1847 / 163 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

standes darin besteht, ‘niht nur die Verarmung dieser Volksklasse zu verhüten, sondern au die Mittel zu befördern, durch welche sie in einen besseren, in einen wohlhabenderen Zustand geführt werden fön- nenz und hierzu rechne ih vor allen Dingen die Annahme eines Steuer - Systems, dur welches diese Volksklasse weniger als bisher godrüdctt wird. de Ent

Jeh bin also, wie bemerkt, mit dem Prinzip des Gese L nt- wurfs einverstanden, und denuoh muß ih zu meinem Pas U 9geVen. Es ist, so wie die Ansichten jebt bestehen, na den viel=

fahen von mir eingezogenen Erkundigungen eine allgemeine Abnei=

gung, ja ih möchte sagen, ein Widerwille gegen das Prinzip der

Einmischung des Fiskus in die inneren Familien- und Gewerbe-Ver=

bältnisse: dieser Umstand macht es unmöglich, das Geseb, so wie es I ist, da Ausführung zu Age, Es sind qus ge Der ses Geseß, weil dadurh eine neue teuer eingeführt werden soll, inl \ 1d gemacht worden, wie diejenigen, welche wir ähnliche Bedenken geltend gem Anleibe-G bei den Diskussionen über das Rentenbanken- und das Anleihe- esch gehört haben. J für mein Theil würde die Anwendung dieser Be- denken auf den vorliegenden Fall nicht für begründet erahten , denn es handelt sich nicht davon, eine Steuer - Vermehrung einzuführen, sondern nur davon, eine Steuer zu modifiziren; es könnten hierbei solhe Bedingungen festgeseßt werden, daß das Verhältniß der Stände in Beziehung auf die Kontrolle und die fünftige Mitwirkung dabei sich günstiger gestellt haben würden, als es bei den jeßt bestehenden Klasseu- und Mahl- und Schlachtsteuern der Fall ist, Mein erster Plan nun in Beziehung auf den Geseß-Vorschlag bestand darin, einen Antrag zu machen, wodur das Prinzip der Selbstangabe des Ein- fommens aufreht erhalten sein würde, ohne die Angabe des Details des Einkommens nothwendig zu machen; dergestalt, daß nur in den Fällen, wo die Steuer-Behörde einen Verdacht der unrichtigen An- gabe gehabt hätte, ein näherer Nachweis des Einkommens seitens der Steuerpflichtigen nothwendig geworden wäre. Nach diesem Plane würde das, was jeßt nah dem Geseß - Entwurfe Regel is, nämlih die jedesnralige Mittheilung der speziellen Theile des Vermögens, zur Ausnahme geworden sein ; ich habe mih aber überzeugt, daß selbst für diesen Plan nur eine fleine Zahl der Mitglieder der Versammlung sich erklären würde. Nach meiner Meinung kommt es, wenn von Steuern die Rede ist, nicht darauf an, nux das absolut Beste haben zu wollen und auf al- les Andere zu verzichten, wenn jenes niht zu“ erreichen is, sondern vielmehr darauf, das Bessere unter den gegebenen Umständen zu er- reichen, wenn es auch nicht das absolut Beste sein möchte. Jch habe also auch diesen Plan verlassen und schlage Ihnen für den mir sehr wahrscheinlichen Fall, daß Sie den Geseß-Entwurf ablehnen möchten, vor, wenigstens den Grundsaß der Nothwendigkeit einer gleihmäßige- ren Vertheilung der Steuern zwischen den wohlhabenden und ärme- ren Volksklassen anzuerkennen und die Anwendung dieses Grundsaßes anzubahnen. Zu diesem Ende werde ih, wie gesagt, sür den Fall, daß das Prinzip des Geseß-Entwurfs nicht angenommen wird, folgendes Amendement vorschlagen : „Der Vereinigte Landtag erkennt den in. dem vorgelegten Geseh- Entwurfe euthaltenen Grundsaß einer gleichmäßigeren Steuer-Ver- theilung zwischen den wohlhabenderen und- ärmeren Volksklassen als rihtig und dessen Ausführung, durch welche die Aufzebung der Mahl- und Schlachisteuer herbeigesührt würde, als noth= wendig an, erachtet jedoch die Verwirklichung der beabsichtigten Cin- fomwensteuer wegen des damit verbun“tenen fiskalischen Cindringens in die Familien- und Gewerbs-Verhältnisse als ungeeignet und ge deshalb bei Sr. Majestät dem Könige allerunterthänigst dar= auf an,

daß dem nächsten Vereinigten Landtage ein die Aufhebung der Mahl= und Schlachtsteuer, so wie die theilweise Erleichterung der zu den unteren Stufen der Klassensteuer gehörigen Steuer- pflichtigen, bezweckender Geseß-Entwurf vorgelegt werden möge, durch welchen die Klassensteuer dem Prinzip der Einkommensteuer, jedoch ohne nothwendiges fiskalisches Eindringen in die Familien= und Gewerbs-Verhältnisse, genähert werde.

Marschall: Es is die Frage, ob dieser Antrag die gesebliche Unterstüßung von 24 Mitgliedern findet.

(Wird hinreichend unterstüßt.)

Abgeordn, Hansemann: Jch unterlasse für jeßt, auf dieje- nigen Einwendungen einzugehen, die auch gegen dieses Amendement von denjenigen gemaht werden dürften, die der Meinung sind, daß die Mahl- und Schlachtsteuer eine gute Steuer sei. Jh werde die- sen Einwürfen seiner Zeit begegnen, so gut ih es vermag, und dam den Beweis zu führen suchen, daß diese Steuer eine der für die un- teren Volksklassen verderblichsten ist.

