‘die Réde, sondern von den Privatlehreru ristliher
ab Ehullehrer E blos DOTE igk: Ab
. kommen p müssen, und einer Geriugshäbung, der weiteren.
yon Krosigk: Es ist nicht voa Lehreru christli « Pisfdenten sloneu.
Graf York: Jch bitte um Entschuldigung; es war die Rede
von den der geduldeten Sekten. ì : j
Staats - Minister Eichhorn: - Allerdings meinte ih die rist- lichen geduldeten Religions - Gesellschäften. So wie die Geistlichen der ge uüldeten ristliven Religions = Gesellschaften nicht die Vorrechte
en, wie die der anerkauuten Religions - Partei, so haben auch die
Sekten diese Vorrechte nicht. von Kro er die Privatlehrer der herrschenden Kirche haben sie auch nicht. L ies M
Referent: Jh habe gegen den Vorschlag des Prinzen Biron nichts zu erinnern, ich bemerke nur, daß, wenn auch hier nit die Rede von den Schullehrern der Dissidenten - Gemeinden oder der nur geduldeten Religions-Gesellschaften, wie der Herrnhuter oder Mennoniten, doch die Folge davon unbedenflih sein wird, daß diese dieselben Ansprüche machen würden, wogegen ih freilich auch nichts ú erinnern Po Danach würde ich mir den Vorschlag erlauben,
aß wenn die Kurie den Antrag annimmt, derselbe so gestellt würde, daß, die jüdishen Lehrer die beregten Begünstigungen uur insoweit und \o lange genießen sollen, als die christlihen Lehrer gleide Vor- rechte besißen, Denn wie wir gus dem Entwurf zur Einfommen- steuer ersehen haben, geht die Tendenz dahin, auch den christlichen Lehrern diese Vorrechte zu entziehen, N u
von Massenbah: Jh wollte mir die Bemerkung erlauben, daß die Mennoniteu und Herrnhuter nicht zu den geduldeten, sondern anerfannten Sekten gehören, /
Referent: Jh beziehe mich auf das Religions-Edikt vou 1788.
Marschall: Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zuerst über den Antrag der Abtheilung, welcher dahin geht, den Pa- ragraphen des Geseß- Entwurfs anzunehmen. Es is keine ent- L Bemerkung gemacht, und der Paragraph wird also als angenommen zu betrahten sein. Es wird nun die Abstimmung er= folgen über den Vorshag, der von dem Prinzen Biron gemacht ist, und diejenigen, die diesem Vorschlage beitreten wollen, würden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.
(Es erhebt sih keine Majorität dafür.) (Ein Mitglied bittet ums Wort.) uin +3
Wir sind in der Abstimmung begriffen, und der Vorschlag ist nicht angenommen worden. Wir kommen nun zum nächsten Paragraphen,
_ Referent (liest vor): i
11Ÿ- : E
Nah vollendeter Schulbildung der jüdischen Knaben baben die Vorsteher der Judenschaft unter eigener Verantwortlichkeit dafür zu sorgen, daß jeder Kuabe ein nüßlihes Gewerbe erlerne oder sich auf wissenschaftlichen Lehranstalten einem höberen Berufe widme, und daß feiner derselben zum Handel oder Gewerbebetriebe im Umherzieben gebrauht werde. Sie haben sihch deëhalb zunächst mit den Vätern oder Vormündern zu vernehmen; wenn aber auf diesem Wege der Zweck micht erreicht wird, so haben sie ihre Anträge an den betref- Me Magistrat, resp. au den Kreis-Laudrath zu richten, welcher die
ter oder Vormünder, Lebtere unter Vernehmung mit der oberen vormundschaftlihen Behörde, anzuhalten hat, daß den Knaben die erforderliche Vorbereitung, für einen wissenschaftlihen oder künstleri- \chen CES oder für den Betrieb des Landbagues oder eines anderen stehenden Gewerbes zu Theil werde, : Gegen die. nah dem Geseß-Eniwurf beabsichtigte Fassung des §. 34. haben sich wiederum vielfache Bedenken erboben. Man findet darin wieder eine Heranziehung des Vorstandes der Vereine zu bür- gerlichen, fast polizeilihen Geschäften und eine Verleßung der Rechte der Aeltern, über die Zukunft ihrer Kinder zu bestimmen. Man glaubt, daß die Vorstände diese Verpflichtung doch ohne Liebe erfüllen wer: den, und daß dauu ein erheblicher Erfolg nicht zu hoffen sei.
Diese Gründe haben auch die Minorität der Abtheilung veran- laßt, auf Weglassung dieses ganzeu Paragraphen anzutragen.
Die Majorität- vou 5 gegen 2 Stimmen hat sich jedo diesem Antrage nicht angeschlossen; sie hat erwogen, daß das Geseß von 1833 für das Großherzogthum Posen, §. 13, eine ähnliche Bestim- mung enthält, und Gelegenheit gefunden, sih darüber zu informiren, daß diese Bestimmung dort günstige Erfolge gehabt hat; sie har ferner erwogeu, daß dieser Paragraph vou dem Vorstaude des Ver- eins doch eigentlih nihts als Rath und moralische Einwirkung ver- lange, welcher von einer Stelle, welche religiöse und Schul=Juteressen verwalte, wohl begehrt werden fönne; sie bat sih aber freilih auch uicht verhehlt, daß die beabsichtigte Fassung dieses Paragraphen feine ganz glüdckliche sei, und theilweis zu den Erinnerungen Veranlassung gegeben habe, welche diese Geseß-Stelle hervorgerufen hat.
Die Majorität der Abtbeilung schlägt daber vor, diesen Para- graphen zwar beizubehalten, dessen ersten Say aber möglicherweise dahin zu fassen:
„Nach vollendeter Schulbildung der jüdischen Knaben haben die
Vorsteher des Vereins durch Rath und Zuspruch dahin zu wirken,
daß jeder Knabe ein nüßlihes Gewerbe erlerne oder sich auf wissenschaftlichen Lehranstalten einem höheren Berufe widme, unv daß feiner derselben zum Gewerbe - Betrieb im Umherziehen ge-
braucht werde.“
Sie haben si (u, #. w.)“
_Fürst Wilhelm Radziwill: Jch fühle mich verpflichtet, die Ansicht der Minorität zu vertreten, da aber auch mein Kollege aus Slesien in dieser Angelegenheit sprechen will, so will ih ihm das Wort überlassen. i
(Graf York verzichtet auf das Wort zu seinen Gunsten.)
