1847 / 174 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

M Cr Err E au RETIE Ame H

Wessel

Wiggert, Kaufmann

von Wille, Landes-Aeltester

Wilm, Apotheker

Winkler, Erbscholtiseibesizer

von Winterfeld, Kammergerichts-Rath a. D. .….-----

Freiherr von Winßingerode - Änorr, Landrath .…...--

Winzler, Kaufmann und Stadtverordneter... --

von Witte, Ritterschafls-Rath

Wodiczka, Justizrath .….........--+ +1 .

Freiherr von Wolff-Metternich, Regierungs-Vice-Prä= E aao ooen ees ;

Wortmann, Ober-Landgerichts-Secretair

von Wrochem, Landes-Aeltester ..-----,

Freiherr von Wüllenweber, Rittergutsbesißer

Wulf, Landwirth

Zachau, Hofbesiber a ia 000

Camill von Zakrzewsfi, General-Landschafts-Rath

Graf vou Zech - Burkersrode, Kammerherr und Pro- vinzial-Landtags-Marschall

Freiherr von Zedlib-Neukirh, Major und Landschafts- D con da ena tp oed rod daes dees ans

Zeising, Oekonom

Dr. Ziemssen, Bürgermeister und Justizrath...

Zieten, Gastwirth (sür Jäkel)...

Dr. Zimmermann, Bürgermeister

Zimmermann, Bürgermeister E

ZioUowski, Bürgermeister... eere

Zunderer, Gutsbesizer

von Zurmühlen, Amtmann ............ 0

von. Zyclinski, Landrath... eere 0

Marschall: Die Frage is mit 220 gegen 186 Stimmen

verneint. Das Amendement ist also niht angenommen. Abgeordneter Milde!

Abgeordn. Milde: Nach der stattgehabten Abstimmung sehe ih mich veranlaßt, das Amendement, welches ih ehegestern angekün- digt und in die Hände des Herrn Marschalls gelegt habe, in der Voraussetzung zurückzunehmen, daß das Geseß, wie es amendirt wor- den is, von der Versammlung angenommen wird. Wenn das nicht der Fall sein sollte, so würde natürlih mein Amendement sih ein=-

schieben; ich will aber zur Zeitersparung und im Interesse der Sache

für jeßt mein Amendement zurücknehmen.

Marschall: Jh stelle aber anheim, ob nicht das Amendement verlesen werden soll, damit Jeder weiß, was er zu erwarten hat,

wenn er auf die Verwerfung des Gesetzes anträgt. Abgeordn. Milde: Das Amendement lautet :

„Se. Majestät allerunterthänigst zu bitten, das Geseß vom 4. März 1812, unter Aufhebung aller anderweitig geltenden Juden- ordnungen, in dem ganzen Umfange der Monarchie einzuführen und die §g. 9 und 39 dieses Gesepes im legislatorischen Wege und in Vereinbarung mit den Ständen demnächst zur Erledigung zu

bringen. ““

M arschall: Jch will jet die Frage stellen, ob Se. Majestät der König allerunterthängit gebeten werden \oll, das nun berathene

Geseh mit den beschlossenen Abänderungen zu erlassen?

Abgeordn. von Werde: Wir wissen nicht, was in den §8. 9 und 39 steht. Es ist mix mindestens in dem Augenblicke nicht ge-

genwärtig.

Marschall: Es wäre also nothwendig, daß die beiden Para-

graphen verlesen werden. Wir haben ja das Geseh hier:

Referent Sperling (liest §§. F und 39 des Geseßes vom

441. März 1812) vor: S9

Jnwiefern die Juden zu anderen öffentlihen Bedienungen und Staats - Aemtern zugelassen werden können, behalten Wir Uns vor,

in der Folge der Zeit geseßlich zu bestimmen. S O9.

Die nöthigen Bestimmungen wegen des firchlichen Zustandes und der Verbesserung des Unterrichts der Juden werden vorbehalten, und es sollen bei der Erwägung derselben Männer des jüdischen Glau- bens - Bekenntuisses, die wegen ihrer Kenntnisse und Rechtschaffenheit das vffentlihe Vertrauen genießen, zugezogen und mit ihrem Gut-

achten vernommen werden.“

Abgeord. Milde: Die Versammlung wird mix also nach An- hóörung der beiden Paragraphen vollkommene Gerechtigkeit widerfah- ren lassen, daß ih blos zur Abkürzung der Sache, also zur Zeiter= sparniß, es thue, wenn ich das Amendement zurücknehme ; denn wenn die berathenen Paragraphen, welche auf den Kultus Bezug haben, angenommen werden, o erledigt sich das Amendement von selbst. Würde aber das Geseß verworfen werden, so würde ih das Amen- dement bringen, um wenigstens etwas zu haben, was aus der acht- tägigen Berathung hervorgeht , damit diese doch nicht ganz um-

sonst ist.

Referent Sperling: Jch glaube, daß wir über die Frage, ob d fi oder nicht, hier gar nicht abstimmen dür- fen; denn der Landtag hat keinen legislatorischen Charakter. Se. Majestät der König hat als Geseßgeber ein Gutachten über die ein- zelnen Bestimmungen des Gesetzes verlangt. Dieses is bei den ein- zelnen Paragraphen abgegeben, und nah meiner Meinung dürfen wir nichts weiter als dieses Gutachten zur Kenntniß Sr. Majestät

das Geseß anzunehmen

bringen.

Abgeordn. Freiherr von Lilien-Echthausen: Jch bitte um das Wort. Ich wollte aber über die Sache selbst sprehen, nicht

über die eben angeregte Präjudizial-Frage.

Marschall: Das würde jeßt auch geschehen müssen, denn

wir kommen zur Abstimmung.

Abgeord. von Lilien-Ecchthgusen: Jch will aber über die

Sache selbst sprechen.

Marschall: Jch bitte, das Wort jeßt zu nehmen, sonst kom-

men wir zur Abstimmun

Abgeordn. von Lisien- Echthausen: muß mir vorab die Erklärung. erbitten, ob der Herr Marschall. Dirflid bie Frage darauf richten wollen: ob das Geseß, wie es amendirt ist, angenom- men werden soll, oder ob diese Frage nicht gestellt werden wird. Nur

in dem ersteren Fall werde ih sprechen.

