1880 / 201 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Aug 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Die Kommission hat zahlreihe von der Auffassung des Stände- rathes abweichende Beschlüsse gefaßt.

Großbritannien und Jrland. London, 25. August. Ueber die Zustände in JFrland meldet die „Allg. Corr.“ : Täglih werden neue Agrarverbrechen gemeldet: „Jn Ps bei Mallow wurde einem Gutsherrn am leßten

onnabend ins Schlafzimmer geschossen, glücklicherweise wurde Bei Ballyhernagh wurden 20 Schafe ge- schoren und denselben die Dhren gestußt. Jn dèr Nähe Bala's wurde Heu niedergebrannt. Fn Mallyfarnhamp bei Mullingar wurde auf einen Gutsherrn gesposen und derselbe am Kopfe verwundet. Der Schuß wurde nach dessen Schlafzimmer ab- gefeuert, als er sih gerade ins Bett begab“

Ueber den Krieg in Afghanistan wird gemeldet: Der Vizekönig telegraphirt unterm 24. d. an das indische Amt: Eine Depesche von Oberst St. John in Kandahar, datirt 21. d., meldet: „Ein Ausfall fand am 16. d. gegen ein an der Ostseite der Stadt gelegenes Dorf statt. Derselbe. hat uns gegen weitere Behelligung des Feindes an dieser Seite sichergestellt, aber die Verluste waren sehr empfindlich. Brigade-General Brooke, Kapitän Cruikshank vom Genie- Corps, Oberst Newport vom 28. Regiment, Major Trench und Lieutenant Stevenson vom 19. Regiment, die Lieutenants March und Wood von den Füsilieren, und der M. Gordon sind gefallen. Verwundet wurden Oberst Nimmo vom 2W. Regiment, Major Vandeleur vom 7. Regiment und Lieutenant Wood vom Transport- Corps, alle s{hwer; ferner die - Obersten Malcolmson und Shewell. Zu gleicher Zeit wurden 180 Mann getöd'et oder verwundet. Artillerie-Lieutenant Maclaine gerieth in Gefangenschaft, wird aher gut behandelt. Der Feind be- schießt die Stadt gelegentlih und unterhält ein Scharfschüßen- feuer : gegen die Schanzen, das. aber wenig Schaden an- richtet. Die Einschließung der Stadt ist gänzlih. den Kan- daharer Truppeti und den Ghazis anvertraut, während die Kabulischen Truppen um Ayub Khan herum drei Meilen entfernt auf der nah Herat führenden Straße kampiren.“

Ein heute in Chaman eingegangener, vom 20. d. da- tixter Brief von Oberst Tanner, dem Kommandanten von Khelat-i-Ghilzai, meldet: Jch habe heute Nahrichten vom Genéral Roberts erhalten. Er ist vièr Tagemärsche von hier entfernt und wird am 24. d. hier sein. Wir sind alle wohl und sammeln Lebensmittel für Roberts, der am 29. in der Nähe von Kandahar zu sein erwartet.

GroßbritanniensStaats\chuld beliéfsih am Ende des vorigen Fiskaljahres (31. März A auf 775 755 608 Pfd. Sterl., aber nah Abzug von 30 500 000 Pfd. Sterl. für Darlehen, 3 976 582 Pfd. Sterl. für den Kaufschilling der Suezkanalaktien und 2 000 000 Pfd, Sterl. für die Indien gewährte zinsfrêie Anleihe stellt sich der Reinbetrag der Staatsschuld auf 739 279-026 Pfd. Sterl. Amtlichen Aus- weisen zufolge verloren im ersten Semester von 1880 in England durch Eisenbahnunfälle aller Art 030 Personen ihr Leben Und 1242 trugen mehr oder minder erheblide Verleßungen davon. An Bord des Flaggénschifs in Portsmouth " tagte dieser Tage eine von der Admiralität ernannte Kommission, um die mit dem. Zusammenstoß zwischen dem englischen Panzer- {i „Minotaur“ und der deutschen Barke „Hoffnung“ verknüpften Umstände zu prüfen. Die „Hoffnung“ war mit einer Bauholzladung von Swartwick nach Falmouth unter- wegs, als fie. am 13. ds. um 11/5 Uhr Nachts von dem „Minotaur“ angérannt wurde. Sie erlitt beträchtliche Be- \hädigungen und mußte von dem Kriegsschiffe in den Hafen bugsirt werden. Die Kommission entschied gegen das Panzer- {if und sprach der Barke eine Entschädigungssumme von 450 Pfd. St. zu.

26. August. (W. T. B.) Das Oberhaus beendigte die Spezialberathung der Bill! über die Haftpflicht der Arbeit- geber und nahm dieselbe mit’ zwei von der Regierung be- kämpften Amendements an. Sodann wurde die Bill, be- treffend die Postanweisungen, in dritter Lesung genehmigt.

Im Unterhause erklärte auf eine Anfrage: Stanhope's Lord Hartington, General Stewart habe die Forts von Kabul und Sherpur niht zerstört. —- Jm Fortgang der Sißung lenkte Lord Churchill die Aufmerksamkeit dés E auf die vom Ober-Sekretär für Jrland, Forster, am

ienstag gehaltene Rede und verlangte freimüthige Auskunft über die Politik der Regierung Jrland gegenüber. Forster erklärte, bei demjenigen beharren zu müssen, was er am Dienstag gesagt habe. Northcote sprah sein. Bedauern über Forslers Nede am vorigen Dienstag aus, die Rede sei nicht nöthig gewesen, denn sie habe nur einé Hypothese in Aussicht genommen. Damit {loß der Zwischenfall.

27. August. Dem „Standard“ wird aus Bom- bay vom 2. d. gemeldet: General Stewart erhielt den Befehl, in Fellalabad Halt zu mahen. Jn Folge der kritischen Lage in Kabul fallen viele Truppen von Abdur- rhatnan ab. Seitens der Partei Jakub Khans wurden große Kundgebungen zu Gunften Jakub Kha‘ns oder hs Khans veranstaltet. Aus Chaman, 26. d., witd demselben Blatte gemeldet: Unter den Truppen des Khan von Khelat 1st eine Meuterei ausgebrochen ; eine Abtheilung englischer Truppen ist auf dem Marsche begriffen, um dem Khan vülfe zu leisten. Die Meuterer sind mehrere | tausend Mann f\tark, und man befürchtet, daß sih ihnen - die Beludshi-Stämtme anschließen dürften.

Frankreich. Paris, 25. August. (F. C.) Jm Mi- nisterium* des Aeußern wird dem Vernehmen nach ein Gel b- buch über die tunesishen Angelegenheiten zusammen- gestellt, welches" den ‘Kammern “bei ihrer Rückehr überreicht werden soll.

