1847 / 169 p. 8 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

agen wäre. Jch befürchte aber, daß, wenn solhe Grundsäße ee Plat g pel man zu der Zeit zurückommen s in welcher den Juden ein bestimmtes Stadt =Revier zur Wohnung angewiesen wurde. Jch frage, ob man nicht mit Bedauern auf solhe Städte hinblicken muß, in welchen solche Beschränkungen verfassungsmäßig noch stattfinden, ob man nicht bedauern muß, daß die Bundes-Geseß= gebung, die hon längst den Juden eine Verbesserung ihrer Lage LEIRED noch niht Bedacht darauf genommen hat, jene Da eEins zu erfüllen und darauf hinzuwirken, daß in dem Juden das Men- \henreht geehrt wird. Abgesehen davon, erahte ih dafür, daß - diese Bestimmurig des §. 415 der bisherigen Erlebgens vollständig widerspriht. Ohne allen Zweifel sollen die Juden na diesem Paragraphen nur in ihrem Verhältnisse als Stadtbürger be- trachtet werden. Sie sind daher au nur nas der Verfassung der Ortschaften, wo sie sih niedergelassen haben, zu eurtheilen. Jn die- ser bürgerlichen Beziehung schreibt aber shon die Städte - Ordnung vom 19. November 1808 vor, baß die jüdischen Bewohner der Städte nur nach der Städte -Ordnung beurtheilt werden sollen, Dieses Gesetz hat längst alle Verschiedenheiten zwishen Juden und Christen aufgehoben. Es kennt keine Judenbürger und keine Chri- stenbürger. Es würdè daher das Grundprinzip der Städte - Ordnung

umstoßen heißen, wenn man wieder Verschiedenheiten zwischen Juden und Christen in bürgerliher Beziehung wollte eintreten lassen und dem vorliegenden Grundsaße Geltung zu verschaffen geneigt wäre. Die Einleitung zur Städte-Ordnung giebt hon zu erkennen, daß der Geseßgeber die Absicht gehabt hat, jede Verschiedenheit, nicht alleín die aus den konfessionellen Unterschieden hervorgehende, sondern überhaupt alle das Bürgerthum angehende Verschiedenheiten aufzu- heben, sie mögen einen Grund haben, welchen sie wollen. Die Städte= Ordnung hat in der Bürgergemeinde einen festen Vereini= gungspunkt bilden wollen, in welhem alle Juteressen zu vereinigen, und um welchen sich alle Bürger zu sammeln haben, um Theil zu nehmen an der gemeinsamen Verwaltung der städtischen Angele= genheiten.

__ Der §. 5 der alten Städte - Ordnung vom Jahre 1808 theilt die Einwohner der Städte nur in Bürger und Schußverwandte und macht keinen Unterschied, ob sie Juden oder Christen sind. Jm §. 6 wird, wie vorher gesagt, ausdrüdlich festgeseßt, daß alle Bürger, ohne Unterschied der Religion, nah der Städte-Ordnung und nach der Ver- fassung des Ortes, in welchem sie wohnen, behandelt werden sollen. Der §. 16 seßt ausdrücklih fest, daß es nur ein Bürgerrecht geben soll. Er lautet dahin :

„In jeder Stadt giebt es künftig nur ein Bürgerrecht. Der Un-

tershied zwischen Groß=- und Klein-Bürgern und jede ähnliche Ab-

theilung der Bürger in mehrere Ordnungen wird daher hierdurch völlig aufgehoben.“

und der so eben an dieser Stelle erwähnte §. 73: „Die Wahl der Stadtverordneten nah Ordnungen, Zünften und

Corporationen in den Bürgerschaften wird dagegen hierdurch völlig

aufgehoben. Es nehmen an den Wahlen alle stimmfähigen Bür=

ger Antheil, und es wirkt Jeder lediglih als Mitglied der Stadt- gemeinde, ohne alle Beziehung auf Zünfte, Stand, Corporation und Sekte.‘

_Die revidirte Städte-Ordnung läßt in Beziehung auf diesen §+ 73 zwar zu, daß die Bürger nah Klassen zu Stadtverordneten

ewählt werden können, aber ih bezweifle, daß man hierbei die Ab= iht gehabt hat, eine konfessionelle Verschiedenheit eintreten zu lasen, 1ch glaube vielmehr, daß man nur die Klassen im Sinne gehabt hat, die aus der gewerblichen Beschäftigung oder sonstigen Verhältnissen der Bürger hervorgehen. Der §. 110 der alten Städte - Ordnung seßt endlih ausdrücklih fest : -

„Die Stadtverordneten sind im vollsten Sinne Vertreter der ga n=

zen Bürgerschaft, mithin so wenig Vertreter des einzelnen Be-=

zirks, der sie gewählt hat, noch einer Corporation, Zunft u. \. w.,

der sie zufällig aagehören.“

Dies u. st. w. bezieht sich natürlih auf den Ausdruck Sekte, der im §. 73 gebraucht ist.

Aus allen diesen Bestimmungen glaube ih die Behauptung her- leiten zu müssen, daß dieser Paragraph des Geseß-Entwurfs ohne Aufhebung, ohne Gefährdung des Prinzips der Städte-Ordnung nicht stehen bleiben kann. Jedenfalls fragt man sich, wie man zu einer solhen Bestimmung kömmt und welhe Vortheile sie gewähren soll. Es is mir in der That niht möglich gewesen, mir diese Frage zu beantworten, und dies um so weniger, als wir vielfach die Er- fahrung gemacht haben, daß auch die Bürger jüdischen Glaubens sich auf das thâtigste der städtischen Angelegenheiten annehmen. Beson= ders haben wir in unserer Stadt noch immer die Erfahrung gemacht, daß die Mitglieder der Judenschaft, die sich in der Stadtverordne= ten-Versammlung befunden haben und noch befinden, es sich nicht zur Aufgabe gestellt haben, die Interessen der Juden zu befördern, son- dern sih auf das Eifrigste aller städtischen Angelegenheiten anzuneh= men, und redlih bemüht sind, die allgemeine Wohlfahrt zu befördern. Jch kann daher in diesem Paragraphen wahrlih keinen Forlschritt in der Gesebgebung erblicken. Rüdsichtlich derjenigen Provinzen, in wel- hen das Edikt vom Jahre 1812 geltend ist, möchte das Unterneh- men, den Gegenbeweis zu führen, gewiß die Ueberzeugung hervor- rufen, daß durch diesen Paragraphen ein Rückschritt gemacht werden würde. Diejenigen staatsrechtlihen und moralishen Grundsähe, welche 1812 zuerst Anlaß gaben, eine Beseitigung aller Varschiedenheiten zwischen den Christen und Juden in bürgerlicher Beziehung zu be- wirken, und die darauf berehnet waren, die Entwickelung der Lebte- ren als Staats-Bürger zu befördern, aber auch alle nationalen Ei- genthümlichkeiten möglichst aufzulösen, dieselben Grundsäße, sage ich, müssen auch heute noch vorwalten und veranlassen mi daher, mich gegen die Bestimmung des Geseß-Entwurfs zu erklären.

