1847 / 162 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

der jebigen europäischen Staatslage entstanden, sondern sei schon rihtig von allen den preußischen Fürsten erkannt worden, die dem Vaterlande diejenige hervorragende Stellung erkämpft hätten, welche es jeßt einnehmez der preußische Staatsschaß sei daher von je be- sonders gepflegt und als das Mittel betrachtet werden, außerhalb des Reiches die innere Wohlfahrt zu sichern. _Wenn nun auch von dem Petenten seit der Geseßgebung vom 3, Februar \chaßes niht mehr bedürfe, da die N bereit sein werde, die Mittel zu gaben für die angedeuteten Zwecke z1 n Lee Cas Bereitwilligkeit rivre über jedem Zweifel, die Negoziirung einer Anleihe werde aber do immer einer! Zeitaufwand bedingen und eine öffentliche Darlegung der gefaßte! Beschlüsse involviren, während Sälle eintreten fönnien, wo das Schwert eben jo schnell als unver- 4 4 » 90M Se reiia föune aber auch der Nachtheil, welchen der Antrag» steller in der Häufung baarer Gelder im Staatsschaße erblicke, nit in der aufgestellten Weise zugegeben werden. Es sei hierbei nicht mit in Anschlag gebracht worden, daß die Mittel des Staatsschaßes im entsheidenden Momente geradezu viel. bedeutendere Verluste verhüten würden. 4 L A #4 ; , ' , Bei bedrohlichen Zeitläuften sei die Kontraghirung einer Anleihe stets nux unter ungünstigen Verhältnissen zu bewirken; es würde aber alsdann eine solhe nicht auf den ersten und nächsten Bedarf zu be- schränken, sondern auf die Summe auszudehnen sein, welche bis zur muthmaßlihen Beendigung der kriegerischen Zustände erfordert werte. Wollte man alsdann nur bei den ersten Rüstungsfkosten stehen bleiben, so werde eine solche Demonstration hierdurch von selbst jeden Gewichts verlustig gehenz die Nachtheile aber, welche bei Aufnahme einer bedeutenden Änuleihe während friegerisher Zeitverhältnisse den Staat treffen müßten, würden bei weitem diejenigen Bedenken über- wiegen, welche gegen die Ansammlung baaren Geldes im Staats= habe aufgestellt werden könnten.

Die Abtheilung trat diesen Ausführungen vollkommen bei, glaubte aber in ihrer Majorität dies mit um so größerem Bewußtsein thun zu fönnen, wenn der Zustand des Staatsschabes selbst näher befaunt und hierdurch die Möglichkeit gewährt werde, die Vortheile und Nach- theile abwägen zu fönnen, welche in der Ansammlung der baaren Mittel desselben zu suchen seien.

Hierüber is jedoch eine Auskunft nicht ertheilt worden, da burch dieselbe gerade das Gewicht, welche dem Staatsschaße in politischer Bedeutung beigelegt werden miisse, wiederum aufgehoben werde.

Die Abtheilung mußte auch diese Bedenken anerkennen, und fie glaubte, daß vielleicht keine dringendere Gelegenheit, als die vorlie- gende, der ‘hohen Versammlung sih darbieten dürfte, um dem Gou- vernement zu zeigen, daß sie ihm volles Vertrauen zu gewähren be- reit sei, wenn es sih darum handle, die Bedeutung und den un- geshmälerten Einfluß und Glanz des Vaterlandes zu erhalten und zu sichern,

Hiernach is} die Abtheilung einstimmig der Ansicht, daß das Be- stehen eines Staatsschabes zu dem ausschließlichen Zwecke der Kriegs- rüstung in dem wahren Wohl des preußischen Staates beruhe, und daß daher auch dem vorliegenden Antrage nicht stattzugeben sei, nach welchem, diesem Grundsatze entgegen, die Mittel zur Erbauung der östlichen Eisenbahn aus dem Staatsschaße eutnommen wer- den fFollen,

Die Abtheilung schlägt daher vor:

die Petition zurückzuweisen. Berlin, den 18. Mai 1847, Die zweite Abtheilung des ersten Vereinigten Landtags. Graf zu Dohna-Lauck. Graf zu Solms-Sonnenwalde. Braemer. Zimmermann. Kushke. Merkens. von Gordon. , Müller. Freiherr von Manteuffel T. von Olfers. Freiherr von Lilien-Borg. von Kurczewski, Freiherr von Friefßen.

Marschall: Da die Abtheilung diesen Antrag nicht befürwor-= tet hat, so ijt, ehe er zur Berathung kommt, zu ermitteln, ob der Antrag die geseßliche Unterstüßung von 24 Mitgliedern findet.

(Wird hinreichend unterstüßt.)

Abgeordn. Hansemann: Hohe Versammlung! Mehrere Jahre meines Lebens habe ih fast aus\cließlich der Beförderung der Eisen- bahnen gewidmet, nicht allein aus dem heute vielfah angeführten Grunde ihrer materiellen Nüßlichkeit, sondern au weil die Cisenbah- neu ein großes Mittel der Civilisation sind, ein Mittel zum Fortschritt der yolitishen Grundsäße und Jdeen, die unsere Zeit bewegen, Wäh- rend ih mich mit den Eisenbahnen beschäftigte, bin ich mitunter über die Art und Weise, wie sie am besten im Junteresse des Staats be- fördert werden können, in einer Verschiedenheit der Meinung mit dem Finanz-Ministerium gewesen. Die Erfahrung mag über diese Ver- \hiedenheit entscheiden, und ih gehe darüber hinweg, bemerke aber

ebauptet worden, daß 0 2 eines Staats- ständische Zustimmung außerordentlichen Aus- bewilligen, so stehe diese

