Juden nicht allein zu ständischen Wahlen, sondern auch zu den Wah- len, aus welchen die obrigfeitlichhen Personen, die Bürgermeister 2c. hervorgehen, fähig, und ih glaube, daß hier von keiner Verminde- rung der den Juden durch die Geseßgebung von 1812 gewährten Rechte, namentlih nah denen hon ehegestern gegebenen Erklärungen der Königl. Herren Kommissarien, nit die Rede sein soll; entäußerten wir aber dur unser negatives Votum im vorliegenden Falle die Ju- den des aftiven Wahlrechts, so kämen wir zu einer Reaction der Ver- ordnung vom Jahre 1812, und ih glaube, daß die Juden dann be- rehtigt sein würden, sich beim Bundestage zu beschweren, daß wir ihnen etwas von dem genommen hätten, was ihnen Rechtens 1), und was ihnen durch die Bundes-Akte garantirt wird.
Abgeord. Zychlinski: Jch bewundere die Geduld der hohen Versammlung. Gestern is die Frage so gestellt worden: Sollen den Juden alle ständischen Rechte gleich den Christen beigelegt werden: und diese Frage wurde verneint; heute fann doch also unmöglich ein Amendement dahin gestellt werdeu, daß den Juden ein aktives Wahl- recht verliehen werden solle, und was wäre dies Wahlrecht anders, als ein ständishes Necht? J behaupte also, daß eine Abstimmung über dies Amendement ganz unmöglich ist,
(Ruf nach Abstimmung.) :
Abgeordn. Móöwes: So gern ih mich auch dafür aussprechen möchte, daß den Bürgern jüdischer Religion das aktive Wahlrecht zugesprochen würde, und wünschte, daß die hohe Versammlung sich dafür bestimmen möchte, so muß ih do, wenn es sih um das zur Syrache gebrachte Prinzip handelt, den Reduern beipflihten, welche behaupten, daß über das vorliegende Amendement uicht mehr abge- stimmt werden könne. Denn die Versammlung hat gestern einen definitiven Beschluß gefaßt, und dieser kann nicht dur eine abermalige Abstim= mung über einen darin mitliegenden Theil alterirt werden. Wenn man die Grundlage für unsere Berathung betrachtet, #o is in dem Geseß=Entwurf §. 36 ausdrüdcklih gejagt:
„Zu Betreff der ständischen Rechte verbleibt es bei der bestehenden
Verfassung. ““
__ Es ist also nichts Anderes damit gemeiut, als was in den stän- dischen Spezial-Geseßen hinsichtlich der Wählbarkeit und Wahlfähig Feit bestimmt worden is, Wenn aber ferner in dem Gutachten der Abtheilung erwähnt wird, daß die Stadtverordneten, welche Juden sind, das Wahlrecht nicht mit ausüben, und hernach der Vorschlag gemacht worden, daß den Juden alle ständischen Rechte beigelegt werden möchten, so is offenbar die Absicht des Amendements darin mt enthalten. Jene Frage i} durch die Versammlung verneint wor den, und daher sehe ih nicht ein, wie nunmehr noch eine andere vrage daran geknüpft werden kann, die offenbar den gestrigen Be- \hluß zu alteriren geneigt ist, Das Recht aber, die städtischen Ab- geordneten zu wählen, ist in der That nicht aus der Städte-Ordnung, jondern aus den Spezial-Verfassungs-Geseßen herzuleiten, und in diesen steht, daß das Bekenntuiß der christlichen Kirche sowohl bei den Wählern, wie bei den zu Wählenden sih vorfinden muß, Es handelt si hier au niht darum, den Juden ein Recht abzuspre- hen, jondern darum, ob ihnen ein Recht ertheilt werden soll. Jch sur mein Theil würde ihnen, ih wiederhole es, dies Recht geru ge= ben; da aber darüber bereits der Beschluß feststeht, so muß ih mi an diesen halten, wie die Versammlung selbst dur diesen gebun- den ist.
(Ruf nah Abstimmung.) __ Abgeordn. von Auerswald: Jch will mir nur einige Worte über die Form erlauben, Es is} behauptet wo den, daß das Amen dement der Form nach eigentlich gar nicht mehr zur Sprache ge bracht werden könnte, und daß jedenfalls die Versammlung si erst darüber entscheiden müßte, ob über dasselbe abgestimmt werden könne. Im §. 15 des Geschäfts-Reglements heißt es aber:
8) Neue zur Sache gehörende Vorschläge werden nur dann in Erwägung genommen, wenn sie dem Marschall von dem Pro= ponenten vor der Sibung shriftlich eingereiht sind und auf Anfrage des Marschalls von 24 Mitgliedern durch Aufstehen unterstüßt werden,“
Vorausgesebt, daß das Amendement vor der Diskussion rift lih eingereiht ist, schreibt das Reglement also vor, daß, wenn es von 24 Mitgliedern unterstüßt wird, es zur Berathung kommt. Der ein- zige Umstand, der dagegen sprechen könnte, wäre der, der bei einer frü heren Gelegenheit {hon einmal eingetreten is, wenn das Amende= ment, wie auch anscheinend behauptet worden is, auf eine nit zu=- lässige Aufhebung des gestrigen Beschlusses antrüge. Das kann aber auf feine Weise behauptet werden; denn, wenn man die erste Frage : Db man den Juden alle ständishen Rechte zugesteht , verneint , so fann die zweite Frage, ob man ihnen einzelne Rechte einräumt, wohl bejaht werden, ohne eine Aufhebung des ersten Beschlusses zu inool viren, Jch glaube daher, die Sache steht so, daß, wenu das Amen= dement vor der Diskussion eingereiht und durch 24 Mitglieder un terstüßt worden ist, es auch zur Abstimmung kommen muß.
