1847 / 164 p. 7 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

väter g die im Junteresse ihrer Familien diese Verbrechen begehen, daß sie also dadurch ihre Kinder selb E anlernen. Nun frage ih, was haben wir von einer Generation zu erwarten, die, weil ihr das Kornmehl, weil ihr die wohlfeilsten Fleischgattungen ver- theuert werden , ‘in größeren Städten genöthigt ist, von Kartoffeln, Sag und Cichorien= Kaffee- sich zu nähren, und deren A e Gym- nastik sich früh und fast nur auf dem Felde der Unge eblichfkeit be- wegt, auf einem Felde, wo nicht blos ungesepliche Handlungen be- gangen, sondern sogar, weil sie zur Lebensfristung nothwendig mge nen (ggutgehei en, für erlaubt gehalten werden. Jch glaube, daß das ein Moment is, der das uns immer mehr und mehr nahetreteude Ge- \spenst des Proletariats in einem uo dunkleren und größeren Schat- ten ersheinen läßt. L

: is ferner behauptet worden, daß die Mahl- und Schlacht- Steuer nicht die ärmeren Klassen treffe; man hat in Pfennigen be- rehnet, wie gering die Last ist, die sährlich und monatlih den Ar- men dabei trifft. Jch erlaube mir ein Faktum dagegen anzuführen, welches ih, wenn es mir gestattet wird, mit mennes Worten‘ aus der bereits von mir erwähnten Denkschrift des preußischen Provinzial-Landtages an Se. Majestät verlesen will. ,,Unzertrennlih von der Mahl- und Schlacht-Steuer is deren ungleichmäßige Vertheilung, und daß sie einen vorzugsweisen Druck auf die ärmeren Klassen der Bevölkerung übt, während die Reichen unverhältnißmäßig gering von ihr getrof- fen werden. Bei der Einführung der Mahl- und Schlaht-Steuer hatte der Geseßgeber wohl gefühlt, daß sie hart auf der ärmsten Klasse der Städtebewohner lasten würde ; es war deshalb die steuer- freie Einbringung von 7; % Mehl gestattet. Die Beschwerde der Gewerbtreibenden innerhalb der Städte veranlaßte im Jahre 1836 die Anordnung, daß von da ab nur 2 Pfund Mehl, Backwaaren, Fleisch 2c. De Rem O werden dürften.“ Jch seße voraus, daß die hohe Versammlung mit mir darüber einig is, daß diese Einbringung in kleineren Portionen hauptsächlich von den ärmeren Klassen bewirkt wird. „Wie viel härter die Armen, die allein vom Lande sich das Mehl zu holen pflegten, getroffen werden, davon liefert der Umstand den Beweis, daß z. B. in Danzig, wo, als in einer Festung, wie ih beiläufig bemerke, die Sache viel s{härser kontrollirt werden fann, als irgendwo —, die Steuer sich plöblich um 24,000 Rthlr. erhöhte und seitdem auf ungefähr gleicher Höhe geblieben ist,“

Jch erlaube mir die Frage, wie, wenn heute nah Danzig, einer Stadt von 60,000 Einwohnern, die Allerhöchste Botschaft käme, daß die bemittelten Bewohner der Stadt circa 20,000 Thaler jährlich mehr aufzubringen hätten, welhen Eindruck dies machen würde ? und in jene einfache Aenderung, in der es liegt, daß die unbemit- telten Bewohner von Danzig über 20,000 Rthlr. jährlich mehr auf zubringen haben, hat man sih ohne erhebliches Bedenken gefügt! Will man sich damit trösten, daß die Bedürftigen diese Last nicht merken, während sie unter dem Einflusse dieser Besteuerung doch schließlich füh- len. müssen, daß sie leiden und darben? So lange ein solches Faktum nicht widerlegt ist, muß ih dabei bleiben, daß die Mahl- und Schlacht- steuer in einer gar nicht zu rehtfertigenden Weise auf den ärmeren Klassen laste, Es sind nächstdem in Beziehung darauf singulaire Verhältnisse, namentlich von dem Herrn Abgeordneten der Stadt Kö- nigsberg, angeführt worden, und es ist nit zu verkennen, daß die größeren Städte durch die Abschaffung der Mahl- und Schlachtsteuer wahrscheinlich in Verlegenheiten gerathen würden, die möglicher Weise nicht gering sein werden, Jch glaube aber doch, daß diese Verlegen=- ein nicht so tief siven, als andere Verlegenheiten, durh welche jene

ervorgerufen werden, und die man- gewöhnlich zu verkennen nux zu geneigt ist. Es handelt sih allerdings auch darum, einen Maßstab zu haben, um die Steuern, auch die Kommunal-Steuern, bequem und sicher so zu erheben, daß wo möglich Niemand darüber klagt; aber die Hauptaufgabe ist doch nicht, dergleihen Steuern zu erheben und eine rihtige ¿Form für sie zu finden, sondern die Hauptaufgabe ist, ihnen ein Fundament zu geben, welches die Einnahmen und Erwerbs=- ebet sichert, aus denen sie fließen, und Alles beseitigt, was diesen

adet,

Wenn ih nun aber bemerke, daß, während die Klassensteuer seit ihrer Einführung pro Kopf sih wesentlih vermindert hat, der Betrag, der für den Kopf in den mahl- und schlahtsteuerpflihtigen Städten in dieser Steuer bezahlt wird, sich nicht nur erhöht, sondern sehr be- deutend, doppelt erhöht hat, worüber der Herr General-Steuer-Di= rektor vielleicht Auskunft zu geben geneigt ist

General-Steuer=-Direktor Kühne: Der Betrag hat allerdings zugenommen, aber in den legten Jahren wenigstens nicht über das Verhältniß der Bevölkerung.

