse wünshe Jch dem Lande auch die Vortheile zu verschaffen, die in mehrfacher Hinsicht von eirer Verbindung der Hauptstadt mit den Provinzen und der Provinzen unter einander vermittelst umfassender, in den Hauptrichtungen das Ausland berührender Eisenbahn - Anlagen er- wartet werden dürfen. Jh bestimme daher, in Uebereinstimmung mit dem Gutachten der Vereinigten ständishen Ausschüsse, daß die Ausführung solcher von denselben für ein dringendes Bedürfniß erachteten Eisenbahn - Verbindungen durh die dem Staate zu Ge- bote stehenden Mittel und insbesondere auch durch Uebernahme einer Garantie für die Zinsen der Anlage - Kapitalien mit Kraft und Nachdruck befördert werden soll, und will darüber von Jhnen, dem Finanz - Minister, baldmöglichst nähere Anträge erwarten.“

Jch frage nun, ob aus dieser allgemeinen Bestimmung eine ge= seblihe Nothwendigkeit gefolgert werden kann, die Bahn von Berlin über Frankfurt, Posen und Bromberg nah Königsberg zu führen? Wir haben in dieser Bestimmung niemals eine solche Nothwendigfett erfannt, wohl aber is die Frage reiflihs erwogen, ob die von dem Redner beantragte Richtung diejenige sei, welche sich für die östliche Eisenbahn als zweckmäßi L r atdilien möchte. Das is genau un- tersucht, die Richtung if mit anderen Linien vollständig verglichen und das Resultat ist gewesen, daß die vielfahen Rücksichten, nament- lih die militairischen, diese Linie nicht als die vorzügliche haben er- (Men a: é

j ar\chall: Es fragt si, die gesebliche Unterstühung finvett werden,

ob der eben gemachte Vorschlag Er wird noch einmal verlesen

Secretair von Waldbott (liest vor): ; „Die hohe Versammlung genehmige die Staats-Anleihe zur För= derung der Herstellung einer Eisenbahn von Berlin nah Königs= berg 1. P. nur unter der Bedingung, wenn diese Bahn die Rich= tung von Frankfurt a. d. O. über Posen und Bromberg nah

Dirschau erhält.“ ; Es fragt si, ob 24 Mitglieder den Antrag un=

Marschall: terstüßen ?

(Dies geschieht.)

Derselbe wird event. zur Abstimmung kommen.

Referent Freiherr von Manteuffel I: Jh möchte dem ge= ehrten Abgeordneten aus der Provinz Posen, welher so eben die Redner-Tribüne verlassen hat, einige Worte erwiedern.

Was zunächst seinen Antrag felbst betrifft, so erlaube ih mir darauf aufmerksam zu machen, daß eigentlich die Materialien gänzli zu fehlen scheinen, um die Ausführbarkeit dieses Antrags zu beur= theilen. Es fehlt gad eine Andeutung, zu welher Höhe alsdann die Mittel zu beschaffen sein würden. Es ist in dem Antrage Bezug genommen worden auf diese Anleihe, und zwar dahin, diese Anleihe also in der jeßt vorgeschlagenen Höhe nur zu bewilligen, wenn dic Bahn über Posen gebaut würde, Dann muß man aber doch auch wissen, was kostet die Bahn über Posen, sonst würde man die An- leihe niht bewilligen können. Es is zweitens dieser Antrag ge= stüßt worden auf die Versprechungen, ih möchte es so nennen, welhe bei Gelegenheit der ständischen Ausschüsse abgegeben sind. Wenn dergleichen Versprehungen vorhauden sein sollten, so folgt nicht daraus, daß eine Eisenbahn, die Königsberg mit Berlin verbinden soll, über Posen gebaut werde. Es würde ein zweites Petitum j daß neben dieser projektirten Bahn auch die Bahn über Posen erbaut werde. Dies sind die Bedenken, die ih mir erlaube dem Antrage entgegenzustellen. Wenn aber der Herr Abgeordnete außerdem noch über den vorliegenden Gegenstand sich geäußert und namentlich ge- sagt hat, er beitnbe sih nicht in der Lage, eine Anleihe bewilligen zu fönnen, weil ihm der Staats-Haushalt nicht genug bekannt sei, um beurtheilen zu können, ob nicht aus anderen Mitteln noch die erfor derlichen Geldsummen zur Erbauung der Bahn zu entnehmen seien, so muß ih wiederholt darauf aufmerksam machen, daß es sich hier nur handelt um eine Kapitalisirung des jeßt abgeschlossenen Eisenbahn. Fonds, nicht aber darum, ob die Staatsmittel es erlauben würden, jenen Eisenbahn - Fonds, welcher mit jährlich 2 Millionen auf det Etat gebracht is, zu erhöhen. i

Diese Frage liegt nit vor, sondern nur die Frage, ob die noch disponiblen 900,000 Rthlr. zu antizipiren seien, dadurch, daß sie in Kapital umgeseßt werden, und nur aus dieser Rücksicht is die Zu- stimmung der Versammlung nachgesucht worden.

