vertheidigen und vorzutragen, was sein Vorgänger bereits vorgebracht hat, sondern es würde sid gemüßigt sehen, nur dann sih zu erheben, wenn seine Ansicht und seine Gründe noch nicht vorgetragen sind. Dann würde au die Lebhaftigkeit der Diskussion erhalten werden, welche das geehrte Mitglied wünscht, und es würde die parlamenta- rishe Regel eintreten, die auch in England beobachtet wird.
weiß zwar, daß béi uns in Bezug auf diese Regel einige Schwierig= keit eintreten würde, weil eine bestimmte Parteisonderung bei uns nicht eristirt, wie in England. Jun England ist es sehr leiht, weil der Sprecher des Hauses nur auf die eine und dann auf die andere Seite des Hauses seinen Blick zu richten hat, während es für den Herrn Marschall {wer is , auf die ganze Versammlung seinen Blick zu rihten, um zu sehen, wer zuerst aufgestanden, ist. Jch halte es aber jedenfalls nicht für gut, wie es jeßt geschieht, daß man sich beliebig während der Diskussion zu melden hat, und daß danach die Reihefolge der Anmeldung stattfindet, sondern halte es für besser, daß erst dann anfgestanden wird, wenn ein Mitglied sprechen will, Allerdings befindet man sich gegenwärtig n der Lage, sogleich um das Wort bitten zu können, wenn man andere Mitglieder \ih melden sieht, welche gewöhnlih von entgegengeseßter Meinung sind. So be-
,
merke ih z. B., daß ih in der Regel, wenn das geehrte Mitglied aus der Niederlausiß sich um das Wort gemeldet hat, sogleih vor- ausseßte, daß es die entgegengeseßte Meinung vertheidigen werde, und deshalb auch meistens bei dem Herrn Marschall sofort um das Wort mich gemeldet habe.
(Gelächter.)
Aber man kann doch aus Versehen hinter einen entschiedenen politischen Meinungsgenossen kommen und ih in der Lage befinden, dasselbe wiederholen zu müssen, was dieser gesagt hat. Jch glaube, von einem Mitgliede der Provinz Westfalen ist \chon ein ähnlicher Antrag gestellt worden, der dasselbe bezweckt hat, aber nur usuell an= ders aufgefaßt worden ist, nämlih dahin, daß man sich nicht vor, sondern während der Disfussion melden soll. Das erreicht aber den Zweck nur unvollständig. Es fann natürlich nicht die Absicht sein, am Schlusse unserer Versammlung noh ein neues Reglement für die Berathung aufzustellen; ih glaube aber jedenfalls, daß der Vorschlag der Herren - Kurie nicht anzunehmen is, und ih möchte mi deshalb dem Abtheilungs-Gutachten anschließen, zumal es unendlich \{wierig ist, zu sagen, ob man für oder gegen eine Sache sei; denn es stellt sich oft heraus, daß man für eine Sache im Allgemeinen ist, jedoch ir nur unter Modificationen beitreten kann; deshalb ist es oft s{hwer, zu sagen, ob man zu denen si zählt, die für, oder zu denen, die gegen die Sache sind.
Marschall: Jch will mi nicht in die Diskussion mischen, wie ih auch nie gethan habe. Js aber behauptet worden, daß, wenn das Reglement strikte befolgt würde, nicht \o leicht vorkommen könne, daß mehrere Redner von derselben Farbe, wenn ih \o sagen darf, hinter einander sprächen, \o glaube ich doch, dagegen bemerken zu müssen, daß ich seit der Zeit, wo sich hierüber eine bestimmte Ansicht der Versammlung ausgesprochen hat, das Reglement strikte befolgt habe, insofern als die Redner, wie sie sih der Reihe nah erhoben haben, notirt worden siud und zwar nicht früher, als bis die Dis- fussion eröffnet war, Aber dies hat keinesweges verhindert, daß oft eine ganze Reihe von Rednern derselben Ansicht das Wort erhalten haben. Es lag dies also nicht darin, daß das Reglement nicht be= folgt worden wäre.
Abgeordn. von Puttkammer aus Stettin: Jch glaube, daß der Vorschlag, den die Herren-Kurie uns hat zugehen lassen, in Zu= kunft Berücksichtigung finden dürfte; denn es würde dazu dienen, die Verhandlungen abzukürzen. Wenn Parteien sih finden, wie nicht ausbleiben kann, da die Meinungen sich immer mehr feststellen wer= den, so werden niht so oft mehrere Reden von Genossen derselben Meinung vorgetragen werden; nachher werden in der Berathung selbst nur noch kurze Bemerkungen beigefügt werden, und wir werden ge= waltig viel Zeit ersparen. Jch habe die Ueberzeugung, daß, wenn wir dies jekt {hon beobachtet hätten, wir alle Arbeiten hon in der uns gegebenen Frist vollendet haben würden. Deshalb möchte ih der Herren-Kurie beistimmen, weil es eine Annäherung zu dem is, was ih für nothwendig halte. /
Abgeordn, von Manteuffel Il: Jch bitte zunächst um Ent= shuldigung, daß ih schon probeweise die von dem geehrten Redner der Grafschaft Mark erwähnte und von demselben nicht beliebte Ab- wechselung eintreten lasse. Jh möchte aber nur noch auf ein Mo= ment hinweisen, was ih vorhin hervorzuheben vergessen habe. Dies finde ih darin, daß nach dem Geschäfts - Reglement der Schluß der Debatte, der Antrag auf Abstimmung in die Befugniß der hohen Versammlung selbs gelegt worden is. Die hohe Versammlung hat aber nicht einmal die Uebersicht derjenigen Redner, welche sih gemel= det haben, sie kann also niht wissen, ob nicht, nachdem vielleicht schon zehn Redner gesprochen haben, welche dieselbe Ansicht vertheidigen, ein Elfter käme, der eine andere Ansicht entwickelte. Wenn so viele Redner gesprochen haben, so hat sich gewöhnlich der Wunsch geltend gemacht, daß zur Abstimmung geschritten werde, was ih auch nicht tadeln kann; aber ih habe oft die Vorausseßung und den Wunsch gehegt, daß unter den Rednern, die noch zurück waren, ein solcher sich befunden hätte, der eine entgegengesebte Ansicht auszusprechen beabsichtigte, und daß dieser noch zum Wort gekommen wäre. Jch glaube daher, daß, wenn ein solher Wechsel der Redner stattfindet, die Versammlung sih im Bewußtsein der Gerechtigkeit und mit der Beruhigung, alle Ansichten gehört zu haben, zum Schlusse der De- batte entschließen fönne.