(Ruf zur Abstimmung.)

4 Abgeordn. Grabow: Jch will mich dem Abschluß der Dis- kussion nicht entgegenseven, weil die Rechts-, Nüßlichkeits- und inne- ren Nothwendigkeits - Gründe von dem geehrten Redner vor mir so vollständig auseinandergeseyt sind, daß ih glaube, der Paragraph wird M M Sl Noenegtien O

arschall: Der Herr Abgeordn ani Wort, ih weiß nit, ob er darauf verzithtct. O V O 000 (Abgeordn. Kaniß verzichtet aufs Wort.) Die Abtheilung hat vorgeschlagen, den §. 15 wegfallen zu lassen Jch bitte diejenigen, welhe dem Antrage beistimmen : ; O 7 , aufzustehen. (Der Antrag wird fast einstimmig angenommen.)

Referent Sperling: Jh werde mir erlauben, die §8. 16 big 22 vorzulesen, weil sie im genauen Zusammenhange stehen.

(Verliest) :

g. 16.

"

Die auf den Kultus bezüglichen inneren Einrichtungen bleiben der Vereinbarung jeder einzelnen Judenschaft, resp. deren Vorstehern und Repräsentanten s igl vas Die Regierung hat von diesen Ein= rihtungen nur insoweit Kenntniß zu nehmen und Entscheidung zu treffen, als die öffentliche R F Einschreiten erfordert.

H. . „Dem Statute einer jeden Judenschast bleibt die Bestimmung darüber vorbehalten, ob Kultusbeamte angestellt und wie dieselben gewählt werden: sollen, Bis dahin behält es wegen dieser Wahlen

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bei demjenigen, . was in den einzelnen Judenschasten herkömmlich is, und in Ermangelung eines festen Herkommens bei den allgemeinen eseblihen Vorschriften wegen der Wahl von Gesellschaftsbeamten sein Bewenden. Die gewählten Kultus = Beamten dürfen in ihr mt nicht thes cingewicien werden, bis die MEERRE erklärt hat, daß gegen ihre Annahme nichts zu erinnern ist, Die Regierung hat bei diefer Erklärung außer den Förmlichkeiten der Wahl nur darauf Rücksicht zu nehmen, daß die gewählten Kultusbeamten unbescholtene Männer sind. g. 18.

Entstehen innerhalb einer Judenschaft Streitigkeiten über die inneren Kultus =- Einrichtungen, welhe auf Bildung einer neuen Sy= nagoge abzielen, so sind die Minister der geistlihen 2c. Angelegenhei= ten und des Junern ermächtigt, auf den Antrag der Jnteressenten eine Begutachtung der obwaltenden Differenzen dur eine zu diesem Zweck einzuseßende Kommission eintreten - zu lassen, Kann durch den Ausspruch der Komuission der Konflikt niht ausgeglichen werden, so haben die Minister unter Benußung des von der Kommission ab=- gegebenen Gutachtens darüber Anordnung zu treffen, ob und mit welcher Maßgabe die Einrichtung eines abgesonderten Gottesdienstes oder die Bildung einer neuen Synagoge zu gestatten itz zugleich

haben dieselben mit Ausschluß des Rehtsweges zu bestimmen, welcher Theil im Besiß der vorhandenen Kultus - Einrichtungen verbleibt. 19

g. 19. Diese Kenn soll, so oft das Bedürfniß es erfordert, unter der Aufsicht eines Regierungs - Abgeordneten in Berlin zusammentre- ten und “aus neun Kultusbeamten oder anderen Männern jüdischen Glaubens bestehen, die das Vertrauen der Judenschaft, welcher sie angehören, besißen.

g. 20.

Die Mitglieder der Kommission mit einer angemessenen Zahl von Stellvertretern werden von den Ministern der geistlichen 2c. Angele= genheiten und des Junern auf den Vorschlag der Ober-Präsidenten, welche dabei die Anträge der Judenschasten ihres Verwaltungs-Be= zirkes besonders zu berüsihtigen haben, auf die Dauer von sechs Jahren ernannt. ;

G 21.

Die durch den Zusammentritt der Kommission erwachsenden Ko-= sten werden von den sämmtlichen Judenschaften des Staats nach Ver- hältniß des Kostenbetrages ihrer gesammten Bedürfnisse (§. 23) auf- gebracht.

22,

Die Kommission beschließt über die ihr zur Begutachtung vor= gelegten Gegenstände nah absoluter Stimmenmehrheit und hat die zu erstattenden Gutachten unter Beifügung von Gründen vollständig auszuarbeiten. ‘‘

Gutachten :

„Der Abschnitt, welher über das Kultuswesen handelt (Fg. 16—22), fällt in feine der Kategorieen von Geseßen, zu deren Berathung die Stände verfassungsmäßig berufen sind. Deshalb glaubte die Abtheilung au, in Beziehung auf denselben zunächst die Frage anregen zu müssen, ob er der Berathung des Vereinig- ten Landtages unterliegen dürfe? Für den Fall, daß diese Frage in pleno bejaht werden sollte, was die Abtheilung um deswegen anzunehmen geneigt war, weil es sich um eine Königlihe Propo= sition handelt, war zu §§. 16 und 17 nichts zu erinnern.“

der Abtheilung etwas zu erinnern? (Es wird feine Bemerkung dagegen geinacht.)

