1847 / 174 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

lung in getrennter Ansicht über die Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit der Ehen zwischen Juden und Christen gewesen is, und ih wollte "mir die Bitte erlauben, daß diese Frage von der Versammlung ent- schieden werde, Ist diese entschieden, so wird die zweite gestellt wer= den können, ob die Kinder im Christenthume erzogen werden sollen oder nit; wird die erste Frage verneint, so fällt die zweite fort.

Marschall: Die Frage würde dann heißen: Will sich die Versammlung für die Zulässigkeit der Ehen zwischen Christen und Juden erklären? Z L

Graf York: Die Abtheilung war der Ansicht, daß es gut wäre, wenn ein Geseß darüber spräche, und es handelt sich aljo darum, ob die Kurie der Ansicht ist, daß Se. Majestät allerunterthû- nigst gebeten werden soll, ein Geseb zu erlassen, was sich hierüber

ql i 3\präche. ;

D Marschall: Das Entgegengeseßte liegt in der Berathung. Insbesondere hat das geehrte Mitglied für das L omkapitel von Raumburg seinen Antrag dahin gestellt, daß ein solches Geseb nicht provozirt werden möge. Wenn nun der Antrag gestellt wird, daß es provozirt werden mog, so it es am passendsten, daß die Bersamm- lung nur eine Erklärung über ihre Ansicht von der Zulässigkeit dieser Ehen abgebe, und zu dieser Erklärung 1k in der gestellten Frage die Gelegenheit gegeben. 5 : e

Herzog von Croy: Fch habe bemerkt, daß es mir wünschens- werth erscheint, eine geseßliche Bestimmung zu erbitten, damit, wenn wirklich Ehen im Auslande zwischen Juden und Christen stattfänden und diese hernach zurückkämen, die Prozesse, die hierüber bei einer zweifelhaften Geseßgebung entstehen könnten, vermieden würden.

Marschall: Die Frage, wie ich sie gestellt habe, geht aus dem Antrage der Abtheilung hervor, und es scheint dem nichts ent= gegenzustehen, daß die erste Frage dahin gestellt werde: Will sich die Versammlung für die Zulässigkeit der Ehen zwischen Juden und Christen erklären?

Se. Königl. Hoheit der Prinz von Preußen: Wenn dieje Frage verneint wird, dann is Alles abgethan; wird sie aber bejaht, so fragt es sich: Soll ein Geseß erlassen werden, welhes ausspricht, daß eine solche Ehe, wenn sie dennoch geschlossen wäre, nichtig ware, und ob die Ehe überhaupt zugelassen wird; sodann kommt die Frage über die Kinder-Erziehung. Dies sind drei ganz verschiedene Punkte.

Graf Dyhrn: - Die Abtheilung scheint mir unter jeder Bedin- gung auf ein Gesetz anzutragen; dies ist unzweifelhaft. ,

Fürst Wilhelm Radziwill: Fch finde mich verpflichtet, ein- fah zu erklären, daß ich die Nothwendigkeit der Zulässigkeit diejer Fen aus besonderen Rücksichten nicht anerkenne, und daß sie nach den Dogmen der Kirche, der ich angehöre, geradezu unmöglich sind, fein Katholik also dafür stimmen kann. :

Graf von Zieten: Das Bedürfniß der Frage : ob ein solches Geseh nothwendig is oder nicht, hängt ja lediglich vom Ausfall der Abstimmung ab. Fällt sie gegen den Wunsch aus, so fällt die Frage ganz und gar weg. Jh sehe nicht ein, wie überhaupt etne andere Frage zuerst gestellt werden kaun, als die: ob eine solhe Che statt- finden könne oder nicht, /

Referent Graf von Jbenplib: Jch habe nicht vorgreifen wollen; da aber die Ansichten über die Fragstellung auseinanderzugezen scheinen, \o erlaube ih mix, daran ¿u erinnern, daß in der Regel mit dem Antrage der Majorität der Abtheilung angefangen wird. Eine Majorität is in der Abtheilung darüber vorhanden gewesen, daß eine feste Bestimmung hierüber in das Gesebß aufgenommen werden möge. Sie trägt darauf an, daß durch dieses Gese festgestellt werde, ob diese Ehen zulässig scien oder niht. Da es von mehreren Seiten gewünscht wird, so wird wohl nichts entgegenstehen, daß mit der Frage begonnen werde: soll dies Geseß etwas über Chen zwischen Juden und Christen enthalten?

Graf von Zieten: Wenn die Frage, wie sie der Herr Refe= rent vorgetragen hat, zur Abstimmung fommt, so liegt in ihrer Be- jahung die bedingungsweise Annahme, daß überhaupt eine Ehe zwi: hen Juden und Christen stattfinden könne. Jch glaube, daß, wenn die Abstimmung mit großer Majorität sich dahin ausdrückt, daß keine solhe Ehe zulässig ist, daß dann die zweite Frage nicht nothwen dig ist. :

Herzog von Croy: soll dann werden?

Wenn nun das Gesetz zweifelhaft is, was Wenn das Geseh nicht vollkommen deutlich ist, {o werden manche Ehen in Frankreich geschlossen werden, und dann fönnen eine Menge Prozesse daraus entstehen.

Referent Graf von Ihenpliz: Das sind eben die Gründe, weshalb die Abtheilung in ihrer Majorität mit 5 gegen 2 Stimmen entschieden hat, daß das Geseb eine Bestimmung hierüber enthalten olle, Daß dadurch dem weiteren Votum vorgegriffen würde, das fann ih auf feine Weise zugestehen, Denn je nachdem geantwortet wird, es solle über den vorliegenden Gegenstand ein Paragraph in dieses Geseh eingeschaltet werden, ist damit durchaus noch nicht ge- sagt, was dieser Paragraph enthalten soll, und ob eine solche Ehe nichtig oder zulässig sein soll. Darüber wird nöthigenfalls erst eine weitere Frage entscheiden.