Finanz=Minister: Der Gesebß= Entwurf wegen Aufhebung der Mahl= und Schlachtsteuer und Einführung einer modifizirten Klassen- steuer, resp. einer Einkommensteuer, ist kein Geseß-Entwourf in fiskali- hem Jnteresse, nämlich in dem Sinn, daß es die Absicht sei], das Staats-Einkommen dadurch zu erhöhen, sondern es is nur ein Gesehz- Entwurf, der eine gerechtere und angemessenere Vertheilung der Steuer auf demjenigen Gebiete bezweckt, welher gegenwärtig die Mahl= und Schlachtsteuer und die Klassensteuer einnehmen. Der Staat will kein höheres Einkommen, als dasjenige is, was bisher diese beiden Steuer- arten gewährten. Er kann aber auf eine Ermäßigung derselben mit Rücksicht auf das dringende Bedürfniß des Staatshaushaltes nicht eingehen, Gegen die Mahl- und Schlachtsteuer haben si in neuerer Zeit vielfache Stimmen erhoben, namentli is von zwei Provinzial- Landtagen auf die Aufhebung dieser Steuern angetragen worden, und zwar in der Art, daß an deren Stelle die Klassensteuer eingeführt werden möge. Es sind von den anderen Provinzial-Landtagen viel- fache Anträge auf Abänderung und Modification der Mahl = und Schlachtsteuer eingegangen, so daß die Staats-Regierung nicht umhin gekonnt, sich Aiemenr sür verpflichtet erachtet hat, diesen Gegenstand in sorgfältige Erwägung zu ziehen, Es istt der Gegenstand auf das gründlichste und ab BEe alns worden, und man is zu dem Re- sultate gelangt, daß die Mahl - und Shlachtsteuer aufzuheben, an deren Stelle dann aber nicht blos die bisherige Klassensteuer zu seßen, sondern für den in die beiden unteren Klassen der Klassensteuer ge- hörenden Theil der Staats-Einwohner die lassensteuer beizubehalten, resp. in die jeßigen mahl- und \{lachtsteuerpflihtigen Städte einzuführen und dagegen für denjenigen Theil der Staats-Einwohner welcher gegenwärtig in beiden oberen Klassen der Klassensteuer gehört, eine Einkommensteuer einzuführen. Die Abtheilung, welche mit Vor- bereitung der Berathung der hohen Veesammlung beauftragt worden ist, hat zwar im Allgemeinen die Nüßlichkeit der Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer anerkannt, sih aber dagegen erklärt, daß an deren

Stelle neben der Beibehaltung eine Klassensteuer für die minder wohl- habenden, eine Einkommensteuer für die wohlhabenden und reichen Staats-Einwohner eingeführt werde, und zwar eine solche, die mit der Nothwendigkeit verbunden is, daß der Steuerpflichtige eine Declara- tion über sein Einkommen elbst abgiebt, Die Gründe , die dagegen angeführt worden, sind auch bei der Vorberteihung des Entwurfs nicht unerwogen geblieben, und von Seiten der Regierung hat man sich nicht davon überzeugen könuen, daß die Gründe, die von der Ab- theilung geltend gemacht worden sind, eine Veranlassung geben könn- M Geseß- Entwurf in seinen wesentlichen Grundlagen abzu-

E E L L L Br R A Er A e a Le r e E L at S ——

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vel Im egen muß die Regierung fortwährend bei der Ansicht eharren, da

dem Gebiete der Steuern sei und namentlich mit Rücssicht auf die sozialen Verhältnisse eine richtizere Vertheilung der Lasten herbeiführe, daß die -mannigfahen Unbequemlichkeiten, welche eine neue Steuer, insbesondere eine \o umfassende, mit sih führe, niht zu scheuen seien, vorausgeseßt, daß sie Gewißheit darüber erlange, es werde ihr bei dieser als wohlthätig und ersprießlih von ihr erkannten Maßregel die Unterstüßung des Landes zu Theil werden. Ueber diese Frage wird nun die hohe Versammlung sich auszusprechen haben,

Was den Geseß=Entwurf felbst anlangt, so sind die Motive, die Tendenz desselben in der Denkschrift ausführlich erörtert; ih brauche also niht auf ein näheres Detail einzugehen, da jedem Me der hohen Versammlung die Denkschrift und deren Beilagen vollstän- dig vorliegen. Jh will also nur noch kurz die wesentlihsten Mo- mente hervorheben, welhe die Maßregel der Regierung motivirt haben. Es sind, wie bemerkt, gegen die Mahl- und Shlachtsteuer vielfache Beschwerden erhoben worden. Wenn manlediglich vom finanziellen Standpunkte, namentlich von dem Standpunkte der Verwaltung, ans= geht, \o können die Beschwerden nicht in dem Maße für begründet erfannt werden, wie sie von vielen Seiten dargestellt worden, Die Mahl- und Schlachtsteuer hat zunächst den Vortheil, daß sie seit 27 Jahren besteht und das Volk daran gewöhnt is, und dies ist gerade auf dem Gebiete des Steuerwesens ein erheblicher Vortheil. Es gewährt ferner diese Steuer alle Vortheile, welhe überhaupt eine indirekte Steuer mit sich sührt, nämlich eine bequeme Erhebung, indem nur Wenige die Stéuer unmittelbar zahlen, und eine leichte Entrichtung, indem die Steuer - Auslage in dem Preise der Con- sumtions - Gegenstände, auf denen sie ruht, auf eine unmerkliche Weise vvn den Steuerpflichtigen wiedererstattet wird. Dies sind unverkenn-= bare Vortheile. Diesem gegenüber stehen aber sehr entschiedene Nachtheile, Zunächst trifft die Steuer der gegründete Vorwurf, daß sie die ersten, uneutbehrlihsten Lebensbedürsnijse belastet, Daran fnüpft sich die Folge, daß durh dieselbe im Allgemeinen der minder wohlhabende, der ärmere Theil der Unterthanen unverhältnißmäßig belastet wird. Ein dritter Nachtheil besteht darin, daß die Städte, welhe der Mahl- und Sthlachtsteuer= pflicht unterworfen sind, im Ganzen weit stärker belastet sind, als das platte Land. Die Zahlen sind in der Denkschrift näher angegeben ; das Verhältniß is wie 1 zu 3, und wenn mau auch anuimmt, daß die Leistungsfähigkeit ‘der jeßigen mahl - und shlachtsteuerpflichtigen Städte gegen das flache Land erheblich bedeutender ist, so is doch die Dis ferenz viel zu groß, als daß sie durch dieses Moment ausgeglichen werden fönute. Ferner kommt in Betracht, daß in den Städten selbst, wo die Mahl=- und Schlachtsteuer besteht, gera die größte Ungleich- heit in der Besteuerung ist, Es ist schon oben bemerkt, daß der minder wohlhabende Theil der Bevölkerung bei den bestehenden Steuern im Allgemeinen unverhältnißmäßig stark herangezogen wird, und dies tritt bei der Mahl- und Schlachtsteuer am meisten hervor, Es werden von dieser Steuer am stärksten betroffen nicht diejenigen, welche die Wohlhabendsten sind, sondern diejenigen, welche gerade in der Lage sih befinden, das größte Quantum an den unentbehrlichsten ersten Lebensbedürfnissen verbrauchen zu müssen. Es tritt ferner der Uebelstand hervor, daß ein Theil der Umgegend der mahl - und \clachtsteuerpflichtigen Städte einer doppelten Steuer unterliegt. Um die Einnahme aus der Mahl - und Schlachtsteuer zu sichern , ist es unerläßlich, sie auch in gewisser Beziehung auf die Umgegend auszu= dehnen, und das ührt cine Besteuerung theils dur die gedachte und theils durch die Klassensteuer herbei. Endlich is ein wichtigerer Moment der, daß durch diese Mahl- und Schlachtsteuer wieder Steuerli- nien im Junern gezogen sind welche den freien Verkehr in dem Maße, wie er soust zu wünschen sein würde, nicht gestatten. Diese Nachtheile sind gewiß von sehr großer Bedeutung und überwiegen aus dem allgemeinen staatlichen Standpunkte die Vortheile, welche blos aus dem finanziellen Standpunkte mit der Mahl- und Schlacht- steuer, als einer indireften Steuer, verbunden sind. Es konnte also, wenn man darüber nicht in Zweifel sein konnte, E die Nachtheile der Schlacht- und Mahlsteuer die Vortheile derselben sehr überwiegen, nur die Frage entstehen, in welher Weise is diesem Mißverhältniß abzuhelfen? E : : .