Marschall: Jch habe allerdings die Absicht, die Frage zu stellen, ob Se. Majestät der König allerunterthänigst ailrión, wirs den soll, das Geseh mit den Abänderungen, die hier erbeten worden

sind, zu erlassen.

Abgeordn. von Lilien- Echthausen: Jh halte den Gesey- Entwurf, der uns zur Begutachtung vorgelegt worden ist, in seinem Prinzip und seiner Tendenz nah allerdings für einen wesentlichen Fortschritt-auf dem Wege zur Verbesserung der Lage der Juden. Jch erwähne in dieser Beziehung zunächst vom allgemeinen Ge- sichtêpunkte aus, daß darnach an die Stelle von 18 verschiedenen Juden-Ordnungen nux ein Geseh treten, daß künftig die Freizügig- feit auch für die Juden inucrhglh dex Monarchie hestehen wird, und

daß die Juden künftig überall das Außerdera sollen nah dem Gemeinden korvorative Rechte erhalte soll regulirt , der Gewerbebetrieb der schränkungen befreit werden, ihr. Eid sten gleiche Glaubwürdigkeit haben.

\ritt in der bisher nicht gefa sung der Juden zu mittelbaren tern, Noch schärfer tritt der ih mih auf den provinziell sich darin mit mir einverstanden erklären, nen sage, daß in dem Landestheile, we Herzogthume Westfalen, noch gilt, in Folge dessen jeder Jude , vergleitet werden mußz je muß vorab ein Hochzeits - Patent lösen, dur ein Jude Grundstücke erwerben will, feit der Bestätiguug der Regie _— DUbeqe, 0 se seinem Prinzipe und seiner T so dringend ih auh wünsche, auf die Verbesserung der Lage muß ih doch Bedenken tragen, mich erklären, nahdem das Prinzip, welches die angeno

Staats - Bürgerrecht erhalten sol= Geseß - Entwurfe die Synagogen- n, das Schul- und Armenwesen Juden von den bisherigen Be- soll künftig mit dem eines Chri- Vor Allem liegt aber ein Fort-= wenn auch beshräukten Zulas= und selbst zu unmittelbaren Staatsäm- Fortschritt in dem Geseße h en Standpunkt stelle.

ervor, wenn Sie werden meine Herren, wenn ih Jh- lchem ih angehöre, in dem Ordnung vom Jahre 1700 der sich daselbst niederlassen will, ch daselbst verheirathen will, und alle Kaufverträge, wo- bedürfen zu ihrer Gültig=

die Juden -

der Jude, der fi

ih auch mit dem Gesetz =- Entwurfe in denz nach einverstanden erkläre, und daß auf dem Wege der Gesehgebung der Juden hingewirkt werden möge, noch jeßt für den Entwurf zu ihm zum Grunde liegt, durch immenen Amendements völlig durchlöchert ist ,

ne nachdem in mehrfacher Beziehung an dic

| Stelle des gemäßigten Fortschritts Be=- stimmungen getreten sind, welche nur als ein Ausfluß des mir verworfenen Prinzips der v6 L Hiernach bin ih außer Stande, wurf, so wie er amendirt is, zu erklären. Abgeordn. Frhr. von Vincke :

chen wollte, sind eigentlich rein for das, was das verehrte Mitglied, was stand, gesagt hat, wenn es überhaupt gesagt w gemeinen Diskussion gehören dürfte. Wir hab von dem cinen Theile der Mitglieder in Vorzüge und von dem nen Mängel diskutirt, nud die Diskus Jett nochmals darauf und auf den wie er ohne Amendements laute flüssig, weil die Versammlung | zelne abgestimmt hat und zustimmen hat. stät bitten wollen, den Geseb- rungen zu erlassen oder nicht. (Großer Beifall und lebhafter Marschall: Der Herr Frage noch einmal zu verlese

(ligen Emancipation der Juden er- mich für den Geseß-Cut-

die ih ma- Jch glaube , vor mir auf der Rednerbühne verden sollte, zur all- en weitläufig über die Geseße vorgefundenen ben darin wahrgenomme- pfend gewesen. 6 -Entwurf zurückzukommen, thunlih und über= über das Ein-

Die Bemerkungen, meller Natur.

anderen Theile dersel in sion is schr erscho

sheint mir un ih cin Urtheil gebildet, wie sie über das Ganze ab- 6 wir Se. Maje-

wissen wird, Es handelt sich jeßt nur darum, o Entwurf mit den beschlossenen

Ruf nah Abstimmung.) tair wird die Güte haben, die

(Geschieht.) Secretair: Soll Se. Majestät der König gebeten werden, - Entwurf nah Maßgabe der bisher gefaßten nâdigst zu erlassen? tlihe Abstimmung an. ob der Antrag Wer ihn unter=

den vorgelegten Gesch - Beschlüsse und Abänderungen Allerg Eine Stimme: Jch trage auf namen Marschall: Jch bin genöthigt, zu fragen , auf namentlihe Abstimmung Unterstüßung findet ? stüßt, bitte ih, außzustehen, (Der Antrag wird nicht Diejenigen , welche die vorgelesene Frage bejahen wollen , ich auszustehen.

hinreichend unterstüßt.)

hebt sich der größte Theil der Mitglieder.)

Es ist somit die Frage bejaht, und wird die Sitzung uun ge- chlossen werden.

Die Tages- Gutachten, betreffend

Die Aufhebung des Geleit - Zolles

Orduung für übermorgen is folgende : für russishe und polnische

Verschiedene Gnadengesuche. Die Preßfreiheit u, Feststellung des Haupt-Finanz-Etats.

Erlaß der Landgemeinde - Ordnung.

aller Gesche über das Prozeß- und Gerichts - Ver- e anderen Sachen noch, welche auf der heu- es-Ordnung gestanden sind.

(Schluß der Sibung gegen 4 Uhr.)

Vorlegung fahren und dann di

Sibuñng der Herren=Kuürtie am 14 Jun!