Abgeordn. von Auerswald: Jch bin auch nicht der Mei=- nung, daß er direkt nach dem Maßstabe der Bevölkerung zugenom- men habe, er hat aver jedenfalls zugenommen, und zwar in einem Maße, daß sich bei den Städten, gegenüber dem Lande, cin ungün- stiges Verhältniß herausstellt. Wenn nun auf diese Weise die Be= steuerung in den großen Städten ohne Verhältniß gegen die kleinen und das platte Land anwächst und, nah den von mir angegebenen Thatsachen, diese Mehrzahlung zumeist auf die Aermeren fällt, daun is nah meiner Ueberzeugung die Steuer eiu Beförderungsmittel des Prole- tariats auch physisch und materiell ganz in demselben Grade, in wel- chem ih mir es erst erlaubte von ‘der moralischen Seite aufzuführen. Bin ih nah dem von mir Vorangeschickten ganz entschieden für die Abschaffung der Mahl - und Schlachtsteuer, so handelt es si ferner darum, wodurch dieselbe erseßt werden soll? Jh bin in dieser Bes ziehung für den Vorschlag des Gouvernements, durch eine Einkom- mensteuer den Ersa herbeizuführen, und bedaure nur, daß, - wenn die Vorlage, die uns gemacht worden is, in vielen Einzelhei= ten von der Art ist, daß sie von einem Theile der Verjamm- lung, welcher dem Prinzip beistimmt , niht wird angenom- men werden können , diese Einzelheiten aber sich deunoch wohl, besonders wenn sie nicht zu streng seitens der Räthe der Krone fest»

ehalten werdey, ohne das Prinzip zu verlegen, in Folge gründlicher Diskussion befriedigend hätten modifiziren lassen \o bedaure ih nur, daß die Abtheilung nicht den Inhalt der Denkschrist und der Fropositn in den Vordergrund , nicht vorn zur Diskussion und rage ‘gestellt hat damit wir erst darüber berathen und uns durch us eine Ga 1A Vie Gene Der das Ganze hätten erklären nnen. nicht befolgt j - stellt worden die fra E i folgt worden, es ist vorange ,,0b die hohe Versammlung eine auf den Angaben der Steuer- pflichtigen über ihr Einkommen zu gründende Einkommensteuer befür= worten wolle.“‘

Der Herr Marschall hat bereitè ausgesprochen, da zuerst zur Abstimmung kommen solle, und wenn das geschieht, so er- laube ich mir nur, darauf aufmerksam zu machen, daß meiner Ueber- zeugung nach in diesen Worten:

„einer Steuer, bei welcher zur Ermittelung, Prüfung und Fest- stellung des derselben unterworfenen Einkommens zunächst die An- „gaben der Steuerpflichtigen dienen““, keinesweges alle diejenigen speziellen Maßnahmen der Ausfüh- rung nothwendig liegen, die im Gesehentwurf einzeln ausge- 0e sind. Jh glaube, daß man dem Prinzip vollkommen stimmen kann, ohne jeder einzelnen Ausführungs-Maßregel gerade beizustimmen. Wenn z. B. im Gesey gesagt ist, daß jeder Steuer- pflichtige zunächst sein Einfommen angeben müsse, und daß, falls seine

diese Frage

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Standesgenossen und die’ Kommission an der. Richtigkeit diéser An- gabe zweifeln, derselbe verpflichtet wäre, sich volllommen zu decou- vriren, so könnte ohne Verleßung des Prinzips statt dessen gesagt werden, daß nur in dem Falle, daß der Eingeshäßte gegen die Ein- \{äßung der Standesgenossen remonstriren will, er verpflichtet sei, vollständige Angaben zu machen. Jch glaube, daß bei diesem Vor- schlage immer m das Prinzip bestehen bleibt, welhes nur darin bestebt, daß die Angaben der Steuerpflichtigen das leßte und ent- scheideude Fundament der Besteuerung bilden, was aber von keiner zu bestimmten Form abhängt. Jch schließe mit dem Wunsche, daß, wenn, was" ih allerdings befürchte, die erste Frage von der Versamm- lung mit Nein beantwortet würde, dann noch gestattet wäre, den Antrag zur Sprache zu bringen, daß in Beziehung auf die vorge- \hlagenen Modificationen die Proposition nohmals an die Abtheiiung zurückgewiesen werde. : (Murren.)

Jch bitte zu beachten, daß es sich hier um einen Gegenstand handelt, wegen dessen Wichtigkeit ih mih auf die Worte eines Ab- E aus der Rheinprovinz beziehe, und daß wir in diesem

alle hier diejenigen vertreten, die niemals selbst in die Lage kommen werden, ihre Stimme persöulih hier zu erheben. Jch bitte, das wohl zu erwägen und den Weg nicht abzulehnen, der von der Re- ierung zur Erleichterung der ärmeren Klassen angedeutet worden ist. Rh rechne dabei auf das Entgegenkommen der Räthe der Krone, \o weit es sich um Modification des Entwurfes handelt. Wenn von dem verehrten Herrn Landtags-Kommissar in der leßten Sißung gesagt worden ist: in magnais voluisse sat est, so ist dies gewiß eine Wahrheit, und ih freue mih für ihn darüber, wenn er Beruhigung in derselben gefunden hat, erinnere aber daran, daß, wenn man ir- gendwo geneigt ist und berechtigt sein darf, die Stärke des Willens nah dem Vollbringen zu bemessen, dies bei einem Staatsmann der Hall ist, dessen Stärke aber auch darin besteht, einer solchen Ver- sammlung den von ihr einzushlagenden Weg anzubahnen und zu er- leihtern. Jch bitte daher auch den Herrn- General=Steuerdirektor, daß er seine gestrigen Aeußerungen in Bezug auf das Festhalten an dem Prinzip des Gesebßentwurfs nicht allzu streng in der Anwen= dung auslegen möge.

Abgeordn. von der Heydt (vom Plap): Nach dem vortreff= lihen Vortrage des leßteren Redners beschränke ich mi darauf, mich demselben in allen Theilen anzuschließen. Jch erkenne in dem Ge= \eß-Entwurf einen dankenswerthen Fortschritt und stimme für die in der Diskussion gestellte allgemeine Frage.

Abgeordn. von Waldbott: Dem lebten. geehrten Redner würde ih beistimmen, wenn ih überhaupt die Ueberzeugung hätte, daß durch Abschaffung der Mahl- und Schlachtsteuer irgendwie dem Armen geholfen würde. Der Arme an und für si, d. h. derjenige, dessen Vermögen blos in seiner Hände - Arbeit besteht, zahlt an und für sih keine Mahl- und Schlachtsteuer, sondern legt sie blos vorz der aber, der seine Arbeit braucht, bezahlt sie. i

(Murren in der Vez sammlung.)