Staats-Minister Eichhorn: Vielleicht fann ih dazu bei- tragen, in Beziehung der Fragstellung die Zweifel zu lösen. Die Regierung is davon ausgegangen, daß in diesem Gesebe die Frage über die Zulässigkeit der Che zwischen Juden und Christen nicht zu entscheiden sei. Ohne irgend eine Andeutung oder Vorbereitung über ein desfalls anzunehmendes Prinzip is der Gesebß- Entwurf an den Vereinigten Landtag gelangt. Wenn die hohe Versammlung sich ver= einigen wollte, niht nur, daß in dieses Gese überhaupt eine Be- stimmung ausgenommen, sondern auch, daß diese so oder so lauten sollte, so würde dieselbe in einer wichtigen Materie, die von der Re- gierung gar nicht vorbereitet und worin eben so wenig der Beirath O Landtags von ihr erfordert worden, einen Beschluß

Wenngleich von mehreren Seiten die Nothwendigkeit einer be- sonderen geseßlichen Entscheidung über die Zulässigkeit der Ehe zwi- schen Juden und Christen behauptet wird, weil die Frage in der Praxis zweifelhaft geworden sei, nicht minder auch diese Entscheidung für die Zulassung der Civil-Ehe gewünscht wird, so hat die König- liche Regierung doch noch keine bestimmte Ansicht darüber gefaßt. Sie hält die Frage von großer Wichtigkeit, weil sie tief in die Prin- zipien des Eherechtes eingreift, dabei auch nicht blos bürgerliche, sondern au religiöse oder firchliche Momente berücksichtigt werden müssen, Die verehrliche Abtheilung läßt selbst vas kirchliche Gebiet bei ihrem Vorschlage nicht unberührt, indem sie die Civil-Che zwischen Juden und Christen nur unter der Bedingung zulassen will, daß die Kinder aus der Ehe christlich erzogen werden, Es stellt ih sonach die verehrlihe Abtheilung selbst neben dem bürgerlichen Standpunkte zugleich auf einen kirchlichen.

Marschall: Jh erkläre mich nah den Erläuterungen, die vom Herrn Referenten ausgegangen sind, dahin, daß es zweckmäßig ist, die erste Frage dahin zu stellen: „Jst die Versammlung der An- sicht, daß eine Bestimmung über die Zulässigkeit der Che zwischen Juden und Christen in das Geseb aufgenommen werde? ““

Fürst Lichnowsky: Jh muß mih mit dieser Fassung ein= v. anden erklären, namentlich mit Bezug auf das, was: vom Herrn Kultus- Mster erklärt worden ist, Durch diese Debatte deplazirt sich, nah meiner Ansicht, die hohe Versammlung. Sie geht hier

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gleihsam von einer berathenden politischen Versammlun über zu einem Konzil. Jch glaube nicht, daß wir hier theologi he Fragen zu erörtern haben. Namentlich is es für feinen meiner katholischen Mitstände zulässig, hierüber ein Votum abzugeben. Es darf Niemand von uns darüber abstimmen, ob sih Juden mit Christen verehelichen dürfen. Dies können wir Katholiken nicht thun, weil wir uns nicht über unsere Kirche stellen dürfen. Jch fann nur damit übereinstimmen, daß wir von dem theologischen Standpunkte auf den unserer Stel- lung angewiesenen zurückommen, und hoffentlich werden Alle ent- scheiden, daß wir eine solche Bestimmung nicht zu treffen haben.

Graf York: Jh möchte mir erlauben, dagegen anzuführen, daß nah dem neuen Gesebe, wonach die Civil = Ehe in dem preußi- hen Staate eingeführt ist, es mir besonders dringlich erscheint, und ih muß gestehen, daß es mi überrascht hat, aus der Rede des Herrn Kultus-Ministers zu entnehmen, daß die Regierung dies nicht genau ins Auge gefaßt habe. Jh bitte, mir die Frage zu beant- worten, ob, wenn die Civil-Ehe eingeführt ist, der Richter berechtigt und verpflichtet is, nachzuforschen, welcher Religion die Verlobten an- gehören? Jh glaube, dies steht dem Richter nicht zuz und cben weil der Richter nicht dazu befugt ist, fann die Ehe zwischen Juden und Christen um so leiter vollzogen werden und die Gesellschaft in große Verwirrung bringen. Es ijt dies ein Grund gewesen, warum ih gewünscht habe, daß eine gesebliche Bestimmung darüber ausge- \prochen werde.

Graf von Landsberg: Soll mir nicht die Bemerkung er-= laubt sein, daß meiner Ansicht nach diese Frage nicht hierher zur Er- örterung gehört, weil sie von dem Gouvernement nicht vorbereitet ist? Es würde dieser Gegenstand wenigstens nur im Wege der Petition beantragt werden können. Dies is aber nicht geschehen, und somit is die ganze Frage nicht zulässig. i

Marschall: Es muß bemerkt werden, daß sowohl die Abthe! lung, als auch die gepflogene Berathung Veranlassung zu der ge stellten Frage gegeben hat, daß überhaupt der Gegenstand vollständig berathen worden is und zum Theil ausführlicher hätte berathen wer den können, wenn man dies für erforderlich gehalten hätte. Und da gerade die Majorität der Abtheilung sich dafür ausspricht, daß weng= stens die Versammlung sich dahin erkläre, ob sie die Aufnahme einer derartigen Bestimmung in das Geseb wünscht oder nicht, so \cheint es vollkommen am Plate, daß die Frage so gestellt werde, wie hie gestellt worden ist. E e

Fürst von Lichnow sky: Jch erlaube mir die Bitte, die Frage nochmals vorlesen lassen und unzweideutig stellen zu wollen

Marschall: Jch bin im Begriff, die Diskussion über die (zra- gestellung für geschlossen zu erf{ären und dann die Frage zu stellen. Die Frage lautet: „Is die Versammlung, der Ansicht, daß in das Gesetz eine Bestimmung über die Zulässigkeit der Ehen zwischen Chri- sten und Juden aufzunehmen sei? Diejenigen , welche dieje Frage bejahen, würden dies durch Aufstehen zu erkennen gében, E

Die Frage is gegen 19 Stimmen ver neint worden, Wir kom men nun zum nächsten Abschnitt,

