verhältnißmäßig belastet und insbesondere der weniger wohlhabende
Theil derselben zu \harf herangezogen werde, immer nit gehoben
werden, hier vielmehr die Sts chte Abhülfe nur dur völlige Auf-
hebung. der Mahl- und Schlahtsteuer zu gewähren sein. Es wird
vE éine nas Prüfung dieser Beshwerde von vorzüglicher Be- eutung sein.
Die Lebensbedürfnisse, auf welchen die Mahl - und Schlacht- steuer lastet, sind Brod und Fleish. Nur beim Brod findet eine Abstufung in der Art statt, daß alles Mahlgut aus Weizen mit einem viermal höheren Steuersaße — 20 Sgr. für den Zentner — belegt is, als das Mahlgut ' aus anderen Körnersrühten — 5 Sgr. für den Zentner —. An Slachtsteuer aber wird durchweg von allem geschlahteten Rindvieh, Schaafen, Ziegen und Schweinen, mit Einschluß der Kälber, Lämmer und Ferkel, 1 Rthlr. pro Zentner entrihtet. Daß dur diese Belastung der ersten Lebensbedürfnisse die ärmere Volksklasse unverhältnißmäßig hart betroffen werde, ist unter allen gegen die Mahl- und Schlachtsteuer gerihteten Klagen ohne Zweifel die gewichtigste, aber au zugleich viejenige, bei deren Begründung nicht selten die richtige Einsicht in die Wirkungen einer Verbrauchssteurr vermißt wird und scheinbare Härten für wirkliche gehalten werden. Wie oft muß man nicht die Klage hören, daß in den mahl- und slachtsteuerpflihtigen Städten der Arme, welcher auf fremde Wohlthaten angewiesen i niht, wie in den kflassensteuer- pflichtigen Orten, vou aller Steuer befreit bleibt, sondern die kärg- lihen Bissen, die ihm zugetheilt werden, noch versteuern muß? Dennoch lehrt die Erfahrung, daß die Armen den Aufenthalt in den größeren. mahl - und schlachtsteuerpflihiigen Städten keinesweges meiden, und der Erklärungsgrund für diese Erscheinung liegt darin, daß bei der Unterstüßung des Armen auf das Bedürfniß zur Be- streitung des Lebensunterhalts Rücksiht genommen und die Bemes- sung dieses Bedürfnisses dur -die Sitte und dur die für wohl- thätige Zwecke verwendbaren Mittel bestimmt wird, wobei die Gründe, welche den Preis der unentbehrlihen Lebensmittel bestimmen, nicht einzeln zu unterscheiden sind; wie aus gleicher Ursache niht zu be- haupten is, daß etwa in den Gegenden, in welhen das Getraide regelmäßig höher im Preise steht, als in anderen, deshalb den Armen eine färglihere Unterstüßung zu Theil werde.
Bei jeder seit längerer Zeit bestehenden Verbrauchsstzuer haben sich mehr oder weniger die Verkehrs - Verhältnisse nah derselben ge- richtet und eine Ausgleihung bewirkt, wonach die Last der Steuer niht gerade auf dem ruhen bleibt, welcher das steuerpflihtige Objekt verzehrt. Um die Ueberbürdung der ärmeren Volksklassen dur die Mahl - und Schlahtsteuer darzuthun, reiht daher keinesweges das einfahe Rechen-Exempel hin, daß man veranschlagt, wie viel Pfunde Brod und Fleisch beziehungsweise eine Tage:öhnerfamilie und die Familie eines reihen Maunes verzehren, ferner welher Steuerbetrag für diese Verbrauchsgegenstände in den mahl- und shlahtsteuerpflidz- tigen Städten zu entrichten is, wo dann das Mißverhältniß in der Besteuerung beider Familien hon dadurch für erwiesen gehalten wird, daß diese Steuerbeträge, auch wenn bei dem Reichen der be- deutend stärkere Verbrauch an Fleisch und die Consumtion des dem Gewichte nah vierfah höher belasteten Weizenbrodtes vollständige Berücksichtigung finden, der relativen Steuerkraft jener Familien. aller- dings nicht entprehen werden. Denn derjenige, welcher einé Steuer
zu zahlen hat, is nicht hon deshalb au der, welcher die' Last der“
Steuer zu Fragen hat, indem Jeder, der zunächst von der Steuer betrofsen wird, die Last der leyteren bald mit mehr, bald mit\oeniger glülichem Erfolge auf Andere zu wälzen versuht. Bei der Mahl-
und Schlachtsteaer kann kein Zweifel darüber obwalten, daß Bäder
und Schlächter, welhe gewöhnlih die Steuer zunächst entrichten, die- selbe nur vorschießen, indem die Steuer nur die Wirkung eines festen, unveränderlihen Bestimmungsgrundes sür den Preis der von ihnen verkauften Waaren hat. Auh-das fann nicht wohl zweifelhaft sein, daß. das Gesinde, welches sih in der Pflege der Herrschaft befindet, durch die Steuer niht bevachtheiligt wird. Zweifelhafter wird dies schon bei den Tagelöhnern, welhe selbst ihre Beköstigung überneh- men, weil hier shwieriger nachzuweisen is, daß bei Fistjtellung des
Arbeitslohnes, auf welchen so mannigfahe Umstände einwirken, die.