Spanien. Madrid, 24. August. Nach einem der „„Zndépendahce Belge“ von hier zugégangene Briefe verbleibt die Erzherzogin Maria Elijabeth bis Oktober bei ihrer Tochter der Königin von Spanien, Der'alten Sitte gemäß hat die Königin dieser Tage dié Hauptkir®en und populärsten Kapellen von Madrid besucht. Jm Falle, daß eine Prinzessin zur Welt käme, würde Erzherzogin Maria Elisabeth Pathin ein.

Niemand verleßt.

Îtalien. Nom, 25: August. Man meldet der W. „Pr.“ :

«Im Laufe dieses Monats wird die E für’ den Bau dreier Forts zur Vervollsländigung der Be- festigungen Roms stattfinden. Ein Fort wird an der Straße nach Tivoli, ein zweites an der Straße nach Pale- strina gebaut, während das dritte Fort die Verbindung de diesen ersteren zu vertheidigen bestimmt ist. Die rbeiten sollen noch im Laufe des Herbstes beginnen und mit

Beschleunigung zu Ende geführt werden. Am Sonnabend, ;

28. d., findet die Offertverhandlung jur Ausführung von Bauten auf der Eisenbahnlinie Rom-Sulmona im Betrag von 3 654 000 Fres. statt. :

26. August. (W. T. B.) Der Schwurgerichts- hof hat den Angeklagten Cardigliani, welher am 25. Juni d. J. von der Galerie der Deputirtenkammer aus einen Stein in den Sigungssaal geworfen hatte, wegen versuchter Körperverlezung zu 5 jähriger Gefängnißhaft und wegen Vergehens gegen die Jnstitution der Kammer zu \sechs- monatliher Gefängnißhaft und zu einer Geldbuße von 2000 Liré verurtheilt.

Türkei, Konstantinopel, 26. August. (W. T. B,) Der deutsche Botschaster, Graf Hatfeld, ließ heute als Doyen des diplomatischen Corps der Pforte die Kollektiv- Antwort der Mächte auf die türkishe Note vom 27. Zuli, betreffend die griechische Angelegenheit, zustellen.

Skutari, 24. August. (Pest. L.) Die gestern im Konak abgehaltene Ligaversammlung war von 40 Häuptlingen besuht und endigte damit, daß Alle einstimmig erklärten, kein Gebiet an Montenegro abzutreten, doch gaben sie Riza Pascha das Versprehen, gegen Montenegro nicht offensiv vor- zugehen. ‘Unter den Albanesen war das Gerücht ver- breitet, daß man mit ihren Führern falsches Spiel treibe, und daher beseßten gegen tausend lUewaffnete Liga- Freiwillige während der Versammlung den Hof des Konaks. Riza: Pascha versucht jeßt, durch Verhandlungen mit einzelnen Chefs die Einigkeit der Liga zu sprengen. Die bisher der Liga ferngebliebenen katholishen Fandesen s{chworen gestern den „Bessa“ (Bluteid) mit den mohameda- nischen Häuptlingen. Der Hauptanstifter der Ermordung Mehemed Ali Paschas, Ahmed Efendi Koronitza, is mit den Delegirten der Stämme Gaschi, Krasnic und Bituschi hier eingetroffen, ebenso A li Pascha von Gusinje.

Numänien. Bukarest, 26. August. (W. T. B.) Die durch Wiener Blätter gebrahte Meldung von einem größeren Zusammenstoß zwishen bulgarishen Bri- ganten und rumänishem Militär bei Arab Tabia stellt sih als gänzlich unbegründet heraus. Der Kriegs- Minister Slaniceanu, welcher von seiner in die Dobrudscha unternommenen Jnspektionsreise zurückgekehrt ist, konstatirte, daß in der Dobrudscha vollständige Ruhe herrsht, daß die Organisation der Dobrudscha rasche Fortschritte macht und daß die Bevölkerung, Bulgaren und Türken eingeschlossen, weil sie Person und Eigenthum gesichert sieht, sich unter der rumänischen Herrschaft vollständig zufrieden fühlt.

Bulgarien. Sofia, 18. August. Der W. „Presse“ wird von hier geschrieben :

Der Fürst ist vergangenen Sonntag nah Varna abgereist. Vor seiner Abreise legte er den Grundstein zu einer Kavalleriekaserne. Auch eine Infanteriekaserne wurde bereits in Angriff genommen und wird im nächsten Frühjahre eine zweite gebaut werder. Bis zur Herstellung dieser Bauten muß das Militär noch weiter theils in Baracn, theils in mehreren zerstreut liegenden, ja selbst baufälligen S untergebracht werden. Mit dem Umbau des Fürstlichen

alais wurde begonnen und es wird auch ein ziemlich aus- edehnter Anbau an dasselbe stattfinden. Der Plan für diese rbeiten wurde, nahdem jeaer von dem hiesigen Staats-Archi- tekten entworfener den Anforderungen nicht entsprochen hatte, voa dem Wiener Architekten Rumpelmeyer ang-cfertigt. Genannter Architekt hat auc zur Leitung des Baues einen Vertteter hierher gesendet. Das Ministeriunt beabsichtigt eine Volkszählung zu veranlassen. Die lette' fand zur Zeit der russishen Okkupation statt. Das leßte Sobranié hat die Gehalte der Beamten sehr herabgeseßt und! sind namentlich die Post- und Telegraphen- Beauiten, sowie die Techniker {lecht davon gekommen. Aus diesem Anlasse traten von Letteren einige aus dem Dienste aus. Zur Besezung der erledigten Stellen wurden von dem Bau- Direktor aus Rußland andere Kräfte berufen und sind dieselben be- reits hier eingetroffen. Dieses dürfte wahrscheinliÞ die Nachricht, welche in einigen ausländishen Blättern zu lesen war, daß. russische Genie-Dffiziere na Bulgarien gereist sind, veranlaßt haben. Um: allen, somit selbst den unbemittelten Flüchtlingen die ck- kehr in das Fürstenthum und die weitere Existenz zu ermö :li- hen, wurde über Antrag des Ministeriums vom Fürsten angeordnet, daß 100000 Frs. dazu verwendet werden, um die Reisekosten zu deden, Kleider anzuschaffen und den Lebensunterhalt der Flüchtlinge während der nächsten Zeit zu. beftreiten. 2) Daß 500000 Fr. aus den landwirthschaftlihen Vorschuß- und Unterstüßungskassen der 21 Bezirke des Fürstenthums den Flüchtlingen ‘geliehen werden, damit sich letztere ihre Häuser repariren und Zúgvieh, Ackerbaugeräthe, sowie den Samen zum An- bau anschaffen können. 3) Sollen die Flüchtlinge ohne Weiteres, d. i. ohne den geseßliben Nabweis des Eigenthumsrechtes vorher liefern zu müssen, in den Besiß ihrer Liegenschaften eintreten. 4) Sollen sie den diesjährigen Miethzins von jenen Liegenschaften, welche verpachtet sind, sogleih erhalten. 5) Sollen jene Flüchtlinge, welche ihre Wälder, Mühlen, Gewölbe, Maierhöse u. \. w. nicht selbst ouênüßen, sondern anderen zur Benüßurg übergeben, die géseßz- lichen Nachweise zur Sicherstellung des Eigenthumérecbtes liefern. 6) Gbenso müssen einen sol&en Nachweis jene Flüchtlinge, welche die ihnen ausgefolgten Güter verkaufen wollen, erbringen. Wie bekannt, soll nach der Wehrordnung jedec diensttaug- liche Bulgare vier Jahre in der aktiven Armee dienèn, worauf er dcr Reserve“ anzugehören hat. Da Bulgorien einen so hohen Heeres- stand nich: erhalten kann, so muß ein Theil des Militärs nach einer kurzcn Dierstpfl cht in der aktiven Urmee der Reserve einverleibt werden. Diese Reserven werden in den nächsten Tagen, wie es au in den späteren Jahren geshehen wird, für eine kurze Zeit zu den Uebungen «cinberufen.