Referent Graf von Jhenpliß (liest vor):

„S 4; /

Ausländische Jüdinnen erlangen durch die Verheirathung mit iu= ländischen Juden die Rechte, welche das gegenwärtige Gejeß giebt, jedo nur auf vorgängigen Nachweis darüber, daß die Verheirathung diesseittger Jüdinnen mit Juden des betreffenden Auslandes dort ebenfalls geseßlich zugelassen i. Bis dahin is die Trauung unter= sagt. Die gusnahmsweise Gestattung des Aufenthalts im Inlande vor Führung dieses Nachweises hängt von der Genehmigung des Ministers des Junern ab. : /

Die Trauung eines ausländischen Juden mit einer Jnländerin darf nur dann erfolgen, wenn neben den durch die bestehenden Ge- seße bereits vorgeschriebenen Erfordernissen auh noch zuvor ein gehü- rig beglaubigtes Attest der Orts - Obrigkeit seiner Heimat beige- bracht und der Polizei=Obrigkeit des Wohnorts der inländischen din vorgelegt worden, nach welchem es ihm, seinen Landesgeseßen zusolge, erlaubt ift, eine gliltige Che mit der nqmentlih zu bezeich- nenden Braut in diesseitigen Landen zu schließen, \o daß bei seiner Rückkehr in die Heimat der dortigen Mitgufnahme seiner Ehefrau und der in der Ehe etwa erzeugten Kinder nichts im Wege steht.

Der Jude, welcher, diesen Vorschriften entgegen , eine Trauung zwischen einer fremden Jüdin und einem inländischen Judeu oder zwi- \chen einem ausländischen Juden und einer inländischen Jüdin voll zieht, verfällt in die §, 40 angedrohte Strafe.“

8, 41 ves Gutachtens.

Der §. 41 wird nach der einstimmigen Ansicht der Abtheilung ganz wegfallen können, Der erste Abschnitt desselben, weil nicht be- fannt geworden, daß schon von anderen Staaten die Reziprozität ver- weigert worden sei. Sollte er einmal vorkommen, so fann be! Chri- sten wie bei Juden eine zeitweise erceptionelle Maßregel nöthig wer- den, ohne daß deshalb eine Bestimmung im Geseb erforderlich wird, welche ohne Zweifel die Juden ohne Noth belästigen würde. :

“Der zweite Absaß wird aber durch den Jnhalt des allgemeinen Gesetzes vom 28, April 1841 entbehrlich, und einer besonderen Be- stimmung wegen der Juden bedarf es nicht. : i

Graf Zieten: Jch bedaure unendlich, die Aufmerksamkeit der hohen Kurie abermals in Anspruch nehmen zu müssen; aber ih will mih so kurz als nur irgend möglich fassen. Jch habe mich gleich von vornherein dafür ausgesprochen, daß den Juden wo möglich gleihe bürgerliche Rechte mit den Christen zugesichert würden, und der betreffende Paragraph ist auch angenommen wo1den; wird aber der vorliegende Paragraph so angenommen, wie E durch den Geseßz-Entz urf gegeben ist, \o würde darin wieder eine sehr wêjent liche Beeinträchtigung für die Juden liegen. E

Es is} von feinem Christen verlangt, daß er nur aus den Län- dern eine Christin heirathen dürfe, wohin auch die Christen heirathen fönnen. Wenn man nun für die Juden eine solche Bestimmung tre} fen wollte, so finde ih darin nah meiner Ansicht, daß für die Juden eine Beeinträchtigung dadurch hervorgerufen werden würde, die eine große Ungerechtigkeit mit sich führt. I “Marschall: Sie sind also für den Antrag der Abtheilung.

Graf von Zieten: Da bitte ih tausend Mal um Entschul- digung, daß ih den Antrag überhört habe. : E

Marschall: Wenn weiter feine Bemerkung erfolgt, so ist der Antrag der Abtheilung angenommen. i

Referent Graf von E (lies vor):

11Ÿe 42. » . :

Zur Niederlassung ausländischer Juden bedarf es vor Ertheilung der ÑNaturalisations - Urkunde der Genehmigung des Ministers des Innern. : : / : Ausländische Juden dürfen ohne eine gleiche Genehmigung we- der als Rabbiner und Synagogen=-Beamte , noch als Gewerbs - Ge- hülfen, Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten angenommen werden. Die Ueberschreitung dieses Verbots zieht gegen die betreffenden Jn- länder und den fremden Juden, gegen Lebteren, sofern er jih bereits, länger als 6 Wochen in den diesseitigen Staaten aufgehalten hat eine fisfalische Geldstrafe von 20 bis 300 Rthlr, oder verhältnißmä- ßige Gefängnißstrafe nah sich. i

Fremden Juden i} der Eintritt in das Land zur Durchreise und zum Betrieb erlgubter Handelsgeschäfte nach näherem Jnhalt der dar=

über bestehenden polizeilichen Vorschriften gestattet. Ju Betreff der Handwerksgesellen bewendet es jedoh bei den Bestimmungen der Or=4 dre vom 14, Oktober 1838 (Geseßs. S. 503) und den mit auswär= tigen Staaten besonders geschlossenen Verträgen, ““

Die Abtheilung sagt:

„„Der §. 42 ijt ohne Bedenken der Abtheilung wohl anzuneh- men. Es dürfte aber besser sein, den Juhalt des darin allegirten ganz kurzen Gesebes in den Text aufzunehmen, damit das Nachschla- gen erspart werde, Die Abtheilung beantragte dies einstimmig.“

Es ist nämlich das hier allegirte Geseßz“ ein ganz kurzes, in welchem die Bestimmung steht, daß ausländishe Handwerksgesellen hier arbeiten dürfen. Man braucht also dieses nur in das Gese aufzunehmen, um das Nachschlagen zu ersparen.

(Es wird gegen diesen Paragraphen keine Bemerkung gemacht und ijt dezhalb als angenommen zu betrachten.) 19. 43.

