1847 / 210 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

evangelischen Geistlichkeit in der Provinz pit vorne zu De fen. Ew. Hochwürden erhalten daher hierbet remp i i Aktenstücke und

amtlihen Abdrucks der bezüglichen p: S : E : edem Geistlichen der Diózese dieser Verfügung mit dem Auf Fellen. : Wir dürfen mit Zuversicht

i eidem , Huf, porn ge alle Dcs Diener am Evangelium unsere ernste A abe zu Herzen nehmen, unsere Sorgen mit uns tragen, unsere L 3 zl Ie s theilen und ihre Fürbitte im Stillen uns nicht uversicht E un 2) wünschen und beten auch wir, daß die lieben Go E Ttait vor weiterem Schaden behütet werden möchten : Gemeinden for Heerden der Wachsamkeit ihrer Hirten : der Herr

1 fi alle jam 2 C D ea Gedeihen geben. Derselbige wolle auch diesen Kampf} zu Seiner Ehre hinausführen Magdeburg, den 19. Juli 1847. s Königl. Konsistorium für die Provinz Sachsen.

Göschel.

Exemplare

An E sämmtliche Herren Superintendenten der Provinz Sachsen. ‘“

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Bayern. Die Allg. Ztg meldet aus Nürn- berg vom 24. Juli: „Auf einem großen, der Stadt vom Staate eshenkten Plaße diht an der Nord -Süd =- Eisenbahn, den man 1m Begriff ist zu einer englishen Anlage umzuwandeln, fanden neulich die Arbeiter Morgens zwei gleichlautende Briefe, in denen zur Auf= wiegelung und Association der bedrängten Menschenkaste aufgefordert wurde. Sie waren gut stylisirt, die Handschrift offenbar aber ent= stellt, Ohne sih mit dem Jnhalt näher bekannt zu machen, überga= ben die Finder dieselben einem Aufseher, der sie der Polizeibehörde einhändigte. Dieser Versuch steht vereinzelt da und ganz und gar nicht in Zusammenhang mit deu fürzlih an den Rheinufern zum Vorschein gekommenen Aufrufen, die wohl aus der Schweiz stammen mögen. Der Vorfall wäre nicht zur weiteren Besprechung gekommen, wenn nicht einige auswärtige Journale aus der öffentlichen Bekannt= machung unseres Magistrats aus der Luft gegriffene Folgerungen ge= zogen hätten.“

Die Speyerer Ztg. enthält Folgendes: „Ein Artikel des Frankfurter Journals vom 20. Juli bringt die Nachricht, daß die Präfektur zu Straßburg in einem Rundschreiben die Mairieen mit der Einladung, ein gleiches Verfahren gegen die Pfälzer eintreten zu lassen, von ‘einer Maßregel der bayerischen Regierung in Kenntniß

eseßt habe, „vermöge deren Fremdländern, welche in dieser Provinz Arbeit suchen, für die Folge der Eintritt nur dann gestattet sei, wenn fe sich über ihre Unterhalts-Mikttel gehörig ausweisen können oder ein Bewohner der Pfalz für sie bürge.“ Aus guter Quelle kann versichert werden, nicht allein daß die Königlich bayerische Kreis= Regierung der Pfalz {on im April d. F. amtlich in Kennt= niß geseßt wurde, „es sei durch ein Cirkularschreiben des französischen Ministers des Junern allen fremden Personen, welche Arbeit suchen und sich nicht über ihre Subsistenzmittel ausweisen oder nicht durch einen Franzosen Bürgschaft stellen könnten, der Eintritt in Frankreich untersagt worden, und suche die französische Regierung alle sich im

Jnnern von Frankreich aufhaltenden fremden Individuen, die feine Subsistenzmittel besäßen, über die Gränze zu \ha}en“‘, sondern auch, daß diese Maßregel Reclamationen der pfälzischen Kreis - Regierung bei den Königlich französischen Präfekten zu Meß und Straßburg zur Folge gehabt hat, die bis jeßt ohne Antwort gevlieben sind. Nun urtheile das Publikum über den Fall und das user de réciproci- tés gegen die Pfälzer“, während noch heute eine Retorsion wider die Franzosen nicht geübt wird.“

Königreich Sachsen. Das Ministerium des Jnnern hat eine Bekanntmachung erlassen, worin die Behörden, Gemeinden und Privaten aufgefordert werden, jebt, nachdem eine reihlich gesegnete Aerndte begonnen, dem Unwesen des Bettelns kräftig entgegenzutre- ten. Es wird bekannt gemacht, daß zur Unterstüßung der Gendar= merie eine Anzahl Hülfs - Gendarmen abgesandt seien, um besonders dem Auslaufen zum Betteln Gränzen zu seßen. Die Behörden wer- den angewiesen, dafür zu sorgen, daß die als Bettler bekannten Jn- dividuen Arbeit oder Unterstüßung in ihren Wohnorten erhalten. Das Ministerium macht dabei die Gemeinden und Privaten noch auf das Zustandebringen größerer Armen-Unterstützungs-Verbände aufmerksam, welche an manchen Orten bereits mit gutem Erfolge eingeführt wor= den seien.

Königreich Hannover. Se. Majestät der König hat am 27. Juli den. Kaiserlich russischen General-Lieutenant von Man= surof in einer Privat-Audienz empfangen, in welcher derselbe die Ehre hatte, sein Beglaubigungs-Schreiben als außerordentlicher Ge- E und bevollmächtigter Minister am hiesigen Hofe zu über= reichen.

Königreih Württemberg. (Schwäb. Merk.) Bei Abschluß des Anlehens von 11 Millionen Gulden zum Fortbau der Eisenbahn vor 5 Monaten mit den Bankhäusern Rothschild in Frank- furt, der K. Hofbank, Gebr. Benedikt und Stahl und Federer in Stuttgart zum Course von 974 pCt. war bekanntlich denselben frei- gestellt worden, die weitere Summe von 6 Millionen, diese leßteren zu 98 pCt,, innerhalb einer gewissen Zeit zu übernehmen. Bei dem günstigen Stande dieser 44 pCt. Zinsen tragenden Staatspapiere war vorauszusehen, daß sie auch diese 6 Millionen übernehmen werden, und das is nun wirklich geschehen. Die 6 Millionen werden in 20- monatlichen Raten, jede von 300,000 Fl., eingezahlt; für die erste, auf den 10. August d. J. fällige, is der Betrag bereits jebt erlegt.