nur Eines. Wenn Anfangs der vierziger Jahre, als der hochverebrte Herr Landtags-Kommissar Finanz-Minister war, bereits eine vollständig ausgebildete ständische Verfassung bestanden hätte, bin ih von der Thalt= fraft dieses hohen Beamten überzeugt, daß das Eisenbahnwesen in anderer Weise, als es geschehen ist, angegriffen worden wäre, Jch führe dies nur an als Beleg, wie hochwichtig die Ausbildung einer ständischen Verfassung für die Kraft des Staats und seine materiellei Juteressen is, Jm Allgemeinen ist meine Ansicht gewesen, daß der Bau deé Staats für die großen Hauptlinien vorzuziehen gewesen wäre. Dies hat ncht ausgeführt werden können, und es fragt sich nun, ob der Stagtsbau von nur Einer Bahn, der von Königsberg nach Berlin, nüblih sei. Jch erkläre mich unbedingt dafür, selbst dann, wenn eine Privat - Gesellschaft vorhanden wäre, die den Bau übernehmen wollte. Jch erkläre mich dafür, weil ich wünsche, daß der Staat diesen wesentlichen Theil der Transportmittel in seine Hände bekomme. Auf diese Weise wird sich am besten herausstellen, welcher Unterschied in unserem Vaterlande zwischen den Eisenbahnen besteht, die durh den Staat betrteben werden, und zwischen de- nen, die von Privat - Gesellschaften betrieben werden, Der Staat wird dann in dem Fall sein, hinsihtlich der Wohlfeilheit des Transports alle Erleichterungen eintreten zu lassen, die nicht uur alle- zeit für die Landeskúültur, sondern bei großer Theurung, wie wir sie erlebt haben, ganz besonders nothwendig sind, Man hat hier be- hauptet, diese Bahn werde, so zu sagen, gar nichts aufbringen. Jch theile diese Ansicht nicht, Eine Bahn, welche Hauptstädte mit ein- ander verbindet, wie diese, wird Frequenz haben; eine Bahn, die in einein Lande, wo die Schifffahrt während 5 bis 6 Monate gehemmt ist, den Transport der Cexrcalien und anderer Produkte besorgt, wird gewiß Frequenz haben. Sodann bedenken Sie, meine Herren, wenn von Rentabilität die Rede ist, daß es nit allein darauf ankommt, wie viel in den ersten Jahren auffommt, sondern vielmehr darauf, ob sih die Rentabilität später entwickelt. Das wird bei dieser Bahn auch der Fall sein, obschon ih nicht wissen kann, welchen Zinsfuß die Bahn aufbringen wird, Zu den vielerlei Gründen, die bereits für die Nüß- lihfeit oder Nothwendigkeit der Bahn angeführt worden sind, erlau- ben Sie mir, noch ein paar hinzuzuseßven. Jch halte diese Bahn für eine Nothwendigkeit, für eine dringende sogar. Die Provinz Preußen ist ih darf es aussprechen gewissermaßen das Opfer

1060

politischer Constellationen gewesen, die uach meiner Ueberzeugung, wenn nicht ein europüäishes Unglück, doch wenigstens sehr “efahrvoll für unseren Staat sind. Holland hat den Handel für das hinter ihm liegende Land Jahre lang fast ausscließlich sich zu erhal- ten gewußt und dadurch einen großen Wohlstand erworbenz die Provinz Preußen i unglücklich im Vergleich gegen Holland gewesen. Das hinter ihr liegende Land, auf welches ihre Ge- werbe und ihr Handel vorzugsweise angewiesen “waren , ist in Folge politischer Ereignisse ihr genommen worden, und so leidet diese Provinz unter den ungünstigen Verhältnissen, welche hieraus entstehen. Aber hierzu gesellt sih noch ein höherer Grund: durch jene politishen Constellationen, welche ich nach meiner Ueberzeugung als ein’ Unglück bezeichne, is ein Zwischenreich untergegangen, das eine Stüße der Unabhängigkeit der Völker von Mittel-Europa war, und gerade dieser Umstand is für uns höchst gefährlich. Wohlan, meine Herren, um so mehr sind wir darauf angewiesen, die Kräfte des edlen, tapferen Volksstammes, der die Provinz Preußen bewohnt, zu entwickelu, zu stärken. Auf ihrem Patriotismus, auf ihrer Kraft, auf ihrer Tapferkeit beruht jeßt zum großen Theile die Beruhigung, die wix bei dem dermaligen Verhältnisse suchen müssen, Darum ist es nah meiner Ueberzeugung, ih wiederhole es, dringend nothwen- dig, daß diese Bahn, welche gerade zu der Entwickelung dieser Pro- vinz wesentlich beitragen wird, bald hergestellt werde. So, meine Herren, fann auc hier niht von einem provinziellen Interesse die Rede sein, nein, es is ein großes nationales, was \sih an die Herstellung dieser Verbindung knüpft, Sehen Sie auf die Gesinnung der Bewohner dieser Provinz, eine Gesinnung, welche sich in ihren Vertretern hier bekundet. Giebt es ein erhabeneres Schauspiel, als das, dessen Zeuge wir jeßt sind? Cin Land, das der Communications- Mittel bedürftig: ist, ein Laud, welches fühlt, daß seine materielle Entwickelung durh den Mangel derselben leidet, will nicht diesen Mangel erseben durh das Opfer con Rechts- Prinzipien, will nicht die Eisenbahn um den Preis des Rechts erkaufen. Eine so große Gesinnung belebt in mir das Vertrauen, daß der preußische Staak eine große Zukunft habe. Glücklich die Dynastie, welche über ein Volk herrscht, das solche Gesinnung, gepaart mit der treuesten Au- hänglichkeit und Ergebenheit für den Thron, hegt! Mit einem sol- hen Volke fann man in der Freiheit weit gehen, mit einem \olchen Volke kann Großes geschaffen werden! E

Die Gründe, welche die Vertreter jener Provinz für ihr ver- neinendes Votum bei der Frage der Anleihe angeführt haben, leiten auch mich, wenigstens theilweise, um diese Frage zu verneinen, Aber auch noch audere Gründe bestimmen mich zu diesem Votum. Jh meinestheils fann mir, um einen meiner Gründe anzuführen, die Be- willigung einer Anleihe von 20 oder 30 Millionen nicht denken, ohne daß ein bestimmtes Gesebß deshalb vorgelegt werde, ein Geseß, 11 welchem, ähnlih wie in dem von 1820 bestimmt werde, in welcher Weise die künftige Verwaltung, die künftige Mitwirkung der Stände bei der Verwendung - dieses Geldes stattfinden soll, ein Geseß, in welchem der Umfang des Kapitals genau bestimmt ist, ein Geseß, in welchem genau angegeben wird, zu welchen Bedingun- gen die Stände das Gouvernement ermächtigen, Anleihen zu slie- ßen. Eiu solches Geseb ist nicht vorgelegt; es muß aber die erste Regel einer ständischen Versammlung sein, wenn es sich um Geldfra- gen handelt, es damit sehr genau zu nehmen, Bei Geldfragen hört die Gemüthlichfeit auf,

(Heirerkeit in der Versamm!ung.) da muß blos der Verstand uns leiten.