Es war vorgeschlagen worden, die Klassensteuer unbedingt auch auf die Städte zu übertragen. Dies ist namentlih ein Vorschlag, der auh von ständischer Seite ausgegangen ist, Indessen konnte auf den Vorschlag aus mehreren Rücksichten nicht eingegangen wer- den, Wenn man das Verhältniß der i e der mahl- und \hlachtsteuerpflichtigen Städte mit dem der _flassensteuerpflichtigen vergleicht, so würde das Einkommen, was die Städte gewähren wür- den, wenn man die Bevölkerung allein berücksichtigt, etwas über eine Million betragen; wenn man die höhere Leistungsfähigkeit der Städte

- mit in Betracht zieht, so würde man doch kaum auf die Hälfte der

Summe fommen, die erforderlich is, um einen Ersaß für die Mahl- und Schlachtsteuer zu erhalten. Dazu kommt noch, daß den höheren Stufen der Klassensteuer erhebliche Schwierigkeiten in größeren Städ- ten entgegenstehen, weil das Vermögen bei einer großen Anzahl von Rentiers und sonstigen begüterten Personen in seinen Merkmaleu nicht so hervortritt, wie cs nothwendig is, um die Klassensteuer richtig zu ver= anlagen. Es blicb also weiter nichts übrig, wenn mau den Zweck .xreichen wollte, als einen anderen Weg einzuschlagen, und zwar einen solchen, der vielfah von der öffentlihen Meinung angedeutet war, nämlich den einer Einkommensteuer. Grundsäßlich is. die Einkommen- Steuer gewiß für die richtigste zu halten. Es fann zwar nicht be- hauptet werden, daß auch bei der Einkommensteuer alle Ungleichheiten, selbst weun das Cinfommen richtig angegeben ist, vermieden werden ; denn nicht das Einkommen allein begründet das Maß der Leislungs- fähigkeit, es kommt vielmehr auch auf die Ausgaben an, die wesent- lih verschieden sind. Allein grundsäulich ist doch anzuerkennen, daß die Einkommensteuer die richtigere sei und die gerehteste Vertheilung der Steuerlast bewirke. Dagegen kommen andererseits die Jnkon- venienzen in Betracht, die an die Einkommensteuer sih anschließen, und darunter is die Ermittelung des Vermögens, das Eindringen in die Vermögens-Verhältuisse die erheblichste und bildet auch denjeni- gen Grund, welcher auf das Gutachten der Abtheilung entscheidend eingewirkt hat. Jch bemerke aber, daß man si bei Abfassung des Entwurfs besonders hat angelegen sein lassen, die Uebelstände, die mit der Ermittelung des Einkommens verbunden sind, zu vermeiden, und wenn wir uns andere Gesebgebungen, über die Einkommensteuern bestehen, namentlich die in England, vergegenwärtigen, so sind die Formen, die in dem Entwurfe vorgeschlagen sind, viel milder, und es wäre vielleicht mögli, in Rücksicht auf diese Formen noch eine großere Erleichterung eintreten zu lassen. Eins bleibt aber unerläß- ih, nämli, daß der Steuer die Selbstdeclaration des Steuerpflich- tigen zu Grunde gelegt werde, weil dies das einzige Mittel ist, eine leihmäßige Vertheilung der Steuern herbeizuführen. Wie diese

teuer eingerichtet werden muß, das ist Gegenstand der speziellen Erörterung, aber die Selbstdeclaration bleibt jedenfalls Grundsab; denn- soll der Verwaltung nit ein fester Anhalt gegeben werden, um beurtheilen zu können, ob die Steuer auf einer richtigen Ber- anlagung beruhe, so sind die größten Ungleichheiten zu besorgen. Es würden die Abschäßungen in den verschiedenen Theilen der onarchie und in den einzelnen Provinzen in sih höchst verschieden sein und

der Geseßesvorschlag ein Fortschr;tt zum Besseren auf

eine gerechte Vertheilung der Steuern nicht erzielt werden. Wenn auf die Einkommensteuer eingegangen werden soll, (o bleibt dieser Grundsaß unerläßlich, und es wird o jeßt Aufgabe der hohen Versammlung sein, näher zu erwägen, ob auf diese Grundlage hin der Geseß-Vorschlag anzunehmeu i vder nicht.

Referent von der Marwiß: Es ist sehr zu bedauern, daß der Herr Korreferent rücksihtlih seiner gewiß sehr beschränkten Zeit außer Stande gewesen ist, den Versammlungen der Abtheilung ganz regelmäßig beizuwohnen. Wir haben daher das Amendement, welches er hier in Vorschlag gebracht hat, in der Versammlung der Abthei- lung nit zur Erörterung ziehen können, Jh habe das vortragen müsen, indem es auffällig erscheinen möchte, daß die Abtheilung nicht über das Amendement, was" hier vorgeschlagen worden ist, ein be- stimmtes Gutachten abgegeben hat.

_ Abgeordu. Hansemaun: Den Berathungen der Abtheilung habe ich allerdings nicht in allen Stadien beiwohnen können, und ng- mentlich nicht der Berathung der einzelnen Artikel des Geseßes. Jch habe indessen geglaubt, daß es gerade fein Unglück war, daß ich die ser Berathung nicht beiwohnte; denn wenn man vorhersieht, daß ein Geseß im Ganzen die Annahme nicht findet, so muß die Berathung der einzelnen Artikel, von mir wenigstens, mehr nur als Form - trachtet werden. Es isst mix zu meinem Bedauern allerdings Unmösg= lih gewesen, der Schlußberathung beizuwohnen, wo das Referat vorgetragen wurde. Judessen habe ih im Laufe der früheren Ver- handlungen {on meine Absicht zu ‘erkennen gegeben, daß ih mi einem solchen Vorschlage, wie ih ihn heute gemacht habe, und wie er, so viel ich mi erinnere, von einem Mitgliede der Abtheilung im Laufe der Debatte gemacht worden ist, gern anschließen würde, indem ih dadurh einen guten Ausweg sähe, Die Formulirung meines Amendements habe ih erst heute Morgen vorgenommen, und ih glaube, daß es auch nicht so sehr darauf ankommt, wie gerade die einzelnen Worte desselben lauten; der Sinn desselben is aber analog mit dem, was in der Abtheilung mehrfah vorgetragen worden ist.