_ Wir haben Beide gegen den Paragraphen gestimmt, weil wir eine beden D Ausdehnung des Bevormundungs-Prinzips in demsel- ben erkannt haben, gegen welche wir das Junere der Familien jeden- falls ges{hüßt wissen wollten, Jch glaube auch nicht, daß die Be- stimmungen des Paragraphen von praktischer Bedeutung sein würden, wenn sie beibehalten würden, Denn wenn der Vorstand der Syug= p en-Bereine dazu: vervflihtet wird, so läßt sih erwarten, daß er en Paragraphen gar nicht: over nur mit üblem Willen zur Ausfüh rung bringen werde. L s i
Sragf von Yor kf: wollte do, G; auf die Wirkung des. Gesêles vom Jahre Y bemerfen, daß, weni uf
F. h auf die Juden im Groß hérzi thuni Posen Bezug en wird, dies insofern für die Judeu in den. anderen Sre er Monarchie etwas vielleicht Verlegeudes doch gewiß Zurückseßendes hat, da es anerkannt worten ist, daß. die rößere Zahl der Juden im Posenschen. noh auf einer sehr niedvigen
tufe der Kultur steht, Man hat daher geglaubt, hier zu: Hülfe rzie v abstellen wollèn. Jh glaube , dase dies bei den ällen SUES nicht nöthig, scheint, denn so viel. mir bekaunt. ist, sind sie in der Er- ie S inder sehx sorgfältig. af von Dy9hru: X faun mich auch. uur der Minorität anschliéßen: und würde glauben, daß eine solche Bevormundung zu weit: in die Uguuilie eindringt, wenn: bie Kiuder durch die: Polizei-Be« ihrem Beruf b n n. werden. sollen, Denu es i. in dem
glichen Paragraphen: nicht nur ber Vorstand. bex Jubongemeinde ritt, wle: éin\ïeiten soll, sondern f bie: Mat gogeben, die
olizeizBéhörde zum Einshreit “ : Slirst qa Ev at: N Bis ich d aen der Ansicht der Mi-
1198
norität an, weil ih in Religionsfragen dem Prinzipe : der Parität
allerwärts Geltung zu verschaffen wünsche wid ih nit einzusehén vermag, _ weshalb -die Juden hier anders gestellt werden sollen, als ihté christlihén Mitbürger. Zede Brvormundünglfelbstständiger Menz schen ist Verlebung. 8 / Referent: Da die Mitglieder der Majorität in der Abthei- lung niht das Wort ergreifen, so sebe ih mich genöthigt, die An- sicht der Majorität zu vertheidigen. Es handelt sich um einen wich- tigen Gegenstand und nicht blos darum, daß die Zudenkinder sorgsam erzogen werden, denn in dieser Beziehung würde den Juden kein Vorwurf zu machen sein, soudern darum: Dahin zu wirken, daß die Juden mehr vom Handel ablassen und Gewerbe betreiben, Grund- stücke erwerben oder eine Kunst erlernen, und 1n dieser Beziehung ist eine Einwirkung auch außerhalb des Großherzogthums Posen nicht überflüssig , namentlih in den Landestheilen, wo jih bisher au au- ßer dem Großherzogthume Posen die Juden bis auf den heutigen Tag in gedrücsten Verhältnissen befanden, und da glaube ih, daß es nothwendig und praktisch i, auch dort darauf hinzuwirken, daß sie Gewerbe treiben ‘und Grundstücke erwerben. Nun begehrt der Vor» schlag, das dieß vou dem Vorstande der Synagogen-Vereine geschehen joll, weiter uichts als eine rathende und gütliche Cinwifung, und wenu dieser Rath keine Einwirkung hat, \o soll, der Polizei-Behörde Anzeige gemacht werden, damit sie weiter dasur jorgen fan. Wie dies geschieht, das ergiebt der Paragraph. (Liest die betressende Stelle vor.) Jh glaube, daß eine solche Einwirkung, die sich in Posen praktisch nüblih erwiesen hat (deun der Gewerbe-Betrieb hat dort unter den Juden sehr zugenommen, wenn auch niht noch in gleichem Maße der Acerbau), wohl allgemein zu empfehlen ist. Ht id Graf zu Solms-Baruth: Der größte Theil der jüdischen Bevölkerung beschäftigt sih mit dem Handel, und es hat der Majo=- rität vorgeschwebt, daß es nur erfreulich und ersprießlich für die Bildung der Judeu sein würde, wenn sie mehr und mehr von diejem Hange abge- zogen und zu den übrigen Beschäftigungen hinübergezogen würden. La aber die Aeltern selbst si mehrentheils mit diesem Gewerbe bejhäf- tigen, so liegt es sehr nahe, daß sie auch die Kinder demjelben zu- wenden. Jch glaube aber, daß es nur wohlthätig sein fann, wenn, wie gesagt, die füdishe Jugend sich einem auderen Berufe zuwendet und namentli vom Handel im Umherziehen abgeleitet werde, und es ist die Majorität vou dem Gesichtspunkte ausgegangen, daß eine Ermahnung der Aeltern durch den Vorftand der Synagogen-Vereine sehr wohlthuend und ganz an seinem Orte sein wird, dant die Kinder zu anderen Béschäftigungen augehalten werden. Von diejem Gesichts- punkte ausgebdend, glaubte man, daß ein wohlmeinender Rath vor- theilhast und überzeugend für die Aeltern sein wird, weil in neuerer Zeit hier und da die Kinder der Juden angefangen haben, sich an- deren Gewerben zuzuwenden, dies sich aber nur vortheilhaft zeigen wird; man glaubte der künftigen jüdischen Bevölkerung einen größe- ren Sporn zu geben, wenn man sie auf diese Weise zu anderen Ge- werben veranlaßte. Dies is der Gejichtspunkt, aus welchem wir diese scheinbare Beschränkung befürwortet haben. Geb, Regierungs-Rath Shröner: Es wird zu beachten sein, daß in einzelnen Landestheilen noh' ähnliche Verhältm)je obwalten, wie im Großherzogthum Posen, z. B. in Wejtpreupen, in Westfalen, wo die Juden sich theilweise noch in einem Zustande befinden, der es dringend wünschenswerth macht, sie vom Handel im Umher ziehen abzuziehen, wie der Geseß - Entwurf beabsichtigt. Die dem Gesebh= Evtwurfe beigefügte Anlage B. ergtebt aber auch im Allgemeinen, daß {ih untér dén Juden bereits der 58ste dem Handel im Umher- ziehen hingiebt, während «tinter den übrigen Einwohnern nur etwa der 1000}te sich dieser Beschäftignng widmet, Daß der Handel im Umher- ziehen der sozialen Verbesserung der Juden entgegensteht, nehmen die Lan- des-Justiz-Kollegien in thren Aeußerungen, welche in der Beilage B, der Denkschrift mitgetheilt sind, übereinstimmend an. Auch die Ne- giérungeu haben dies in ihren Berichten bemerkt, Selbst in dem be=- reíts früber vom Herrn Grafen York in Bezug genommeneir, m der hiesigen Vossischen Zeitung Nr. 106 d. J. abgedruckten Aufsabe zur