Fürstenthum Schwarzburg- Sondershausen. Der Landtag hält fast täglih Sizungen und hat {on manchen für das Land wichtigen Gegenstand theils in Folge von Regierungs-Vorlagen theils auf eigene Hand in Angriff genommen. Aus den leßten Sigungen is bemerkenswerth, daß der Entwurf einer Maß- und Ge- wichts-Ordnung zur Berathung gelangte, Mittelst desselben {hlägt die Regierung in Berücksihtigung der geographischen Lage unseres Landes einen vollständigen Anschluß an das preußische Maß- und Gewichts-System vor, welches \sih in seiner Anwendung bereits seit dreißig Jahren als zweckmäßig bewährt hat, Das Vorhaben hat denn auch in seinem Prinzipe vollständige Billigung seitens der Stände gefunden, allein dieselben haben dessenungeachtet, haupt- sächlich um abzuwarten, wie sich die in dem benachbarten Gröoßherzogthume Sachsen = Weimar im Werden véarifféné Einführung eines neuen Systems gestalten werde, zu bean- tragen sich veranlaßt gesehen, daß mit der diesseitigen Einführung des preußischen Systems Pa Anstand genommen werden möge, Der Entwurf zu einem, den iu und seine Reform be-

treffenden Geseße is

Freie Stadt Frankfurt. Am 26. Juli Abends kamen Jhre Königliche Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Cam- dridge, unter dem Namen Lord und Lady Culloden, auf der Reise nah dem Schlosse Rumpenheim dur Frankfurt.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 24. Juli. Se. Majestät der Kaiser hat den Kammerpagen Sultan Sagib=Ghirei-Tschingis, in Berücksichti- gung der Verdienste seines verstorbenen Vaters, des Chans der inne- ren Kirgisen-Horde, Dschanger, in den Fürstenstand des russischen Reiches erhoben, der auf seine Nachkommen in gerader Linie über= geht.

Am 48. d. hatte der am hiesigen Hofe neu beglaubigte bayeri=- {he Gesandte, Graf von Bray, eine Audienz beim Kaiser in Peter- hof und überreihte Sr. Majestät sein Kreditiv.

Se

Paris, 26. Juli. Der König und die Königin der Belgier sind gestern Abend nah Brüssel zurückgekehrt. : :

Herr Pellapra zahlte, gleich nahdem ihm das Urtheil des Pairs- hofes mitgetheilt war, die ihm auferlegte Geldbuße von 10,000 Sr. und wurde sofort auf freien Fuß geseßt. Vorgestern früh ließ er dem Polizei-Präfekten eine Summe von 10,000 Fr. zustellen, welche auf die Befreiung von Schuldgefangenen, die zur Arbeiter-Klasse ge- hören, verwendet werden soll.

Der Courrier francais versichert, General Trezel habe die Minister angegangen, dieses Journal wegen seiner Artikel über die Gruben in Algerien gerichtlich zu verfolgen, Jm Ministerrath sei man jedoch anderer Meinung gewesen, da die Sache dann vor die Jury gekommen und der ganze Skandal aufgedeckt worden wäre, Das Ministerium habe deshalb Herrn Talabot vorgeschoben, der den Courrier vor das Zuchtpolizeigeriht geladen habe, wo es nicht erlaubt sei, den Beweis der Wahrheit zu führen. „Welche Regie= runa!‘ sagt der Courrier, „ie fürchtet sih vor der Jur9, sie er- \hrickt vor der Anklage des Herrn Girardin, sie \cheut eine Unter= suhung. Die ganze Regierung is in Verdacht der Bestechlichkeit und der Unredlichkeit, der leßte Prozeß hat Alles glaublich ge macht, und man antwortet auf die Klagen durh das Schweigen der Furcht.“

Das Zuchtpolizeigericht von Won hat am 21sten den Direktor des dortigen Karthäuser-Pensionats , in welchem eine geheime Presse in Beschlag genommen worden war, zu einer sechsmonatlichen Ge= fängnißstrafe und zu einer Geldbuße von 10,000 Fr. verurtheilt.

Jn einem Artikel des heutigen Journal des Débats über die Angelegenheiten Jtaliens, insbesondere des Kirchenstaats, bekennt das ministerielle Organ ohne Rückhalt seine Sympathie für die zeit und vernunftgemäßen Reformen , wie sie durch Pius IX. ins Leben gerufen worden, warnt aber das Volk vor den Jdeen der ultralibera- len Parteien in anderen Ländern Europas.

Die Börse hatte heute ein trübes Ansehen; während der ersten halben Stunde herrschte ein wahrer pauischer Schrecken; der Fall der Course hielt dann zwar inne, es konnte jedo keine Besserung bewirkt werdenz die Notirungen waren fortwährend angeboten. Veranlaßt wurde die rückgängige Bewegung durch die Ungewißheit darüber, wann das neue Anlehen kontrahirt werden dürfte. Die Ciseubahn Actien waren ebenfalls sehr matt, besonders die marseiller, vierzoner und lyoner.

ck=— Paris , 26. Juli. Die Deputirten-Kammer be- schäftigte sich heute mit Petitionen.

Herr Clappier bemerkte abex zuerst , es seien drei sehr wichtige Be- richte neulich auf dem Büreau niedergelegt wordenz nämlich die über die Geseß - Entwürfe den Primair-, den Secundair-Unterricht und die Douanen betreffend. Der Präsident habe angekündet, daß diese Berichte gedruckt und vertheilt werden sollten. Er (der Redner) glaube aber nicht, daß diese Ver- theilung hier noch auf eine nüßlihe Weise geschehen könne, Er bitte daher den Präsidenten, diese Berichte jedem Deputirten in seine Wohnung schicken zu lassen, damit jeder dieselben prüfen, studiren und für die Diskussion in der nächsten Session sich gehörig vorbereiten könne. Der Präsident sichert die Erfüllung der Bitte des Herrn Clappier zu. Eine Petition der Wein- wirthe, Winzer, Gasthausbesißer u, st. w. verlangt eine Revision der Gesehz- gebung in Betreff der Auflage auf die Getränke, Die Kommission s{lägt Verweisung der Petition an den Finanz-Minister vor. Herr Benoist be- fämpft diesen Antrag. Die Petition möge manches Nüyliche enthalten, aber die Annahme des Antrags der Kommission oder gar der Vorschläge der Petition wäre der Umsturz aller indirekten Auflagen. Wolle die Kammer in eine erschöpfende Diskussion darüber eingehen, so sei er bereit, daran Theil zu nehmen. Er habe an der Verwaltung Theil genommen und sei überzeugt, daß durch Annahme der vorgeschlage- nen Heilmittel das Uebel sich nur verschlimmern würde. Er beantrage da her die Tagesordnung, Herr von Lagrange dagegen unterstüßt den Kommissions - Antrag. Herr Delongrais schließt sich der Meinung des Herrn Benoist an, während Herr Ferdinand de Lastevyrie den Bemerkungen des Herrn von Lagrange sich anschließt. Aber Herr Benoist beharrt bei seinem Verlangen. Der Handels-Minister erklärt, nur dann gegen die Verweisung der Petition an ihn nichts einzuwenden, wenn da- durch kein Präjudiz aufgestellt werden solle. Nachdem noch die Herren Mathon de Frogeres und Garnon gesprochen, wird die Verweisung der Petition an den Minister von der Kammer beschlossen.