viußland und Polen. St. Petersburg, 20. August. Der „Wiener Abdp.“ wird geschrieben: Die Abreise des Kaisers nah der Krim wird wahrscheinlih ers nach der großen Hiße stattfinden. Großfürst Wladimir mit Ge- máhlin und Kindern beabsichtigt, sich zu einer Kur nah Biarißz zu begeben. Während des letzten Krieges standen unter den Waffen 39 268 ere und 1626165 Unteroffi- ziere und Soldaten. An Orden für Tapferkeit kamen zur Vertheilung: 141 Georgs-Kreuze verschiedener Grade (dar- unter nur zwei Großkreuze für die Feldmarschälle Großfürsten Michael. und Nikolai), 1440 Annen-Kreuze vierter Slale (auf dem' Säbelgesäße), 1074 Annen-Kreuze dritter Klasse mit Schwertern und Kokarde. Den Stanislaus-Orden* dritter Klasse mit diesen Verzierungen" erhielten 1613 Offiziere.

Amerika. New-York, 13. August. (W. Z.) Die Arbeiten für die für das Wu 1883 beschlossene Weltaus- stellung in der Stadt New-York wurden am Dienstag durch die erste Sißzung der Staaten- und Territorialkommis- säre im Gouverneurszimmer der City Hall eröffnet, und die Unterzeihnungen für dieses nationale Unternehmen, welches ugleih eine hundertjährige Erinnerungsfeier des Endes des Revolutionskrieges werden soll, alsbald in Angriff genommen werden. Es wird dabei nicht nur auf thatkräftigeLUnter-

stüßung von Seiten der National- wie der Staatenregierungen, sondern auch des individuellen Patriotismus der Bürger ge- rechnet. Die Massenauswanderung der Neger aus dem Süden scheint wieder einen neuen Jmpuls erfalien zu haben. Dem Präsidenten des Hülfsvereins für Far- bige zu St. Louis isst nämlich die Mittheilung zu- gegangen, daß innerhalb der nächsten zwei Monate zehn- tausend Neger aus Mississippi und Louisiana auswandern und auf dem Wege nah Kansas und anderen nordwestlichen Staaten in St. Louis eintreffen werden. Der dortige Hülfs- verein hat seit e.wa Monatsf\rist pro Tag für durchscnittlih vierzig ¿Farbige gesorgt Und dieselben nah ihren Bestimmungs- orten befördert. Aus Portland, Oregon, wird gemel- det, daß sih unter den JFndianern im oberen Theile des Staates ein kriegerischer Geist kundgebe, doch wird die Ansicht geltend gemacht, daß man im Laufe dieses Jahres keinen Ausbruch von Feindseligkeiten von dieser Seite zu erwarten habe, da die Jahreszeit bereits zu sehr vorgeschritten sei. Aus Winnipeg, Manitoba, trifft die Nachricht ein, daß die Birds Eye Jndianer, 1500 Mann stark, sih in den Besiß der Vorräthe des Jndianer-Departements zu Duck Lake, im nordwestlichen Canada, geseßt haben. Eine Anzahl der Es ist von den canadishen Behörden verhaftet worden.

Nr. 43 des „Amtsblatts des Reichs-Postamts“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 23, August 1880: Austari- rung der unfrankirten bez. ungenügend frankirten Briefsendungen im Weselverkehr mit Bayern und Württemberg; vom 18. August 1880 : Post-Dampfschiffverbindung mit Dänemark; vom 20. August 1880 : Anwendung des Eisenbahn-Postgeseßes auf die Berlin-Dresdener Eisenbahn.

Archiv für Post und Telegraphie. Beiheft zum Amtsblatt des Reichs-Postamts. Herausgegeben im Auftrage des Reichs-Postamts. Nr. 15. August 1880. Inhalt: Aktenstücke und Auf'äße: Die Unterhaltung des Pferdestandcs bet der reichs- eigenen Posthalterei in Berlin. Das dänische Postwesen im Jahre 1878/79. Das Institut der Landkutscher und der sogen. Reihe- fahrten im früheren Herzogthum Magdeburg und den benachbarten Fürstenstaaten. Neue Fernsprebversuche in New-York. Kleine Mittheilungen: Das Projekt der Sahara-Eisenbahn. Apparat zur Messung von {wachen Wechselströmen. Einem von den ältesten der Kaufmannschaft in Berlin u. st| w. Kautionsdarlehne. Nicaragua-Kanal. Vollendung der Centraleisenbahn von Guate- mala. Zeitschriften-Ueberschau.

Nr. 23 des Eisenbahn-Verordnungs-Blatts, heraus- gegeben im Königlichen inisterium der öffentlichen Arbeiten, hat folgenden Jnhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten : vom 3. August 1880, betreffend die im §. 48 des Betriebsreglements vorgesehene Strafe für unrichtige Deklaration von Transportgegen- ständen; vom 5. August 1880, betreffend Submissionsbedingungen für die öffentlihe Vergebung von Arbeiten und Lieferungen bei den Hochbauten der Staatsverwaltung; vom 9. August 1889, be- treffend die Gewährung von Reisekosten im Falle der Benutzung von Freifah:ts\cheinen bei Dienstreisen; vom 10. August 1880, be- treffend die Einstellung von Nichtraucher-Coupés in die Personen- züge. Richterliche 2c. Entscheidungen: Urtheil des Reichsgerichts (11. Civilsenat) vom 18. November 1879 in Sachen des Kauf- manns K. zu Côln wider die Rheinishe Eisenbahngesellschaft. „Der Artikel 424 des Handelsgeseßbuhs findet auch in dem Falle Anwendung, wenn der Transport, welcher in unbedeckten Wagen er- folgen durfte, in bedeckten Wagen stattgefunden hat Urtheil des Reich8gerihts (I1. Civilsenats) vom 28. März 1880 in Sachen der Stadtgemeinde Neuß wider die Bergish-Märkishe Eisenbahngesell- schaft. „Wie weit reiht die Verpflichtung einer Eisenbahng? sellschaft zur Entschädigung der von der Enteignung getroffenen Grundbesißer 2“ Urtheil des Reichtgerichts (1V. Civilsenat) vom 7. Juni 1880 in Sachen des pensionirten Lokomotivführers B. wider die frühere Königliche Eisenbahnkommission der Niederschlesisch-Märkischen E:sen- bahn zu Breslau. „Au6lezung des H. 37 des Pensionsreglements vom 31. Dezember 1854.“ —- Nachrichten. Rechnungs-Abschluß des Preußischen Beamten- Vereins.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 15. August -bís inkl. 21. August cr. zur Anmeldung ge- fommen: 148 Gheschließungen, 852 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene und 621 Sterbefälle.