(Nuf nah Abstimmung.) 7 Abgeordn, Wächter: Jch “habe nur zur Berichtigung eines Zrrthums beitragen wollen, der sich von vielen Seiten geltend ge- macht hat; dieser beruht nämli darauf, daß nah der Städte-Ord- nung vom Jahre 1808 es den Stadtverordneten geboten is, wenn sich Juden in der Stadtverordneten-Versammlung befinden, daß diese bei einer Wahl des Landtags-Abgeordneten dieselbe verlassen müssen. D unterstüße daher au den Antrag und glaube, daß er ganz ver \hieden von dem gestrigen Beschlusse ist, deun es is ein ganz neuer Beschluß, und ih will den Juden nur das Recht vindiziren, daß sie nit aus einer Stadtverordneten-Versammlung zurückgewiesen werden. Mae ie uy es für Jemanden sein, der bei einer Wahl uicht E D Gee Dersammlung verlassen muß. Es geht aus diesem E ) 2°, daß er Ansprüche macht, gewählt zu werden, son-
ern nur, daß er mitwähle,
3 (Ruf nah Abstimmung.)
5 f t : c 5 ci! so werde 1h nit bagen Versammlung die Abstimmung verlangt,
E ede Mitglieder erbitten das Wort.) ejenigen, da Diskussion über diesen Gegen-
stand geschlossen werde, bitte ich, Gon E E (Majorität)
Es is ein Antrag eingebracht worden, ih m« ie Ver lung entscheiden lassen, ob das Amendement über die Bersamm- mung kommen fönne; ih bin aber der Meinung, daß ich ‘mid erde entschließen müssen, diese Entscheidung selbst zu übernehmen weil id nach der Geschäfts-Ordnung die Debatte zu leiten habe, Jch ibe der Diskussion die Bemerkung vorausgeschickt, daß das Amendement niht vor der Abstimmung über die Hauptfrage eingebracht worden sei, und daß aus dieser Ursache es wohl in weifel gestellt werden kann, ob es noch zur Berathung zu bringen sei, daß ih aber die Beistimmung der Versammlung hierüber darin sehen werde, ob die- selbe es bei der Abstimmung annehmen werde oder niht, ih habe also die Entscheidung über die formelle Frage mit in den Beschluß der Versammlung gelegt, so daß also auch diejenigen, welche das Amendement als zu \pät gekommen ansehen, dagegen stimmen mögen.
L den Juden das aktive ständische Wahlrecht beigelegt
1232
(Da das Resultat nicht ersihtlich, wird die Zählung vorge= nommen.)
Referent Sperling: (Das Ergebniß der Abstimmung wird von dem Marschall dahin bekanut gemacht, daß die gestellte Frage mit 249 gegen 191 Stimmen verneint worden sei.)
Was die Patrimonial-Gerichtsbarkeit anbelangt, so fand kein ein- ziges Mitglied der Versammlung einen Grund vor, weshalb in dieser Beziehung ein Rüschritt gegen die bisherige Observanz stattsinden und dem Juden als Juhaber ter Patrimonial - Gerichtsbarkeit das Recht genommen werden sollte, sich seinen Gerichts-Verwalter (Justi- tiar) zu wählen. Diese Wahl kann uur auf einen Mann fallen, welchem der Staat die richterlihe Qualification beigelegt hat, und ihn in dieser Wahl beschränken, würde beinahe so viel heißen, einem oder dem anderen Richter, dem jüdischen Jurisdictiondir gegenüber, weniger vertrauen, Daher stimmte die Abtheilung einmüthig dahin:
daß dem Juden als Junhaber der Gerichtsbarkeit die Wahl seines Gerichtshalters nah wie vor zustehend bleibe,
Einzelne Mitglieder gingen aber noch weiter, Sie glaubten in Betracht ziehen zu müssen, daß die Jurisdiction ein Pertinenz des Gutes und den Juden durch den §. 11 des Edifts vom 11, März 1812 der Erwerb vou Grundstüken jeder Art und ohne alle Ein= \hränkung freigegeben is, es also eine Verleßung der durch das Edikt ihnen eingeräumten Rechte in Beziehung auf den Erwerb von Grund-= stücken in sich schließen möchte, wenn sie in Rücksicl t auf die Juris diction irgend einer Beschräukung unterworfen werden sollten. Sie nahmen auf die obige Ausführung Bezug, wonach, ihrer Ansicht ge= mäß, das Amt eines Richters kein solches ist, von welhem der Jude seiner Religion wegen ausgeschlossen werden darf, machten insbesondere in Betreff der Polizei-Verwaltung darauf aufmerksam, daß der Jude schon als Dienstherr über seine christlihen Dienstleute Disziplinar-, gewissermaßen eine Polizeigewalt habe, und seutirten mit fünf Stim men dahin:
daß dem Juden als Inhaber der Gerichtsbarkeit unter denselben Umständen, wie dem Christen gestattet werde, die Gerichtsbarkeit überhaupt und die Polizei-Gerichtsbarkeit insbesondere persönlich zu verwalten.
Die anderen aht Mitglieder glaubten dagegen zwar dem Ge- seß-Entwurfe, welcher der Stgats-Behörde das Recht vorbehält, den Gerichtshalter und den Verwalter der Polizei-Gerichtsbarkeit zu er= nennen, si nicht auschließen zu können, jedo andererseit& ebenfalls auf ihre oben gemachte Ausführung zurückkommen zu müssen, wonach Juden zur Verwaltung eines Richter-Amtes überhaupt nicht für ge= eignet zu halten sind, und stimmten für eine Abänderung des Gesebz- Entwurfs dahin :
daß dem jüdischen Gutsbesißer als Jnhaber der Gerichtsbarkeit nicht zu gestatten sei, die leßtere unter Unständen, welche es bei Bekennern christlicher Konfession zulässig machen, selbst zu verwal= ten, ihm jedoch es unbenommen bleibe, den Gerichtshalter und den Verwalter der Polizei-Gerichtsbarkeit unter Vorbehalt der Bestäti- gung durch die betreffende Aufsichts-Behörde zu ernennen.