In der Pais-Kammer legte der Finanz - Minister den Ge-= seßentwurf in Betreff des Anlehns von 350 Millionen Fr. , daun das Einnahme-Budget für 1848 vor.

Auf Antrag des Herrn von Bussieres beschließt die Kammer, daß dieses Budget in der morgenden Sipung zur Verhandlung kommen solle. Graf Montalembert erhob sih dann, um Klagen vorzubringen über die Weise, wie historische Arbeiten und die Wiederherstellung oder Ausbesserung geschichtliher Monumente stattfinden, wofür die Kammern Gelder votirt ha- ben. Besonders tadelt er {arf den Abbruch der Thurmspigen der Kathe- drale von St. Denis und die ganze Art, wie die Arbeiten daselbst geleitet werden. Zuerst besserte man aus, aber so schlecht, daß man nachher zu den traurigen Extremen des Abbruchs des Thurmes {reiten mußte. Aehnlich sei es im Junern der Kathedrale gegangen. Eben, so bei den Kathedralen von Rouen, Bourges und mehreren Kirchen von historischem Werthe, Er wünscht, die Minister-des Jnnern und der öffentlichen Arbeiten sollten diese Arbeiten \härfer überwachen lassen. Er erhebt sich gegen den Bandalis- mus mancher Gemeinde-Behörden, von welchem er Beispiele von verschiede- nen Orten anführt,

Großbritanien und Irland.

London, 24. Juli. Die Thron - Rede, welche gestern das Parlament prorogirte, giebt den Blättern weniger Stoff zu Erörte rungen, als die so eben beendete Session überhaupt. Es sind auch in der ersteren mit Ausnahme des Paragraphen über die portugie|i- {hen Verhältnisse keine Thatsachen erwähnt oder neue bestimmte An-

nebs Motiven an die Abgeordneten vertheilt wörden und wird einer noh zu ernennenden Deputation zur Vorprü= fung übergeben werden, Von den ständischen Anträgen, welhe zur Berathung und Beschlußnahme. gekommen sind, nimmt zumeist der durch Acclamation gefaßte das öffentliche Jnteresse in Anspruch, die Staatsregierung zu ersuchen, daß sie die Veröffentlichung der Ver- handlungen der Bürgervorsteher oder do wenigstens die Bekannt- machung von Auszügen aus diesen Verhandlungen gestatten möge,

deutungen enthalten, welche die Erklärung oder den Widerspruch der Presse hervorrufen könnten. Dagegen wird die Paxrlaments=Se|sion mit ihren Arbeiten und fehlgeschlagenen Versuchen von allen Blättern uach ihrem Partei-Standpunkte beurtheilt. L1€ toryistischen Jour= nale beklagen ihre Wirksamkeit, die Whi -Journale sprechen sih an- erkennend aus. Von Juteresse sind die etrachtungen über die Re= sultate des ganzen Parlaments, das während seiner Dauer von sechs Jahren eine bedeutende Veränderung in der inneren politischen Lage Englands “zu Wege gebracht hat. „Das cben aufgelöste Parlament“, schreibt dèr Globe, „hat gerade fünf Jahre, elf Monate und vier Tage gedauert, Seine Maßregeln

zeichnen sich aus durch das Aufgeben unserer bisherigen kommerziel= len und in hohem Grade au unserer allgemeinen Politik, an deren Stelle die Aufstellung und die Annahme entgegengesebter Prinzipien trat. Wir wollen nicht sagen, daß es die Parteiunterscheidungen aufgeho= ben hat, denn dies ist in Wahrheit unmöglich, aber es hat die alten Abzeichen der Partei = Meinung so vermischt und die Bedeutung sei

ner alten Sprache so verändert, daß für den Parteikrieg Vorsicht und Verschlagenheit mehr denn je erforderlich is; die alten Schlag

wörter sind verpönt, die neuen haben noch nicht eine so allgemeine Geltung, um mit Sicherheit gebraucht werden zu können, und Alles ist aus den Fugen. Das Parlament von 1841 wird denfwürdig sein, nicht so sehr wegen seiner Handlungen als vielmehr wegen des Gegensabes, der zwischen diesen Hantlungen und den Personen, welche sie vollführten, hervortrat.“ Der Globe deutet auf die Stellung und die Wirksamkeit Peel’s und bedauert dessen Fest= halten an den konservativen Farben, welches den Fortschritt der von den Whigs angeregten Pläne gehindert e. Sr N. Peel's Lehrlings\chaft““, sagt er, „hat uns sechs fostbare Jahre und eine Einfommensteuer gekostet.“ Die Times hat eine andere An= siht von dem Parlament, und auf ausschließlich demokratischen Stand

punkten sich stellend, wünscht sie dem Lande Glück, daß der Volkswille so weit durhgedrungen ist, daß die Legislatur ihm unterthan sei. „„Das Beste“, schreibt die Times, die verflossene Session betrach

tend, „was man sagen fann, ist, daß die Legislatur gethan hat, was absolut von ihr verlangt wurde. Die Elemente schrieben ihr eine \hwierige Aufgabe vor, welche mit lobenswerther Energie, wenn auch etwas ungehobelt, zur Ausführung gebracht worden is. Alles, was die Session sonst noch gethan hat, is auf das souveraine Geheiß des Volkes geschehen. Ueber Handelsfreiheit hat man in dem Parlaments= Comité weitläufig debattirt, gelesen und diskutirt, durchgesezt worden ist sie aber außerhalb des Parlaments. Das Parlament registrirte die Entscheidung. Was den Volks = Unterricht anbelangt, wenn ein Minister, oder ein Büreau, oder das Haus der Gemeinen es gewagt hat, dem Volke darüber Vorschriften zu machen, so lehrt uns die neueste Erfahrung, wie unmöglich es ist, diese Machtgebote mit achtbarer Konsequenz aufrecht zu erhalten. Das neue irländische Ar- mengeseß is der Legislatur aufgedrängt worden durch die von Un

