1880 / 204 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 Aug 1880 18:00:01 GMT) scan diff

erfolgt anzusehen ist. Das Kriterium hierfür ist aber nicht darin zu finden, daß dem Pensionär hinsichtlih seiner Be- schäftigung die Eigenschaft eines Reichs- oder Staatsbeamten beiwohnt, vielmehr wird es nur darauf ankommen, daß es Dienstverrihtungen sind, welhe für den Fall dauernden Be- dürfnisses festangestellten Reichs- oder Staatsbeamten übertragen z1 werden pflegen, d. h. wenn die Beschäftigung eine Thätig- keit gleicher Art, wie die der Beamten ähnlicher Kategorien er- fordert. Hierbei is es unerheblich, ob das Engagement unter Vorbehalt einer Kündigungsfrist oder unter der Bedingung jederzeitiger Entlassung ersolgt; ob das Einkommen als Tage- gelder, Diäten, Tage-, Wochen-, Monatslohn, Kopialien, Ge- bühren oder noch in anderer Art bezeichnet, sowie ob dasselbe aus Besoldungs-, Remunerations- oder sählihen Fonds ge- währt wird. Es werden also beispielsweise hierher zu rehnen sein Vertretungen erkrankter oder sonst verhinderter Beamten in bestimmten Stellen, Hülfsleistungen in den Bureaus oder Kanzleien zur Befriedigung eines außerordentlichen Be- dürfnisses, wenn auch gegen Kopialien, Boten-, Wärter-, Ausseherdienste, insofern sie, wie bemerkt, eine Thätigkeit, wie die der im Staats- oder Reichsdienste angestellten Bo- ten 2c. erfordern, ebenso Bau-Aufseher- oder Bau- wächterdienste bei größeren Bauten, im Allgemeinen auch ferner alle Beschäftigungen der Art, wie sie bei be- stimmten Stellen nah dem Reglement über die Civilversor- gung und Civilanstellung der Militärpersonen vom 20. Juni 1867 durch Militäranwärter beseßt werden sollen. Dagegen werden solche Beschäftigungeu, welhe auch bei dauerndem oder periodish wiederkehrendem Bedürfnisse festangestellten Beam- ten nicht übertragen zu werden pflegen, was namentlich bei lediglih mechanischen, an die Leistungen gewöhnlicher Tage- und Lohnarbeiter grenzenden Dienstverrihtungen der Fall sein wird, nicht als solhe „im Reichs- oder Staatsdienste“ gelten, mithin auf die Kürzung, beziehungsweise Einziehung der Pension nicht von Einfluß sein.

Nachdem die Königlich sächsische Regierung zu der Erledigung der seit dem 1. Oktober v. J. von preußischen an sächsishe Verwaltungsbehörden ergangene Requisition auf Zwangsvollstreckungen wegen rückständiger Geldleistungen in Verwaltungssachen die Geneh- migung ertheilt hat, sind die diesseitigen Behörden durch einen Cirkularerlaß des Ministers des Jnnern und des Finanz- Ministers vom 23. d. M. angewiesen worden, bis auf Weiteres den gleichen Requisitionen der Königlich sächhsishen Behörden, soweit nicht etwa diesseitige geseßlihe Bestimmungen entgegen- stehen, in entgegenkommender Weise zu entsprechen.

Bei \. g. Möbelleihverträgen, welche die Be- stimmung enthalten, die Möbel sollen, sobald die gezahlten Leihgelder eine bestimmte Höhe erreiht haben, nunmehr als an den Leiher verkauft angesehen werden, begiebt sich der Ver- leiher, nah einem Erkenntniß des Reichsgerichts, I. Hülfs- senats, vom 2. Juli d. J., nicht dadurch seines Eigenthums an den Möbeln, daß er sämmtliche bereits fällig gewordene Raten, die zusammen den intendirten Kaufpreis repräsentiren, gegen den mit der Zahlung säumigen Leiher einklagt. Durch diese Einklagung wird der Verleiher nicht behindert, die Möbel felbst als sein Eigenthum zurüc{zufordern. Das Eigenthum des Verleihers an den Möbeln geht erst durch die Zahlung der eingeklagten Raten verloren.

Die Veränderung des Wohnsißes des Schuldners zu einer Zeit, als die Schuld noch nicht fällig war, hindert nah einem Erkenntniß des Reichs8gerichts, I. Hülfssenats, vom 13, Juli d. J. so lange den Anfang der Verjährung der S bis der Gläubiger von dem neuen Wohnsiß Kenntniß erhalten.

Der hiesige Königlich portugiesishe Gesandte Graf von Rilvas hat Berlin auf mehrere Wochen verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations-Sekretär 2 M. Pinto de Soveral als interimistisher Geschäfts- räger.

Bayern. München, 30. August. (W. T. B.) Der König hat ein Handschreiben an den Bürgermeister Erhard gerichtet, in welhem er dem Landescomit+ und den Spendern für das günstige Resultat der Sammlungen für den Wittelsbachfond seinen Dank ausspriht und gleichzeitig eine baldige Verfügung über die Art der Verwendung der vorhandenen Mittel in Aussicht stellt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 29. August. Der Kaiser ist, wie die „Pol. Corr.“ meldet, von dem Kaiser Alexan- der von Rußland zum Jnhaber eines russishen Ulanen-Re- giments ernannt worden, welches eine Deputation nah Krakau ti um den neuen Allerhöchsten Chef daselbst zu be- grüßen.

Gestern fand, wie die „Pr.“ berichtet, unter dem Vorsite des Minister-Präsidenten Grafen Taaffe ein Ministerrath statt, an welchem sämmtlihe Minister theilnahmen mit Aus- nahme des Handels-Ministers Nitter von Kremer und des Justiz-Ministers Freiherrn von Streit, welche sich momentan auf Urlaub befinden. Graf Taaffe begiebt jih an einem der nächsten Tage auf sein Gut Ellishau. Minister Dr. Ziemial- kowsfi kehrt demnächst von seiner Urlaubsreise zurück. Wie heute gemeldet wird, tagt gegenwärtig im Ministerium des Aeußern unter dem Vorsiße des Grafen Wolkenstein eine Kommission zur Regelung der Kirchenfrage in Bos- nien und der Herzegowina. Es heißt, daß Verhandlungen mit dem Patriarchen von Konstantinopel geführt werden, um die Kirche in den okkupirten Provinzen von dessen Jngerenz zu befreien. Gleichzeitig werde mit dem päpstlihen Stuhle wegen der Nomination der Bischöfe und apostolishen Vikare verhandelt.