Marschall: J muß darauf bemerken, daß ih zwar in Be=- ziehung auf den Schluß der Debatte die Wünsche der Versammlung immer möglichst berücksichtigt habe, daß ich mir aber das Urtheil darüber, ob derselbe erfolgen könne, vorbehalten und immer darauf gesehen habe, denselben nicht eher eintreten zu lassen, als bis von beiden Seiten Redner gesprochen hatten.
Eine Stimme: Der Beschluß der Herren- Kurie is fast ge- nau derselbe Antrag, den ih schon hier gemacht habe. Mein Antrag war guf der Vorausseßung basirt, daß sich die Redner schon längere Zeit vorher melden fonnten, und va hielt ih den Antrag für nüßlich. Seitdem is} beschlossen worden, daß nur bei der Disfussion Anmel= dungen angenommen werden können, und da halte ih den Antrag für unpraktisch und unausführbar, weshalb ih dem Gutachten der Ah=- theilung beitreten muß.
Abgeordn. Graf von Zech - Burkersrode: Meine Herren! Jch muß mich recht dringend dafür verwenden, daß der Antrag der Herren-Kurie angeuommen werde. Es is schon erwähnt worden, daß in allen großen parlamentarischen Versammlungen anderer Länder ein solcher Usus stattfindet. Jn Frankrei lassen sih- die Redner pour und coatre einschreiben, und in England ist es parlamentarischer Kriegsgebrauch, daß der Sprecher einen von der ministeriellen und einen von der entgegengeseßten Partei alternirend aufruft. l wahr, wir brauchen uns Frankreih nicht allenthalben zum Vorbilde
u nehmen, wir können aber wohl das von dort entlehnen, was sih praftish bewährt hat. Unsere geehrte Abtheilung hat gesagt, daß die Parteien A bei uns noch nicht so genau geschieden hätten und die Redner oft niht wüßten, ob sie für oder gegen eine Sache spre- chen wollten.
Das Lettere scheint mir nicht richtig.
Es is.
Es ist gewiß sehr wün- |
1316
schenswerth, daß nicht jedes Mitglied mit einer vorgefaßten Meinung in die Berathung hineinkommt und Viele erst aus der Debatte ihre Ansicht entnehmen, aber solche Mitglieder werden nicht sprechen. Diejenigen aber, welche \sprehen, müssen do vorher wissen, ob sie für oder gegen den zur Berathung gestellten Gegenstand sprechen wollen. Nach dem Verfahren, welches bisher nach unserem Geschäfts=- Reglement stattgefunden hat, geht unserer Diskussion das dramatische Interesse, wenn ih so sagen oll, gänzlich ab, und wenn vorher zehn oder mehrere Redner hinter einander sich in demselben Sinne aus- \prehen und eine andere Meinung sich gar nicht äußern fann, #o fommt das „audiatur et altera pars‘“ gar nicht zur Geltung. Jh muß mich daher entschieden für den Antrag der Herren - Kurie erflären.
Abgeordn. von Gaffron: Ih fann mich ebenfalls nur dem anschließen, was der geehrte Redner vor mir gesagt hat. Jch finde es dem parlamentarischen Wesen am angemessensten, wenn die eutgegen- geseßten Meinungen sich gewissermaßen austauschen fönuen. Jch kann ebenfalls nur anerkennen, daß wir dann zu bestimmteren Auffassungen gelangen werden, auch wird jeder Redner wohl über den Grundton seiner Meinung und deren etwanige Schattirungen im Klaren sein.
(Vielfacher Ruf zur Abstimmung.)
Abgeordn. Hansemann: So wie der Vorschlag von der Herren- Kurie zu uns gekommen ist, wird er gar nicht anzunehmen sein, weil er auf der Vorausseßung beruht, daß sich die Redner vor Beginn der Berathung zu melden haben, eine Vorausseßung, die in Beziehung auf unsere Kurie und auch nah dem Wortlaute des Re= glements nicht richtig is. Würde es sich nur davon handeln, den Autrag der Herren - Kurie mit einem Amendement anzunehmen, |o würde dies zulässig sein, weil nicht ein Antrag unserer Kurie vorliegt, den die Herren -Kurie amendirt hat, sondern ein besonderer Antrag der Herren-Kurie. Jh glaube also, daß wir in diesem Falle das Recht der Amendirung haben.
Marschall: Dieser Meinung muß i widersprehen. Wir haben nur zu erklären, ob wir dem Antrage beitreten oder nicht; treten wir demselben nicht bei, so is er todt.
Abgeordu. Hansemann: Meine Ansicht beruht darauf, daß dieser Antrag zwar bei Gelegenheit unserer Anträge von der Herren- Kurie gestellt worden ist , er sih aber auf einen ganz anderen Paras graphen bezieht und also als von der Herren-Kurie ursprünglich aus=- gegangen zu betrachten ist so daß wir in dieser Hinsicht das Recht zu Amendements haben würden. Ein derartiges Amendement nun dermalen zu machen, scheint mir nicht zeitgemäß zu sein, und dies reicht für mich hin, dem Abtheilungs-Gutachten beizutreten.
(Der Ruf zur Abstimmung vermehrt sich.)
Abgeordn. Dittrich: Was der geehrte Redner vor mir ge- sagt hat, is auch meine Meinung, weil das Reglement sagt: „Jedes Mitglied, welches zu reden verlangt, zeigt dies durch Aufstehen an.“ Dort is also nicht bestimmt, daß sich die Redner vor Beginn der Be- rathung melden können. An sih halte ih es aber der Gerechtigkeit
gemäß, daß der Antrag der Herren-Kurie angenommen werden möge, weil jezt sehr oft der Fall vorgekommen ist, daß nur Redner, welche der einen Meinung angehören, gehört worden sind, Anderentheils scheint aber auch eine Schwierigkeit darin zu liegen, weil doch auch der Fall denkbar is, daß si nur Redner melden, welche für oder gegen einen Gegenstand sprechen wollen. A,
Marschall: Die hohe Versammlung scheint den Schluß der Debatte zu wünschen, ih bitte, daß diejenigen, welche dieser Meinung sind, die Güte haben, aufzustehen.