Hier f der §. 16 übergangen worden, der Herr Abgeordnete Brust wün\cht jedoch über denselben zu sprechen.

Es ist nicht die Meinung, daß der Paragraph wegfallen soll, sondern die Versammlung hat beschlossen, sich damit zu beschäftigen. Haben Sie also gegen denselben etwas zu erwähnen, so würde ich bitten, es vorzutragen.

Abgeordn, Brust: Meine Herren! Als im Jahre 1815

(lauter! lauter!)

die Rhein - Provinz mit der Krone Preußens vereinigt wurde, befan- den sih die Juden im vollen Besiz° der politischen Rechte, fast wie die übrigen christlihen Unterthanen der Provinz. Sie glaubten, das Besibnahme-Patent, welches der König damals erlassen hatte, so wie auch später die Bundes=Afte, würden ihnen diese Rechte sihern. Da- mals bestanden für alle ihre Kultus-Verhältnisse Konsistorien, Distrikts= Konsistorien und ein General - Konsistorium in Paris. Die ersteren Konsistorien sind bisher in der Rhein-Provinz verblieben. Ueber die bürgerlichen Verhältnisse der Juden will ih mi nicht weiter auslassen z da sie hon weitläuftig hier erörtert worden sind. Jch muß nur sagen, daß die Juden in der Rhein-Provinz in dem Artikel 16 und dem folgenden des Geseh - Vorschlages eine Beeinträchtigung ihrer bisherigen Rechte und ihres Kultus, so wie implicite in dem Artikel 16 und folgenden eine Aufhebung ihrer Konsistorien erblicken. Diese Konsistorien sind für ihren Kultus, meiner Meinung nah, durchaus nöthig, weil jede Religionspartei auch eine Behörde haben muß, die ihre Religionsverhältnisse regelt und die in dieser Beziehung noth- wendige Einheit vermittelt. Mit der Abtheilung werde ich daher dafür stimmen, daß §. 16 und überhaupt alle Artikel, die sich auf die Kultus-Verhältnisse beziehen, gestrihen werden.

Marschall: Jch muß fragen, ob das Amendement, daß der

F. 16 wegfalle, Unterstüßung sindet? : (Es erhebt sich Niemand dafür.)

Das Amendement is nicht unterstüßt, und es kann also keine Diskussion darüber stattfinden. : :

Abgeordn. von Brünneck: Die Abtheilung hat sich in ähn- licher Weise geäußert. ; :

Referent: Die Abtheilung war der Meinung, daß es bei §. 16 verbleiben könne.

Abgeordn. von Brünneck:

Referent Sperling: Die Ansicht der Abtheilung ging dahin, daß das Material, welches die §§. 16 22 enthalten, niht Gegen- stand der Verhandlung auf dem Landtage sein dürfte, da es aber demselben Allerhöch proponirt ist, keine Veranlassung vorhanden sei, damit sih nicht zu beschäftigen. /

Marschall: Dem ist die Mana deigetteteir Es ist beantragt worden, den §. 16 zu streichen. ieser Antrag is} aber nicht unterstüßt worden. Jh muß daher vorausseßen, daß derselbe angenommen ist.

Aber im Allgemeinen über §§.

(Viele Stimmen: Ja !) Es fragt sih, ob gegen §. 17 etwas zu bemerken ist?

Abgeordn. Hansemann: Jn Beziehung auf §. 17 versteht es sih doch von selbst, daß, wo das Wort „Judenschaft““ vorkommt, dafür „Synagogen-Gemeinde ‘’ geseht werde ?

(Viele Stimmen : Ja wohl!)

Dann ist noch für mich ein Bedenken in diesem Paragraphen darin, daß eine Kommission .….… nein, ih irre mich, dies ist im fol genden Paragraphen.

Marschall: Wenn weiter nichts bemerkt wird, so is der §. 17 als angenommen zu betrachten.

Referent (verliest Seite 12 u, 13 des Gutachtens zu §, 18):

Marschall: Findet sich gegen die ausgesprochene Meinung

9+ 18. ;

„Die Abtheilung ist mit dem in der Denkschrift pag. 24 aus-

esprochenen, von der Staats - Regierung bisher befolgten Grund=

E daß eine Einmischung der Staats-Behörden in die Differen- zen, welhe unter den Juden über ihren Kultus entstehen, nicht statthaft und es ihre eigene Sache sei, sih darüber zu einigen, was dem Geiste ihrer Religionssaßungen angemessen is oder nicht, ganz einverstanden, da solcher die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Juden garantirt.

„Eben so kann dieselbe es nur gutheißen, daß da, wo die vorbemerkte Einigung unter den Juden nicht stattfindet und es sich um die Bildung neuer Kultus = Einrichtungen in besonderen Syna-= gogen handelt, den Dissentirenden, weil über Glaubens-Angelegen- heiten die Meinung der Majorität nicht entscheidend sein kann, um Gewissenszwang zu vermeiden, eine Absonderung und Vereinigung zu einer uan Kultus = Verbindung zu gestatten sei. pag. 25 und 26 ibid.

„Diesen Grundsäßen is} aber der Jnhalt des vorliegenden Pa- ragraphen insofern niht ganz entsprehend, als nah demselben in dem Falle ausbleibendér gütliher Vereinigung den Ministern die Entschei- dung zustehen soll, ob die Einrichtung eines abgesonderten Gottes= dienstes 2c. zu gestatten sei. Die Maßgaben festzustellen, unter denen diese Absonderung geschehen kann, ohne daß das Bestehen der bishe- rigen Synagoge gefährdet wird, mag immerhin und muß der Staats- Behörde im Jnteresse der leßteren vorbehalten werden. Die Abson- derung selbst aber darf deshalb niht in Frage kommen, daher die Abtheilung dahin sentirte, in der achten Zeile die beiden Wörter „ob und“ zu streichen.“ | ;

Reg. - Kommissar Brüggemann: Es wird gegen die Aus= lassung dieser Worte um so weniger etwas zu erinnern sein, als es die Absicht des Gouvernements nicht gewesen is, in Frage zu stellen, ob eine Absonderung des Gottesdienstes stattfinden solle oder nicht, vielmehr sollte sih die Disjunction darauf beziehen, ob die Einrichtung eines abgesonderten Gottesdienstes oder die Bildung einer neuen Sy- nagoge zu gestatten sei. Der Ausdruck wird jedenfalls shärfer, wenn die Worte „ob und““ wegfallen.