Steuer Berücksichtigung gefunden habe, dem Arbeiter in dem erhöheten Arbeitslohne ein völliger oder theilweiser Ersaß der Steuer zu Gute gehe. Gleih nah der Einführung der Mahl- und Slachtsteuer in einer dieser Steuer nicht unterworfenen Stadt würde Anf1ngs das volle Gewicht der neuen Abgabe einen jeden Konsumenten, also auch die àuf den Arbeitslohn angewiesene Einwohnerklasse bei dem Verbrauche der besteuerten Ge- genstände treffen, indem der Arbeitslohn nicht sofort mit Rücksicht auf die Steuer sich verändern wird. Daß aber zu den Umständen, welche die gegenwärtige Höhe des Arbeitslohnes in den mahl- und shlachtsteuerpflihtigen Städten bestimmt haben, auch die durch jene Steuer bewirkte Erhöhung des Preises für Brod und Fleisch mit- gewirkt hat, läßt sih wohl annehmen, und gerade diese Erhöhung des Arbeitslohnes ist von den Ständen der beiden Provinzen Preußen und Westfalen, welche auf dem leßten Provinzial-Landtage die' un- bedingte Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer beantragt haben, ausdrücklich als ein gegen diese Steuer geltend zu machender Grund hervorgehoben worden. Aber auch hier ergiebt die Erfahrung, daß die vermeintlih ershwerte Arbeitskonkurrenz ein gleichmäßiges Vor- schreiten der mahl- und schlactsteuerpflihtigen Städte mit dem platten Lande nicht behindert hat. Die statistischen Daten über die Zunahme der Bevölkerung in den mahl- und \{chlahtsteuerpflihtigen Städten und in den übrigen Theilen des Landes stellen vielmehr heraus, daß mit Ausnahme der Provinz Preußen, in welcher auf eben so natürlihe, als im wohlverstandenen Interesse des Landes erwünschte Weise eine sehr überwiegende Vermehrung der ländlichen Bevölkerung stattgefunden hat, in den mahl- und \{lachtsteuerpflih- tigen Städten die Bevölkerung vom Schlusse des Jahres 1819 bis zum Schlusse des Jahres 1843 sich noch etwas stärker als i: übri- gen Theile der Monarchie vermehrt hat. Ob etwa beim Wegfall der Mahl- und Schlachtsteuer eine noh stärkere Vermehrung eingetreten sein würde, muß freilich dahingestellt bleiben, so wie überhaupt für die Annahme, daß dem Tagelöhner, dem Handwerksgesellen u. \. w. wegen der Mahl- und Sehlatsteuer in den mahl- und shlachtsteuer- pflichtigen Städten ein erhöhter Arbeitslohn zu Gute gehe, allgemein zutreffende Gründe niht wohl geltend zu machen sind, weil es zur Beurtheilung der A ngeo einer bestimmten Steuer und unter gege- benen Verhältnissen der jorgfältigsten Erforschung aller durch dieselbe bedingten Erscheinungen bedarf. Wenn am Schlusse drs Jahres die von den Steuerkassen abgelieferten Beträge zusammengezäßlt werden, welche für Versteuerung von Mahlgut und von Slathtvieh erhoben worden sind, so kanu mit völliger Gewißheit die Summe bezeichnet werden, welche aus den Taschen der Privatleute in die Staatskasse übergegangen ist, söll- aber gesagt werden, aus welhen Taschen und welhem Antheile aus den verschiedenen Taschen die Summe ge- floffen ist, so fehlt es der Steuerverwaltung zu einem solchen Kalikül n. eben dem Maße an positiven Grundlagen, als das Bestreben dieser Verwaltung aus anderen und überwiegenden Gründen dahin gerichtet bleiben: muß, zur Bequemlichkeit der Steuer pflicht i ge das Geschäft des eigentlihen Steuer zah lens und die zur Sicher- ellung- dieser Verbindlichkeit erforderlichen Kontrolen auf eine mög- ih} geringe Zahl von Jndividuen beschränkt zu- sehen. S Ében jierin aber besteht ein niht gering anzushlagender Vorzug
der indirekten vor der -direkten Steuer, indem kie größeré oder gerin- gere Last einer Abgabe keinesweges lediglich dür ‘den zu entrihten- den Geldbetrag, sondern wesentlich auch durch die Art und Weise der Erhebung bedingt wird. Bei der indirekten Steuer , sowohl’ der an
„den Gränzen des Landes, als, obwohl in minderem Maße ; der an den Thoren ‘der Städte erhobenén, wird die Steuerentrihtung von
wenigen Gewerbetreibenden übernommen, der Konsunient entrihtet die Steuer in dem Preise der besteuerten Waare, und zwar nur dann und nur iñ soweit, als er die Waare verbraüchen will und die Mittel zu ihrer Anschaffung. besißt ; der Abtrag der Steuer erfolgt in kleinen Raten, ohne daß der Steuerpflihtige mit der Steuerbehörde zu ver- fehren hat, ja ohne daß er si der Steuerentrihtuug nur einmal deutlih bewußt wird, indem die Steuer nur ein Faktor in den Be- stinimungsgründen für dén Preis der betroffénen Waare wird. Die Einwirkung dieses Faktors liegt aber nicht flar vor, und is vorzüg= lih dann weniger zu erkennen, wenn die Steuer im Verhältnisse zum Preise der Waaren so niedrig normirt ist, daß die auf anderen Grün- den ‘beruhenden Schwankungen im Preise beträchtlihere Unterschiede in der Höhe des leßteren ergeben, als die Steuer zur Folge haben fann. Dies gilt namentlich von den Getraidepreisen, welche in Folge günstiger oder ungünstiger Aerndten so erheblihen Aenderungen unter- liegen, daß dagegen schon eine nicht unbeträchtlihe Verbrauchs\teuer in den Hintergrund gedrängt wird. Die verhältnißmäßige Leichtig= feit, womit Verbrauchssteuecn erhoben und getragen werden, hat die=
selben {hon in frühen Zeiten empfohlen und hat deren Erhebung
in fast allen europäishen Staaten veranlaßt. Selb dasjenige Land, in welhem das direkte Steuerwesen die größte Ausbildung und Uniformität erlangt hat, Frankreih nämlich, hat die, indirekte Besteue- rung des städtishen Verbrauchs, das Octroi, die droits d'entrée, nicht entbehrlich gefunden, und gestattet es, daß in den größeren Städten das auf denselben lastende Kontingent an Personal- und Mobiliarsteuer aus dem Aufkommen des städtishen Octroi zur Staats=- fasse abgeführt wird.
Die unmerklihe Art, in welcher beim Ankauf von Brod und Fleisch in dem Preise dieser Waaren die Mahl- und Schlachtsteuer entrichtet wird, is aber niht etwa ein blos der Staatskasse zum Nußen gereichender Vortheil. Es is für den Steuerpflichtigen, wenn von ihm ein Thaler dur eine gewisse Steuer erhoben werden soll, feine6sweges gleihgültig, ob er dieses Thalers wegen zwölfsmal im Jahre sich zur Steuerkasse begeben, den hiermit, namentli in großen Städten, verbundenen Zeitverlust tragen und ob er den monatlih zu zahlenden Betrag immer pünktlich bereit halten und deshalb. regel- mäßig zurücklegen muß, oder ob dieser Betrag von ihm auf, andere Veranlassung und in unmerklihen Raten erhoben wird. Unter Um- ständen kann vielmehr die mit der Entrichtung der Steuer verbun=- bene Mühwaltung nicht minder hoh als der Steuerbetrag selbst an-
zuschlagen sein.