Es sind noch andere Verhältnisse, die mein Votum motiviren, Die dermalige Einrichtung der Finanz - Verwaltung halte ich für höchst ungenügend. Jch bin der Meinung, daß, so wie diese Einrichtung be- schaffen is, eine tüchtige, kräftige Finanz - Verwaltung fast zur Unmüg= lichkeit gehört, Unter Finanz-Verwaltung verstehe ich nicht gerade die Besorgung der Einnahmeu und Ausgaben nach Maßgabe der Etats und der Steuergeseße, sondern ich verstehe darunter auch das ZU- \sammenhalten, das Verwalten sämmtlicher Staatsmittel zu einem und dem nämlichen Zweäe mit einem Worte, eine Harmonie tin der Verwaltung aller Zweige, die zu den Finanzen gehören. Da tritt nun als erster Uebelstaud wenigstens nach meiner Meinung halte ih ihn dafür die Zersylitterung entgegen, in welher die Finanz= Verwaltung sich befindet. Da haben wir erstlih ein Ministerium, welches das der Finanzen heißt, welches sie aber zum Theil gar nicht zu besorgen hat, und dessen Beschäftigung zum großen Theile auf Han- del und Gewerbe gerichtet is. Da haben wir ein anderes M iniste- rium, welches den Staatsschaß besorgt ; wiederum ein anderes oder doch eine Jmmediat - Verwaltung für die Post, die doch dem Finanz- Departement, und wenn diesem nicht, doch wenigstens dem Handels- Ministerium untergeordnet hein sollte. Dann ist noch ein besonderes Ministerium für die Domainen - Verwaltung- da, die ebenfalls nur ein Theil der allgemeinen Finanz- Verwaltung sein sollte, und endlich haben wir noch ein die Finanz - Operationen besorgendes Ministerium, nämlich das, unter welhem die Seehandlung und die Bank stehen, Jch erkenne in diesen Einrichtungen keine gehörige Sicherheit dafür, daß das Anleihe - Wesen gut besorgt werde, Sodann, meine Herren, ist die erste Regel, weun man Anleihen bewilligt, daß man die Noth- wendigkeit davon untersucht und sich von ihr vollständig überzeugt, Diese Untersuchung hat jeitens der Abtheilung, welche den Gegen- stand vorberathen hat, nicht stattgefunden, und so sind wir auch nicht im Stande, heute darüber zu entscheiden, ob wirklich die Nothwen- digkeit, eine Anleihe zu machen, vorhanden ist. Jch will nicht bei dieser Gelegenheit das Budget in seinen verschiedenen Theilen durch- gehen, ich will aber uur darauf aufmerksam machen, daß bis 1844 die Einnahmen sehr zunahmen und wir voch hoffen dürfen, daß dies in der Folge wieder geschehe, so daß also in dieser Beziehung wohl Gelegen- heit da sein föunte, mehr. Gelder als die von dem Gouvernement vorge- schlagenen zum Bau der Eisenbahn schon von dieser Seite her zu verwen- den. Jch gehe nicht auf die Prüfung der Ausgaben des Kriegs- Ministeriums ein, weil es unmöglich ist, eine solche Frage bei dieser Gelegenheit gründlich zu. verhandeluz aber ih mache Sie darauf auf- merksam, daß, so viel ih vernommen habe, die vou dem Herrn Kriegs - Minister angeführte Thatsache, daß heute ein Thaler weniger werth is, als vor so und so viel Jahren, bei der Domainen = Ver- waltung uicht immer berüdsihtigt werden soll, Nämlich das, was der Herr Kriegs - Minister angeführt hat, heißt mit anderen Worten: „Es sind jeßt, in Geld berechnet, die Bedürfnisse theurer geworden, als sie früher warenz die Getraidepreise, nah welchen man gewöhn- lih den Werth des Geldes abmißt, sind durchschnittlich in den lebten 10 Jahren höher gewesen, als sie vor 20, 30 oder wie viel Jahren waren.“ Daraus is also zu folgern, daß die Domainen hentiges Ta-

es viel mehr an Pacht aufbringen müßten, als früherhin, und

hieraus sollte folgen, daß man si in Acht nehmen müßte, nicht guf ehr lange Termine zu- verpachten, weil wir bei der zunehmenden Masse des Geldreihthums annehmen föunen, daß das Verhältniß, was in jener Thatsache liegt , vielleiht noch fortschreitend sein fönnte.

Ein Grund des Verneinens der Anleihe, ebenfalls aus der Fi- nanz- Verwaltung hergenommen, liegt für mih auch darin, daß der- malen die Grundsäße über dasjenige, was als Anleihe, als Stagts- \{chuld_ unserer Zuziehung und Mitgarautie bedarf, nicht festgestellt sind, So lange diese Grundsäße nicht genügend feststeben, werde ih

für meinen Theil niemals eine Anleihe votiren können; denn, wenn man nicht volle Gewißheit darüber hat, daß die Stände Alles, was zum Staatsschuldenwesen gehört, kfontrolliren können, is es unmög= lich, eine Anleihe außerdem noch zu bewilligen.

Jh komme nun, meine Herren, zum leßten Grunde, aus wel= chem ih die Anleihe niht bewillige. “Ein Grund, der in der Mei= nung beruht, daß für die Herstellung der Bahn die Mittel vorhan= den sind, die ih jeßt so frei sein werde, näher zu bezeihnen. Und so gehe ih denn dazu über, die Frage des Staatsschaßes zu erör= tern, Jh werde, indem ih dies thue, gewiß kein Wort sagen, was dem Staats - Kredite schaden könnte; im Gegentheil, wenn der Ge- genstand gründlih erörtert wird, kann dies, wie überhaupt jede gründliche Erörterung hier, nur zur Stärkung des Kredites insofern, als er auf die Kräfte des Staates basirt is, beitragen, Der ein- zige Eindruck, der daraus für das Geld - Publikum hervorgehen möchte, fönnte nur darin bestehen, daß eine wesentliche Reform zu wünschen sei, Jch verkenne nicht, indem ih vom Staatsschate rede, daß ih einer gewissermaßen traditionellen Meinung entgegentrete, da- hin gehend, daß auf dem Bestehen eines solchen Staatsschates die Größe und Sicherheit Preußens vorzüglih mit beruhe.