Zur Vertheidigung des zweiten Antrages bemerke ih, daß das Geselz die Bestimmung enthält, daß ein Gerichtsherr der christlichen Konfession selbst die Gerichtsbarkeit ausüben kann, wenn er zu einem Richteramte qualifizirt und verpflichtet is, Es kommt also darguf an, ob das auch den Juden zu gestatten sei? :
In Beziehung auf die Staats-Aemter is} bereits die Qualisica= tion des Juden zu einem Richter-Amte ausgesprochen.
Abgeordn. von Wedell: Jn dem ehemals westfälischen Lan destheile der Provinz Sachsen, dem ih angehvöre, haben zwar die Gutsherren die Polizeigerichts8-Verwaltung, aber nicht die Ausübung der Polizeigerichtsbarkeit ; diese haben wir müssen den Justitiaren übertragen. Wenn dies nun den Christen aufgelegt is durch ein neues Geseb, so kann ich_ unmöglich glauben, daß den jüdischen Rit- tergutsbesibern die Ausübung der Polizeigerihtsbarkeit übertragen werden fann.
Referent Sperling: Darauf erlaube ich mir zu bemerken, daß der Antrag nur dahin geht, die Verwaltung der Gerichtébarkeit den Juden unter denselben Umständen, wie den Christen zu übertragen, das erhobene Bedenken also nicht stattfinden kann.
Abgeordn. Brust: Jh habe bei allen bisherigen Fragen zu Gunsten der Juden gestimmt, werde aber mich dagegen erklären, daß ihnen irgendwie Jurisdictions- oder Patronatsrechte eingeräumt wer= den sollen. Um nun nicht in den Verdacht eines politischen Renega ten zu fommen, glaube ih dies, mein Votum, motiviren zu müssen. Fh bin nämlich der Meinung, daß alle Hoheitsrechte, wozu auch die Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt gehören, niht an den Besi irgend eines Gutes geknüpft sein können, sondern nur vom Staate selbst ausgeübt werden sollen. Jch bin ferner der Meinung, daß die Kir chen-Hoheit und Kirchen - Gewalt ebenfalls uiht an den Besiß eines Gutes geknüpft sein können, soudern nur durch die Staats- oder die firhlihen Behörden zur Ausübung kommen müssen. Jch glaube, dat alle diese Nechte, insofern sie bestehen oder bestanden haben, serem heutigen Staate untergegangen sind oder darin unterge müssen. Das is} meine Ansicht der Dinge, und ih werde also den Antrag stimmen, den Juden Jurisdictions-= oder Patro zuzugestehen, da “ih solde in einem neuen Gesebe au jedem An= deren nicht zugestehen würde. Jch glaube aber, day es Unrecht wäre, wenn man den Juden diese Rechte entzöge und sie dann uoch die darauf ruhenden Lasten tragen lassen wollte. ¡Fallen die Rechte weg, so köunen sie auch feine weiteren Lasten tragen, als die, wozu sie gleih allen übrigen Unterthanen verbunden sino. : Abgeordn. von Puttkammer aus Stettin: Jch will mich auf die cinfahe Bemerlung beschränken, wie cs gegenwärtig steht. Jebt faun der jüdische Rittergutsbesißer den Justitiar und auch den Ver walter der Polizei wählen, er selbst darf es nicht sein, er würde alfo, wenn man ihm durch den Landrath den Polizeiverwalter, wie den Gerichtshalter wählen lassen wollte, {lechter als jeßt gestellt werden. Es is mir selbst ein solcher Fall vorgekommen; es besteht also fak- tisch, daß ein jüdischer Rittergutsbesißer den Gerichtshalter und den Polizeiverwalter selbst wählen darf. Er is ja auch gebunden , einen qualifizirten Gerichtshalter und Polizeiverwalter zu nehmen, der von der Regierung obenein bestätigt werden muß. Jch sehe also nicht ab, wie man selbst seitens derer, die gegen die Erweiterung der Rechte der Juden gestimmt sind, den Leßteren eine bestehende Befugniß ent- ziehen wollten; ich glaube eine solhe Tendenz weder im Geseß-Ent-= wurf, noch seitens der Räthe der Krone annehmen zu dürfen. — Es beruht dies vielleicht auf einem Jrrthum. Faktisch besteht das ange- deutete Recht der Juden, ob auf einem Geseß oder auf Observanz gegründet, lasse ih dahingestellt sein.