Marschall: Es fragt sich, ob von der Versammlung gegen die Weglassung dieser Worte etwas einzuwenden 1st?

(Dies geschieht nicht.)

Die Worte werden also wegfallen. i

Referent liest das Abtheilungs-Gutachten zu §. 18 weiter :

Richtig i} ferner in der Denkschrift S. 27 ausgeführt, daß das Vermögen der bestehenden juristishen Person angehöre und derselben auh bei einer erfolgenden Abtrennung verbleiben müsse. Dies ist aber in dem vorliegenden Paragraphen nicht ausgesprochen, und würde derselbe demgemäß noch dahin zu ergänzen sein, daß hinter den Wor- ten „vorhandenen Kultus-Einrichtungen““ noch eingeschaltet werden die Worte „und des Vermögens der Synagogen-Gemeinde.““

Mies Renner Brüggemann: Es wird in dem Ab- theilungs-Gutachten dem Geseh-Entwurf vorgeworfen, er habe nicht ausgesprochen, daß das vorhandene Vermögen den bestehenden juristi- hen Personen angehöre und auch bei erfolgender Abtrennung ver: bleiben müsse. Jch erlaube mir jedoch zu wiederholen, was ich be- reits bei den Berathungen der Abtheilung angeführt habe, daß nur aus Versehen in der leßten Zeile des §. 18 die Worte: „der vor- handenen Kultus-Einrichtungen“, statt der Worte: „das Vermögen des Synagogen-Vereins““ stehen geblieben sind; man konnte sich aus den Motiven zu dem Geseß=Entwurf T G daß von dem Ver- mögen des Synagogen-Vereins die Rede sein solle, und ih habe aus- drücklich gebeten, man möge den Paragraphen so lesen, als wenn diese Worte darin ständen.

Abgeordn. Wodiczka: Jch muß dies auf Grund des in der Abtheilung von mir am 7. Mai d. J. aufgenommenen Abtheilungs= Protokolls bestätigen.

Referent: Jh möchte doch dafür sein, daß die Worte: „Kul- tus-Einrichtungen““ nicht weggelassen werden, sondern stehen bleiben, da sie etwas bezeihnen, was die Worte: „und des Vermögens der Synagogen-Gemeinde““ nicht so bestimmt ausdrücken.-

Marschall: Es is von dem Herrn Reg. Kommissar gegen die Ein- haltung der Worte: „und des Vermögens der Synagogen-Gemeinde““ nichts erinnert worden. Junsofern auch von der Versammlung nichts dagegen einzuwenden is, würde diese Einschaltung angenommen sein. G Abgeordn. Hansemann: Es is in diesem Paragraphen be- stimmt, daß eine von dem Ministerium zu ernennende Kommisston gebildet wird. Gegen den Grundsaß habe ih uihts einzuwenden, ich wünsche aber, daß hinzugeseßt werde, daß in dieser Kommission auch die verschiedenen Meinungen der Dissentirenden vertreten sein müssen.

Regierungs - Kommissar Brüggemann: Es giebt allerdings eine Menge sehr verschiedener Ansichten unter den jüdischen Glaubens-= genossen; es möchte aber für die Regierung {wer sein, immer diese einzelnen Richtungen und Ansichten auszumitteln, \o daß das Gou- vernement die Verpflichtung übernehmen könnte, jeder solchen Richtung in der Kommission eine Vertretung zu geben. Der Geseß-Entwurf bestimmt, daß bei der Zusammenseßung der Kommission auf die Vor= schläge und Anträge der einzelnen Synagogen - Vereine Rücksicht ge- nommen werden soll ; dadur aber, daß diese Vereine selbst die in die Kommission aufzunehmenden Männer bezeichnen, werden auch alle Hauptrichtungen ihre Vertretung finden. Ob es möglich sein wird, in dem Geseß=-=Entwurf noh weiter zu gehen, gebe 1h der weiteren Erwägung anheim.

Marschall: Es fragt si, ob das von dem Herrn Abgeord= neten Hansemann gemachte Amendement Unterstüßung findet, welches dahin geht: in den einzuseßenden Kommissionen die dissentirenden Meinungen vertreten zu sehen.

Abgeordn. von Auerswald: Jch verstehe das Amendement und die Aeußerungen des Herrn Kommissarius nicht recht. Wenn ih recht verstanden habe, so lag es in der Abfiht der Regierung, in den Kommissionen die Meinung der Synagogen-Gemeinden zu hören. Es steht dies aber in dem Entwurf nicht deutlih. An jeden einzel- nen und unbedeutenden Fall hat auch wohl der Antragsteller nicht gedacht , sondern an die Fälle, von denen es im §. 18 heißt: :

„Entstehen innerhalb einer Judenschaft Streitigkeiten über die inneren Kultus-Einrichtungen, welhe auf Bildung einer neuen Sy- nagoge abzielen, so sind die Minister der geistlichen 2e. Angele- genheiten und des Junern ermächtigt, auf den Antrag der Juter- essenten eine Begutachtung der obwaltenden Differenzen durch eine zu diesem Zweck einzuseßende Kommission eintreten zu lassen.“

atz es hier hieße, durch eine „von der Gemeinde zu wählende““ Komnission, so würde dadurch die Meinung des Herrn Kommissarius ausgedrüdckt sein, wenn ih dieselbe ret verstand.