Es isst außerdem getadelt worden, es sei nicht vorauszusehen, ob wirklih jene Summe von 900,000 Rthlr., welche der zur Erbauung der Eisenbahn nöthigen Anleihe zu Grunde gelegt war , vorhanden ist. Allerdings is dies vorauszuschen nah den Mittheilungen die das Gouvernement gemacht hat. Denn dieser Fonds von 2 Millio= nen Thalern ist nicht höher belastet, als dahin, daß jedenfalls noch jährlich 900,000 Rthlr. übrig bleiben. Allein umgekehrt is es nicht gewiß, ob nicht jährlich eine höhere Summme , als diese 900,000 Rthlr., übrig bleiben wird. Das Ia aber gewiß, daß jene 900,000 Rthlr. jedenfalls zu der jeßt nachgesuchten Verfügung noch offen ste= hen, daß also, wenn man mit der genannten Summe die Anleihe fontrahiren kann, diese 900,000 Rthlr. vorhanden sind. :

Marschall: Unter den gestern angemeldeten Rednern is der Abgeordnete Hansemann der leßte. Er hat einen besonderen Antrag gestellt, und es wird nöthig sein, daß der Bericht über diesen Antrag verlesen und diskutirt werde, ehe wir zur Haupt - Abstimmung selbst fommen. Das wird noch dadurch unterstüßt, daß der Referent er- klärt hat, daß der Bericht über den Antrag des Abgeordneten Han- semann in dem Hauptberichte, der uns bisher beschäftigt hat, aufge- nommen worden wäre, wenn er damals hon fcrtig gewesen wäre. Er macht einen integrirenden Theil dieses Berichts aus, Wir kommen also jeßt zu dieser Berichterstattung.

(Schluß folgt.)

Uichtamtliher Theil.

In halt.

Jnland. Frankfurt a, d. O. Verordnung der Königlichen Regie- rung. Berlin, Die Baumwollen-Spinnerei und die Schuß-Zölle in

©

den Vereinigten Staaten,

Inland.

Frankfurt a. d. O., 9. Juni. Das Amtsblatt enthält folgende Verordnung der Königl. Regierung : „Das Verfahren der Ortsbehörden in Armensachen entspricht in vielen Fällen nicht den Bestimmungen des Armengeseßes vom 31, Dezember 1842 und des damit wesentlih zujammenhängenden Gesczes über die Aufnahme neu anziehender Personen von demselben Tage. Durch die unrichtige Auffassung dieser geseßlichen Vorschriften und durch die unvollständige Ermittelung derjenigen Thatsachen, welche bei Ent- scheidung vou Streitigkeiten über die Orts-Angehörigkeit eines Armen zu Grunde gelegt wérden müssen, werden unnöthige Weiterungen zum Nac- theil der Armen oder einzelner Armenverbände herbeigeführt, weshalb wir uns veranlaßt gefunden haben, diejenigen Punkte, welche besonders zu be- Pn und gegen welche am häufigsten gefehlt wird, hier zusammen Mle 1) Wenn sih ein fremder Armer, ein kranker und mittelloser Reisender, Handwerksgeselle, Fabrikarbeiter 2c, bei einer Polizei - Behörde mit der Bitte um Unterstüßung, Unterbringung oder Aufnahme in eine Kran- kenanstalt meldet, so is derselbe sofort vollständig über seine per- sönlichen und Angehörigkeits-Verhältnisse zu vernehmen, Das Vernehmungs-Protokoll muß daher speziell enthalten:

a) Namen, Alter und Vermögensverhältnisse des Bittstellers, so wie die Namen, den Wohnort und die Vermögensverhältnisse seiner Aeltern, Groß-Aeltern, Kinder und Geschwister.