Abgeordn. von Manteuffel 1l.: Wenn ih dem Gutachten richtig gefolgt bin, so liegen eigentlich zwei Fragen und zwei An- träge vor, der eine geht dahin, daß dem Besißer eines berechtigten Rittergutes auch das Recht genommen werde, den Gerichtsverwalter und Polizeiverweser selbst zu wählen, weun sich der Besißer zum jü- dischen Glauben bekennt. Eine derartige Beschränkung würde ih meinerseits um \o weniger gerechtfertigt halten, als durch die cin-= fahe Wahl allein noh nicht der Gerichtshalter oder Polizeiverweser in seine Function eintritt, sondern noch hinterher die Bestätigung der Aufsichtsbehörde erforderlich i, diese also jedenfalls Fürsorge treffen wird, daß eine Wahl von einem jüdischen Rittergutsbesißer nicht ge-
shehe, welhe dem allgemeinen Jnteresse entgegen is, Dagegen kann id der Ansicht der Abtheilung nicht beitreten, wonach auch die persönliche Ausübungder Patrimonialgerihts- und Polizeigerichtsbarkeit den jüdischen Rittergutsbesißern überlassen werden soll. Zu Unterstüßung dieses An= trages istvom Herrn Referenten darauf verwiesen worden, daß dies nur eine fonsequente Fortführung des Grundsabes sei, wonah die Majorität des Landtags beschlossen hat, die Bekenner des jüdischen Glaubens zu obrigkeitlichen Aemtern zuzulassen, Jch gebe dem Herrn Referen= ten insoweit Recht, als dasselbe Prinzip diesem Antrage zu Grunde zu liegen scheint und ihm entsprechen müßte. Judessen is doch ein wesentlicher Unterschied insofern vorhanden, als eine allgemeine Quali fication der Juden wie der Christen vorausgeseßt wird, insofern sie überhaupt in Staatsdienst treten, sich also einen Anspruch auf Be- kÉleidung eines obrigfeitlichen Umtes erwerben wollen. Ein dergleichen Anspruch und eine solche Prüfung der Persönlichkeit findet aber nicht statt bei dem Kauf eines Rittergutes, welches zur Gerichtsbarkeit be- rechtigt is, wir haben also hier gerade nicht die Prämissen, die wir für die Sicherheit, für die ordnungsmäßige Geschäftsführung auch eines jüdishen Beamten vorausgeseßt haben, diese fehlen ganz bei dem jüdischen Besißer eines Rittergutes. Jch glaube, daß die hohe Versammlung diesen sehr wichtigen Unterschied s{werlich übersehen dite, Und, E ad QUE S PIottse Leben Viigubeuten, mache ih darauf aufmerksam, daß dadurh die größten RKon= flifte herbeigeführt werden würden, namentlich bei der Ver
waltung der Polizeigerihtsbarkeit. Denken Sie sich, daß ein Bekenner des jüdischen Glaubeus, welcher die Polizei selbst verwaltet, Strafen festseßzen soll über Störung des bffentlichen christlihen Gottesdienstes. Deshalb geht meine Ansicht dahin, daß der erste weitergehende An= trag der Abtheilung zu verwerfen ist, jedoch den Besißern jüdischen Glaubens die Wahlberechtigung zu Patrimonialrichtern und Verwesern der Polizeigerichtsbarkeit bleiben muß. Wenn ein geehrter Abgeordne= ter aus der Rheinprovinz noch den Antrag daran geknüpft hat, daß den jüdischen Besißern der zur Gerichtsbarkeit berechtigten Rittergüter die Kosten dieser Gerichtêbarkeit abgenommen werden möchten, so kann ih diesem Antrage nicht beistimmen, denn der jüdische Ritterguts- besiber weiß beim Kauf des RNittergutes, welche Pflichten diesem Gute obliegen, muß also, wenn das Geseß ihm die persönliche Ausübung nicht gestattet, sih darauf gefaßt machen, die Kosten dieser Uebertra- gung an einen Dritten zu tragen. E ;
E Es handelt sich übrigens hierbei nicht allein um Bekenner des jüdischen Glaubens, Jn diesem Falle stehen alle unscre geehrten Be= siberinnen von Rittergütern, alle Damen, welche Eigenthümerinnen von Rittergütern sind, den Juden gleich; denn auch diese müssen auf ihre Kosten den Gerichts-Verwalter und den Polizei-Verweser einseßzen, T glaube daß der Antrag nicht begründet ist. s
Abgeordn. Dittrich: Mir scheint die Bejahung der Frage in der Konsequenz zu liegen. Nachdem der Antrag gestellt worden 1st, die Juden als befähigt zu erachten für Staatsämter, so folgt die Bejahung dieser Frage auch hieraus, und wenn die Prämissen nicht so stattfinden können, so glaube ich, liegt das in de Prüfung zum Staatsamte. Wenn aber die Prüfung erfolgt ist, so zweifle ich nicht, daß die Qualification dieseibe sein muß, als bei anderen Beamten,
Abgeordn. von Gottberg: Jh muß mich vollständig dahin erklären, daß den Juden nicht allein gestattet werden möge, den Ge- richtshalter zu wählen, sondern daß ihnen auch die Befugniß einge= räumt werde, die Gerichtsbarkeit und Polizei-Gerichtsbarkeit perjön- lich zu verwalten. Sobald der Jude die Rittergüter erworben hat, so hat er auch das Recht der Gerichtsbarkeit, Jh sehe nun nicht ein, warum er, wenn er dies Hoheitsreht hat, nicht auch das Recht haben soll, den Gerichtshalter zu ernennen, Wenn sie aber zu Königlichen Richtern ernannt werden können, warum sollen sie denn nicht auch die Befuguiß haben, sich selbst an ihren eigenen Gerich ten zu Richtern ernennen zu können, sofern dies überhaupt geseßlich zulässig i. Jch halte es für viel wichtiger, Königlicher Richter zu sein, als Patrimonial-Richter. Wenn gesagt woden is, daß bei Kö niglichen Stellen ein bestimmtes Examen erfordert werde, so muß ih mir die Bemerkung erlauben, daß anch kein Christ dieses Recht aus üben darf, wenn er nicht richterliche Qualification hat. Folglich wird auch ein Jude das Recht nicht ausüben können, wenn er nicht dazu qualifizirt is. Was nun die Polizei-Gerichtsbarkeit anlangt, so -sehe ih, wenn dies Hoheitsreht überhaupt einmal einer Privatperson über iragen ist, nicht ein, warum es einen Unterschied machen soll, ob es ein Jude oder ein Christ ist. Denn die Fälle, daß bei der Polizei Sachen über Religion vorkommen, sind die seltensten, Jm Uebrigen muß dabei streng nach den bestehenden Geseßen verfahren werden, und, sobald dies nicht geschähe, wird es einem Jeden freistehen, den Weg des Rekurses einzuschlagen. Wenn aber irgend einmal der Fall vorfáäme, daß ein Jude überhaupt nicht qualifizirt wäre, o würde Beschwerde bei den oberen Staats- Behörden zu führen fein, und diese würden dann bestinmt Remedur eintreten lassen, Jch kann da- her lediglih nur so, wie bereits erflärt, stimmen,
Abgeordn. Krause: Wenn ich in dieser Angelegenheit noch mals das Wort erhalten habe, so wollte ih bemerken, daß ich nicht einsehen kann, warum ein Jude, der Gutsherr wird, nicht seinen Gerichtshalter ernennen soll, da er damit nur eigentlich eine Pflicht ausübt und sie erfüllen muß. Jch sehe es als eine Pflicht an, den Gerichtshalter anzustellen und zu salariren; ih glaube, daß diejes Salariren und die übrigen Umstände dabei eher Lasten sind, als be- sondere Ertrags - Rechte, und der Antrag, der dem Vereinigten Land tage vorliegt, daß diese Pflichten aufgehoben werden möchten oder wenigstens umgewandelt, giebt mir den Beweis, daß man sich nicht so sehr daran hält, Polizei- Beamter zu sein, Wahrlich, ih glaube, es i fein großes Recht, sondern eine weit größere Pflicht, und 1h bin nicht der Meinung, daß Jemand sich das Polizeiamt , namentlich auf dem Lande, als Erwerbsquelle aneignen wird. Wenn ih nun, was die Patronatspflicht anlangt :
(Ruf: So weit sind wir noch nicht!) —
Jch wollte mir s{ließlich eine Berichtigung erlauben, die ich gestern unterlassen habe, weil die Debatte bereits so lange gedauert hatte, daß es beinahe 4 Uhr war. Von einem geehrten Mitgliede aus Sachsen bin ih angeblich nicht verstanden worden, und damit es mir von dem geehrten Mitgliede nicht falsch ausgelegt werde, jo wollte ih es noch einmal wiederholen.