Die Sibung beginnt um 105 Uhr unter Vorsiß des Fürsten zu Solms. Das Protokoll der vorigen Sipung wird verlesen und ge- Marschall: probst von Krosigk und de1 theilung der Herren-Kurie beizutr Domprobst von Krosigk in augen von Arnim, den Vorsig dieser Abtheilung zu übernehmen. Jn Bezug auf die gestrige Debatte wollte ih Als ich gestern den Plan des großen eine Universal - Universität zu gründen, Herr Kultus-Minister, daß ihm nichts davon be- so scheinen, als wenn ih dafür keine Begrün= Dem ist jedoch nicht so, das Gründungs-= (pril 1667, und wer sich darüber unter- et das Ausführliche in Erman's: ,, ans le Brandebourg““ vom Jahre 1792. hrung gekommen, er is hopothetisch geblie= damit meine Angabe nicht auch

Es is zuerst anzuzeigen, daß ih den Herrn Dom- 1 Herrn von Hövel ersuche, der 2ten Ab- eten, und ich bitte zugleich den Herrn blickliher Verhinderung des Grafen

Graf Dy9hrn: mir eine Bemerkung erlauben. Kurfürsten erwähnte, Seine Excellenz der Es fönnte al dung anführen könnte. Patent is} datirt rihten will, der find d’une ville savant d Plan is} nicht zur Ausfü ben; ih wollte daher dies anführen, als eine Hypothese erscheine,

Marschall: Wir fahre: erstattung und Berathung w

Referent Graf von J

Sur le projet

1 in der gestern abgebrochenen Bericht- ßenplit (liest vor):

Á

40. verordnet wird, vertritt unter Ju-

rauhimmel und das feierliche An=- das Aufgebot erfolgt

So lange ein Anderes nicht nenfunft unter dem T ges die Stelle der Trauung durch Bekanntmachung in der Synagoge Der die Trauung vo ob derselben ein gesetli ihm hierbei den bestehenden fällt derselbe in 50 Rthlr. fiskalische Für den Fall, daß vo bekannt gewesen sind,

den die Zusam stecken des Rin

ist verpflichtet, zu prüfen, gensteht, und, insoweit von widergehandelt wird, ver= - oder 6 wöchentliche Ge= rhandene Ehe - Hindernisse ihm wird diese Strafe verdoppelt. ellationsgerichts zu Köln ge= den über das Auf schriebenen Förmlich

llziehende Jude ches Hinderniß entge Vorschriften zu

fängnißstrafe. vor der Trauung

In den zum Bezirk des hörigen Landestheilen bewen

i det es bei die Vollziehung der

Ehe gesetlih vorge j 8. 40 des Gutachtens. „Die beiden ersten Absäße des §.

i stellen die Formen fest, durch welche in dex Mongrchie gus

\chließlich des Bezirks des

Ober - Appellations - Gerichts zu Köln, .wo bereits die Civil-Ehe nah dem Code Napoleon gilt die bürgerlihe Gültigfeit der Ehen der Juden festgestellt werden soll. /

Der Gesebes-Vorschlag bezieht sich hierbei auf gewisse Feierlich= reren E jüdischen Ritus, „Zusammenkunft unter dem Trauhimmel“ und u. \. w.

Dieselben Förmlichkeiten hat auch das Edikt von 1812 und das Geseh für die Provinz Posen von 1833 aufgenommen. Da die preußische Geseß- gebung bis vor ganz kurzer Zeit eine bürgerliche Gültigfkeits - Erklärung der Ehe sogenannte Civil -Che nicht kannte, war ein Auskunsts= mittel der Art, wie der Juhalt der Geseße von 1812 und 1833 und des vorliegenden Geseßes - Vorschlages erforderlih. Genügt hat es aber nicht. Jn einer mit jüdischen Abgeordneten am 27. Februar 1845 im Auftrage des Ministeriums aufgenommenen Verhandlung wird über viele jüdishe Winkel-Ehen geklagt und geltend gemacht, wie es wünschenswerth sei, eine bestimmte Form für die bürgerliche Gültigkeit und Crkennbarkeit der Ehen geseßlich festzustellen. An sich ist es auch nicht folgereht, daß der Staat, der vom Ritus der ge=- duldeten Religions - Parteien keine Notiz nimmt, einige Formen des= selben wählt und bestimmt, um bürgerliche und geseßliche Folgen aus demselben herzuleiten. Dies is au in neuerer Zeit anerkannt wor= den, und durch die Geseße vom 30. März 1847 ist gerade für die geduldeten Religions-Parteien eine gerichtlihe Form zur Verlaut- barung der Geburten, Heirathen und Todesfälle eingeführt worden, durch deren Beobachtung alle bürgerliche Folgen dieser Ereignisse ge- wahrt und festgestellt werden. Nachdem dies geschehen, scheint nichts angemessener und natürlicher, als daß die Verlautbarung der Gebur= ten, Heirathen und Todesfälle der Juden nah Analogie dieser Ge= seße vom 30. März 1847 auch vor dem Richter erfolge.“

Jch mache darauf aufmerksam, daß hier steht: „nah Analogie des Gesehes vom 30. März 1847. Weder ih, noch die Abtheilung hat dies unmittelbar aus dem Geseß deduziren wollen, denn dasselbe handelt allerdings nur von den geduldeten Religions - Parteien, welche von den cristlihen Kirchen abgezweigt sind. Jch habe deshalb gesagt, nach Analogie des Gesebes.

(Liest vor) :

„Die Abtheilung beantragt daher einstimmig, daß ‘die beidetit ersten Abschnitte dieses Paragraphen wegfallen und statt dessen die vorher entwickelte Vorschrift in das Geseß aufgenommen werde.

Die Juden selbst wünschen, so viel bekannt, die Einführung die=- ser Civil - Afte, und es würde durch dieselben auch den Winkel - Chen vorgebeugt werden.“

Referent Graf von Jhenpliß: Jh erlaube mir, wenn es ge wünscht werden sollte, auf das Allerhöchste Gese aufmerksam zu machen.