(Sehr viele Mitglieder erheben sich.)
Der Antrag der Herren-Kurie geht dahin, daß die Redner, je nachdem sie für oder gegen den Gegenstand der Diskussion sprechen wollen, abwechselnd das Wort erhalten sollen. Diejenigen, welche dem Antrage beitreten, bitte ih, aufzustehen. Es ist mit Bestimmt=- heit zu übersehen, daß nicht zwei Drittel vorhanden sind.
Referent von Katte: N 3e
3) ad No. 9 der Anträge der Drei - Stände - Kurie in Betreff
g. 15d des Reglements,
„daß es den der deutschen Sprache nicht vollkommen mäch=
tigen Landtags - Abgeordneten gestattet werden möge, ihre
Reden abzulesen““, welches vorzugsweise in Rücksicht der Provinz Posen ausge=- sprochen wurde, befürwortete die Herren-Knrie, wie nach ihrer Meinung die Absicht der ausgesprochenên Bitte nur dahin ge=- rihtet sei, daß nur mit Rücksicht auf diejenigen, welche der deutschen Sprache in der T hat nicht hinreichend mächtig sind, von der Versammlung das Ablesen gestattet werden könne, um solchen Mitgliedern nicht die Möglichkeit abzuschneiden, ihre Meinung zu äußern, daß aber damit nicht beliebig jedem Be=- wohner eines Landesthei!es, in welchem nicht ausschließlich die deutsche Sprache geredet wird, die Berechtigung ertheilt werde, geschriebene Reden mitzubringen und in der Versammlung zu verlesen.
Die Abtheilung glaubt, daß die Auslegung des gedachten Be= \{lusses dem Sinne entspreche, in welhem derselbe gesaßt worden, und daher hinsichtlich desselben das Einverständniß beider Kurien an- zunehmen sei.
Mars} hall:
Fs} dagegen etwas zu bemerken? (Nein!)
Er ist also angenommen. ; Referent von Katte: 4. Abermals ein neuer Antrag.
4) ad g. 15e erkennt die Herren-Kurie zwar die Nothwendigkeit einer Bestimmung darüber, daß die Reden nicht an einzelne Mitglieder gerichtet werden dürfen, findet aber die Vorschrift, wonach solche nur an den Marschall gerichtet werden sollen, praktisch nicht streng aus- führbar, wie sie auch schon auf dem gegenwärtigen Landtage nicht immer beobachtet worden sei. Die Herren-Kurie findet jih da- her zu dem Antrage bewogen :
zu bestimmen, daß die Reden nur an den Marschall oder
an die Versammlung gerichtet werden dürfen, e, Die Abtheilung is der Meinung, daß die Angemessenheit dieses
Antrages anzuerkennen und demselben daher beizutreten sei. Marschall: Js dagegen etwas zu bemerken? (Nein !)
Also angenommen. Referent von Katte: E ,
5) ad g. 15g. des Reglements tritt die Herren-Kurte dem Petitum Nr. 10, daß am Ende des gedachten Paragraphen die Worte hinzugefügt werden möchten: | A
„und is dazu verpflichtet, wenn die Majorität der Versamm- lung es verlangt“‘, zwar bei, beantragt jedoch den ferneren Zusaß: „es muß aber auch in diesen Fällen der Verbesserungs-Vor- \hlag, ehe er zur Unterstüßung und Berathung gestellt wird, \riftlich formulirt und vorgelesen werden.“ j Die Abtheilung hält diesen Zusaß, als unnöthig heengend, nicht für angemessen, vielmehr erscheint es ihr zweckmäßiger, die Entschei- dung darüber, ob ein Verbesserungs - Vorschlag riftli formulirt werden soll, dem Marschall zu überlassen. ; Marschall: Js etwas zu bemerken. Da nichts bemerkt ist, fann angenommen werden, daß der Abtheilung beigetreten wird.
Abgeordn. von Auers wald: Jh will mir nur zwei Worte gegen das Abtheilungs - Gutachten erlauben, weil, wenn dasselbe an- enommen wird, gar zu. viel von der Person des Marschalls abhängt. 3 fann aber nit mit voller Bestimmtheit angenommen werden, daß der jedesmalige Marschall neben den anderen Eigenschaften , welche zu diesem Posten befähigen, denselben hohen Grad der Unparteilich= keit besißen wird, den wir bei dem gegenwärtigen Herrn Marschall verehren. Jh halte aus diesem Grunde den Antrag der Herren- Kurie für bedenklich.
Abgeordn. Frhr. von Vincke : Jch bin dieser Ansicht nicht, aber ich will mir die Bemerkung erlauben, daß der Zusaß der Her- ren-Kurie zwei wesentlihe Modificationen unseres Beschlusses zu ent- halten scheint. Wenn wir nun den Antrag der Abtheilung annehmen und auf den Vorschlag der Herren-Kurie nicht eingehen, so fällt un- ser ursprünglicher Antrag zu Boden; ih möchte mir aber lieber einen unzweckmäßigen Zusaß gefallen lassen, als ihn niht annehmen und damit unseren Hauptantrag gestürzt sehen.
Referent von Katte: Ich erlaube mir die Einwendung dage- gen, daß der Passus des Referates der Herren-Kurie, welches ih _ zu meinem Schrecken in den Akten vermisse, aber gleich herbeischaffen werde, nur dahin zu interpretiren ist, daß er sagt:
„Die Herren-Kurie tritt dem Antrage bei“‘,
und fügt dann noch das Uebrige hinzu, Also wird dadurch nicht unser Hauptantrag abgelehnt.
Abgeordn. Frhr. von Vincke : Jch bin der Ansicht, daß wir dem Referenten das vollste Vertrauen schenken können , daß also der Passus, wie er ihn vorgetragen hat, wirklich so in dem Referate der Herren - Kurie steht. J dies also der Fall, so erledigt sich mein Bedenken vollständig; das ließ sich aber aus diesem Referate nicht entnehmen.