b) Die Angabe, wo und in welchen Verhältnissen er während der leyz- ten drei Jahre gelebt hat. Jn dieser Beziehung muß die Zeit, während welcher sich der Verarmte an einem oder dem anderen Orte aufgehalten haben will, wo möglih nah dem Datum oder wenig- stens so genau, als es sih irgend thun läßt, angegeben werden. Auch der Ort is speziell anzugeben ; mithin genügt die Benennung eines Dorfes nicht, sondern es muß zugleich bemerkt werden, ob der Verarmte auf dem herrschaftlihen Hofe oder in einem herrschaft- lichen Familienhause, Vorwerke 2c. oder in einem zur Dorf-Kommune at agi ny Hause sih aufgehalten hat. Was die Lebensverhältnisse

etrifft, so muß der Antragsteller befragt werden, ob er eine eigene Wohnung oder Schlasstelle gehabt und ob er sich bei seiner Nieder- lassung an einem Orte bei der Orts-Polizeibehörde (auf dem Lande der Gutsherrschaft) gemeldet hat, (nsbesondere aber is bei solchen

Dritte Beilage

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e ——

Personen, bei denen es weifelhaft sein kann, ob sie als Dienstleute oder selbstständig gelebt haben, das Verhältniß, in welchem sie zu ihrem Arbeitsgeber gestanden, möglichst vollständig zu ermitteln.

c) Îsst der Bittsteller noch minorenn, so muß das leßte Domizil seines Vaters oder seiner unehelihen Mutter oder, falls dieselben kein Domizil hatten, der leyte dreijährige Aufenthalt derselben angegeben werden. :.

a) Jn gleicher Weise (Litt. c.) is hinsichtlich derjenigen zrosjhrigen

ersonen zu verfahren, welhe noch nicht 27 Jahre alt sind und |eit ihrer Großjährigkeit weder ein Domizil begründet, noch sich drei Jahre an einem Orte aufgehalten haben.

2) Sehr viele Armenverbände gehen von der Ansicht aus, daß durch den bloßen dreijährigen Aufenthalt eineS Menschen ihre Verpflichtung zur Versorgung desselben im Falle der Verarmung nicht begründet werde, indem sie sich dabei auf den §. 2 des Armengesepes stüßen. Diese Ansicht is unrichtig, denn das Gesey verpflichtet mit bestimmten Wor- ten au denjenigen Armenverband zur Fürsorge für einen Armen, in dessen Bezirk sich derselbe, auch ohne einen Wohnsiy erworben zu haben, drei Jahre hindur aufgehalten hat, und der §. 2 a. a. O. spricht gar nicht von dem Falle des dreijährigen Aufenthaltes. e

3) Ünzulässig ist es, den Armen an die Unterstißung seiner Angehörigen oder, wenn er ein Handwerksgeselle ist, an die Gewerks-Kassen 2c, zu verweisen, wie dies hon in unserer Verordnung vom 29, Januar d. J. (Amtsblatt 1847 S. 30) ausgesprochen is, auf welche wir hier ver-

eisen.

4) ne dem Armengeseße kommt es darauf, ob ein großjähriger Armer noch unter väterlicher Gewalt steht, nicht an, weshalb auch aus diesem Umstande kein Einwand gegen die Verpflichtung zur Armenpflege von Seiten eines Armenverbandes hergeleitet werden L A Jeder örtliche Armenverband hat denjenigen Armen, welche si in seinem Bezirk vorfinden, ohne Unterschied, ob sie ihm angehören oder nicht, die au- genblilich nöthige Unterstüpung zu gewähren und darf denselben an seinen angeblichen Angehörigkeits-Ort nicht zurükschicken, bevor er sih nicht Ge- wißheit darüber verschafft hat, ob derselbe dort aufgenommen wird, Am allerwenigsten darf ein Armenverband einen armen Kranken unter irgend einem Vorwande fortschaffen lassen. Wir verweisen deshalb auf die hierüber erlassene Amtsblatts-Verordnung vom 25, Juni 1832 (Amtsblatt 1832 S. 203) und bemerken hierbei, daß wir ‘erst neuer- dings genöthigt gewesen sind, gegen mehrere Orts -Vorstände wegen Uebertretung dieser Vorschrift angemesjene Ordnungsstrafen festzuseßen, Mehrere Armen-Verbände haben si ihrer Verpflichtung gegen erkcankte Dienstboten, Gesellen 2c. unter dem Vorgeben zu entziehen gesucht, daß die Krankheit ihrer Natur nah schon srüher an einem anderen Orte entstanden sein müsse. Ein solches Vorgeben kann jedoch nicht berüd- sichtigt werden, denn einerseits wird sich fást niemals mit vollständiger Gewißheit ermitteln lassen, wenn eine Krankheit ihren eigenthümlichen Anfang genommen hat, andererseits kommt es nicht auf diesen Anfangs- punkt an, sondern darauf, zu welcher Zeit der Erkrankte genöthigt ge- wesen ist, die öffentliche Armenpflege in Anspruch zu nehmen, ; Geschwängerte Personen sind als Kranke zu betrachten, sobald die Schwangerschaft soweit vorgeschritten ist, daß sie nicht mehr vollständig im Stande sind, ohne Beihülfe für ihre Bedürfnisse selbs zu sorgen. Dieser Zeitpunkt tritt in der Regel mit dem 7ten Mouate ein, es bleibt jedoch der Nachweis eines früheren Eintretens desselben unbe- nommen. i Kur - und Verpflegungskosten, welche ein Armenverband dem anderen für die Verpflegung eines Armen aus dem Kommunal - Armenfonds gesezlich zu zahlen hat, gehen portofrei, insofern sie von den betref- fenden Kommunal-Behörden oder Kassen an öffentliche Behörden unter öffentlihem Siegel und der Rubrik „Armen - Kur - und Verpflegungs- kosten“ versendet werden, was von vielen Armenverbänden bisher nicht beachtet zu sein scheint.