Fs ist das Gesch vom 30. März 1847 über die Duldung der jenigen Religionsparteien, welche sich aus cristlihen Kirchen abzwei= gen. Es is darin gesagt, daß in denjenigen Religionsparteien, wel= che sich im Einklange fänden mit einer der Religionsparteien, die dur den westfälischen Frieden rezipirt sind, der Geistliche die Befugnþ haben soll, die Ehen mit bürgerlicher Wirkung einzusegnen, daß aber in den übrigen Religionsparteien, welche mit den Grundsäßen der durch den westfälishen Frieden rezipirten nicht im Einklange stan- den, oder bei denen wenigstens dieser Einklang nicht dargethan wäre, eine bürgerliche Verlautbarung der Geburten, Heirathen und Todes- fälle vor dem Richter erfolge. Wenn es gewünscht wird, werde ich das Geseh verlesen. Jn diesem Geseb über die geduldeten Religions=- Gesellschaften heißt es im Anfange: 5

„Diez bürgerliche Beglaubigung der Geburts=-, Heiraths- und Ster= befälle, die sich in solcher geduldeten Religionsgesellschaft ereignen, bei welchen den zur Feier ihrer Religionshandlungen bestellten Per= sonen die Befugniß nicht zusteht, auf bürgerliche Rechtsverhältnisse sich beziehende Amtshandlungen mit civilrehtlicher Wirkung vorzu= nehmen soll, durch Eintragung in ein gerihtlich zu führendes Regi- ster bewirkt werden.“

Wie gesagt, das is zunächst uur auf die christlich geduldeten Parteien zu beziehen. Die Analogie auf die jüdischen Gemeinden scheint aber sehr nahe zu liegen, da die Juden auch eine geduldete Religions-Partei bilden.

Marschall: Wenn keine Bemerkung erfolgt, so is der Vor {lag der Abtheilung angenommen. Wir kommen zum nächsten.

Referent Graf von Jhenplig: Hier is gesagt worden, der leßte Absabß des §. 40 gicbt zu keinen Erinnerungen Anlaßz das be=- zieht sich auf den Bezirk des Ober - Appellations - Gerichts zu Köln, wo es schon so is, wie es in den übrigen Theilen der Monarchie durch dies Geseh werden soll, Jh gehe zu einem anderen Punkte über :

„An dieser Stelle hat die Abtheilung ihre Aufmerksamkeit auch auf die Gültigkeit der Che zwishen Juden und Christen ge= richtet und über diesen Gegeustand eine Bestimmung in diesem Gesehe vermißt; sie hat die Auskunft entgegengenommen, daß cs der Revision der Gesehgebung und dem dabei zu erlassenden Ehe-Rechte vorbehalten worden sei, hierüber zu disponiren. Be=

fanntlih drückt sich das Allgemeine Land - Recht Thl. U. Tit. 1. 8. 36 hierüber sehr unbestimmt aus, und es ist praktis den Ent= scheidungen der Gerichte vorbehalten, ob eine solche Ehe gültig ilt oder niht. Diese Entscheidungen können in verschiedenen Fällen, ja in verschiedenen Justanzen verschieden ausfallen. Dabei is noch in neuester Zeit in Königsberg ein solcher Fall vorgekommen, der jeßt den Gerichten vorliegt. Die Entscheidung der Gerichte hat dabei noch das Ueble, daß sie stets zu spät kommt; in der Regel erst, wenn ein Chegatte gestorben ist und es sich dann um das Erbrecht der Kinder handelt,

Unter diesen Umständen hält die Abtheilung mit fünf Stim- men gegen eine dafür, daß eine feste Bestimmung hierüber in dies Gesebß gehöre und nicht aufzuschieben sei. |

Wie nun diese Bestimmung zu fassen sei, darüber waren die Ansichten der Abtheilung mit drei gegen drei Stimmen getheilt. Der eine Theil wünscht, daß durch diese Bestimmung die Gültig- feit solcher gemischten Chen anerkannt werde, weil sich in den be- stehenden Geseßen ein Verbot einer solchen Ehe nicht vorfinde, ein- zelne vorgekommene Fälle die Zulässigkeit derselben darthun und die Ansichten der jüdischeu Rabbiner darüber verschieden seien, ob ein Jude sih den christlichen Ehe-Geseßen unterwerfen könne oder nicht. : O

L Der andere Theil beantragt, daß derartige Ehen für nihtig erklärt werden, weil sie {hon nach der bisherigen Praxis der Ge= richte soviel bekannt für nichtig gehalten worden seien _und man auch nicht wissen könne, ob nah jüdischem Ritus sich ein Jude wirklich den christlichen Ehe-Geseßen unterwerfen könne.

Die Entscheidung kann nur der hohen Kurie anheimgestellt bleiben. Sollte diese für die Gültigkeit solcher Ehen ausfallen, so beantragt die Abtheilung für diesen Fall einstimmig :

solche Ehen nur unter der Bedingung als gültig anzuer=

fennen, daß die in derselben erzeugten Kinder alle in der

Konfession der cristlihen Ehegatten erzogen werden.“

Erste Beilage

Jh muß mir erlauben, den Passus aus dem Landrecht vorzu- j

lesen, damit die Sache besser übersehen werden fann. Das Allge- meine Land-Recht sagt : ¿Ein Christ kann mit solchen Persouen keine Heirath \chlie- ßen, welche nah den Grundsäßen threr Religion, sih den christ- lichen Ehe-Gesehen zu unterwerfen, gehindert werden. ““ :

Wenn der Fall vorkommt , ereiguet er sich in der Regel so, daß die Personen, welhe die Ehe einzugehen wünschen, nadh Frankreich reisen und dort vor dem Civilrichter die Ehe gültig defkla- riren lassen, dann zurückfehren und zuweilen lange Zeit unbeachtet leben, bis einer der Chegatten stirbt; daun handelt es sid um das Erbrecht, ob die Kinder ehelich oder unehelich sind; dann kommt ge- wöhnlih erst die Sache zur Sprache, und das Gericht hat feinen anderen Ausweg, als ein Gutachten der jüdischen Gelehrten zu er- fordern, ob cin Jude nach seinen Religions-Grundsäßen sich den christ- lichen Ehe-Geseßen unterwerfen fann. /

Graf zu Stolberg: Jch würde antworten, daß eine solche Ehe gar nicht möglich is.