Wenn es niht unnöthig erschienen is, bei einer in ihrer gegens- wärtigen Einrichtung seit mehr als 26 Jahren bestehenden Steuer, .
die sh in vielfaher Beziehung als eine zweckmäßige Einnahmequelle bewährt hat, auch ihrer Vorzüge zu gedenken, so soll damit keinesweges in Zweifel gezogen werden, daß dur Aufhebung der Mahl= und-Schlacht= steuer und Ersebung. derselben dur die Klassensteuer den weniger wobhlha-
:benden Einwohnerklassen in den mahl- und shlach; steuerpflichtigen Städten eine bedeutende Erleichterung in der: Steuerlgst zu Theil werden würde. - Weiter oben i} bereits hervorgehoben worden, daß.- diese Steuer. die -
Wirkung eines festen Faktors“ in.‘ den Bestimmungsgründen für den Preis vqa, Brod und Fleisch hat. Nach ‘Wegfall dieses Faktors, nach Beseitigung des zu bem sonstigen Preise vdn Getraide und Schlacht vieh .in den Städten erhobenen Steueraufschlages werden sich, ähn-= lih wie bei einer durchgängigen Verminderung der Produktionskosten für Getraide und Schlachtvieh, die Preise von.; Brod und “Fleisch siherlich ermäßigen, wenngleich diese Eïmäßigung nicht überall sofort und merkbar hervortreten wird, da dèr ‘Preis..von Brod und Fleisch eben so, wie der Preis von’ allen ‘Fäbrikaten , nicht immer und nicht unmittelbar allen Shwanküngén in den Preisen des Rohstosfes folgen fani, während dessenungeähtét der dauernde Preis dur den Preis des Nohstoffes wesentlih bedingt ist." Daß abrr der Steuerbetrag, welchen seither in dem erhöhten Preise von Brod und Gleisch die ärmeren Volksklassen in den mahl- und shlachtsteuerpflihtigen Städ= ten, beispielsweise ene Arbeitérfamille von Mann, Frau und dret noch nicht erwerbsfähigen Kindern, indireft zu: entrihten haben, um
ein Ansehnliches den Betrag übersteigt, welher im Wege der Klassen-
steuer von einer solhen Familis einzuziehen sein würde, is nicht in ‘Abrede zu stellen. Jn den mahl- únd schlachtsteuerpflihtigen Städten beträgt die Weizen- und Roggen=-Consumtion- durchschnittlich etwa 320 Pfund oder nahe 3 Zentner pro Kopf (darunter etwas. weniger
als *; Weizen uud etwas mehx als # Roggen), und die Fleish-Con= sumtion durhscnittlich etwa §0 Pfund auf den Kopf. Die durh=,
\cnittlihe Consumtion ein r Atbeiterfamilie läßt sich nun zwar nicht mit Bestimmtheit angeben, aber, wie geringe man auch keren Verzehr an Fleish, entweder als unmittelbares Nahrungsmittel oder doch zur Zubereitung und Fettung der Speisen veranschlagen und, den jeden- falls geringen Verbrauch an Weizen außer Betracht lassend, nur den Bedarf an Roggenmehl in Rechnung stellen mag, so hat eine solche Arbeiterfamilie immerhin hon mehrere Thaler an Steuer zu zahlen, während sie an Klassensteuer nur 1 Thaler zu eutrichtén brauchte. Noch weniger als die eventuelle Erleihterung der ärmeren Ein= wohnerklassen läßt sich das in Zweifel ziehen, daß die Städte seither dur die Mahl- und Schlachtsteuer stärker ais das platte Land dur die Klassensteuer belastet worden sind. Die leßtgedachte Steuer hat nah dem Durchschnitte der drei Jahre 1844 — welche Jahre hier zur Gegenüberstelung mit den Mahl- und Schlahtsteuerberehnungen aus demselben Zeitabschnitt gewählt werden — jährl'ch die Summe von 7,271,324 Rthlr. ergeben. Vertheilt man diesen Betrag auf diejenige Bevölkerung, welche am Schlusse des Jahres 1843. in den Flassensteuerpflihtigen Orten sih aufhielt, nämlich auf eine Einwohner- zahl von 13,292,719 Köpfen, so ist der Brutto-Ertrag nicht ganz 16 Sgr. 5 Pf. auf den Kopf, Während desselben Zeitraums hat die Mahl- und Schlachtsteuer jährliÞ 3,135,673 Rthlr, oder auf den Kopf der in den mahl- und schlachtste uer pflihtigen Sädten vor= handenen Bevölkerung von 1,844,060 Einwohnern 51 Sgr. aufge- braht, Es darf nun zwar nicht übersehen werden, daß den ungleich höheren Ertrag der Mahl- und Schlachtsteuer keinesweges allein die Einwohner der mahl- und shlachtsteuerpflihtigen Städte entrichtet, sondern daß zunächst auch die Bewohner der äußeren Stadtbezirke (deren Zahl sich am Shlusse des Jahres 1843 auf 424,026 Köpfe belief), da sie ihren Bedarf an Brod und Fleisch großentheils aus der Stadt selbst entnehmen und außerdem die in Zahlen nicht zu häßenden Fremden, welche \sih zeitweise in den Städten aufhalten, ingleichen die Einwohnerschaft der Umgegend, welche vielfach frisches Fleisch und Weizengebäck aus den größeren Städten entnimmt, zu dem Auffommen an Mahl- und Schlachtsteuer beigetragen haben, Auch ‘ist zu erwägen, daß die Klassensteuer in den mahl- und schlat- steuerpflihtigen Städten wegen der größeren Wohlhabenheit der städ- tischen Bevölkerung einen höheren Durchschnitts-Ertrag auf den Kopf als in den seither flassensteuerpflihtigen Ortschaften ergeben würde. Aber die vollständige Berücksichtigung aller dieser Verhältnisse wird shwerlih zu dem Sch(usse bérehtigèn, daß die Bevölkerung der mahl- und schlächtsteuêrÿflichtigen Städte durch: die Mahl- und Shlatht=
steuer nicht stärker belastet sei, als die Bewohner des e A A E sei, Bewohner des platten Landes
