1847 / 210 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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“u f l“ Zukunft gegen jede Beeinträchtigung sicher zu stefet- Die Gie bos Me nisters umfaßt die Zeit von 1830 bis jet. V n 1830 sind Steuern „Steuern“ bemerkt er: „Seit der Revolution 20 e iti g e Ertrag sich auf mehr als Nillionen abgeschaffflt worden, deren jährlicher eier is in dieser Periode eingeführt Francs belief. Eine einzige net ‘tene 50,000 Fr. einbringt, es is die worden, die im Durchschnitt jährlich Ce genen Bevölk des erhöhten F z C e der gestiegenen Devolterung, / auf geistige Getränke, Zn Folg [-Steuer im Jahre 1845 verglichen mit dem Jahre 1831, 1m circa 53 Pt D -Steuer um 209! pCt., j T ecaruér pa 1405 pCl, Die O Fe die Bergwerks-S m 35 pCt., die Einregistrirungs - Steuer um nahe an der Accise-Ertrag 1 Zn Belgien giebt es nicht, wie in anderen Ländern, 50 pCt, gestie e des Monopols, wie von Taback, Salz, Karten, Pulver Steuert, e Berden. Der Eingangszoll auf Taback beträgt im Durchschnitt Ne 00 Fr. jährlich und ist feiner Accise unterworsen. Jn Frankreich nahm die Regie im Jahre 1845 aus dem Tabacks - Monopol 82,534,494 rancs Netto einz die Bruito - Einnahme betrug 111,899,920 Fr. hr belgische Budget für 1848 is auf 117,013,550 Fr. veranschlagt, dar- ünter die eigentlichen Sieuern, direkte und indirekte, mit 84,536,430 Fr. Die Einwohnerzahl zu 4,335,319 angenommen , so kommen auf den Kopf durchschnittlich 19 Fr. 49 Cent.; in Frankreich dagegen 37 Fr. 74 Cent. úund in Holland 49 Fr. 2 Cent. auf jeden Kopf.“ Den Abschnitt über die Steuern schließt der Minister mit Hervorhebung der folgenden Thatsachen: „1) Es sind die Steuern, in ihrer Gesammtheit betrachtet, vermindert wor- ben; 2) die Abänderungen in den Details gingen nicht von einer fisfali- schen Îdee aus, sondern bezweckten eine billigere Vertheilung der öffentlichen Lasten oder die Sicherung aller Interessen, des Aerbaus, der Jnudustrie und des Handelsz 3) in Belgien sind die Steuern niedriger, als in Frank- reich und Holland. Der nächste Abschnitt handelt von den „Ein- nahmen und Ausgaben.“ Es stellt sich heraus, daß von 1830 bis 1816 inklusive ein Uebershuß der laufenden Einnahmen über die Ausgaben sich gebildet hat, welher 3,197,187 Fr. beträgt. „Man muß nicht übersehen“, heißt es, „daß das unabhängige, freie Belgien si Ange- sichts großer Schwierigkeiten der äußeren Politik zu konstituiren hatte, daß bei ihm Alles erst zu \chaffen war, und besonders nicht, daß es in den leh- ten zwei Jahren die Lebensmittel - Krisis zu bestehen hatte. Troßdem ist das Gleichgewicht in den Finanzen aufrecht erhalten worden, Jn besseren Zeiten is, bei kluger und geschickter Benuzung der Hülfsquellen des Landes, nicht blos ein Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben, sondern die Errichtung eines Neserve - Fonds zu hoffen, dessen Nüylichkeit im Schoße der Kammern wiederholt proklamirt worden i Cs sola hierauf die „schwebende Schuld.“ Sie besteht in Belgien unter der Form von Schaßscheinen. Die seit 1842 geseglich autorisirten Emissio- nen belaufen sich auf 28,950,960 Franken; davon sind fast 12 Millionen auf die Staats-Eisenbahnen (Vermehrung der Transportmittel 26) eben so viel auf Kanal- und Wasserbauten und 4 zu verschiedenen anderen nüglichen und meist produktiven Arbeiten, Anschaffungen, Unterstüßungen 2c. verwandt worden. Der Minister zeigt sodann, daß die s{hwebende Schuld ¿war nominell die obige Summe, eigentlich aber nur 8,879,241 Fr. beträgt, indem 20,071,748 Fr., welche der Staat als Gegenwerthe in Händen hat, abzuziehen sind. Was endlich die fonsolidirte Schuld betrifst, so is sie nominell 586,487,215 Fr., nah den jeßzigen Coursen berechnet aber blos 467,277,998 Fr. verglichen mit der Bevölkerung (4,335,349 Einw.), kom- men auf den Kopf 107 Fr. 78 Cent. fonsolidirte Schuld und an Interessen dafür 5 Fr. 13 Cent. (nach einer beigefügten Tabelle, in Holland auf den Kopf 849 Fr, 6 C. Kapital und 24 Fr. 71 C. Zins, in England 731 Fr. 25 C. Kapital und 27 Fr. 5 C. Zins, für Frankreich is der Kapitalbetrag nicht angegeben , der Zins macht 10 Fr. 71 C. auf den Kopf, in Oester- reih 65 Jr, 62 C. Kapital und 3 Fr. 38 C. Zins, in Preußen 55 Fr. 95 C. Kapital und 1 Fr. 17 C. Zins). Jm Vergleich zur gesammten Jahres - Einnahme betragen die Interessen für die tonsolidirte Schuld in

Belgien 229 Tausendstel, in Holland, nach der beigefügten Tabelle, 506, in England 499, in Oesterreich 328, in Frankreich 283, in Preußen 69 Tau- sendstel. Von seiner fonsolidirten Schuld hat Belgien seit 1830 {on 34 Millionen getilgt. Das Staats-Vermögen i außerdem durh Erwerbung von unbeweglichem Eigenthum im Betrage von 53 Millionen gewachsen, und endlich is das Land um 200 Millionen an öffentlihen Bauten von allgemeinem Nuyen reicher geworden,

Die im Großherzogthum Posen und in Westpreußen entdeckte revolutionaire Verbindung

zum Zwedck der Wiederherstellung eines selbstständigen polnischen Reiches

in den alteu Gränzen vor dem Save 40/2)

Schon gegen Ende des Jahres 1845 famen in den vormals polnischen Provinzen, welche, seit den Jahren 1772, 1793, 1795 und 1815 der Krone Preußen unterworfen, gegenwärtig unter der Be- nennung Westpreußen und Provinz Posen integrirende Bestandtheile des preußischen Staates bilden, Ereignisse vor, welche kaum bezwei- feln ließen, daß man mit einer neuen Revolutionirung der ehemals polnischen Landestheile umgehe.