Es kommen nicht selten Fälle vor, daß Arme wünschen, mit ihren an einem anderen Orte wohnenden nahen Angehörigen (z. B. Aeltern, Kin- dern) mit beiderseitiger Uebereinstimmung zusammenzuziehen, daß sie aber durch die Detetfeiden Kommunal - Behörden darin behindert wer- den. Hierin liegt nicht nur in vielen Fällen eine große Härte, sondern es wird dadur auch oft den Armen die Gelegenheit genommen, einen Theil ihres Unterhalts durch Verrichtung häuslicher Arbeiten zu ver- dienen. Wir empfehlen daher den Kommunal -Behörden, deren Ge- meinden ein solcher Armer angehört, den Umzug des Armen dadurch möglich zu machen, daß sich die Kommune verpflichtet , ihn auch ferner als ihren Angehörigen zu betrachten, ihm die künftig etwa erforderliche Unterstüßung zukommen zu lassen und ihn, wenn es nöthig wird, jeder- zeit wieder bei sich aufzunehmen. Zugleich erwarten wir, daß diejenigen Kommunen, bei denen sich ein solhes Jndividuum niederlassen will, sobald sie hierdurch genügend sicher gestellt sind, den Umzug ohne Weiterungen geschehen lassen werden, insofern es sich nicht etwa um die Aufnahme eines notorischen Trunkenbolds, Diebes 2c. handelt. Endlich kommt es in den nach §. 34 des Armengesepes zu unserer Entscheidung gelangenden Streitigkeiten zwischen G Armen- verbänden fortwährend vor, daß auch da, wo das Sach- und Rechts- Verhältniß nicht zweifelhaft is, von Seiten der Ortsbehörden im ver- meintlichen Jnteresse ihrer Kommunen der Forderung des klagenden Armenverbandes zahlreiche Einwendungen entgegengesezt werden, die im Gesey feinen Anhalt haben und die an sich (wie z. B. der Ein- wand einer Besuchsreise bei einem fünfjährigen Aufenthalte) keine Be- rüsichtigung verdienen. Es versteht sich von selbst, daß solche Ein- wendungen keinen Einfluß auf die Entscheidung haben können, sie vermehren jedoch unnöthigerweise das Schreibwesen und führen dahin, daß denjenigen Kommunen, zu deren Gunsten sie erhoben wor- den, durch die längere Verpflegung des Armen an einem fremden Orte U Kosten erwachsen. Wir erwarten daher, daß die Kommunal- Behörden und namentlich die Stadt - Magistrate, welche das Rechts- verhältniß zu übersehen vermögen, sich derartiger, für ihre Stellung unpassender und für ihre Kommunen natheiliger Einwendungen gänzlich enthalten werden.