Vertheidigung der Juden gegen etwa nachtheilige Folgerungen aus
tem Prozeß=Tabellen is hervorgehoben, : ; daß die verschiedenartigen Berufsarten auch einen unglêtchartigen Reiz zum Verbrechen bedingten, daß die christlie Bevölkerung zu drei Viertbeilen aus Landbauern bestehe, die Juden dagegen sajk sämmtlich den gewerbtreibenden Klassen angehörten, woran die Frage geknüpft wird : O welchem Stande die Versuchung näber liege, als dem Kausmann, dem Krämer, dem Handwerker, deren Eristenz von ibrem Wiß, von il = rer Erfindungsgabe abhänge, die das Veränderliche, Flüchtige zu besorgen hätten, während der Landmaun auf das Bleibende, Un- veränderliche gestellt sei. & Dem Geses- Cutwurfe liegt eine so weit gehende Vorausseßung nicht zum Giundez derselbe beabsichtigt hauptsächlich nur, die Zuden vom Handel im Umbexr iehen abzulenken. Jene Gründe möchten es aber jedenfalls räthlich machen, daß den Juden selbst die Mittel dar- geboten werden, auf die süngere Generation einzuwirken und solche Lon dem überwiegenden Hange zum Hausirhandel abzuleiten, wie dies in der Provinz Posen erzielt is, woselbst die Juden unter dem Cin=- flusse der Verordnung vom 1. Juni 1833 sich bereits zahlreich ande- ren Gewerben zugewendet haben : O Graf von York: Jch wünsche sehr lebhast, daß die Zudeu sih einem anderen Gewerbe als dem Handel im Umbherziehen widmen, ih ‘babe au nichts dagegen, daß sie davon möglichst abgelenft wer= den, sondern ih habe mih nur gegen das Mittel, welches dazu an- gewontet werden soll, nämlich das Einmischen der Polizei in die in- nersten Familien - Verhältnisse, ausgesprochen. Wenn aber den Juden größere Freibeit zugestanden wird, alsdann wird es sich auch von selbst verstebon, daß sie sich mehr und mehr dem Gewerbe und dem Ackerbau zuwenden werden, was jeßt freilich nur in geringem Maße der Fall ist, indessen wêr da weiß, in welcher schwierigen Lage ein Jude si befindet, der jeßt ein Akerstück aukauft und bewirthschaftet, der wird-es begreifen, warum sie sich zur Zeit von dieser Beschäfti- gung noch zurückziehen. Ju zu“ gewähreuder größerer Freiheit und Anerkennung ist die beste Abhilfe zu finvon, E Graf von Zieten: Wenn durch don §. 34 die Kinder armer und ungebildeter Juden, denn von diesen kann natürlich nur die R-de sein, von dem Lieblingsgewerbe ihver Väter, vom Handel oder vom sogenannten Schacher, abgeleitet werden sollen, um sie den christlichen Geschäften! zuzuführen, so würde tieser Paragraph gerade die ent- gegengeseßte Wirkung haben, indem- maw ün Allgemeinen immer mit Widerwillen das thut, wozu man durch Zwang angehalten, vorzüglich wenn dieser von der Polizei - Behörde ausgeübt. wird, und ich würde demnach. deu Wegfall. dieses ganzen, Paragraphen beantragen, Refereut: Die Ansicht des leßten Redners hat die Erfahrung im Posenschen gegen sich. Jch kann auch uicht zugeben , daß, wie der Reduer sagte, dio Anordnung de Geseh - Vorschlages kein Ge- winn sein würde, Dieselbe wirke der Behörde oder dem Amtmann doch immer. Veranlassung geben können , den Vorstand des Vereins fommen zu lassen und ihn zu fragen: „Wie kommt es, das oure Kinder. n alle noch Schacher. treiben, ihr werdet mir. Bericht dar- über erstatten“; ist E T eung, wie das Geseg vorschlägt, nicht vorhanden : \o kann der Vorstand antworten: daß, dies: nit zu den Geschäften des Vereins gehöre ; ist aber eine solche Bestimmung
vorhändén „so kann éine dergleichen Antwort nicht erfolgen, und der Vorstand i} gehaltèn, darüber Auskunft zu geben und Bericht zu er= atten. P Mäx schall: Wir kommen zur Abstimmung. Diejenigen, welche dem Antrage der Abtheilung beitreten, würden dies durch Aufstehen zu erfenueu geben.
(Eine Majorität entscheidet sich für die Aunahme.)
Referent: Der näwste Paragraph führt uns auf ein weites Feld, welches wir heute faum zu Ende bringeu werden, Er betrifst die Zulgssung der Juden zu öfentlihen Aemtern.
8 35,
Zu unmittelbaren Staats = Aemtern sollen die Juden insoweit zugelassen werden , als sie si durch den Dienst im stehenden Heere verfassungsmäßig Civil - Versorgungs- Ansprüche erworben baben und mit den huen zu übertragenden Civil- und Militairdiensten nicht die Ausübung einer obrigkeitlichen Autorität verbunden ift,
F. 35 des Gutachtens,
„Der §. 35 des Geseßbes ist wohl der wichtigste, aber auch zu= glei bestrittenste und vielleicht s{chwierigste des vorliegenden Geseßes, Derselbe spricht aber von mehreren Gegenständen, welche besonders abgehandelt werden müssen.
1) Von der Zulassung der Juden zum Staatsdieust (abgesehen von
Lehr-= und Schul-Aemtern) ; 2
2) von deren Zulassung zu mittelbaren Stagts-= und Kommungl- Aemtern; :
3) von deren Bestellung zu Schiedsmännern und Justiz-Komnmi}=
sarien ;
4) von deren Zulassung zu akademischen Lehr=Aemtern
und endlich ; 5) von deren Erneunung oder Wahl zu Lehrern bei Gymnasien und Schul-Anstalten. : s
Es wird nothwendig sein, bei der Erörterung diejer Gegen- stände die Bestimmungen des Edifts vom 11, März 1812 zu verge=- genwärtigen.