Abgeordn. Krause: Hohe Versammlung! Von allen Seiten wird auf die Schwierigkeit hingewiesen, ein allgemeines Se hältniß für alle Volksklassen aufzustellen. Der Eine findet das indi= rekte, der Andere das direkte Steuerverhältniß für angemessen; ich neige mich zu der direkten Besteuerung. Für die Städte mag das indirekte Steuerverhältniß passend sein, für die Landgemeinden paßt es aber gewiß nicht. Es ist mir noch sehr wohl die Zeit erinnerlich, als die Consumtionssteuer auf dem Lande existirte, Alle Steuer-Re- visionsbeamte waren damals nicht beliebt, und es ist die Moralität nicht dadur befördert worden, Daß aber ein geregeltes Steuerver- hältniß nur dadurch eutstehen kann, wenn Jeder nach Verhältniß ein- geshaßt wird, muß ich allerdings bekennen. Für das direkte Steuer=- verhältniß \priht nah meiner Ansicht auch noch dermalen der Um- stand, daß alle Brauereibesiber sich möglichst fixiren lassen, um der Kontrolle zu entgehen. Wenn Se. Excellenz der Herr Landtags- Kommissar vor kurzem erklärt haben, daß uicht beabsichtigt werde, eine neue Steuer aufzulegen, sondern daß die Last nur den Aermeren abgenommen und aus die Vermögenderen gelegt werden solle, so muß ih diesem wohl ganz beipflichten, aber in dem Geseß-Entwurf §. 7 finde ih nicht, daß dieses Verhältniß maßgebend gewesen sei, Denn es heißt in der ersten Steuerstufe :

A. Steuerbetrag 20 Sgr.

B, » 15 »

2A » 10 » in der zweiten Klasse 75, 5 und zuleßt 1% Sgr. Das is ganz das- selbe Classifications - Verhältniß, was wix seither gehabt habenz ih finde also dabei niht, daß eine Erleichterung Plab greifen könne, Nach meinem Dafürhalten müßte die leßte Steuerstufe ganz ausfallen, und es müßte statt der Steuerstufe von 5 Sgr. eine Steuerstufe von

‘91 Sgr. für die kleinen Ackerbesißer und Gewerbtreibenden eingeführt

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werden, Denn ein Erlaß der ganzen leßten Stufe kann nur dann eintreten, wenn überhaupt die kleinen Ackerbesiber und Gewerbtreiben- den von der leßten Steuerstufe geschieden werden. Wäre Leßteres nit der Fall, so müßte dem Ermessen der Ortsbehörde anheimgege= ben werden, welche dahin gehörte, Ain 8ten \s{hlesishen Provinzial- Landtage habe ih eine Petition eingereiht, daß man die lebte Steuer- stuse ganz ausscheiden möge. Der Provinzial-Landtag hat sie befürwor- tet bis auf 1 Sgr.|; dieses is aber abgelehnt worden.

Es will mich aber bedünken, so lange zwei Steuern, Mahl= und Schlachtsteuer, so wie Klassensteuer, bestehen, daß es unmöglich ift, einen Ausbau der Klassensteuer, wie allgemein beliebt wird, hervor- zurufen. Denn es is in der Penkschrist Seite 19 zu ersehen, daß im ganzen preußischen Staate nur 346 Haushaltungen vorhanden sind, welche monatlih 412 oder jährlih 144 Thaler Steuern geben. Da will mir einleuchten, daß entweder der Einschäßungs=Modus ein ungerechtfertigter is, oder daß alle diejenigen, welche dieser Steuer unterliegen würden, in mahl- und schlachtsteuerpflichtige Städte ziehen, dann ein Attest über sechsmonatlichen Aufentbtalt daselbst bringen, da- mit sie der Klassensteuer auf dem Lande niht mehr unterliegen. Mich will bedünken, will man einen höheren Saß bei der Klassensteuer her= vorbringen, so muß man die Mahl- und Schlachtsteuer aufheben, sonst wird der Ausbau der Klassensteuer ein unmöglicher. Nach mei- nem Dafürhalten sind wir noh uiht auf dem Standpunkte, um eine Einkommensteuer befürworten zu können. Jch glaube, bevor dies ge- hehen faun, müssen zuerst die klassensteuerpflihtigen Haushaltun- gen der untersten beiden Stufen so weit ermäßigt werden, daß sie gegen die frühere Besteuerung einen Vortheil haben, und dies kann nur dadurch erlangt werden, wenn der Staat eine Quotisirung für alle Verhältuisse eintreten läßt. Bevor dies nicht geschieht, so muß ih mi absolut gegen den neuen Entwurf der Einkommensteuer er- flären.

Abgeordn. Camphausen: Seit einiger Zeit haben die Kla- gen über die Mahl- und Schlachtsteuer erheblih abgenommen und manche Stimmen si vielmehr zu ihren Gunsten vernehmen lassen. Ob darin im Allgemeinen eine Aenderung der öffentlichen Meinung zu erkennen sei, oder ob auh der Umstand mitgewirkt hat, daß die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer nun wirkli angeboten, da- gegen aber die Einführung einer unbequemen und lästigen direkten Steuer Vbdrbert wird, das will ih uicht entscheiden. Jch erkenne meiner- seits, daß die Mahl- und Schlachtsteuer noch andere Nachtheile habe, als diejenigen, welche die Denkschrift des Herrn Finanz - Ministers schildert, und ih will einen derselben anführen. Wenn es richtig wäre, daß der Betrag der Mahl- und Schlachtsteuer sich dur den öheren Arbeitslohn in den Städten ausgleihe, so würde daraus folgen, daß der Arbeiter in der Stadt und der- Arbeiter auf dem ande in der Lage wären, eine De Ersparniß von ihrem Erwerbe zu machen. Tritt sodann der Fall der Arbeitslosigkeit oder der Krank- eit ein, so_ is es offenbar, daß der Arbeiter in der Stadt eher mit feinem Ersparniß zu Rande sein wird, als der auf dem Lande. Wenn dies für den Einzelnen wirkt, so wirkt es noch viel mehr für diejeni- gen Arbeiter, welche Familie haben; denn in diesem Falle wird noch eher der Arbeiter mit Familie in der Stadt das aufgezehrt haben, was er sih ersparen konnte, als der Arbeiter auf dem Lande.

gebe zu, daß diese so wie manche andere Nachtheile der Mahl=- und Schlachtsteuer sich auf natürlihem Wege theilweise aué-

Erste Beilage

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Erste Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Montag den 14tÞ Juni.