Die Eisenbahnen Schwedens. (Stat. Corr.) Die erste {ch{wedishe Eisenbahn mit Dampfbetrieb wurde am 1. Dezember 1856 eröffnet; Ende 1878 hatten nur voch die beiden nördlichsten Läne mit allerdings über einem Drittheil der Landesfläche niemals den Pfiff einer Lokomotive vernommen. Zu diesem Zeitpunkte waren im Königreiche Sbweden 471,2 Mil (von 360 Ref bezw. 10,6886 km) oder 52363 km Eisenbahnen mit Dampfbetrieb und 19,1 Mil oder 2047 km mit Pferdebetrieb vo: handen.

Die Staats-Eisenhahnen werden Jahr für Jahr verlängert ; seit 1869 sind sie von 1047 auf 160,9 Mil angewachsen. Die Anlage- kosten betragen 1734 Mill, Kronen zu 1% Reichsmark, das find 113: 21 Mark pro Kilometer; doch \{lägt man den Werth der im Betriebe steheaden Staatebahnen höher an, nämli auf 180} Mill. Kronen. Jhre Ausrüstung“ ist besonders in den Jahren 1874 bis 1876 stark vermehrt worden, und sie besißen nunmehr 252 Loko- motiven, 593 Prunf- und Personenwagen, 61 G-fangen- und Post- wagen und 6600 Gepädck- urrd Güterwazen; die Zahl ihrer Be- e ARg Diener mit Auênahme der Barrierewächter (grindvakter) ist :

Gestiegen ist die Anzahl der Reisenden in Wagen erster Klasse von 19468 im Jahre 1870 auf 68 976 im Jahre 1877, zweiter Klasse von 252 431 auf 751319 im Jahre 1875, dritter Klasse von 1 300917 auf 2457685 im Jahre 1877; während des leßten Be- richtéjahres 1878 wurden bezw. 57 422, 649 294 und 2 409 993 Per- sonen dieser Klassen befördert, außerdem 69817 Soldaten gegen 20325 im Jahre 1870. Scnellzüge werden reichliher als im vorigen Jahrzehnt benußt, nahezu ein Zehntel aller Reisenden be- diente sih derselben 1878 gegen ein Sechzehntel im Jahre 1870. Ein Passagierbillet reihte durbscnittlich 4,1 Mil weit gegen 5 Mil im Jahre 1871, seit welchèem die durchschnittlihe Reiselänge stetig abgenommen hat. E

An Gepäck-Ueberçgewicht wurden 1870 23 800, 1877 62471, 1878 57 294 Centner (von 100 Skälpund oder 42,50758 kg) beför- dert, ferner 1870 12107, 1874 24213, 1878 21 769 Stüd Leichen, Wagen, Pferde und Hunde, 1870 14420049, 1876 36 726 962, 1878 32286567 Gentner Güter in Eil- und gewöhnlicher Fracht auf durchschnittlich 10} Mil (1871 auf 11,4 Mil), 1871 1 363 728, 1875 7854252, 1878 4084085 Centner Lasten für Bahnzwecke ohne Fragt 1870 65915, 1878 170065 Stüd Vieh, 1870 30305, 1877 75 626, 1878 66 841 Telegramme für das Publikum.

Die Einnahmen stellten sh im Jahre 1878: für Billets erster Klasse 576 631, zweiter 2 194 508, dritter 2729 029, vom Truppen- transport 91 907, aus Extrazügen, Gefangentransport, Postbeför- d:rung, Gepäcküberfraht, Leichentransport und dergleichen 532 716, vom Güterverkehr 8 349 899, auferordentlihe und verschiedene Ein- nahmen 211194," zusammen 14 685 884 Kronen gegen 6 791 193 im Jahre 1870 und 16 609 048 im Jahre 1876 mit dem höchsten vor-

gekommenen Dur{schnittsbetrage ron 115662 Kronen auf die Bahnmil. Die Ausgaben sind von 3610677 Kronen im Jahre 1870 auf 10702139 im Sahre 1878 gestiegen, ihren höchsten Stand erreichten sie 1877 mit 76761 Kronen pro Bahnmil, im Verhältniß zur Einnahme dagegen im folgenden Jahre mit 72,87 9/9 gegen 50,07 9/, für 1872. Die Oberleitung und die Bureaus verbrauchten von den Ausgaben des Jahres 1878 2,4%, die Strecken- verwaltung 31,1, die Tranéportverwaltung 27,9, die Mascinen- abtheilung 37,5, Veränderungen von Bauten und dergl. nebs Ver- Iuften 1,1 °%%. Der Reinertrag stieg von 3 180516 Kronen im Jahre 1870 auf 6165982 Kronen im Jahre 1876 und fiel 1878 auf 3 983 745 Kronen; das Baukapital hat sich in den neun Jahren 1870—78 mit 3,47, 3,76, 4,28, 4,83, 4,56, 3,74, 403, 3,03 und 2,40 %/69 verzinst, {eint also auf demselben Wege der Rentenvermin- derung zu sein, auf welhem auch die Bahnen der deutschen Mittel- staaten \sich befinden.

Privatbahnen sind zahlreich über das Land zerstreut; die am Ende des Jahres 1878 vorhandenen 72 haben 329,42 Mil Gesammt- länge, sie besißen 288 Lokomotiven, 671 Personen-, 7218 Gepäd- und Güterwagen und haben vom Staate außer 2402 500 Kronea Bei- trag 33 939 295 Kronen Vorschuß empfangen.