Es wurde bald unzweifelhaft, daß diese Umtriebe weit verzweigt waren und die Verfassung des Landes, so wie das Leben der deut= \hen Bevölkerung, in jenen Provinzen in Gefahr sebten._

Hierdurch erwiesen sich fräftige und energishe Maßregeln zur Beseitigung der drohenden Gefahr für erforderlih. Durch \chleunige Verstärkung und zweckmäßige Verwendung der bewaffneten Macht wurde dafür gesorgt, daß jedem offenen Ausstands-Versuche mit Nach druck begegnet werden fonnte, Gleichzeitig begannen die Civil-Behör- den ihre Thätigkeit, darauf gerichtet, die noch weitere Verbreitung und Entwickelung der Umtriebe zu verhindern, die entdeckten Fäden derselben zu Daalaen, die Theilnehmer und Hülfsmittel zu erforschen, e Verdächtigen zur Untersuchung, die Schuldigen zur Strafe zu

ringen.

Zur \{nelleren und fkräftigeren Ausführung ernannten des Kü- nigs Majestät mittels Allerhöchster Ordre vom 13. Januar 1846 eine Immediat - Untersuchungs - Kommission unter Vorsiß des König- lichen Wirklichen Geheimen Raths und Chef-Präsidenten des König- lihen Ober - Appellationsgerichts und Ober - Landesgerichts zu Posen, von Franckenberg-Ludwigsdorf, welche, aus Justiz- und Verwaltungs- Beamten p E heiligt die Polizei und Justiz in ih vereinigte, ohne indeß die Betheiligten irgendwie einem exceptionellen Verfahren zu unterwerfen. Die polizeilichen Organe der Jmmediat-Kommission waren nämlich, wie dies den Geseben entspricht, nur zu den polizei- lihen Ermittelungen und zum ersten Angri} bestimmt und wurden demgemäß verwendet,

Die Aufgabe der Jmmediat - Kommission bestand nur darin, die Untersuchung gegen die Betheiligten so weit zu leiten, bis das nach der Kabinets-Order vom 25. April 1835 (Geseb-Saml. Seite 47) fompetente Gericht dadur in den Stand geseht werden würde, über Einleitung der förmlichen Kriminal-Untersuchung Beschluß zu fassen.

Bevor indeß dieser Auftrag erledigt war, bevor es also dazu fam, die Fortleitung und Beendigung der Untersuchung an das Kam- mergeriht, als den fompetenten Richter, abzugeben, ciblen das Geseh vom 17. Juli 1846, betreffend das Verfahren in den bei dem Kam- wergerihte und dem Kriminalgerihte zu Berlin zu führenden Unter- suchungen, dur welches das Jnstitut der Staats - Anwaltschaft in E L ie

*) Wir geben diese Darstellung als Einleitung zu unser i über de am Zten f, Mts, beginnenden Gris O (9 ba, treffenden Untersuchung, Bei etwanigem neuen Abonnement auf das lau-

ende Quartal unserer Zeitung werden wir diese Darstellung in besonderem bdrud liefern, da wir nur eine geringe Zahl Exemplare unseres Blattes über den Bedarf drucken lassen.

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Kriminal-Prozessen und ein öffentlihes und mündliches Verfahren vor dem erkennenden Richter eingeführt ist. Dies Geseß sollte nah §§- 132, 133 mit dem 1. Oktober 1846 in Kraft treten, dergestalt, daß auch diejenigen Untersuchungen, in deneu das Verfahren erster Justanz mit Einschluß der Vertheidigung beim Eintritt jenes Zeitpunktes noch nit geschlossen sein würde, nah den Vorschriften des neuen Gesetzes umgeleitet werden sollten.

Jn Uebereinstimmung hiermit bestimmte denn auch sofort eine an die Minister des Jnnern und der Justiz erlassene Allerhöchste Order vom 18. Juli 1846:

daß da die Untersuchungen wegen der im Großherzogthum Po- sen und den angränzenden Landestheilen entdeckten Verschwörung vor dem 1. Oktober 1846 einschließlich der Defensionen nicht been- det sein könnten und deshalb, nah §. 133 des Geseßes vom 17. Juli 1846, in dem durch dasselbe angeordneten Verfahren zu erledigen sein würden, die Jmmediat - Untersuchungs - Kom- mission zu Posen die in dem §. 65 des Geseßes gedachte Vor-Un- tersuchung leiten, in diese das von ihr bisher geführte Sfrutinial- Verfahren umwandeln und bei dieser Voruntersuchung nach den en des gedachten Gesetzes bereits gegenwärtig verfahren olle.

Hiermit trat auch sofort die amtliche Thätigkeit der Staats-An- waltschaft ein. Der Staats-Anwalt des Kammergerichts begab sich deshalb mit mehreren, ihm aus\ließlich für diese umfangreiche Sache zugeordneten Gehülfen nach Posen, um bei Leitung der Vor-Unter= suchung seine geseßlichen Functionen auszuüben und gleichzeitig die Vorarbeiten für die spätere Anklageschrift zu beginnen.

Es war gegen nahe an elf hundert verdächtig gewordene Per- sonen theils mit, theils ohne Verhaftung eingeschritten.