Regierungs - Kommissar R O n: Jch verweise auf den §8. 20, welcher bestimmt, daß die Mitglieder der Kommission auf den Vorschlag der Ober - Präsidenten ernannt werden follen, welche bei ihren Vorschlägen die Anträge der Judenschaften zu berücksichtigen haben. Jndem hinzugefügt wurde, daß die Anträge der Judenschaft dabei berüdsichtigt werden sollen, glaubte man das Mittel gefunden

Dritte Beilage

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Dritte Beilage zur Allgemeinen Preufischen Zettung.

Sonntag den 20e" Juni.

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zu haben, die Kommission so zusammenseßen zu können, daß alle An- sichten vertreten werden.

Marschall: Jch frage nohmals, ob das Amendement des Herrn Abgeordneten Hansemann die nöthige Unterstüßung findet, da- mit zur Diskussion über dasselbe geschritten werden kann. Jch er- suche diejenigen, welche demselben beitreten, aufzustehen,

j (Niemand erhebt sich.) Der Sinn des Amendements is nicht verstanden.) (Andere Stimmen: Er ist hinlänglich verstanden.)

Es soll noch einmal vorgetragen werden. Z

Abgeordn, Hansemann: Das Bedenken meinerseits besteht darin, daß es sih von dem Falle handelt, wenn in Beziehung auf den Kultus in einer Gemeinde Differenzen entstehen. Es kommt dann darauf an, daß eine Entscheidung über den Streit zwischen den verschiedenen Mitgliedern der Gemeinde erfolge, mit anderen Wor= ten, daß die dissentirenden Juden -Gemeinden, welche entstehen, ver- treten werden; und da scheint es mir uöthig, vaß in einem solchen Falle die verschiedenen Ansichten und Juteressen in der einzuseßenden

Kommission vertreten sein müssen. Das is mein Bedenken und nicht, wie der Herr Kommissarius angeführt hat, daß auf jede Meinungs-= Nüance Rücksicht genommen werden solle.

Regierungs - Kommissar Brüggemann: Jeßt hat allerdings der Vorschlag einen anderen Sinn, indem die Absicht zu sein scheint, daß die Kommission jedesmal dann erst gewählt werden soll, wenn Differenzen eintreten, Nach dem Entwurf soll sie aber auf sechs Jahre gewählt werden, mithin ein permanentes Organ bilden, um die Re-= gierung bei ihren Entscheidungen zu untërstüßen,

Marschall: Jh muß nochmals guf die Frage zurückkommen, ob der Vorschlag die nöthige Unterstüßung findet.

(Geschieht hinreichend.)

Abgeordn, Graf von Schwerin: Was der Herr Regierungs= Kommissar so eben hervorgehoben hat, ist auch das, was bei mir Be- denken erregt hat. Mix scheinen die §§. 18. 19, 20 und 21 nicht im rechten Zusammenhange zu einander zu stehen. Was mich be= stimmt hatte, gegen den §. 18 feine Einwendungen zu machen, ist das, daß allemal nur auf den Antrag der Juteressenuten die Begutachtung durch das Ministerium von der Kommission eingefordert werden kann und zwar ad hune actum, vber für einen bestimmten Zweck, für einen vorliegenden Fall is vorgesehen, daß das Ministe- rium durch solche Kommission ein Gutachten über eie Streitfrage einforderu kann. Jn den §§. 19 und 20 wird ader von etner ans deien Art von Kommission gesprochen, dort sind ständige Kommis= sionen, gewissermaßen Konsistorien gemeint, und insofern stehen beide Paragraphen nicht im Einklange. Jch würde zu §. 18 sehr gern meine Zustimmung geben, weil ich, wie gesagt, für die Juteressen des Judenthums keine Gefahr finde, wenn der Minister eine Begutach= tung eintreten läßt, wenn die Juteressenten es wünschen, _wohl aber würde ich es als eine ungerechifertigte Einmischung des Staates in die inneren Religions-Angelegenheiten erkennen, wenn eine beständige Kommission eingeseßt wird, auf deren Gutachten Entscheidungen des Staats eintreten müßten, ohne Antrag der Juteressenten. Dies ver- anlaßt mich zu dem Wunsche, daß der §. 18 beibehalten, dagegen die §8. 19 und 20 gestrichen werden möchten, E

Regierungs - Kommissar Brüggemaun: Es hat vielleicht der von mir gebrauchte Ausdruck „permanentes Organ‘ Veranlassung ge- geben, in diesen Paragraphen einen Widerspruch zu finden. Die Kommissions- Mitglieder sollen allerdings auf 6 Jahre gewählt wer- denz sie vereinigen sich aber nicht zu einer ständigen Kommission, etwa hier in Berlin, um als Organe der betreffenden Ministerien zu dienen, sondern sie sollen zwar für diese sechs Jahre die erwähl- ten Mitglieder der Komnission bleiben, ihre Thätigkeit aber tritt erst dann ein, wenn in einzelnen Fällen die Begutachtung über eingetre- tene Konflikte gewünscht wird. Diese Anordnung hat auch getroffen werden müssen, weil eine in jedem einzelnen Falle zu erneuernde Wahl der Mitglieder erst nach längerer Zeit würde zu Stande kom-= men können, eine hier stets versammelte Kommission aber in Be- ziehung auf den finanziellen Punkt besondere Bedenken hervorrufen

müßte. Es hat die Ansicht obgewaltet, daþ die einzelnen im Laufe des Jahres vorkommenden Differenzen, über welche eine Begutachtung gewünscht worden, zu einer bestimmten Zeit der zusammentretenden Kommission vorgelegt werden könnten, während das Zusammentreten für jeden einzelnen Fall Schwierigkeiten veranlassen würde. Es ist mithin nur für die Dauer der Mitgliedschaft ein bestimmter Zeitraum festgestellt; die Thätigkeit der Kommission fängt aber erst dann an, wenn streitige Fälle ihrer Wgutachtung vorgelegt werden.

Abgeordn. Graf vou Helldorff: Jch habe geglaubt, in unse= rem Staate habe der Grundsaß Geltung, daß der Rechtsweg Nie- manden beschränkt werden könne.

Marsch all (unterbrehend): Wir sind noch nicht über den Vorschlag hinweg und wollen vorläufig bei der Diskussion desselben stehen bleiben,

(Mehrere Stimmen:

(Graf Helldorf tritt ab.) :

Es fragt sich, ob Jemand über den Vorschlag des Herrn Abge= ordneten Hansemann das Wort verlangt.