Pest, 28. August, Mit künstigem 1. September tritt bekanntlich der neue Strafkodex in Wirksamkeit. Der Stadtrath von Fiume hat nun, wie der „Pest. L.“ meldet, in seiner Sizung vom 23. d. beschlossen, die Regierung eine Eingabe zu richten, es möge VOL_| DEL Einführung des genannten Geseßes und der darauf bezüglichen Verfügungen vor Allem der Kodex dem Munizipium übersendet und eine gedruckte Ueberseßung in die italienishe Sprache veranlaßt werden; auch sei für dessen Einführung eine diskrete Zeit zu bestimmen. Der Stadtrath hat auch den ausdrücklichen Vorbehalt gemacht, daß er mit der Annahme dieses Geseßes in keiner Weise der Lage des öffent- lichen Rechtes in Fiume, dessen Autonomie und legislativen

gründet sich auf das Provisorium in gerihtlihen Angelegen- heiten, welches nah der Ministerial-Verordnung vom 14. Sep- tember 1871 so lange zu bestehen hakte, bis die legislativen und administrativen Beziehungen Fiumes im Sinne des Ge- seßes von 1868 endgiltig geregelt sein würden. 429. August. Dem „Pest. L,“ zufolge wird der Minister-Präsident von Tisza nur kurze Zeit in Ostende verweilen ; derselbe beabsichtige, {hon am 15. oder 16. Sep- tember in Pest einzutreffen. Die den Delegationen zu unterbreitenden verschiedenen Vorlagen würden erst Ende anber in einer gemeinsamen Ministerkonferenz festgeseßt werden. Agram, 28. August. Der Banus ist heute von der Sus Zagoriens zurücckagekehrt und begiebt sich heute nah ien.

Schweiz. Bern', 29. August. (Köln. Z.) Die auf den 13. des nähsten Monats einberufene außerordentliche Bundesversammlung, in welcher das“Revisionsbegehren, betreffend Art. 39 der Bundesverfassung berathen werden soll, wird noh mehrere andereTraktanden erledigen, damit derjenige der beiden Räthe, welcher in dieser Angelegenheit nicht die Prio- rität hat, niht müßigerweise in der Bundesstadt weilt. Jn- folge dessen werden die Näthe wohl eine ganze Woche zu- sammenbleiben. Der Große Rath des Kantons Aargau hat dem dortigen Regierungsrath die Weisung ertheilt, seine Be- mühungen für die definitive oder provisorishe Wiederher- stellung des Bisthums Basel einzustellen, und ebenso hat er seine endgültige Beschlußfassung, betreffend die Regelung der katholischen kirhlihen Verhältnisse des Kantons bis nah der Berathung des Geseßvorschlages über die kirchlihen Ge- nossenschaften vertagt.

Velgien. Brüssel, 29. August. (K. Z.) Heute wird mit der dritten und leßten Aufführung des historischen Festzuges die öffentlihe Feier des Nationaljubiläums hier einstweilen geschlossen. Die Königin befindet sich seit

Aachen zum Kurgebrauch. Der internationale Kongreß für Unterrichtswesen hat gestern seine Shlußsißung gehalten. Der „Moniteur“ bringt heute das Geseß über den für die Jubelfestkosten gewährten Kredit von 1 700000 Fr., der übrigens auch den Festlichkeiten zugute kommen foll, die später zu gleihem Zwecke in Brügge, Gent und Lüttich veranstaltet werden.

Grs#ßbritannien und Jrland. London, 28, Augu *. Wie die Londoner „Allgemeine Correspondenz“ erfährt, beab- sichtigen der Prinz und die Prinzessin von Wales im Herbste Australien zu besuchen, um die internationale Aus- stellung in Melbourne in Augenschein zu nehmen. Jn Ply- mouth wird bereits das Truppentransport\chiff} „Serapis““ für die Reise des Thronfolgerpaares in Bereitschaft geseht. Das detachirte britishe Geshwader wird der „Serapis“ das Geleit nah Australien geben. Mr. Gladstone ist gestern Nach- mittag an Bord der „Grantully Castle“ in Dartmouth ein- getroffen. Es wurde demselben in privater Weise eine Adresse üÜberreiht. Das ministerielle „Weiß fischessen“, das gewöhnlih dem Schlusse der Session vorausgeht, ist auf nächh- sten Mittwoch anberaumt worden.

Eine Depesche des Vize - Königs vom 27. d. lautet: „Major Sandemann meldet aus Quettah unterm heutigen Datum: Jch habe die Nachricht erhalten, daß Ayub Khan seine Armee aus den vor Kandahar innegehabten Stellun- gen zurückgezogen hat und jeßt in Sangini, aht Meilen west- lih von Kandahar, steht. Roberts langte am 24. d. in Khelat- i:Ghilzai an. Jh bin im Besiße eines Briefes aus leßterem Orte vom 19. d. M.“ Aus Simla, vom 27. d. meldet „Reuters Bureau“: „Die indische Regierung hat keine Nac- riht betreffend die angeblihe Abtrünnigkeit unter den Trup- pen des Emirs Abdurrhaman in Kabul erhalten. Die Meu- terei unter den Truppen des Khans von Khelat ist auf 144 Mann beschränkt. Eine Abtheilung des 78. Hochländer- Regiments is nah Khelat abmarschirt, um dort das Ver- trauen wieder herzustellen.“

30. August. (W. T. B.) Jn der heutigen Sitzung des Unterhauses antwortete der Unter-Staatssekretär Dilke auf eine an ihn gerichtete bezüglihe Anfrage, vom SUUaNn von Zannar 0 aus Anlaß des an Caderhead und Carter begangenen Mordes einc GLpeditton in das Innere von Afvila eut sendet worden, die Expedition sei unter die Befehle des Marine - Lieutenants Mathews gestellt. Das Haus erledigte sodann die noch übrigen Positionen des Aus- gabebudgets, einshließlich der Position für die irischen Konstabler, sowie die geforderten Nachtragskredite. Bei Be- rathung der Position für die irischen Konstabler wies der Obersekretär für Jrland, Forster, darauf hin, wie es seit 30 Fahren zum ersten Male sei, daß eine Regierung versuche, in Zrland ohne Ausnahmegeseße zu regieren, Zur Entwaff- nung der Polizei sei aber der Moment um so ungeeigneter, als die Regierung die Einfuhr von Waffen nah Jrland doch nur mit einer gewissen Sorge überwache.