Nach Beendigung der Voruntersuchung hat der Staats-Anwalt die ihm nach §. 49 des Geseßes vom 17. Juli 4846 obliegende Erklärung abgegeben. Gegen 283 hat er die Verseßung in den An- flage-Zustand bei der Anklage-Deputation des Kammergerichts be- antragt.

Diese hat durch ihre Beschlüsse vom 12, April, 24. April und 12. Mai d. J. 254 Personen in Anklagestand verseßt, und auf Grund dieser Beschlüsse hat der Staats-Anwalt am 4. Juni eine 120 Druck- bogen starke Anklageschrift gegen diese 254 Personen, wegen Hochver= raths dur Betheiligung bei dem Unternehmen zur Wiederherstellung eines polnischen Staats in den Gränzen desselben vor dem Jahre 1772 bei dem Kriminal-Senate des Kammergerichts eingereicht.

Nunm-hr beginnt in Gemäßheit der §§. 15 ff. §§. 64 u. 70 des Gesetzes vom 17. Juli 1846 das münt liche Verfahren vor dem er- fennenden Gerichte, der aus aht Mitgliedern bestehenden Abtheilung des Kriminal-Senats des Kammergerichts für besonders {were Ver brehen. Durch dasselbe wird festgestellt werden, ob und in welchem Umfange die einzelnen Angeklagten einer Theilnahme sih schuldig ge- macht haben und derselben zu überführen sind.

Daß aber wirklih ein Unternehmen, mit Waffengewalt gegen die preußische, österreichische und russische Regierung einen selbsistän= digen polnischen Staat herzustellen, vorbereitet worden ist, daß diese Vorbereitung niht nur schon weit vorgeschritten war, sondern auch in einzelnen, allerdings sehr ohnmächtigen Versuchen zur Ausführung gekommen is, wird die folgende aktenmäßige Darstellung zeigen. Sie wird ein allgemeines Bild von den entdeckten politischen Umtrieben geben und durch Mittheilung einzelner Thatsachen den Leser in den Stand seten, selbst zu beurtheilen, von welcher Bedeutung für den Staat und wie gefahrvoll für das Leben der deutshen Bewohner sei- i a polnischen Provinzen die entdeckte Verschwörung gewe=

en ist.

Erster Abschnitt. Entstehung des polnisch=domokratischen Vereins und vorbereitende Thätigkeit desselben in der polnischen Emigration.

Der am 29. November 1830 zu Warschau ausgebrohene Auf- stand gegen die russische Herrschaft war in der zweiten Hälfte des folgenden Jahres durch die Kaiserlich russischen Truppen bewältigt. Starke Haufen des polnischen Jusurgenten - Heeres legten auf preu- ßischem und österreihishem Boden die Waffen nieder. Jhnen \{chloß sich eine große Zahl der Nichtkämpfenden an, die, sei es aus Furcht vor Untersuhung und Strafe wegen der Theilnahme an dem Auf- stande, sei cs aus Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen ihr Vaterland verließen.

Jn Frankreich vor allen fanden die polnischen Flüchtlinge gast- liche Aufnahme und Unterstübung. Es bildete sich hier fortan ein besonderer, in sich abgeschlossener Körper: die polnishe Emigra- tion. Sie repräsentirte das Bild des ehemaligen polnischen Reiches im Kleinenz denn, was dieses von je her zerrissen, die Kämpfe der verschiedenen Factionen und Parteiungen, fand, freilich auf Wort und Schrift beschränkt, in der Emigration seinen Fortgang. Eben der leßte Aufstandsversuch gab nur zu reichhaltigen Stoff zu gegenseitigen Anfeindungen und Vorwürfen.

Bald standen die aristokratishe und demokratische Partei feind lih gerüstet sich gegenüber. Beide zerfielen wieder in sih_ in verschie dene kleinere Factionen und Nüancirungen. Diese Kämpfe gaben der einen Partei Veranlassung, sih zu einer fompakften Masse zu vereini- aen Wle n der Emigration lebenden Tgeilnehmer an dem leßten Aufstande, die von der Annahme ausgingen, „daß den früheren Machthabern die richtige Erkenntniß alles dessen gemangelt habe, was ein Volk im Allgemeinen für eine Revolution empfänglich machen und

begeistern könne, und daß man die Prinzipien der Fr eïheit, Glei dh- heit und Brüderlichkeit den Regierungs- und Gesellschaftsregeln zu Grunde legen müsse, wenn man der Hoffnung einer allgemeinen Erhebung des polnischen Volks zur Wiedererlangung seiner Unabhân- gigkeit und Selbstbeständigkeit Raum geben wolle“ alle diese tra- ten zu einer besonderen Verbindung : dem polnisch -demokrati- \chen Vereine, zusammen. ;

Es waren nahe an 3000 Personen. “Jn seinem Gründungs-= Aft vom 17. März 1832 sprach der Verein als seinen Zweck den aus: in der polnischen Nationalsache in dem Geiste rein A - demofkratischer Grundsäße ren zu wollen.

Der Sih der Gesellschaft und ihrer sämmtlichen Mitglieder war Paris, und als si viele ver leßteren von hier entfernten, so wurde dur ein Publikandum vom 15. April 1832 bestimmt: „daß wenig= stens die Centralisation für die Thätigkeit der Gesellschast zu Paris verbleiben solle.“ Hierdurch erhielten die zu Paris anwesenden Mit= glieder des Vereins die Leitung aller Angelegenheiten desselben, und

nur zu Abändernng der Statuten und anderer organischen Bestim- t blieb die Stimmenmehrheit sämmtlicher Mitglieder erfor=- erlich.

So stand es bis zum Jahre 1835, wo die Gesellschaft ihr Haupt Statut (innere Organisation der polnisch - demokratischen Ge- Oi genannt) am 5. Juli publizirte. Das Statut regulirt in echs Titeln und zweiundneunzig Paragraphen den inneren Organis- mus des Vereins.