Die §8. 8 und 9 dieses Gesetzes lauten:
F. 8 Sie (die Juden) können daher akademische Lehr-= und Schul- auch Gemeinde-Aemter, zu welchen sie sich geschickt gemacht haben, verwalteu,
und
§. 9, Juwiefern die Juden zu anderen öffentlichen Bedieuungen und Staats - Aemtern zugelassen werden können, behalten wir uns vor, in der Folge der Zeit geseßlih zu be- stimmen,
Hieraus ergtebt sich zunächst: S
ad 1, Rüdsichtlich der unnuttelbaren Siaats - Aemter, daß in Beziehung auf diese das Weitere vorbehalten und den Juden bestimmte Zusagen nicht gemacht worden ind. Der Gesetzgeber hat bier freie Hand, Der Gese“ Vorschlag sichert den Juden die Anstellungèn zu, für welche der Anspruch durch Militair - Dienst und Civil- Verforgungs - Ansprüche verfassungsmäßig erworben wird, insofern mit diesen Aemtern uicht „obrigkeitliche Autorität“ verbunden i, Ein Reskript der König- lichen Ministerien des Junern und der Finanzen vou 21, März 1846 hat hierüber auch schon die Behörden mit Anweisung versehen und näher und wohl bejtiumm ter und besser gesagt, daß die Juden in „olge von Militair - Berforgungs - Ansprüchen zu solchen Aemtern zugelassen werden könnten, mit welchen keine richterliche, polizeiliche oder erekutive Gewalt verbunden 11k, Vieje Bestimmung is wohl ein Korrelat der Anordnung, daß die Juden jeut allgemein zum Mititairdienst verpflichtet worden sind. Da man ibnen die Heerespflicht auferlegte, wollte man auch den invalide gewordenen oder joujt durch
laugen und treuen Militairdienst verdienten Juden nicht die Aemter vorenthalten, weiche in der Regel verdienten Soldaten als Civil- Versorgung gegeben werden, Welche Aemter dics sind, 1 im Allgemeinen befannt, es sind dies Secretair-, Schreiber-, Schirrmeister-, Boten- und ähnliche Stellen, sie alle aufzuzählen, würde in die Ka- suistik verfallen; dem preußischen Staatsbeamten und auch dem Publikum sind solche genugsam bekannt, und diefe den Juden uicht vorzuenthalten , erscheint schon als Korrelat der Heerespflicht billig, auch sind davon Mißstände utcht zu befürchten, und die Abtheilung theilt insoweit ganz die Ansicht und den Juhalt des Gesez-Eutwmrss. Wenn dabei Aemter mit richterlicher, polizeilicher und erekfutiver Gewalt ausgeschlossen worden sind, \o führt dies auf die Erörterung über, in wie weit über= haupt Juden zum höheren Staatsdienst zugelassen und ihnen Aemter gegeben werden föunen, durch welche sie zur Obrigkeit über Christen bestellt werden, i;
Die Ansichten sind hierüber in der Abtheilung getheilt gewesen; die Minorität ist der Ansicht, daß die Juden zu allen Militair- und Civil - Aemtern zugelassen werden köunten und sollten, insofern jolche nicht die christliche Kirche tangiren ; sie begründet dies dadurch, daß im lebten Freiheitsfriege befanntlih cinige Juden zu Offizieren be= fördert worden sind und theilweise noch jeßt als solche in der Armee dienen. Die Minorität folgert hieraus, daß, wer zum Offizier im Kriege tauglich sei, auch zu allen Aemtern befähigt erscheinen müsse; jie behauptet ferner, daß es vom sittlichen Standpunkte aus nicht gerechtfertigt erscheine, einen Staatsbürger von der Ausübung seiner Rechte, seines Glaubens wogen , auszuschließen,
Jm Gegensaß dieser Ansicht hält es die Majorität der Abthei- lung nicht für thunlich, den Juden, abgesehen von den Militair- Versorgungs-Posten, Staats-Aemter, und namentlich solche nüt rich= terlier, polizeilicher oder exefutiver Gewalt, zu übertragen.
Der ganze proußishe Staat und dessen Verwaltung berubt guf Grundsäßen , welche unverkennbar aus dem Christenthum hergeleitet sind; an dieser Regierung Männer Theil nehmen zu lassen, welche einer Religions - Partei angehören, deren Grundsäbe der Mehrzahl der Einwohner des: preußischon Staates fremd sind, erscheint nicht thunlich; die christliche Bevölkerung, möchte sich auch ungern eine jü- dische Obrigkeit gefallen lasson. Alle Haudhabung der L brigkeit muß wohl in unjevem. Lande, welches neben 206,000 Juden vou circa 15,000,000 Ehristew bewohnt wivd, auf der Grundlage der christlichen Lehxe und Moral: beruhen, auf der Lehre : daß man auch dem Feinde vergoben und ihm wohlthun soll. — Vb die Juden sih auch zu die- ser Lehre bekennen, ist Manchen zweifelhaft, noch Mehreren unbekannt.
Außerdem steht jet bei uns die Staats - Verwaltung noch m vielfacher unmittelbarer Beziehung zur evangelischen oder katholischen Kirche, und die Verhältnisse der fonfessionellen Clementarschulen stehen mit der. Kirche in euger Verbindung. An deu Functionen dieser Art faun do: wohl. ein Jude nicht Theil nehmen; ein jüdischer Landrath würde bei. allen. Aufträgen in Kirchen- und Schulsachen eines Ver= treters. bedürfen, ein jüdischer Regierungsrath fast in jeder Sißung wegen des Vorkommens von Vorträgen dieser Art das: Zimmer ver= lassen oder si des: Stimmens enthalten müssen. Noch höhere jüdi- {e Beamte könnten möglicherweise ihr Ansehen dazu brauchen, die
f p 1s » 2 j
Juteressen des Gen Glaubens zu fördérn, und damit möhten diè 15 Millionen christliher Unterthänen \chwerlich zufritdén stin.
Ferner bleibt zu beachten, daß in der jebigen preußischen Mo- narchie feine Büreau-Herrschast mit abseßbaren Beamte besteht, die unbedingt dén Befehlen der Vorgéseßten gehorhen müissèn. Zn un- seren rihterlichen und administrätiven Kollegien eutscheidet das Vo- läßt, was sich faum immer von persöulichen Ansichten frei erhälteu läßt.