Frankfurt a. O,, den 2, Juni 1847,“

Berlin, 11. Juni, Jn der Beilage zu Nr. 156 der Aug s- burger Allgemeinen Zeitung findet sich eine Angabe über das Steigen der Baumwollenspinnerei in den nordamerikauischen Frei- staaten, namentli in Loewell bei Boston, mit dem Bemerken, daß dieses Steigen durch den hohen Schußzoll auf englische Twiste ent- standen sei. Die Thatsache, daß die Baumwollenspinnerei in den nordamerikanishen Freistaaten, und namentlich in Loewell, sich in neuerer Zeit außerordentlih gehoben habe, is rihtigz; die Vor- ausseßung, daß dieses Steigen durh hohen Zoll auf englischen Twist entstanden sei, is niht erwiesen; im Gegentheil sind es ganz andere Gründe, welche in Nord-Amerika, und namentlich in Loewell, die Baumwol- len-Jndustrie gehoben haben, wie Fr. v. Raumer, der vor noch nicht langer Zeit Amerika besuchte, Solches in seinem Buche über Nord - Amerika näher ausführt. Jn den nordamerikanischen Freistaaten h st die Baumwolle; jene Länder sind die vorzüglichsten Productions =- Länder roher Baumwolle. Schon deshalb war es lie einfach , daß man in Nord-Amerika daran dachte, das Rohprodukt zu verarbeiten, wie Leinen- Garn und leinene Waaren da viel gearbeitet werden, wo viel Flachs gebaut wird. Nach Boston kommt die rohe Baumwolle aus Carolina bei den erleihterten Transportmitteln in einigen Tagen. Loewell ins- besondere aber i} noch günstiger als unser Wupperthal mit Wasser-

Fraft versehen, dergestalt, daß ohne Mühe und A Kosten-Aufwand

das fallende Wässer als Kraft angewandt wird, so daß es selbst der Dampf-Maschine nicht bedarf. Dieses Geschenk der Natur, nicht hohe Zölle, haben in Loewell Baumwollen-Spinnereien vor etwa 20 bis 25 Jahren entstehen lassen. Fabrikanten, die mit eigener Kraft und Jutelligenz

1055 Dritte Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

niht recht vorwärts kamen, drangen au in den nordamerikanischen Staaten auf hohe Zöllez worauf aber Süd-Carolina erklärte, dann vom Staatenbunde sich ganz trennen zu wollen. Um dieser dringen- den Gefahr vorzubeugen, wurden (vergl. von Raumer Nord-Amerika,

L, 420) die Zölle heruntergeseßt, und seitdem stieg die Baumwollen=-

spinnerei in Loewell in noch höherem Grade, Die Fabrikanten in Loewell und in anderen Etablissements in Nord-Amerika fertigen nicht die feinsten Nummern der Garne; diese, deren Verbrauch immer nur ein geringer ist, überlassen sie ruhig den Engländern, vollkommen zufrieden mit dem Erwerb aus der Fabrication der gewöhnlichen Nummern, in de- nen sie die Konkurrenz mit England siegreich bestehen. Die nord- amerifanishe Ansicht is jeßt allgemein die, daß hohe Zölle nicht ein=- zuführen seien, für tüchtige Fabrikanten künstliche Mittel, wie Schuß- Zölle, nicht nöthig und einem Lainde nur diejenigen Fabricationen ersprießlih seien, die sich durch eigene Kraft und Jutelligenz erhalten und fördern. Gerade in New-York, von woher jener Artikel datirt ist, welches entfernt von Boston und Loewell liegt und Handels- plaß nur is, is diese Ansicht vorherrschend.

Inhalt

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Bayern, Feierlicher Em- pfang des Königs im Theater. Versammlung der süddeutschen Land- und Forstwirthe. Königreich Hannover. Verbot der Kartoffel- Ausfuhr. Herzogthum Sachsen - Meiningen, Gesey wegen Erhebung des Schulgeldes. Fürstenthum Shwarzburg-Son- dershausen. Einberufung der Stände.

Frankreich. Paris. Berathung über Bugeaud's Entlassungsgesuch, Das Medizinalwesen in Frankreich. Emil von Girardin und die Mi- nister über den Vorladungs-Antrag der Pairs-Kammer, Verlänge- rung der freien Getraide - Einfuhr. Haussuchungen bei Karlisten. Vermischtes. Schreiben aus Paris. (Verhandlungen der Deputir- 6 O über Algerein und angekündigte Juterpellationen über Por- ugal.

Großbritauien und Arland. London. Die Einzahlungen der 8 Millionen - Anleihe. Zustand in Jrland. Bankvorrath. Eisen- preise. Eisenbahn-Unfall, Die Beförderung der ostindischen Ueber- landpost durh Deutschland.

Belgien. Brüssel, Der neue britische Gesandte. Bau von Dampf- schiffen.

Schweiz. Kanton Genf.

Spanien. Schreiben aus Madrid, (Die Intervention in Portugal ; Rückkehr der verbannten Progressisten und Esparteristen; der Friedens- Fürst in seine Titel und Würden wieder eingeseytz Vermischtes.)

Wissenschaftliche und Kunst -Nachrichten. Königl. Opernhaus. („Die Hugenotten“, ) Die neuesten Fortschritte des Goldbetxiebes in den russischen Bergwerken.