Die über die Schuldverhältnisse einzelner jüdischer Corporationen ergangenen Vorschriften und besonders getrosnen Anordnungen blei- ben bis zur Tilgung dieser Schulden in Kraft. Ueber die Aufhebung und Ablösung der noch bestehenden persönlichen Abgaben und Leistun= gen der Juden an Kämmereien, Grundherren, Justitute 2c, bei denen es zur Zeit sein Bewenden behält, wird weitere Bestimmung vorbe= halten.“ : : 7 i

Bei diesem Paragraphen werde ih mir erlauben müssen, die Motive vorzulesenz insofern es Jemand nachzuschlagen beliebt, pas- 48 der Deukschrift ad §. 43.

11 e 43. 5 E

Der in diesem Paragraphen gemachte Vorbehalt is erforder= lich, damit nicht dur die Bestimmungen der §8. 1 und 60 die- jenigen Anordnungen als aufgehoben angesehen werden, welche hin= sichtlich einzelner Judenschaften bestehen, wie namentlich in Betreff der Juden des ehemaligen Fürstenthums Paderborn der Fall ist, welche in Bezug. auf die aus älterer Zeit herrührenden Schulden als ein noch fortdauernder forporativer Verhand betrachtet werden, deren Schuldentilgung ers neuerlich durch ein Allerhöchst geneh= migtes Regulativ geordnet ist. E

Was dagegen die sonst noch bestehenden persönlichen Abgaben

und Leistungen der Juden betri, so bestimmt §. 14 des Edifts

vom Jahre 1812, daß inländische Juden mit besonderen Abgaben nicht beschwert werden dürfen. :

Nach den Berichten der Provinzial-Behörden sollen dergleichen persönliche Abgaben an Grund: Herrschafteu 2c. nur an zwei Orten zu entrichten sein. Im Laufe der Verhandlungen 1 es jedoch zweifelhaft geworden, ob dies nicht an noch mehreren Orten |tatt- findet. Es schweben hierüber noch Erörterungen, und die Erwä=

gung über eine etwaige Ablösung bleibt vorbehalten.

® Die Gleichstellungen mit den übrigen Unterthanen (§. 1) ohne Vorbehalt in Betreff der etwa an den Fiskus zu entrichtenden Ab gaben hebt solche, wv sie bestehen, für die Juden U

Die Abtheilung sagt hierzu:

„Dev evste Sas des 9: 43 wird unbedingt zur Annahme empfohlen, Rücksichtlich des zweiten Absaßes wünscht die Abthei=

lung einstimmig, daß die Annahme desselben nur mit der Maßgabe

beliebt werden möge, daß die Ablösbarkeit solcher Abgaben gleich in diesem Geseß ausgesprochen und eben so bemerkt werde, daß die etwa uod an den Staat zu entrichtenden derartigen Abgaben ohne

Entschädigung wegfallen. : S E

Diese Anträge rechtfertigen sich aus den dem Geseß beigesug= ten Motiven vollständig.“ : :

Es i} der Wunsch und Wille des Gesebgebers, diese Abgaben wegzuschaffen, und es entspricht überhaupt den allgememen Grund- säßen des preußischen Staats, daß dergleichen Abgaben abgelöst wer» den können, Sie bestehen nur in sehr wenigen Ortenz man hat je- doch nicht ermitteln können, wo? Einmal hat man dem Berechtigten sein Recht vorbehalten wollen, es dürfte jedoch nichts entgegenjtehen, die Ablóösbarkeit dieser Abgaben glei mit durch dieses Gesebß zu be- stimmen, und es wäre wünschenswerth, im Geseb_ bestimmt zu jagen : Insofern der Berechtigte der Königl, Fiskus ist, sollen diese Abgaben ohne Entschädigung wegfallen, wie dies 11 den Motiven gesagt ist.

Marschall: Wenn feine Bemerkung erfolgt, so 1st dem Antrage der Abtheilung beigestimmt.

Secretair von Krosigk: Ehe wir zu dem zweiten Abschnitt übergehen, erlaube ich mir noch eine allgemeine Bemerkung über den ersten. Jch vermisse in dem Geseßentwurf eine haupt\sächliche Be- stimmung die zwar in dem zweiten Abschnitt enthalten i\t, aber dort nur für die Juden im Großherzogthum Posen und nicht für die in den übrigen Provinzen gilt, nämlich in welcher Art und Weise bei den Juden die Civilstands-Register geführt werden sollen.

Referent Graf von Jhenplib: Auf den zweiten Abschnitt folgen noch hinter §. 59 allgemeine Bestimmungen.

Secretair von Krosigk: Die habe ih wohl gesehen, sie ha- ben aber nur Bezug auf Abschnitt 2,

Referent Or af von Juenpli§: Alsdann möchte das Moni- tum darauf hinauslaufen, was aber nur Fassungssache sein würde, daß nämlich vor §, 59, wo steht „allgemeine Bestimmungen“ eine große römische Ul geseßt werde um außer Zweifel zu seßen,- daß die allgemeinen Bestimmungen si auf den ersten und zweiten Abschnitt beziehen. Die Abtheilung hat es so angenommen, und ih glaube, auch der Geseßgeber wird es so gemeint haben ; die Abtheilung hat auch ihre Ansicht über die künftige Fassung der Civilstandsregister in dem Gutachten über §. 99 ausgesprochen.