Fm Oberhause erklärte der Staatssekretär des Aeußern, Lord Granville, die Antwort der Pforte auf die leßte Note der Mächte, betreffend Montenegro, sei un- befriedigend. Die Mächte seien mit der Erwägung der ihrer- seits hierauf zu erlassenden Antwort beschäftigt, und hätten inzwischen eine Anzahl Kriegsschiffe nah Ragusa beordert, so daß dieselben in der Nähe des Gebietes von Dulcigno seien. Lord Granville erklärte weiter, der Hafen von Ragusa sei von der österreichischen Regierung den übrigen Mächten geöffnet worden, weil er in der Nähe des abzutretenden Küsten- striches liege. Die Jnstruktionen für den englishen Admiral seien vorbereitet und den Mächten mitgetheilt, Der bezügliche Schriftwehsel werde, mit Ausnahme der Jnstruktionen, dem- nächst vorgelegt werden. Was die zweite Kollektivnote der Mächte auf die türkishe Note vom 27. Juli, betreffend die griechische Angelegenheit, angehe, so werde die Wieder- eröffnung von Unterhandlungen über die Grenzlinie in Kon- stantinopel abgelehnt; jedoh spreche die Kollektivnote die Be- reitwilligkeit der Mächte aus, jedwedem Vorschlage der Pforte in Betreff der Art der Gebietsräumung durch die türkischen Behörden Und dessen Aushändigung an Griechenland in Erwägung zu ziehen. Die Note würde dem Hause vor- gelegt werden. Die Botschaster hätten sich hinsichtlih der an die Wrolie zu richtenden Note bezüglich der Reformen in Armenien geeinigt, er glaube, die Note werde der Pforte sofort überreiht werden und solle alsdann dem Parlamente

Donnerstag unter dem Namen Comtesse des Ardennes in

Mächte seien einig darin, einen Geseßentwurf für die euro- päische Türkei zu empfehlen, die bezüglihenSchriftstücke wür- den demnächst vorgelegt werden. Bei der zweiten Lesung der Bill, betreffend die Jagd auf Hasen und Kan inchen, be- kämpft Lord Beaconsfield den Antrag des Lord Redesdale auf Ablehnung der Bill, obwohl er die Bill tadelt, die bei der Spezialberathung modifizirt werden müsse. Das Haus habe zwar die Resultate eines Konfliktes mit dem Unterhause niht zu fürchten, sobald es sich um eine große konstitutionelle Frage handele; untergeordneten Fragen gegenüber sei aber ein Konflikt „niht zu empfehlen. Die Bill wurde \{ließlich in zweiter Lesung mit 68 gegen 20 Stimmen angenommen.

31, August. Lord Enfield is zum Unter- Staatssekretär für FJndien ernannt worden. Eine Depesche des Vizekönigs von Jndien von gestern meldet, Ge- neral Phayre ist in Chaman angekommen. Ayub Khan hat mit seiner ganzen Streitmacht den Rückzug angetreten und O Flusse Argandab, nördlih von Kandahar, eine Stellung ezogen.

Frankreich. Paris, 29. August. (F. C.) Die Je- suiten gründen jeßt eifrig anonyme Gesellschaften, welche die Leitung und Verwaltung der ihrer direkten Aus- beutung entzogenen Anstalten betreiben. An der Spitze der katholishen Gründer in Bordeaux steht der Senator Carayon- Latour. Die „Petites Affsfiches“ brachten gestern auch den Gründungsakt einer anonymen Gesellschaft für Vorbereitungs- shulen. Die Gesellschaft giebt 1100 000 Fr. in 1100 Aktien, jede zu 1000 Fr., aus. Jn Folge von Versuchen, die in verschiedenen Truppencorps stattfanden , beschloß der Kriegs- Minister, die täglihe Broltration der Soldaten von 750 gr, die von Zeit zu Zeit mit einer Ration Zwieback ab- weselt, in eine tägliche Nation von 620 gr Brot und 100 gr Zwieback umzuwandeln. Diese Veränderung hat den Zweck, die Soldaten an ein Nahrungsmittel zu gewöhnen, das im Felde oft angewendet wird und dessen sich die Mannschaft bisher nicht zu bedienen verstand. Der leßte Bericht des Bauten- Ministeriums enthält eine sehr ausgedehnte Tabelle über die Entwicklung der Verbindungswege in Frank- reich, nah Departements und nah ihrer Natur, Wasser- straßen, Eisenbahnen u. . w. geordnet. Es geht aus dieser Tabelle hervor, daß es 8000 km sciffbarer Flüsse giebt. Acht Departements haben wegen ihrer Höhenlage keine schiffbaren Flüsse. Die Kanäle haben eine Ausdehnung von ungefähr 5000 km, 36 Departements besißen keine Kanäle. Frankreich besißt 28 435 km Eisenbahnen, die auf alle Departements ver- theilt sind. Die Landstraßen theilen sih, wie man weiß, in nationale und departementale Straßen. Jede von diesen Kategorien hat cine Länge von etwa 38000 km, An Vici- nalwegen besißt Frankreich 417 264 km, Im Kultus- Ministerium ist der in den Kammern berei.s angekündigte Geseßentwurf, nach welchem derjenige Theil der K ron- diamanten, der keinen besonderen historishen oder künst- lerischen Werth hat, veräußert werden soll , nunmehr fertig gestellt, so daß der Unterstaatssekretär Turquet ihn gleich bei Beginn der neuen Session wird einbringen können. Das auf 7—8 Millionen geschäßte Erträgniß soll nah diesem Entwurfe als erster Fonds für eine „Kasse der Nationalmuseen“ dienen, mit deren Hülfe die leßteren in die Lage geseßt werden könn- ten, bei den sich dur öffentlihe Versteigerungen oder sonst darbietenden Gelegenheiten Kunitwerke von besonderem Werthe und Fnteresse käuflih zu erwerben. Bisher hatten die Kam- mern für diesen Zweck regelmäßig einen Kredit von 250 000 Frs. bewilligt, der aber, wie die Ünistände es eben mit sich brach- ten, in dem einen Jahre unnüß vergeudet wurde und in dem anderen wieder für den Zweck nicht ausreihte. Eine besondere Museenkasse mit einem so respektablen Anlagefonds wie der obige, glaubt das Kunst-Ministerium, würde diesem Uebelstande abhelfen.