willen erfüllte Stimme des britischen Volkes, welches sich mit dem Unterbalt der irländischen Armuth neben seiner eigenen bedroht fand. Auch die Zehn-Stunden-Bill is der Legislatur aufgedrängt worden. Eben so die Erhaltung der beiden waliser Bisthümer neben der Fun

dirung des Bisthums von Manchester. Eben so die Umgestaltung der Central - Armen - Kommission. Ju diesen Resultaten erblicken wir mehr und mehr die Nichtigkeit derjenigen Theorie, welche annimmt, taß die Legislatur eine allerhöchste Körperschaft sei, die gewisser

maßen aus ihrem Privatfouds von Wohlwollen und Weisheit einer {hr unterthänigen Bevölkerung Geseße darbiete. Ein Volk, welches auf die vorgedachte Weise von seiner Legislatur den förmlichen Aus

druck und die verfassungsmäßige Genehmhaltung seiner Wünsche er=- zwingen fann, hat Niemanden als sh selbst zu tadeln, wenn es ge- duldet wird, daß gute Gesebß Entwürfe nicht durchdringen oder auf unbestimmte Zeit vertagt werden.“ S

Auf der vom Globe veröffentlichten Liste der Jür England bei den nächsten Wahlen auftretenden Kandidaten befinden sich 226 Li berale, 78 Anhänger Peel’s und 169 Protectionisten, Ver Mon ning Herald meldet, daß die Wahlen der londoner City schon am Mittwoch beginnen werden. S / : A

Der britisch - archäologische Verein hält diesmal jeine jährliche Zusammenkunst , zu welcher sich auch manche ausländische Gelehrte eingefunden haben, zu Warwick, wo bereits mehrere interessante Sitzungen stattfanden. Vorgestern machten die Mitglieder einen Aus-= flug nah der Abtei Stoneleigh , dem Besißthume des Lord Leigh, der ihnen cin glänzendes Diner gab, und nah den durch W. Scott bekannt gewordenen Ruinen von Kenilworth. Ju der Abend- sizung wurden alte Dokumente verlesen, aus denen hervorgeht, daß hon um das Jahr 1200, also viele Jahrhunderte vor Newton, mehrere englische Gelehrte, worunter Lathan, mit den Gejeßen der Schwerkraft genau bekannt waren und sie praktisch anzuwenden wuß ten. Heute begiebt sich die Gesellschaft nah Stratford am Avon, wo man wahrscheinli wegen des Ankaufs von Shakespeare's Haus einen Beschluß fassen wird. .

Nach einem australischen Blatte hat am 3, März das mik Wolle beladene Dampfschi} „Sovereign““ unweit der Morcton-Bucht in Neu Süd =- Wallis während eines furchtbaren Sturmes Schissbruch gelitten und is gänzlich zerstört worden. Von den 54 Pexjonelt, gloyten theils Passagieren, konnten sich nux 10 retten, und auch die) Eren zum Theil starke Verletzungen, Der Verlust an Eigenthum wird gu] 20,000 Pfd. St. geschäßt.

He l g 1 L U.

Brüssel, 27. Juli, Der König und die Königin sind von Paris wieder zurü, : E l Verome Bonaparte ist vorge]tern m A ne Söhne von Deutschland dix, eingetrossen. L e L rinz „Eni von Hessen Darmstadt und der Fürst von Walde sind, auf dem Wege nach Ostende, hier durchgereist; eben so der Herzog von Ofsunna, der si, von Paris fommend, nach England begiebt. - H

' Herr H.- Conscience, der bekannte flämische Novellijt und Ber fasser ciner Geschichte Belgiens, is zum Lehrer der Königlichen Prin zen für die flämische Sprache und Literatur ernannt. ;

Jn Brüssel ist folyende Liste in Umlauf, die Herr Rogier an-= geblich dem Könige für die Bildung eines neuen Minister1ums vor legen wolle: Rogier, Juneres ; Veygdt, Finanzen; d'Hosfschmidt, os fentliche Arbeiten; D, de Brouckere, auswärtige Angelegenheiten ; Cha zal, Kriegz Leclercq, Justiz. Das Journal de Bruxelles be zeichnet dagegen dic Herxen Delfosse und Lehon an Stelle der Her= ren Veydt und Leclercq. Herr Leclercq, jag? es, wolle in keinoent Falle ein Portefeuille annehmen, sondern auf seinem Posten als Ge- neral-Prokurator am Cassationshofe verbleiben. Auch Herr de Hau]|y wird für das Justiz-Ministerium genannt. Herr d’Elhougne von Gent, dem auch ein Portefeuille zugedacht gewejen wäre, soll durch Famt- lien-Rücksichten verhindert sein, ins Ane ene

Der Nouvelliste de Bruges widerlegt förmlich die Gerüchte von der Kartoffel-Krankheit , welche auch in Westflandern in Umlauf gebracht worden sind. S : Dic vier S welche kfürzlih, bei Bauten auf städtischen Grundstücken beschäftigt, ein paar Tönnchen mit U gefun- den hatten, bekommen nach einem Beschluß des le T Stadtraths eine lebenslängliche Rente von Od O, M 14 Lage zahlbar

R R S uf die Wittwen und auf die Kinder und, im Fall ihres Ablebens, st Me E lite 0 borbits bis zum 18ten Jahre übergehend. Die Urkunde darliver 1 vor dem Notar vollzogen worden-

S chw e 1z.