Mag man indessen die- Unverhältnißmäßigkeit in der Belastung der städtischen Bevölkerüng und insbesondere der weniger wohlhaben- den Einwohnerklassen mehr oder weniger hoh anschlagen, mag man glauben , daß die mit Beibehaltung der Mahl- und Schlachtsteuer verbundenen Mißstände hinlänglich dur die praktischen Vorzüge die- ser Steuer aufgewogen werden, so wird immerhin zugestanden werden müssen, daß eine Steuer, abgesehen von ihren wirklichen Mängeln oder Vorzügen, unter Umständen nicht mehr als zweckmäßi betrah- tet werden kann, sobald dieselbe überall der Ungunst des Publikums begegnet, sobald in derselben von wohlmeinenden Männern aller Ein= wohnerklassen. eine Ungerechtigkeit oder eine Unbilligfeit erblick wird. Ob dieses Loos, wie es fast den Anschein gewinnt, die Mahl- und Shlachtsteuer betroffen hat, darüber werden die aus allen Provinzen des Landes zum Vereinigten Landtage versammelten Stände sih auê- zusprechen haben, nachdem sie niht minder die Vorzüge und Nach- theile derjenigen Steuer werden geprüft haben, welche bei Erfüllung des Wunsches wegen gänzlicher Aufhebung der Mahl- und Schlacht- steuer an deren Stelle treten müßte, um der Staatskasse für den Wegfall dieser Steuer Ersaß zu. gewähren. j ;
Die allgemeine Ausdehnung der Klassensteuer auf die seither mahl- und shlahtsteuerpflihtigen Städte würde hierzu niht empfod- len werden fönnen. Auf den Kopf der Bevölkerung berechnet, hat die Mahl- und Schlachtsteuer an Brutto = Ertrag dréifah so viel gewährt als die Klassensteuer, und wenn nah den weiter oben gemach- ten Bemerkungen jener Ertrag theilweise von der klassensteuerpflichti=- gen Bevölkerung durch den Bezug von städtishem Brod und Fleisch aufgebraht worden ist, so würde do jedenfalls dieser Beitrag ohne Ersaß für die Staatskasse ausfallen, wenn die Mahl- und Schlacht= steuer in eine direkte, nur auf die Einwohner der Städte beschränkte Abgabe umgewandelt werden sollte. ;
Wollte man annehmen, daß wegen der größeren Wohl- habenheit der städtishen Bevölkerung die Klassensteuer in den mahl- und schlahtsteuerpflichtigen Städten einen um die Hälfte höheren Ertrag pro Kopf als in den bisher klassensteuerpflihtigen Orten ecgeben werde (eine - Annahme, welhe bei unveränderter Anwendung der für die Veranlagung der Klassensteuer bestehenden Vorschristen eher zu hoh als zu niedrig gegriffen sein möchte *), so würde auch dieser Mehrertrag die Steuer immer nur auf etwa 25 Sgr. pro Kopf steigern, also noch nicht die Hälfte des Brüutto= Auffommens an Mahl- und Schlachtsteuer liefern. ;
Die mindere Einträglihkeit der Klassensteuer würde in den größeren Städten besonders dadur veranlaßt werden, daß dort die Vorschriften für die Einshäßung der Stenerpflichtigen nicht wohl zur Ausführung zu bringen wären, und daß diese Vorschriften nicht hinreichen können, um die vershiedenen Einwohnerklassen verhältniß- mäßig zur Steuer heranzuziehen, Man vergegenwärtige sih die Verhältnisse von Städten wie Berlin, Breslau, Köln u. s. w., und man wird sich überzeugen, wie wenig selbst die höchsten Säße der Klassensteuer ausreichen würden, um die reichen Einwohner verhält=- nißmäßig zu besteuern, wie ferner bei der Unbekanntschaft der Veranlagungsbehörden mit den äußerlich häufig -niht erkennbaren Verhältnissen der einzelnen Einwohner die Sonderung der leßteren in wenige Klassen von Willkür nicht frei sein und Behufs verhält= nißmäßiger Veranlagung der zu erhebenden direkten Steuer nur übrig bleiben würde, das Einkommen im Einzelnen zu ermitteln, die Klassensteuer in eine Einkommensteuer zu verwandeln und insbeson- dere die reiheren Einwohner stärker heranzuziehen, als dies bei der auf die Verhältnisse der großen Städte nicht berehneten Klassensteuer möglich ist. Ï : i
Sobald aber in den großen Städten eine Einkommensteuer statt der Mahl= und Schlachtsteuer eingeführt würde, möchte sich die allgemeine Umwandlung der Klassensteuer in eine Einkommensteuer faum vermeiden lassen, Denn wenn schon jeßt einer der Uebelstände der verschiedenen Besteuerung von Stadt und Land darin zu finden ist, daß diejenigen, welhe bald in den Städten, bald auf dem platten Lande sih aufhalten, „nicht zu jeder der beiden Steuern im richtigen Verbältuisse herangezogen werden fönnen, \o würde dieser Uebelstand bei zwei verschiedenen direkten Steuern noch gesteigert werden. Der reiche Gutsbesißer beispielsweise, welcher auf dem Lande höchstens 144 Rthlr. an Klassensteuer zahlt, würde während seines Ausent=- haltes-in der Stadt vielleicht das Doppelte und Dreifache zu ent- richten haben, ein richtiges Antheilverhältniß aber gar nicht zu ermitteln seinz dadurch aber würde die Einkommensteuer in den Städten bei gleichzeitiger Klassensteuer auf dem Lande die Wirkung einer. den reihen Einwohnern für den Aufenthalt auf dem Lande bewilligten Prämie haben, da die Folge des Umzuges von der Stadt auf das Land eine bedeutende Herabseßung in der Steuer wäre. Ueberhaupt aber müßte, wenn einmal das Prinzip ciner direkten
Ermittelung und Besteuerung des Einkommens für die großen Städte
Geltung finden sollte, dieses Prinzip überall zur Anwendung gebracht werden, weil die großen. Vorzüge der Klassensteuer in Bezug auf die Einfachheit des Einshäßungsverfahrens nicht hinreichen würden, eine Verschiedenheit in deu Veranlagungsgrundsäßen- für die Städte und- das Land zu rechtfertigen. Auch würde tie bei völliger Auf= hebung der Mahl=- und Schlachtsteuer nöthig werdende stärkere Heranziehung der wohlhabenderen Einwohnerklassen in den Städten um so mehr auch auf die reiheren Bewohner des platten Landes auszudehnen sein, als {hon häufig Klage darüber geführt worden ist, daß selbst für die in den seither flassensteuerpflihtigen Ortschaften bestehenden Verhältnisse die Klassensteuer in den höheren Säben nich immer ausreihe, um die wohlhabenderen Einwohner auf eine ihrer Steuerkraft entsprehende Weise zu belasten. Endlih muß als eines der wünschenswerthesten Resultate und als wesentlicher Zweck jeder vorzunehmenden Aenderung die Béseitigung der bisherigen Verschiedenheit in der| Besteuerung der Städte und des platten Landes betrachtet werden.