Die ganze Autorität der Gesellschaft beruht nah demselben in | der Gesammtheit der Mitglieder. Die Gesammtheit der Gesellschaft

zerfällt in Sectionen, Die oberste Aufsicht führt eine Central-

Behörde, die Centralisation des polnisch - demokratischen Vereins.

: Was zunächst die Sectionen betrifft, so bilden eine solhe sämmt= liche in einer einzelnen Ortschaft wohnhaften Mitglieder des Vereins sobald ihre Zahl wenigstens fünf beträgt. Die zerstreut wohnenden Mitglieder gehören der ihnen zunächst eiégenen Section an. Jede Section wählt einen Secretair und einen Kassirer, hält regelmäßi jede Woche eine Sibung und beschließt nah Stimmenmehrheit Jhre Thätigkeit ist indeß nur innerer Natur. Sie diskutirt über ux die Gesammtheit gerihteten Vorstellungen, macht selbst Anträge lies fert Beiträge für das periodische Blatt des Vereins E das moralishe Verhalten der Mitglieder, sorgt für die. Cinziehun der Beiträge und nimmt endlich neue Mitglieder auf. R S i schieht auf Vorschlag eines Mitgliedes nah Stimmenmehrheit, durch F terschrift der Statuten. Die Aufnahme ist der Central-Behörde anzuzei- gen z diese seßt die Gesammtheit davon in Kenntniß, und jedem Mitgliede steht das Recht zu, gegen die Aufnahme Opposition zu erheben, worüber demnächst wieder von der Gesammtheit durch Abstimmung in den Sectionen entschieden wird. -

Auch das Recht der Ausschließung eines Mitgliedes steht den Sectionen zu, gegen deren Ausspruch indeß eine Berufung (Appella= tion) an die Gesammtheit innerhalb bestimmter Fristen zulässig if.

Die einzelnen Mitglieder der Section haben den Sibungen re- gelmäßig beizuwohnen und sich den Beschlüssen der Majorität zu aen n Contraventionsfällen steht ihnen Verweis, Bekanntmachung ihres Namens oder gar Ausstoßung bevor. s

Die Geseßgebung ist bei der Gesammtheit der Gesellschaft, als deren zur Vollführung und Bekanntmachung aller Beschlüsse berufenes Organ die Centralisation erscheint. Diese kann nur in außer=- ordentlichen Fällen provisorishe Maßregeln treffen. Sie hat die Verwaltung aller Fonds und muß alle drei Monate sämmtlichen Sectionen, also der Gesammtheit der Mitglieder, Bericht und Rechen= schaft ablegen. Außerdem hat sie die Redaction des allmonatlih er= \cheinenden Blattes der Gesellschaft (Pismo towarzystwo0), welches in seinem amtlichen Theile die Manifeste, Aufrufe und andere Be- fanntmahungen der Gesellschaft enthält und in dem nichtamtlichen Theile für die Propaganda der polnisch-demokratischen Grundsäße be- stimmt is. Die Centralisation besteht aus neun alljährlich von der Gesammtheit zu wählenden Mitgliedern, Fünf sind zur Beschluß nahme erforderlich. Die Sitzungen sind für alle Mitglieter des Ver- eins vffentlih. Der Vorsiß wechselt unter den Mitgliedern. Eines derselben bekleidet die Function eines Secretairs. Die Mitglieder der Centralisation gehören keiner Section an.

Neben der Centralisation besteht eine Aufsichts (vorstel= leude) Section, welche Beschwerden gegen die Centralisation oder einzelne Mitglieder derselben entgegennimmt, dieselben prüft und der Gesammtheit zur Entscheidung vorlegt, auch die Centralisation, bei etwaniger Eutfernung derselben, bis zur Neuwahl vertritt. Sie wird alljährlich durch die Gesammtheit gewählt.

An demselben Tage, dem 5. Juli 1835, erließ der Verein eine Bestimmung über die Beiträge und Fonds der Gesellschaft, welche die von den Mitgliedern allmonatlich zu den nothwendigen Ausgaben zu leistenden Beiträge, nah Maßgabe der Einnahme eines Jeden, regulirt, und die später durch zwei Erlasse vom 30, Januar und vom 18, Juni 1838 erweitert is. Durch den erstgedachten Erlaß wird eine sogenannte brüderliche Abgabe zur Unterstüßung hülfsbedürftiger Brüder ausgeschrieben , deren Verwaltung und Austheilung lediglich der Centralisation zustehen soll.

Bald nach seiner Entstehung trat der demokratishe Verein mit zwei Aktenstücken hervor, die dasjenige, was der Gründungsaft vom 17. März 1832 noch nicht mit naten Worten ausgesprochen hatte, ganz ofen und unumwunden hinstellen, daß nämlich der Zweck der Gesellschaft und ihrer ganzen Organisation nur der sei: „Dur Wiedervereinigung aller ehemals polnischen Landes theile ein selbstständiges Polenreich in seinem alten Um-= fange wiederherzustellen.“

Das erste dieser Aktenstücke ist die am 18. Mai 1832 zu Paris erschienene und von allen damaligen Mitgliedern des Vereins unter- zeichnete Protestation gegen die Theilungs - Verträge von 1772 bis 1815, in welcher der Verein im Interesse Europa’s und der Civili= sation die Wiederherstellung Polens in seinen alten Gränzen verlangt. Das zweite und wichtigere is das Manifest des polnisch - demokrati= schen Vereins, d. d. Poitiers, den 4. Dezember 1836, von 1135 Mit=- gliedern unterzeichnet. :

Nach diesem Manifest ist der Zweck des demokratischen Vereins : Befreiung Polens und Erhebung desselben zu einem selbstständigen Reich mit demokratishen Einrichtungen. Der Verein will diesen Zwet durch eine Umgestaltung aller politi= hen und sozialen Einrichtungen erreichen und hat es sich deshalb zunächst zur Aufgabe gestellt : : :

1) die vffentlihe Meinung aufzuklären über die Ursachen, welche den Verfall Polens herbeigeführt haben, und über die welt-- geschichtliche Aufgabe, welche den Polen zu Theil geworden ist ;

9) alle Verträge , welche die Theilungen Polens begründen oder

sanctioniren, als von Anfang an nichtig aufzurufen und wider

ihre Gültigkeit rechtlihe Verwahrung einzulegen z

3) in der Emigration und im Volke die demokratischen Jdeen zu verbreiten und klar zu machen, daß vou der Ausführung dieser Gedanken die Wiederherstellung der polnischen Nation und fünftig des neuen Reiches Wohlfahrt zu erwarten ist.