Es fragt sich nun zuvörderst, was der Begriff dieses Staats- schabes ist. Jch defiuire ihn so, und das is es, was ich als nachtheiz lig halte: das Niederlêgen von Geld in Kellern oder sonst, also die Entziehung dieses Geldes aus dem Verkehr, Die Frage, ob und welhe Summen überhaupt der Staat disponibel haben müsse für außerordentlihe Eventualitäten, is eine ganz andere. Der Staat fam sehr gut solhe Summen dispouibel halten, ohne daß er dadurch das G-ld dem Verkehr entzieht. Einmal angenommen, daß jolches Geld auf diese Weise rentbar gemacht werden sollte, wie ich wünschte, daß es geschehe, so gehört zu einer guten Finanz-Verwaltung ich sprehe immer nah meiner Meinung, gebe aber gern. zu, daß ih irren kann, \o gehört zu einer guten Finanz-Verwaltung, daß diese Gelder ganz sicher und doch rentbar untergebracht werden. Dies kgnn nun vollständig geschehen, wenn man ene gut orgauisirte National- Bauk, die aber nicht für Rehnung des Staates, jondern für Reh-= unng von Privaten besteht, besibt. Indem der Staat das mügßige Geld bei einer solchen Bank deponirt, wird es dort zum Disfontiren von Wechseln oder auf andere sichere Weise nüßlich rentbar gemacht. Ganz ab- gesehen von derjenigen Summe, die bei uns im Staatsschate is, werden bei uns, wie in anderen Staaten, auch andere Fonds aus verschiedenen Kassen in ähnlicher Weise mit gleichem Nußen verwendet. Nun, meine Herren, gehe ih dazu über, Ihnen die Nachtheile, welche der Nation aus dem bei uns adoptirten Müßigliegen des Geldes erwadh= sen, darzustellen, und ih muß Sie bitten, mir einige Aufmerksamkeit zu schenken, Der Gegenstand is an und für sih troden, aber von sehr großer Wichtigkeit. Ich habe nach Wahrscheinlichkeits-Rechnun= gen gewisse Muthmaßungen über den ungefähren Umfang des Staats- \chaßves, der jebt müßig liegt, und wenn ih meine Muthmaßung hier ausspreche, \o werden sie gewiß nicht dem Staatsfredit schaden, darauf verlassen Sie sich. Meine Meinung geht dahin: Jch ver= lange keinesweges eine Erklärung darüber, ob und inwiefern sie richtig sei; ih führe aber eine Muthmaßung an, damit ich diejenige Rech= nung Jhnen deutliher machen könne, die ih über die bestehenden Nachtheile demnächst zu machen habe; meine Muthmaßung also ist, daß die in dem Staatsschabe müßig liegenden Gelder weit über 30 Millionen Thaler betragen. Nach der von: dem Herrn Schab- Minister uns mitgetheilten Denkschrift sind sämmtliche Gelder des Staatsschaßes bagr vorhauden, mit alleiniger Ansunahme von etwa 2 Millionen Thalern, die in Staats-Schuldscheinen angelegt sind. Um nun die Rechnung der aus diesem Zustande entstehenden Nachtheile Jhnen deutlich zu machen, nehme ih an, die runde Summe von 30 Millionen Thalern läge baar müßig

(Einige Unruhe.)

Wenn wir ein Kapital zu 4 pCt., dem gewöhnlichen hypothe= farishen oder - Wesel =- Zinsfuße, unterbringen und jährlich die Zinsen zum Kapital \chlagen und wieder unterbringen , so is das Kapital in 18 Jahren verdoppelt, es ist in 28 Jahren ver- dreifaht uud in 36 Jahren vervierfacht. Wir würden aber, um die Nachtheile zu ermessen, die aus diesem Müßigliegen des Geldes entstehen, unrichtig rechnen, wenn wir hierbei den Zinsfuß zu 4 pCt. nur annehmen; dem in der Volkswirthschaft is das Verhältniß anders.

Der Kapitalist, der das Geld auf Hypothek ausleiht oder Wechsel damit disfkontirt, zieht uur 4 pCt.z; aber derjenige, der dieses Geld verzinst, gewinnt abermals damit. Man glaubt gewöhulich, daß das Hauptkapital der Nation sich in den Händen einer nicht großeu Zahl vou Personen befiudez dies is ein Jrrthum. Gerade die kleinen Kapitale summirt, machen den Haupttheil des National - Vermögens aus. Jch kann Jhuen dies durch ein paar Unstäude vollständig klar machen, Bei der Klassen-Steuer bringen die beiden untersten Stufen bis zu §8 Rthlx. vier Fünftel des Gesammt = Ertrages auf und alle höher stehenden Stufen nur ein Fünftel, Jene vier Fünftel nun fassen die Leute in si, die nur ein kleines Gewerbs = Kapitgl besißen, und nur wenige Menschen giebt es unter denen, die irgend ein Gewerbe trei= ben, welche niht etwas Gewerbs-Kapital besiben ; felbst der Tagelöhner besißt ein solches in seinem Spaten, Ein anderer Beleg für diese Behauptung besteht darin, daß nah den Angaben eines englischen Schriftstellers das Eiulommen, wovon 3 pCt. bezahlt werden, nämlich das Einkommen, welches 1000 Rthlr. oder darüber beträgt, in Groß= britauien 1250 Millionen Thaler, während das Einkommen von we=- niger als 1000 Rihlr, auf 3350 Millionen Thaler berechnet is. Sie sehen also, daß sich in Englaud, wo man Ermittelungen des Ein- kommens gemacht hat, auh das Verhältniß von 1 zu 4 herausgestellt hat. Daß nun das Kapital in so verschiedener Weise, auf Ackerbau, Jndustrie oder ein kleines Handwerk verwendet, viel mehr gewinnt als 4 pCt,, wird Jhuen auch daraus klar werden, daß ein Jeder, der Geschäfte gemacht und vom Kleinen zum Größeren sich emporge- shwängen hat, beim Nachsehen des Verdienstes fiuden wird , daß er mit dem fleinen Kapital verhältnißmäßig gewöhnlich wenigstens das Doppelte von dem verdient hat, was er mit dem großen erwarb.

Aus diesem Allen folgt, daß sehr viel erworben werden fann für die Nation an Wohlstand und an Verbesserung der Gewerbe und des Ackerbaues mit dem Kapitale, was dort müßig in den Kellern liegt, und daß wir niht eine Rente zu 4 pCt,, sondern durchschnitt= lih wohl eine zu 8 pCt. hierfür annehmen dürfen, Nehme ich sie zu 8 yCt, an, so ist das Kapital in 9 Jahren verdoppelt, in 14 Jahren verdreifacht und in 18 Jahren vervierfaht. Für diejenigen aber, die glauben möchten, es wäre die Annahme vou 8 pCt. eine u hohe, will ih au den Mittelsaß zu 6 pCt. angeben. Bei dem=- Liben verdoppelt sich das Kapital in 12 Jahren, in 19 Jahren ver= dreifacht und in 24 Jahren vervierfaht es sich. Nun ziehe ih das Resultat: wenn 30 Míllionen Rthlr, bei Annahme einer Rente von 8 yCt. 9 Jahre todt gelegen haben, so is es gerade so, als wären sie verloren, sie sind der Nation eutzogenz; haben sie 18 Jahre mü- big gelegen, so sind der Nation 120 Milliouen entzogen. Das ist ein Gegenstand, meine Herren, der eine große, eine sehr große Beachtung verdient, Wenn man nun dagegen, wie es im Gutachten heißt, anführt, man müsse doch ein solhes Geld uüßig im Staatsschaße liegen haben, denn wenn man Anleihen ma- chen wolle, würde man sebr daran verlieren, so ist das Verhältniß