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leihen, und führe an, daß in Köln im Jahre 1846 eine plöbliche Stodung der Bauthätigkeit eintrat, und daß in Folge davon 3500 Einwohner sich abmelden ließen und die Stadt verließen, dieselben also sich der Ungleichheit der Steuer entzogen. Jh gebe ferner zu, daß durch die Besteuerung des Verbrauchs eine andere Richtung dem Verbrauche selbst gegeben und dadurch die Ungleichmäßigkeit gemildert wird, die durch die Besteuerung des Verbrauchs eintreten könnte. Ich will aber den Streit nicht s{lihten, der sich über das Maß der rößeren oder geringeren Nachtheile der Mahl- und Schlachtsteuer führen lassen kann. Mich stimmen zu Gunsten des Vorschlages der Regierung die Vorzüge, die für die Einkommensteuer an und für sich anzuführen sind. Diese Vorzüge -finde ih aber nicht darin, daß ei Einkommensteuer, wodur die gesammten Staatslasten aufgebracht würden, also eine einzige Einkommensteuer, das Ideal der reif wetl rung wärez im Gegentheil möchten bei der gegenwärtigen Organisa fich unserer Staaten gegen die Einführung dieses Jdeals, insofern sie tei ) wäre, noch manche Gründe aus der Gerechtigkeit herzuleiten sein. Die Einkommensteuer muß sich unter dem Gewichte der Thatsache rehtfertigen und empfehlen lassen, daß sie in ein bestehendes Steuer- System als ein Glied dieses Systems eintritt, daß sie der Ersab oder die Ergänzung einer bestehenden Steuer sei. Von diesem Stand- punkte aus sind die Einwendungen zu bestreiten, welche sih gegen die Einkommen - Steuer deshalb erheben lassen, weil neben ihr noch an- dere direkte Steuern, die Grundsteuer, die Gewerbesteuer und zum Theil die ebenfalls dahin gehörige Stempelsteuer , bestehen. Ju Beziehung auf die Grundsteuer namentli is zu bemerken, daß ein besonderer Antrag auf deren Ausgleichung gestellt, daß dieser Gegen=- stand einer abgesonderten Behandlung unterworfen is, indem es sich nicht davon handelt, die Grundsteuer, oder. die Gewerbesteuer, oder beide in eine Einkommensteuer zu verwandeln, sondern die Mahl = und Schlachtsteuer und die Klassensteuer durch die Einkommensteuer zu er= seßen. Es is nur zu bemerken, daß der Vorwurf einer ungleichmä- bigen Vertheilung nicht nur die Mahl - und Schlachtsteuer, sondern auch die Klassensteuer trifft, und zwar deshaib, weil die Klassensteuer auf den unteren Ständen {wer lastet, weil durch die Sprünge von einer Stufe zur anderen eine Ungleichmäßigkeit erzeugt wird, und vor allen Dingen deshalb, weil ein Theil des Einkommens der Reichen von der Steuer befreit bleibt. Das Streben nah einer gerechten und gleichmäßigen Vertheilung der Steuern, das Streben nach einer Entlastung der Unbemittelten, in einer solhen Form, welche allmälig nah der Oekonomie des Geseh - Entwurfes weiter geführt werden fann, ift cben der wichtigste Grund, der mich für den Vorschlag ein- nimmt, und zwar nicht nur dieses Streben an sich, sondern daß das- selbe sowohl von denjenigen, zu deren Lasten es wirkt, als au von denjenigen, zu deren Gunsten es wirft, anerkannt werde.

Wie dunkel und verwirrt auch die Begriffe seien, welche sih an die Schlagworte unserer Zeit anknüpfen, an die Worte Pauperismus, Proletariat, Kommunismus, Sozialismus, Organisation der Arbeit, das wird Niemand leugnen, daß auf dem tiefsten Grunde dieser wo- genden Oberfläche eine Wahrheit liege, die Wahrheit nämlich, daß der Mensch, der lebt, auch das Recht habe, zu leben, und daß dieses N von der Gesellschaft in einem erweiterten Umfange anzuerken- nen sei.

(Einige Stimmen: Bravo!)

Niemand wird leugnen, daß vorzugsweise. dem neunzehnten Jahr- hundert viele der Ursachen angehören, welche auf Beförderung der grelleren Gegensäße zwischen den Armen und den Reichen hingewirkt haben. Jch nenne Jhnen das Wachsthum der Bevölkerung in einem langen Frieden, die Erfindung von Maschinen, die Einführung von Eisenbahnen, die Theilung der Arbeit, die Konzentrirung der Arbeit in der Fabrif-Jndustrie, das wachsende Uebergewicht des Kapitals und des Kredits. Allerdings sind von jeher die Güter und Rechte des Lebens ungleihmäßig vertheilt gewesen, und sie werden es bleiben, aber dieser Gemeinplaß hilft uns nicht über die Schwierigkeiten der Gegenwart hinüber. Dieselbe Jdee, die einst die Sklaverei als ein Unrecht verurtheilt hat, diesclbe Jdee, die später die Leibeigenschaft als ein Unrecht verurtheilt hat, dieselbe Jdee dringt weiter, und wir sehen sie thätig in den meisten Geseßgebungs=- Gewalten Europa?s und in dem Geiste des Volkes. Mir is der Geseß - EntwuiFf der Regierung willkommen als ein Ausfluß dieser Jdee, als ein sozialer Fortschritt. Er erzielt die größere Verbreitung der Anerkenntniß, daß die Besißenden die Pflicht haben, für die Besiblosen Vieles zu thunz er erzielt die größere Anerkennung ter Besißlosen,- daß die Be= sibenden bereit seien, Opfer für sie zu bringen. Es is} der Beruf der Gesetzgebung unserer Zeit, die Härten des Lebens anzuerkennen und zu mildern. Der volle Werth in dieser Beziehung wird aber der Einkommen - Steuer nur in dem Falle verbleiben, wenn sie auf der eigenen Angabe der Steuerpflichtigen beruht. Von höchster Wich= tigkeit ist dieser Punkt aber auch aus politishen Gründenz gerade er giebt der Maßregel die höchste politishe Bedeutung. Jch erkläre mich hierüber näher. Dadurch, Haß die Regierung die Steuer-Ver= theilerin is, daß sie die Steuern ausschreibt und die Steuern erhebt, bildet sich nah der Natur der Sache ein Gegensaß zwischen den Be= steuerten und der Regierung, es wird auf die Verbreitung des Jrr- thums hingewirkt, daß ein getheiltes Jnteresse zwischen der Regierung und dem Volke bestehe, Dem Wohle des Staates entspricht es aber, daß sih die Anerkennung immer mehr verbreite, daß das Juteresse der Regierung und das Jnteresse des Volkes identisch sei, und diese Anerkennung wird befördert, wenn der Steuerpflichtige nicht besteuert wird, sondern wenn er sich selbst besteuert. Dadurch ist ein Weg erschlossen, vermöge dessen das Gefühl des Zusammenhangs mit dem Staate, gewissermaßen der Jdentität mit dem Staate, in den Ein= zelnen tiefer eindringt.