(K. Z.) Zwischen dem Bischof von Clermont und der großen Mehrheit seiner Geistlichkeit ist ein Streit ausgebrochen. Der Bischof lud zu einer Synode nur die höheren Geistlihen und {loß alle „Hülfspfarrer“, 800 bis 900, aus. Diese ausgeshlossenen Geistlihen forderten nun den Kultus-Minister auf, den Bischof zu veranlassen, die Ge- seße zu beobachten, namentlich den Artikel 4 des Geseßes vom 18. Germinal des Jahres X., welcher bestimmt, daß keine Diözesan-Synode ohne die Erlaubniß des Ministers stattfinden kann. Hauptzweck der Synode is, zu beschließen, daß die Hülfsgeistlihen u. \. w. je 100 Fr. von ihrem Gehalt an den Bischof abzugeben haben sollen, um dessen persönliche Hülfs- quellen (die Summe würde ungefähr 80- bis 90 000 Fr. das Be betragen) zu vermehren. Diese Besteuerung der unteren

eistlichkeit wurde {hon im leßten Jahre fast in allen Diözesen eingeführt, so daß die 100 Fr. Zulage, welche die Kammern im leßten Fahre für Hülfspfarrer u. st. w. bewilligten, um ihrer traurigen Lage einige Abhükfe zu verschaffen, in die Taschen der Bischäfe fließen. Der Unterrichts-Minister hat beschlossen, die Zahl der Schulinspektoren zu vermehren, um alle sogenannten freien Schulen aufs Strengste überwachen zu können.

20 U (S © B) Vie bender schreiben, die Polizeikommissäre würden sich morgen in ganz Frankreih in den Schulanstalten der Jesuiten einfinden, um die Dekrete vom März zur Aus- führung zu bringen. Man glaubt, es werde überall dasselbe geschehen, wie heute in Dijon, wo der Polizeikommissar bei seinem Erscheinen nur einen Ordensgeistlichen, -den neuen Di- rektor der Anstalt und einen Jesuiten als Repräsentanten der Civilgesellschaft, welche Besißerin der Jmmobilien is, fand. Die übrigen 22 Jesuiten waren abgereist. Dem Vernehmen nah würde sih in Folge gemeinsamen Uebereinkommens die Evakuirung der Jesuitenshulen in ganz Frankreih in ähn- licher Weise vollziehen.

31. August. Sämmtlihe Jesuiten der hier be- findlichen drei großen jesuitishen Ünterrichtsinstitute haben Parts. veria)en, die Eingange zu „den _Jesutten- kapellen sind zugemauert, für die Unterrichtsinstitute sind Civildirektoren eingesezt. Bezüglih der anderen kongrega- nistishen Schulen, auf welche die Dekrete Anwendung zu fin- den hätten, verlautet gerüchtweise, die Regierung und die Kongregationen hätten sich über die Abfassung eines Schrei- bens geeinigt, welches als ein Gesuch um staatliche Autorisi- rung angesehen werden solle, und worin die kongreganistischen Schulen die Verpflichtung übernähmen, mit Politik sich nicht zu beschäftigen und nichts Feindseliges wider die bestehende Ordnung zu unternehmen. Auf Grund dieses Schreibens

vorgelegt werden. Die Arbeiten der internationalen K om-

Beziehungen zu präjudiziren beabsichtige. Dieser Vorbehalt

mission seien zu einem befriedigenden Abschluß gekommen ; die

würde die Regierung die Kongregationen als geseßlich autori: sirt betrachten.