Die Mahl- und Schlachtsteuer findet sih daher in dem Preise eines jeden Rockes, in jedem Paar Stiefeln, weiches in der Stadt gear» beitet wurde, und der Konsument oder Abnehmer erstattet beim An- fauf seinen, wenn auch noch so kleinen Antheil au der vorgelegten Steuer. Eine Steuer, die seit 27 Jahren besteht und auf der arbei- tenden Klasse zum Theile ruht, hat in der Länge der Zeit durch den Preis der Arbeit sih vollkommen ausgeglichen , und alle Arbeit, die in der Stadt geleistet wird, wird in dieser Ausgleichung dem Acr= meren und Vermögensloseren bezablt. Jch gehe aber weiter. Wenn ih fragen soll, wer eigentlich die Mahl- und Schlachtsteuer bezahlt, so ist dies für sih eine Frage, die sich dreimal beantwortet. Einmal der Arbeiter, wie ich gesagt habe, und durch und mit ihm die Kon= sumenten der Stadt selbst, dann die bedeutende Anzahl Fremden, welche die Städte besuchen. Jn der Rhein-Provinz zahlen sogar sämmtliche Rei- sende, die auf den Dampfschiffen s{chwimmen, die Mahl- uud Schlacht- steuer der Städte, aus welchen die Dampfschiffe ihren Bedarf au Brod und Fleisch nehmen. Noch mehr. Jch finde/ daß es nicht allein die Kon- sumenten siud, welche die Mahl- und Schlachtsteuer zahlen, sondern in ge- wisser Beziehung sogar die Produzenten, was viele der Herren, die eigene Oefonomie haben, erlcbt haben werden. Wenn der Schlächter ein Stück Vieh kaufen will, so fängt er an, zu erzählen, wie viel Abga= ben er an dem Thore zu bezahlen habe , sagt, daß das Vieh nicht fett genug sei, und was er sonst noch vorbringt. Gelingt es ihm auf diese Weise, seinen Handel wohlfeiler abzuschließen, so liegt darin ein Theil der Schlachtsteuer. Die Konkurrenz mit den anderen Mit= Schlächtern in der Stadt gleicht daber einen Theil der Schlachtsteuer schon gus, sie wird also von auswärtigen, selbst dem Auslande an- gehörigen Produzenten daher theilweije mitgetragen. Es ist gestern erwähnt worden, daß die Anwohner der Städté doppelt besteuert würden. Jch für meinen Theil und, ih glaube, alle Landgutsbesizer mit mir würden heazlih gern diese doppelte Steuer bezahlen, wenn sie nur ihre Güter so nahe an eine Stadt legen fönnten, wo sie na- türliherweise ihre Produkte auf eine ganz andere Weise verwerthen können, als diejenigen, welhe einer Stadt weiter entrückt sind. Die Leistungsfähigkeit, welche da größer, findet in diesem Umstande sogar eine billige Ausgleihung. Es is gestern vou dem verehrten Depu- tirten aus Köln gesagt worden, daß im Jahre 1846 auf einmal ei- nige Tausend Bauhandwerker aus Köln abgezogen seien. Die Mahl= und Schlachtsteuer kann ih deshalb nicht anflagen. Vor dieser Zeit wuchsen die Häuser in Köln förmlich wie Pilze aus der Erde. Daß deshalb eine Masse von fremden Bauhandwerkern hinging, is gewi} natürlich, aber eben so natürlich ist es, daß, als im Jahre 1846 diese Bauwuth (so durfte man sie damals nennen) aufhörte, sie wie- der abzogen, weil sih in Köln ferner kein Erwerb für sie mehr vorfand. Von einem anderen ehrenwerthen Deputirten der Rhein-Provinz wurde ge- sagt, daß durch die Verbesserung unseresSteuersystems demProletariat eut- gegengewirkt, daß die Auswanderungssucht dadurch verhindert werden müsse. Auf dem Hundsrüdck, in der Eifel, wo die meisten Auswanderungen vorfommen, wenigstens in der Rhein-Provinz, is keine Mahl- und Schlachtsteuer. Bei Einführung einer Vermögenssteuer würden aber dieje Leute eben so gut durch die Klassensteuer getroffen werden, wie jeßt. Jch würde von der Frage bedeutend abshweifen müssen, wenn ih die Gründe verfolgen wollte, welche eigentlih diesen Auswande- rungen zum Grunde liegen; in der Aenderuug bes Steuersystems aber fann ich unmögli allein den Grund erkennen. ( i nun so für die Mahl- und Schlachtsteuer erklärt habe, so fomme ich jeßt darauf, daß statt ihrer eine Einkommensteuer eingeführt werden soll, Es is uns gestern von der Staatsbehörde gesagt worden, der Grund, weshalb das Geseß vorgelegt, sei die Menge von Schriften ewesen, die sich gegen die Mahl-= und Schlachtsteuer erhoben Pben, - Gewiß, ein f hr anerfennenswerther Grund, Grund der Be- rathung, aber ein Grund zur Verwerfung der Mahl- und Schlacht= steuer für mih wahrlich nicht. Jch glaube im Gegentheil, daß, wenn jevt Einzelne gege:1 die Mahl- und Schlactsteuer geschrieben ha- ben, dann, wenn wir eine Einkommensteuer eingesühré hätten, das ganze Publikum - dagegen \chreien würde. Wird endlich die Mahl- und Schlachtsteuer abgeschafft, so is uns gesagt worden, daß dadurch ein Ausfall entsteht. - Diesen Ausfall können die Städte nicht tragen, es i also nothwendig, daß das Land von. der Klassensteuer, resp. Einkommensteuer mehr gedrückt wird, als jebt, sobald die Mahl« und

Nachdem ih mich

Schlachtsteuer abgeschafft würde. Bei Einführung der Einkommen- steuer würde aber meiner innigsten Ueberz E Lai das Gewerbe vollkommen untergraben werden, also die Abschaffung der einen und die Einführung der anderen Steuer hindert das ortblühen des Ge= werbes und hemmt den Wohlstand des Landes,

Jch möchte nun noch einige Beispiele auführen. Es sind näm=- lich gestern deren mehrere im entgegenstehenden Sinne angeführt worden, und o erlaube ih mir au in Bezug auf die Mahl=- und Schlachtsteuer einige anzuführen, woraus sich ergiebt, ob in den mahl- und \lahtstêuerpslihtigen Orten die Produkte theurer oder in den niht mahl- und \chlatsteuerpflichtigen Orten die Lebensprodukte be- sonders wohlfeil sind. Ju der Gegend von Koblenz weiß ih mit Bestimmtheit, daß von den Bewohnern der nicht mahl- und steuerpflich- tigen Städte, in der Umgegend von Koblenz, das Fleisch aus Koblenz genommen wird, weil es besser ist. Viel {hlagender is noch der Beweis, daß die Leute aus der Umgegend von Bonn, wenn sie zu Markte ge= gangen sind, aus der mahl- und \hlachtsteuerpflihtigen Stadt Bonn ihr Brod mit nah Hause nehmen. Das scheinen mir schlagende Be= weise. Eben so s{chlazend scheinen mir die Beweise gegen die Ein= kfommensteuer in dem zu sein, was wir in England erlebt haben, wo sih das Parlament fast ein ganzes Jahr damit beschäftigt hat, bis die Einkommensteuer endlich eingeführt wurde. Jn Holland aber stürzten zwei Ministerien über dem Vorschlage der Einführung der Einkommensteuer,