Die mit einer allgemeinen Aufhebung der Mahl- und Schlacht- steuer verbundene Nothwendigkeit, zur Einführung einer Einkommen- steuer überzugehen, wird von verschiedenen Seiten gerade als die wünschenäwertheste Folge der in Frage stehenden Aenderung betrachtet. Ohne Zweifel beruht das laute Anpreisen der Einkommensteuer zum Theil auf einer unvollständigen Kenntniß ihrer Wirkungen und der Anordnungen, welhe zur Sicherung der richtigen Ermittelung des Einkommens getroffen werden müßten. Es würde eine arge Täv= hung sein, wenn man, wie so viele eifrige Lobredner dieser Form der Besteuerung, der Hoffnung Raum gäbe, bei einer Einkfommen- steuer alle Unbilligkeiten vermeiden, jeden Steuerpflichtigen genau nah: seiner Leistungsfähigkeit zur Steuer heranziehen zu können. Denn die Fähigkeit, Steuern zu zahlen, is nicht ausschließlih von
*) Zur Veranschlagung des Ertrages, welchen die Klassenstéuer in - i C Städten gewähren würde , bieten die in Elberfeld, Barmen und
refeld gemachten Erfahrungen keinen genügenden Anhalt dar, weil der Regierungsbezirk Düsseldorf in Folge der für die Rheinprovinz eingeführ- ten Kontingentirung der Klassensteuer nur einen seinem gegentwärtigen Wohlstande nicht entsprechenden Betrag an Klassensteuer au zubringen hat und. namentlich in jenen Städten die Klassensteuer vielfach“ geringer als nach. den Bestimmungen des Klasse steuergeseves veranlagt ist,
der Höhe des Einkommens abhängig, sie ist niht weniger durch dié Höhe der aus diesem Einkommen: zue bebreitenden nothwendigen Aus=- gaben nten Zwei: Familien; welche. ganz gleihes Einkommen befißen, haben deswegen niht gleihe Bedürfnisse. Die Zahl der Kinder , dié Kränklichkeit oder Gesundheit der Familienglieder, der mehr óder weniger theuré Wohnort u; \. w. begründen Verschieden=
heiten, um die man si bei Feststellung des stéuerbaren Einkommens=-
Betrages nit kümmern und! deren Nichtberüsichtigung denno zu Härten führen kann. Ueberdies tritt in unserèm Staate der Einsüh- rung einer nah dem Ein:ommen der Steuerpflichtigen bêmessenen Steuer noch der besondere Umstand entgegen, daß hier bereits ander= weite direkte Steuern, . die Grundsteuer und die Gewerbesteuer bestehen, deren Aufhebung nicht zulässig ist, und daß ein Wider= spruch darin zu liegen scheint, neben den, einzélne Zweige des Einkonimens ín Anspruch nehmenden Steuern noch eine andere Steuer zu erheben, welhe alle Zweige des Einkommens treffen und von dem Gesammtbetrage dés leßteren entrihtet werden soll, obschon die Einkommensteuer allerdings nur eine Erweiterung der hon jeßt neben jenen Steuern bestehenden Klassensteuer sein würde. Der Haupteinwand vom praktishen Standpunkte aus liegt aber in der Schwierigkeit der Einkommens - Ermittelung, in dem dadur bedingten mißliebigen Eindringen in die Vermögensverhältnisse der Einzelnen und in dem durch die Besteuerungsart hervorgerufenen Anreiz zu Steuerhinterziehungen durch Abgabe unrichtiger Erklärun= gen über die Einkommensverhältnisse. - Den überlauten Klagen, welhe von manchen Seiten über die Demoralisation der Bevölkerung durch den mit der Erhebung von Mahl- und Schlachtsteuer gegebenen Anréiz zu Defraudationen erhoben werden, möchten vielleih! nicht weniger lebhafte Klagen darüber nachfolgen, daß bei der prakt schen Ausführung der Einkommensteuer ebenfalls ein weiter Spielraum für Lug! und Trug geöffnet sei.
Das Gelingen des Versuches , die mit einer Einkommensteuer ver= bundenen praktishen Schwierigkeiten zu überwinden, i} wesentlih davon abhängig, ob in der That der Wunsh nah Aufhebung der Mahl=- und Schlachtsteuer so groß und so verbreitet ist, daß man zur Erreichung dieses Zweckes sich im Allgemeinen der Mühe und den Unbequemlichkeiten einer Einkommens-Ermittelung gern unterziehen und gewissenhaft die erforderlihen Angaben über das Einkommen machen werde. So sehr die Staats - Regierung ohne diese Vorausseßung Bedenken tragen müßte, in die Aufhebung einer seit langen Jahren bestehenden und aller Mängel ungeachtet in vielfacher Beziehung als zweckmäßig bewährten Steuer zu willigen, so wenig wird sie unter dieser Voraussezung Anstand nehmen dürfen, „zur Einführung einer
Steuer die Hand zu bieten, mit deren Veranlagung, welhe Meinung
man auch über ihre sonstigen Vorzüge und Nachtheile hegen möge, unzweifelhaft das keinesweges gering anzushlagende Resultat zu erreihen is, daß die wohlhabenderen Einwohnerklassen unmittelbar erheblich mehr als seither zur Bestreitung der Staatsbedürfnisse bei- tragen und daß den weniger wohlhabenden Einwohnerklasseu das Bestreben, sie in ihren Beiträgen thunlih} zu entlasten, in unzwei= deutiger und augenfälliger Weise kundgegeben wird. .Es werden sich daher die nachstehenden Bemerkungen nicht weiter mit der Frage beschäftigen, ob? sondern nur noch wie? eine Einkommensteuer füg= lich in Preußen erhoben werden fann.
Hier is nun zunächst zu beachten, daß die durch das allgemeine Abgabengeseß vom 30, Mai 1820 angeordnete - Klassensteuer mit einer Einfommensteuer im sofern verwandt i}, als dieselbe zwischen einer ohne genaues Eindringen in die Vermögensverhältnisse“ der Pflichtigen nicht ausführbaren Einkommensteuer und einèr die Gesammt= masse aller Einwohner ohne allen Unterschied gleih treffenden Kovf= steuer die Mitte halten und die verschiedenen Klassen der Pflichtigen nah einer auf wenigen und leiht erkennbaren Merkmalen beruhenden Abstusung besteuern soll. Nachdem dur die Allerhöchste Ordre vom 5, September 1821 die ursprünglichen Abstufungen für die Steuer= beiträge verdoppelt und auf die in der ganzen Monarchie, mit Aus= nahme der Rheinprovinz, seitdem