Referent Graf von Jbenpliß: Jch habe nur für Pflicht gehalten, die Lage des Gesebes auscinanderzuseßenz es scheint nicht wünschenswerth, daß eine solhe Frage auf verschiedene Weise ent- \chieden werder fann, je nachdem der jüdische Gelehrte das Gutachten abgiebt und der Richter danach so oder so entscheidet. Das giebt eine Rechtsverschiedenheit in den verschiedenen Fällen, ja sogar in den verschiedenen Justanzen. Die Abtheilung befand sich hierüber in einer Meinungsverschiedenheit ; die cine Hälfte der Abtheilung hat auf die Nichtigkeit dieser Ehen angetragen, auf die bestimmte Erklärung, daß die Ehe zwischen Juden und Christen nichtig seiz der andere Theil hat sie für zulässig erachtet unter der Bedingung, daß sämmtliche in dieser Ehe erzeugten Kinder in der christlichen Religion erzogen werden. / : :

Graf von York: Jch habe zu dem Theil ver Abtheilung ge- hört, welcher die Möglichkeit einer solchen Che behauptet hat, und ih erlaube mir, einige Gründe dafür anzuführen. Zuerst cinen hi- storischen, nämlich den: Daß in den ersten Zeiten des Christenthums, in den ersten Jahrhunderten, eine solche Mischehe nicht nur zwischen Christen und Juden, sondern auch zwischen Christen und Heiden sehr häufig gewesen is, so daß cs mir leicht werden würde, nachzuweisen, wie selbst die Mütter berühmter Kirchenväter , deren Autorität noch heute vollständig anerkannt is , an Heiden und Juden verheirathet gewesen sind, jo daß ich also in einer solchen gemischten Ehe ein Unrecht nicht erkennen kann, Ein zweiter Grund ist: daß ich es für ein außerordentlich geeignetes Mittel halte, auf dem mildesten Wege einen Theil der Juden zu den Christen herüberzuziehen. So sehr ich

auc wünsche, daß der Staat sih frei halte von dem Einfluß auf die

* Religions - Meinungen der Staats- Unterthanen, so muß ih anderer=

seits anerkennen, daß er die Pflicht hat, für diejemgen, welche in ihrem Urtheil nicht frei und unabhängig sind, nicht selbstständig jem

können, zu sorgen. Aus diesem Grunde habe ich es für die Kinder

aus diesen Chen folgerichtig als nothwendig erkennen müssen, daß sie in der christlichen Religion erzogen werden. Jch glaube, daß die Bestimmung mit dieser Maßgabe eine vom christlichen Standpunkte aus erwünschte Mgßregel sein könne, und ih erlaube mir ferner an= zuführen, daß der Fall allerdings doch vorkommt, daß solche Ehen geschlossen werden, und wenn das geehrte Mitglied gesagt hat, daß dergleihen Ehen unmöglich wären, so muß ih dem widersprechen. Jch kann diesen Widerspruch und meine Behauptung durch Beispiele erhärten , denn es ist in Schlesien, mit Genebmigung des hochseligen Königs Majestät, eine solche Che fortgeseßt worden (sie war hon früher im Auslande geschlossen ), und sie hat bis ans Lebensende der Frau bestanden. Ja noch mehx, die Frau, welche eine Christin war, hat ihre Töchter in der christlichen Religion erzogen, während die Söhne Juden geblieben sind. Solche Éhen können nicht allein in Frankreich, sondern auch in Holland und Belgien geschlossen werden, und es würde der, welcher die Mittel hat, eine Reise in das Aus- land zu thun und die dortigen Gesetze in Anspruch zu nehmen, eines uicht gerehtfertigten Vorzuges genießen,

Graf von Zieten: Jch kann dieser Ansicht niht beitreten, ih muß mich durchaus dem Ausspruche des durchlauchtigen Mitgliedes anschließen. Das erste Band des Menschen hienieden, |owohl seiner Bedeutung, als seinem Werthe nah, is das Band der Liebe, nämlich Liebe für König und Vaterland. Das zweite Band is das Band der Ehe. Es giebt auf Erden kein schöneres und reineres Glü als das, ein gutes, liebes, edles Weib zu besißen, und wehe dem, dem es Gottes unerforschlicher Rathschluß zu zeitig entreißt! Des Eheweibes erste Pflicht ijt die Beglückung des Gatten, die zweite die Erziehung der Kinder. Wie aber kann diese gelingen, wenn die Mutter ihre Kinder nicht {hon von der Wiege aus zu Gott führt und sie, noch kaum lallend, die Händchen falten lehrt im Aufblick zu Gott, dem Urgeil alles Wahren und Edlen, in den Worten des Vater Unsers. Wie aber ist es möglich, frage ih weiter, daß eine jüdische Mutter, und besäße sie die ganzen Schäbe Peru's, das Kindlein das Vater Unser lehren kann, dieses Gebet, das sie nicht kennt, nicht fennen darf. Jch halte daher die Ehen zwischen einer Jüdin und einem Christen rein unmöglich. Eben so umgekehrt, im Gegentheil; hier tritt die Unmöglichkeit in noch grellerem Lichte hervor. Den Kindern wird gelehrt, daß der Vater einer Religion angehört, die der unsrigen untergeorduet und sich im Hinblick auf die Zukunft so wesent- lich von der unsrigen trennt; wo soll da Liebe, wo soll Verehrung für den Vater herfommen? Eine solche Ehe kann nur in einem Lande stattfinden, wo die Ehe überhaupt nur ein politisches oder bürgerliches Band ist; aber in unserem Lande, wo sie Gottlob bis jeßt noch

ein sittlihes, moralisches und christliches Band ift, in diesem Lande kann

eine solche Ehe nicht stattfinden, wenn die Ebe das sein soll, was sie bis jeßt noch, Gott sei Dank, gewesen ist und, so Gott will, für wahre Christen bleiben wird, und hiernah muß ich mich gegen den Antrag ent -= chieden erklären.