(Heiterkeit in der Versammlung) das dritte Ministerium wagte es nicht, ihn wieder vorzulegen, und eine Bevölkerung von nur zwei Millionen zog vor, ein freiwilliges baares Darlehn yon 128 Millionen in wenigen Tagen aufzubringen, ehe sie sich zur Einkommensteuer entschließen wollte. Befürchtete De= moralisation und gänzliche Untergrabung des Kredits waren die Gründe des Widerwillens. Für mich hat die Berathung über den vorliegen den Geseß-Entwurf die Beruhigung, daß, wenn wir nicht etwas Bess seres finden, wir sagen müssen, daß das, was wir seit 27 Jahren gehabt haben, das Beste war. (Lebhaftes Bravorafén !) / j

Abgeordn. Freiherr von Vincke: Jm Allgemeinen fann ih nur dem beistimmen, was A e E nre via Via Rhein-Provinz, die gestern gesprochen haben, keinesweges aver dem, vas bie beibes ein Mütglieder der rheinishen Ritterschaft heute gesprochen haben, und am wenigsten dem verehrten Redner, _der vor mir auf der Tribüne stand. Das verehrte Mitglied von Köln hat init \charsem Verstande und warmen Herzen die Einkommensteuer ver- theidigt, und ih glaube nicht zu irren, wenn ih sage, daß das, was er gesprochen hat, dem Besten zuzuzählen ist, was in diesem Saale gesprochen worden is. J bin seiner Rede mit dem lebhaftesten Znteresse gefolgt, und ih schließe mi seinen Worten im Prinzipe aus vollem Herzen an. Vor allen politischen Gründen, die von ihm angeführt worden sind, vor allen Gründen, wenn ich mich eines tech= nisch gewordenen Ausdrucks bedienen soll, der Nüplichkeit und inneren Nothwendigkeit, stehen mir auch hier, wie bei den allgemeinen politi hen Fragen, die Gründe des Rechts und da hat jedes Mitglied des Staatsverbandes, wie es Anspruch hat auf gleiche Gerechtigkeit von Seiten des Staates, so auch Anspruch auf verhältnißmäßige Be- steuerung nah den Steuerkräften, nach dem Vermögen, und das scheint mix das Jdeal zu sein, was überhaupt erstrebt werden muß. Jh glaube aber, das diejenigen, welche mit irdischen Glücksgütern geseg- net sind, namentlich also die verehrte Versammlung, ‘das nobile of- ficium haben, sih derjenigen anzunehmen, die nicht in dieser glüdckli= hen Lage si befinden. Fch möchte, wie von einem Mitgliede ter preußischen Ritterschaft und einem Mitgliede der rheiuishen Ritter- schaft, das außerdem der Judustrie angehört, geshehen is, nament- lih für den Stand der Ritterschaft, dem ich die Ehre habe, anzuge=- hören, das nobile officium vindiziren, diejemgen zu vertreten, welche hier in diesem Saale keine Vertretung genießen. Es könnte sein, daß ih darin den verehrten Mitgliedern der Herren-Kurie vorgrisse, 1n- dem ich glaube, daß diese dieses nobile ofticium mit der Ritterschaft theilen wollen, und ih möchte wünschen, daß, da bis jet nur Mit=- glieder der Kurie der drei Stäude über die Frage gesprochen haben, auch einige Mitglieder der Herren= Kurie geneigt sein möchten, dar- über zu reden. Wenn ih Jemand persönlich bezeichnen soll, so würde ih zunächst das hochverehrte Mitglied meinen, welches früher in dem Rathe Sr. Majestät des Königs sich befand und jet der Abtheilung präsidirt hat, und dann das tapfere und geniale Mitglied, welches bald auf den Sesseln der Herren-Kurie, bald auf deu Bänken der hlesischen Ritterschaft sih befindet. tin (rofe: Oriente und allgemeines Lachen.) 5

Wenn ih demnach bei der Anwendung des Prinzips des Geseß- Entwurfs noch cine Ausstellung zu machen hätte, so wäre es die, daß gleiche Prozentsäbe für alle Vermögens - Verhältnisse angewandt worden sind, während nah meiner Ansicht die höheren Klassen auch nach einem höheren Prozentsabe heranzuziehen wären. Es ist das ein Prinzip, was nicht neu is, was zwar nit in Geseben, aber in ministeriellen Resfkripten ausgesprochen worden ist. Jch muß aller- dings besorgen, daß ih wegen der allgemeinen Prinzipien, zu denen ih mich bekenne, von dem verehrten Mitgliede für Potsdam der Schwärmerei werde bezüchtigt werden; ich tröste mich aber damit, daß ih mi in der besten Gesellschaft befinde, in der Gesellschaft des Herrn General-Steuer-Direktors,

(Großes Gelächter.) 4d :

Jch will dem verehrten Mitgliede von Potsdam in die anmuthi= gen Jrrgänge seiner Betrachtungen über die Mahl- und Schlacht- steuer uicht folgen, womit er uus unterhalten hat, ich fann auf die- sem Felde mit ihm nicht rivalisirenz aber im Allgemeinen, glaube ich, hat ihn, was die behauptete Moralität dieser Steuer betrisst, der Herr General-Steuer-Direktor mit den Mehl-Kürassen gestern glän=- zend aus dem Felde geschlagen.

(Gelächter.) ;

Uebrigens beziehe ih mich zur Widerlegung auf das, was in der Denkschrift enthalten is}, und was uns das geehrte Mitglied der preu= ßishen Ritterschaft vorgetragen hat. Einen neuen Grund, der in der Denkschrift sich nicht befand, hat der Herr General-Steuer-Direktor angeführt, nämlich, daß eine prinzipielle Veranlagung der Klassen- steuer nicht ausführbar ist, weil es leicht möglich is , durch N: lung in mahl- ‘und schlachtsteuerpflichtige Städte sich der Klassensteuer u entziehen. i 11 ;

t Es n von einem der geehrten Redner der rheinischen Ritter haft zwar Gründe gegen diese Prinzipien angeführt (ih habe mir furze Notizen darüber gemacht), aber ih glaube nit, daß irgend ein Grund schlagend gewesen ist. Es is gesagt worden, der Tagelohn würde wesentli von demjenigen bezahlt, der den Tagelöhner beschäf tigt; dieser würde ihm einen höheren Tagelohn bezahlen, und die Schlacht- und Mahlsteuer würde dadurh wieder kompensirt werden. Das ist eine Ansicht, die ih nicht theilen kann. Der Tagelohn rih- tet sich, wie die Preise aller Dinge, nah dem Angebote und nach der Nachfrage, und die Preise der Lebensmittel haben darauf nur einen untergeordneten Einfluß, Jch will ferner sehr gern zugeben, daß für jeden Gutsbesißer es angenehm ist, seinen Besip in der Nähe der Stadt zu haben, und daß er dies gern auch mit