Kanton Bern. (O. P. A. Z.) daß in der zwölften Sitzung der Tagsaßung Ber n mit Ae uner warteten Vorschlag hervortral, Herrn Ochsenbein zum eidgenössischen Oberst zu ernennen. Die Liberalen, namentlich Zürich, Pa S durch sichtbar überrascht; Züri h trug vor der Haud auf Ver= weisung an den Kriegs - Rath anz Solothurn meinte, es fehl

Es wurde {on berichtet, -

ten Herrn Ochsenbein noch die erforderlichen Dienstjahre ; die Sonderbunds=-Kantone sahen darin theils einen Widerruf eines Tagsaßungs - Beschlusses, theils eine Herausforderung au die Stände, die von Freischaaren bedroht gewesen waren , und selbst Bern mußte eingestehen: es hätte eine solche Diskussion nicht erwartet , sonst hätte der Regierungs -Rath vielleicht den Vor= shlag niht gemaht. Schließlih wurde der Antrag Zürichs zum Beschluß erhoben. Hierauf begründete G enf (Rilliet-Constant) sei- nen Antrag: wonach der eidgenössishe Dienst mit dem Dienst im Sonderbund als unverträglich zu erklären und der Vorort zu beguf- tragen sei, Bericht zu erstatten, welche Offiziere sich in diesem Falle befinden. Genf motivirt diesen Antrag dadurch, daß es ihn als cine 4 Folgerung des gegen den Sonderbund gefaßten Beschlusses hin= ellt.

Kanton Glarus. (O. P. A. Z.)_ Der 23. Juli war der bèlebteste Tag des ganzen Schüßenfestes. Schon am Mittwoch war der Beschluß gefaßt worden, von dem Schießplaße aus eine Adresse an die Tagsabung ergehen zu lassen, worin dieser im Namen des Schweizervolks ans Herz gelegt wird, „die Einmischungen und Zu muthungen des Auslandes nachdrücklich zurückzuweisen.““ Jeder Schwei- zer wolle lieber das Aeußerste wagen, als die Unabhängigkeit seines Landes guf eine Weise verleßen und {mälern lassen, wie dies beson= ders der Gesandte Frankreichs versuche. Diese Adresse wurde am Frei= tage bei dem Mittagsmahle verlesen und sofort nah Bern abgesandt. Daß der Beschluß der Tagsaßung in Betreff des Sonderbundes die ganze Versammlung aufregte, läßt sih denken. Von allen wei= teren Maßregeln und der Bildung eines allgemeinen Volks=Vereins, eines Bundes gegen den Sonderbund, wurde abstra hirt, was sich {hon an den ersten Tagen aus der Stimmung der Versammelten folgern ließ. Einige rechtzeitige Winke von Bern aus mögen hier wohl das Jhrige gethan haben.

__ Kanton Genf. Die Radikalen sind bei der Wahl des Kon- sistoriums mit ungefähr 200 Stimmen unterlegen.

Italien

Nom, 19. Juli. Man zählt gegen 50 Arrestationen, die allein gestern “in den verschiedenen Stadtquartieren stattgefunden haben, meist Faentiner, welche, mit Dolchen bewaffnet und mit an sehnlichen Geldsummen ausgerüstet, auf falsche Pässe hin sich der Hauptstadt genähert, ja in dieselbe eingedrängt hatten. Einer der=- selben führte vier Briefe bei sih, durch welche er einem der hiesigen Rädelsführer Minardi empfohlen wurde. Man hat cine Berechnung angestellt, der zufolge dem Urheber dieses Komplots die Anlage des- selben gegen 20,000 Scudi baare Auslagen verursacht haben muß, denn die meisten dieser Emissaire sind mit 50 bis 100 Scudi in Gold ausge= rüstet gewesen. Außerdem hatte man angefangen, Belohnungen denen in Aussicht zu stellen, welche sih bei den eingeleiteten Unruhen betheili= gen würden. Zwei jener Verführer, welche einem Uhrmachergesellen täglich 5 Paoli und Essen und Trinken angeboten hatten, sind ins Auge gefaßt worden, und man will mit Sicherheit wissen, daß sie sich jeßt in gleiher Sendung in Neapel befinden. Obwohl hier die Arrestationen sich von Stunde zu Stunde wiederholen, so hat das Publikum doch bis dahin von feinem Dokument Kenntniß erhalten, welches einen sicheren Ausgangspunkt darböte. Zwar wird versichert, es sei eine Liste von 30 Personen aufgefunden worden, die sehr hoch= gestellte Jndividuen begreife, allein über das Gerücht führt auch diese Zusicherung, obwohl sie von halboffiziellen Personen wiederholt wird, niht hinaus. Mehr Werth hat eine Aeußerung des gegenwärtigen Governatore, der gesagt haben soll, ein Prozeß könne jeßt seinen Anfang nehmen.

Das Gerücht, als ob Kardinal Lambruschini seine Reise von Civitàvecchia aus zur See nah Genua weiter fortgeseßt habe, ist ungegründet. Er befindet sich seit dem 10ten d. M. in dem thm angewiesenen Bischofssiz, und es is durchaus kein Grund vorhanden, daß er diesen Aufenthalt unter den gegenwärtigen Verhältnissen mit einem anderen zu vertauschen die Absicht habe. Veranlassung zu die- sem Gerücht mag die Art der Aufnahme gegeben haben, die er da= selbst gefunden, und die von der Art war, daß die Truppen seit dem Tage seines Eintresfens in die . Kasernen konsignirt geblie ben find. i:

Von der italienisbhen Gránze, 21. Juli. (A. Z.) Dem Vernehmen nach soll das Armee - Corps im lombardisch - vene= tianischen Königreich durch 20 Bataillone verstärkt werden, worunter 6 Bataillone aus den Kaiserlihen Gränzregimentern. Ein Bataillon ist bereits über den Po, und zwar nach Ferrara, marschirt, und in diesem Augenblicke sind {hon die meisten in Bewegung. Jn Folge der Vorrückung der mobilen Reserve aus Inner - Oesterreich und aus Steyermark kommt das in Wien stehende Jufanterie - Regiment „Ritter von Heß“ nah Gräß,

Rückblick auf den ersten Vereinigten Landtag.

Zweiter Abschnitt. (Vergl. Allg. Pr. Ztg. Nr. 209.)