Der Steuerpflichtige hat bei der Einkommensteuer nicht wie bei der indirekten Steuer seinen Beitrag zu den Staatslasten zu entrich- ten, ohne daß er es weiß, beinahe ohne daß er es fühlt. Er wird darauf hingewiesen, si seine Pflichten im Staate klar zu machen; er wird darauf hingewiejen, indem er sih genöthigt sieht, selbst zu handeln, seinen eigenen Willen zur Thätigkeit zu rufenz er wird dazu genöthigt, indem er si selbst, und zwar in jedem Jahre, klar machen muß, warum, wie viel und weshalb er Steuern zu entrichten hat, nicht in fremder, sondern in eigener Sache. Durch das Eindringen dieses Bewußtseins in das Volk wird die politishe Entwickelung des- selben in hohem Grade befördert, und ich muß die Einwendung zu- rückweisen, daß wir für eine solhe Entwickelung noch nicht reif 4 bn,

daß wir nicht zu M seicn mit England, wo die politischen

Institutionen seit Jahrhunderten eine größere Reife des Volkes her- beigeführt haben. Jh erblicke in dem Muthe, die Selbstbesteuerung- einzuführen, niht nur die Folge der politishen Bildung, sondern auh das Mittel, die pn Bildung zu vermehren. Jh mache Sie aufmerksam darauf, ob nicht ein Reicher, ein Großer, der in dieser Liwzilung sit, mit einer größeren Aufmerksamkeit den Staats- haushalts - Etat betraten und pxüfen ‘wird, wenn er weiß, daß er in direktem Wege einen Ci durch seine eigene Declaration fest gestellten Beitrag zu liesern hat, als wenn ex nur auf indirektem

Wege von ihm erhoben wird. Das Gefühl der Pflicht stärkt das

Gefühl des Rechts; so wie überall eine Pflicht dem Rechte gegen-

übersteht, so ist auch die f ns des Rechtes eine Folge Ä lufsassung der 1M.

der s{härferen Auffassung leo 1

Das sind die allgemeinen Gründe, die mi bewegen, dem Ge- \ebe in seinen Prinzipien zuzustimmen, und namentlich in dem Prinzip, daß die Steuer auf der Selbstangabe der Einzelnen beruhe. Auf die Details einzugehen, is gegenwärtig nicht an der Zeit, und wenn ih die positiven Gründe, die für die eigene Angabe des Einkom- mens reden, angeführt habe, so wird es die Aufgabe des Gouver- nements sein, wie es sie schon theilweise erfüllt hat, diejenigen Gründe geltend zu machen, welche sich aus praftishem Standpunkte dafür anführen lassen, daß durh diese Steuer ohne Selbstangabe des Ein- kommens eine gerechte Vertheilung nicht erzielt werden kaun.

(Bravo !)

Abgeordn, Dittrich: Hohe Versammlung! Auch ih erkenne an mit warmem Danke das Prinzip, was im vorliegenden Geseh- Entwurf ausgesprochen is, nicht aber die Art der Ausführung. Es ist nah der Allerhöchsten Proposition die Erklärung der Versamm- lung darüber erfordert : erstens, ob die Mahl- und Schlachtsteuer auf- gehoben werden soll? zweitens, ob eine Einkommensteuer an deren Stelle geseßt werden soll? Jch finde in dem Gutachten der verehr- ten Abtheilung die erstere Frage nicht selbstständig behandelt, halte es aber für wesentlich, daß eine besondere Beantwortung dieser Frage erfolgen möge; die zweite, was an deren Stelle zu seßen sei, würde daraus folgen. Zu dem Zwecke is ein Eingehen auf die Gründe, wegen welcher die Mahl- und Schlachtsteuer nachtheilig is, nothwen- dig. Sie sind Seite 2 der Denkschrift hervorgehoben z; es sind aber

‘vielerlei Einwendungen dagegen erhoben worden, deren Widerlegung

mir nöthig scheint, Man sagt zunächst, der Arme, dessen Erleichte- rung doch der Zweck is, werde dadurch nicht erleichtert; er könne Brod und Fleisch in kleinen Quantitäten in die Stadt bringen. Da- gegen frage ih: is die Zeit, ist der Gang dem Armen nichts werth? Ein weiterer. Einwand hiergegen is darin gemacht worden, daß der Arme die Lebensmittel nicht billiger erhalten würde; es zeige ter Erfolg, daß in denjenigen Städten, in denen die Mahl= und Schlachtsteuer bestand und jeßt aufgehoben i, die Lebens- mittel nicht billiger gewesen sind. Dagegen beziehe ih mich auf die Denkschrift. Sie sagt Seite 3, daß im Jahre 1844 9210 Contraventionen stattgefunden haben. Wäre cine Erleichterung durch das Einbringen von Lebensmitteln in die Stadt nicht möglich, so würden die Contraventionen nicht stattfinden. Es wird außerdem durch das Einbringen des Weizens auch für den Armen Manches billiger werden. Auch liegt klar zu Tage, daß z. B. ein Wohlhaben- der, der für seine Person und einen oder einige Dienstboten Lebens- mittel bedarf, niht in dem Maße besteuert wird, wie er besteuert werden muß, und deren sind sehr viele in großen Städten. Dem stelle ih entgegen den armen Mann, der eine große Zahl von Fa- miliengliedern, vielleicht 6 oder 8, zu ernähren hat. Man beantworte da, ob die Besteuerung des armen Mannes gerecht is? Außerdem führt der Punkt der vielen Contraventionen auf die Moralität. Er ist bereits hinreichend beleuchtet worden, und ih habe deshalb nicht nöthig, ihn weiter auszusühren. '

Brittens fordert auch die Gerechtigkeit die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer ; es is in der Verordnung, die dem Klassensteuer= Geseß angehängt is, vom 30. Mai 1820 §. 14 in Bezug auf die Vorstädte bestimmt.