folgende3: Angenommen, daß die Nation das müßig liegende Kapital zu §8 pCt. rentbar machen könnte, so würde sie nah 9 Jahren schon das aus einer Anleihe aufklommende Geld, diese möge zu 20, 30 oder selbs 60 Prozent Verlust gemacht werden, im Vergleich gegen jenes Müßigliegen, rein gewonnen, rein gefunden haben, Die Nation steht sich aljo unendlich besser dabei, wenn sie ihr Gekd weit unter dem Course leiht, als wenn sie ihr Geld müßig liegen sieht. Be-= denken Sie, wenn auf diese Weise große Summen dem National- Wohlstande entzogeu werden, wie das auf denselben einwirken muß! Wie würde er si ganz anders entwickeln, wenn das nicht geschähe! Es is von dieser Stelle hon mehrmals darguf aufmerksau gemacht worden, daß die Entwickelung des nationalen Wohlstandes in unserem Vaterlande in den leßten 10 bis 15 Jahren nicht gleichen Schritt gehalten habe mit anderen Ländern: nun, ih behaupte, daß dieses Ansammeln von müßig liegendem Gelde eine der Ursachen davon ist; ih behaupte, daß, wenn Sie den Leuten die Steuern abnehmen und legen das Geld nachher müßig hin, Sie der Nation eine ungeheure Last aufbinden, die, wenn Sie damit fortführen bis in große Sums=- men hin, die Nation verarmen lassen würde. j

Das Wohl meines Vaterlandes liegt mir lebhaft am Herzen, und deshalb verzeihen Sie, wenn ich bei einem Gegenstande, wie vieser, der sons trockener Natur ist, lebhaft geworden bin. Ich fann nicht umhin, denselben als einen solchen zu betrachten, der de natio= nale Größe des Staats sehr nahe betrifft. Jch habe nun die Gründe zu denjenigen Bemerkungen vorgetragen, die meine Petition enthält, und modijizire dieselbe durch ein Amendement folgenden Jnhalts : „Se. Majestät den König ehrfurchtsvoll zu bitten, daß Allerhöchst= dieselben vorläufig die Verwendung von 10 Millionen Thaler aus den im Staatsschaße liegenden baaren Geldern zum fräftigen Angriff des Baues der Preußischen Ostbahn anordnen möge.“ |

Kir haben nah meiner Meinung und, ih glaube, von feiner Seite wird man eine andere haben, feine sonderliche Gefahr zu lau= fen, daß in dièsem und im nächsten Jahre ein Krieg entstehe, und so glaube ih, daß selbst bei den Ansichten, die bisher das Gouverne- ment in Beziehung auf den Staatsschab gehabt hat, fein wesentlicher Grund der Annahme meines Amendements entgegen- steht. Wird das Geld auf diese Weise verwendet, 0 wird es neue Kapitalien schaffen; es wird aufhören, sich in dem Zustande zu besin- den, in welchem sich bei den nicht civilisirten Völkern, wo die Rechts- Sicherheit fehlt, das verscharrte Geld besiudet. Jch glaube, daß mein Vortrag gewiß nicht dazu hat beitragen fönnen, den Staats- Kredit zu s{wächenz; im Gegentheil, es wird das, was ich gesagt habe, eher günstig darauf wirken im Vergleich zu den Bemerkungen, die in früheren Tagen hier gefallen sind. Denn ich habe dargestellt, daß die Nation große Mittel besißt, und daß keine Veranlassung da ist, den Staats-Kredit als wohlbegründet durch die Kraft der Nation und durch die jeßt vorhandenen Mittel in Zweifel zu ziehen. Aber ih habe andeuten wollen, daß es nöthig sei, eine durchgreifende Re= form in den Prinzipien eintreten zu lassen, die bisher befolgt worden sind, Ein edler Fürst aus dem Herrenstande hat uns guf die Ver= antwortlichkeit aufmerfsam gemacht, die eine Verweigerung der An= leihe für uns mit sich führen würde, und wie {wer die Verantwor= tung sei, wenn die Frage auf diese Weise um 4 Jahre hingus ver= tagt würde. Jch glaube, das edle Mitglied kann si vollständig be= ruhigen, denn wenn irgend etwas, so wird die Nothwenbvigkeit dieser Bahn seitens der Staats-Regierung vollständig, anerkannt werden, und sie wird die geeigneten Mittel zuihrer Herstellung treffen, Mittel, die mancher= lei Art sein können, Mittel, die ih angedeutet habe, und Mittel, die die Regierung selbs in ihrer Hand hat. Nimmer wird ihr die Zu- stimmung eines preußischen Reichstages zu großen und nothwendigen Staats-Anleihen fehlen, sobald nur der preußische Reichstag in den= jenigen Befugnissen sich besindet, ohne welche es unmöglich is, die ihm obliegenden Pflichten auszufiben, Das edle Mitglied kann sich beruhigen, weil die innere Nothwendigkeit der Dinge dazu hinführt, diesen Zeitpunkt in nicht langer Zeit eintreten zu lassen, Wüäre es venn möglich, nach Allem, was hier gesprochen und votirt worden ist, wäre es möglich, meine Herren, daß man, ih sage nicht, zurückkehren fönne auf dem Wege, von dem man ausgegangen, aber ich sage, wie wäre es möglich, in diesem ungewissen halben Zustande lange Zeit zu verharren! ich halte es nicht für möglich, denn es würde nicht der Nation, nicht der Stärke des Thrones förderlih sein. Jn dieser Beziehung vertraue ih fest auf die Weisheit unseres Königli= hen Herrn, der die politishe Entwickelung der Nation bereits guf den erfreulihen Punkt geführt hat, auf dem wir sie jeßt sehen.

Staats-Minister von Thile: Durch die eben zur Berathung vorliegeude Petition finde ich mich in die Nothwendigkeit verseßt, die hohe Versammlung darauf aufmerksam zu machen, daß auf die Gel- der des Staatsschaßes zu dem Zwecke des Eisenbahnbaues nach Preußen nicht zu rechnen sein möchte, weil der Staatsschaß eine spe= zielle Bestimmung hat, die mit einer solchen Verwendung unverträg= lich is. Um dies einigermaßen zu erklären und zu rechtfertigen, möge es mir vergönnt sein, auf die Natur und Bedeutung des Staats-= shaßes für unsere Monarchie ctwas näher einzugehen, als ih es \hou früher bei der Berathung in der Abtheilung gethan habe, und dazu muß ih damit beginnen, einen furzen Blick guf die politische Stellung des preußischen Staates zu werfen.

Der preußische Staat liegt inmitten aller Großmächte von Eu- ropa, wie Deutschland in der Mitte aller europäischen Länder,

Es fann in Europa kaum ein bedeutender Krieg sih entzünden, an dem Preußen und Deutschland nicht Theil zu nehmen haben, in den sie nicht verwickelt würden.