(Es tritt eine Pause ein, da die von dem Referenten erwähnten
Akten geholt werden.)
Marschall: Wir können indessen weiter gehen.
Referent von Katte: 6. §. 16. des Reglements.
6) ad §. 16 des Reglements sieht die Herren - Kurie sich veran= laßt, Se. Majestät ehrfurchtsvoll zu bitten, Allergnädigst eine feste Reihefolge bestimmen zu wollen, in der die zu stellenden
Fragen, nach einem Prinzip normirt, vorgetragen werden sollen. Mit geringen Modificationen begründet die Herren-Kurie diesen Antrag auf dieselben Motive, wie die Abtheilung in ihrem ersten Gutachten vom 26. April d. J., und glaubt, außer der dort gesche= benen Hinweisung auf den Usus des englischen Parlaments , die Er- fahrung des gegenwärtigen Landtags zur Unterstüßung desselben anführen zu müssen, indem solche eine derartige Normirung als durch- aus wünschenswerth, ja nothwendig erscheinen lasse. Sie schlägt in dieser Beziehung folgende bestimmt normirte Fassung des Regle= ments vor:
Jedes Mitglied kann Verbesserungen der gestellten Anträge in Vor-
schlag bringen, über welche Verbesserungs- Anträge zuerst also ab=
gestimmt wird, daß de Frage, ob der ganze Antrag genehmigt werden soll, unentschieden bleibt, bis er durch alle angenommenen
Verbesserungs-Anträge #0 modifizirt worden, als die Stimmenmehr=-
heit bestimmt hat.
Eben so wird über einen Hauptantrag nur erst dann abge- stimmt, wenn über alle zu demse.ben gemachten Verbesserungen entschieden worden. Ausgenommen siud Verbesserungs -Anträge, welche nicht auf den Antrag der Abtheilung gerichtet sind; diese fommen nicht vor diesem Antrage, sondern nah demselben zur Abstimmung. Die einzelnen Verbesserungen werden nach der Zeitfolge, worin sie bei der Berathung selbst vom Proponenten vorgetragen worden, zur Abstimmung gebracht.
Wenn über alle vorgeschlagenen Verbesserungen entschieden ist, so wird über den ganzen Antrag mit Ja und Nein abge- stimmt. Die Behauptung, man habe die gestellte Frage oder ihren Umfang mißverstanden , berechtigt nicht zur Wiederauf= nahme der Sache, nachdem bereits abgestimmt worden.
Läßt der ursprüngliche Proponent seinen Antrag vor der Abstimmung fallen, und wird derselbe von einem Anderen auf- genommen, so fommt er nichtsdestoweniger in der ursprünglichen Reihefolge zur Abstimmung.
Ergiebt sich im Laufe der Debatte, daß die Anwendung dieser Vorschrift in einem einzelnen Falle Schwierigkeiten oder Zweifeln unterliegen dürfte, so hat der Marschall, wenn er bei deren Lösung der Uebereinstimmung der Versammlung nicht gewiß is, die Entscheidung des einzelnen Falles von dem Aus=
spruche der Majorität abhängig zu machen,
Die Abtheilung findet sich nicht veranlaßt, diesen Antrag wie= derholt bei der hohen Versammlung zu befürworten, da selbige die vom Marschall m der Sißung am 7, Mai d. J. nah gründlicher Diskussion gestellte Frage :
„ob überhaupt eine Aenderung des §. 16 des Reglements erbeten
werden solle?“
mit großer Majorität verneint hat.
Referent von Katte: Jch erlaube mir in Bezug hierauf die Stelle des Protokolls der eben citirten Sitzung wörtlih vorzulesen. Es war kurz nachdem der Abgeordnete der Grafschaft Viark einen besonderen Zusaß in Vorschlag gebracht hatte, der so lautete:
„Ueberall, wo es um Zeit - oder Zahlenbestimmungen sih handelt,
muß, falls es auf einen terminus ad quem ankommt, zuerst über
das Maximum, falls es auf einen terminus a quo anfommt, zu=- ers über das Minimum der verschiedenen Vorschläge abgestimmt werden. ““
Darauf heißt es dann ferner: 7 : „Nachdem die Sache von mehreren Seiten besprochen worden ist, stellt der Marschall der Versammlung anheim:
ob überhaupt eine Aenderung des Reglements erbeten wer- den solle?
was sie jedoch mit großer Majorität verneint.“ 2 Die Frage des Marschalls war also ganz allgemein gestellt.
Marschall: Ist etwas zu bemerken bei diesem Vorschlage ?
Abgeordn. Frhr. von Manteuffel Il.: Jch würde kaum die wenigen Worte, die ih anführen will, hier bemerken, wenn ih mit Gewißheit vorausseben könnte, daß unsere Kurie bei den früheren Beschlüssen stehen bleiben werde; wenn aber den Beschlüssen der Herren-Kurie beigetreten werden sollte, daun halte ih dasür, daß die hier vorgeschlagenen Modalitäten jedenfalls einer weitläufigen Dis=- fussion und Erwägung unterworfen werden müssen. Denn gleich mit einemmale diese Veränderungen der Herren-Kurie anzunehmen, dazu würde ih mih kaum verstehen können. Ich bitte daher, daß zunächst darüber ein Beschluß festgestellt werden möge, ob bei der früheren Ansicht der Drei-Stände-Kurie stehen geblieben wird.
Marschall: Ih muß hierbei meine Ueberzeugung aussprechen, daß es sich nun nicht mehr von Modificationen handeln fann, sondern um die einfache Frage der Annahme oder Ablehnung. e
Abgeordn. Frhr. von Manteuffel Il: Um zu dem Beschlusse der Annahme oder Ablehnung zu fommen, würde es erforderlich sein, diese einzelnen Bestimmungen der Herren-Kurie einer speziellen Kritik zu unterwerfen. Jh enthalte mich einer Aeußerung hierüber, weil ih glaube, hossen zu dürfen, daß die Drei-Stände-Kurie bei ihrem ersten Beschlusse stehen bleiben wirdz ich wollte aber ausgesprochen
haben, daß ich meinerseits den geschehenen Ausführungen der Herren- Kurie nicht beitreten kann.