Der §. 44 des Geseßz-Entwurfs lautet :

N +

Die Vorschriften des Abschnitts 1, §§. 2 bis 14 wegen Bildu ng von Judenschasten finden auf das Großherzogthum Pojen , woselbst den Juden bereits Corporationsrechte geseßlich beigelegt sind, mit fol- gender Maßgabe Anwendung :

1) Die Regierungen sind ermächtigt, Ortschaften, welche bisher zu feiner bestimmten Judenschaft gehört haben, nah näherer Bor- shrift des §. 2 einer solchen einzuverleiben. Die nach §§. 5 bis 7 der Verordnung vom 4. Juni 1833 ein- geseßte Verwaltungs-Behörde bildet den Vorstand der Juden- \haft. E 5 Zur Aufnahme von Schulden, zur Anstellung - von Prozessen und zur Abschließung von Vergleichen über Gerechtsame der Corporationen oder liber die Substanz des Vermögens der Judenschaft, wie zur Aufstellung des Verwaltungs - Etats und zu außeretatsmäßigen Ausgaben, is die Genehmigung der Re- gierung erforderlich.“ l Referent Graf v0n Fhenplib

dazu ): Ae E Zweiter Abschnitt. Wenn hierdurch die allgemeine Gesebgebung rücksichtlich der Juden erörtert sein dürfte, so bleibt im zweiten Abschnitt des Geseßes nur noch von den besonderen Be stimmungen zu handeln, welche für die Juden im Großherzogthum Posen noch beibehalten werden missen. Im Großherzogthum Posen bestehen seit dem Jahre 1833 or= ganisirte jüdische Corporationen, welche für die Kultus-Angelegenhei=- ten sorgen, eigene öffentliche und von der Regierung begufsichtigte

(verliest sodann das Gut-

Elementarschulen respiziren und außerdem auch für die Verzinsung und Tilgung der erheblihen Schulden der posenschen Judenschaften zu sorgen haben, Diese rühren fast alle (zusammen 300,000 Thlr.) gus der früheren polnischen Zeit her, und die Gläubiger der Juden- \hafts\hulden sind größtentheils christlihe Kirchen und Schulen. Die posenschen Juden - Corporationen - können niht davon befreit werden, die Abwielung dieser Verpflichtungen zu besorgen.

Außerdem besteht im posenschen, nah dem Geseß von 1833 der Unterschied zwischen naturalisirten und niht naturalisirtenu Juden, von welhem schon im Eingange geredet worden ist.

Die Abtheilung hat nun zunächst erwogen, ob dieser Unterschied noch beizubehalten jei. Es is dabei zu beachten, daß die große Zahl nihtnaturalisirter Juden (von ungefähr 80,000 wurden bisher 15,000 naturalisirt) meist ohne Vermögen is und in früherer Zeit in so gedrückten und traurigen Verhältnissen lebte, daß auch die dürftigste Volksbildung und Erziehung nicht stattfand. Wenn auch nun seit dem Jahre 1833 für Schulen gesorgt , Gerechtigkeit auch auch gegen diese Klasse gehandhabt und auf die Regelung ihrer Le= bens- und Erwerbs - Verhältnisse hingewirkt worden is und sih auch einiger Erfolg dabei gewiß gezeigt hat, \o liegt es doh in der Na= tur der Dinge , daß diese früher iu der That unglückliche Volksklasse in der kurzen Zeit seit 1833 noch nicht nicht umgestaltet und daher

befähigt sein kann, dieselben Rechte auszuüben, welche dies Geseß den |

Juden im Allgemeinen zugesteht, Die Stände des Großherzog thums Posen haben im Jahre 1845 eine rege Theilnahme für die Verhältnisse der Juden an den Tag gelegt ‘(Heft 1. D. pag. 19) aber doch nicht bestimmt den Wunsch ausgesprochen, daß der Unter schied der Naturalisation durhweg aufgehoben werden solle, Die Abtheilung is daher einstimmig der Ansicht gewesen , daß es für jeßt no, | : sowohl wegen der Corporations - Schulden, als wegen der Nicht= naturalisirten, j i besonderer geseßliher Bestimmungen für die Juden des Großherzog- thums Posen bedarf, sie is aber auch der Ansicht gewesen, daß ; 1) abgesehen von den Corporations - Verpflichtungen fein Grund vorliege, die Naturalisixten auders zu behandeln, als die Juden in den übrigen Provinzen der Monarchie, sondern daß sie die= sen gleichzustellen sind, und daß es wünschenswerth is , die Wege zur Naturalisation zu vermehren und zu erleihtern, damit es den bisher Nicht- naturalisirten bei gutem Verhalten möglich werde, auch die yol- len Recht der preußischen Juden zu erhalten,

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, hat die Abtheilung die Paragraphen des zweiten Abschnitts geprüft und glaubt, daß diesel- ben vereinfaht werden fönnen. :

_Der Eingang des §. 44 dürfte hiernah nach der einstimmigen Ansicht der Abtheilung dahin zu fassen fein : :

„Die Vorschriften des Abschnitts l. §. 2—14 (wegen Bildung der

Synagogen - Vereine) finden auf das Großherzogthum Posen mit

folgenden Maßgaben Anwendung:

1) Die im Großherzogthum Posen bereits bestehenden jüdi- schen Corporationen beziehen sih in Zukunft zunächst nur auf die Kultus-= und Schul-Verhältnisse der Juden; blei ben jedoch verpflichtet, ihre Corporations - Verpflichtungen, nah den bisher hierüber ergangenen Bestim- mungen, zu erfüllen und abzuwickeln.

2) Die Regierungen sind ermächtigt 2c.“ ““,

so wie der Paragraph übrigens im Gesetz = Entwurf angegeben ist. Nur wird auch hier statt: „Juden #ch aft“ überall: „Synago=- gen-Verein“ zu sagen fein. i

Mit dieser Maßgabe wird die Annahme dieses Paragraphen beantragt.‘“

Marschall: Wenn feine Bemerkung erfolgt, is dem Antrag der Abtheilung beigestimmt. i

Freiherr von Massenbach: Jch wollte noch einige allgemeinen Bemerkungen hinzufügen, wenn mir das Wort dazu gestattet wird, jedoch nicht in Bezug auf den §. 44,