von Rabenau: Der Ansicht des geehrten Redners muß ich mich ledigli anschließen. Jch gebe zwar zu, daß die Ehe zwischen Juden und Christen den Staat in seinem Rechte nicht beeinträchtigen kann, ih gebe auch zu, daß solche gemischte Ehe glücklich sein kann, zumal wenn sie auf gegenseitiger Neigung und nicht auf finanziellen Rücksichten gegründet ist. Desscnungeachtet halte ich es nicht rath= sam, ein Gesebß hervorzurufen, welches die gemischten Ehen gestattet. Der vorliegende Gesez= Entwurf giebt auch der hohen Versammlung feine direfte Veranlassung, ein solches Gesetz zu erbitten z jedenfalls glaube ih, daß dieser Punkt in dem Gesetz = Entwurf absichtlich nicht zur Sprache gebracht ist, weil man annahm, daß er bei Revision der Geseße seine Erledigung finden werde. Der zweite Grund, den ich gegen solche Ehe anführe, ist der, daß die christliche Religion dadurch gefährdet, wo nicht gar erschüttert werden könnte. Wir wollen uns ein Bild einer solchen Ehe vox Augen stellen, wir wollen annehmen, daß bei Schließung derselben der eine Ehegatte, wie der andere, fest an dem Glauben seiner Väter hänge, wir wollen weiter annehmen, daß die Ehefrau eine Christin und der Mann ein Jude ist, so fürchte

1257 Erste Beilage zur Allgemeinen Preußi

ih, daß durch den täglichen Verkehr mit dem jüdischen Ehegatten und seinen Verwandten und Glaubensgenossen durch Gespräche über Re- ligion in der Frau das Gefühl für das Christenthum unwillkürlich geshwächt werden wird. Ferner müssen sich die Ehegatten in reli= giöfer Hinsicht geradezu scheiden, ie besuchen ganz verschiedene Got- teshäuser. Während der Mann vielleicht von Christus mit Gering- \chäßung spricht, beugt sie das Kuie vor unserem Erlöser. Es ist nun zwar der Vorschlag gemacht, daß dergleichen gemischte Chen un- ter allen Umständen nur dann statthaft sein sollen, wenn vorher die Zusage gegeben wird, daß die Kinder in der christlihen Religion er= zogen werden. Jch frage aber, wie wird solche Erziehung eigentlich beschaffen sein? Die christliche Mutter wird schwerlich die ersten Grund- züge der christlichen Religion in das Herz der Kinder legen, sie wird \hwerlich in Gegenwart ihres Mannes, aus Zartgefühl, mit ihren Kindern ein Gespräch über Religion zu führen wagen, wenn sie es aber dennoch wagt, so läuft sie Gefahr, daß der jüdische Ehegatte, dem der Glaube an die Religion seiner Väter höher steht, als Alles, vielleiht in Gegenwart der Kinder sagt : Moscs? Lehre is besser, als die Lehre Christi. Was soll dann aus den Kindern werden, ste wer= den von Jugend auf in ihren religiösen Grundsäßen wankend, halb Juden, halb Christen sein. Von anderer Seite betrachtet, is zu er= wägen, daß durch die Duldung einer solhen Ehe die Triebfeder zur Bekehrung der Juden verloren gehen wird, die jeßt vorhanden iz denn wenn jeßt ein Jude eine Christin heirathen will, so findet er in dem Geseßze ein Hinderniß gegen diese Che und wird dadurch veranlaßt werden, sich um die christliche Lehre genau zu bekümmern, er wird sie prüfen, wird sie lieb gewinnen und sih dann zum Chri

stenthum wenden. Wird aber die Ebe ohne Weiteres gestattet, o wird diese Triebfeder wegfallen und der Jude wird bei seinem Glagu= ben bleiben, er wird nicht einmal in die christliche Lehre eindringen. Endlich glaube ih auch, daß ein solches Geseß nah den Erfahrungen für uns nicht wir:sam sein wird. (Fs existirt in Deutschland ein Staat, nämlich der weimarsche, welcher die Ehen zwischen Juden und Chri= sten schon seit vielen Jahren gestattet; aber nach meinen Erkundigun= gen i} dort noch nicht ein einziger Fall vorgekommen, daß eine solche Ehe wirklih geschlossen wäre. Aus allen Gründen erlaube ih mir daher den Antrag zu stellen, daß das Geseß, welches die Chen zwi= chen Juden und Christen gestattet , überhaupt nicht hervorgerufen werden möge.

Son Massenvam: Jch kann mich alle dem, was gegen die Ehen zwischen Juden und Christen gesagt worden ist, vollkommen an- schließen. Es sind zum Theil dieselben Worte gesagt worden, die ich habe \agen wollen. Jch möchte daher nur noch dem ersten Redner aus Schlesien Einiges antworten. Derselbe hat nämlich angeführt, daß es in der ersten Zeit des Christeuthums nicht blos gemischte Chen zwischen Christen und Juden, sondern auh zwischen Christen und Heiden gegeben habe, und daß daraus die Kirchenväter entspros\= sen wären, deren Lehren heute noch anerkannt werden. Fch glaube doch, caß damals andere Verhältuisse gewesen sind. Mir sind die geschichtlichen Data nicht so genau bekannt, und ich will daher die Möglichkeit einräumen, daß solche Ehen hon bestanden haben, ehe einer oder der andere Theil zum Christenthum übergegangen ist. Es

beiden Religionen hervorgetreten, wie er heutzutage feststeht. Lir finden

zu befördern, so ijt demselben hon durch die folgenden Redner wi- dersprochen worden. Jch erlaube mir, ebenfalls zu widersprechen, und halte dafür, daß es ein Jrrthum ist, wenn man annimmt, daß durcl solche Einrichtungen die Juden zum Christenthum befehrt werden fönnen.

/

Jch glaube, daß Alles, was wir mit Nuben thun können, nur darin besteht, daß wir uns bemühen, als rechte, echte und wahre Christen in die Fußtapfen unseres Herrn und Heilandes zu treten. Durch äußere Einrichtungen kommen wir immer weiter vom Ziele ab. Das ist das, was ih noch anführen wollte.