Art nach vier Abtheilungen oder Hauptklassen erhoben, daß für die zu einer und derselben Hauptklasse gehörigen Steuerpflichtigen je nach deren größerer, geringerer oder mittlerer Leistungsfähigfeit trei verschiedene Steuerstufen in Anwendung gebraht werden, Gemäß der dem Klassensteuergeseß zum Grunde liegenden Jdee sollen si die Hauptklassen nah vier im Leben hervortretenden Klassen der bürgerlihen Gesellshaft sondern, die sich in den allgemeinsten Um- rissen für die Bewohner des platten Landes durch Rittergutsbesiger, Freigutsbesißer, Bauern und Einlieger, für die Städte durch Patrizier , Großbürger, Kleinbürger und Schußverwandte ankbeuten lassen. Je mehr im Laufe der Zeit bei dem Wachsen des Geld- reihthums solhe Untersheidungen ihre selbs früher nur bedingte Bedeutung verlieren, desto mehr müssen vor und nach fast ausshließ= lih die in der Lebensweise oder sons sich äußerlich kund gebenden Vermögens=- und Erwerbsverhältnisse als Maßstab zur Unterordnung in die verschiedenen Klassen dienen, Nach diesem Maßstabe} sind zu den beiden oberen Hauptklassen der Klassensteuer die reichen und wohlhabenden Einwohner, zu den beiden unteren Klassen der gerin= gere Bürger- und Bauernstand, so wie die Tagelöhner und das Gesinde zu zählen. Junsbesondere gehören zur ersten Hauptklasse (mit den Säßen von 48, 96 und 144 Rthlr.) Besitzer großer Landch- güter oder überhaupt eines bedeutenden Umfanges von Grundeigen- thum, Großhändler, Jnhaber von größern Fabriken, höhere Beamte u. st. w., also solhe Einwohner, welhen ihr Einkommen, mag dasselbe aus ihrem Vermögen oder ihrer Beschäftigung herrühren, eine bequeme und unabhängige Existenz gewährt. Zur zweiten Haupt- Flasse (mit den Säßen von 12, 18 und 24 Rthlr.) sind die weniger ansehnlichen Grundbesißer, deren Grundeigentzum aber ‘von solher Bedeutung is, daß sie bei dessen Bewirthschaftung sich hauptsächlich nur mit der Aufsihtsführung beshästigen und alle gröberen Arbeiten dem Gesinde üherlassen können, ferner Kaufleute, Fabrik-Unternehmer Mitglieder der Landeskollegien, Aerzte, Notarien u. s. w. in der Regel zu zählen. Dagegen umfaßt die dritte Klasse (mit den Säßen von 4, 6 und 8 Rthlr.) die Bauern und kleinen Grundbesißer, welche unter eigeéner und zwar hauptsählich mehanisher Arbeit ihr Eigenthum bewirths{chaften, Krämer, Handweiker, die geringer besol= deten Staats - und Gemeincbeamten u. . w. Zur vierten Klasse endlih (mit den Säßen von 3 und 2 Rthlr. für den Haushalt, cite s Rthlr. pro Kopf) sind die Lohnarbeiter, das gemeine Gesinde G. vie Tagelöhner, so wie die ganz geringen Grundbesißer und 16di nb A „Zu rehnen, welche sich hauptsächlih vom Tage- Fassen L Des gähtend demnah zu den beiden unteren Haupt=
l egel nur solhe Einwohner gehören , die sih durch
eigenè und zwar überwiegend durch mechanische Arbeit ihren Unter-
halt erwerben, wobei sie in den bé
\ / ¿ wo höheren Stufen d d
stügt t s ae mäßigen Betriébokapitels l mt) t
L RILUE d , Zur Einschäßüng in die beiden oberen Klassen in
de i i p unérheblicher Besi von Grundvérmögen oder
Anw Abu V mehr auf aadbigfeiten erforderlich, bei deren
dito! geistige als' auf körperliche Thätigkeit „Für die beiden unteren Hauptklassen d /
der Arbeitskraft des gewöhnlichen TagelöhnLne D s en S
einzelnen Arbéiterfamilie abhängig zu machen.
unverändert beibehaltenen zwölf Steuerstufen festgestellt worden sind, wird die Klassensteuer in der
. 1093
Besih. eines kleinen Grundck oder Käpitalvermögens, 41:8 teTcn Ertrag ver! Besier jedo "7 bei eigeñèr Thätigkeit für fich und seine Familie den nothdürstigen Unterhalt zu erlazgen vermáäg) ziém- lich sènau bestiinmbare Oränzlinien gegeben, innerhalb deren die Abstüfungén úach allgemeinén, der relativen Leistungsfähigkeit ent-
* spreendén, Merkmälen sich eben #0 leiht und angemessen bestimmen
lassen, -als dagegeri die Feststellung des in jeder dieser Ab ufungen Na deri Familienvater erweislich erworbenen Einkommens Gee mit Schwierigkeiten verbunden, theils ungenügend sein würde. rsteres, weil das Einkomméèn sets äm \{chwierigsten da festzustellen is, wo dasselbe anssließlich oder hauptsählih aus dem Ertrage mehr mecha- nischer Arbeíten“ besteht. Leßteres, weil hier am wenigsten ledigli das- Einkommen für einen rihtigen Maßstab der Leistungsfähigkeit gelten kann. So leiht es is, die Zahl der arbeitsfähigen Mitglieder einer Arbeitérfamilie zu ermitteln und den von jeder arbeitsfähigen Person zu erhebenden Steuerbetrag an der Hand der Erfahrung an- géniessen zu bestimmen, so schwiérig würde es sein, diesen Betrag von dem speziéll nachweisbaren und besteuerungsfähigen Einkommen jeder è abhâng Die Lösung der be- fannten Streitfrage, wie bei einer gewöhnlichen Arbeiterfamilie das steuerbare Einkommen zu bemessen, welher Theil des Arbeitslohnes als zur Fristung der Existenz des Arbeiters, der alleinigen Einnahme- quelle, erforderlich und mit aller Steuer zu vershonen sei, wird die Praxis getrost der Theorie überlassen dürfen, sobald gegebene Ver- hältnisse nöthigen, von dieser Klasse der Bevölkerung denjenigen Steuersaß, welchen sie ecfahrungsmäßig ohne Ueberlastung zu tragen vermag, in Anspruch zu nehmen uud von dem Leben und dem Ver- fehre zu erwarten, dáß der Arbeiter bei gestatteter Erwerbsfreiheit und Freizügigkeit, nach Aufhebung aller die freie Anwendung der Kräfte hemmenden Schranken, im Stande sein werde, von dem Arbeits- geber sih eben sowohl den ihm unmittelbar auferlegten Steuerbetrag, als die Kosten der sonstigen dur die Sitte als unentbehrlih be- zeichneten Lebensbedürfnisse durch den Arbeitslohn erseßen zu lassen, Allerdings kann es niht die Meinung sein, von denjenigen Einwoh- nerklassen, weldhe nah den oben angegebenen Kriterien zu den beiden unteren Hauptklassen zu veranlagen sind, im Allgemeinen höhere als die seitherigen Steuerbeiträge für die Zukunft zu fordern, da viel- mehr die Absicht dabin gerihtet sein muß, nur die wohlhabenderen Einwohnerklassen stärker als bisher heranzuziehen. Eben so wenig aber wird es augehen, in demselben Zeitpunkte, wo die Mahl - und und Swhlahtsteuer aufgehoben und der bedeutende Ertrag dieser Steuer neben dem seitherigen Auffommen an Klassensteuer durch direkte Steuern besha}ff}t werden soll, für die gedachten Einwohner= klassen beträchtlihe Steuer-Ermäßigungen zu gewähren oder gar nach dem Vorgange Englands einen gewissen Einkommensbetrag von der direkten Steuer ganz zu befreien. Denn es is niht zu übersehen, daß die beiden unteren Hauptklassen der Klassensteuer mehr als * des Gelbertrages aufbringen, und daß insbesondere von der untersten Steucrstufe zum Saße von 15 Sgr. für die steuerpflihtige Person, so mäßig au dieser Saß gegriffen is und so wenig dessen Erhebung in gewöhnlichen Zeiten Schwierigkeit findet, ein größerer Steuer- betiag erhoben wird als von den beiden oberen Hauptklassen zusam- men genommen. Es wird daher mít dem in England befolgten Ver- fahren, wonach alles Einkommen bis zu 150 £ (etwa 1000 Rthlr.) von der neu eingeführten Steuer befreit worden i}, nur in sofern eine Analogie eintreten dürfen, als auch hier der für den Mehr=