Ju Nord - Amèrifa is die Verwaltung des Staats gänzlich vLôn den firchlihen und Schul - Verhältnissen gésondert, im preußischen Staate verhält sich dies anders, und kann so leicht nicht geändert werden,
Uuütér den vbwaltenden Verhältnissen muß es daher unthunlich. erscheinen, hier bei uns die Christen durch Jüden regieren zu lassen,
Zieht. man die Verhältnisse des Heeres in Erwägung, so sind allé Beförderungen in diesem ledigli Sache des Landesherrn, Hat dieser in einzelnen Fällen tapfere oder verdiente Juden zu Offizieren befördeit, so steht ès ihm selbstredend frei, dies auch künftig wieder zu thun, éín Zusaß zu vorliegendem Gesey fäun -hiérüber uichts be- stimmen, weder Ansprüche geben, noch nehmén. _ E
Aus diesem Grunde scheint es na der Ansicht der Majorität der Abtheilung am besten, wenn das Geseß über die Befördérung von Judben zu Militair - Chargen weder positio noch negäâtiv etwas enthält. Es erscheint der Abtheilung außetden der Ausdru:
: „Ausübung einer obrigfkéitlichen Autorität“,
zu unbestimmt und zu weitgreifend, und es s{chlägt dieselbè daher
vor, den Saß wégen Zulassung von Juden zum Staatsdienste so zu
fassen: „Zu unmittelbaren Staats-Aemtêrn sollen die Juden nur insoweit zugelassen werdèn, als sle si durch den Dienst ün stehênden Heere verfässungämäßtig Civil-Versorgungs-An- {sprüche erworben haben, und nit den ihnen hiernach zu libertragenden Aemtern, niht die Ausübung einet rich- terlichen, polizeilihen oder erefutiven Gewalt verbunden ist, 44 41
Marschall: Die Berathung wird sih zunächst auf diesen er= sten Sah zu beschränken haben.
Referent: Jh habe êétwas hinzuzufügen: Cs ist bfter gesägt worden: Wenn män den Juden auch Austellungs-Fähigkeit zugesteht, so ist es darum noch nit nothwendig, daß er auch wükliche Austel= lungen erlauge, die anstellende Behörde behält ja die Säche in der Hand. Darauf is meine Antwort die: wenn die Bestimming des Gefebes so gemeint wäre, daß man sie nicht anstellen will, und ihnen durch das Gesey nux Hoffunngen erwéden, dié man uicht erfüllen will, so würde 1h diesen Grundsäßen uicht beitreten und es für besser halten, auch solhe Hoffnungen uicht zu geben. Wemi das Geseß den Au- spruch guf Anstellungen enthält ; so glaube ih, daß man sie auch wirk= lich anstellen muß, und bin guch der Meinung, daß jene Vertröstung praftisch und wirksam sein wird, Jst den Juden dié Anstellungs-= Fähigkeit zugestanden, so werden sie auch Mittel und Wege finden, um dergleichen wirklich zu erlangen.
Fürst Ly nar: Zudem ih mich auf dén leitenden Grundsaß des Geseßz-Entwurfs berufe, nämlich auf den: „gleiche Pflichten, gleiche Rechte‘ — kann ich mi nur zu der Aufsicht bekennen, daß — da mein Antrag auf vollkommene Emancipation zurückgewiesen worden isst — wir den Juden, vorläufig wenigsténs, einen Theil bêr politischen Rechte zu gewähren bäben und wir uns bämit einverstanden erklären missen, daß sie auch zu Aemtern, mit welchen eine obrigfeitlihe Ge- walt verbunden is}, befähigt sein sollen. Jch weiß, daß die Zusam=- menstellung der Worte: „Juden und politische Rechte“, vielen Wider= spruch finden werde, daß man bei Nennung derselben dié Juden im Geiste {von vor sih sieht als Magistrats-Mitglieder, Richter, Land- räthe, ja sogar als Landtags-Deputirte, dder als die höchsten Staäts-= beamten, wele ihrèn Siß auf der höchvérehrteu Ministerbänk, mir gegenüber, einnehmen; allein ih gebe zu bedenken und wiederhole, was der verehrte Herr Referent beréits gesagt bat: wié dadurch, daß wir den Juden politische Rechte einräumen, solche noh nicht zu Rich- tern, zu Landräthen, zu Deputirten oder sogar zu Ministern gemacht werden, daß hierzu eine Wahl, aus dem Vertrauen ibrer Mitbürger hervorgehend, eine ganz besoudere Befähigung oder der Allerhöchste Wille des Monarchen erforderlich set. O A :
Unter solchen Voraussetzungen aber kann ich nicht einsehen, wie selbst die höchste Stellung, welche ein Jude einnehmen fönnte, dem Lande nchtheilig werden dürfte; j ein Jude, der sich zu dieser Höhe emporschwänge, wäre gewiß ein so ausgezeichneter Mensch, daß selbst das Vorurtheil ibm Anerkennung uicht versagen würde.
Denfen wir uns den Fall, daß em Nathan der Weise in dit- ser Zeit erstäude, das Vertrauen unseres Königs ihm einen Plaß auf der hohen Ministerbank anwiese, und er uns ín einer Volevelttoleragit von dieser Stelle aus die schöne Fabel Lon den drei Ringen erzählte, würden wir ihm niht mit begeistertem Wohlgefallen zuhören, würde es dem Lande Gefahr bringen, wenn! dieser Weije den Räthgebern der Krone zugesellt würde?
Geb, Regierungs-Rath Schr öner: Jch wollte mir êie Be- merkung erlauben, daß nah dem Vorschlage des geehrten Herrn, welcher so eben gesprochen hat, es den Anschen gewmnnt, als wenn davon auszugeben sei, daß bei der Anstellung im Staatsdienst immer noch ein besonderes Vertrauen binzukommen müsse. Ein Vertrauen wird allerdings vorausgeseßt. Nach der Verfassung aber, welcher gemäß die Beamten bei uns zu Aemtern gelangen, gedt ein Jeder, der unbescholten is, dessen Führung keine Veranlassung zu Tadel ge- geben hat, nach genügender Vorbereitung und festgestellter Befähi gung ohne Weiteres in eine amtliche Stellung über, ohne daß an- noch ein besonderes Vertrauen hinzukommen müßte. Sonach würde beispielsweise ein Jude, welcher sein Referendariats- und sein Asses- soriats - Eramen bestanden hat, bei untadelhafter Führung in ein Richter - Kollegium eintreten, ohne daß es eines obwaltenden beson- deren Vertrauens bedürfte.
Fürst zu Lynar: Sollte ein Jude zum weiteren Fortschritt im Staatsdienste zugelassen werden, so müßte er sich (was als all= gemeine Bedingung gelten muß) in seiner bisherigen Stellung als durchaus tüchtig bewiesen haben, und nur ein hierauf gegründetes Vertrauen würde ihn zu einer höheren Stellung berufen oder doch seine Zulassung zu derselben bedingen.