Graf von Dyhrn: Jch hatte mir eigentlich vorgenommen,

iber diesen Punkt gar nicht zu sprechen, da ih in das Reich der Che

leider noh) nicht eingegangen bin; die Debatte ist aber hier guf cin anderes Feld gebracht worden, und ih muß mich den eben auSge-

sprochenen Gesinnungen der beiden Herren vor mir entschieden wider- seßen. Es ist hier, nah meiner Ansicht, das Christenthum zu uiedrig gestellt, indem immer davon gesprochen worden ist, daß aus der Ehe zwischen Juden und Christen dem Christenthum Gefahr erwach sen könnte. Jch glaube dagegen, wie mein edler Freund aus Schle- sien bereits bemerkt hat, daß die Gefahr nur dem Judenthum er wachsen wird. Jh glaube, daß die Ehe keine äußere Einrichtung sein wird, um die Juden zu bekehren, sondern eine innere, und daß namentli die Liebe, wie mein Freund ganz richtig angedeutet hat, sie mehr in den Schoß des Christenthums führen wird, als dies alle äußere Einrichtungen, Judenbekehrungen u. st. w., bis jeßt bewirkt haben. Unsere s{önen und liebenswiirdigen Mitchristinnen werden die Juden besser bekehren, als alle Vereine und Gesellschaften. (Heiterkeit.)

Jch glaube, daß das Vater Unser, dieses schöne Gebet, eben von christlihen Müttern in die jüdischen Familien eingebracht werden wird, und, überzeugt von der Siegesgewißheit der Wahrheit, lebe ih der Zuversicht, daß in diesem inneren Kamyfe der Liebe, welcher sich in der Ehe entwickeln wird, das Christenthum über das Judenthum sie- gen wird. Deshalb stimme ih für den Vorschlag.

Fürst zu Lynar: Jun der Ehe sind drei verschiedene Momente enthalten,

(Heiterkeit.) einmal das rechtliche, dann das sittliche und endlich das religiöse Mo- ment. Das rechtliche und sittliche dürfte durch eine gemischte Che zwischen Juden und Christen nicht verleßt werden; dagegen könnte das religiöse Moment dadur als gefährdet erscheinen, indem man aunehmen könnte, daß das christliche Familienlebeu und die Kinder- Erziehung in Gefahr kämen. Wenn wir aber den Hauptzweck vor Augen behalten, das Judenthum in unserem Lande immer mehr und mehr vershwinden zu lassen, und geseßlih feststehen soll, daß die in einer gemischten Ehe erzeugten Kinder jedenfalls zu Christen er= zogen werden sollen, wenn wir ferner den Wunsch hegen, daß die Juden sich immer mehr und mehr nicht durch weltliche Rücksichten geleitet, sondern durch edlere Motive veranlaßt dem Christenthum

zuwenden sollen, so könnte gewiß nichts günstiger darauf einwirken,

als daß man die Ehen zwischen Juden und Christen freigäbe, und

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dies dürfte auch unter der Bedingung der christlichen Kinder = Erzie=

dürsten dieser Maßregel i

führt werden würde.

Wir haben an dieser Stelle oft gnerkannt, daß das Grundprin-

shen Zeitung.

ist aber auch im Anfange nicht ein solcher Unterschied zwischen diesen.

es ja in der heiligen Schrift, nah welcher sowohl Juden als Heiden zum Christenthum bekehrt sind, daß damals die Ansichten sich anders gestaltct haben, und ih glaube, daß die Folgen einer solchen Ehe heutzutage anders sind. Was sodann den zweiten Punkt des Redners anbetrifft, daß er glaubt, dadurch das Christenthum unter den Juden

Freitag den 25 Juni.

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zip des Christenthums die Liebe sei. Die Vebe folgt aber einem genetischen Entwickelungsgangez sie manifestirt sich zuerst in der Liebe des Kindes zu den Aeltern, von da verbreitert sie sich zur Familien- liebe, dann werden ihre Kreise immer weiter und weiter und um- fassen Gott und das Vaterland, und endlich die Menscheit, die höchste Entwickelungszone der christlichen Liebe.

Wollen wir nun Juden zu diejem Jdeale hinführen, so müssen wir ihnen die erste Sprosse dieser Himmelsleiter : die christliche Fa- milienliebe, nit durch ein Geseß durchaus unzugänglih machen.

Graf von York: Jh erlaube mir aus die Bemerkung des Herrn von Massenbah nur ein historisches Faftum anzuführen, dies nämlich, daß die Mutter des heiligen Augustin einen Heiden gehei- rathet hat, der noch dazu ein nicht vorwurfssreles Leben führte, und nicht allein wmde der Sohn durch die Erziehung der Mutter zu dem erzogen, was er- geworden is, zu einem Heiligen und Kirchenvater, sondern dur den Einfluß, den eine geliebte Frau immer auf ihren Gatten ausübt, wurde der Maun im höheren Alter zum Christen- thume bekchrt. Jch könnte dergleichen Beispiele mehrere anführen, ih glaube aber, daß diese Autorität hinreichend jen wird. Zweitens muß ih dem verehrten Mitgliede ans Schlesien entgegnen, daß mir nicht bekannt, daß in dem Vater Unser irgend ein Sab stände, den ein Jude nicht beten könnte, und wenn 901 einem fürstlichen Zedner qus der Lausiß ausgesprochen wurde, das erste Grundprinzip der christlihen Lehre sei die Liebe, so glaube ih, daß das Judenthum feineêsweges die Licbe ausschließt; und wenn wir darauf zurüctkom- men wollen, so muß ih bemerken, daß, als Christo von einem Juden die Frage gestellt wurde, welches das vornehmste Gebot sei, er ant- wortcte: Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst, in diejen beiden Geboten is das ganze Gescß eingeschlossen. /

Minister Eihhorn: Es ist angegeben worden, daß des hoch- seligen Königs Majestät in Schlesien eine Ehe zwischen einem ZU=- den und ciner Christin geuehmigt hätte.