Dritte Beilage

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einer doppelten Besteueruug erkaufen wird, Wenn sein Grundbesiß aber bereits in der Nähe der Stadt liegt , \o wird er die ane Besteuerung nicht übernehmen wollen ; dazu liegt durchaus-kein Grund vor, Eben so wenig kann ih anerkennen , daß die Konkurrenz der Schlächter dazu beiträgt, den Preis des Fleisches um den Betrag der Mahl= und Schlachtsteuer zu ermäßigen. Jch bin der Ansicht, daß die Konkurrenz auch ihre Gränzen hat. “Die Mahl= und Schlacht- steuer gehört mit zu den Selbstkosten, und die Konkurrenz, die dazu beitragen soll, die Preise niedriger zu halten, wird keinen so großen Einfluß haben können, die Selbstkosten zu absorbiren, Die Mahl- und Schlachtsteuer wird immer einen integrirenden Theil dieser Kosten bilden, Es is} ferner angeführt worden, daß in der Rheinprovinz die in der Nähe von maghl= und schlachtsteuerpflichtigen Städten, nament-= lih bei Boun wohnenden Laudbewohner ihr Brod häufig aus der Stadt uehmeu und daher gern die hbheren Preise bezahlen wollen. Dies Beispiel im- Allgemeinen beweist eigentlich gar nichts. Es müßte erst untersucht werden, wie--dje Verhältuisse der Umgegend sind, man müßte erst wissen, wo der Bäcker wohnt, wie groß die Entfer= nung is und wie viel Geschäfte der Landmann in der -Stadt hat, Und namentlich würde zu berücksihtigen sein die Verbindung, die viele Orte durch die Eisenbahn mit Boun haben, so daß vielleicht die Zeit- ersparniß den höheren Preis wesentli aufwiegt. Jch glaube hier- nach niht, daß aus diesen Gründen eine Widerlegung des für die

Aufhebung der Mahl- und Schlachtstener Angeführten geschlossen wer- i

den fann,

Diese prinzipiellen Gründe haben auch mehrere Landtage, namentlich die der Provinzen Westfalen und Preußen, bewogen, aufdie Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer anzutragen, und ih freue mich, daß unsere Pro= vinz mit der Provinz Preußen auch hierin si in einem Bestreben begeg- net is, Es sind diese Anträge allerdings abgelehnt worden , und es müssen sich wenigstens die Ansichten des Ministeriums wesentlich ge- ändert haben; denn es sind damals diejenigen Gründe gegen uns ange N die jebt sür Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer angeführt sind, Ein Grund, der allerdings auch jeßt noch nicht zugegeben wird, ist vom Tagelohu entlehnt, in welcher Beziehung der Provinz Preußen, so wie der unsrigen, der Vorwurf des Widerspruchs gemacht wurde. Der Ländtag hatte behauptet, daß durch Erhöhung des Tagelohns die Judustrie benachtheiligt würde, und hatte zugleich eine Benachtheiligung der ärmeren Klassen in der Mabl- und

- Schlachtsteuer gefunden,

Es wurde auf den Widerspruch aufmerksam gemacht, daß eben durch den hohen Tagelohn die Mahl - und Schlachtsteuer fompenusirt würde, Das geehrte Mitglied für Köln hat diesen Grund bereits lin widerlegt, in Bezug auf alle diejenigen aus den ärmeren Klassen, die zeitweise arbeitsunfähig sind, und die bei der Mahl- und Schlachlsteuer eine viel größere Ausgabe zu leisten haben, Wie ich vorhin bemerkt habe, tritt überdies die Erhöhung des Tagelohns in Bezug auf die höheren Preise der Lebensmittel nux in geringerem Maße ein, und dann doch auch uur für die eigentlichen Arbeiter, während alle Klassen der Handwerker die höhere Besteuerung durch die Mahl= und Schlachtsteuer zu tragen haben, ohne daß sie in einem höheren Preise ihrer Fabrikate eine Compensation fänden.

Namentlich hat sich in der Provinz Westfalen, um darauf zu= rüczukommen, der Vortheil der Aufhebung der Mahl- und Schlacht= steuer, im Gegensaß zu- dem, was das geehrte Mitglied aus Grüne=- berg auseinaudergeseßt hat, \{lagend ‘herausgestellt, insbesondere ist dies in Arnsberg. und Hamm geschehen. Ein geehrtes Mitglied, für des Herrn Fürsten zu Wittgenstein =Berleburg Durchlaucht, welches sich hier befindet und dem Regierungs-Bezirk Arnsberg vorsteht, hat den Anfang seiner Amtsthätigkeit in der Provinz dur jene verdienst- volle Handlung bezeichnet, nämlich durch die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer in Arnsberg. Jch berufe mi auf sein erleuh- tetes Zeugniß, ob sich diese Maßregel nicht glänzend bewährt hat.

Es handelt sich hier indeß nicht blos um die Nachtheile der Mahl - und Schlachtsteuer, die beseitigt werden sollen, sondern na- mentlich auch um die Nachtheile, die aus der Klassensteuer bei der jeßigen Vertheilung entstehen. Da_ 1st nit blos der Grund, daß man sich dur Uebersiedelung der Steuer entziehen fann, und also eine prinzipielle Veranlagung unmöglich gemacht werden kann, sondern ih finde auch einen hauptsächlihen Grund darin, welchen {on meh rere Redner angeführt haben, und auf den ih mi beziehe, daß die Klassensteuer uur ein Maximum von 144 Thalern hat, also alle Ver- mögenderen nicht richtig heraugezogen würden. Dann finde ih quch im Gegensabe zu dem, was der Herr General=Steuer-Direktor ge- sagt hat, ein großes Bedenken in dem Mangel an Zwischenstufen. Mein Amt legt mir die Pflicht ob, die Veranlagung der Klassen- Steuer zu kontrolliren, und ih habe seit 10 Jahren durch eigene Erfahrung vielfach Gelegenheit gehabt, mih zu überzeugen, daß der Mangel an Zwischenstufen in der Klassensteuer eine rihtige Veran- lagung und Repartition fast unmöglich macht.