Graf Dyhrun: Jch glaube, wenn ih den verehrten vorleßten Redner verstanden habe, daß er hier {hon vorgegriffen hat, Es ist hier blos von Staats-Aemtern die Rede, Von den Aemtern, welche sie durch das Vertrauen ihrer Mitbürger befommen haben, wird erst weiter unten die Rede sein. Jch frage, ob diese Trennung nicht ge= macht worden is, i
“Marschall: So isst es, Der erste Say des Paragraphen ist zur Berathung gestellt, 5 _ Graf Dyhrn: Jch" habe Alles vernommen, was gegen die Zulassung der Juden zu Staats=Aemtern gesagt werden kann, ließe mich aber doch der Minorität vollklommen an, und ganz kuz blos darum, weil ih nicht zugeben fann, daß, wie selbst im Gutachten der Abtheilung, wenn auh noch \o leise, doch angedeutet wird, sich 15,000,000 vor 206,000 je zu fürchten haben sollten, Jch glaube, daß der Jude, welcher in den Staatsdienst eintritt und ordentlicher Staatsdiener desselben sein will und sein muß, — worauf schon gehalten
1199 iverden wird, — i sage, daß ein solher wenigstens insowéit niht mehr Jude bleiben knn, äls êben dié jüdi de Religion ihn daran hindern wird. És is aber seine Sache, und ih habe. nichts darüber zu ent- heiden, ob er äußerlich noch Jude bleiben will, Der Staat steht \0 hoch, dâß si die Privat - Ansicht jedes einzelnen Beamten uñter- orduén muß. Eine Eiwirkung auf dièses Staats-Prinzip räumé ih faum den Allerhöchsten Stéllen ein, und die Beseßung dieser Stellen geschieht durch das Vertrauen Sr. Majestät, Hat uun Se. Maje= stät das Vertrauen zu einem Juden, ihm eine solche Stelle zu übergeben, #0 bin ih fest überzeugt, daß dann für den christlihèn Staat gr. nichts zu fürhten i. Was die untergeördueten Stelleu anlangt, #0 sind sie in unjerem Staaté so fest in die büreäufrätishe Hierarchie eingereiht und ihre Wirksamkeit so geúgu bestimint, daß ih äls Christ nicht in Sorge bin, dem Ju- den ein Amt zu übergeben, sonder daß es, nah memèr Ansicht, viel- mehr die Frage ist, ob der Jude nicht vielleicht niit seinem Gewissen in Kollision komme, das Amt zu überiehmen, Dies i aber seine Sache, über die ih nicht zu entscheiden habe, Daun ist im Gutach= ten gesagt: Es sollen deu Juden alle Aemter, welche féine exefuti- Lische Gewalt hätten, übergebèn werden. Sehr viele der Aemter, welchen alten Militairs übêrgében werden, haben aber exefutive Ge- walt, und wird dieser Grundsaß festgehalten, so fragt es si sogar, ob der Judé Unteroffizier wérdèn kann? Deun ein solcher hat oft auch exefutive Gewalt, z. B. wenn er eine Wache fommandúrt, wobei er feine fleine exefüutive Gewalt gegen allerhaud Christen hat. Also guch diese Stellèn müßten ihm genommen we.den. Es wäre aber einè sehr großé Unbilligkeit, weun sie zum Militairdienste zugezogen würden und ihnen dabei alle Aussicht auf Avancement genommen werden sollte, namentlich, dg sie jeßt {ho im Besiß weit höherer Militair-Stellen sind. Jch selbst keune éinen Stabs-Offizier in Berlin, der heute uo Jude ist. Diesé Frage álso scheint mir abgemacht zu sein. Können nin die Juden im Militair 0 böhe Chargen erreichen, so muß ich gestehen, weiß ich mir nicht zu erklären, warum sie im Civil nicht die gléiche Stellung bekommen sollen. Die Stellungen, welche mit un- serer firchlihen Verfassung zusammenhängen, werden die Juden selbst niht übérnehmen; obgleich ih gar uicht einsehe, warum diejeuigen, welche és nux mit den ganz äußeren Verhältnissen selbst in dieser Verwaltung zu thun haben, nicht eben so gut von Juden als von Christen verwaltet werden können. Denn wenn wix auf diese Son- derung kommen, wéêun wir bei Ertheilung eines Amtes auf die Mötive, aus denen es übernömmen worden, auf die Einwirkung, die és géiväbren fann, Rücksicht nebmen, wenn wir überhaupt gelten lassen vollen, daß der Jude seine Gewält als Stägts-Obrigkeit zu Gunstéit der Juden und zum Schaden der Christen anwenden wird, nun, meine Herten, daun öffnen wir jeder konfessionellen Feindschaft Thor und Thür, daun würde auch bei uns ein Partei-Kampf beginnen, vor dem wir uns zwar nicht zu fürchten hätten, dann aber nicht mehr gesagt werden föunte, daß es die Aufgabe unserés Staates is, daß alle Könfessionen und Parteien gleichen Zutritt zum Staatsdieujt haben. Jch kann mich also mir der Ansicht dêr Minorität der Abtheilung ansehliéßèn, und ich sehe wedèér eine Gefahr, noch irgend einen anderen Grund, wein wir die Juden zu allen Staatsdiénsten zulassen. Zu- leßt stimiñie ih für eine vollständige Gleichstellung der Juden mit uns auch aus Tóôleranz! Dieses oft verhöhunte Wort wurde vorhin in je- ner Bedêittung ausg esprocheu, in der es jeßt oft für Jndiffereutis= mus, Gleichgültigfeit gebraucht wird. Aber diese Toleranz ist uicht die meinige. Näh meiñer Erklärung des Wortes besteht sie über- haupt uicht darin, daß mañ alle möglichen Meinungen in sich aus= uthme, weil man eigentlich ggr feine bgt, alle Meinungen friedlich um sich heruin gelten läßt und Fiê-„guêrkeunt, weil mau eben feuie eigene Meinung zu vertreten, mit Wort und Schwert zu verthcid- gèn hat. Ueber die Zeit dieser Toleranz sind wir, Gott sei Dauk, weg. Die Tólerïanz, der ich opfere, ist ibr gerades Gegentheil, sie ist das Zeichen der Siegesgewißheit, der Wahrheit. Wenn ih innerlich überzeugt bin, daß die Wabrheit siegen wird, stets siegen muß, dann fann ich, ohue meine eigene, innerlichjte feste Ueberzeugung aufzugeben, eben toleraunt sein; daun fann i die anderen Meinun- gen ni{ht nur gewähren lassen, sondern in ibrer