Marschall: Unter diesen Umständen is der §, 44 angenom-= men, und Herr v. Massenbach hat das Work,

von Massenbah: Es ist neulih geäußert worden, ein Haupt-Grund, den Juden mehr Rechte einzuräumen, sei, daß man sie durch den Druck immer mehr in ihren Vorurtheilen befestige, und, wenn man ihnen mehr Freiheit einräumte, so würde man sie dadurch dem Christenthume näher bringen. Jch muß sagen, ih weiß nicht, was man mit dem Vorurtheil gemeint hat, wenn man aber darunter den alttestamentarischen Glauben meint, so würde ich diesen Druck für einen Vortheil halten, denn ih halte es für vortheilhaft, weun sie ihren alttestamentarishen Glauben bewahren, und ih glaube auch nicht, daß sie durch die Freiheit dem Christenthume näher gebracht werden, weil sie dann nicht nur die sie beschränkeuden Geseße umwer- fen, sondern auch niht mehr an die göttlichen Verheißungen halten werden, und das ist eine traurige Sache, denn dadurch entferne sie sih immer mehr vom Christenthum, es is ihnen dann mit der chri}t lichen Lehre niht mehr anzukommen ; der einzige Punkt, wodurch es gelingen konnte, sie von der Nothwendigkeit der Annahme des Christen= thums zu überzeugen, war der, daß in ihrem Geseß gesagt is, daß sie jeden Punkt befolgen müssen, sonst seien sie versluht, Sie müssen daher auch einsehen, daß es mit menschlicher Kraft unmöglich ift, und daß sie des himmlischen Erlösers bedürfen und dadurch konnte man sie auf den Messias verweisen. Der Unterschied zwischen unse- rem und ihrem Glauben war der, ob sie den für den Messias an=- nebmen, den wir dafür annehmen. Ju den anderen Punkten stehen sie in ihrem Glauben mit uns auf gleihem Boden, sie warten auf das Reich Gottes und wir auch, so gewiß als der Herr in die Welt gekommen, so gewiß wird er auch wiederkommen.

Marschall (unterbrechend): Es is mir nicht klar, welchen Be- | zug diese Aeußerung auf den Abschnitt des Gutachtens hat, den wir berathen, nämli die Verhältnisse der Juden im Großherzogthum Posen. E

von Massenbah: Jh habe lange auf den Augenblick ge- wartet, wo ich diese meine Bemerkungen anbringen zu können glaubte.

Marschall: Wir müssen bei dem Gegenstande der Berathung bleiben. e

von Massenba ch: Jh würde mit meinen Bemerkungen \chou zu Ende sein, wenn ich nicht unterbrochen wäre, und werde mich kurz fassen. : :

Marschall: Jedes Mitglied muß sich dem parlamentarischen Gebrauche durchaus fügen.

oon Massenbach: Wenn die Versammlung der Meinung ist,

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hen hat, daß er niht zur Sache gehört, und indem ih mir vorbe= halte, mich mit dem Reduer dieserhalb in einem Privat- Gespräch zu verständigen, so beantworte ih soglei den leßteren und die Auffor= derung, daß diejenigen, welche glauben, dur die Ertheilung bürger= licher und politischer Rehte an die Juden den Uebertritt derselben zum Christenthum zu erleichtern, für die Verbesserung der Juden im Posenschen eifrigst sorgen müssen. Jch erkenne diese Bemerkung als rihtig an und glaube, daß es auch die Ansicht der Abtheilung ge- wesen is, Alles zu thun, was für jeßt möglich is, den Zweck \{leu= uigst und auf dem kürzesten Wege zu erreichen, Es besteht aber ein Unterschied, den ih glaube aussprechen zu können, ohne daß die Ver= sammlung mir zu große Feindseligkeit gegen die jüdischen Mitbürger vorwerfen wird, der Unterschied nämlich, ob wir einen gebildeten Mann vollständig emanzipiren wollen oder einem ungebildeten, rohen, in Un- sittlichkeit befangenen gleich mit vollen Händen Alles zuwenden wol= len. Jch würde darin ein Unrecht und eine Uebereilung erkennen, und so sehr ih geneigt bin, Alles zu thun, um die Juden in einen besseren Zustand zu bringen, so kann dies do nicht mit einem Zau- berschlage geschehen, sondern wir müssen uns an die bestehenden Ver= hältnisse anschließen.

Referent Graf von Jbenplib (liest vor):

11Ô+ 45. Desgleichen finden die Vorschriften der §§. 16 bis 34 Abschnitt I. über das Kultuswesen, über die Armen- und Krankenpflege, so wie über die Schul-Angelegenheiten und wegen der Vorbereitung jüdischer Knaben zu einem nüßlihen Berufe, auch hier Anwendung. Diejeni= gen jüdishen Schulen, welche nah §. 10 der Verordnung vom 1. Juni 1833 als bffentliche jüdische Schulen errichtet worden sind, bleiben als folche bestehen, so lange nicht eine anderweitige Einrich= tung von den Regierungen für nothwendig erachtet wird,“ | §. 45 des Gutachtens. „Eben \o einstimmig wird die Annahme des §. 45 beantragt, jedoch selbstredend in der Art, daß alle von der Abtheilung im ersten Abschnitt zu einzelnen Paragraphen erbetenen Aenderungen eben \o guch für das Großherzogthum Posen gelten, indem alle noch nöthi= gen Abweichungen in diesem Abschnitt ausdrücklih bezeichnet werden sollen.“ i i Dieser Paragraph modifizirt sich nicht nah dem, was die Ab- theilung vorgeschlagen, sondern was die Kurie bereits beschlossen hat. Marschall: Wir kommen zu §. 46, Referent Graf von Jbenplib (liest vor): Z 11Ÿe+ 46. Die bisherige Unterscheidung der jüdischen Bevölkerung des Großherzogthums Posen in naturalisirte und nichtnaturalisirte Juden, so wie die daraus hervorgehende Verschiedenheit der Rechte beider Klassen, bleibt zur Zeit noch bestehen.“

4 | 8. 46 des Gutachtens.

, ¡Der §. 46 wird zur Annahme empfohlen.