An Menschenzahl und materiellem Reichthum stehen wix weit hin- ter unseren mächtigen Nachbarn zurück. Der Staat is in einen \chmalen Länderstreif auf 200 Meilen Länge auseinandergedehnt, von der Gränze des einen Großreichs bis zur Gränze des anderen, Ein Theil unserer Armee hat 150 Meilen zu marschiren, ehe er diese äußeren Gränzen erreiht, Ju einer solchen politisch nachtheiligen Lage befindet sich Preußen, Was haben wir denn für Mittel, diese Nachtheile aufzuwägen# Kein anderes, als den alten preußischen Geist , Schnelligkeit und Entschlossenheit im Handeln. Aber den Geist haben niht wir allein, unsere Nachbarn machen auch auf Geist, auf friegerishen Geist Anspruch, uud es würde ein \chlechtes Zeugniß für unseren eigenen sein, wenn wir diesen An- spruch nicht in seiner vollen Gültigkeit anerkennen wollten. Ein Pfund also bleibt uns übrig, womit wir zu wuchern haben: die Schnellig= feit im Entschluß und in der Ausführung, und dazu dienen uns zwei eigenthümliche Hülfsmittel: zuerst unsere unvergleichliche Heer=Versfas- sung und dann unser Kriegsshab.

Wir haben ein altes Vorreht zu wahren; es mag mir erlaubt sein, es jo zu nennen, das Vorrecht, überall zuerst auf dem Kamps= n zu sein, und dieses Vorrecht müssen wir unerschütterlih aufrecht je 0 Grifteug i Ahnen libergeben, weil es die Bedingung pas Deutschland O an unsere Existenz und Geschicke sind die von Ade Vorfeh ne und damit verwachsen, Man hat ün: voir diee Aiiglin En „von Deutschland genannt, und ich glaube, aédob:, bre: aid 9 iesen Namen acceptiren können. Wir sind

/ ächtigste Staat in Deutschland , aber jener mächtigere, der neben uns steht , is zum Vorfechter für Deutschland durch seine Se d mi so berufen, wie wir, ‘Wir aber haben die- en Beruf , weil unsere Länder überall die Vorhut von Deutschland

1061

bilden und die Gegner erst über unsere Leiber gehen müssen, ehe sie in Deutschland weiter eindringen fönnen. t

Preußen is gewiß weit entfernt davon, jemals einen ungebühr= lihen Einfluß auf und in Deutschland ausüben zu wollen ; at den Einfluß, den uns Gott selbst durch unsere Lage gegeben hat, haben wir zu wahren und aufrecht zu erhalten, den moralischen Einfluß, daß Deutschland wisse, daß ihm Preußen überall im Augenblicke der Gefahr eine feste und starke Vormauer sei; und diejenigen , die uns die Mittel dazu verkürzen wollen, handeln, wenn auch völlig unab- sichtlich, gegen das preußische und gegen das deutsche Jnteresse.

Die Petition stüßt sich besonders auf zwei Gründe; es wird zu- erst gesagt, seitdem eine ständische Versammlung kreirt sei, bedürfe es keines Kriegs\haßes mehr, weil das legale Mittel dadurch gegeben wäre, in jedem Augenblick eine Anleihe zu machen, Dieser Grund ist nach meiner Ansicht unhaltbar, es stehen ihm zwei große Schwie- rigkeiten entgegen. Wenn ein Krieg auszubrechen droht , so i oft niht die Zeit vorhanden, eine rechtzeitige Anleibe zu machen, und oft sind auch die Konjunkturen dazu nicht günstig. Jch bitte um die Erlaubniß, ein wenig in die preußische Geschichte zurückgehen zu dürfen. Jm Jahre 1830 fam der Anlaß, der uns die Waffen in die Hand zu nehmen zwang, wie ein Bliß aus heiterer Luft, und aht Wochen darauf stand ein Theil unserer Armee gerüstet an den Gränzen der Monarchie, unsere Festungen waren ar- mixt und fonuten in jedem Augenblicke eine Belagerung beste- hen, Der übrige Theil unserer Armeé war marschfertig und jeden Moment des Winks gewärtig, auf den Kampfylaß zu gehen. Wenn des hochseligen Königs Majestät genöthigt gewesen wäre, erst eine Stände - Versammlung zusammenzuberufen in größerer oder klei- nerer Zahl, das is hier gleihgültig wenn er sie erst von der Nothwendigkeit einer Anleihe hätte überzeugen müssen, und erst, nach- dem er ihr diese Ueberzeugung gegeben hatte, Anleihen im Auslande hätte negoziüren müssen, wir hätten 4 oder 5 Monate über diese Ope- rationen verloren, und dann erst hätte das geleistet werden fönnen, was jeßt in den ersten 48 Stunden geleistet werden fonnte, weil die Mittel dazu baar dalagen. Jh muß noch etwas weiter in der preußischen Geschichte zurückgehen. Wenn Friedrich U. im Jahre 1756, als er erfuhr, daß halb Europa sih gegen ihn verbunden habe, um ihn zu verníchten, genöthigt gewesen wäre, erst mit den Ständen, dann mit den Geldmännern zu negoziiren, ih frage, meine Herren, ob es ihm möglich geworden wäre, mit Sturmes - Eile bis in die Mitte von Böhmen vorzudringen, den Gegner unvorbereitet zu über- fallen und dadurh dem ganzen Kriege die Wendung zu geben, die er befommen hat, und an der des Königs und der Monarchie Eristenz hing, Hätte er feinen Kriegsschaß gehabt, seit 90 Jahren \präche man vielleicht in Europa nicht mehr von einer preußischen Monarchie. Jch komme auf das Jahr 1840, Wir haben damals feinen Krieg gehabt, die passive, aber dessenungeachtet imposante und entschiedene Stellung, welche Preußen und Deutschland beobachteten, hat, wie wir Alle wissen, die Kriegswolken ohne Schwertschlag aus- einandergeweht, welche, {warz genug aufgethürmt, jeden Augen-= bik einzuschlagen drohten. Diese passive und doch imposante Stel lung fonnte der König aber nur bis zum leßten Augenblick beob- achten, weil er wußte, daß Mittel bereit lagen, um in jedem Mo- ment, wo er es nöthig finden würde, schnell zu rüsten und doch der Erste auf dem Kampysplate zu sein. Ju beiden Zeitpunkten, 1830 und 1840, hat der Kriegsschaß uns zwei sehr große Anleihen er=- spart; wäre er nicht vorhanden gewesen, so hätte dèr leßte Augen= blick nicht abgewartet werden können, man hätte augenblicklich bei den ersten Zeichen der Gefahr damit anfangen müssen, Anleihen zu machen, und zwar nicht solche, welche sich eben nux auf den \pär lichsten Bedarf beschränkt hätten für die Kosten der ersten Ausrüstung, denn in Kriegszeiten macht und erlangt man nicht alle aht Wochen Anleihen, man hätte sich, wenigstens für die ersten Eveutualitäten des Krieges, mit Geld versorgen müssen, und die Auleihen wären also unendlih höher gekommen, als die Ausgaben gewesen sind, welche jeßt der Staatsschaß zu best. eiten gehabt hat. Wir hätten sie mit unsäglichen {weren Opfern erkaufen müssen, und Kinder und Kindes- Kinder hätten noch daran zu zahlen gehabt. Und das führt mich denn einfah auf das zweite Moment in der Petition : - Es sei gegen alle gute staatswirthschaftlihe Theorie, baare Gelder müßig nieder- zulegen, Eine jede Theorie, welche sich vom Leben ablöst und sich in bloßer Abstraction hinstellt, ohne die Dinge anzusehen, wie sie sind, i fehlerhaft und führt zu falschen Schlüssenz ih glaube, dies so eben nachgewiesen zu haben. : i