Marschall: Es fragt sih hiernah, ob die hohe Versamm- lung den Antrag der Herren-Kurie annehmen will? Diejenigen , die ihn annehmen wollen, bitte ih aufzustehen.
(Wird einstimmig abgelehnt.)
Referent von Katte: Die Recherchen, die über Punkt 5 in der Registratur angestellt worden sind, haben zu. keinem Resultat ge- führt, Es scheint, daß das Referat der Herren-Kurie, welches nur in einem Exemplare vorhanden, vielleiht bei dem Herrn Marschall zu finden ift.
(Heiterkeit)
Abgeordn. Frhr. von Manteuffel 1.: Jh glaube, in der That bedarf es dieser Recherchen niht einmal; entweder hat der Zu- saß eine Bedeutung oder er hat feine ; die Abtheilung selbst hat ihm eine Bedeutung beigelegt, denn sie hat ihn für zu beengend erflärt. Jch glaube also, daß man sich entweder für den ganzen Vorschlag der Herren-Kurie erklären muß, oder man muß ihn ganz zurückweisen.
Eine Stimme: Es scheint mir auch die verehrte Abtheilung von dieser Ansicht ausgegangen zu sein, indem sie sagt, daß die Eut- \cheidung darüber, ob ein Veränderungs-Vorschlag \chriftlih einzurei= chen sei, dem R zu überlassen sei.
Abgeordn. Frhr. von Vincke: Jh glaube umgekehrt, die Ab- theilung hat deshalb, weil sie es dem Marschall hat überlassen wol= len, den Zusaß nicht annehmen wollen. Da der Zusatz eine Modi- fication unseres Antrags enthält, so müssen wir, wie vorhin richtig bemerkt worden is, uns entweder über diese Modification einigen oder unseren Antrag fallen lassen.
Abgeordn. Sattig: Jch erlaube mir zu bemerken, daß nach meiner Ansicht zu unterscheiden is, ob die Herren-Kurie nur eine Mo- dification des Antrags der Drei-Stände-Kurie beschlossen, oder ob sie einen ganz neuen Antrag formulirt hat. Wenn der Antrag der Her- ren-Kurie, wie sie ihn bei Punkt 4 gemacht hat, ein ganz neuer An= trag ist, so is §. 26 des Reglements dahin anzuwenden, daß die Drei= Stände: Kurie Aenderungen dieses neuen Antrages beschließen kann. Daun geht ein solcher Antrag wieder zurück an die Herren-Knrie und wird erst, wenn sie ihre Zustimmung zu den Aenderungen erklärt, gültig. Jch glaube, man muß unterscheiden, ob das Petitum zuerst von der Drei= Stände-Kurie ausgegangen ist und dann in der Herren=-Kurie eine Modi= fication erhalten hat. Ist blos eine solhe Modification wieder hierher gelangt, so steht der Drei-Stände-Kurie nur zu, ihren Beitritt oder ihre Ablehnung zu erklären; ist aber ein ganz neues Petitum in der Herren-Kurie zum Vortrag gebracht worden bei der Berathung des Reglements, so würde dieses als ein Nooum an die Drei-Stäude= Kurie gelangen und diese sich darüber zu erklären haben, ob sie es unoerändert oder mit einer Modification annimmt. Nimmt sie es mit einer Modification an, so geht es wieder an die Herren-Kurie zurü. So, glaube ih, läßt sich nur §. 26 e. des Reglements verstehen, welcher sagt:
„Wenn ein von der einen Kurie beschlossener Petitions-Antrag bei der
Plenar-Berathung in der anderen Kurie durch eine Majorität von
zwei Dritteln der Stimmen nur unter Modificationen angenommen
wird, so is auh hierüber ein motivirter Beschluß in der §. 22
vorgeschriebenen Form auszufertigen, welcher sodaun unmittelbar
dem Marschall derjenigen Kurie, von welcher der Petitions-Antrag ausgegangen is, übersandt und hierauf in leßterer zur Berathung und Abstimmung gebracht wird.“
Da nun der vorliegende Antrag in der Herren-Kurie als ein neuer Petitions - Antrag gestellt worden i}, o fommt er hier ganz neu zur Berathung und kann nicht hier so zur Abstimmung gebracht werden, daß, wenn die Modification niht angenommen wird, der An= trag als gefallen anzusehen ist.
Abgeordn. Freih. von Mant euffel T: Jch kann mich da- mit nicht einverstanden erklären. Wenn hier die Herren - Kurie gc- sagt, wir sind einverstanden, es muß aber auch das und das gesche= hen, so nenne ih das eine Bedingung z sie hat also den Antrag mit einer Bedingung angenommen, und es fragt si, ob wir mit dieser Bedingung einverstanden sind oder nicht.
Marschall: Das gesuchte Stück hat sich gefunden.
Referent von Katte: Jch glaube, daß es lediglih auf die wörtliche Fassung des Beschlusses der Herren-Kurie ankommt. Sie lautet \o: ;
„der Petitions-Antrag der Kurie der drei Stände, am Ende des
8. 15 Litt. g. die Worte hinzufügen zu lassen :
„ „und ist dazu verpflichtet, wenn die Majorität der Ver- sammlung es verlangt ‘‘“‘,
wird von der Herren-Kurie befürwortet. — Dieselbe erbittet aber
auch den weiteren Zusaß, 2c.“
Abgeordn. von Vincke: Durch diese Fassung sind meine Be= denken erledigt, weil es hiernach nur eine Art Äddition zum An- trage is und nicht als eine Bedingung hingestellt wird.
Marschall: Hiernach fragt es \sich, ob der Vorschlag der Herrev-Kurie angenommen werden foll? Die ihn annehmen wollen, bitte ih aufzustehen.
(Die erforderlichen zwei Drittel sind nicht vorhanden.)
Abgeordn. von Manteuffel 1.: Nach diesem Prinzip müßte das nun wieder an die Herren-Kurie zurückgehen.
(Einige Stimmen: Nein!)
Referent von Katte: (Liest. vor):
T E Nr, 14 ad g. 26a.