An dieser Stelle dürfte aber nah einstimmigem Beschluß der Abtheilung ein Paragraph des Juhalts einzuschalten sein :

„Die naturalisirten Juden im Großherzogthum Posen wer= den in allen Beziehungen (unter alleiniger Ausnahme und Vorbehalt ihrer Verpflichungen rücksihtlich der Corpo rations-Verbindlichkeiten) den in den übrigen Provinzen des preußischen Staates wohnenden Juden nach Maßgabe der in dem ersten Abschnitt enthaltenen Bestimmungen gleichgestellt. Nach Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegen

daß durch die Einräumung bürgerlicher und politisher Rechte den Juden geholfen werden könne, welche Ueberzeugung ih jedoch nicht habe, so möchte ich mich in dieser Beziehung der Juden im Groß- herzogthum Posen annehmen, Ich gebe zu, daß sie auf einer gerin= geren Stufe der Kultur stehen, sie sind also der Hülfe, wenn auch nicht würdig, doch derselben um fo mehr bedürftig, und wer also der Yebprzeigang daß ihnen durch Verleihung äußerer Rechte gehol- fen werden fönne, der müßte dafür stimmen, daß ihnen diese Rechte verliehen würden. i

Graf York: Jndem ih den ersten Theil der eben vernomme-

“pen Rede übergehe, da der Herr Fürst Marschall bereits ausgespro-

die Corporation und deren Schulden, genießen sie daher auch der unbeschränkten Freizügigkeit in anderen Provin=- zen,

Also die circa 15,000 naturalisirten Juden und nicht die 65,000 nicht naturalisirten werden den Juden der übrigen Pro-= vinzen gleichgestellt,

Marschall: wir zum §. 47.

Referent Graf von Jhenpliß (liest vor):

8e A: Zu den allgemeinen Erfordernissen der Naturalisation gehört : 1) ein fester Wohnsiß innerhalb des Großherzogthums Posen, 2) völlige Unbescholtenheit des Lebenswandels, | 3) die Fähigkeit und Verpflichtung, sich in allen öffentlihen Ange- legenheiten, Willens : Erklärungen, Rechnungen und dergleichen ausschließlich der deutshen Sprache zu bedienen, Von diesem Erforderniß kann der Ober Präsident auf den Antrag der Re- gierung dispensiren, E 4) die Annahme eines bestimmten Familien-Namens.““

e : S 47 des Gutachtens.

Die Abtheilung ist einstimmig der Ansicht, daß die durch die Na- turalisation erworbenen Rechte nicht, wie bisher, blos persönlicher Na- tur sein, sondern auh ohne Weiteres auf die eheliche Descendenz der Naturalisirten übergehen sollen, und beschließt daher, zu beantragen, den Eingang des §. 47 ungefähr dahin zu fassen: j

¿7d dell allgemeinen Erfordernissen der Naturalisation, insofern sie nicht {hon dur eheliche Abstammung von Naturalisirten erworben it, gebo E WL :

Fm Uebrigen wird der Juhalt dieses Paragraphen zu Annahme empfohlen, und findet ch rücsichtlih desselben nur noch zu bemerken, daß nach §. 38, und da auch die polnishe Sprache zu den lebenden und im Großherzogthum Posen berechtigten gehört, dieselbe den Ju den gestattet sein muß, und es nur darauf ankommt und nüßlich er- scheint, daß die Juden des Großherzogthums auch der deutschen Sprache mächtig sind, Der Passus 3 des §. 47 wird daher unge= fähr dahin zu fassen sein: : „,,,3) Die Fähigkeit, sich in allen öffentlichen Angelegenheiten, LWil-

lenserflärungen, Rechnungen und dergleichen der deutschen

Sprache bedienen zu können. Von diesem Erforderniß kann

jedoch der Ober - Präsident auf Antrag der Regierung dispen-

ren

Alfo: „aus\chließlih““ bleibt weg.

Marschall: - Zu §. 48.

Referent Graf von Jbenplib (liest vor):

¡8 A8. _ Uuter. diejen Vorausseßungen sollen in die Klasse der naturali- sirten Juden nur diejenigen aufgenommen werden, welche den Nach weis führen, daß sie entweder einer Wissenschaft oder Kunst sich gewidmet haben und solche der-

Wenn keine Bemerkungen erfolgen, so kommen

oder durch patriotische Handlun j ;

N den Staat si erworben haben, besonbuvadVoodieien Ma

oder . endlih diejenigen, welche aus anderen rovinzen Unserer Monarchie ihren Wohnsiß in das Gresdcreoiiban Posen

verlegen.“ : S S. 48 des Gutachtens,

Bei §. 48 ist zunächst zu bemerken, daß die Naturalisation durch Militairdienst ein neu hinzugekommener Weg is, der auf sehr ange- messene Weise zur Naturalijation führen und diese erleillurn vie

Um diese Wege noch zu vermehren, schlägt die Abtheilung ein- stimmig vor : Ì :

daß auch denen die Naturalisation zu Theil werden möge, für welche

sie auch ohne Vorhaudensein der übrigen, im §. 48 enthaltenen

Bedingungen von der Orts= Behörde in Uebereinstimmung mit

dem Landrath bei der Regierung erbeten wird, und insofern guch

diese Behörde damit einverstanden ist. ““ Hiernach is die Sache so zu stehen gekommen, daß, wenn die

* hohe Kurie die Vorschläge der Abtheilung und den Geseß - Entwurf

billigt, der Zustand, in welchem si die Nichtnaturalisirten befinden, durch die Naturalisation der Juden sih in 10—20 Jahren von selbst abgewickelt haben wird, indem sie durh den Militairdienst und andere Wege vielfache Gelegenheit haben, in das bessere Verhältniß überzu= gehen. / :

Marschall: Zu §. 49.

Referent Graf von Jbenplih (liest vor):

Su 49;

S N ,

Die Juden, welche den im §. 48 verlangten Nachweis führen, sollen von der Regierung des Bezirks, in welchem sie wohnen, mit Naturalisations-Patenten versehen werden.“ j

„§8. 49 des Gutachtens.

er §. 49 wird zur Annahme empfohlen.“

on Massenbach: Jch habe gestern hon, wenn ih nit irre, zum §. 14 eine Bemerkung gemacht, die eigentlih hierher gehört. Wo nämlich gesagt is, daß der Vorstand das Organ ist, durch wel hes Anträge oder Beschwerden der Judenschaft an die Staats-=Be= hörde gelangen, da war mein Antrag dahin gerichtet, daß später die Befugniß, sich naturalisiren zu lassen oder ein Zeugniß auszustellen, ob ein Mitglied der Judenschaft dazu fähig sei, nicht in die Hände der unteren Polizei-Behörten allein, sondern auch in die Hände der Vorsteher gelegt werden möchte, damit diese gleichzeitig an den Land- rath berichten müßten. i Referent Graf von Jbenpliß: Wenn dieser Antrag Unter= stüßung erlangen würde, #o... - Graf York, unterbrechend: Dieser Antrag kommt zu spät, es ist {hon über diesen Gegenstand abgestimmt, und wir sind nun beim §. 49. .