(Ruf: Zur Tagesordnung !) S
Es i etwas Persönliches, und ih glaube, daß ih dies zu berichtigen das Recht habe. Der geehrte Redner sagte, er hätte alle die Vor urtheile, die ihn anfklebten, bereits mit der Muttermilch eingesogen. Und ih habe hierauf gesagt, so ginge es den Juden ebenfalls, auch sie hätten diese Vorurtheile mit der Muttermilh eingesogen, und darum hielten sie daran fest und würden die Christen so lange zu bevortheilen suchen, bis selbige den größten Theil ihres Vermögens an sich gerissen haben, um sich dadurch niht Achtung, sondern Furcht zu erringen. Jch bitte zu bedenken, daß 16 Millionen Menschen von 200,000 Juden ausgebeutelt werden; denn {hon der Judenjunge, weun er mit dem hristlihen auf der Schule ist, macht ihm Geld= Vorschüsse, weil er, da er verachtet wird, sih dafür in Furcht seßt. Es kann nur die Absicht eines jeden Deputirten sein, daß, wer gleiche Pflichten hat, auch gleiche Rechte haben muß,
Dritte Beilage
M? 172.
1233 Dritte Beilage zur Allgemeinen-Preußfischen Zeitung.
Mittwoch den 23e" Juni?
Abgeordn. von Bismark: Der verehrte Redner is zum drit- tenmale auf dem etwas müde gerittenen Pferde auf mich eingesprengt, welches vorn Mittelalter und hinten Muttermilh heißt. Gestern hatte ih ihn nicht verstanden, heute aber habe ich mich überzeugt, daß er mich vorgestern niht verstanden hat. Jh erkläre ihm daher, mit Bezug auf das Mittelalter, daß ih mich bisweilen der Figur der Jronie bediene; es ist dies eine Redefigur, mit welcher man nicht immer das sagen will, was die Worte buchstäblich bedeuten, mitunter sogar das Gegentheil. Was nun den Ausdruck Muttermilch betrifft, so räume ich gern ein, daß ich im Feuer der Rede nicht immer die Eleganz des Ausdrucks erreiche, welhe die Rede des Abgeordneten der schlesischen Landgemeinden charakterisirt.
Abgeordn, Krause: Meine Herren! Es scheint mir sehr be- denklih, wenn Männer in dieser Versammlung sagen, meine Worte haben einen anderen Sinn, als wie ih sie gesprochen. Dies scheint mir ein Charakter, den ih uicht begreifen faun. Jch bin ein Land= mann, der seine praktische Ansicht ausspricht und nicht mit Redens= arten fommt, welhe andere Leute nicht verstehen.
Abgeordn. von Byla: Es ist vorhin von dem Herrn Secretair angeführt worden, daß durch einen früheren Beschluß die hohe Ver- sammlung die Juden zu allen Staatsämtern für befähigt erklärt. Dies is mir unbekaunt, Jm Gegentheil muß ih erklären, daß das in dieser Beziehung gestellte Amendement bei mir großes Bedenken erregt, indem ih glaube, daß hierdurch die Juden sehr wenig Staats-= ämter erlangen können und erlangen werden. Jch habe schon bei anderer Gelegenheit dieses berührt, will mi daher jeßt über diesen Beschluß nicht weiter aussprehen. Was nun das Gutachten der Ab- theilung anlangt, so gehöre ih zu demjenigen Theil derselben, welcher sich dafür erklärt, „daß dem Juden, als Juhaber der Gerichtsbarkeit, die Wahl seines Gerichtshalters nah wie vor zustehend bleibe.“ Dieses Wahlrecht is offenbar in der Billigkeit und Gerechtigkeit be- gründet; dieses können wir dem jüdischen Gutsbesißer eben so wenig, wie dem christlihen, nehmen, sobald er das Gut, womit das Necht verbunden, einmal erworben. Was aber die persönlihe Ausübung der Jurisdiction anlangt, so muß ih bei meiner ursprünglichen An- sicht stehen bleiben, daß ih dergleichen Aemter überhaupt vorläufig dem Juden noch nicht zugestehen kann. Jch will eine mögliche Er- weiterung ihrer Rechte, aber feinesweges eine gänzliche Gleichstellung mit den Christen. / Ï
Abgeordn. Aldenhoven: Meine Herren! Jh erkläre mich gegen alle Hoheitsrehte, welche mit dem Besitze cines Gutes ver= bunden sind, und ih nürde sehr ungern den Juden das Patronats-= ret und die Gerichtsbarkeit zusprehen, wenn es nicht dur unsere Geseße auch denjenigen Konfessionen beigelegt is, welche deu anderen gerade entgegenstehen, Jch sehe dasselbe Mißverhältmß darin, wenn ein fatholisher Gutsbesißer das Patrouatsrecht in evangelischen Ge- meinden hat, wie ih auch ein Mißverhältniß darin erblicke, wenn ein Jude dieses Recht besißt. Weil aber diese geseßliche Bestimmung besteht, so werde ih darauf autragen, daß dies Recht auch den Ju- den zuerkannt werde.