Berechtigung gner= kennen, demn ich weiß, daß die Wahrheit zuleßt doch siegen muß, und dies nm so éher, je mebr, je freier und ungestörter sich die entgegen stehênden Meinungen, sei es in der Religion, set es in der Politik, entwickeln dürfen. Deun nur im Kampfe kommt die Wabrheit zur Erscheinung. Lasse ih aber die eine Meinung gar uicht zur Erschei nung, zu ihrer Eutwickelung fommen, dann zeige ich, daß ih die Sie=- gesgewißheit nod) nicht babe, daß ich jene Meinung fürchte und el- nen Kampf mitihr vermeide. Es giebt eben zweierlei Fanagtiker : die nicht to- lerant sein können, weil sie dieser Siegeëgewißheit entbehren. Die einen, die etwas begehren, was uoch uicht an dêr Zeit ist, und weil sie fühlen, daß sie noch keine Unterstüzung der Gegenwart finden, sich andere Bundesgenossen holeu müssen; die anderen, die etwas vertheidigen, was die Zeit bereits erübrigt bat, und diese müssen sich audere Bun desgenossen holen, müssen die Zdee durch die Materie uuterstüken und stüßen wollen, weil sie fühlen, daß derselben das innerste Leben entflossen i. Wenn ih aber die Ueberzeugung habe, daß es der alleinige Gang der Weltgescbichte is, die Wabrbeit zur Erschcinung zu bringen, daun faun ib, obne meine Meinung im geringsten guf= zugeben, wahrhaft tolerant sein, dani faun ich aber allen Mei nungen um mich herum Raum geben, damik in ikrem Kampfe die Walhrbeit erstehe und zur Erscheinung kfoume. Darum glaube ic, meine Herren, können wir ganz obne Furchk gegen die Juden in diesem höheren Sinne des Wortes tolerant säen; wir können ibnen Raum geben, daß sie mit uns auf gleichem Felde, mit gleicden Waf- fen den Kampf bestehen, und ih wenigstens, meine Herren, bin gar nicht zweifelhaft, wem der Sieg gehören wird!
(Mehrere Stimmen: Schön! Schön !)
General-Lieutenant von Cosel: Jch habe mir die gelborsame Bemerkung erlauben wollen, daß deu in der Armee dienenden Juden son gegenwärtig das Recht gegeben worden is, zu Unteroffiziéren ernannt werden zu föunen; zu Vffizieren dürfen sie nicht beförtert werden, ba ihnen das Recht zu Staats-Aemtern im Civildienst bi&- jeßt auch nicht zusteht, Sollte diese Schranke fallen, dann dürfte allerdings fein triftiger Grund obwalteu, sie von der Offizier-Lauf- bahn auszuschließen.
Graf von Burghaus: Jh kaun mih uur gegen die Zu- lassung der Juden zu Staats-Aemtern erklären, und zwar uicht, weil ih glaube, daß die 15,000,000 christlichen Einwohner die 206,000 Juden zu fürchten hätten, sondern weil ich glaube, daß wir, die wir berufen sind, ein gewissenhaftes Gutachten abzugeben, wohl die Mei- nungen und Ansichten dieser 15,000,000 Einwohner zu berücksichtigen und zu ehren haben werden. Jch glaube aber, daß es in diesem Augenblicke noch einen sehr ungünstigen Eindruck machen würde, wenn,
nachdem \o viel für Emancipation der Juden geschieht, wir sie auch !
noch zu Staats=-Aemtern zulassen wollten.
Jch glaube, daß, wie ih vorhin schon äußerte, es in diesem Augenblicke einen ungünstigen Eindruck machen würde, weuu die Ju= den, nachdem viel für ihre Emancipation geschieht, auh noch zu den bezeichneten Staats - Aemtern zugelassen winden. Jch werde mi freuen, wenn, nah Verlauf einiger Jahre die Wahrnehmung sih uns aufdrängt, daß die Juden so viel Vertrauèn und so viel Achtung be- gründet haben, daß wir ste dann zu diesen Aemtern befördern kön=-
nen, aber ih, bin, der Ansicht, daß bei sölchen Ma Sritt vor Schritt vorgegangen werden muß, Ersa)ing belehrt , daß V uden ut den Sia p sind, ihueñ das lebte noh zu geben, daun werden iwir 2 digkeit thun könen. j N : Fürst Lyuar: Jh bewundere die treffliche Rede ricikld lies ehrten Freundes und Kollegeu aus Stlesien, ih. bewundé 7 Staudpünkt déx Toleranz, auf welchem er steht und bebaeero mich nit au seiner Seite auf denselben stellèn zu können “S nicht so tolerant wie er, 1d möchte das veniba s betei ih wünschte, es mit den Waffén der Liebe zu vernichten. Borne der Liebe möchte ih |chöpfen, “um den Juden die aus zU gebèn; denn weun es möglich wäre, diesen so ausgezeichnete BVôllss stamm uns zuzuführen, so köunte es nur dadurch cfhe en, daß, wir, von dem Grund - und Lebeusprinzip des Christenthums ausgehend, den Juden Liebe und Versöhnung darbrächtèn. ¡4 Jch. wiederhole, was ih berêits gestern gest habe : Tausendé jährige Verfolgung hat es nicht- vermocht, das Judenthum auszus löschen. Versuchen wir nun, die mosaishen Glaubenêgenossen durch Liebe und Vertrauen nah und ung zu uus berüberzuziehen. Graf Solms-Baruth: Wir leben in einem cristlihen Staat, und ich glaubé, es is unsere Pflicht, von diesem Gesichtspunkt, aus den Gegenstand zu betrahten. Wenu auch wirkli die größte Tole- rauz geübt wird, so ist dennoch wohl zu erwägen, daß man bei Bes rüdsihtigung derselbeu mit zu großen Sprüngen nicht, in diesen Zustand hinübergeht. Bis jeßt haben, die Juden iu Frhr desrämien Verbältnissen rüsichtlih ihrer politisheu und rücksihtlich i rer bür gerlichen Verhältnisse gelebt, der Geses-Entwurf räumt ihneti größerè bürgerliche Rechte ein, uud die Abtheilung hat sich. bemüht, diese Rechte mit dem sittlihen Zustande der Juden in Einklang zu brins gen. Sie hat es wenigstens geglaubt und is Schritt vor Schritt gegangen, um ihnen größere Rechte einzuräumen, als sie , bis jeßt batten. Sie jeßt den Christen aber hon völlig gleihzustellen, das hat die Abtheilung wenigstens in ihrer Majorität nicht für verträg= lich mit dem Zustaude der Civilisation der größeren Masse der Juden