Wenn ein unbefangener Fremder in den Weißen Saal des Kö- niglichen Residenz - Schlosses eingetreten wäre, den der König den Ständen Seiner Lande eingeräumt hatte, nachdem Er sie aus freiem, eigenem Entschlusse zum ersten Vereinigten Landtage berufen, wenn dieser fremde, unbetheiligte Zuhörer alle die Auseinanderseßungen und Jueinanderschiebungen vernommen hätte, wie die Gesebe, welche diese Versammlung geschaffen haben, unvereinbar mit den Verordnun= gen sein sollen, die, vor dieser Vereinigung, theils von den den Stän- den überwiesenen Rechten und Functionen, theils von deren künftiger Wirksamkeit handeln; so würde der Mann unfehlbar vor Allem danach gefragt haben: welches Recht, das die Stände bisher gehabt, ist ihnen denn genommen? welche Verheißung, die ihnen gegeben war, ist denn unerfüllt geblieben oder zurückgenommen worden? |

Da uns hier keine parlamentarische Etikette bindet und wir nicht gezwungen sind, einen verehrten Redner nach dem anderen seine Suade über uns ergießen zu lassen, wie dies zuerst bei der Adreß-Debatte und später bei den Petitionen wegen Abänderung der Verordnungen vom 3, Februar reichlich geschehen ist; sondern da wir das Privilegium, uis furz zu fassen, durch sauere Arbeit, vieles} Lesen und einiges Nachdenken erworben haben, auh vorausseßen dürfen, daß unsere Leser ebenfalls die All i Pr is A Fleiß Vuditt Vaben llgemeine Preußische Zeitung fleißig khichte = R es nicht unsere Aufga“e is, eine umständliche Ge=

)te des Landtages zu schreiben, so antworten wir auf jene inhalt- {weren Gragen mit einer gedrängten Uebersicht. i ; Don einer Wiederherstellung der ständischen Verhältnisse, wie sie im Mittelalter bestanden und deren Reste noch als Ruinen in di neuere Zeit hinübergedauert haben, wie die Gef i Bur h V, längst unbewohnbar, noch heute manche Landschaft schn ück a u von konnte nicht füglich die Rede - sein. Die Redefreiheit Wu ; B len die Folgerichtigfeit der aus den aufgestellten Gelóu A L \pringenden Schlüsse als servile Fesseln von sich war, pat fich n L einigemal guf die Zeiten berufen, wo der Vasall auf den Ruf feines

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Lehnsherrn aufsißen und die Hintersassen ohne viel Berathuug Folge leisten mußten, dergleichen gehört unter die Rubrik der Phrasen, die nicht so ernstlich gemeint sind, wie sie sich gedruckt ausnehmen; an eine Restauration in diesem Sinne ist nicht gedacht worden; man be- gnügte sich mit Forderungen aus dem laufeuden Jahrhundert.

Seitdem Napoleon Buonaparte vorläufig als erster Konsul der französischen Republik, nachher als Kaiser der Franzosen die Leitung der Geschäfte übernommen hatte, ward das ständische Leben auf dem Kontinente ziemlich still; es bestanden hier uud da noch Landstände ; in den Ländern, die jeßt die preußishe Monarchie bilden, war ihre politische Wirksamkeit nirgend von großer Bedeutung. :

Seit dem Untergange der napoleonischen Herrschaft und der von König Ludwig X Vlli. oftrojirten Charte beginnt eine neue Epoche. Die Siege der französishen Armeen hatten franzésishe Gesebe und mit napoleonishen Dynastieen auch seine Regierungs - Prinzipe nah Deutschland gebracht; die Niederlagen seiner Heere führten die Bourbonen und die Charte nah Frankreich. Deutsche Politiker hat= ten dem napoleonishen Systeme gehuldigt, so lange es dauerte, nach seinem Sturze (nachdem die Charte 1815 als unershütterlihe Grund= lage des constitutionellen Königthums sich eben nicht als zuverlässig bewährt hätte) famen Andere auf, die es fürs Beste hielten, daß die Sieger das Geseß des Besiegten annehmen und das Vorbild ihrer Regierung abermals aus Paris entnehmen möchten, wie sie ehedem gethan. Es gebührt keinem Sterblichen, die Geschichte mit „wenn““ und mit „so“ zu interpretiren und darzulegen, wie sich die Dinge gestaltet haben würden, wenn dies oder jenes wirklich geschehen wäre, was wohl hätte gesehen fönnenz Niemand kann es wissen, was erfolgt wäre, wenn der König von Preußen im zweiten Decennium dieses Jahrhunderts seinen Landen eine Verfassung nach französischem Muster gegeben hätte; doch is, ohne Anmaßung eines Seherblickes, der Glaube erlaubt, daß. wenn der Versuch gemacht worden wäre, jeßt die Trümmern des Baues bereits hinter uns liegen würden. Dem sei indessen, wie man wolle, die historische Thatsache steht fest, daß bis zum Jahre 1823 keine ständische Verfassung in den preußischen Landen bestanden hat. Erst seit 1823 existiren die Pro vinzial-Stände, die 1847 zum ersten Vereinigten Landtage zusantmenbe rufen wurden. Was für Rechte diese 3örperschaften gehabt haben, ehe sie existirten, das möchte dem gediegensten Scharfsinne und der glän- zendsten Beredtsamkeit nachzuweisen unmöglich fallen. Seit sie beste hen, is oft darüber Klage geführt worden, wie thre Wirksamkeit zu eng, die ihnen eingeräumten Rechte zu gering wären. Dieser Ansicht steht das Patent vom 3. Februar keinesweges entgegenz es erkennt sie vielmehr an und erweitert wesentlich die ständischen Befuguisse, es versperrt auch den Weg fünftiger Ausbildung nicht. Um aber von Hause aus einen Standpunkt für die Behauptung zu gewinnen, daß die ständischen Rechte durch die Geseße vom O, e bruar eine Beeinträchtigung erlitten hätten, müßte aus dem Bereiche dessen, was sie besessen hatten , weiter zurü auf Verheißungen ge- grissen werden, Einer kühnen Juterpretation ward somit ein ungleich weiteres und ausgiebigeres Feld eröffnet; der Umfang des „Rechts-

bodens“’ wurde nicht blos erweitert, er sollte zugleich für Hossnungen und Wünsche urbar gemacht werden. Würden diese nicht ein besseres Gedeihen gefunden haben, weun sie unvermengt mit rechtsfünstlerischen Versuchen kultivirt worden wären? Wir müi}en uns vorbehalten, auf diese Frage zurückzukommen, in der uns der Schlüssel zu allen Verwickelungen zu liegen scheint.

Bei der Wahrung von Rechten, welche die Stände gehabt ha= ben sollten , ehe sie existirten , ward der Verordnung vom 22, Mai 1815 öfters gedacht, welche die Aussicht auf eme Volks-Repräsenta= tion eröffnet, für solche Justitution indessen ‘einen viel engeren Kreis von Rechten andeutet, als die 1823 erlassenen Geseße wirklich gewährt haben. Jn der Adresse is dieser Verordnung nicht erwähnt; man mochte es wohl bedenklich finden, sich allzu unbedingt auf diesen „Schein“ zu berufen. Als Rechtsquelle und Born der Verheißung ward das Staatsschuldengeseß vom 17. Januar 1820 betrachtet.