Wir haben von einem verehrten Mitgliede der Ritterschaft in der Niederlausiß gehört, daß die Juden die Störung des öffentlichen (Gottesdienstes schwerlich als Gerichtsherren oder als Ober=-Aufseher der Polizei zu strafen sich veranlaßt finden möchten. Meine Herren! Ich gebe Jhnen zu bedenken, wenn ein evangelisher Gutsbesitzer die Störung der Frohnleichnams - Prozession der Katholiken zu be-= strafen hätte, würde er sich nicht in demselben Verhältniß befinden, wie der Jude?
(Große Aufregung. Viele Stimmen: Nein, Nein!)
Meine Herren! Jch sehe im Rechte des Patronats, im Rechte der Gerichtsbarkeit ein großes Hinderniß unserer sozialen, unserer politischen Entwickelung. Weil aber dieses Recht geseßlich einmal besteht, so trage ih darauf an, daß das Recht des Patronats und der Gerichtsbarkeit auh den Juden zuerkannt werde.
Abgeordn. Gießler: Da die Polizei-Behörden auh darauf sehen müssen, daß der Sonntag heilig gehalten werde, so bin ich der Meinung, daß man den Juden die Polizei-Verwaltung in christ- lichen Gemeinden nicht anvertrauen darf. Der Jude feiert seinen Sabbath am Sonnabend, würde sich also, und wenn er auh noch ein besserer Mensch wäre, nie angelegentlih darum bekümmern, ob der Christ den Sonntag heilig halte oder nicht.
Ich weiß recht gut, daß man in der neuesten Zeit, und zwar vorzugsweise in den Städten, leider aber auch in manchen Dörfern, das Gebot: „Du sollt den Feiertag heiligen“, immer weniger beachtet. Jch halte dies für kein gutes Zeichen der jeßigen Zeit. Unser Kö-= nig will es nicht so. Jch glaube, vertrauen wir den Juden auch noch die Polizei-Verwaltung über uns an, so wird dies mit der Zeit immer schlimmer werden, und darum werde ih uicht für den Theil des Gutachtens der Abtheilung, welcher dies befürwÖ»rtet, stimmen.
(Von einigen Seiten: Bravo!)
Marschall: Da sich kein Redner mehr gemeldet hat, so {ließe ih die Debatte. Jun Folge derselben werden 4 Fragen zu stellen sein: Die erste wird dahin gehen, o) den Juden zugestanden werden soll, die Kriminal - und Civil - Gerichtsbarkeit unter denselben Um- ständen, wie sie den Christen zusteht, in Person auszuüben?
Die zweite: Ob sie die Polizei =Gerichtsbarkeit in Person aus üben dürfen ?
Die dritte: Ob sie die Gerichtshalter felbst wählen dürfen ? und die
vierte: Ob sie die Polizei - Verwalter selbst wählen dürfen?
(Es ist überhaupt nur die Rede von den Nittergutsbesitzern.)
Die erste Frage heißt also:
Soll den Juden zugestanden werden, die Kriminal - und Civil - Gerichtsbarfeit unter denselben Unständen, wie dies den Christen zugestanden if, auszuüben ?
Diejenigen, welche die Frage bejahen, bitte ich, aufzustehen.
(Da das Resultat nicht ersichtlich is, so ersuht der Marschall die Ordner, zu zählen.)
Das Ergebuiß der Abstimmung is folgendes :
Die Frage is mit 231 Stimmen gegen 159 Stimmen verneint.
Darf ich bitten, daß die Herren wieder die Plähe einnehmen ?
Die zweite Frage lautet :
Soll den Juden gestattet sein, die Polizei - Gerichtsbarkeit und Polizei-Verwaltung in Person auszuüben? Diejenigen, welche dafür stimmen, bitte ich, aufzustehen. (Es erhebt sich feine Majorität dafür.) Die dritte Frage lautet : Soll ihnen die Wahl ihres Justitiarius zustehen ?
Diejenigen, welche die Frage bejahen wollen, bitte ih, aufzu-
stehen. : (Wird mit großer Majorität angenommen.) Die vierte Frage endlich heißt :
Soll ihnen die Wahl ihres Polizei - Verwalters zustehen ? (Wird ebenfalls mit großer Majorität angenommen.) (Schluß folgt.)
Gestern, Montag den 21. Juni, is uns Abends nach 8 Uhr noch das Manuskript zu der Sißung der Kurie der drei Stände vom 19. Juni, 203 Folioblätter, zugegangen. Wir hoffen es, nebst vem Schluß der vorstehenden Sißung, in der morgen erscheinenden Nummer erledigen zu können. j
Die Red. der Allg. Preuß. Ztg.
Jn einigen Exemplaren des gestrigen Blattes der Allg. Preuß. Dts CNt. 171), esse Beil, S. 1210, Spalte 1, Z. 44 5 u. it statt: „Ursache hätten“ zu lese: „Ursache hätte.“
Die Red. der Allg, Preuß. Ztg.
Uichtamtlicher Theil. Inh ält
Iuland. Berlin, Verordnung des General - Post - Amts, dam, Stiftungsfest des Lehr-Bataillons,
Deutsche Bundesstaaten. Königreih Württemberg. Rück fehr des Königs, Fürstenthum Lippe-Detmold. Bekannt machung wegen des Münzwesens. Landgrafschaft Hessen- Homburg. Die Feldgerichte. — Schreiben aus Frankfurt a. M. (Der Herzog von Nassau. — Die politishen Vereine. — Börse. — Ei- senbahnbau.)
Frankreich. Paris. Kammer-Verhandlungen. — Petition um Wahl- reform. — Prinz Joinville. — Abd el Kader. Ernennung zu Kardi= nälen, — Schreiben aus Paris. (Jnterpellation und Geseh-Entwurf in Bezug auf die Getraidenothz Autorisation zur Vorladung Girardin's vor D LOEA E das französische Geschwader an den portugiesischen Kuste.)