„Bäder, Schlächter oder“ andere Personen, die mit Mehl, Graupe, Grüße, Gries, geschrotenem Getraide, geshrotenen Hülsenfrüchten, Brod, Backwaaren u. st\. w. Handel treiben, sollen von den Früch- ten, welche sie vermahlen lassen oder vermahlen einführen, und von dem Vieh, welches sie shlachten lassen oder geschlahtet ein- führen, auch dann, wenn sie niht in der Stadt, aber in nicht größerer Entfernung, als einer halben Meile von dem steuerpflich= tigen Stadtbezirke an einem der Klassensteuer unterworfenen Orte sih niedergelassen haben, die Mahl= und Schlachtsteuer eben so zu entrihten s{uldig sein, als wenn sie zur Stadt gehörten, ohne des- halb von der Klassensteuer ihres Wohnorts entbunden zu werden.“ Das (Bewerbesteuer-Geseß sagt sub §. 27 b.: „Schlächter und Bäcker in der Nähe solcher Städte, in welchen die Mahl = und Schlachtsteuer eingeführt ist, sind dem städtischen Verein beizutreten und die städtishe Gewerbesteuer in dem Falle zu entrichten verbunden, wenn sie nah dem Geseße wegen der Mahl=- und Schlachtsteuer zu diesen Abgaben angezogen werden.“

Also die Vorstädter sind doppelt besteuert; außerdem werden die auswärtigen Klassensteuer - Pflichtigen , die sih zeitweise in mahl= und s{hlachtsteuerpflihtigen Städten aufhalten, ebenfalls doppelt be- steuert. Es is allerdings hiernach die Steuer - Erhebung für große Städte eine viel leichtere, als sie im entgegengeseßten Falle sein würde.

Endlich kommt noch dazu, daß im Lande Zollschranken eben nicht angenehm sind.

Die Einkommen = Steuer wird, wie sie der vorliegende Geseß- Entwurf ausführt, wie ih mit Sicherheit erwarte, von der Ver= sammlung nicht angenommen werden. Es ist zwar in Bezug auf dasjenige, was an deren Stelle treten soll, niht geradezu ein Vor- chlag der Versammlung erfordert, aber doch in der Denkschrift mit beregt, daß jedenfalls, wenn die Mahl - und Schlachtsteucr wegfallen soll, etwas an ihre Stelle treten muß, wie sih von selbst versteht. Nun- scheint mir, daß hierbei eine Modifizirung der Klassen- Steuer, ih meine eine mit Einkommen - Steuer verbundene Klassen - Steuer mit mehreren Abstufungen und höheren Steuerstufen, einzuführen am zweckmäßigsten sein dürfte. Warum soll der Reiche höchstens 12 Rthlr. monatlich geben, warum kann er nicht 100 Rthlr. geben? Warum fönnen die wenigen Haushaltungen, die in der höchsten Stufe be- steuert sind, niht um drei= oder viermal höher besteuert werden? Denn die Zahl dieser Haushaltungen würde ja, wenn die Mahl- und Schlachtsteuer aufgehoben wird, da gerade in den größeren Städten ziel Wohlhabende leben, bedeutend erhöht werden. /

Anßerdem scheint es mir weseutlih, wie auch schon von einem Redner angeführt ist, daß die Kontingentirung eintrete, und daß die Selbstbesteuerung der Gemeinden dadur begründet werde. Die geehrten Abgeordneten der Rheinprovinz kennen das Resultat der Kontingentirung. Es is au auf dem schlesischen Provinzial-Land- tage zur Sprache gekommen, aber nicht angenommen, weil man an- nahm, daß alle drei Jahre Aenderung des Steuer-Kontingents ein- trete. Nach dem, was ih darüber nun in Erfahrung gebracht habe, ist dies nicht der Fall, und nur in der Art, daß der Personen = Zu- wachs ebenfalls wieder besteuert wird, und das ist billig, aber die Aenderung der Steuer nah den Grundsäßen, die uns jegt s Eb unddie Besteuerung der Steuerpflichtigen selbst, läßt sich, wie mir als Erfah- rung mitgetheilt worden, richtiger normiren. Außerdem ist der Grund, den der vorhergehende Redner angeführt hat, sehr wichtig, nämli der, daß das Gegenüberstellen gegen die Steuererheber und gegen

das Gouvernement überhaupt wegfallen würde, und ; viel größere Uebereinstimmung in Bezu auf Auerleuninit he Sten pfliht dadur herbeigeführt würde. Jh erlaube mir in Bezug auf das Bedürfniß der Kontingentirung ein paar Beispiele anzuführen : Ju dem Kreise, in dem ih wohne, wurden in Folge der mit höchstem Danke anerkannten Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom Mai 9. J, diejenigen Krieger steuerfrei gelassen, welche den Krieg von 41813 bis 1815 mitgemaht haben. Jn Folge dessen entstand ein Ausfall von etwa 600 Rthlrn., der sih bei der neuen Klassensteuer-Veran= lagung am Schlusse des vergangenen Jahres wieder herausstellte, Um diesen Steuerausfall zu erseßen, wurden vou der Königl. Regie- rung diejenigen Mitglieder der Familien dieser Steuerpflichtigen in der untersten Steuerstufe wieder besteuert, welche si im steuerpflichtigen Alter befinden, und außerdem wurden in den Haushaltungen, die hon als Haushaltuugen besteuert sind, noch einzelne Barton in der untersten Klasse besteuert. Dadurch wurde freilich der Ausfall gedeckt. Es entstand aber ein allgemeines Bedauern über diese Art der Besteuerung, die, wie man dafür hielt, und wie ih auch dafür halte, niht in dem Geseß begründet war. Dergleichen Uebelstände würden wegfallen, wenn die Besteuerung den Gemeinden überlassen würde. Jn Bezug auf das, was ih gesagt, habe ich mir erlaubt, ein dem ersten Amendement ähnliches zu Fellen, doch einigermaßen modifizirt, uämlih Se. Majestät den König zu bitten: 1) die Mahl= und Schlachtsteuer aufheben, und 2) zu deren Ersaße und zum Zwecke der Erleichternng der in den unteren Klassen der Klassensteuer Steuernden neten Klassen anordnen zu wollen und zugleih solche, welche den jeßigen höchsten Steuersaß übersteigen. Wenn man auch annimmt, daß in den höchsten Steuerstufen nicht so bedeutend viele Haushaltungen steuern würden, so würde doch dur die Zwischenstufen sih viel erreichen lassen, um die. unteren Klassen Li Rg, welthes doch der Zweck der Allerhöchsten Propo- ition 1k.