Diese Arbeiten bezeichnet das Manifest als größtentheils bereits vollendet. Der Verein betritt nunmehr die zweite Stufe auf dem Wege zur Erfüllung seiner Aufgabe und will zuvor noch einmal das Ziel seines Strebens, sein Glaubensbekenntniß darlegen.

Bei der Verwirklichung der demokratischen Ideen, durch welche Polen befreit werden soll, steht die Gleichheit mit den von selbst aus ihr hervorgehenden Momenten der Freiheit und Brüder-= lihkeit an der Spite;z Gleichheit in allen Rechten und Pflichten, Gleichheit in allen Vortheilen und Lasten,

Jn den politischen Einrichtungen fommt demnah der Grundsaß der Volks - Souverainetät zur Geltung. Alles für das Volk, Alles durch das Volk. Es herrschen Freiheit in Rede und Schrift und Freiheit des Glaubens. Alle politischen und bürgerlichen Borzüge hören für immer auf. Das Volk nimmt auf gleiche Weije an der Herrschaft Theil; es wird durch eine gemeinsame, öffentliche Erzie= hung gebildet und der Arbeit das Recht auf Eigenthum zuerkannt,

Alle sozialen Einrichtungen, insonderheit das Eigenthum, die Ar= beit, die Jndustrie und die Volkserziehung,- haben ihre gänzlihe Um- gestaltung in diesem demokratischen Geiste zu erwarten. ;

Auf diesem Wege wird die Unabhängigkeit des demokratischen

! Polens er Mittel, dahin zu gelangen, erwartet der Verein im Schooß der polnischen Nation und umfaßt hierbei das ganze Polen in seinen

lten Gränzen. / / i E e Ausführung der in dem Manifest ausgesprochenen Zwecke

zu erleichtern, erfolgte durch cinen Beschluß vom 29, März 1837 eine Umgestaltung der Central-Behörde, deren Sib nah Poitiers und im Jahre 1840 nah Versailles verlegt wurde.

Der Centralisation wurde hierdurh die Ausführung aller Maß=

regeln überlassen, welche die äußere Frage (also die eigentliche Ver-

\{wbörung in den ehemals polnischen Landestheilen) zum Ziele hatteit. Sie sollte nur nicht von dem in dem Manifeste dargelegten Zwecke und Geiste und den beschlossenen Ausführungsmitteln abweichen dür= fen, in jeder anderen Beziehung aber frei und selbstständig handeln. Die Zahl der Mitglieder wurde von neun auf sünf reduzirt. Alle diese zu Paris, Poitiers und Versailles in polnischer Sprache im Druck erschienenen Aktenstücke liegen dem Gerichtshof vor. _ Nach den in der Voruntersuchung abgelegten Geständnissen des im Großherzogthum Posen verhafteten Centralisations-Mitgliedes Lud- wig von Mieroslawsfi betrachtete die neu organisirte Centralisation als ihre nächste Aufgabe: die ihrer Ansicht nah, hinreihend vor- handenen materiellen Kräfte der Nation nachhaltig zu beleben und unter wirksame Leitung zu bringen. Um dies zu erreichen und sich hierbei eines besseren Erfolges zu versichern, als die früheren Auf- stands - Versuche gehabt hatten, begann die Centralisation im Jahre 41838 PeiaigfcicMreithe aufzustellen, welche sie den einzelnen Sectio- nen des Vereins zur Discussion in ihren Versammlungen mittheilte und demnächst das Resultat der Besprehungen und die eigenen Ansichten durch Umlaufschreiben den Mitgliedern der Verbindung eröffnete. Leßteres geschah auch durch die in der Drudckerei von Saurin zu Poitiers erschienene und ebenfalls im Besiß der diesseitigen Behörden befind= lihe Druckschrift: der polnisch - demokratische Verein, welche einen Auszug aus den Umlausfschreiben und in denselben die in der Zeit von 1838 bis 1840 ventilirten fünf ersten Fragen mittheilt. Nach Dis- kussion der Vorfrage : welches sind die inneren Kräfte der pol-= nishen Nation in sozialer und politisher Hinsicht? war die Centralisation zu den Fragen übergegangen ; i

1) wie muß zur Zeit des Ausstandes die höchste Gewalt organi=

sirt sein? Ï 9) wie sollen zur Zeit des Aufstandes die untergeordneten Behör- den organisirt sein?

3) welche Rechte müssen während des Aufstandes suspendirt bleiben ? 4) welche Maximen sind in politischer Hinsicht bei der Bildung und Organisation der bewaffneten Macht anzuwenden ? i 5) welche Bürgschaften gebühren dem Volke, daß die Sache des Aufstandes seine Sache sein wird? :

Diese Fragen waren durch sämmtlihe Sectionen des Vereins gegangen, und das Ergebniß der Diskussionen und Berathungen liegt den bekannt gewordenen Plänen und Instructionen der Centralisation zu Grunde.