Hands und Börsen-Nachrichten. Berlin. Borsen- und Markt-

ericht,

Deutsche Bundesftaaten.

Königreich Bayern. Unmittelbar nah dem Bekanntwer- den der von Sr. Majestät dem König genehmigten freisinnigen Grund=- züge für die neue Gesebgebung wurde in verschiedenen Kreisen ver=- abredet, den Monarchen im Königlichen Hoftheater feierlih zu em- pfangen, um dadurch den freudigsten Dank auszudrücken für die neue dem Lände erwiesene Wohlthat. Schon am Sonntag vor acht Ta- gen soll'e dies geschehen, mußte aber damals unterbleiben, da Se. Majestät niht im Theater erschien. Gestern Abend jedoch, als Se. Majestät an der Seite Jhrer Majestät der Königin die Loge betrat, ertönte ein so stürmischer O wie er wohl stärker, herzlicher und inniger in diesem Hause noch nicht vernommen. Das Haus war da= bei in allen Theilen überfüllt, und wohl an 3000 Personen aus allen Ständen waren anwesend. Der Monarch war von dieser Gesin- nungs- und Dankesäußerung freudig überrascht und dankte durch oft- maliges Verbeugen nach allen Seiten des Hauses.

Am 5. August ist in Aschaffenburg die Versammlung der süd- deutschen Forstwirthe eröffnet worden. Obgleich die bisherigen hohen Preise der Lebensmittel auf den Besuch derselben ungünstig einwirken mußten, so haben sich die Gäste doch ziemlih zahlreich niht nur aus Bayern, sondern auch aus Hessen, Wünttemberg, Preußen u. st. w. bis jeßt über 150 eingefunden. Mehrere werden noh er- wartet. Am 6ten fand die erste große Haupt-Sibung statt, in wel- cher zum ersten Präsidenten der Großherzoglich hessishe Ober-Forst- rath von Wedekind aus Darmstadt, zum zweiten der Königlich baye- rishe Ober-Forstrath von Waldmann aus München gewählt wurde.

Königreich Hannover. Die am 9. Juni ausgegebene Nummer der Geseß-Sammlung enthält nachstehendes Geseb über das Verbot der Ka: toffel-Ausfuhr: ,

„Ernst August 2c. Wir finden Uns bewogen, das mittelst des Geseßes vom 7ten v. M. erlassene Verbot der Ausfuhr von Kar= toffeln (\. Allg. Preuß. Ztg. Nr. 130), insoweit dasselbe auf das Kurfürstenthum Hessen sich bezieht, in Uebereinstimmung mit den dort bestehenden Anordnungen dahin abzuäudern, daß das Verbot nur dann in Wirksamkeit bleiben soll, wenn bei der beabsichtigten Ausfuhr eine obrigkeitlihe Bescheinigung dahin, daß der Ankäufer der gekauften Kartoffeln zu seinem oder seines etwaigen Gewaltge- bers eigenem Lebensbedars benöthigt sei, niht beigebracht wird.“

Herzogthum Sachsen-Meiningen. Zur Beseitigung der Uebelstände, welhe mit Erhebung der Schulgelder durch die Leh- rer selbs verbunden sind, wird in einem Geseß vom 26. Mai, wel= hes mit dem 1. Juli in Kraft tritt, angeordnet, daß die von den Schullehrern unter dem Namen Schulgeld bezogene Gebühr nicht mehr durch diese selbst, sondern, wo dasselbe uicht beim Vorhandensein an- derer geeigneten Mittel aufgehoben werden kann, durch die Gemeinde= Einnehmer von den einzelnen Schulgeldpflichtigen zu den Gemeinde= Kassen erhoben und gleih anderen Kommunal=-Abgaben beigetrieben werden soll. Aus den Gemeinde-Kassen wird das Schulgeld nah dem in der jedesmaligen Besoldungsdesignation veranschlagten Betrage an die Schullehrer im Ganzen und zwar in monatlichen Raten postnu- merando abgewährt. Für den designationsmäßigen Betrag haften die Gemeinden. Bilden mehrere Orte eine Schulgemeinde, \o wird für jeden Ort nah der Zahl seiner schulpflichtigen Kinder die Beitrags-=

quote bestimmt und demselben zur alleinigen Haftung überwiesen.

Sonnabend den [Zten Juni.

Fürstenthum Schwarzburg-Sonders eine Fesinhe Verordnung sind die Stände zum N. S L Ds

Frankrei.