Großbritanien und Irland. London. Hofnachrihten. — Par- laments-Berhandlungen: Amnestie der portugiesishen Jusurgenten; Ver- werfung der irländischen Bill wegen Negulirung der Pacht-Verhältnisse.
Schweiz. Kanton Luzern. Der Große Rath, | |
U Konstantinopel, Die griechisch-türkische Differenz, — Franz
1ßt,
Wissenschaftliche und Kunst- Nachrichten, Verein zur Beförde- rung des Gartenbaues, — Zur Reise - Literatur, — Verein der Kunst- freunde im preußischen Staate, — Verein für Pferdezucht und Pferde- Dressur.
Handels: und Börsen-Nachrichten. Berlin. Börsen- und Markt- bericht, — Wollbericht.
Pots-
A & E
Berlin, 22. Juni. Se. Majestät der König haben dem Obersten von der Golß, Commandeur des dritten Husaren- Regiments, dem Premier-Lieutenant von Trotha und den Seconde- Lieutenants von Seckendorff und Grafen von Schönburg -= Glauchau, desselben Regiments, die Erlaubniß zur Anlegung der ihnen verliehenen Königlih hannovershen Guelphen-Orden, Ersterem des Commandeur - Kreuzes zweiter Klasse, dem Zweiten der dritten und Vas beiden Lehteren der vierten Klasse, Allergnädigst zu ertheilen geruht.
Berlín, 22. Juni, Das Amtsblatt des Königlichen Post Departements enthält die folgende Verordnung, betreffend die Er= neuerung bestehender Vorschriften wegen Behandlung der Zeitungs= Pakete :
„Es is zur Kenntniß des General - Post - Amts gekommen, daß viele Post - Anstalten die Vorschriften wegen Behandlung der Zeitungs - Packete unbeachtet lassen, daß namentlich diese Pakete weder mit dem Abgangs- Briefstempel und der Bemerkung des Gewichts versehen, noch mit der Än gabe des Gewichts in die Karten eingetragen werden.
Den Post - Anstalten wird die Abstellung dieser Unregelmäßigkeiten zur Pflicht gemacht. : i j
Die distribuirenden Post - Anstalten werden angewiesen, von der un- terlassenen Stempelung und Wiegung der Zeitungs-Pakcte, behufs der Be- strafung der folligirenden Post - Anstalten Anzeige zu erstatten.
Din n
General - Post - Amt. Schmüdck ert,“
Potsdam, 21. Juni. Gestern wurde wiederum, wie in den
früheren Jahren, die Feier des Stiftungsfestes des Lehr-Jufanterie Bataillons begangen, wozu auch wieder eine Deputation der in Ber lin stehenden Lehr=Escadron zugezogen war. i; Um 11 Uhr fand beim Neuen Palais im Freien der Gottesdienst statt, der von dem Feldprobst Bollert abgehalten wurde. Demnächst erfolgte der Vorbeimarsh des Lehr-Bataillons, und nach der Parade, unter der Kolonade der Commuuns, die Speisung des Militairs.
Jhre Königl. Majestäten, so wie Jhre Königl. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin von Preußen, die Prinzen des Königlichen Hauses, die gegenwärtig hier anwesenden höchsten Gäste Sr. Maje jestät, als: Jhre Königl. Hoheit die verwittwete Frau Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, Se. Königl. Hoheit der Großherzog von Mecklenburg =Schwerin, Jhre Königl. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Friedrih der Niederlande, Se. Hoheit der Herzog von Braunschweig, wohnten dieser Feierlichkeit bei, auch erschienen Aller- höchst- und Höchstdieselben während der Speisung der Truppen, wo- bei Se. Majestät der König auf das Wohl der Armee und Se. Kü= nigl. Hoheit der Priuz von Preußen auf das Wohl des Königs Ma- jestät ein Glas leerten.
Mittags war bei Sr. Majestät dem Könige im Neuen Palais großes Galla-Diner und Abends Vorstellung im Theater des Neuen Palais, demnächst noch Souper. Zu diesem militairischen Feste hat= ten Se. Majestät auch die Mitglieder der Herren - Kurie des Verei- nigten Landtages, wie auch, so weit es der Raum gestattete, aus allen Provinzen und Ständen der Drei-Stände-Kurie viele Abgeord- nete einladen lassen. ;
Vor dem Diner geruhten Jhre Majestät die Königin, Sich die Allerhöchstoerselben noch nicht präsentirten Fremden vorstellen zu las sen, und zogen Sich dann nach Sanssouci zurü,
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Deutsche Bundesstaaten.
Königreich Württemberg. Se. Majestät der König i nach Beendigung der Kur ín Baden am 16. Juni Tae F gart eingetroffen.
Fürstenthum Lippe- Detmold. Die Regierung hat eine Bekanntmachung erlassen, wonach vom 41. Juli an, da in Folge der nunmehr durch Einführung von Silbergroschen zu 30 Stü guf den Thaler vollendeten neuen Münzverfassung und weil bereits eine für den Verkehr ausreichende Summe von lippishen Einzwöblftelstücken ausgeprägt worden ist, die bisher noch bei den Kassen zugelassenen hannovershen und braunshweigischen Einzwölftel= und Einsechstel=- Cozuventionsstüe, so wie auch die nah dem Courantfuße ausgepräg- ten hannoverschen Einzwölftelstücke, niht weiter zugelassen werden.