Im Zusammenhange mit Staatsbahnen stehen 44 Privatbahnen von 1—31#, zusammen 287,5 Mil Länge; aber nur 25 von ihnen haben die normale Spurweite von 4,83 Fot (zu 29,6906 cm, also 1,431 m) auf 210.1 Mil Länge, 2 andere von 4,10 Fot messen 12,6 Mil, 1 von 3.68 Fot 3,4 Mil, 4 von 3,59 Fot 20,7 Mil,, 11 voa 3 Fot 35,6 M l und 1 von 2,70 Fot 5,1 Mil. Das Schienengewicht, welches bei den Staatsbahnen 19,40--23,04 Skälpund pro Fot (also27,78—32,98 kg pro Meter) beträgt, geht auf manchen Strecken bis 8 Pund herab; die Baukosten betragen zwischen 241 105 und (auf der Frövi-Ludvika- bahn) 1 272 561 Kronen pro Mil. Im Jahre 1878 wurden auf dieser Klasse von Eisenbahnen 3 850 000 Reisende und gegen 67 Millionen Centner Güter befördert und dabei 738—86 400 Personen- bezw. 98 000—6 900 000 Gentnermeilen zurückgelegt; am stärksten frequentirt ist Landskrona-Helsingborgs von Reisenden und Gefle-Dala von Gütern. Bei leßterer stellt sich die Einnahme pro Mil auf 178 395, bei der am wenigsten benußten Eisenbahn auf 13 777 Kronen; die Jahreseinnahme aller mit den Staatsbahnen verbundenen Strecken ist 12 Millionen Kronen. Vier Eisenbahnen geben 90—96 ‘/6 ihrer Einnahmen aus, vier 80—90 9%, vier 70—80 9%, dreizehn 60—70 %/0, vierzehn 50—60 %/6, fünf 39—50 9%.

Gernere 7 Privatbahnen von 1—104/;, zusammen 22,8 Mil Länge werden zwar ebenfalls mit Lokomotiven betrieben, stehen aber nicht mit Staatslinien in Verbindung. Zwei derselben mit 11,8 Mil haben die normale Spurweite, zwei mit 2,9 Mil eine solche von 4,10 Fot, eine mit 1,7 Mil 4 Fot und zwei mit 6,4 Mil 3 Fot; ihre Schienen wiegen 10—154 Pfund pro Fot. Sie besißen 26 Lokomotiven und 684 Wagen.

Ohne Dampfbetrieb sind 21 Privatbahnen mit zusammen 19,12 Mil Läage, und zwar elf von normaler Spurweite mit 3,36 Mil, eine von 3,59 Fot mit 9,5 Mil, eine von 34 Fot mit 0,8 Mil, sech8s von 3 Fot mit 9,7 Mil, eine von 2,70 Fot mit 4,5 Mil und eine von 2,56 Fot mit 0,26 Mil. Vierzehn von diesen Bahnen mit zusammen 5,82 Mil haben einer Konzession der Re- gierung nicht bedurft.

Das „Foreign Office of the Consular Reports" Englands veröffentlicht. eine Zusammenstellung der Kohlenproduktion pro 1879 von folgenden Ländern:

Großbritannien 133 720.393 t, Bereinigte Staaten Nordamerikas 60 850 000 , Deutschland 42 031 726 Frankreich 17 104 845 Belgien 15 447 292 Oesterreich-Ungarn 5 378 604

Summa 274532 860 t,

aller übrigen Länder nah d. Durch-

{nitt der leßten Jahre etwa 10 000 000 ,„ Somit fällt beinahe die Hälfte ver ganzen Kohlenproduktion der Welt auf England. Bei Kalkulirung der jeßizen billigen Preise repräsentirt die Kohlenproduktion der Erde jährlich 12 bis 2 Milliar- den Mark; der Kohlenbergbau beschäftigt etwa 1 Million Arbeiter, resp. ernährt etwa 4 Millionen Menschen.

(K. Z.) Statistische Veröffentlihungen bezüglich der Alters - renze für die Sterblichkeit in England ergeben für das ahr 1878 das Ableben von 230 Männecn und 510 Frauen in einem

Lebensalter von 95 Jahren und darüber. 24 Männer und 64 Frauen erreihten ein Alter von 100 Jahren und darüber, und zwar 12 Männer und 27 Frauen 100 Jahre, 5 Männer und 13 Frauen 101, 2 Männer und 8 Frauen 102, 3 Männer und 7 Frauen 103, 1 Mann und 4 Frauen 104, 1 Mann und 4 Frauen 105 und 1 Frau 106 Jahre. Acht von diesen Hundertjährigen, nämlich 1 Mann und 7 Frauen, starben in Londoner Bezirken.

(A. C.) Die englische Industrie hat im vorigen Inhre in der Eisenbranche 570 000 Arbeiter beschäftigt, wovon bei Hohöôfen und Walzwerken 140000, in der Mascinenfab.ikation 169 000, in der Stahlfabrikation 5500, im Eisen\chiffsbau 48 009 und in verschiedenen Fabrikation‘zweigen aus Eisen und Stahl rund 200000 angestellt sind. Jm Bergbau werden außerdem 530 009 und in der Textilindustrie gegen 600 000 Arbeiter gezählt.

Kunst, Wissenschaft und Literatuzr.

Im Verlage von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig find in jüngster Zeit folgende Büther erschienen: 1) Das Staatsrecht des Deutschen Reiches von Dr, Philipp Zorn, ordentlichem Professor der Rechte zu Königsberg. Eciter Band: Das Verfasstmgs- und Militärreht. Dieses Lehrbuch bringt den Stoff des Reichs-Staatérechtes in gedrängter Kürze zur Darstellung. Nicht nur unter den Juristen, sondern au unter Nicht- juristen dürfte sih das Buch Freunde erwerben bei denen, welche be- rufen sind, am staatlichen Leben positirzen Antheil zu nehmen und daher Veranlassung haben, sich über die Grundzüge des Staatsrechtes zu orien- tiren. Diesem Bedürfnisse ist durch das vorliegende Üübersichtliche Handbuch gedient, das auch zugleih den Studirenden als ein er- wünschter Führer im Studium des Staatsrehts eine willkommene Gabe sein wird. Die kurze Fassung, welche im Plane dieser ganzen Sammlung von Lehrbüchern des Reichsrechtes liegt, hat den Ver- fasser nicht verleitet, den \{wierigen Kontroversen des Staatsrechtes überhaupt und speziell unseres heutigen Reichéstaatsrehtes aus dem Wege zu gehen; vielmehr hat der Verfasser den prinzipiellen Fragen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Der zweite Band, welchen der Verfasser binnen Jahresfrist erscheinen zu lassen beabsichtigt, soll das Verwaltungsrecht im engeren Sinne, das Gerichtsverfafsungs- recht, das Finanzrecht und endlich eine umfassende systematische Dar- stellung der Rechtsbeziehungen des Reiches zu auswärtigen Staaten enthalten. 2) Das deutsche Reihs-Preßrecht unter Berük- sichtigung der Literatur und der Rechtsprehung insbesondere des preußishen Ober-Tribunals und des Reichsgerichtes systematisch darge- stellt von Dr. Franz Eduard von Liszt, ord. Professor der Rechte in Gießen. Der Verfasser hat sein Thema so behandelt, daß demjeni- gen Leserkreise, den die Materie, welche das vorliegende Buch behandelt, interessirt, etwas wirklih Brauchbares geboten wird. Dcr Praktiker, mag er Journalist, Rechtsanwalt, Richter oder Staatsanwalt sein oder irgend ein Preßgewerbe betreiben, dürste das Eingehen auf Detailfragen, wie das tägliche Leben sie bringt, und die sorgfältige Berücksichtigung der Rechtspre{ung um so erwünschter sein, als die Kommentare zum Reichspr:ßgeseße größtentheils in einem Zeitpunkte erschienen sind, in welhem es eine Praxis auf Grund dieses Ge- seßes noch gar nicht gab. —- 3) Weiter ist in dem oben genannten Verlage erschienen: Die Justizverfassung in Preußen nach Reichs- und Landetrecht von W. Turnau, Kammergericbts-Rath. Dritte Lieferung (zweiter Theil). Diese dritte Lieferung enthält das Gesetz über die Konsulargerihtöbarkeit vom 10. Juli 1879 und die Instruktion des Reichskanzlers zur Ausführung dieses Gesetzes vom 10, September 1879, ferner die Geseße betr. die Rheinschiffahrts- gerichte vom 8, Viärz 1879 und betr. die Elbzollgerichte vom 9, März