Referent Graf von Jhenpliß: Wenn ih nicht unterbrochen worden wäre, so würde ich jeßt bereits Gelegenheit gefunden haben, das verehrie Mitglied aus Posen darüber zu beruhigen: Dieser An- trag würde gegen das Prinzip verstoßen, welches wir gestern und heute aufreht erhalten haben, denn es würde dadurch den Vorstehern der Synagogen=-Vereine eine politis che Bedeutung gegeben werden,

denn das wesentlichste politische Recht wird durch die Naturalisation herbeigeführt. Ich glaube aber, diese muß durch die Obrigkeit gesche= hen und hängt nicht allein von der Ortsobrigkeit ab, sondern geht vielmehr durch den Landrath an die Regierung. Sie geht also durch drei Jnstanzen. Der Landrath wird gewiß die Unterbeamten kennen und wo er sie weniger einsichtsvoll oder zuverlässig erachtet, die Sache prüfen, ehe er Bericht erstattet. Daß also dadur etwas verbessert werden fann, wenn die jüdischen Vorsteher mitzureden haben, glaube ih hiernach, so wie nah den Erfahrungen, die ich in Posen zu ma= hen Gelegenheit gehabt habe, nicht. :

Marschall: Wenn keine weitere Bemerkung erfolgt, so kommen wir zum §. 50. )

Referent (liest die §§. 50 bis 54 des Geseß-Entwurfs und die darauf bezüglichen Stellen des Gutachtens vor) : i

¡18.1 O0

Ehefrauen nehmen an den Rechten, welche ihre Ehemänner durch die Naturalisation erlangt haben, Theil. Diese Rechte verbleiben ibnen auch nah Auflösung der Che bis zur etwa eintretenden Ver= heirathung mit einem nichtuaturalisirten Juden. Geschiedene, für den huldigen Theil erklärte Ehefrauen verlieren die ‘lediglih dur ihre Verheirathung erworbenen Rechte der Naturalisation.

§. 50 des Gutachtens wird zur Annahme empfohlen.

Dagegen wird an dieser Stelle, mit Rücksicht auf die im Ein= gange dieses Abschnitts von der Abtheilung vorgetragenen Beschlüsse und resp. Anträge, eine geseßlihe Bestimmung ungefähr folgenden Inhalts einzuschalten sein: L

Die Rechte der Naturalisation des Vaters gehen ohne Weiteres auf dessen eheliche Descendenz über, so daß es einer besonderen Naturalisation für diese nicht bedarf.“

G. O1.

Die mit der Naturalisation verbundenen Rechte gehen ohne Weiteres verloren, wenn der Richter gegen einen naturalisirten Juden auf Verlust der National - Kokarde erkannt hat. Außerdem können jene Rechte der Naturalisation durch Plenarbeschluß der Regierung entzogen werden, sobald das Naturalisations-Patent auf Grund wi= der besseres Wissen gemachter unrichtiger Angaben erlangt ist, des= gleichen in allen denjenigen Fällen, in_ welchen nach §§. 16 und 20 der revidirten Städte-Ordnung vom 17. März 1831 das Bürgerrecht entzogen werden muß oder von den Stadtbehörden entzogen ‘werden fann, Gegen das die Entziehung festseßende Resolut der Regierun it der Rekurs an den Minister des Junern zulässig z derselbe muß jedvch binnen einer. 10tägigen präklusivischen Frist nah Eröffnung des Resoluts bei der Regierung angemeldet werden. e

8. 51 des Gutachtens.

Der §. 51 wird von der Majorität der Abtheilung mit 6 gegen 1 Stimme zur unveränderten Annahme empfohlen; wogegen von einer Stimme verlangt wird, daß den durch die Abstammung naturalisirten Juden im Großherzogthum Posen die durch die Naturalisation er= worbenen Rechte entzogen werden sollen, wenn nit die unter Nr. 2 und 4 des §. 47 angegebenen Erfordernisse vorhanden sind.

Die Majorität hat \ih diesem Antrage deshalb nicht angeschlos- sen, weil es: 1) wünschenswerth is, eine Erörterung ex officio über jede solche

gestalt betreiben, daß sie von ihrem Ertrage sih erhalten können;

oder ein ländlihes Grundstück von dem Umfange besißen und selbst| bewirthschaften, daß dasselbe ihnen und ihrer Familie den hinreichenden Unterhalt sichert,

oder in einer Stadt ein nahrhaftes stehendes Gewerbe mit einiger Auszeichnung betreiben, E

oder in einer Stadt ein Grundstück von wenigstens 2000 Rthlr, an Werth \{huldenfrei und eigenthümlich besiben,

oder daß ihnen ein Kapital-Vermögen von wenigstens 5000 Rthlr, eigenthümlich gehört,

oder daß ste ihrer Heerespflicht als einjährige Freiwillige, resp. durch dreijährigen Dienst wirklih genügt und gute Führungs-

Person zu vermeiden; L

2) die Unbescholtenheit zu präsumiren ist, und wenn solche bedenk lih erscheint, der Inhalt der n dem Gesezes-Vorschlage alle= girten Paragraphen der Städte-Ordnung ausreichen, um Un= würdige zu entfernen; und

3) die Annahme des Familien-Namens schon sonst nach dem Ge= se §. 38 erzwungen werden fann,

G. 92.

Ueber diejenigen. jüdischen Einwohner der Provinz Posen, welche sich zur Aufnahme in die Klasse der Naturalisirten noch nicht eignen, sind, wie bisher, vollständige Verzeichnisse zu führen.

00,

Auf den Grund derselben ist von der Orts=Polizeibehörde jedem

Atteste erhalten,

Familien-Vater oder einzelnen volljährigen und selbstständigen Juden