Türkei. Konstantinopel, 22. August. Der W. „Presse“ wird von hier geshrieben: j

„Das Statut für administrative Reformen in der europäishen Türkei ähnelt in seinen Hauptbestimmungen dem organischen Geseß für Kreta; einige Theile hingegen, 10 3. D: das Kapit.l über religiöse Benennungen, sind dem oftrumelishen Statute entnommen. Der Gouverneur jeder Provinz wird für fünf Jahre ernannt; seine Amtswirksamkeit soll direkt von einem Cxrekutiv- Konseil und indirekt von der Provinzialversammlung offi- ziell Generalrath genannt fontrolirt werden, Der er- wähnte Rath wird aus sech8 Ob-rbeamten, sämmtlich Vor- steher der verschiedenen religiösen Genossenschaften, und sech8s von der Provinzialversammlung gewählten Mitgliedern gebildet, Zu allen nicht rein exekutiven Maßregeln ist seine Zustimmung er- forderlich, ausgenommen bei Fällen von großer Dringlichkeit, welche der Gouverneur unter seiner eigenen Verantwortung erledigen kann. Die Provinzial-Versammlung selbst besteht aus gewählten Mitgliedern, je zwei aus jedem Kanton und ex-officio-Mitgliedern, und zwar sech8 Oberbeamt!en und Religionsgenossenshaftsvorstehern, endli aus vom Vali ernannten Mitgliedern. Die Zahl dieser leßteren darf jedoy nicht ein Viertheil der gesammten Mitaglieder- anzahl übersteigen, so daß die gewählten Mitglieder stets die Majo- rität für sich haben. Die Versammlung nimmt sämmtliche Geseße zur Kenntniß, welche sich auf die Funktion des Verwaltungs- organismus, die Steuervertheilung, auf Minen und Wälder, öffentliche Arbeiten, Erziehung, Ackterbau, Handel, Banken, Hospitäler 2c. be- ziehen. Bei dem ersten Zusammentritte der Session wird ihr vom Vali das Bu dget vorgelegt, dessen verschiedene Posten sie zu er- höhen oder zu verringern berechtigt ist. Die Provinzen sollen nicht bloß gegenüber dem Vali, sondern au gegenüber der Central-Regie- rung ge\schüßt werden. Es wurden deshalb spezielle Vorfibtsmaß- regeln getroffen, um dem systematischen Aussaugen sämmtlicher Hülfs- quellen der Provinzen Seitens der Pforte Einhalt zu thun. Die direkten Steuern sind an die Ottomanbank einzuliefern, welche drei separate Konti eröffnen wird, und zwar das erste für die Aus- gaben der Lokalverwaltung, welhe vor allem Anderen aus den Steuereingängen zu decken sind; das zweite für jene 15 °/9 des hierauf verbleibenden Uebershusses, welche für öffentliche Arbeiten und Unterrichtszwecke der betreffenden Provinz vorbehalten blei- ben, und das dritte für 85 %/9 des UVeberschusses, welche an die Centralregierung abzuliefern sind. Sollten diese Cinrichtungen zur Auéführung kommen, so würde das jeyige System der ungaufhör- lichen Jnanspruchnahme der Provinzialkafsen nicht mehr die Zahl der Besoldungen und sonstige Ausgaben für lokale Bedürfnisse behindern. Selbstverständlih hängt Alles von d.r Art und Weise ab in welWer das Statut zur Ausfuhrung ommt. Ueber das von Baron Koëtjek und Hrn. Aubaret ausgearbeitete Memorandum bezüglich ODber-Albaniens köôanen folgende genauere Andeutungen gegeben werden. In diesem Berichte wird der Pforte angerathen, die Immunitäten und Privilegien der albanesishen Bergbewohner der Gegend von Skutari in definitiver Weise zu regeln und feierlich zu bestätigen. Die hauptsächlichsten dieser Immunitäten sind die Befreiung vom Militärdienst und die Steuerfreiheit. Die Stammeshäupter genießen gleichfalls Rechte und Privilegien, die ciner besseren Umschreibung bedürfen. Die in dem Memorandum R S üFdeen haben die Zustimmung der Mehr- eit der Kommission gefunden* i | :

i 27. August. Der „Vakit“ will wissen, daß die Zahl der nah Bulgarien gekommenen russischen Offi - ziere und Soldaten bereits 30 000 übersteige. Die Pforte sandte nah Prevesa mit dem leßten Lloyddampfer Artillerie- mannschaft und Munition. Lord Fiÿmaurice und Aubert, Mitglieder der europäishen Kommission, sind von hier ab- ereist.

x Meldung der „Polit. Corr.“: Der Pforte sind Be- rihte von Riza Pascha aus Skutari zugekommen, welche betonen, daß er längere Zeit für die Durchführung seiner Mission in Anspruch nehmen müsse. Den größten Schwierig- feiten begegnet er bei den mohamedanischen Albanesen.

28. August. Der W. „Presse“ meldet man von hier: Die Pforte beschäftigt sich mit der Aus- arbeitung einer neuen montenegrinischen Grenztrace, wonach Dulcigno, jedoch mit Ausshluß von Dinosch und Gruda, abgetreten werden s Diese Trace wird, sobald sie estgestellt ist, ausgeführt werden. :

Ra 19. August. Der „Pol. Corr.“ schreib* man zur Mission Niza Paschas in Ober-Albanien von hier:

„Die von der Pforte in Aussicht genommene Aktion beginnt si in ihren Hauptumrissen bemerkbar zu macben. Heute haben in San Giovani di Medua die Dampfer „Assyr“ und „Selimié“ 2090 Mann reguläre Truppen, darunter nicht wenige Albanesen, aus- geschifft. Morgen sollen etensoviele Soldaten auf dem Panzersciffe „Mulbiri Surur“ eintreffen und ebendaselbst ausgeschifft werden. Wie glaubwürdig verlautet, sollen nur 4 Bataillone, also etwa bei 1800 Mann, hierher kommen, während 2200 Mann die Bestimmung erhalten werden, Dulcigno zu beseßen. Für diese Truppen ist ein Lager auf den dieser Hafenstadt nächftliegenden Anhöhen hergerichtet worden Es drängt sih zunächst die Frage auf, welche Haltung die Albanesen der sich vorbereitenden Aktion gegenüber beobachten werden, Mehrere ebenso bedeutsame wie charakteristische Thatsachen dürften die Antwort hierauf ertheilen. Das dirigirende Comité der Liga hat gestern 500 Mann nach Dulcigno beordert. Der oftensible Zweck dieser Maßregel besteht darin, die Grenzbesaßung zu ver- stärken. Das wirkliche Motiv findet sich aber in der dem nah Dulcigno abermals kommandirten Jussuf Sokoli gegebenen Inftruk- tion. „Unsere Mannschaft“, heißt es in derselben unter Anderem, „hat auf jeden Fall ihre jeßigen, bei Dulcigno okkupirten Positionen au ferner beseßt zu halten. Sollten aber die N'zams daselbst ein Lager aufschlagen, so dars diesem Beginnen nichts in den Weg ge- legt werden.“ Nicht minder beredt ift die zweite Thatsache. Am Vorabend der türkishen Truppen in Medua fand hier eine Vertheilung von 460 Henry Martinigewehren an die Hotti und Kastrati statt, welhe den Befehl erhalten haben, bis auf Weiteres hier zu verbleiben. Ein Angriff gegen Riza Pascha soll nicht im Plane der Leiter der Liga liegen, dagegen dürfte, so wird wenigstens versichert, eine sogenannte bewaffnete Volksversammlung auf dem Plaße vor dem Konak zu dem Zwecke stattfinden, um die Willent äußerung des Volkes in Form einer Pe- tition dem neuen Generalgouverneur zu überbringen und zwar würde diese auf eine Einshüchterung des neuen Generalgouverneurs ab- zielende Kundgebung am dritten Tage nach der Ankunft Riza Paschas stattfinden. Die Orientalen sind unter allen Umständen böflih. Ein jeder Neuangekommene wird wäbrend der ersten drei Tage als ein Gast betrachtet, dessen „Keif“ (Behaglichkeit) durch nichts gestört werden dürfe. Aus diesem Grunde wurde auch heute angeordnet, daß das vollzählige Comité den neuen Vali an dem Stadtthore begrüßen solle. Natürlih wird Riza Pascha wissen, S [hen Werth er diesem Akte der Courtoisie beizumessen habe. Gestern ist nämlich vom Liga-Ausschusse an sämmtliche albanesischen Stämme der peremptorishe Befehl ergangen, binnen fünf Tagen ihre gesammte waffenfähige Mannschaft nach Lusi und Dul- cigno zu entsenden. Wer keine Waffen hat, wird solche _in diesen Lagern bekommen. Für die Säumigen sind strenge Strafen in Ausficht genommen worden. Heute ist au der dem neuen General- Gouverneur gegenüber zu beobachtende äußere Vorgang berathen und festgestellt worden. Jeder neue General-Gouverneur inaugurirt in der Regel seine Amtsthätigkeit mit seinem persönlichen Erscheinen auf einem öffentlichen Plate, auf dem das Kaiserlibe Ernennungs- Jrade verlesen wird. Man weiß bereits, und sowohl der frühere Vali Jzzet Pascha, als auch der Militär-Kommandant Mustapha Pascha sorgten dafür, daß man darüber so früh als möglich unterrihtet werde, daß nah Verlesung der Jrade der Kaiser-