General-Direktor der Steuern, Kühne: Jch muß mir einige Worte zur Berichtigung erlauben. Der verehrte Redner, der so eben sprach, hat, wenn ich recht verstanden habe, geäußert, es seien die anderen Steuerpflichtigen in den unteren Klassen um deswillen er=- höht, weil Se. Majestät der König geruht habe, die Krieger aus den Jahren 1813—1815, so weit sie den unteren Steuerstufen angehören, zu befreien. Jch kann auf Ehre und Pflicht versichern, daß von hier aus auch nicht die geringste Anleitung der Art ergangen ist, ih kann ferner auf Ehre und Pflicht versichern, daß auch niht die geringste Andeutung aus irgend einer Provinz vorliegt, daß eine solhe Miß-= deutung der Allerhöchsten Willensmeinung stattgefunden habe, und wenn eine solche irgendwo in der Provinz zur Kenntniß des geehrten Redners gekommen sein sollte, so wird er uns einen großen Dienst erweisen, wenn er dies näher substantirt, damit der Fall untersucht werden fann.

Marschall: Bevor wir weiter gehen, is zu ermitteln, ob der leßte Vorschlag die geseßliche Unterstüßung findet?

(Pause.)

Er hat sie gefünden, es wird sich später zeigen, inwieweit es nöthig is, ihn zur Abstimmung zu bringen, es kann jeßt nur erklärt werden, daß er event. zur Abstimmung kommen wird.

Abgeordn. Baum: Meine Herren! Die gleihmäßige- Verthei= lung der Steuern is von der Gerechtigkeit geboten und folglich eine unabweisliche Pflicht des Staats. Dennoch pas wir, wie eine große Ungleichheit zwischen der Mahl- und Schlaht= und der Klassensteuer besteht, die um so drückender ist, als erstere hauptsächlih auf den un- teren Volksklassen lastet. Während die Mahl= und Schlachtsteuer im Durchschnitt 51 Sgr. jährlich pro Kopf beträgt, erreicht die Klassen= steuer 16 Sgr. 5 Pf. Der Herr Finanz-Minister hat die großen Nachtheile der Mahl- und Schlachtsteuer nachgewiesen, und ih schließe mich die- ser Ueberzeugung vollkommen an. Um Jhnen aber ein Beispiel an- zuführen, wie sehr einzelne Städte dur diese Steuer belastet sind, erlaube ich mir, mich auf die Stadt zu beziehen, welhe ih zu ver= treten die Ehre habe. Düsseldorf, bei einer Bevölkerung von 38,700 Seelen, wovon 23,700 in dem cngeren Bereich der Stadt wohnen, zahlt an Schlaht- und Mahlsterer im Durchschnitt 57 Sgr. pro Kopf oder 45,000 Rthlr. Es würde aber an Klassensteuer zu 16 Sgr. 5 Pf. pro Kopf nur circa 13,000 Rthlr. gezahlt werden, folglich bezahlt diese Stadt jährlih 32,000 Rthlr. zu viel. Nehme ih indessen an, daß ein Mittelsabß gelten könne für die shlaht- und mahlsteuerpflich- tigen Städte von 25 Sgr. pro Kopf, so würden dafür 20,000 Rthlr. in Anrechnung kommen und immerhin noch_ 25,000 Rthlr. jährlich zu viel bezahlt werden. Für die Dauer der Einführung der Mahl=- und Schlachtsteuer macht dies eine Summe von 700,000 bis 800,000 Rthlr. aus, von deren Zinsen die Armen der genannten Stadt er= halten werden könnten. Andere Städte sind in gleicher Lage, und es ist billig, es is recht, es ist nöthig, daß eine Aenderung eintritt. Wir leben in einer Zeit, wo wir daran denken müssen, der. arbeiten= den Klasse Arbeit zu geben, aber cben so sehr muß. darauf Bedacht genommen werden, ihnen billige, unbelastete Lebensmittel zu verschaf= fen. Es is jedo nit weniger an der Zeit, daß wir die Städte in den Stand seßen, ihre Kommunal - Bedürfnisse bestreiten und ihre Armei erhalten zu können. Nun is es aber wahr, daß durch die Freizügigkeit, der ih übrigens durchaus nicht entgegen bin, viele Land- bewohner nah den Städten übersiedeln, dort Arbeit suchen und, wenn sie arbeitslos bleiben oder arbeitsunfähig geworden sind, der Mild- thätigkeit der Städte anhcimfallen. Das’ Alles muß uns jedoch bé- stimmen, nicht allein die arbeitende Klasse, sondern auch die Städte zu erleichtern. Die Regierung hat diese Nothwendigkeit anerkannt und vorgeschlagen, die Schlaht- und Mahlsteuer und die Klassen- steuer in den höheren Klassen aufzuheben und die Einkommensteuer an ihre Stelle zu seßen. Allein für den Fall, daß dieser Vorschlag nit durhgeht und es bei der Schlaht- und Maklsteuer verbleiben sollte, appellire ih im voraus an die gleichvertheilende Gerechtigkeit, indem ih beantrage, daß die Städte, welche jeßt zu viel bezahlen, alsdann nur die Quote der Klassensteuer, die ihnen im Durchschnitt zur Last fallen würde, aus den Einnahmen der Schlacht - und Mahlsteuer zu entrihten hätten, während der Rest zur Bestreitung der Kommunal= Bedürfnisse und besonders zur Deckung der Ausgaben für die Armen, den Städten anheimfiele. Dadurh würden die Städte in den Stand geseßt, ihre wahsenden Ausgaben um so eher zu bestreiten.

Die größere oder geringere Sicherheit aber, welche die eine oder andere Stadt in Betre| der Steuergefälle darbietet, kann keinenfalls länger maßgebend sein, die bisherige Ueberbürdung bestehen zu lassen. Was die vorgeschlagene Einkommensteuer betrifft, so erkenne ih an, daß das Prinzip der gleihmäßigeren Besteuerung hierin enthalten istz ih kann aber nit anerkennen, daß die gewählte Form der An- wendung der Steuer die richtige sei. Als der Gesehentwurf in mei- ner Gegend, namentli in der Stadt, die ih vertrete, bekannt wurde, hat derselbe, ih muß es gestehen, großen Unwillen erregt, weil die

ische Form jo verleßend i, daß Niemand damit einverstan=

inquisitori s S E : l ein Eni idliche Erklärungen, eidliche Zeugen- Aussägen,