ertrag der ‘aufzuhebenden indirekten Steuer zu gewährende Ersaß:
aus\{ließlich den wohlhabenderen Einwohnerklassen angesonnen wird,
Wenn aber weder eine stäkkere Belastung der“ seither zu den beiden unteren Klassen der Klassensteuer veranlagten Einwohner ein- treten, noch denselben eine umfassende Steuer-Erleihterung gewährt werden soll, wenn ferner für diese Einwohnerklassen den. durch das Klassensteuergeseß .vorgezeihneten, „Merkmalen: vor - einer? speziellen Einkommens-Ermittelung \ogar der: Vorzug gebührt, \o! erscheint es um so mehr rathsam, für diese :Einwohnerklassen die ‘völlig aus- reichendéèn Abstufungen nah den tußerlih erkennbaren Vermbgens- verhältnisse#* niht dur “spezielle Einkommens-Ermittelungen zu et- seßen, welche“ hier zu wésentlih rihtigeren Resultaten uicht führen könnten und nur dazu dienen würden, durch ershwerende und für die Steuerpflichtigen selbst lästige Formen die Mühewaltung der Behörden zu vervielfahen, Wie bedeutenb diese ‘Mühewaltung: sein würde, geht einfa aus der Thatsache hervor, daß von der gesammten bei Ver=- anlagung der Klassensteuer für das Jahr 1846 in den klassensteuer- vflihtigen Orten vorhandenen Bevölkerung von
13,668,634 Köpfen,
wegen Armuth oder son=
stiger Besreiungsgründe
steuerfrei blieben . Von den Steuerzahlenden
aber gehören zu den beiden
unteren Hauptklassen . . 12,173,284 -=
zu den beiden oberen
Hauptklassen .….... 392,290 - - D
Jn den seither mahl- und \hlachtsteuerpflihtigen Städten würde sich zwar dieser Prozentsaß etwas anders stellen, weil hier ohne Zweifel bei Veranlagung der Klassensteuer \sich ein höherer Ertrag ergeben und dieser hauptsählih dadur herbeigeführt werden würde, daß ein verhältnißmäßig größerer Antheil der städtischen Bevölke rung zu den Säßen der beiden oberen Haupiklassen zu veranlagen wäre. Jmmerhin aber kann man annehmen, daß auch bei Ausdehnung der Klassensteuer auf die mahl - und \{lachtsteuerpflichtigen Städte die beiden unteren Hauptklassen der Steuer zwishen aht und neun Zehntel der Gesammtbevölkerung umfassen würden. Es ist daher kein geringer Gewinn, wenn für diese Einwohnerklassen die spezielle Einkommens-Ermittelung vermieden werden kann,
Es wird sona darauf ankommen, den Einkommensbetrag fest- zustellen, von welchem ab die direkte Ermittelung und Belastung des Einkommens stattfinden soll. Eben weil die Klassensteuer nicht nah den“ Grundsäßen, einer Einkommensteuer zu veranlagen is, weil bei ihr viclmehr die Erforshung des äußerlih niht hervortretenden Ein- fommens ausgeschlossen is und neben dem Einkommen auch die son- stigen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen sind, läßt der vorschriftsmäßig veranlagte Klassensteuerbetrag niht einen zuver- lässigen Schluß auf ein bestimmtes Einkommen des Steuerpflichtigen zu, und es läßt sih für keine Steuerstufe mit völliger Bestimmtheit das- jenige Einkommen bezeihnén, welches unter allen Umständen nur zu diesem und kéinem anderen Steuersaße zu veranlage1 wäre, Es is deshalb der Einkommenösbetrag, welcher die Scheidewand zwischen den zur untersten Stufe der zweiten und den zur höchsien Stufe der dritten Hauptklasse einzushäßenden Steuerpflichtigen bildet, niht so genau zu bestimmen, daß unbedingt Jeder, dessen Einkommen hinter jenem Betrage zurück-
1,1403562 - d. i. 8,08 Prozent.
d. i. 89,05 -
: bleibt oder denseiben übersteigt, im ersten Falle zu der niedrigeren,
im zweiten Falle zu der höheren Stufe der Klassensteuer hätte ver- anlagt werden müssen. ‘Dennoch steht im Ganzen und Großen der Erfahrungssa fest, daß die Klassensteuer, insbesondere in den mittleren Stufen, 2 bis 3 pCt. des Einkommens in Anspruch zu nehmen pflegt.
Zu der untersten Steuerstufe der zweiten- Hauptklasse, zu 12 Rthlr. / für den Haushalt, werden ‘demna
ch in der Regel diejenigen veranlagt, deten Einkommen 400—600 Rthlr. beträgt. Wer aus verpachtetem Grundeigenthum, von ausgeliehenen Kapitalien ‘eine reine Jahresrènte
von 400 Rihlrn. bezieht, wird in der Regel zu 1 r Sit ge zu 12 Rihlr. ju bi
lagen sein, wogegen bei gleichem, aber weniger ge son ein geringerer Kla ensteuersaß gewählt Ä Fa wird,
Als Ausgangspunkt für die Erhebung einer Einkötitis#6 demna ein jährlihes Einkommen von mindestens 4100 Kt lrn stimmt und der Steuerfäh, unter der weiter unten näher zü b, denden Unterscheidung zwischen fundirtem ünd ünhfundirtem Einkom, dergestalt in Vorschlag gebracht worden, daß von dem gedachten Be- trage bei fundirtem Einkommen 12, bei unfundirtéèm Einkömmen, 8 Rthlr., also beziehungsweise der niedrigste Say der zweiten und der höchste Sab der dritten Hailpftklasse, der Klassensteuer zu zahlen sein werden. ;
Hiernach sind die zum Ersaß der Mahl- und Schlghtstener und der E Klassensteuer in Vorschlag zu bringendén neuen Steuern zu sondern : ; i
a) in eine Einkommensteuer für die Einwohner, deren gesammtes jährlihes Einkommen die Summe von 400 Rthlrn. beträgt oder
übersteigt, L
b) in eine Mee nah den Säben der bisherigen sechs untersten Steuer=- stufen zu erhebende Klassensteuer für diejenigen Einwohner, deren jährlihés Einkommen den Betrag von 400 Rthlrn. nicht erreicht.