Laudgrafschaft Hessen-Homburg. (D. A. Z.) Die gFeldgerichte, welche in dem Amte Homburg bestehen, haben unter An= derem vermöge ihrer Jnstruction die Obliegenheit, nachlässige Landbe- bauer zu beaufsihtigen, Diese Beaufsichtigungs-Pflicht ist namentlich im jeßigen Jahre von Wichtigkeit, wo vielen unbemittelten Landbe= bauern die nöthige Saatgerste und Steckartoffeln vorshußweise auf öffentliche Kosten verabreiht worden sind. Daß diese Leute damit nicht unredlih verfahren, etwa den Samen anderweit verbrauchen und darüber den Anbau vernachlässigen, liegt sehr im Juteresse des Ge- meinwohls. Es is daher eine dankenswerthe Maßregel des Verwal- tung8amtes, wenn es in einem so eben bekannt gewordenen Erlasse jene Feldgerichte anweist, sih davon Ueberzeugung zu verschaffen, daß die gelieferten Saatfrüchte auch wirklich zu dem beabsichtigten Behufe ver= wendet worden sind, diejenigen Begüterten aber, welche etwa ihre Grundstücke ganz oder zum Theil unbebaut haben liegen lassen, zur Anzeige zu bringen.
X Frankfurt a. M., 19, Juni. Mittheilungen aus Wiesbaden zufo!ge, steht Se. Hoheit der Herzog im Begriff, sich nah dem Haag zu begeben, um dem Königl. niederländischen Hofe einen Besuch abzustatten. Der Prinz Peter von Oldenburg begiebt sich mit seiner durchlauhtigen Familie, wie man vernimmt, nach England.
D:e Bundes-Versammlung soll, wie man erfährt, namentlich jeßt den ungeseßlichen politishen Vereinen ihr Augenmerk zuwenden, und wie nöthig dieses sei, glaubt man aus den in jüngster Zeir stattgehabten De= monstrationen abnehmen zu fönnen. Die Schwierigkeit, zur Unschädlich= machung derartiger Vereine gemeinsame übereinstimmende Maßregeln zu ergreifen, wird nicht verkannt, doch werden sie niht ausbleiben önnen.
Troß der sehr günstigen Witterung is es in allen Taunusbädern noch ziemlich fill, und auch die täglich hier eintressende Fremckenzahl ist noch sehr mäßig; das sind eben Nachwirkungen der kaum überstan- denen s{hweren Zeit. Die Aerndte naht aber unter den günstigsten Auspizien, und wenn es auch den egoistishen Bestrebungen der Frucht- Spekulanten noch gelingt, die Preise hoch zu halten, so kann dies doch von feiner Dauer mehr sein.
Der Geldstand der Börse hatte sih in den leßteren Tagen min- der günstig gestaltet, da starke Baarsendungen hinauégingen. Der Umsaß in den Fonds is fortwährend ohne alle Bedeutung, wie denn überhaupt um diese Jahreszeit das Börsengeschäft mehr brach liegt.
Mit dem Bau der unsere Stadt berührenden Eisenbahnen geht es nicht so rash vorwärts, als man erwartete; dagegen beeilen sich die Mainzer mit dem Baue der Mainz - Ludwigshafener Eisenbahn, und der Einspruch der hiesigen Actionaire wird nah wie vor völlig überhört, Die Mainzer haben die Ueberzeugung gewonnen, daß sie diese Bahn bauen müssen, wenn die Stadt in ihrer kommerziellen Bedeutung niht ganz sinken soll.
Fr N Ed
Paris, 18. Juni. Die Pairs-Kammer hat gestern das Amen- dement des Herrn Cousin zu dem Medizinal-Gesezentwurf, welches die Beseitigung des Prinzips, die Lehrstühle durch Bewerbung zu ver= leihen, in sich ließt, mit einigen Modificationen angenommen. Die Deputirten-Kammer bewilligte nah sehr aufgeregten Debatten mit großer Majorität den Antrag der Pairs-Kammer auf Autorisation zur Vorladung Emil von Girardin's, (S. unten das Schreiben aus Paris.)
Das Central-Comité der Oppositions-Wähler des Seine-Depar=- tements hat eine Petition an die Deputirten - Kammer angenommen, worin es guf eine Reform des Wahlgeseßes vom 19, April 18314 anträgt.
Prinz Joinville befand sich am 12ten noch auf der Rhede von Algier, wollte aber eine Kreuzfahrt nach der marokkanischen Küste un= ternehmen,
Ein Schreiben aus Oran vom ten d. meldet, daß Abd el Kader?s Emissare unter den Araberu das Gerücht verbreiteten, er stehe im Begriff, Frieden mit Frankreich zu \{chließen, und die französishe Re= gierung werde ihm ein wihtiges Kommando verleihen. 2
Die Erzbischöfe vou Bourges uud Cambrai sind am lten d. vom Papst zu Kardinälen eruaunt worden,
Paris, 19. Juni, Die Verlängerung der freien Einfuhr des Getraides 1st in der O ‘putirten-Kammer einstimmig genehmigt worden. Graf Dejean is zum General-Postmeister ernanut worden.
ck=/ Paris, 18. Juni. Ju der Deputirten-Kammer war heute die Verhandlung des Geseßentwurfs wegen Verlängerung der Geltung der Geseße vom 28, Januar und 24. Februar 1847 in Betreff der Einfuhr von Getraide aus dem Auslande an der Ta- gesorduung. z
Herr Ledru Rollin bittet die Kammer um Erlaubniß, Juter= pellationen an das Kabinet richten zu dürfen in Betreff der Maß- regeln, die es hätte treffen sollen, um der Theurung vorzubeugen, die diesen Winter so \{chwer auf der arbeitenden Klasse lastete und noch lastet. Der Minister des Handels und Ackerbaues: „Schon im Juni v. J. ließ die Regierung eine Untersuchung vor= nehmen. Die Aerndte von 1845 war gut gewesen, beträchtliche Vorräthe lagerten auf den Speichern. Jm Juli traten Zweifel ein über das Ergebniß der Aerndte von 1846. Alsbald wurden Berichte von allen Verwaltungs-Agenten eingefordert, im August kamen diese Berichte. Sie lauteten widersprechend ; an einigen Orten sagte man, die Aerndte werde gut, an anderen, sie werde mittelmäßig sein, an noch anderen sprach man von einem Ausfall, Die Aufmerksamkeit der