Jch habe oft gehört, zum Kriegführen brauche man eigentlich niht viel Geld, man brauche ihn nur in Feindes - Land zu spielen und auf Feindes -Rechnung zu zehren. Das is sehr leicht aus- gesprochen, aber weit schwerer ausgeführt, Die Männer, welche den Krieg mitgemacht und ihn in einem Alter mitgemacht haben, wo sie ihn {on mit Mannes - Auge haben überschauen können, wissen das besser, Weun ich alle Bedürfnisse hier aufführen wollte, welche zu einer Kriegsführung, und selbst zu einer ersten Ausrüstung zum Kriege nöthig sind, so würde ich eine sehr lange Liste vor mir haben, mit der ih die hohe Versammlung nicht ermüden möchte. Jh will nur einen Punkt beispielsweise hervorheben: den des Soldes und der Verpflegung der Armee.

Wenn unser Heer von dem sehr mäßigen Friedensfuße beim Aus- bruhe eines Krieges auf eiumal guf die dreifache Höhe gehoben werden soll, so liegt auf der Hand, daß die Staats - Kassen, welche auf ihre gewöhnlichen Einnahmen angewiesen sind, unmöglich eine

drei Monate lang durchführen könnten, |

So lange aber, als es preußische Fahnen im Felde gegeben hat, is es stets ein unerschütterliher Grundsaß gewesen, daß unsere Ar- mee ohne Sold nicht leben kann, Diesen Grundsaß haben wir hei- lig und fest zu bewahren. Eine Armee ohne Sold wird eine Räu- berbande, weil sie eine werden muß. Wo es an Allem fehlt, und wo der Soldat den Sold nicht erhält, auf den er angewiesen ist, und worauf er im Felde ein dreifaches Recht hat, da is es ganz natürlich, daß er zugreift und nimmt, was er und wo er es findet, in Greundes, wie in Feindes Land. Keine Bande der Mannszucht sind im Stande, dies zu verhindern. Diese Bande lösen sih und zer- reißen am Ende. Man führt den Krieg auch nicht immer in Fein- des Gebiet, wir haben ihn oft genug im eigenen Lande gesehen, und wer mag dafür einstehen, daß uns nicht wieder Aehnliches be- gegnen könnte? Jm Jahre 1830, wo wir keinen Krieg hatten, war ein großer Theil unserer Armee auf den Kriegsfuß verstärkt, und ein halbes, vielleicht ein ganzes Jahr mußte sie in dieser Weise in un= seren eigenen Provinzen stehen, Meinen Sie, daß die Staatskassen im Stande gewesen wären, die Truppeu zu besolden und zu verpfle- gen? Sie hätten es nicht gekonnt, Der Staats\chaß hat die Aus- gabe bestreiten müssen, und nur dadurch is die Zeit vorübergegan- gen ohne Druck und ohne s{hwere Lasten für das Land.

Im Jahre 1813 aber, sagt man, hatten wir Truppen und führten Krieg ohne Geld zu haben; das ist wahr. Wir haben 1843 mit einem Fleinen Häuflein im Anfang und ohne Geldmittel Großes ausgeführt, allein das Jahr 1813 is nicht als Maßstab für die gewöhnlichen Verhält= nisse der Dinge anzulegen. Eine beispiellose Volksbegeisterung hak damals freilih möglich gemacht, was sonst unmöglich gewesen wäre.

Wir wissen aber auch noch wohl, was zu ihr geführt hat: Eine

solche dreifache Sold - und Natural-Verpflegung der Armee auch nur

. Rechnung des Staats gebaut werden soll.

glaube, wir werden es wieder zn erleben. rer. Aber au damals

7jährige Taufe der Leiden und Demüthigung. ch niht wünschen, um einen \o1chen Preis AebnliA Dée Frucht rv C e Wurzel um so bitte sind wir nicht ohne Kriegsschaß gewesen. Wi ; Geschüßen, mit englischen Gewehren. mit engl m englischen mit österreihishem Pulver, das wir auf Kredit erhielten Aen, angefangen, unsere Festungen armirt und unsere SchlaGten g Tbla gen. És wird Vielen unter Jhnen, meine Herren, noch im G E niß sein, wie viel rothe und hellblaue Röcke wir damals u e Armee statt der preußischen Farben gesehen haben. E (Von vielen Seiten Zeichen der Bestätigung.)

Wir hatten also auch damals einen Kriegéshaß, wir fanden ibn in der Freundschaft und m der Hülfe unserer Verbündeten; aber auch innere Hülfsmittel mußten hiínzutreten; gezwungene Anleihen mußten gemacht, nothgedrungene Lasten auf das Volk gelegt werden. Sie erinnern sich dessen ja hinreichend.