„Allergnädigst es der Versammlung zu überlassen, au na Ablauf der Präklusiv-Frist aünobmebdife elan nehmen“‘,
tritt die Herren - Kurie mit der Modification bei, daß, um den
ausnahmsweisen Charakter der erbetenen Bestimmung noch eu=
schiedener hervortreten zu lassen, die Bitte dahin gerichtet werde Allergnädigst es der Versammlung zu überlassen, auch nach Ablauf der Präklusiv-Frist in besonders wichtigen oder durch den Augenblick gebotenen Fällen ausnahmsweise Petitionen anzunehmen.
Die Abtheilung glaubt, daß dieser Fassung, als dem Sinne des E der Kurie der drei Stände entsprechend, beizutreten sein möchte.
__ Marschall: Jst gegen die Annahme dieses Vorschlages etwas einzuwenden? s (Mehrere Stimmen: Nein :)
Dies geschieht nicht, der Vorschlag is also angenommen.
Referent von Katte: (Liest vor): ;
8) Um das Eigenthumsrecht der einzelnen Mitglieder an den von ihnen verfaßten Petitionen zu sichern und die Modalitäten für das Verfahren bei dem Zurückziehen von Petitionen näher zu bestimmen, erscheint der Herren - Kurie ad §. 26a. eine regle- mentarische Festsebung nothwendig, und beantragt selbige, daher die Bitte bei Sr. Majestät dem Köni en
Allergnädigst ei + dem Könige zu stellen : gnädigst eine Bestimmung dahin zu erlassen, demjeni- A é e Fe eingebracht hat, steht in jedem Sta= E erhandlung die Befugniß zu, den Antrag zurü Jede Petition wird aber auch, sobald sie eingebracht i dergestalt Eigenthum der Versammlung, daß diefen bas Recht,
1317
die in Anregung gebrachte Sache zu debattiren, durh das Zu- rüziehen von Seiten des Antragstellers nicht genommen wer- den fann. Wenn daher der Antragsteller eine Petition zurüdck- nimmt, so kommt es darauf an, ob der Antrag demnächst die
‘erforderliche Unterstüßung durch 6 oder 24 Mitglieder findet.
st dies der Fall, so erfolgt die Fortseßung der Debatte und am Schlusse die Abstimmung der Versammlung. Wird dem Antrage die Unterstüßung nicht zu Theil, so findet eine weitere Diskussiou und Abstimmung darüber nicht statt.
Da ein dem entsprechender Gebrauch in der Versammlung si bereits gebildet hat, so findet die Abtheilung si veranlaßt, den Bei- tritt zu dem oberwähnten Antrag zu befürworten,
Marschall: Tritt die hohe Versammlung bei? — Da das Gegentheil nicht ersichtlich is, so nehme ih an, daß der Vorschlag angenommen worden ist. —
Referent von Katte: (Liest vor):
9) Dem sub Nr. 17 von der Stände-Kurie zu §. 26 e. des Regle-
ments gestellten Antrage, _ eine Bestimmung zu erlassen, nah welcher, wenn sich eine wesentlihe Meinungs-Verschiedenheit herausgestellt hat und beide Kurien es wünschen, die betreffenden Abtheilungen zur Vorbereitung einer Einigung beider Kurien zusammentreten dürfen,
ist die Herren= Kurie mit einer wörtlih also lautenden Erklä=
rung resp. Jnterpretation beigetreten : Nach den Worten dieses Antrages fönnte es zwar scheinen, als \olle ein solcher Verständigungs - Versuch auch in dem Falle eintreten, wenn eine Kurie ihren Beitritt zu einer von der anderen beschlossenen Petition ganz versagt. Die Her- ren - Kurie hat sih jedo überzeugt, daß eine solche Aus- dehnung, welche die zu wahrende Selbstständigkeit jeder ein- zelnen Kurie beeinträchtigen würde, niht in der Absicht der Kurie der drei Stände liegt, da der Antrag ausdrücklich nur bezüglih auf §. 26e. gemacht ist. Die Tendenz des Antrages wird daher von der Herren - Kurie dahin aufge- faßt, daß — damit nicht ein an sih guter und im Wesent- lihen von beiden Kurien gebilligter Petitions-Antrag fallen müßte, weil eine oder die andere vielleicht niht sehr erheb- liche Modification von der Kurie, die zuerst den Antrag beschlossen hat, nicht angenommen wäre, dann die betreffen=- den Abtheilungen beider Kurien zusammentreten und ver=- suchen sollen, ob zunächst sie sich entweder über die An- nahme ohne Modification oder über die anzubringenden Modificationen einigen können. Werden die beiden Abthei=- lungen nicht einig, so is dann nichts weiter zu veranlassen, vielmehr die Petitiou als verworfen zu betrachten. Einigen sich beide Abtheilungen, so wird die Sache nochmals, und zwar, je nachdem von beiden Seiten nachzugeben is, gleich= zeitig an beide Kurien oder, wenn es nur auf ein Nach= geben von Seiten einer Kurie ankommt, nur an diese Kurie gebracht. Fällt dann der Beschluß im Sinm der zwischen den beiden Abtheilungen zu Stande gekommenen Einigung aus, \o wird der nunmehr ibereinstimmende Beschluß, dur Vermittelung des Königl. Kommissars, Sr. Majestät über- reiht. Fällt der Beschluß einer oder beider Kuxien nicht im Sinne der Einigung aus, so ist die Petition als ver- worfen zu betrachten.
Die Abtheilung i der Meinung, daß diese Deutung vollkommen dem Sinne des Beschlusses der Kurie der drei Stände entspreche, und \{chlägt daher vor, sich mit derselben einverstanden _zu erflären.
Marschall: Wird dem- hier entgegengetreten? Da fein Wider= spruch erfolgt, so is anzunehmen, daß es genehmigt ist.