Es ift so viel über dies Geseß gesprochen worden, juristische Au toritäten ersten Ranges und Dilettanten im Fache der Nechts- und Gesegfunde, sachverständige Geldmänner und Andere, denen die eige= nen Finanzen viel interessanter sind als die des Staates, haben sich darüber ausgesprochen, so daß es ein unerreichbares Problem wäre, darüber etwas Neues vorzubringen; noch kühner wäre die Hoffnung, diejenigen von ihren Behauptungen abzubringen, die festzuhalten ste sich verpflichtet erahten. Da es uns mehr um die innere Geschichte des Landtages zu thun ist, als um die Reihefolge der Begebenheiten, so möge es gestattet sein, die späteren Verhandlungen dersclben poli- tischen Fragen, als sie in den Weg der Petitionen gelangt waren, mit deren erstem Stadium bei der Adreß-Debatte, in Verbindung zu betrachten. i

Diese vielbesprohene Verordnung seßt, wie es im Eingange wörtlich heißt: „wegen Sicherstellung, so wie wegen regel mäßiger Verzinsung und allmäliger Tilgung aller Staatsschulden, das Nöthige unwiderruflich fest.

8. 1. Die Summe von 180,091,720 Rthlr, soll bis zur Tilgung als Staatslast betrachtet werden. j

§. 2. Ueber diesen auf immer für geschlossen erklärten Staats= \hulden-Etat darf fein Staatsschulden-Dokument ausgestellt werden.

Sollte der Staat künftighin zu seiner Erhaltung oder zur För derung des allgemeinen Besten in die Nothwendigkeit kommen, zur Aufnahme cines neuen Darlehns zu schreiten, so kann solches nur mit Zuziehung und unter Mitgarantie der künftigen reichsständischen Ver sammlung geschehen u. #. w.

§. 13. Endlich is die Staatsschulden-Verwaltungs Behörde ver- pflichtet, der künftigen reichs\tändischen Versammlung alljährlich Rech nung zu legen. Bis zur Einführung derselben tritt der Staats-Rath an deren Stelle. Die Ertheilung der Decharge behält sih der Kü= nig nah Maßgabe des zu erstattenden Gutachtens vor,

Aus diesen im Jahre 1820 gegebenen Bestimmungen hat nun sieben und zwanzig Jahre nach ihrem Erscheinen vou den 1823 ge- \chaffenen, 1847 zum Vereinigten Landtage versammelten Ständen die Nußanwendung gezogen werden sollen: jene seit einem Viertel Jahrhundert bestehende Verordnung wegen Behandlung des Staats= Schuldenwesens sei ein ständisches Geselz, wodurch das Recht festge= stelit sei, der Vereinigte Landtag müsse alljährlich versammelt werden. Die Unwiderruflihkeit des Staatsshulden-Etats, die darin ausgesprochen war, sollte auf eine Zusage bezogen werden, die feines Menschen Scharfsinn daraus herauszubuchstabiren vermag. Es ist in jener Verordnung auf eine fünftige reichsständische Versamm- lung hingewiesen; solche reichsständische Versammlung is der Verci= nigte Landtagz es soll jährlih Rechnung abgelegt werden, folglich

- so lautete die Schlußfolge muß dem Vereinigten Landtag jähr= lih Rechnung abgelegt, ergo: dieser jäh rlih versammelt werden.

Daß dies Geschäft, an welchem sechshundert Personen nicht füg= lih thätigen Theil nehmen können, dur eine aus der Versammlung gewählte Kommission besorgt werde, sollte für unzulässig angesehen werden. Es sollte nur eine reichs\ständishe Versammlung existiren, denn die Verordnung vom 17. Januar 1820 gebraucht in der citir= ten Stelle den Singularis, also cine Versammlung, und keine an- dere, als das Plenum des Vereinigten Landtages !

Nächst dieser „Unvereinbarkeit“ der alten Geseßgebung mit der neueren wurden noch einige Punkte der Verordnungen vom 3, Fe- *

bruar angefochten, deren hauptsächlicher Juhalt sich auf folgende reduzirt. i Bedi

1) Die Zumuthung, daß die Stände gewtjje Functionen auf aus ihrer Mitte zu wählende Ausschüsse übertragen, und daß diesen die regelmäßig periodishe Wiederkehr zugesichert worden war, die sür den Vereinigten Landtag in Anspru genommen wurde. i

9) Der Vorbehalt: daß der König für den Fall eines Krieges die nöthigen Geldmittel auch ohne Be rath der Stände anschaffen werde, wenn die Dringlichkeit der Umstände es erfordere. 1

Die an diese Hauptpunkte angcknüpften anderen Bedenken dürsen wir wohl durch die gegebenen Erklärungen als erledigt betrachten ; bliden wir nun auf das zurück, was die Geseße vom 3, Februar ge=- währen, so wird sich das „Soll‘/ und das „Haben““, wenn zwischen der Krone und den Ständen eine Abrechnung aufgestellt werden soll, klar übersehen lassen.

Dic Stände der preußischen Monarchie, seit sie in geseblih an= erfannter Wirksamkeit bestehen, haben nie eine andere als eine be = rathende Stimme bei der Geseßgebung gehabt, der König hat ihnen eine entscheidende über eine der wichtigsten Fragen gegeben.

Die Forderung : daß eine Körperschaft die ihr zustehenden Rechte, behufs gewisser Angelegenheiten, an eine kleinere Anzahl aus ihrer Mitte, durch eigene Wahl zu delegirende Mitglieder übertrage, fann nit als eine Beeinträchtigung der Rechte angesehen werden, wenn nicht jede Art von Repräsentation und Vertretung durch Abgeordnete einer Körperschaft, durch ein gewähltes Mitglied verworfen werden soll, was gegen das dermalen so beliebte Repräsentativ - System viel zu viel beweisen würde. Jn einer über diesen Punkt gehaltenen Rede finden sich die Worte: „wenn zwei ein Recht haben sollen, so hjat es keiner von Beiden“‘z es is} richtig, daß ein exflusives Privilegium seinen Werth verliert, wenn es an mehrere Per- sonen oder Gesellshaften gegeben würde, und daß ein Recht durch Theilung zwischen mehrere von einander unabhängige und verschie= dene Theilnehmer verloren gehen oder unwirksam werden kann; wenn aber ein Recht von Vielen besessen wird, so können sie es nicht blos

| durch einige aus ihrer Mitte gewählte Mitglieder ansüben, sondern

es fommen häufig Fälle vor, wo es gar nicht anders thunlich ift, damit nicht aus einer heilsamen Jnstitution eine arge Verwielung, aus einer Wohlthat eine Plage werde. Man denke sich das Plenum des Vereinigten Landtages alljährlich versammelt und mit der Ab= nahme der Rechnungen über die Verwaltung der Staatsschulden be- schäftigt. Das Geschäft, das wenige J ersonen unstreitig besser be= sorgen können als viele, würde dem Lande täglich circa 2000 Nthlr. und (was wichtiger als das Geld is) einen unnüßen, zweckwidrigen Aufwand der edelsten Kräfte kosten, die wahrlich besser verwendet werden können, als zum Figuriren im Dienste des Buchstabens eines mißdeuteten Geseßes.