Landung der

! lihe Wille betreffend die

nunmehrige Durchführung der Mon- tenegro betreffenden Bestimmung des Berliner Vertrages bekannt- gegeben werden wird. Den Bewohnern des abzutretenden Territo- riums werden von der Regierung Wohnsiße in Lesch und Kovaja angewiesen und eine gewisse finanzielle Unterstüßung gewährt wer- den. Darauf ift die Antwort bereits festgestellt worden. Der Präfi- dent des Liga-Comités, sowie der bekannte Ali Pascha von Gusinje werden vortreten und ihrerseits eine Art Deklaratioa vorl-sen, welche die motivirte Weigerung des Volkes enthalten wird, an Montenegro irgend welches Gebiet abzutreten. Sollte der General-Gouverneur darauf Gewaltmaßregeln ankündigen, dann würde man eine Fraterni- firung mit den Truppen versuchen, mißlingt aber dieser Versuch, dann soll ¿er Kampf mit denselben aufgenommen werden. Das ift, wenn man si so ausdrücken darf, der politish-strategishe Plan, für dessen Durcbführung Alles aufgeboten werden dürfte. An Gewaltmaßregeln Seitens des neuen General-Gouverneurs schei1t man abfolut nicht zu glauben; selbst aber, wenn dieser überaus unwahrscheinlihe Fall ein- treten sollte, sind die Albanesen entschlossen, Gewalt mit Gewalt zu erwidern.“ E

26. August. (Pest. L.) Jn Folge der Mittheilung Riza Paschas, daß die Mächte zu Zwangsmaßregeln schreiten würden, wenn die Albanesen bei dem Widerstand verharren sollten, dirigirte der Liga-Aus\chuß alle verfügbaren albanesishen Truppen nah Dulcigno. Unter den türkischen Truppen arbeitet die Liga mit Geld, und wie es scheint, niht ohne Erfolg. Die Unabhängigkeitspartei unter den Albanesen hat wieder die Oberhand gewonnen. Riza Pascha zog die in San Giovanni di Medua ausgeschifften Truppen bis auf einen Tabor, welcher in Dulcigno verbleibt, nah Skutari. Hier herrsht große Aufregung und blieb gestern

der Bazar geschlossen. i :

27. August. Riza Pascha scheint seine Mission ernst zu nehmen, er droht den Albanesen mit Ge- walt, wenn sie sich nicht friedlih zur Abtretung Dulcignos verstehen. Um vor einem Handstreih gegen seine Person ge- sichert zu sein, ließ Riza seine Truppen vor dem Konak ein Lager beziehen. Fnzwischen dauern die Freiwilligensendungen nah Dulcigno fort ; die fanatis{sten Ligaführer aus Djakova, die Mördcr Mehemed Ali's sind sämmtlich hier eingetroffen.

(W. Pr.) Die von der Liga nach Dulcigno entsendeten Truppen sind beinahe ausschließlich von Offizieren befehligt, welhe erst in der jüngsten Zeit aus der regulären türkishen Armee austraten. Die Entsen- dung der Truppen geshah in einzelnen Abtheilungen, jedo so zu sagen unter den Augen Riza Paschas. Heute und morgen sollen von hier noch weitere Sendungen von Trup-

pen und Munition nah Dulcigno erfolgen. (W. Pr.)

Se2rbien. Belgrad, 28. August. Die Pforte hat den Abshluß einer Konsularkonvention mit Serbien bis auf Weiteres abgelehnt.

Rumänien. Bukarest, 28. August. (W. Presse.) Die Verhandlungen über das projektirte Donau- Schiffahrts-Reglement wurden zwischen Desterreih und Rumänien wieder aufgenommen und werden in Wien ge- führt. Die in der Dobrudscha dislocirten Kavallerie- Regimenter sind sämmtlih an der trockenen rumänisch- bulgarischen Grenze concentrirt und unterhalten einen unausgeseßten Patrouillendienst, um das Eindringen neuer Jnsurgentenbanden zu verhindern.

Nußland und Polen, St. Petersburg, 31. August. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach ständen weitere be- deutende Aenderungen in den höheren administra- tiven Kreisen bevor, namentlich ist auch von folchen in Bezug auf die gegenwärtige Preßverwaltung die Rede, welche auch den Chef derselben, von Abaza, betreffen könnten.

Aus Kraßnowodsk wird dem „Golos“ vom trans- kaspischen Kriegsschauplayß gemeldet: Die Vorhut des Expeditions-Corps hat auf der Operationsbasis Aufstellung genommen. Die Offensivbewegungen sind zeitweilig eingestellt worden, während die Recognoscirungen fortdauern. Der Bau der Eisenbahn von der Michailow-Bucht hat be- reits seinen Anfang genommen. Der Fortgang der Arbeiten hängt übrigens ganz und gar von der Zufuhr des Eisenbahn- materials ab, welches sich bisher ein wenig verzögert hatte. Hospitäler sind bereits in Kraßnowodsk und Tschikischljar er- öffnet worden. An der Michailow-Bucht is ein temporäres Lazareth in Thätigkeit geseßt. Die Anzahl der Kranken ist gering.