Abgeordn, von Auerswald: Wenn der Abgeorduete von Aachen erwägt, was in dem Paragraphen selbst über den Zweck der niederzuseßzenden Kommission gesagt is, so wird er finden, daß das bereits darinn liegt, was er wünscht, und daß, wenn er sich dem Vor-= schlage des Abgeordneten von Pommern anschließt, der Zweck besser erreiht werden würde, wobei ich noch bemerke, daß durch das, was der Herr Regierungs - Kommissar angeführt hat, diese Streichung noch nothwendiger geworden zu sein scheint. ;

Abgeordn. Hansemann: Jh schließe mih deni Amendement des verehrten Abgeordneten von Pommern an, weil der Zweck, den ih bei meiner Bemerkung beabsichtigte, dadurch erfüllt wird. |

Marschall: Das gestellte Amendement hat Bezug auf die Fassung des §. 18, wird also, wenn es Unterstüßung findet, berathen werden. Jch frage daher bei der hohen Versammlung an, ob der Vorschlag, die §§. 19 und 20 zu streichen, unterstüßt wird?

(Geschieht hinreichend.)

Referent: Jch erlaube mir, den geehrten Herrn, welcher den Antrag gestellt hat, aufmerlsam zu machen auf die Beilagen und namentlich auf die Gutachten der Mitglieder der hiesigen Juden- Gemeinde, welche darin enthalten sind. Ju solchen is der Wunsch ausdrücklich ausgesprochen, daß eine Kommission ins Leben trete, die nicht permanent ist.

Abgeordn. von Byla: Jch muß das Gutachten der Abthei= lung vertheidigen. Meine Herren! Berücksichtigen Sie, daß nicht immer solche großartigne Differenzen, wie der Herr Abgeordnete aus Aachen sie im Sinne hat, obwalten, Sie müssen H annch- men, daß häufig kleine Differenzen vorkommen, deren sofortige Aus- gleihung wünschenswerth erscheint, und da dürfte es gewiß im Jun- teresse der Juden 1 Bei daß eine solche Kommission permanent be- steht, d, h, für den eitraum“ vou 6 zu 6 Jahren, um ihr Gutach-

ten sofort abgeben zu fönnen. Man muß außerdem berüdsihtigen, daß diese Mitglieder nah Anhörung der betheiligten Judenschaften auf den Vorschlag des Ober-Präsidenten durch den Minister ernannt werdenz sie gehen also aus dem Vertrauen der Betheiligten hervor, und ih glaube, daß deshalb von keiner Seite irgend ein Mißtrauen stattfinden kann. ——_

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch habe auf die Bemerkung des Herrn Referenten, daß die Vorsteher der hiesigen jüdischen Gemeinde sich für die Kommission ausgesprochen haben, einige Worte hinzuzu- seben. Jch kann auf dies Urtheil kein Gewicht legen, weil diese Vorsteher der Kommission wahrscheinlich angehören würden, und weil ich glaube, daß die Vorsteher der berliner Gemeinde die Jnteressen der Juden im Allgemeinen- nicht vertreten können; eine ständige Kom- mission zu bilden, die über Glaubensstreitigkeiten zu Gericht sibt, würden wir für gerechtfertigt in irgend einer Religions = Gesellschaft nicht anerkennen Wenenz ich bleibe daher dabei, daß die Paragraphen nicht gerechtfertigt sind, und ich bitte, sie zu streichen,

Abgeordn. von Gottberg: Ich muß mich gegen das Amen- dement erklären, und für die Paragraphen, wie sie hier stehen, kon- form mit dem Abtheilungs-Gutachten stimmen. Wenn ih auch im Allgemeinen dagegen bin, e wir Bestimmungen über die inneren Kultus-Angelegenheiten der Juden treffen, so glaube ih doch, daß es im Interesse der Juden scibst liegt, wenn nah gleichmä- ßigen Prinzipien verfahren wird, und das scheint mir nur dann möglih, wenn die Ausgleichung der verschiedenen Differenzen einer Kommission oder vielmchr einer Vehörde übergeben oder, mit einem Wort, wenn sie in elne Hand gelegt wird. Jch glaube eben so, daß es zweckmäßig is, daß eine solche Kommission, welche ja nur aus Juden besteht, unter der Leitung der Staatsbehörden ge- stellt wird. So viel ih den §. 18 verstehe, so beziehen sih die Worte „auf Antrag der Interessenten“ nicht darauf, daß in dem Falle von Streitigkeiten auf Bildung einer Kommission angetragen werden soll; sondern die Kommission is hon da, und cs joll nur, wenn Streitigkeiten vorkommen, auf Begutachtung durch diese Kom- missicn angetragen werden. Es scheint mir daher nicht von Jnter- esse zu sein, daß hier von dissentirenden Stimmen geredet wird, denn der ganze Passus bezieht sich darauf, daß man die Entscheidung der Kommission übergebe, und es kann von dissentirenden Stimmen nur insofern die Rede sein, als Einige sagen: wir wollen die Aus= gleichung einer Kommission überweisen, und die Anderen wollen das nt, Jch glaube aber, daß, wenn Streitigkeiten entstehen, die Aus- gleichung durch diese Kommission geschehen muß. Jch schließe mich daher dem Gutachten der Abthei ung an.