Fast bei jeder Veranlagung wird bei der Begutachtung der Re= clamationen bemerkft,: daß ein Kontribuent, auf den exemplifizirt wird, sih eigentlih beinahe zu einem höheren Steuersaß geeiguet hätte, daß er aber zu dem geringeren Steuersaß veranlagt werde, weil kein Zwischensaß bestehe, Es liegt sattsam auf der Hand, daß, wenn Jemand sich nah seinem Vermögen zu einem Steuersaß von 36 Rthlr, eignet, er doch niht wohl zu dem Sab von 48 Rthlr. her= angezogen werden kann und deshalb , da feine Zwischenstufen beste= hen, auf dem Steuersaß von 24 Rihlr. bleiben muß,“ \o daß er also 60 pCt, zu wenig zahlt. Dies scheint mir so evident ‘zu sein, daß ih nit weiß, wie es bestritten werden kann. Jh möchte hierbei auf den Herrn General =Steuer - Direktor und auf die Deukschrift provo- ziren, Es is darin auseinandergeseßt, daß die Veranlagung der Klassensteuer in den geringeren Klassen die Schwierigkeit hat, daß man si an äußere Merkmale halten muß, daß aber in den höheren Klasseù diese Schwierigkeit wegfällt, und diese Bemerkung hat ja eben den Vorschlag motivirt, eine Einkommensteuer für diese höheren Klassen einzuführen und dabei alle Zwischenstufen zu berücksichtigen.

Wenn bei der Einkommensteuer Jeder nah Verhältniß seines Einkomuiens herangezogen werden soll, warum soll es dann nicht viel eher möglich sein, Zwischenstufen in der Klassensteuer einzuführen? Das is ein Zweifel, den ih mir, bei allem Nachdenken darüber, uicht habe Ua können,

Diese Bedenken, welche über die Klassensteuer erhoben worden sind, und noch eine Menge Schwierigkeiten in der Veranlagung würden si beseitigen lassen. “Von einem Mitgliede aus Grüneberg sind in dieser Beziehung den Landräthen und Regierungen Vorwürfe gemacht worden, und der Herr General - Steuer = Direftor hat diese in Bezug auf ‘die Regierungen © bereits beleuchtet, Jch wollte mich aber uur no dagegen verwahren, daß die Landräthe mit den Re- gierungen in eine Kategorie e werden, Die Laüdräthe haben nicht blos die allgemeinen Gesehe“ im Kreise in Ausführung zu brin= gen, sie haben auch die“ ehrenvolle ‘Auf, abe, die Juteressen ihres Kreises nah allen Richtungen zu * vertrelen, und “ihre Aufgabe ist daher verschieden von ‘der dex Regierung, “Ih glaube, -daß meine

_an England, daß sie doch auch iu Friedenszeiten besteht,

Dritte Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zettung.

Kollegen, deren -sich v viele in dieser Versammlung befiuden, mir darin beipflichten werden, und ih glaube auch, daß die Landräthe, die sih durch eine eifrige Wahrnehmung der Juteressen ihrer Kreise nah oben hin unbeliebt machen, nicht gerade die shlechtesten Land- räthe und die \hlechtesten Vertreter ihrer Kreise sind.

Um auf etwas zurückzukommen, was ich vorhin übersehen habe, so fann ich dem’ verehrten “und excellenten Mitgliede der \chlesishen Ritterschaft nicht beistimmen, daß man den Städten, weil sie beson- dere Corporationen bilden, uit vorgrèifen dürfe in Bezug auf die Abschaffung der Mahl - und Schlachisteuer. Jch bin der Ansicht, daß es die Aufgabe der Staats-Regierung und dieser Versammlung ist, die Prinzipien einer gerechten Steuer-Veraulagung für den ganzeu Staat hinauszuführen, und daß fie dieselbe niht abhängig machen fann von dem Velieben einer Stadt. Wir kennen nicht das Prinzip der Selbstbestenerung einzelner Corporationen, sondern es besteht das Prinzip der allgenieinen Steuervertheilung für den ganzen Staat; es faun daher auh nicht von der Verleßung einer Corporation die Rede sein, weil diese jenes Recht uicht besessen hat. Es is zudem hei dieser Frage das ganze Land betheiligt, weil die Barrieren, die die Einbringung von Brod, Fleisch u. st. w. in die Städte hindern, beseitigt werden sollen, und es faun dem Lande nicht gleichgültig sein, das Prinzip des freien Verkehrs im Junern fortdauernd beeinträchtigt zu sehen, nachdem es an den Gränzen des Staates durh den Zoll- Verein hergestellt ist ; es kann auch feinem Landbewohner gleichgültig séin, ob seine Nachbarn zu Mehl - Kürassieren ausgebildet werden.

Jch glaube , wenn man gegen das Prinzip ‘der Einkommensteuer erwähnt hat, daß es eine exceptionelle Maßregel ist, die nur für Kriegszeiten zu empfehlen wäre, wie das verehrte Mitglied der Ritter- {haft aus Pommern gestern gesagt hat, dieser Grund nicht paßt. W ir haben sie in Kriegszeiten allerdings nur erlebt, aber wir sehen Jch be- haupte, daß die Klassenstèuer auch eine Art von Einkommensteuer ist, sie soll zwar die Mitte halten zwischen Kopf- und Vermögenssteuer ; es ist aber noch feinem Beamten möglich gewesen, dieses Räthsel zu lösen und diese rechte Mitte zu finden, sie hat in der Ausführung die Natur der Vermögenssteuer augenommen. Jch berufe mich auf das vorhin erwähnte Ministerial-Reskript , worin gesagt wird , daß in der Negel die untere Stufe 2, die höhere Stufe 4 p.Ct; des Einkommens bezahlen soll. Jch wage nicht zu entscheiden, ob dies beachtet wird, da der Herr General=Steuer-Direktor selbst in der Versammlung ist und darüber vollständigere Notizen besißen wird. Wenn ih also das Prinzip will , so schrecke ich cuch nicht vor den Mitteln zurück, weun ih auch nicht zugeben faun, daß die Mütel, welche die Regierung vorgehchlagen hat, die richtigen sind. Um kurz meine Bedenken an- zuführen, muß ih mir erlauben, daranf zuriückzukommen, was die Ab- theilung hon erwähnt hat, daß die Vervielfachung der Eide , ferner die spezielle Angabe des Vermögens nicht rathsam is, und daß eine summarische Angabe genügt, und daß die Veranlagung zu sehr die

Gestalt eíner büreaukfratishen Einrichtung hat. Es wäre augemesse- -

ner, wenn die Veranlagung nur den Lokal-Behörden übertragen , die Bezirks-Kommission nur als eine höhere Jnstanz betrachtet wäre. Ich O dfiher immer ‘die Lokfal-Veraulagung àls Regel aufgestellt aben.