Amerika. Washington, 27. August. (A. C.) Präsi- dent Hayes tritt heute über Land einen Ausflug nach Kali- fornien an. Er wird auf seinem Wege Utah besuchen.

Nachrichten aus Kingston, Jamaika, vom 19. ds. zufolge sind Tausende von Personen durch den in der Nacht vom 18. ds. siattgefundenen verheerenden Orkan obdaclos geworden. Getreideselder, Obstbäume und andere landwirth- schaftliche Erzeugnisse sind größtentheils vernichtet worden und riesige Bäume wurden entwurzelt. Einige Kirchen erlitten große Beschädigungen und die Kaserne in Kingston wurde erstört. Drei Werften wurden weggeshwemmt und im Hafen Geiterten 8 große und 32 kleinere Fahrzeuge. Eine Hungers- noth steht vor der Thür und Tausende von Darbenden brauchen Hülfe.

Afrika. Marokko. Wie das in Tunis erscheinende Blatt „Riad-Et-Tunisi“ meldet, soll es dem Sultan von Marokko, Sidi Muley Hassan, gelungen sein, das Hauptheer der Fnsurgenten im Centrum seines Reiches zu shlagen und zu zerjsprengen. Die Rebellen flüchteten sich nach der südlicher gelegenen Stadt Kasbet:El-Kaued, deren Bewohner sih ebenfalls dem Aufstande angeschlossen hatten. n dieser Schlacht kommandirte der Sultan selbst, während zwei eng- lische Offiziere die Artillerie befehligten. Sidi Muley Hassan gedenkt nun mit seinen Truppen gegen Westen zu marschiren, um die nah der Küste vorgedrungenen Rebellenabtheilungen einzeln anzugreifen und niederzuwerfen.

Südamerika. Buenos-Ayres, 31. Juli. (A. C.) Jn der ganzen argentinishen Republik herrsht voll- ständige Ruhe. General Ayala is mit den National- truppen von Corrientes nah Concordia zurückgekehrt ; dort zahlte er ihnen den Sold aus und entließ sie nah ihrer Hei- math. Dr. Derquei ist von der Nationalregierung zum Gou- verneur der Provinz Corrientes ernannt worden. Der Kon- greß hat eine Resolution angenommen, welche Belgrano zur zeitweiligen Hauptstadt der Republik macht und die Provin- zialkammern auffordert, die „Kapitalisation“ von Buenos Ayres zu diskutiren. Die Geschäfte haben sich sehr Been und Alles nimmt seinen friedlichen Verlauf. Der Präsident und der Gouverneur von Buenos Aires halten täglih Kon-

Nr. 35 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Meichs8amt des Innern, hat folgenden Inhalt: Allcemeine Verwaltungésacben: Ausweisung von Aus- ländern aus dem Reich8gebiete. Finanzwesen: Einnahmen der Post- und Telegraphen- sowie der Reichseisenbahn-Verwaltung bis Ende Juli 1880. Zoll- und Steuerwesen: Befugnisse von Zoll- und Stcuerstellen. Eisenbahnwesen: Eröffnung einer Haltestelle. Marine und Schiffahrt: Beainn von Seeschiffer- und Steuer- mannsprüfungen. Post- und Telegraphenwesen: Lelegraphenord- nung für das Deutsche Reich vom 13. August 1880.

Nr. 22 des Deutschen Handels-Archivs, Wochenschiist für Handel und Gewerbe, herausgegeben im Reichsamt des Innern, enthält: Geseßgebung: Deutsches Reich: Königlich Bayerisches Gesetz, den Branntweinaufschlag betreffend. Frankreich: Zeitroeilige zoU- freie Zulassung des zur Chokoladenfabrikation bestimmten Kakao, außereuropäiscen und einheimischen Zuckers. Beschränkung der Einfuhr gewisser Pflanzen aus der Schweiz auf bestimmte Zollämter. Peru: Verbot der Ausfuhr von einheimischen Münzen und von Barrensilber. Neue Normirung des Ausfuhrzolles auf mehrere einheimische Produkte. Berichte: Deutsches Reih: Nachweisung der Einnahmen an Zöllen und gemeinschaftlihen Verbrauchssteuern für die Zeit vom 1. April 1880 bis zum Schlusse des Monats Juli 1880, Mannheim. Karlsruhe. Stuttgart. Vereinigte Staaten von Amerika: Amerikanische Konkursstatistik für das erste Halbjahr der Jahre 1876 bis 1880. Boston. Chile : Handels- bericht ans Puerto Montt für 1879, Türkei: Handelsberiht aus Damaskus für 1879,

Nr. 19 des Cenl1ral - Blatts der Abgaben-, Ges werbe- und Handels8geseßgebung und Verwaltung in den Königlich Preußishen Staaten hat folgenden Inhalt: Aügemeine Verwaltungsgegenstände: Niedeclegung von Schriftstücken im Zustel- lungsverfahren. Verän-erungen in dem Stande und in den Be- fugnissen der Zoll- und Steuerstellen. Indirekte Steuern : Tari- firung von abgepaßten seidenen und halbseidenen Bändern (Laval- lieren). Tarifirung von wohlriehenden Fetten. Personalnach- rihten.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesunds- heits-Amtes sind in der 34. Jahreswoche von je 1000 Bes wohnern, auf den Iahresdurchschnitt berechnet, als gestorben ge- meldet; in Berlin 29,4, in Breslau 34,3, in Königsberg 37,8, in Cöln 34,9, in Franffurt a. M. 20,0, in Hannover 21,0, in Cafßsel * 17,8, ia Magdeburg 25,0, ia Stettin 28,5, in Altona 24,9, in Straßburg 35,7, in Mey —, in München 27,3, in Nürnberg 28,1, in Augsburg 32,5, in Dresden 26,2, in Leipzig 24,1, in Stuttgart 25,3, in Braunschweig 36,5, in Karlsruhe 20,8, in Hamburg 30,5, in Wien 21,0, in Budapest 39,4, in Prag 29,4, in Krakau 34,3, ia Basel 34,7, in Brüssel 25,8, in Paris 25,0, in Amsterdam 225, in Kopenhagen 29,2, in Stockholm 31,6, in Christiania 30,3, in St. Petersburg —, in Odessa 49,9, in Bukarest 252, in Rom —, in Turin 32,4, in Warschau 38,7, in Madrid 41,5, in London 21,3, in Glasgow 19,5, in Liverpool 29 5, in Dublin 37,8, in Edinburgh 17,0, in Alexandrien (Egypten) 40,5. Ferner aus früheren Wochen : in New-York 30,1, in Philadelphia 21,9, in St. Louis 145 in Chicago —, in Cincinnati —, in San Francisko 16,3, in Calcutta 21,0, in Bombay 27,3, in Madras 34,4.