Referent von Katte: (Liest vor):
10) ad 8. 26 f. findet sich die Herren-Kurie zu dem Antrage ver- anlaßt : / Se. Majestät den König zu bitten, in der Regel die erste Alternative des §. 26 ad Litt. f. des Reglements eintreten zu lassen und in diesem Falle das Gutachten der Kurie, welche die Allerhöchste Proposition zuerst berathen hat, durch den Landtags-Kommissarius der anderen Kurie zur Benußung mittheilen zu lassen. ;
Zur Unterstützung dieses Antrags,
Königliche Propositionen in der Regel zum Theil zuerst der
einen, zum Theil zuerst der anderen Kurie, niht aber sie
gleichzeitig beiden Kurien vorlegen zu lassen, hebt die Herren-Kurie den Umstand hervor, daß dies in vielen Fällen eine bedeutende Zeit und Arbeitsersparniß herbeiführe und es dann zweckmäßig sein würde, das Gutachten derjenigen Kurie, welcher die Proposition zuerst vorgelegt ist, der anderen zur Benußung mitzuthei= len und insoweit eine Ausnahme von der Bestimmung des §. 26 liltr. f. eintreten zu lassen.
Da in der Sitzung der Kurie der drei Stände vom 8. Mai d. J» bereits der Vorschlag, im ersten Saße des citirten §. 26, die Worte:
„oder beiden Kurten gleihzeitig““ in Wegfall zu bringen, diskutirt, bei der Abstimmung aber abgelehnt worden, \o findet die Abtheilung si nicht veranlaßt, die Zustimmung zu dem vbgedachten Antrage der Herren-Kurie zu befürworten.
Abgeordn. von Vincke: Fch bekenne mich allerdings zu dem An=- trage und freue mich, daß er wenigstens in der Herren-Kurie einigen An= klang gefunden hat. Es scheint mir aus den Gründen, welche hier im Refe- rat entwickelt sind, doch in manchen Fällen wesentlich zur Erleichterung der Verhandlungen zu dienen, wenn eine Kurie aus dem Gutachten der anderen Kurie einige Momente für die Debatte {&öpfen kann, und ih g'aube, wir haben, wenn wir zurückgehen auf die Berathung der Al- lerhöchsten Propositionen, bereits einige Motive für diese Ansicht aus der Erfahrung entnehmen können, Wenn wir namentlich die Diskussion über das Bescholtenheitsgeses annehmen, so würde es doch vielleicht für die Herren-Kurie ganz nüßlich gewesen sein, daß ihr unser Gut= achten und unsere Verhandlungen darüber vorlagen, und so mag es in anderen Fällen au für uns denselben entsprechenden Nußen ha- ben. Jedenfalls scheint es mir mit dem Gebrauche anderer parla- mentarischer Versammlungen zu harmoniren, und es hat sich dort praktisch bewährt. Jch glaube auch, daß die Verwerfung des An=- trages früher nur darum erfolgt is, weil das Amendement, das ich vorschlug, die Sache nicht vollständig erledigte. Wenn blos die Worte „oder beide Kurien gleichzeitig“ wegfallen, so würde damit die Sache nicht vollständig erledigt worden sein, während der Vor= {lag der Herren - Kurie mir die Sache zu ershöpfen und alle Be- denken zu beseitigen scheint. Darum bin ih der Ansicht, daß aller= dings der Antrag um so mehr Unterstüßung verdient, als er nicht von einem Mitgliede der Versammlung ausgeht, sondern ein Antrag der anderen Kurie is, dem wenigstens sehr viele Billigkeitsgründe zur Seite stehen, und wenn namentlich die andere Kurie uns den Wunsch vorträgt, durch unsere Berathungen besser informirt zu werden, \o haben wir das nur sehr dankbar zu acceptiren. Es liegt ja namentlich in unserem Interesse, daß die Herren-Kurie unsere Berathungen benußt, und wenn sie den Wunsch dazu dur Beschlüsse zu erkennen giebt, \o haben wir das als einen Beweis sehr freundlichen Entgegenkommens anzunehmen.
Abgeordn, von Manteuffel: Jch kann dem Vorschlage der
Herren - Kurie, mithin auch dem Vortrage des geehrten Herrn Ab- Beo chst der Grafschaft Mark, nicht beitreten S ih halte vielmehr
r höchst wünschenswerth, daß jede Kurie ihren Gang besonders gehe; ih halte für höchst wünschenswerth, daß eine Einwirkung des
utachtens der einen Kurie auf das der anderen Kurie und eben sto eine Kritik des Gutachtens, das eine Kurie abgegeben hat, nit statt=- finde; ih halte es für viel ersprießliher, wenn beide Kurien abge- sondert berathen, und glaube, daß wir hierdurch viel mehr einer Ten- denz unserer ständischen Einrichtungen uns nähern, welche für die Berathungen und für die Förderung des ständischen “Instituts im All- gemeinen höchst zweckmäßig sein dürfte; ih meine, daß wir hierdurch uns dem Systeme zweier Kammern oder zweier abgesonderter \tän=- discher Körperschaften annähern, und ein solches Sgstem halte ih jeßt für das allein zweckmäßige und heilsame.
Abgeordn. Dittrich: Durch den Beschluß nah Berathung des Reglements ist vorbehalten worden, die Erfahrungen noch zu Rathe zu ziehen, welhe im Laufe des jeßigen Landtags gemacht werden, und da uns jetzt dieser Gegenstand abermals vorliegt, so kann der Be= \{luß, den wir hierüber früher gefaßt haben, dem nicht entgegen=- stehen. Außerdem glaube ih nicht, daß durch Annahme dieses Be- \chlusses eine Kritik der einen oder anderen Kurie herbeigeführt wird, sondern daß gerade dadurch die Gründe um so reifliher erwogen werden und wesentliche Vortheile fúr die Berathuug entstehen.