Abgeordn. Steinbeck: Jch vertheidige die Paragraphen und behaupte, daß sie durchaus, wie sie angeführt worben sind, noth- wendig stehen bleiben müssen. Zuvörderst bemerke ih, daß ein Mit- glied vorher des Ausdrucks Konsistorien sih bedient hat. Die Staats Regierung is weit entfernt, sich in das Junere der jüdischen Reli= gions= Verhältnisse und der damit verbundenen Kultus - Etiurichtung mischen zu wollen. Sie würde in Gefahr gerathen, wenn sie nach dem Beispiele der französishen Regierung unter Napoleon jüdische Konsistorien bildete, daß diese eine höhere Gewalt ansprehen und einen Einfluß ausüben könnten und vielleicht bald auch ausüben

würden, und wenn man ihnen auch den Einfluß guf die inneren Ver- hältnisse entzöge, so würden sie doch einen die Freiheit der Gemein- den gefährdenden auf die änßeren Angelegenheiten haben. Anders verhält es sih mit einer Kommission. Der §. 18 bezeichnet deutlich diese Kommission als eine beratheude, und der §. 19 drüdt es ganz deutlih aus, daß die Kommissionen niht permanent sind, sondern nur gefragt werden, wenn thre Auskunft nothwendig ist; sie sind also eine begutahtende Behörde und eine Behörde, die hervorgegangen is aus der freien Wahl der JZudenschast oder Der jüdischen Gemeinde. Jn der Lage, wie hie sich hierbei befinden, sind zugleich die Dissentirenden gesichert dur die Gestaltungsart dieser Kommissionen, denn wenn allzu orthodore Juden gegen eine Konm- mission sprächen, so würde das Ministerium durch den betreffen- den Ober - Präsidenten wissen, welche Meinung der Wählenden als die der wahren Majorität zu betrachten, und welches Ge wicht darauf zu legen. Es ist ausgedrückt worden, daß die Mitglieder der Kommission mit Stellvertretern versehen werden, und es werden auf diesem Wege auch denjenigen, welche glauben, daß die eine oder andere Partei der Juden durch eine Majorität unterjocht werden könne, Hülfsmittel an die Hand gegeben, um ihre Rechte wahrnehmen zu können, und sie darauf hinwirken , daß ihre Vorschläge bei dem Wählen Mit-Berüksichtigung sinden, Dies geht daraus hervor, daß solche Vorschläge durch den Ober - Präsidenten an das Ministerium gelangen, welches erst über die Berufung der Gewählten entscheidet, Gerade dadur scheint die innere Freiheit des Kultus der Juden und die Einwirkung der Staatsgewalt , die nicht unberührt bleiben fann , auf die passendste Art geordnet. Es tritt noh etwas hervor, was der Herr Abgeordnete aus Aachen hätte berüsihtigen wollen, Es ist nämlich im §. 18 gesagt, unter welcher Maßgabe die Einrichtung cines abgesonderten Gottesdienstes oder die Errichtung einer neurn Synagoge gestattet ist. Auch schüßt dies die Juden beider Parteien gegen den Zwang einer feindlichen Majorität z denn wenn sie eine neue Synagoge bilden fönnen, so wird das Mis= nisterium keinen Anstand nehmen, sie ins Leben treten zu lassen, eben weil sich das Ministerium gar nicht um die inneren Verhältnisse der Juden kümmert, Es scheinen mir also diese Paragraphen voll- ständig ihren Zweck zu erreichen. N i Abge Ha nsem ann: Die Frage ist eigentlich die: Soll die Kommission auf 6 Jahre, oder soll sie jedesmal ernannt werden, wenn die Regierung sie zusammenberufen will? und da scheint mir das Lebtere besser zu sein. Denn eine auf 6 Jahre ernannte Komnmisjion fann vielleicht nicht mehr diejenigen Ansichten in sich aufgenommen haben, die gerade die beahtenöwerthen sind; in 6 Jahren verändern sih die kirchlichen Ansichten oft sehr bedeutend, Mir scheint es also besser zu sein, die Kommission jedesmal ernennen zu lassen, wenn die Regierung sie zusammenkommen lassen will, und dies um jo mehr, weil ih hoffe, daß dies Zusammentreten niht so oft vorkommen werde. “t | # A

Marschall: Der Vorschlag geht zunächst dahin: die §§. 19 und 20 wegfallen zu lassen, und ich frage, ob dies stattfinden soll ? Diejenigen, die dafür stimmen, bitte ih, aufzustehen.

(Es is keine Majorität vorhanden.) t a

Es wird sich nun um die Modification handeln, ob hinzuzufügen sei, daß die dissentirenden Meinungen in der Kommission vertreten werden sollen. Der Herr Antragsteller nimmt sein Amendement zu- rück, Es fragt sich also, ob die Versammlung darüber hinwegge- hen will ? ; T : | Abgeordn. Stoepel (vom Plaß): Es scheint mix ein Miß- verständniß darin. ie. s (Die D and wünscht, daß der Redner die Tribüne besteige.)

Marschall: Es is bereits abgestimmt und eine Diskussion

darüber niht weiter zuzulassen,

Abgeordn. Stöpel (vom Piah): mußt j irte mung abwarten, ehe ich meine Semectinz fn E U e: stimmung so ausfallen mußte, wie sie ausgefallen ist, um den Stoff zu der Bemerkung zu liefern.

(Von der Tribüne.)

Jh finde nämlich, daß ein jedes Mißverständniß verschwinden würde, wenn eine Aenderung in der Redaction eintritt. Ju dem g. 18 heißt es: „Durch eine zu diesem Zweck einzuseßende Kommis= sion‘; wenn nun dagegen gesagt wird: „Durch die zu diesem Zweck bestehende Kommission §§. 19 und 20“, so würde kein Zweifel obh- walten können, welche Kommission gemeint ist.

Marschall: Wird diesem Amendement beigetreten ?

(Es geschieht nicht.)

Abgeordn. Graf von Helldorff: Es steht in unserem Staate geseßlih fest, daß der Rechtsweg Niemanden abgeschnitten werden dürfez daher sind die Verwaltungs = Behörden auch nur befugt, bei entstehenden Konflifkten ein Fnterimistikum, mit Vorbehalt des Rechts= weges, festzustellen. Dem entgegen aber ist für den Fall, daß inner= halb einer Judenschaft Streitigkeiten über die inneren Kultus-Einrich- tungen, welche auf Bildung einer nenen Synagoge abzielen, entstehen sollten, in dem Schlußsaß dcs §. 18 bestimmt, daß die Ministerien der geistlihen Angelegenheiten und des Jnnern ermächtigt seien, mit Ausschluß des Rechtsweges zu bestimmen, welcher Theil im Besiße der vorhandenen Kultus=- Einrichtungen, mithin auch des Vermögens der Synagogen-Gemeinde, verbleibt. Jh muß gestehen, ih finde es schr bedenklich, daß man im Widerspruch mit dem, was zur Zeit gül= tig ist und besteht, durch die Geseßgebung Bestimmungen ins Leben rufen will, welche zu verschiedenen Exemplificationen führen könnten, und welche den Chefs der Verwaltungs-Behörden eine discretionaire Gewalt in die Hände legen, deren Umfang nicht zu bemessen ist. Fch habe mir daher erlaubt, ein Amendement einzureichen des Jnhalts, daß ih vorschlage, statt der Worte: „mit Ausschluß des Rechtswe= ges“, zu sagen: „einsweilen und mit Vorbehalt des Rehtsweges““, und vcrfehle ih nicht, solches der Erwägung der hohen Versamm=- lung anheimzugeben.