Vorläufig mag es genügen, hier nur beispielsweise hervorzuhe- ben, daß die Centralisation in einem jener Umlaufsschreiben nach Mittheilung der verschiedenen Ansichten über die fünfte Frage : über die dem Volke dafür zu gewährende Garantie, daß die Sache des Aufstandes die seinige scin werde, ihre cigene Ansicht dahin ausspricht : E :

Der fünftige Aufstand dürfe keine bloße Jnsurrection, er müsse eine soziale Revolution werden. Geistige und materielle Emancipatio- nen Aller habe diese Revolution den unterdrückten Völkern zu ver= fünden. Aufhebung der Leibeigenschaft, Unterthänigkeit und Dienste, so wie aller Titel, -—— vollkommenste persönliche Freiheit, Gleich- stellung aller Stäude, gleiche Berechtigung zu allen Aemtern, glei- hen Rechtz- und Religionsshuß, endlih und besonders Eigen E - Verleihung an die Laudbauer ohne Entschädigung des Adels. E

Neben dieser Thätigkeit im Junern der Gesellschaft war die Centralisation eifrig bemüht, dem Vereine und dessen politischen An= sichten nund Bestrebungen auch eine größere räumliche Ausdehnung d::rch Anwerbung neuer Mitglieder in allen ehemals polnischen Lan=- destheilen zu verschaffen, wie dies in der Emigration bereits scit Ent- stehung der Gesellschaft durch die einzelnen Sectionen geschehen war.

Mit den ehemals polnischen Landestheilen stand die Emigration bereits seit dem Jahre 1836 in direkter Verbindung. Die Centrali-= sation entsandte ihre Agenten, -- wozu sie entweder Personen aus ihrer Mitte oder ausgeschiedene Centralisations-Mitglieder nahm, um durch Wort und Schrift, namentlich durch Verbreitung der Schrif- ten des Vereins , den demokratishen Jdeen Eingang zu verschaffen und Filial-Vereine zu begründen. E

Für die Aufnahme neuer Mitglieder in den polnischen Landes- theilen war bestimmt, daß dieselbe niht blos durch die neu begründe ten Comités oder die Abgesandten der Centralisation, sondern durch jedes Verbindungs=Mitglied erfolgen könne, sobald der Aufnehmende, dur eine mit dem Kandidaten anzustellende Prüfung, sih von der Uneigennüßigkeit der Gründe des Beitritts und von der Treue der Gesinnung Ueberzeugung verschafft habe.

Wegen der mit der Vorlegung des Manifestes und der Statuten des Vereins und mit der Sammlung von Unterschriften verbundenen Gefahr sollte hier an die Stelle der in der Emigration einzig üb lichen Unterschrift ein eidliches Angelöbniß treten, welches der Kan- didat, wo möglih im Beisein eines Zeugen, in die Hand des Auf- nehmenden abzulegen hatte. Eine bestimmte Eidesform für jede Pro- vinz sollte der betreffende Bevollmächtigte der Centralisation bestim- men. Dies nahm man indeß nicht so streng und hielt bald jede Form für genügend, sobald der Shwörende sth nur zum unbedingten Gehorsam gegen die Bundesbehörde, zur treuen Bewahrung des Ge- heimnisses und zur ununterbrochenen Thätigkeit für die Wiederherstel- lung eines unabhängigen polnischen Reiches in seiner ganzen Ausdeh nung, für die Freimachung des gemeinen Volkes und die Eigeuthums- Verleihung an dasselbe verpflichtete.

Jn den leßten Jahren begnügte man sich mit dem Ehrenworte, ja sogar mit einem einfachen Beitritts-=Versprechen.

Aufnahmen in die Verbindung, die auf die eine oder andere hier erwähnte Art erfolgten, sind deun auch im Laufe der Vor -Untersu-= chung sehr häusig zur Sprache gekommen. Ludwig von Mieros- lawsfi selbst nahm den Gutsbesißer Bronislaus von Dabrowsfki, nach ihren beiderseits übereinstimmenden Angaben, dur ein bloßes Bei= trittsversprehen in die Verbindung auf. Der geständige Gutsbesißer Heinrich von Poninski erzählt, wie ihn der Landschaftsrath Alexander von Guttry im Beisein des gleichfalls angeklagten Apollinar von Kurnatowski einen Eid abgenommen, durch den er habe angeloben müssen, unbedingten Gehorsam den Oberen zu leisten, das Geheimniß zu bewahren und nicht eher zu rasten, als bis Polen erlöst sein werde.

Einen gleichen Eid mußte der Gutspächter Apollonius von Ku-= rowsfi, nah seinem Geständniß, im Beisein des Michael von Sko- mczewsfi leisten, als ihn der Landschafts-Translateur von Sklupecki in die Verbindung aufnahm. Als der flüchtige Wladimir von Wolnie=- wicz den Gutsbesißer Wladislaus von Kosinski für die Verschwörung warb, begnügte er sih, nach von Kosiuski's eigener Erzählung, da- mit, ihm das Manifest des demokratischen Vereins zum Durchlesen einzuhändigen und ihn durch Handschlag zu verpflichten, für die An= erkennung der demokratischen Prinzipien zu wirken und andere Mikt- ga “4 S zu gewinnen. von Kosinski warb dann wei- ter den Gutsbesißer Joseph von Szokdrski. Er gab demselben, wie Beide übereinstimmend angeben, ei | ï

/ geben, ein demokratishes Glaubensbekennt- niß zum Durchlesen und ließ ihn im Beisein des Dr. Matecki einen Eid nachsprehen, dur dener sih verpflichtete, der Verbindung an- zugehören, den Behörden derselben unbedingten Gehorsam zu leisten die Selbstständigkeit Polens zu erkämpfen und unverbrüchliches Still- schweigen zu beobachten, Matecki war dur Vermittelung des flüch-

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tigen Landschafts-Kassen-Controlleurs von Buchowski in die Verbin- dung aufgenommen, und man hatte sih, na seiner Angabe in der Voruntersuchung, damit begnügt, ihn durh Ehrenwort Verschwiegen- heit angeloben und die Eidesformel till für si durlesen zu lassen Diese wenigen Beispiele mögen hier genügen. : :

Jedes Bundes - Mitglied sollte bei seiner Aufnahme in die Ver- bindung folgende Schriften erhalten, die, in der Druckerei der Ge- sellschaft bei Bourgogne und Martinet in Paris erschienen, von der