Abgeordn, von Vincke: Jh glaube, daß das verehrte Mitglied für die Niederlausiß durch den Wunsch, verschiedene Ansichten hier von der Rednerbühne vorgetragen zu hören, doch diesmal zu weit ge- führt ist, so daß es mi gänzlich mißverstanden hat. Jh habe mi noch am heutigen Tage entschieden dagegen erklärt, daß eine Kurie eine Kritik des Verfahrens der anderen sich erlaube, ih habe mich da- hin erklärt, daß ih es sogar für unparlamentarish halte, daß eine Aeußerung, die hier gefallen is, in der anderen Kurie, sei es in wel- her Weise es wolle, auch nur angeführt wird. Wenn die Veröffent- lihung unserer Verhandlungen einen Zweck hat, so ist es wohl beson» ders der, daß sich beide Kurien, namentlich die Referenten, informiren und die Motive sih aneignen können, ohne daß dadurch eine Kritik der anderen Kurie irgend bedingt zu sein brauht. Jch bin also hier vollständig mißverstanden worden, während ih, mas das Zweikammer= System betrifst, dem verehrten Mitgliede beipflichte. Gerade die Idee des Zweikammer-Systems, zu der ich mich auch bekenne, bedingt, daß eben eine Kammer von den Erfahrungen der anderen Nutzen zieht Jn allen Staaten, wo zwei Kammern existiren, wird nie ein Gegen- stand gleichzeitig verhandelt, eben weil dadurch die Selbstständigkeit in beiden Kammern wesentlich zur Geltung gebracht wird, daß eine Kurie beipflichtet oder widerspricht, während, wenn beide neben einan- der herlaufen, wenn ih mich \o ausdrícken darf, jete verhandelt, ohne nur zu wissen, daß die andere existirt.
Abgeordn. Naumann: Jh will in wenigen Worten nur er- flären, daß ih die Ansicht des geehrten Redners vor mir ganz theile. Jch sehe durchaus keinen Nachtheil, wenn eine Kurie nach der ande= ren denselben Gegenstand vornimmt; ih kann es auch nicht eine Kri= tif nennen, wenn eine Versammlung das, was in dex anderen vor=- gekommen is, zur Information benußt, ja, ich gehe \o weit, daß ih behaupte, wenn alle Gegenstände in getrennten Kurien behandelt wer= den sollen, so daß die eine von der anderen gar feine Notiz nimmt, so wird nicht blos aller Nußen des Zwei-Kammer-Systems aufgeho- ben, sondern noch der Nachtheil hervorgebracht, daß dem Gouverne=- ment statt einex Stimme von Seiten der Vertreter des Landes ge=- wöhnlich ganz divergirende Ansichten manifestirt werden würden. Die
Regierung würde nie recht wissen, woran sie ist, weil eine Ausglei=- chung der verschiedenen Ansichten nicht stattfinden könnte. — Jh er- kläre mih deshalb dafür, dem Antrage der Herren-Kurie beizutreten. Abgeordn. von Puttkammer aus Stettin: Jch stimme dem Antrage der Herren-Kurie auch bet, namentli darum, weil ih glaube, daß es zur Einigung sehr viel beitragen fann, wenn eine Verjamm- lung sieht, was die andere gethan hat, und aus welchen Gründen. Marschall: Wenn Niemand mehr das Wort verlangt, #o hließe ih die Debatte und stelle die Frage: Soll dem Antrage der Herren-Kurie, daß die Königlichen Propositionen in der Regel nicht beiden Kurien gleichzeitig vorgelegt werden möchten, beigetreten wer=- den? Diejenigen, welche den Antrag annehmen, bitte ih, aufzu- stehen. Es haben sich mehr als zwei Drittel für den Antrag erhoben, er ist also angenommen. Referent von Katte (liest): 11) Dem sub Nr. 18 ad §. 28 des Reglements gestellten Petitum endlich, zur Wahl der Kandidaten für die bei der Hauptverwaltung der
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Staatsschulden erledigten Stellen die absolute Stimmenmehrheit für erforderlih erachten zu wollen, tritt die Herren-Kurie mit der Modification bei, daß, um die Zweifel zu beseitigen, unter welcher Form gewählt werden solle, und um die wünschenswerth erscheinende Bestimmung aufzunehmen, daß die Stimm- zettel unterschrieben sein müssen, Se. Majestät allerunterthänigst ge=- beten werde, den §. 28 des Reglements dahin zu fassen: Renn bei der Haupt - Verwaltung der Staatsschulden eine Stelle erledigt ist, so werden die Uns für dieselbe von dem Vereinigten Landtage vorzuschiagenden drei Kandidaten, auf die dieserhalb von Uns ergangene Aufforderung, nah Vor= schrift des Reglements über das Verfahren bei ständischen Wahlen vom 22. Juni 1842 gewählt. Die mit den Na- men der Stimmgeber unterschriebenen Stimmzettel sind sind von den Ordnern (§. 5.) einzusammeln und von den Marschällen beider Kurien des Vereinigten Landtags, unter Zuziehung der Secretaire, zu eröffnen. E Wenngleich die Abtheilung diese Modification nicht für angemes- sen hält, so glaubt sie dennoch die Zustimmung zu derselben aus dem Grunde befürworten zu müssen, weil der Hauptantrag ihr zu wichtig erscheint, um ihn einer nicht wesentlichen Abänderung wegèn fallen zu lassen. Abgeordn. von Vindcke: Jch bin mit der Ansicht der Abthei [lung vollkommen einverstanden, daß die von der Herren- Kurie vor= geschlagene Modification ungeeignet ist, ja, die Modification scheint mir \o ungeeignet zu sein, daß ih in diesem Fall lieber darauf ver- zichten möchte, unseren Antrag an den Thron gelangen zu sehen, um niht dieser höchst ungeeigneten Modification beipflichten zu müssenz denn wenn die Namen unter dem Stimmzettel unterschrieben sein sollen, so is das eine solche vollständige Kaptivirung der Stimmfrei- heit, daß ih dann als einfacher vorziehen würde, dur den Namens- aufruf festzustellen, für wen Jeder stimmen will. Jch halte die Mo- dification deshalb für durchaus unzweckmäßig und würde mir lieber eine relative Majorität gefallen lassen, in der Ueberzeugung, daß Se. Majestät, wenn Sie eine absolute Mehrheit überhaupt für zweckmäßig finden, Sie in dem Beschlusse unserer Kurie genügenden Anlaß er- kennen werden, eine so geeignete Bestimmung zu erlassen. Da es sich namentlich um Persönlichkeiten handelt , welche in der Regel in Berlin anwefend sein und demnach erfahren werden, wer ihnen die Stimme gegeben hat, so scheint mir die Modification der Herren=- Kurie, wie gesagt, unpassend und auch der Würde der Versammlung
nicht recht zu entsprechen.