Der eigentliche Kern ständischer Wirksamkeit, worauf sich in leb= ter Analyse die Privilegien aller Parlamente, Kammern, Kurien und Senate in einer Monarchie reduziren, ist in dem Geseße vom 3. Fe= bruar gegeben; die zu erlassenden Gesetze sollen mit den Ständen bera= then, neue Auflagen an ihre Bewilligung gebunden, zu jeder Vermehrung der Staatsschulden ihre Beistimmung erfordert werden. Es ift oft und laut genug beklagt worden, daß diese ständische Wirksamkeit bis zum 14. Äpril 1847 nicht bestanden habez erklärte doch einer der ersten Redner in einer der ersten Sihungen des Vereinigten Landtages : „es is eine große That der Krone, wann sie den Vereinigten Land tag zusammenberief. Mit Recht wurde er am Sonntage Quasimodo- geniti eröffnet, denn wir fählen uns gleichsam wiedergeboren aus dem beschränkten Kreise der Provinzial-Stände zu dem gemeinsamen Ge- fühle des Staatsverbandes und der gesammten Landes - Interessen.“ Der geehrte Redner mochte das Gefühl des Dankes nicht durch eine Adresse, wie die vorgeschlagene, s{hwächen; doch mischte sih in den Kelch der Freude, wie er sich ausdrückte, ein bitterer Tropfen, {woll zu einem Gießbach an, ohne an intensiver Bitterkeit zu ver lieren, obgleich es an Verdünnungen des Gehalts im Laufe ter Ver= handlungen nicht fehlte. Da, wie schon gedacht, der Besibstand zuu Begründung ciner Klage über Rechtsverlebung nicht ausreihte, o ward auf Verheißungen zurückgegriffen; Rechte, welche die Stände nicht gehabt, hätten sic doch haben sollen; die Aufstellung von Be= {werden ward somit erklecklih erleichtert.

Ein Vassus der Verordnung vom 17. Januar 1820 gab dazu vorzüglichen Stoff; er ward als ein heiliges, feierlich verbrieftes Recht, als ein Palladium constitutioneller Wohl= fahrt hervorgehoben, nämlich der des zweiten Paragraphen, der die Zuzichung und Mitgarantie der Stände für alle künftige Anleihen, einschließli der „zur Erhaltung des Staats“, also auch für Kriegsrüstungen, nothwendig ausspricht. Es ist wahr und es soll feincôweges geleugnet werden, die Geseße vom 3. Februar haben diesen Punkt anders gestellt, dem erhabenen Worte des Königs an die Stände: „zwischen uns sei Wahrheit“, würde es nicht entspro= hen haben, ihn unberührt in der unpraktischen Unbestimmtheit jenes Paragraphen zu lassen; er ward dahin erklärt: daß es der Regie= rung unbenommen bleibe, im Falle der Kriegesgefahr, wo eine stän= dische Berathung nicht stattfinden könne, Geldmittel mit ständischer Zuziehung, jedoch ohne Mitgarantie, herbeizuschaffen, daß aber über deren Verwendung den Stäuden Rechenschaft gegeben werden solle.

Es wäre eine unverdiente Schmach für die Versammlung, an= zunehmen, als habe sie in dieser Erklärung eine Rechtsverleßung wirklih gefunden und ernstlih eine Versicherung verlangt, wodurch die Erhaltung des Staats von dem Beschlusse einer Berathung, de-= ren Beginnen leiht unmöglih werden könnte, abhängig gemacht wer- den sollte. Von der äußersten Linken wie wir uns agusdrücken dürften, wenn wir uns die Versammlung nach den politishen Schat= tirungen geordnet vorstellen von den Mitgliedern, die das Meiste gegen die Verordnungen vom 3. Februar einzuwenden hatten, ward die Versicherung ausgesprochen, wie sie ihre Unterstüßung nicht ver- sagen würden, wenn das Vaterland in Gefahr geriethe. ‘Es sind bei dieser Gelegenheit {öne und bedeutsame Worte gesprochen worden, die eine ehrende Anerkennung verdienen. Nur vereinzelte Aeußerun= gen deuteten darauf hin: daß auf die Bereitwilligkeit der Stände nur für den Fall zu zählen sein würde, wenn ein populgirer Ver= theidigungskampf bevorstehe. Daraus würde dann wohl zu folgern sein, daß die Beurtheilung des casus belli niht mehr dem Könige, sondern nur der Majorität des Landtages gehören würdez ein Red= ner is sogar so weit links gegangen, zu erklären: man müsse gar nichts bewilligen, che nicht die Verantwortlichkeit der Minister und jährliche Bewilligung des Budgets feststehe. Die Berichte enthalten nichts darüber, daß diese ritterliche Erklärung lebhaften Anklang gefunden hätte, daß aber Gedanken vorhanden wären nichk gerade für den Krieg, aber für friedliche Einrichtungen, die Zustimmung an Bedin= gungen zu knüpfen, die niht zur Sache gehören, das bezeugen die Abstimmungen über mehrere Gegenstände, deren noch zu erwähnen sein wird.

Ein Umstand, der doch auch in Betracht gezogen werden sollte, wenn von ständischen Berathungen unter kriegerischen Auspizien die Rede sein soll, 1ist gar nicht erwogen worden, nämlich der: daß da- dur unter gewissen Konjunkturen die: Erhaltung des Friedens ershwert, vielleiht unmöglich gemacht werden fann. “a

Statt Beispiele aus fremden Landen und aus fernen Zeiten zu citiren, erinnern wir an ein uns ziemli nahe liegendes, Wenn