1879, sowie die allgemeinen Verfügungen des Justiz-Ministers vom 22 bez. 23. September 1879, betr. die Schöffengerihte. Schon bei 2m Erscheinen des ersten Theiles des Werkes haben wir Veran- lassung genommen auf die Brauchbarkeit und Nütßlichkeit desselben für den Praftifer hinzuweisen.

Von dem Werke „Die Erde und ihr organisches Leben“ von Klein und Thomé (W Spemann in Stuttgart) liegen drei weitere Lieferungen 18 bis 20 vor, welche die Be- schreibung der „Wüsten“, „Hochebenen und Gebirge“, „Gletscher und Ei?zeit“, sowie den Anfang des Kapitels über „Erdbeben“ ent- halten und außer den Bildern im Text, 3 Vollbilder: „Chinarinden- baumlandschaft“, das Franz Josephs Fjord und Marble Cañon (Colorado) bringen. Die Form der Darstellung is ebenso interessant wie klar und die typographisbe Ausstattung des Buches eine vor- trefflihe. Das Werk kann allen Gebildeten ebenso zur Belehrung wie zur Unterhaltung empfohlen werden.

Im Verlage der Buchhandlung des Waisenhauses zu Halle a./S. ershien: Grundlagen zur Beurtheilung des Trinkwassers zugleih mit Berücksichtigung der Brauchbarkeit für gewerbliche Zwecke und für Reinigung von Abfallwafser nebst Anleitung zur Prüfung des Wassers. Für Behörden, Aerzte, Apotheker und Techniker ver- öffentliht von Dr. E. Reichardt, Professor in Jena. Vierte Auf- lage mit 33 Holzschnitten und 2 lithogr. Tafeln. Preis 2 M. 80 S. Dies lehrreiche, besonders für Behörden, Aerzte und Chemiker empfehlenswerthe Buch verdankt einer Verordnung des Großherzoglichen Staaté-Ministeriums zu Weimar seine Entstehung, nach derselben follten, den wichtigen Erfahrungen der Neuzeit entsprechend, die Fluß-, Quell- und Triebwasscr im Großherzogthum Weimar einer chemischen Unter- suchung unterworfen werden. Das Staats-Ministerium übertrug die Aueführung dieser Verordnung den Professoren Ludwig und Reichardt zu Jena, welchen als medizinisher Sachverständiger Gch. Hofrath Gerhardt in Jena beigegeben wurde. Das Gutachten wurde von derm Professor Reichardt entworfen, und nahdem die Großherzogliche Me- dizinalklommission diese Arbeit in Berathung gezogen und theilweise ergänzt hatte, wurde dieselbe für die Beurtheilung

er Wasseruntersuchungen als Grundlage angenommen, und

gelangt in diesem Buche wegen der allgemeinen Bedeutung des Gegenstandes zur Veröffentlihung. Die vierte, jeßt vorliegende Auflage enthält einige nothwendig erachtete Umarbeitungen und Vermehrungen der Gegen!lände, wodurch ih der Umfang des Buches um die Hälfte vergrößerte. Der V-rfasser weist na, daß das Flußwasser zum Trinken nicht geeignet ist. Die äußerst mannigfaltigen, wechselnden Einflüsse und Verunreinigungen des fließenden Wassers machen dasselbe geradezu unbrauchbar als Trinkwasser, da bei der stets wechselnden Temperatur dieses Wassers und der gar nicht zu regulirenden Veränderlichkeit der Zuflüfje oft die sonst vielleicht unschädlichen organischen Bestand- theile plöylich in {chädliche verwandelt werden; selbst die sorgfältigste Filtrirung des Flußwassers macht dasselbe nah Ansicht des Verfassers durchaus zum Trinkwasser ungeeignet, und hält derselbe nur Quell- wasser zur menschlichen Nahrung geeignet. Seinen Besprechungen legt der Verfasser folgendes Sutachten der Wiener Wasserversor- gungskommission über die Anfocderungen, die an gesundes Trink- wasser zu stellen sind, zu Grunde: 1) Ein in allen Beziehungen tadel- loses Wasser muß klar, hell und geruchlos sein. 2) Es soll nur wenig feste Bestandtheile enthalten und durchaus keine organisirten. 3) Die alkalischen Erden in Summa dürfen höchstens 18 Th. Kalk in 100 000 Th. Wasser entsprehen (0,180 gem. Kalk im Liter). 4) Die für fich im Wasser löslihen Körper dürfen nur cinen kleinen Bruch- theil der gesammten Wassermenge betragen, besonders dürfen keine größeren Mengen von Nitraten und Sulfaten vorkommen. 5) Der chemische Bestand, sowie die Tempe1atur soll in den verschiedenen Jahreszeiten nur innerhalb enger Grenzen s{chwanken. 6) Verunreini- gende Zuflüsse jeder Art sollen fern gehalten werden. 7) Den ge- stellten Anforderungen genügt nur ein reihes Quell wasser, dieses ist allein zur Trinkwasserversorgung geeignet. 8) Die JFndustrie be- darf für ihre Zwecke ein Wasser von nahezu derselben Beschaffenheit. 9) Filtrirtes Flußwasser, wenn es jederzeit frei von Trübungen erhalten werden kann, is zu den Gewerbebetrieben geeignet, aber wegen der nicht erfüllten Bedingungen in 5 und 6 als Trinkwasser nicht anwendbar. 10) Zur Besprißung und Reinigung der Straßen taugt jedes Wasser, das geruhlos ist und keine erheblihen Mengen von faulenden Substanzen enthält. Verfasser hält auch nicht alles Quellwasser für geeignet zum Trinkwasser; besond.rs nothwendig set eine Üntersuhung desselben auf den Gehalt an Salpetersäure, welche stets nur als Produft der Pelegung organischer Substanzen angesehen werden könne. 4 Theile Salpetersä-re in 1 Million Theilen Wasser, oder 0,4 für 109 000 Theile Wasser sei das höchste Quantum, welchbes das Trinkwasser enthalten dürfe, ohn: der Ge- sundheit des Menschen \{chädlich zu sein. Vielfache Versuche, u. A. in Weimar, haben ergekten, daß bei höheren Prozenten Salpetersäure in Brunnen, besonders bei auftretenden Epidemien, Heerde der- selben geworden sind.