Varís, 7. Juni. Der Ministerrath soll über das Ent- lassungsgesuch des Marschalls Bugeaud berathen und entschieden ha- ben, daß dasselbe niht angenommen, sondern ihm blos ein einjähriger Urlaub von seinem General-Gouverneur-Posten ertheilt werden solle.

Lucas - Championniere, Herausgeber einer medizinishen Zeit- schrift, weist nah, daß ganz Frankreih 20,000 Aerzte braucht, die eine jährliche Ergänzung nothwendig machen, welche Chaptal auf 1000, Vincint Saint - Laureut auf 290, der Ünterrichts- Minister und au Herr Cousin auf 500 anschlagen. Thatsache ist, daß bei den Fakul- täten jährlich etwa 290 junge Mediziner das Doktor - Examen ab- legen. Von diesen 20,000 Aerzten sind nur 12,000 geprüft, die anderen 8000 sind sogenannte Gesundheits-Beamte, Wundärzte, Quack- salber und Pfuscher, größtentheils auf den Dörfern wohnend. Diesem Zustande wollte die Regierung abhelfen, indem sie voriges Jahr einen Geseß-Entwurf ausarbeiten ließ, der jeßt der Pairs-Kammer vorliegt. Der Entwurf dringt auf Abschaffung jener Gesundheits-Beamten und will in jeder Gemeinde einen studirten Arzt angestellt wissen, der dur Bewerbung sein Amt erhalten soll. Herr Cousin hat sich nun in der Pairs - Kammer, wie schon berichtet, aufs entschiedenste gegen dies Prinzip und für Erhaltung der Jnstitution der Gesundheits-Beamten ausgesprochen, und das Journal des Débats theilt diese Ansicht, indem es unter Anderem sagt: „Glaubt man, daß die jungen Aerzte, welche ungeheure Summen in den Hauptstädten verstudirt haben und alle ihre Hoffnungen auf ihre cinstige dortige Praxis seben, glaubt man, diese jungen Männer würden auf die Dörfer und in die leinen Städte ziehen? Da werden die sterbenden Bauern lange {chmachten können, che ihnen die hochstudirten Hippokratesse und Ga=- lene zu Hülfe eilen. Nein, vor das Juteresse der Wissenschaft und der Logik stellen wir das Juteresse der Menschheit !“ Gestern \pra=- hen nah dem Fürsten von der Moskwa noch die Pairs Flourens und Montalembert, der Erstere für den Geseh - Entwurf der Regierung und gegen die meisten der von der Kommission vorgeschlagenen Mo- dificationen, der Lebtere, von seinem Prinzip völliger Unterrichtsfrei= heit ausgehend, mit Leidenschaftlichkeit gegen den ganzen Regierungs- plan. Herr Flourens erklärte sich auch gegen die Gesundheits-Beam-=- ten, schlug aber vor, dieselben durch die Licentiaten der Medizin zu erseßen. Hierzu bemerkt das Journal des Débats: „Ucentiaten oder Gesundheits-Beamten, der Name verschlägt wenig, wie uns scheint ; wenn man anerkennt, daß ein zweiter Rang von Aerzten nothwendig ist, wozu dann noh über Titel und Grad streiten? Offenbar kömmt es nicht auf die Worte, sondern auf die Sache an.“ Graf von Montalembert betrachtete den Geseß-Entwurf, nah dem Geiste, wel- her ihn diftirt, als den ersten Baud eines mehrbändiges Werks, von welchem die beiden ersten Theile bereits erschienen, als einen neuen Beweis des beharrlichen Strebens der Regierung, feudale Zustände wieder heraufzubeshwören und sich das Monopol der Gesundheits=

pflege anzueignen. Ein Arzt könne zugleih Beamter sein, aber daß jeder Arzt, als solcher, Beamter sei, dürfe nimmermehr zugegeben werden, und doch sei es dies, was der Geseß-Entwurf bezwecke. Und wie dürfe man eine ihrer Natur nah so wandelbare und proble- matische Wissenschaft zu Gunsten eiuer Corporation zu einer of=- fiziellen Doktrin stempeln und in einem Lande, wo Niemand auf Un- fehlbarkeit Anspruch habe, eine medizinische Orthodoxie zu schaffen un= ternebmen? Freilich, man wolle die Charlatans verbannen! Aber die gefährlichsten Charlatans, die graduirten und geseßmäßigen Char= latans, würde man doch nicht ausrotten. Persönliche Angrisse gegen den Urheber des Geseß- Entwurfs, den Minister des öffentlichen Un- terrichts, der Alles an asse, Alles umwerfe und nichts Ordentliches an seine Stelle seße, schlossen den Vortrag. Der Minister behielt si seine Vertheidigung vor. : 5 | i