Während der Verichtswoche herrschten in den deuilshen Beobs- achtungsstationen nördlihe und nordöstlibe Windrichtungen, die in Breslau, München und Bremen vorübergehend mit nordwestlichen abwechselten. Gegen das Ende der Woche sprang der Wind in Breélau, Heiligenstadt und Côln nah Südost, in München na Südwest um. Die Temperatur der Luft war eine warme, meist höher als das DurW(schnittsmittel. Niederschläge fanden nur in München häufiger statt, Gewitter entluden s|\ch selten. Der Luftdruck stieg langsam, zeigte aber in den leßten Tagen der Woche mehrfache unbedeutende Schwankungen. Die Sterblichkeitsverhältnisse der meisten europäischen Großstädte zeigen in der Berichts8rwooche eine weitere Abnahme. Auch die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte zeigte einen kleinen Rückgang und sank auf 23,2 von 28,6 der Vorwoche (auf 1090 Bewohner und aufs Jahr be- rechnet). Der Antheil des Säuglingéalters an d:r Sterblichkeit war in deutschen Städten ein wenig gesteigert, so daß von 1000 Lebenden, aufs Jahr berechnet, 141 Kinder unter 1 Jahr starken, gegen 140 der Vorwoche (in Berlin 143 gegen 141). Unter den Todesurxsachen is ein Zurücktreten der meisten Infektionskrankheiten ersihtlih, nur Unterleibstyphen gewannen größere Verbreitung, und Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder wurden namentlih in den nordeuropäishen Städten häufiger, während sie in Mittel- und Wefteuropa abnahmen. Masern herrschen in Cöln und in größerer Ausdehnung in Madrid und Sevilla; das Scharlachfieber in Beuthen, Cöln, EKiberfeld und Prag, die Diphtherie in Dresden, München, Berlin, Prag, Paris. Todesfälle an typhösen Fiebern waren in Berlin, Hamburg, Wien, Paris etwas vermehrt, in München vermindert, Todetfälle an Flecktyphus werden aus Elbing, Thorn, Warschau, Valencia und Saragossa je 1, aus Madrid (Mitte Juli) 27 gemeldet. Darmkatarrhe der Kinder nahmen in Berlin, München, Stuttgart, Dresden, Leipzig, in den Städten der Mark, ferner in Hannover, Düsseldorf, Wien, Paris, London ab, traten akter in Königsberg, Danzig, Breêlau, Hamburg, Bremen, Braunschweig, (öln, Aachen, Sranffurt a. M., Straßburg, in den skandinavischen Städten häufiger als Todesveranlassung auf. Die Potden zeigen meist Nachlässe, so in Wien, Pest, Prag, London, Paris (41). Ein- zclne Podentodesfälle werden aus Königsberg, Bromberg, Krakau, Warschau, Bukarest, Venedig, Sevilla, Kadix, Alexandria und Murcia gemeldet. In Madrid kamen Mitte Juli Poden häufiger zum Vorschein. S

Das soeben ausgegebene Juliheft der Monatzhefte zur Statistik des Deutschen Reichs enthält Nachweise über: Erwerbung und Verlust der Deutschen Reichs- und Staatsangehörig- keit na dem Geseß vom 1. Juni 1870 im Jahre 1879. Ein- und Ausfuhr der wichtigeren Waaren im Zollgebiet im Moaat Juli und in den 7 ersten Monaten des Jahres 1880 Durschnitts- preise wichtiger Waaren an den Haupthandelspläßen Deutschlands im Monat Juli. Zur Zudterfabrikation versteuerte Rübenmengen und Zucker-Ein- und Ausfuhr in demselben Monat. Statistische Literatur. e :

Von Spinnstoffen und Fabrikaten der Textilindustrie sind bis zum Schlusse des Monats Juli d. Js. nach dem neuesten Heft der Statistik des Deutschen Reichs aue geführt: Baumwolle 68 287, Flachs 168 284, Hanf 132132, Heede und Werg 41 812, Iute 1518, Schafwolle 97 612 und Shoddy 82517 Doppelcentner ; ferner: Baumwollengarne 73 360, rohe Leinengarne 8097, gefärbte Leinengarne 2729, Leinenzwirn 373, ungefärbte, gezwirnte, gefärbte Seide und Floretseide, Lacetts, aub Seidenwatte 7797, Wollengarne 30 901, Baumwollenwaaren 133 471, darunter dichte, gebleihte aub appretirte 15 557, andere dichte 63 381, Strumpfwaaren 32 038, Posamentier- und Knopfmacherwaaren 9275, Leinenwaaren 24 121, Seidenwaaren 27 256, Wollenwaaren 116 555, Kleider, Leibwäsche und Pußwaaren 22 433 Doppelcentner. In der nachstehenden Tabelle sind Ein- und Ausfuhr einiger Ganzfabrikate der Textil- industrie gegenüber gestellt:

in der Zeit vom 1. Januar Einfuhr Ausfuhr bis Ende Juli d. Js. Doppelcentner: Baumwollenwaaren 8 954 133 471 33 832 24 121

Leinenwaaren 2 2736 27 256

Seidenwaaren Wollenwaaren 15 607 116 555 1 447 22 433

Kleider, Leibwäsche und Pußwaaren 1 L Nur bei Leinenwaaren ist die Einfuhr höher als die Ausfuhr ;

ferenzen.

die größere Einfuhr entfällt auss{ließlich auf ungefärbte Leinwand, Zwillich und Drillih, von welchen nur 13589 Doppelcentner aus-