Land- und Forstwirthschaft.

Riedlingen, 24. August. (St. A. f. W.) Unsere Frucht- ernte ift nun beinahe beendet; war auch das Wetter unbeständig, so genügten die paar sonnigen leßten Tage, die Früchte trocken unter Dab zu bringen. Das Ernteergebniß is nach Quan- tität und Qualität sehr günstig. ODehmd ist in Menge in Aussicht; das Einheimsen wird in den nächsten Tagen beginnen.

Gewerbe und Handel.

Dem Jahresbericht der kleinen Friedrihsrodaer Eisen - bahn für das Jahr 1879 entnehmen wir Folgendes: Die Bahn ift am 6. Oktober 1875 im Bau begonnen und am 2, Juli 1876 dem öffentlihen Verkehr übergeben worden. Sie gehört dem fadsen-gothaishen Staate und ist auf die Dauer von 16 Jahren verpacbtet. Der Betriebspächter zahlt der Regierung für die Bahn eine Pachtsumme von jährlich 17000 Æ, für den Gasthof in Waltershausen, in welchem sich die Warte- und Expeditionsräume befinden, neitere 1720 M, und verzinst somit der Regierung das ge- sammte Anlagekapital von 616 700 A mit 3,04°/,. Außerdem hat der Betriebspächter jedes Jahr 400) A als Beitrag zum Er- neuerungsfonds für die Geleise (etwa 34 %/, des Werthes vom Ober- baumaterial) abzuliefern. Bei zunehmendem Verkehr ift eine Steigerung der Pacht vorgesehen, welhe die Verzinsung auf etwa 4%/9 erhöht. Die ganze Bahn hat außer dem gemeinschaftlichen Bahnhof Fröttstedt der Thüringer Bahn noch die beiden Bahnhöfe Waltershausen und Friedrihsroda. Im Jahre 1879 betrugen die Einnahmen der Bahn 82022 4, die Ausgaben dazegen 46 675 M, demnach der Ueberschuß 35357 #Æ# Dieser Uebershuß is in nah- stehender Weise verwendet worden: an die Thüringer Bahn für Mit- benußung des Bahnhofes Fröttstedt 2c. 2131 6, an die Gothaische Regierung für Einlazé“ in den Reserve- und Erneuerungsfond“ 4000 Æ, an die Gothaishe Regierung für ca. 3 °/9 Zinsen von 616 700 Æ Anlagekapital (als Pacht für die Bahn cinschließlich des Gasthofes in Waltershausen) 18 720 #4, an den Betriebspächter für Amortisation seiner VBetriebsmittel 3939 (G und für Verzinsung seines Betriebskapitals 6,5%/ von 101512 M 6567 M

Die „New-Yorker Hdl. Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 13. d. M. datirten Wochenberich{cht über die Ge\chäftslage fol- gendermaßen: Der jüngste Aufs{hwung hat einer etwas ruhigeren Stimmung Raum gegeben, cin Wechsel, der um \o weniger zu be- dauern ift, als das Vertrauen nicht gelitten hat- und, was kaum minder {äßbar, jeder Ueberstürzung dadurch einstweilen vorgebeugt ist. Troß der momentanen Ersch&laffung des Geschäftsganges bleibt die Gesammtsituation eine äußerst gün|tige, denn alle Elemente zur Prosperität sind vorhanden. Die Handelsbewegungen des Hafens von New-York im Monat Juli cr. ergeben sowohl für Import als für Export im Vergleich zu demselben Monat des Vorjahres eine bedeutende Zunahme. Der Import betrug 40 828 297 Doll. gegen 27 128 509 Doll, der Export 39 639 338 Doll. gegen 29 586 922 Doll, wobei zu berüdcsihtigen is, daß New-York nur für den Import maßgebend ist.

Das Geschäft am Waaren- und Produktenmarkt nahm

, diese Woche einen verhältntßmäßig ruhigen Verlauf.

Brodstoffe, namentlich Weizen und Weizenmehl, verfolgten bei schwächerm Export- begehr weihende Tendenz. Für volle Getreideladungen sind 19 Fahr- zeuge ges{lossen worden; für P etroleumschiffe zeigte sich viel Nachfrage. Der Baumwollmarkt, sowohl für diéponible Waare wie im Termingefschäft, verharrte in derselben Lethargie, in welche er seit Wochen versunken. Rio Kaffee war fester und in westindischen sowie ostindishen Sorten fand ein lebhaftes Geschäft statt. Raff- Petroleum konnte einen Anfangs der Woche etablirteu Avanz nit behaupten und {ließt matt. Schweinefleish, Schmalz und Speck sind höher, während Rindfleish nur wenig Beachtung fand. Terpentinöl und die geringeren sowie mittleren Harzsorten er- freuten si bei sehr fester Markthaltung eines lebhaften Exrport- begehrs. Am Hopfenmarkte war es fill, doch sind die Aus3- sihten für die kommende Ernte sehr befriedigend. In fremden Ma- nufakturwaaren fährt das Geschäft fort, sih langsam zu beleben. Der Import von fremden Webstoffen während der heute beendeten Wocbe beträgt 2 619 286 gegen 2 592 823 Doll. in der Parallelwoche

des Vorjahres.

London, 26. August. (W. T. B.) Nath den Abendblättern haben Durham u. Co. in Manchester und London, welche südamerikanischen Handel betrieben, ihre Zahlungen eingestellt. Die Passiva betragen 100 000 bis 200 000 Pfd. Sterl.

: Verkehrs-Anstalten.

Der Aktiengesellshaft Ilseder Hütte ist die Genehmigung zur Anfertigung der generellen Vorarbeiten für die Verlängerung der Peine-Ilseder Zweigbahn zum Anschluß an die projektirte Linie Hildesheim-Braunschweig ertheilt worden.

Triest, 26. August. (W. ‘T. B.) Ler „Espero“ troffen.

2t Lloyddampfer ist heute Vormittag aus Konstantinopel hier einge-

Berlin, 27. August 1880.

Einer von dem Reichskommissar für die Weltaus- stellung in Melbourne, Geheimen Regierungs- Rath Reuleaux, gemachten Mittheilung zufolge ist derselbe am Ausstellungsorte angelangt. Ebenso ist auch das zweite zur

Beförderung der deutschen Ausstellungsgüter gecharterte Schiff „Protos“ glücklich in M-lbourne angekommen.

Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kur- fürsten Friedrih Wilhelm von Brandenburg. Auf Ver- anlassung Sr. Königlihen Hoheit des Kronprinzen von Preußen. X, Band. Ständishe Verhandlungen (2. Band: Mark Brandenburg). Herausgegeben von Siegfried Fsaacsohn. Berlin, 1880. Druck und Verlag von G. Reimer. Die in diesem neuesten Bande der obengenannten Publikation veröffentlichten Urkunden nnd Aktenstücke sind größtentheils dem Geheimen Staats- und dem Stände- Archiv zu Berlin entnommen, Anderes aber aus Familien- und städtishen Archiven zusammenget:agen. Den wesentlichen Fn- halt der Verhandlungen bilden das Kontributionswesen, die Militärfrage, das ständische Kreditwerk und die Einführung der Accise. In einer allgemeinen Einleitung werden in übersichtlicher Darstellung die landständishen Verhältnisse in den Marken bis ‘zum FJahre 1640 geschildert. Dann werden in dem erst:n Abschnitt die Verhandlungen mit den Ständen über die Kontribution mitgetheilt, welhe mit den Landtags- propositionen, die der Statthalter Graf Adam von Schwartenberg 8 Tage nach dem Hinschciden des Kurfürsten Georg Wilhelm am 29. November 1640 den Ständen vortrug (neue Auflagen zur noch entschiedeneren Offensive gegen Schweden), beginnen ' und mit den Rezessen von 1643 endigen. Angehängt sind Auszüge aus der Kor- respondenz des Geheimen Raths Thomas v. d. Knesebeck mit szinem Bruder, dem Landeshauptmann Hempo v. d. Knesebeck und dem Hof- und Landrichter der Altmark (1647—48) Der folgende Abschnitt ift betitelt: „Die Auseinanderseßung mit den Ständen 1650—54". Die Veseßung Pommerns dur die Schweden und die Fortführung der Friedens - Erekutions - Traktate zu Nürnberg nöthigten zu neuen Ausgaben und damit zu neuen Forderungen an die Stände, die dur die Verlängerung des Indulti Moratorii und Milderung der Zahlungsbedingungen (Juli 1650) nur wenig besän tigt wurden. Die unberufene Zusammenkunft des märkischen Ständeaus\cusses im November 1650, die Drohung mit einer zweiten im Sommer des folgenden Jahres, unmittelbar nahdem die Stände der Altmark (Mai 1651) unter der Führung des dortigen Haupt- manns und Kreiskommifsars Hempo von dem Knesebeck zusammen- getreten und gegen die Maßregeln der kurfürstlihen Re- gierung zu Berlin protestirt hatten, entrollen ein Bild von der erregten Stimmung jener sowohl wie von der Kriegs- noth, unter welder das Land zu leiden hatte. Die Verhandlungen erhielten ihren vorläufigen Abs{luß durch den leider nur auszugäweise mitgetheilten denkwürdigen Rezeß vom 26. Juli 1653, der zusammer mit den zwei analogen für die Neu- mark vom 29. August desselben Jahres das Fundament bildet, auf dem sich die Stellung der Stände" im brandenburgish-preußischen Staate erhebt, um erst im Anfang dieses Jahrhunderts einer neuen Entwickelung Naum zu macben. Der Abschnitt {ließt mit der von den Deputirten gewünschten Deklaration einiger Bestimmungen jenes Recesses, welbe vom 19, Juni 1654 datirt. Die in dem Abschnitt: „Die Militärfrage und der Nordische Krieg 1654—1660“ veröffent- lihten Aktenstücke sollen zeigen, wie der neue Konflikt wegen der Frage der „Landesdefension“ und der Höhe der dafür erforderlichen Beldmittel und W.annschaften sfich nicht na alten Rezeßbestimmungen, Reversen und Reichsabschieden entscheiden ließ, sondern dur fkurfürstlibe Machtvollflommenheit aus den Prinzipie eines eben jeßt sich bildenden neuen Staatsrehts heraus rücksi{htslos, aber zum Heil des ganzen Landes, die Protestirenden mit einge- \{lofsen, gelöst werden mußte. Durch ale mitgetheilten kurfürst- lichen Reskripte 2c. dieser Zeit geht derselbe Ton: Noth kennt kein Gebot. Und wenn die Stände den Kurfürsten an seine eigenen früheren Zusagen erinnern, so erhalten sie stets die Antwort: Er fei durchaus nit gemeint, sie auch nur des geringsten ihrer Rechte zu berauben, sondern ents{lofsen, Alles’ in den altea Stand zu seten, sobald der glücklihe Ausgang des Krieges dies irgend gestatte. In der folgenden Periode, welche von 1662—1685 reicht, erfolgt dann „die Ordnung des ständischen Kreditwerks.* Von den aus dieser Zeit mitgetheilten Aktenstücken sind namentli die hier zum ersten Male wortgetreu publizirten Protokolle des Ständetages von 1683 von Interesse. Nach sechéèmonatlihen Verhandlungen desselben erging am 11. April 1683 ein Reglement, welches die ständiste Verwaltung ganz unter die Direktion eines der Geheimen Räthe stellte, alle Verordneten dur kurfürstliche Verpflichtung zu landesherrlichen Beamten machte und das ersehnte Ziel der Ablösung durch Verringerung der Auëgaben und Erhöhung der Einnahmen in nahe Aussicht stellte. Troß der wiederholten, lebhaften ständischen Proteste verbleibt es seitdem bei diesen Verwaltungsgrundsätzen, und nah Verlauf von 3 Jahren war man denn auc fo weit, daß in allen 3 ständishen Kassen nur noch ein verhältnißmäßig kleiner Schuldrest verblieb, den der Kur- fürft dann in eine landesherrlihe Schuld zurückverwandelte. Die in dem leßten Abschnitt mitgetheilten Urkunden bezieheu sih auf „die Verhandlungen wegen Einführung die Accise.“ - Die Mehrzahl derselben srammt aus den 12 Friedensjahren 1663—1671;, namentlich aus dem Jahre 1667 und bietet das manrnigfachste In- teresse. Die durch den nordischen Krieg uo b¿deutend erhöhte Kon- tribution gestaltete sih aumählich zu einer Last für Städte und Bauernstand. Diesem Uebel abzuhelfen gab es nur zwei Mittel : die Herabseßung des von Friedri Wilhelm in 15jährigem Mühen geschaffenen Heeres bis auf seinen fcüheren Stand, oder die Aufbrin- gung der für die Erhaltung desselben nöthigen Steuern auf eine ge- rehtere, gleihmäßigere, weniger fühlbare Art, durch eine Koas- sumtionssteuer, die Jeden nah seinem Verbrnuch traf. Jenes forderten die Stände , dieses der Kurfürst, der seine