; Ich wollte mir fernêr exlanben zu bemerken , daß es mir nicht nothwendig geschienen hat, daß man jeßt einen solhen extremen Schritt der Einsührung einer Einkommensteuer sofort thut; dazu ha- ben die vielen Anträge auf Aufhebung der Mahl- und Schlacht- Steuer feine Veranlassung -gegeben, und ih bin mit dem Mitgliede ans der Niederlaufiß darin einverstanden, daß man niht gern den alten Rock auszieht, um einen neuen anzuschaffen, und ih würde dem nur noch hinzuzuseßen habeu, daß ih in solhen Fällen den alten Rok erst etwas flicken lassen würde. Jh kann mich einer gewissen Besorgniß nicht erwehren, muß mich aber dagegen im voraus ver- wahren, als ob ich dem Herru General = Direktor der Steuern dadurch einen Vorwurf machen wollte, Wir haben in allen Landtags- Abschieden und in allen Bescheiden auf die Anträge der einzelnen Städte, selbst in halboffiziellen Artikeln der Zeitungen, die Gründe auseinanderseben gehört, warum die Mahl- und Schlacht-Steuer keine Anfechtungen erleiden dürfe. Jebt“ bekommen wir eine Denk- {rift , worin das Gegentheil gesagt wird, und wir hören, daß die Maßregel durch das Geschrei der Presse hervorgerufen sei, Das Geschrei der Presse hat das Gouvernement nicht zu kümmern, o lange es geborne Räthe“ der Krone giebt, als Vertreter ständischer Interessen des Landes. Wenn es sich darum handelt , einen solchen Schritt zu thun, so muß es meines Erachtens durch allmälige Ueber- gänge vorbereitet werden, Meine jebige Besorgniß is die, daß man vielleicht von früheren Meinungen, die man immer als vortrefflich ausgab, sih hat leiten lassen, wenn man neue Schwierigkeiten in der Aufstellung eines ueuen Systems gefunden hat, und daß man dieses weit mehr hat hervortreten lassen, als es der Natur der Sache nah nöthig gewesen wäre.

Ich glaube hiernach, was die Einkömmensteuer betrifft, so würde ih vor ihren Schwierigkeiten nicht zurückschrecken, und es würde auch möglich sein, wenn dazu vielleicht auch größere Vorbereitungen nöthig wären, durch geeignete Aenderungen im Geseß-Enutwurf die Bedeunkeu zu beseitigen. Jch habe aber einen Grund, der mich bestimmen muß, gegén den Entwurf zu stimmen. Das Mitglied von Köln hat nur mit eini- gen flüchtigen Worten dieses Bedenkens erwähut, dasselbe aber keines= weges beseitigt. Wenn ich eine Cinkommensteuer einführen will, so mnß es mindestens die einzige direkte Stener sein, und es soll dann das gesammte Einkommen dadurch betroffen werden z aber eine Einkommensteuer.ueben der Grundsteuer und Gewerbesteuer, welche schon besondere Theile des Einkommens treffen, is ein prinzipieller Unsinn. Namentlich als Mit- vertreter einer westlichen Provinz, die vorläufig die Meinung hat, in ihrer Grundsteuer überbürdet zu sein, kann ih mich der Anwendung der Einkommensteuèr, so lange die Grundsteuer nicht mit hineiygezo- gen wird, nicht anschließen. Jh will mih niht auf Deductionen der UÜeberbürdung einlassen, denn das Thema ist zu weitshihtig, es ist auch äußerst gründlich von meinem verehrten Freunde aus meiner Provinz bearbeitet, und es hat seine Arbeit wenigstens der großen Mehrheit der Abtheilung die Ueberzeugung gewährt, daß unsere Kla- gen gegründet sind. Jh will nur ein Faktum anführen in Betreff der Grafschaft Mark, die seit Jahrhunderten das Glück hat, unter dem Scepter des Hauses Hohenzollern zu stehen, und in Bezug auf die Grundsteuer ‘früher mit den anderen älteren Provinzen ‘in das Gleichgewicht gestellt war. Die Grafschaft Mark hat 1806 176,000 is an Grundsteuer bezahlt und zahlte im Jahre 1820 386,000 Rihlr. Dies \{lagende Beispiel wird genügen, um die Ueberbürdung dieses Landestheils darzuthun. Wenn also der Géseß-Entwurf nur. gesagt hat,“ die Grundsteuer soll abgezogen wérden vön “dem Betrage des Grund = Einkommens und der überbleibende Theil mit der Einz kommensteuer ‘belastet werden, \o q dies “offenbar eine ungerechte Be- steuerung. - Deun angenommen, ih habe 100° Rthlr. CEinkommen' aus Grund = Eigenthum und zahle in einer Gegend 5, in" der: añderen 10 Rthlr, Grundsteuer, #0 würde die hoch* gestellte? Gegend mit 90

Dienstag den 15 Juni. :

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und die audere mit 95 Rthlr. zur Einkommensteuer ge

Die Einkominensteuer is aber ein sehr gerin er Pro ogen Zen Grundsteuer (denn die leßtere beträgt miibestens 12 pCt.), daß {on daraus die unbillige Behandlung sattsam erwiesen ist,

So lange die Grund-, Gewerbe- uud Klassen-Steuer nicht, \o zu sagen, in einen Topf geworfen iörsten, glaube ih, dem Prinzip der Einkommen-Steuer nit huldigen zu können.

Ich glaube übrigens, daß es sehr wünschenswerth sein würde, wenn ‘in dieser wihtigen Sache der Vereinigte Landtag zu irgeud einem Beschlusse käme, aber nicht blos zu dem Beschluß, Bes der Ab= geordnete der Stadt Aachen vorschlug, daß wir bitten, eine Propo=- sition dem nächsten Vereinigten Landtage vorzulegen, sondern ih glaube, daß wir weiter gehen müssen, und daß wir die Bedenken, die“ sih uns bei der Mahl = und Schlachtsteuer aufdrängen, so weit beseitigen können, als es in dem Augenblicke mögli ist. Wir haben aus der Denkschrift ersehen, daß die Steuer vou 74 kleineren Städten, na-= mentlich in Bezug auf Defraudationen, zu den meisten Bedenken Ver= anlassung gegeben hat, und ih möchte es der Erwägung des Herrn General Steuer - Direktors anheimgeben, ob es uiht möglih wäre, sie für jeßt, wenigstens in den kleineren Städten, zu beseitigen. Es würde den größeren Städten daun zu überlassen sein, ob sie die Auf- hebung der Mahl- und Schlachtsteuer beautragen wollen; wir haben zwar gehört, daß viele der größeren Städte dagegen sind, andere aber sind dafür, zu denen namentlich Magdeburg gehört. . Es müßte also den Städten die Möglichkeit gelassen sein, die Mahl- und Schlacht steuer zu beseitigen, für den Fall, daß sie durch eine Einkommens- Classification den Ausfall aufbringen wollten; dies scheint mir dur die Denkschrift begründet zu sein. Jch glaube ferner, daß ein etwai=