Centralisation, als die orthodoxen Lehren des demofratischen Vereins enthaltend, anerkannt waren : :

4) Das Manifest des polnisch - demokratischen Vereins nebst Be-

merkungen;

2) das Tagesblatt: Der polnishe Demokrat;

3) die Statuten des polnish-demokfratischen Vereins ;

4) die Umlaufs-Schreiben ;

5) die sogenannte historische Uebersicht ;

6) das Tagebuch und Schreiben des Vereins ;

7) die Fragen;

8) den Kursus der militairishen Wissenschaften und

9) die Militair-Reglements. i

Neben diesen Schriften, deren Druckosten aus den der Cen- tralisation zu allgemeinen Zwecken zu Gebote stehenden Fonds bestritten wurden, um sie den Mitgliedern unentgeltlich liefern zn können, empfahl die Centralisation auch die Lektüre des demokrati hen Katechismus, als dessen Verfasser der wegen seiner Theilnahme an den politischen Umtrieben in Galizien verhaftete Graf Franz Wie- sioltowski einen Edelmann aus der Woywodschaft Lublin Heinrich Kaminski, bezeichnet. : 5

Nah von Mieroslawsfi's Versicherung, hatte die Centralisation den Druck dieser Schrift, nah vorgängiger Ausmerzung verschiedener mit ihren Lehren und Grundsäßen nicht übereinstimmenden Stellen, nur deshalb veranlaßt, um sih den Verfasser nicht zu verfeinden, der ihr das Manuskript anonym zugesandt hatte. i i

Neben der beabsichtigten Propaganda der eigenen demokratisch- revolutionairen Grundsäße in politischer und sozialer Beziehung ver folgte die Centralisation bei der emsigen Verbreitung der obigen Schriften, nah von Mieroslawski's Angabe, auch den Zwedck, die dem Streben des demokratischen Vereins entgegengeseßten Und eine revo- lutionaire Anarchie predigenden Grundsäße zu neutralisiren, die, in verschiedenen Werken entwickelt, hiernach in allen poluischen Landes=- theilen niht geringen Anklang fanden. Hierher zählt von Mieros- lawsfi namentlich die zu Brüssel erschienenen Lebenswahrheiten des poluischen Volkes, nah des Grafen Wiesiolowski Versicherung von dem bereits erwähnten Heinrich Kaminski unter dem Namen Filaret Prawdowski herausgegeben; dann den Parteigängerkrieg von dem ehemaligen Artillerie-Capitain, Karl Stoizmann, mit vielen aus den Lebenswahrheiten enthaltenen Grundsäßen; ferner viele Parteischrif- ten des Professor Lelewel zu Brüssel und des Emigranten Ostrowski zu London und endlich eine Menge von den erst im Jahre 1840 nah Paris gekommenen Emigranten herausgegebenen Broschüren.

Gegen den Parteigängerkrieg trat von Mieroslawski überdies in der am 25. Januar 1845 erschienenen Nummer des polnischen De mokraten, welche gegenwärtig dem Gerichtshofe vorliegt, mit einer sehr heftigen Kritik auf, in der ausgesprochenen Absicht, den verderb- lihen Einfluß zu unterdrücken, den sich dies Werk zu vindiziren drohe.

Wenu es in dieser Kritik heißt: „Das Jdeal eines Kriegers sei dem Verfasser der Bandit in den Appenninen, das erhabene Genie in dieser Kunst ein Rinaldo-Rinaldini““, so wird hierdurch treffend ein Werk charakterisirt, welches eine den Grundsäßen des europäischen Völkerrechts direkt zuwiderlaufende Kriegführung predigt. Es lehrt 2. B., wie man dur Vergiftung des Trinkwassers, durch Verpestung der Luft, durch Verleitung der Soldaten, ihre Offiziere meuchlings zu ermorden, sich der Festungen bemächtigen können. Unter die Waffen der Jusurgenten zählt es auch den Dolch, dessen man sich zu bedienen habe, um den Feind im Schlafe zu ermorden. :

Der Parteigängerkrieg sowohl wie auch die Kritik desselben lie- gen dem Gerichtshofe vor.

Die ersten Agenten und Emissaire der Centralisation wirkten mit vielem Glück. Die Schriften des demokratischen Vereins wur den mit Erfolg durch alle ehemals polnischen Landestheile verbreitet, und es gelang, die Trümmer schon früher bestandener revolutionairer Verbindungen zu benußen, dieselben wieder zu vereinigen und durch sie weitere Werbungen anzustellen. i

Die Emissaire verfuhren hierbei mit solher Vorsicht, daß es ihnen gelang, die Aufmerksamkeit der Behörden zu vermeiden.

Das Jahr 1841 soll der Sache der Vershwörung nicht so gün=

stig gewesen sein, indem, wie in der Emigration, so auch in den einzelnen polnischen Landestheilen, eine nicht ‘unbedeutende Opposition gegen die Grundsäße des demokratishen Vereins hervortrat. Nach von Mieroslawski?’s Schilderung fanden die Lebenswahr= heiten und der Parteigängerkrieg, so wie die Flugschriften der Lele- wel - und Ostrowskischen Partei, in den polnischen Provinzen bedeu- tenden Anhangz es drohte hier unbesonnener Losbruch und vollstän= dige Anarchie; und auch in der Emigration dauerten die Partei- fämpfe uah wie vor fort. i

Die Centralisation befürchtete, daß sih die Nation ihren Lehren und ihrem Einfluße gänzlich entziehen und sich einer planlosen Be= wegung hingeben werde, sofern sie selbs sih noch länger auf die friedliche und wissenschaftliche Propaganda beschränken würde statt die Juitative zu einer materiellen Verschwörung zu ergreifen. Sie beschloß jeßt, praktische Thätigkeit zu zeigen, und übertrug deshalb dem Centralisations - Mitgliede Joseph Wysocfi und dem Literaten Ludwig von Mieroslawski die Eröffnung eines Kursus über Kriegs- funst, besorgte die Herausgabe des früher {hon erwähnten Werkes : Kursus der Militair - Wissenschaften, ließ verschiedene Emigranten in der Generalstabsshule zu Paris und in der Jugenieur - und Artille rie- Schule zu Meb, andere in den Pulver - und Waffen - Fabriken und in den Stückgießereien unterrihten und {ritt endlih sogar zur Errichtung einer eigenen Militair -Schule, um ê

1) einzelne Judividuen aus der Emigration und dem Baterlande zu tüchtigen Anführern für den künftigen Aufstand auszubil-

den, und e

2) die zu dem künftigen Aufstande nothwendigsten Kenntuisse unter der Nation und in der Emigration zu verbreiten.