Herr Emil von Girardin hat im ersten Blireau der Deputirten=- fammer erflärt, daß er der Einbringung der Proposition des Grafen Pontois und der Diskussion, welche dieselbe hervorgerufen, vollstän= dig fremd, und daß das in Umlauf gesebte Gerücht, sein (Girardin's) Austiften habe jene Proposition zu Tage gefördert, eine Verleumdung gegen ihn wie gegen den Antragsteller sei. Er gehöre für den Au= genblick, für den Augenblick, wie er ausdrüdcklich betone, der Oppo= sition an, und zwar seit dem Tage, wo Herr Guizot auf öffentlicher Tribüne sein Glaubensbekenntniß von Lisieux verleugnet und den Theil der Majorität, welcher es gewagt, an der unübertrefflichen Trefflichkeit des Kabinets zu zweifeln, mit einer Qrens ohne gleichen auf die Bänke der Linken verwiejen habe. Er wünsche des- halb, daß die Existenz des Kabinets von kurzer Dauer sei, aber er wolle nicht, daß es durch eine Jntrigue gestürzt werde ; wenn es ge» stürzt werde, so müsse es unter dem Gewicht einer siebenjährigen Ohnmacht erliegen.

„Man wird“, bemerkte Herr von Girardin, „nie sehen, daß ih mich in eine Jntrigue mische.“ Zur Hauptsache erklärte (r dann weiter: „Die Pairs-Kammer zu beleidigen, hat mir nie in den Sinn kommen können. Es wäre eine Jukonsequenz seitens meiner und seitens meines Journals, welches, so oft die Pairie angegriffen wurde, ihr eifrigster Vertheidiger war. Die ganze Vergangenheit, hundert Artikel der Presse sind da, Protest einzulegen gegen das Beleidigende einer solchen Anschuldigung. Nein, noch einmal, es is mir nicht in den Sinn gekommen, die Pairs-Kammer zu beleidigen, und ich bin bereit, vor der Kommission und auf der Tribüne zu wiederholen, was ich hier jeßt in aller Form erkläre. Was übrigens die angeblih belcidigende Behauptung betrift, welche ich aufge- stellt, so beharre ih dabei, daß sie durchaus wahr i, und wenn es, wenigstens gegenwärtig, nicht passend sein dürfte, ihr etwas hin- zuzufügen, so nehme ih wenigstens nichts, gar nichts davon zurück. _Zch habe gesagt, was ih sagen wollte, ih habe sagen wollen, ivas ich gesagt: aber was habe ih gesagt? Habe ih gesagt, daß es Pairs gäbe, welche das Recht gekauft, im Saale des Luxembourg zu sizen? Nein, das habe ih nit gesagt. Jch habe gesagt, daß Pairsernennung® - Versprechen ver- fauft worden wären. Jch habe das Aufsehen dieser Untersuchung nicht ge- wollt, ih habe aber auch nichts gethan, sie zu vermeiden, ih scheuc sie nicht, und wenn eszu einem Kampfe zwischen dem Ministertum und mir kommen sollte, so werde ich dabei nicht fehlen, weder in der Kamme, der ich die Ehre habe anzugehören, noch in einem anderen Kreise.“ Jmdritten Büreaurechtfertigte der Handels-Minister das Schweigen der Negierung zit, der Beschuldigung der Presse. „Wenn das Ministerium““, sagte er, „alle diejenigen gerichtlich verfolgen wollte, welche es verleumden, so würde das en ganze Zeit in Anspruch nehmen, Es verachtet die Bert, Der Artikel der Presse, welcher behauptet, daß Pairsernennungs - Versprechen für 80,000 Fr. ver- kauft und diese Versprechen zur Kenntniß eines Ministers gelangt seien, schien dem Ministerium so abgeshmadckt, daß es m daran dachte, ihn zu verfolgen. Wenn aber die Pairs - Kammer ihre Würde verleßt glaubt, jo hat- die Regierung keinen Grund, sih der beantragten Untersuchung zu wi- derseßen. Penn sie das wollte, würde man sie nicht beschuldigen, daß sie die Wahrheit fürchte, von der Herr von Girardin alle Hände voll zu haben

behauptet? Die Regierung hat aber die Wahrheit nicht allein iti de f;

fürchten, sondern sie wünscht lebhaft, daß sie sih vor aller Welt ent