gehalten. Aus diesen Rücksichten möchte ih der hohen Versammlung auch uur aurathen, langsam vorwärts zu geben und deu Juden für jeßt nur diejenigen Rechte zu ertheilen, die hier gerade die Abtheis lung vorgeschlagen hat und welche gleichsam den Uebergang bilden. zu einer weiteren Gleichstellung mit den Christen. Zudem, also die Abs theilung die Juden nur zu gewissen Aemtern fir befähigt erklärt glaubt sie gerade, daß nur dieses Anbahbuen géschehén könne. und da ein plötlices Niederreißen der bestehenden Schranken wedér in der allgeñeinen Meinung, uoh auch im Zustande der. Civilisation dér Ju- den sid réchtsertigen läßt. Jch glaube aber, daß dieser S M hier vorgeschlagen wörden und der dém ganzéu Géseß ‘zu runde liegt, wohl ein geeigneter sein dürfte, diésen Zustand allmälig für die Juden vielleicht später vorzubéreiten, und aus diésem Gruntê würde ih für die Zulassung der Juden nur i bédingter Art zu allên hiër in Nete stebênden Stats und anderen Aèmtêrn méine Zustimmung gebèn. j Graf von Kiélmanseggé: Jch wollte nur sagen, daß ich dié Berédtsamkeit des geehrten Mitgliedèä aus Schlesten zwär bés winibere und sein Gefühl höbshäpe, nich aber dém, was ér auägé- sprochen, dch nit ganz anschließen kann; im Gégentheil häbé 1h sehr häufig die Währnehmung gemächt, daß allzu große Mildé, einë gewisse Läuheit in kirchlicheu Grundsäßen sür den christlichen Staat uicht erfreulich ist. Jch méine, maù soll ah dén Lebrèn des Christén- tbums iu erústen wie in guten Tagen haltèn, denn ohne dém i} jede Sicherheit im Leben benommen, und ih meütlerseité strèbe wenigstêns dana, daran zu halten ind nicht davon abzugeben. Uebrigens sind die Begriffe, tiè Ansichtrn und das Géfübl darübèr sebr verschieden, aber ich muß mich dênmn doch entshièden für bas christliche Elèment im ch{ristliben Staat auéspreben. DéShalb möchtèé ih aber niemals intolerantk gégen dié Jübei sein, im Gégentbeil wird es unch sehr freuen, wenn die Juden sodbiel als möglich zum Christénthum heräns gezogen und dut{ch Toléranz von Vorurtbeilen, wié siè mir erscheinen, zurückgebracht würdén. Jh will sie in jéder Weise in Schuß gé= nommen, ich will sie auf feine Weise angefochten wisseu; aber weni ein {ristlidier Staat von dén Lebren abgeben will, die ibm als Sküte und Halt döienen solle, fo sebe id nicht ein, warum wir überhanpt irgend einen Glauben haben, dann fan füglich ein Jedér nach seinem inuerén Gefülßle gehen, und: was ihm diéses sägt, als genügend erfeunen; éinen festen Halt gber faun uns nux dië chtist* liche Lehre gebeñ, und dahér müssen wir méinèr Ueberzeugung nah in vollem Umfange an dém Positivén dur dié ristlihé Lehre gé= gebenen festhalkén, welches bei diesér Diskussion freimüthig auszu=- sprecen 1h mich gedrungen fühlte. Graf Dyhru: Jch habèé auf die gehörte Réde nichts Andéres zu erwiedern, als daß es mein Prinzip ist, die vêrshiedenstén D über diese Sache zu achten. Nur gegén eïuen êinzigén Ausdruck dés geebrtén Redners wollké i mi wahren. Jb múß durchaus die Ab- sicht nit erreicht haben, welche ich dur{ch méinen Vortrag érreichén wollte, id muß mi sehr undeutlich ausgedrückt haben, wein in méi« ner Rede auch uur ein Tropfen vön Lauhbeit gelegèn hat, ih habé vielmebr in eben diesér Rede gégen diése laue Tóleraiz pröôtestirt , habe gogen diese die walre Töleranz linstellen wöllen. Es \chänt mix nicht gelungen zu seia. Jch weiß von diéser Lauheit nichts, 1ch hänge mit Begeisterung und aller Festigkeik an meinêm Prinzip, ich bin béch4 reit, uberall und j:der Zéit für fle zu kämpfen, aßer indem iG eben über deu Prinzipien noch tiè Siegesgewißhcit der Wahrheit habe; \0 fan ih die anbérxcn Prinzißien anerkemien, und bié méinên, mit dié- fen allen, als vollkomuién berechtigten in dén Kamßf führen. Darüti möchte auch fch allen Religións - und politischen Partêiên mit dent größen Dichtêr zurufen können: i: : „Hier is der Bögeii „Und biér ist auch zuiï Kämpf bér Ra“ Graf York: Jch glaube, daß mein Standpunkt den verebrtén Redner, der frühe als nein Freund aus S(lésien spra, bessér zü- sagen wird, denn ih bin nicht tolerant in Glaubenssachen, in réligis- sen Ansichten. Meiner Ansicht nah, is aber das Religiöse vom Staate sehr zu scheiden. Der Staat ruht, meiner Ueberzeugung nad, auf dem sittlichen Prinzip, aber niht auf dem religiösen. Er ist bas sirt auf dem Prinzip der Gerechtigkeit, und darum will ih meinen jüdischen Mitbürgern jedes Recht gewähren, dessen die ristlihen Un- terthauen theilhastig sind. Jch wünsche, daf die heutige Gesebge- - bung sich an das Geseß von 1812 anschlicße, von dem aus ich wie- der weiter gehen will, was au, na der Versicherung des Königl. Herrn Kommissars, die Absicht der Regierung ist. Zenes Gejeß hat damals son vollkommene bürgerliche Freiheit ausgesprochen, und die Juden haben sie auch in ziemlicher Ausdehnung bis jet genossen. Es handelt sich jeßt darum, daß die §§. 8 und 9 die Paragraphen der C a ivaren, dur das neue Geseg erfüllt werden jollen, und hier mu ich bekennen, daß mir diese Erfüllung eine zu geringe 1. Jch knüpfe hieran eine Bemerkung über einen Ausspruch des Herrn Referenten, welcher dahin ging, daß, wer ein preußischer Offizier werden könnte, befähigt sei, jedes audere Amt zu bekleiden. Das heißt natürlich, er kaun niht, wenn er au ein nous Offizier wäre, zu jedem anderen Amte geschickt sein; aber die Befähigung, der Anspruch an jedes Amt muß in Preußen Jedem bewilligt werden, der Offizier werden