Das ist es, was ich zur Rechtfertigung des Bedürfnisses eines Kriegs=- \haßtzes für Prenßenim Allgemeinen zu sagen hatte. Jch fomme nun nur noch mit wenigen Worten auf die leßte Rede, die wir eben vernommen haben. Der geehrte Redner hat seine Muthmaßungen über die Höhe des preußischen Staatsschabßes ausgesprochen, und ih bin ihm für diese Er- öffnung, die er der hohen Versammlung gemacht hat, sehr dankbar. Jch theile auch seine Hoffnung, daß diese von ihm gemachte Eröff- nung, dem preußischen Staats-Kredit mchts geschadet hat, vielleicht anch nihts genüßt. Ueber die Höhe des preußischen Staatsschabes bin ih indeß, durch Amtspflicht gebunden, in der Nothwendigkeit, fortdauernd ein Stillshweigen beobahten zu müssen und muß es dahingestellt sein lassen, was die hohe Versammlung darüber glau- ben will, ob der geehrte Herr Redner in seiner Angabe die Wahr- heit getroffen hat vder nicht. Nur Eines habe ich zu bemerken : der Herr Reduer hat zugestanden, daß Preußen einen großen Re= serve-Fonds an Geld, der jeden Augenblick disponibel zu machen wäre, haben müsse. Wenn er nun supponirt, daß der Staatsschatz 30,000,000 Rthlr, betragen möge, und verlangt, daß davon 26- bis 34,000,000 Rthlr, für die Eisenbahn entnommen werden sollen, fo will es mir sehr zweifelhaft erscheinen, ob die hohe Versammlung damit einverstanden sein würde, daß der Ertrag dieser Bahn jenen hinreihenden und stets disponiblen Reserve - Fonds genügend darbieten würde. ¿

Jn dem Amendement i} die Summe von 26,000,000 Rthlr. auf 10,000,000 Rthlrx. reduzirt worden; aber wenn der Staats- {haß anch uur 10 Millionen über den wirklich nothwendigen Bevarf, den sein Zweck erfordert, hätte, so würde ih der Erste sein, der in die Klage über Unwirthschaftlichkeit mit ein=- stimmte. Denn die Wirthschaftlihkeit der Regenten soll allerdings eine staatswirthschaftliche, aljo uicht darauf berechnet sein, viele Mil= lionen ohne Noth und über die Noth todt niederzulegen. Jch kamt mit Vergnügen versichern, meine Herren, daß dies nicht der Fall ift. Wenn der Staatsschaß die Höhe erreicht hat, die die Weisheit Sr. Majestät des Königs für das dringende Bedürfniß der Kriegsführung als ausreichend erachten wird, dann ich glaube die Versicherung aussprechen zu dürfen wird kein Thaler mehr hineingelegt werden. Ob der Moment, daß der Schah diese Höhe erreicht hat, schon jeßt da ist oder noch in weiter Ferne liegt, darüber habe ih mich aus den angeführten Gründen nicht zu äußern. Jch darf noch ein Zweites zur Beruhigung hinzufügen. Jn Zeiten großer Landes - Kalamität, wie namentlich die gegenwärtige i, darf man, nach meiner innigen Ueberzeugung, sich versichert halten, es wird in solchen Zeiten kein Geld in den Staatzscha niedergelegt werden. Se. Majestät der König wird gewiß nie die Augen von der gegenwärtigen und drin- genden Noth abwenden, um an die Befriedigung eines fernliegenden und ungewisseren Bedürfnisses zu denken. Daß aber der Bau der Preußischen Bahn mit einem Kriegs - Nothstande nicht in Verhältniß zu stellen is, darauf glaube ih sließlich hinweisen zu dürfen, und

ich bitte demnach die hohe Versammlung angelegentlihs, daß sie auf die Petition und das Amendement des geehrten Antragstellers nicht weiter eingehen wolle.

(Bravoruf von der linken Seite.)

Abgeordn. Hansemann: Jch bitte um das Work.

Marschall: Jch kann es nur ertheilen, sofern es eine per- \önliche Bemerkung betrisst, da ¡ih sonst in der Ordnung, in welcher man sich gemeldet hat, weiter aufrufen werde.

Abgeordn. Hansemann: Se. Excellenz der Herr Schabminister hat gesagt, daß diejenigen, welche dem Staate mittelst Angriffs des Staatsschaßes die Mittel zur schnellen Kriegsführung entziehen. woll= ten, gegen das preußische und deutsche Interesse, wenn auch unab-= sichtlich, handelten. Jh habe darauf zu bemerken, daß das gerade nur der Unterschied unserer Ansichten is, Se, Ercellenz gehen von der Ansicht aus, daß kein Heil ohne todtliegendes Geld is, und ih gehe von der Ansicht aus, daß das todtliegende Geld nichts nütt, vielmehr guf sichere Weise rentabel gemacht werden kann.

Marschall: Unter den Rednern, welche sih in der heutigen Sitzung gemeldet haben, is der Erste der Abgeordnete von Brünneck, welcher einen Vorschlag entwickeln will, den er im Wesentlichen hon gestern gemacht hat.

Abgeordn. von Brünneck: Es dürfte wohl in den Wünschen der hohen Versammlung liegen, wo möglich in der vorliegenden Frage einen übereinstimmenden Beschluß zu gewinnen. Wir haben vielerlei Bedenken auf der einen Seite gehört, auf der anderen Seite haben wir auch entgegengeseßte Ansichten vernommen, So weit, wie ich aber glaube, die Stimmung der hohen Versammlung verstanden zu ha- ben, habe ih, um einen übereinstimmenden Beschluß zu gewinnen, mir erlaubt, Sr. Durchlaucht ein Amendement einzureichen , welches i schon gestern mir anzudeuten erlaubte.

Jch muß dabei bemerken, daß mir die vorliegende Frage eigent- lich in drei spezielle Fragen zu fallen \{heint. Die erste Frage würde die fein, ob die hohe Versammlung mit dem Vorschlage der Aller- höchsten Proposition übereinstimme , daß die östliche Eisenbahn für Die zweite Frage, die eigentlich wohl nicht so entschieden in dem Gutachten über die Kö- niglihe Proposikion vorliegt, sich doch aber aus diefer herausstellen dürfte, würde nicht die sein in Betreff der Richtung der Bahn, Denn diese is, so viel ich verstanden habe, in der Kömglichen Proposition bereits bestimmt , worin mich der Königliche Herr Kommissar auch durch“ seine heutige Aeußerung bestätigt hat, ohnedies ih veranlaßt gewesen sein würde, dem geehrten Abgeordneten aus Posen darauf

noch einige Bemerkungen zu machen, Dagegen glaube ih, daß es in

Frage stehen dürfte, ob die hohe Versammlung sich mit der Abthei- lung dafür erklären möchte, nur die Strecke von Driesen aus bis Königsberg zu bauen, oder den Wunsch aussprechen wolle, daß auch die Strecke vou Berlin bis Driesen in den Hauptplan mit aufgenommen werde. Die dritte und wichtigste Frage aber ist die, ob die hohe Versammlung ihre Zustimmung zu der Kontrahirung des proponirten Darlehns erklären will, Jch werde mir erlauben, mein ganzes Amendement vorzutragen, wobei ih noch besonders bemerken muß, daß ih die Ab- sicht damit verbunden habe, erstens wo möglich einen übereinstim- menden Beschluß zu erlangen, dabei ‘aber au zweitens das provin- zielle Juteresse nicht ganz außer Augen zu seßen, was ich nit Ler- Antworten zu können glauben würde. Vielmehr wünsche ich dieses üt Uebereinstimmung zu bringen mit dem höheren Staats-Jiteresse, mik