Graf von York: Jch sagte nur, daß Se. Majestät der hoh- selige König die Ehe, die bereits vollzogen war, habe bestehen lassen. O

Minister Eichhorn: Dann is es etwas Anderes. Es if ein Jude und eine Christin ehelich verbunden worden, sie haben ein gu- tes Leben zusammen geführt, das ist Sr. Majestät bekannt gewor=- den, und Se. Majestät hat Sich vielleicht enthalten, die Verfügung zu erlassen, daß die Che wieder getrennt werde. Achnliches würde auch jebt geschehen. Man nehme an, ein französischer Jude, der in Frankreich eine Christin geheirathet, würde in Preußen naturalisirt. Sollte man hinterher sein Ehebündniß stören wollen? Aus dex bloßen Zulassung folgt noch nicht, daß die Ehe von Staâts wegen als eine gültige anerkannt worden ist. Wenn aber ein preußischer Jude ins Ausland geht, um sich dort trauen zu lassen, weil hier in

Preußen eine solche Ehe nicht zulässig is, so würde er, wenn er zu=

rückfommt, zur Untersuchung gezogen werden, weil erx die Geseße um- gangen, um etwas zu Stande zu bringen, was hier nicht statt= haft ist. ? A

Graf von York: Jch habe darauf zu entgegnen, daß dies Beispiel nicht ganz zutressen würde, denn der Mann, der dite Christin acheirathet hat, war ein in Breslgu angesessener Bürger, hatte im uslande geheirathet, und die Che ist anerkannt worden.

Minister Cichh oru: Man hat die Verbindung bestehen lassen, oder faktisch nicht gestört, daß is ein großer Unterschied.

Graf Zieten: Jch wollte nur noch bemerken, daß das Va= ter Unser ein Vermächtuiß unseres Erlösers i, und da die Juden Christus nicht anerfenuen dürfen, so dürfen sie auch das Vater Unser nicht anerkennen.

Geh. Reg.-Rath Schroener: Bei der Berathung des Geseß= Entwurfs ist die Frage berührt worden, ob eine Bestimmung über d'e Zulässigkeit der Ehe zwischen Christen und Juden in das Gesebß anfzunehmen sein möchte. Man hat indessen angenommen, daß, da das G-set lediglich die Verlältnisse der Juden ordnen soll, eine Vor= chrift, welche überwiegend die Christen angehen würde, in dasselbe nicht gehöre, daß außerdem zum Erlaß einer anderweiten, als der im allgemeinen Landrecht über die Zulässigkeit der Ehen zwischen Chri= sten und Nicht-Christen enthaltenen Bestimmung, oder zu einer allge- meinen geseßlichen Vorschrift über die Ehen zwischen Juden und Chri= sten feine so dringende Veranlassung vorliege, um deren Erlaß sofort besonders vorzuberciten.

Es wird hierbei daran erinnert werden fönnen, daß Ehen zwischen Juden und Christen überhaupt selten vorkommen, wie die Erfahrung auch in Frankreich, wo dergleichen Chen gestattet sind, ergiebt, wie denn nach sicheren darüber eingegangenen Erkundigungen , z. B. in den Deutschland zunächst belegenen französischen Landestheilen am Oberrhein, noh kein Fall einer derartigen Ehe bekannt geworden ist. Dies wird erklärlich, weil nah jüdischen Lehr-Begriffen die Zulässig= feit der Ehen zwishèn Juden und Christen, welche vielfach entschie= den verneint worden, mindestens für zweifelhaft erachtet werden muß.

Marschall: Die Frage is zu richten auf den Antrag der Ab- theilung. S

Graf von York: Dies scheint mir nicht auf die Frage zu ge- hen, die hier verhandelt worden, nämlich inwieweit die Ehe zulässig sei oder uicht, sondern nach dem, was von dem Herrn Regierungs= Kommissar erörtert worden ist, \heint es darauf herauszufommen, daß es nicht nöthig sei, über diesen Punkt etwas in das Geseß auf- zunehmen. Daß ein bestimmtes Geseß nothwendig sei, hat die Ma- jorität erkannt und hat es für um so dringlicher erachtet, weil in

neuerer Zeit Fälle der Art vorgekommen sind und man ein bestimm-

tes Gesetz in der Hand haben muß, um etwa vorkommende unange=- nehme Streitigkeiten und Rechtês-Unsicherheiten zu vermeiden; die Be- stimmungen des Landrechts sind aber so allgemein, daß sie leicht der verschiedensten, entgegengeseßtesten Auslegungen unterliegen können. Marschall: Die Verhandlungen in der Abtheilung, welche das Resultat gehabt haben, daß eine Gleichheit der Stimmen, dret gegen drei, vorhanden war, geben zu folgender Frage Veranlassung : Will die Versammlung sih für die Zulässigkeit der Ede zwischen Juden und Christen unter der Bedingung erklären, daß die in derselben er-

hung \sih als weniger bedenklich darstellen, ja, dic orthodoxen Christen hren Beifall zollen, weil dadurh so man- hes von einem Juden abstammende Kind dem Christenthum zuge-

zeugten Kinder in der Konfession des christlichen Ehegatten erzogen werden ? E e |

Graf Zieten: Jh erlaube mir die Bitte, die Frage dahin stellen zu wollen, ob die Ehe zwischen Juden und Christen überhaupt zulässig sei. F 0 PE

Marschall: Die Abtheilung hat sich allerdings dahin ausge- \prochen, daß, wenn die Versammlung sich für die Zulässigkeit dieser Chen erklären sollte, dann gleichzeitig der Zusab zu befürworten sei, dessen ih erwähnt habe. Wünscht mau aber, daß die Frage in zwei Theile getheilt werde, so habe ich nichts dagegen.

Graf Zieten: Erst muß die Hauptfrage erfolgen, und, dann fann erst über den Zusaß abgestimmt werden, da wahrscheinlich bie Majorität dafür sein wird, daß diese Chen überhaupt nicht zu= lässig sind. i

n S Graf Solms-Baruth: Jh muß bemerken, daß die Abthei