ger Ausfall in den kleineren Städten gedeckt werden könnte, wenn

man si entslösse, auf Grund der Motive, die ih mir anzuführen erlaubte, geeignete Zwischenstufen in der Klassensteuer einzuschieben und die Klassensteuer nah vben hin zu erhöhen. Der Herr General= Steuer-Dire:tor hat zwar;gesagt, daß es unmöglich wäre, diese höheren Klassen einzuführen, wenn man nicht ein Maximum festseßen könnte. Das scheint mir uicht der Fall zu sein; denn, wenn ih an die ministeriellen Jn= structionen zu der Veranlagung der Einkommensteuer für Kommu- nal-Bedürfnisse erinnern darf, so ist der ganz richtige Weg darin ge- funden, Es sind darin die Abstufungen bezeihnet worden, die ungefthr von der Steuer getroffen werden sollen. Jh habe ein desfallsiges Amendement eingebracht, enthalte mich aber jedes Vortrages desselben, da es mir vorkommt, als ob jedes Amendement, das bei dieser Frage eingebracht wird, einen gewissen Sturm in ter Versammlung erregt, und ih möchte nicht eher dazu übergehen, bis der Herr General- Steuer - Direktor sich über das Prinzip nnd die Ausführbarkeit mei=- ner Vorschläge näher geäußert hätten.

Jch komme dädul zurü, daß, nachdem wir uns redlich bemüht haben, uns alle unsere verfassungsmäßigen Rechte zu ee zoir auch dringende n eiaA haben, demjenigen Theile des Volkes zu hel= fen, der von politischen Rechteu nicht viel weiß, wohl aber von ma- teriellen Jnteressen. Jch schließe mich in dieser Beziehung dem Antrage des Abgeordneten der märkischen Ritterschaft, welcher vor einiger Zeit in beredten Worten die Beachtung auch der materiellen Interessen uns empfohlen pat, an,

_ General» Steuer - Direftor Küh ne: Jh muß um die Erlaub- niß bitten, dem geehrten Redner, der fo eben diesen Plaß verlassen, nmcht in allen Theilen seiner sehr ausführlichen und viele Punkte be- rührenden Rede folgen zu dürfen, das würde mir niht mögli sein. Zunächst aber is es mir niht möglich, mich, wie der Redner am Schlusse seines Vortrages gewünscht hat, über ein Ameudemeut zu äußern, welches wegen bedrohlihen Gemurmels nicht vorgebraht wor- den ist, da auch ih es nicht kenne, Jh nehme also einzelne Punkte heraus, die gewissermaßen, ih sage gewissermaßen, persönlich scheinen fönnten, Es isst mir, namentlich sofern man mir die Ehre erweist, mich öfters persönlich zu erwähnen, nachgesagt, daß frühere Bescheide, die ertheilt seien, auf den Antrag, die Mahl= und Schlacht - Steuer abzuschaffen, uicht im Einklang ständen mit dem, was gegen die Mahl- und Schlacht - Steuer jeßt in der Denkschrift der Ke terun angeführt sei. Jch bemerke, daß bis vor noch nicht langer Zeit i selber nicht geglaubt habe, daß die Regierung sich in der Möglichkeit befinden würde, die Abschaffung dieser Steuer vorzuschlagen. Es sind erst seit einigen Jahren, und sogar erst seit wenigen Monaten Umstände“ eingetreten , die meine Ueberzeugung in dieser Ansicht ver= ändert haben, Als das erste vor einigen Sab eingetretene Ereig= nenne ih die Einführung der Einkommensteuer in England. C3 ist dies das erste mir befannte Beispiel, daß in Friedenszeiten und in einer Zeit, wo durch den äußeren Nothstand eine außergewöhnliche Anstrengung der Nation nicht motivirt war, eine Einkommen- Steuer eingeführt is, ein großes Beispiel für uns, das eine freie Nation uns gegeben hat, um den sozialen Zustand des Landes gründlich zu verbessern, und ih glaube weder, daß unsere Regierung einen Tadel verdient, wenn sfe früher gezögert hat, den Anfang damit zu machen, noh darüber, daß sie, nahdem das Beispiel von einem anderen Lande gegeben war und si hier dieselben Wünsche zu stellen ienen, diès Beispiel beunbt hat. as zweite Ereigniß, welches sih vor wenigen Monaten zugetragen hat, das ist die Ein= berufung des Vereinigten Landtages. Jch erkläre unumwunden, daß uah meinem Dafürhalten die Regierung \sich niemals im Stände ge- fühlt haben würde, ein solches Geseß anders als mit der Zustimmung, mit der lebhaften und herzlichen Zustimmung der Vertreter des gan=- zen preußischen Volkes zur Ausführung zu bringen. Das sind die beiden Ereignisse; die diese ansheinende Aenderung, die aber in der That nur anscheinend i}, motivirt haben. Will man nun aber den Beamten des Gouvernements darum tadeln, daß, \o lange er niht die Möglichkeit gesehen hat, diése Steuer E er niht voran- gegangen is und seine Stimme gewissermaßen mit dazu hergegeben hat, eine bestehende Steuer zu versthreien? Jch glaube nicht. Aber ih glaube, derselbe Beamte verdient den Vorwur E nit in Be- ug auf die vorliègende Denkschrift. Es is in dieser Denkschrift, die jedem Deputirten vorliegt, mit Bestimmtheit anerkannt, daß sehr viele Vorwürfe, die der Mahl- und Schlachtsteuer gemacht werden, gehässig und übertrieben seièn, und daß die Steuer diese Vorwürfe nicht annd Jch i um die Erlaubniß, eine ganz kurze Stelle daraus vorlesen zu dürfen : L A i „Mag man ‘indessen die Unverhältnißmäßigkeit in der Belastung der fädtisihen Bevölkerung und ünsbesondere der weniger wohl= habenden Einwohnerklassen mehr oder weniger hoh anschlagen, mag man glauben, daß die mit Beibehaltung der Mahl= Shlachtsteuer verbundenen Mißstände BOS durch die prakti= hen Vorzüge dieser Steuer aufgewogen werden, so wird immer- in zugestanden werden müssen, daß eine Steuer, hren wirklichen Män ln odér Vorzü én, unter mehr’áls m achtet werden kann, sol der Ungunst des ublikfums begegnet, # in wohlmeinenden Männern aller Einwohn N 4 fit oder eine Unbilligkeit citlickt wird, “Ob bieses

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