Marschall: wird ?

Ich frage, ob dieses Amendement unterstüßt

(Es is hinreichend unterstüßt.)

Regierungs -Kommissar Brüggemann: Der Fall, melchen der §. 18 berührt, und auf welchen sich die betreffende Bemerkung bezieht, tritt alsdann ein, wenn in einer Synagogen - Gemeinde eine Differenz eintritt, welche dahin führt, daß das von der Kommission erstattete Gutachten eine Ausgleichung nicht herbciführt, vielmehr int Folge jener Differenz ein neuer Synagogen- Verein gebildet und nun die Frage aufgeworfen wird, wem das Vermögen des bisheri= gen Synagogen - Vereins zugehöre. Es wird wohl nicht zweifelhaft sein können, daß es demjenigen Theile des in Differenzen gerathenen Vereins gehört, welcher als die fortdauernde juristische Person zu betrachten is, Die Frage aber, welcher Theil diese juristische Person sei, möchte wohl nicht von der Gerichtsbehörde, sondern unter Be=- rücksihtigung des Kommissions - Gutachtens von der Verwaltungs- Behörde zu entscheiden seien. Js diese fortbestehende juristische Per= son bezeichnet, so i auch über den fortdauernden Besiß des Vermö= gens entschieden, mithin in dieser Beziehung ein Gegenstand für eine richterlihe Entscheidung nicht mehr vorhanden.

Marschall: Verlangt noch Jemand das Wort über das Amendement? Da es nicht geschieht, so werde ih es zur Ab- )stimmung bringen. Es geht dahin, am Ende des §. 18 statt der Worte „mit Ausschluß des Rechtsweges““ zu sagen: „einstweilig und mit Vorbehalt des Rechtsweges,““ Diejenigen, welche dafür sind, bitte ih aufzustehen. 3

(Es hat keine Majorität erhalten.) :

Die §8. 19 und 20 sind bereits angenommen. Es fragt sich nun, ob etwas zu den §§. 21 und 22 zu bemerken is. Es scheint nicht der Fall zu sein, daher sind sie angenommen. |

Referent Sperling: §. E Gesetz - Entwurfes lautet :

6. 28

„Die Kosten des Kultus und der übrigen, die Judenschaft betref= fenden Bedürfnisse, zu welchen auch die Einrichtung und Unterhaltung der Begräbnißpläße gehört, werden nach den durch das Statut einer jeden Judenschaft näher zu bestimmenden Grundsäßen auf die einzel nen Beitragspflichtigen umgelegt und, nachdem die Heberollen von der Regierung für vollstreckbar erklärt worden sind, 1m Verwaltungs= wege eingezogen. Der Rechtsweg 1k wegen solcher Abgaben und Leistungen nur insoweit zulässig, als Jemand aus besonderen Rechts= titeln die gänzlihe Befreiung von Beiträgen geltend machen will oder in der Bestimmung seines Antheils über die Gebühr belastet zu sein zvehauptet. :

a inwieweit einzelne, zerstreut und von dem Mittelpunkte der Judenschaft entfernt wohnende Juden zu den von der Judenschast aufzubringenden Kosten, insbesondere zu den Kultus-Bedürfnissen, bei- zutragen haben, is von den Regierungen nach Maßgabe der H theile festzuseßen, e Lene Juden durch die Verbindung mit der Judenschaft zu Theil werden. 114

g Ma anziehenden Juden darf ein sogenanntes Eintrittsgeld von der Judenschaft auh an denjengen Orten, wo solches bisher üblih gewesen, künftig nicht mehr gefordert werden.

Von Seiten der Abtheilung ist nichts zu erinnern gs

Marschall: j Es fat 10, ob von der hohen Versammlung twas egen zu bemerken ijt: | e T, L ucanus: d halte es für sehr bedenklich, den Schlußsaß des §. anzunehmen. Ich kenne mehrere Judenschaften, welche bedeutende Stiftungen und großes Vermögen haben, und diese Juden, welche den Vortheil genießen, würden von den anderen über=- \{hwemmt werden, wenn sie gremden, ohne von denselben E geld zu empfangen , ihr Vermögen mit preisgeben g O glaube, daß in demselben Maße, wie das Eintrittsgeld in mea Städten für die Aufna ne at Bürger bezahlt wird, es auch für

ie Juden festgestellt werden müjse. ; ; N Peter t Uai Sperling: Von einem Einzugsgelde wissen die Städte der östlichen Provinzen nichts. Das Ge Fa eine andere Bedeutung. Es wird bezahlt für die Befugniß, eson Es Rechte in der Stadt auszuüben, die mit dem AnsäsigmaGen g M für sich nicht zusammenhängen. Es findet ein E E a lichen Verhältnissen bei Bekennern christlicher ne ie “ge Fall und es i} kein Grund abzusehen, weshalb es bei den Zuder

sein soll. Amendement geht dahin, den lehten

Marschall: Das z | M Sah des L 2 zu streihen, und es fragt sich, ob es Unterstüßung

indet ? Ï G Es is nicht unterstüßt. Referent Sperling:

Ueber die der besonderen ‘Armen- und Krankenpflege jüdischer

Der §. 24 des Gesehß-Entwurfs lautet: . O

Glaubensgenossen gewidmeten Fonds und Anstalten steht dem Vor=