_ Der Ertrag, welchen die leßtgedahté Steuer gewähren würde, läßt sih ziemli genau veranschlagen, indem man denselben für die seither klassensteuerpflihtigen Ortschaften so ziemlih als identish mit dem bisherigen Aufkommen der beiden unteren Hauptklassen der Klas= sensteuer annehmen und für die mahl=- und schlahtsteuerpflidtigen Städte nah dem Bevölkerungs-Verhältniß annähernd ermitteln kann. Dadurch ergiebt sich alsdann au die Summe, welche durch die Ein- fommensteuer zu beshaffen is, da die Einnahmen der Staatskasse in Folge der in Frage stehenden Steuer - Aenderung imi Wesentlichert weder erhöht noch geschmälert werden sollen, also das seither dur die Klassensteuer und durch die Mahl= und Schlathtsteuer gewährte Einkommen, nah Abzug des ermittelten Ertrages der neuen Klasfen- steuer, durch die Einkommensteuer zu decken sein wird. Die hiernah in der Anlage I. zugélegte Berehaung ergiebt, daß der Ertrag der“ neuen Klassensteuer zu ungefähr 7 Mill. Rthlr. und der alsdann noch durch die Einkommensteuer zu beshaffende Betrag in runder Summe- zu 35 Mill. Rthlr. anzunehmen ist. l
Nur die Erfahrung wird zuverlässigen Aufshluß darüber geben können, welher Prozentsaß von dem zu ermittelnden Einkommen der wohlhabenderen, mehr als 400 Rthlr. jährlih beziehenden Einwohner in Anspruch zu nehmen wäre, um jenen Betrag zu decken. Und dies nicht allein deshalb, weil zur Feststellung dieses Theiles des National= Einfommens ohne eine vorhergegangene Veranlagung ausreichende Data nicht vorliegen, sondern auch deshalb, weil zwishen dem wirk=- lih vorhandenen und dem durch die Einkommensteuer bei etwaigem üblen Willen der betheiligten Steuerpflichtigen erfaßbaren, d. h. un- zweifelhaft nahzuweisenden Einkommen ein im voraus nicht sicher zu ermessender Unterschied eintreten kann. Es ist daher nothwendig, mit Rücksicht auf den für den Staatshaushalt erforderlihen Bedarf eine Aenderung des Prozentsabes vorzubehalten.
Unter diesem Vorbehalte erscheint es zulässig, für die zu erhebende Einkommensteuer den Say von 3 pCt. für fundirtes und von 2 yCt. für unfundirtes Einkommen in Vorschlag zu bringen. Zum fundirten Einkommen sind alle Jahresrenten zu rehnen, welhe aus dem Besiße eines ‘unbeweglichen oder beweglihen Vermögens herrühren, zum un- fundirten- Einkommen dagegen alle diejenigen Einnahmen, bei welchen jene Eigenschaft fehlt, beispielsweise Einnahmen aus dem Ertrage eines Gewerbes oder irgend einer Art von Gewinn bringender Be- schäftigung, aus Besoldungen und Emolumenten, Wartegeldern, Pen- sionen und Leibrenten, Wie das Klassensteuer - Geseß überhaupt die Veranlagung nicht direkt von dem Einkommen der Steuerpflichtigen abhängig gemacht hat, so konnte in demselben auch nicht ausdrüdlih eine Unterscheidung zwishen fundirtem und unfundirtem Einkommen statüirt werden. Bewußt oder unbewußt aber is eine solhe Unter- scheidung auch seither shon gemacht worden, indem man bei der Klassensteuer beispielsweise einen Arzt, der ohne Vermögen ledigli von dem Ertrage seiner Praxis leben muß und etwa 1000 Rtblr. einnimmt, siherlich unter sonst gleihen Verhältnissen niht ebèn so hoh wie den Kapitalisten eingeshäßt haben wird, dessen ein- zige Mühwaltung zur Erlangung des gleihen Betrages in dem Ab= \chneiden der Zinscoupons besteht, und wovon, wenn Beide die {ährliche Einnahme von 1000 Rthlr. jährlich ausgeben, der Erstere nichts, der Zweite sein ganzes Vermögen ungeshmälêrt den Erben hinterläßt. Bei einer Steuer, die lediglich nah dem Einkommen bemessen, und bei welher daher ihrer Natur nah das für die Leistungs- Fähigkeit des Steuerpflichtigen niht minder wihtige Moment der Verwendun4 gen, zu welchen das erhobene Einkommen nothwendiger oder verstän- diger Weise zu bestimmen ist, keine Beachtung finden kann, wird keinéèn- falls der wesentlihe Unterschied unberücksichtigt bleiben dürfen, welcher zwischen dem übertragbaren — vererblihen — und dem blos persön- lihen Einkommen besteht. Man wird den Millionair darum nit als einen Verschwender bezeihnen, daß er die Zinsen seines Vermögens jährlich ausgiebt, da sein Kapital niht nur ihm bis an seit Lebens= ende ein gleiches Einkommen sichert, sondern auch seinen Erben ‘bei gleihmäßiger Benußung einen hinlänglichen Unterhalt gewähren wird. - Aber der Sänger, Tänzer 2c, würde leihtsinnig handeln, wenn er die wähs= : reud seiner Glanzzeit reihlich zufließenden Einnahmen für seinen Jähres=-- . bedarf verwenden wollte, unbekümmert, ob er nach wenigen Jahren darben und dereinst seinen Kindern nur den Anspruch an die öffent= lihe Wohlthätigkeit hinterlassen werde. Zwischen beiden hier bé» zeichneten Endpunkten liegen eine Menge Zwischenstufen , ja es wird bei der großen Mehrzahl der Wohlhabenden das Jahres-Einkommen aus fundirtem und unfundirtem Einkommen gemischt erscheinen, immer aber die Billigkeit erheishen, zwischen beiden Arten von Einkommen einen Unterschied zu machen, zumal das dauernder gesiherte Ein- fommen in der Regel zugleich müßeloser erlangt wird. ©
Die in Vorschlag gebrahte Unterscheidung zwischen fuündirtem“ und unfundirtem Einkommen wird hiernach einer weiteren Rechtferti- gung niht bedürfen und daher nur übrig bleiben, näher darzuthun, daß mit dem, in Anschluß an das Verfahren bei Veranlagung der Klassensteuer, vorgeshlagenen Saße von respektive drei und zwet Prozent die Deckung des durch die Einkommensteuer zu beshaffenben Betrages von 34 Millionen Thalern mit einiger Wahrscheinlichkeit gehofft werden darf. Zu desfallsigen Berechnungen bietet die Klassen» steuer, wenigstens für die seither klassensteuerpflichtigen Ortschaften, einen ziemlich genügenden Anhalt dar. 4
Nach der Botanlätuit für das Jahr 1846. sind in den gedach- ten Ortschaften an Haushaltungen (zwei Einzelnsteuernde einer Haus= haltung gleichgestellt) eingeshägt zur I. Hauptklasse und zwar zur
1. Stufe zu 144 Rtl. 346 Haushaltun-
en mit... ..o. o...
2. Stüfe zu 96 Rtl. (u. 120Rtl. în der
Rheinprovinz) 734 Haushaltun-
gen mit... ++ ooo...
3. Stufe zu 48Rtl. (u. 60 u. 72 Rtl. in der Rheinprovinz) 3,506 Haus- Ì
haltungen mit e... 0... 173,262 E F
‘zusammen 4,586 Haushaltungen
49,824 Rtl,
71,520 -
C E