Ein Prospektus, betreffend die Herausgabe des Kursus der Mi- litair - Wissenschaften, und das zu Beiträgen für die Errichtung der Militair «Schule auffordernde Cirkular der Centralisation, d, d. Ver=- failles, den 21, November 1843 ist bei einem der Angeklagten in Beschlag genommen und liegt dem Gerichtshofe vor. i

Inzwischen wuchs die zum Aufstande drängende Ungeduld in den einzelnen polnischen Landestheilen immer mehr. Die Factionen und Spaltungen nahmen zu, und Alles dies beeinträchtigte sehr die Thätigkeit der Emissaire, unter denen sich namentlich Theophil Wisz= niowski, Thomas Malioowski, Victor Heltmann nund Johann Alcyato als besonders thätig bewiesen. Die Sache kam dahin, daß Thomas Malinowski, der zu Ende des Jahres 1844 von einer anderthalb- jährigen propagandistishen Mission zurükehrte, dahin antrug:

„alle Verbindungen, die sih dem Prinzipe des leidenden Gehor- sams entziehen wollten, aus dem Verbande der Verschwörung aus-

Diesem traten indeß alle übrigen Mitglieder der Centralisation entgegett, indem sie annahmen, daß nur der Aufstand selbst eine Beseitigung der bestehenden Uneinigkeit herbeiführen werde. Malinowski schied deshalb aus der Centralisation aus und stellte sich nah dem herr= chenden Gebrauche zur Disposition. Malinowsfi’s Stelle nahm von Mieroslawski ein. Außer ihm waren damals Mitglieder der Cen= tralisation: Heinrich Jakubowski, Johann Alcyato, Joseph Wysoi, Theophil Wiszniowski. Leßterer befand si auf einer Mission in Galizien, und deshalb ordnete sich die Centralisation noch den Albert Darasz als berathendes Mitglied bei.

Die Centralisation beshloß nunmehr, so {nell zum Aufstande zu schreiten, als es die vorhandenen Mittel nur erlauben würden.

Alle von dem Vereine ausgearbeiteten Theorieen über die revos lutionaire Gewalt und deren Mechanismus bis zur Herstellung der ate Unabhängigkeit wurden nohmals geprüft, und man fam überein :

1) ein allgemein verständliches Militair - Reglement für die zu in-

surgirenden Lande zu verfassen ;

9) die Grundzüge eines auf alle Fälle anwendbaren Kriegsplanes aufzustellen ;

3) eine Liste sämmtlicher Vereinsglieder der Emigration zu ent= werfen, die im Stande seien, auf das erste Signal zur Ueber= nahme politischer und militairischer Functionen abzureisen.

i Das Resultat dieser Berathungen, die administrative und mili= tairishe Organisation des Aufstandes, wurde in zwei, später beson- ders durch von Mieroslowski ausgearbeitete und unter die Verschwo= renen vertheilte Jnstructionen niedergelegt und zugleich der General- Kriegsplan dahin beschlossen: sih mit allen Hülfsmitteln an Mann= chaft und Kriegsgeräth, die sich in den ersten aht Tagen würden aufbringen lassen, aus allen ehemals polnischen Provinzen auf das Königreich Polen zu werfen, dur die zurückgelassenen Reserve-Corps die nachrückenden österreichischen und preußischen Truppen abzuhalten und auf dem Boden des Königreichs, im Kampfe mit der russischen Heeresmacht, die Sache zu entscheiden.

Kaum hatte die Centralisation diese Beschlüsse gefaßt, als von allen Seiten Berichte der Emissaire eingingen: sie seien niht mehr Herren der Ereignisse und würden allen Einfluß verlieren, wenn fie noch länger dem Drängen ver neuen Filial - Verbindungen nah dem Ausbruch des Aufstandes widerstehen würden.

Victor Heltmann , dem Chef aller Emissaire der Centralisation, der sich damals eben auf einer Rundreise durch alle ehemals polni= {hen Provinzen befand, um namentli die militairischen Streitkräfte der Oesterreicher und Russen zu rekognosziren, war es noch gelungen, die verschiedenen Parteien im Königreiche, in Klein-Rußland, Galizien und im Großherzogthum Posen zu dem Versprechen zu bewegen, si bis zur Ankunft eines von der Centralisation sofort abzuschickenden militairishen Sachverständigen ruhig zu verhalten und sich demnächst dem Ausspruche dieses Schiedsrichters über die Möglichkeit und die Zeit des Aufstandes zu unterwerfen.

Die Centralisation übertrug dies Schiedsrichteramt dem Ludwig von Mieroslawski, der si sofort auf den Weg begab und anfangs März 1845 in Posen eintraf. Durch eigene Beobachtungen und Heltmann?s Berichte gewann von Mieroslawsfi die Ueberzeugung, daß bei dem Drängen der verschiedenen Parteiungen nach dem Aus= bruch ein allzulanges Säumen ganz unvermeidlih eine gänzliche Auf= lösung der Vereine und eine Entdeckung seitens der Behörden herbei= führen müsse; daß andererseits aber auch die Vorbereitungen noch niht so weit vorgeschritten seien , daß \chon jeßt ein günstiger Erfolg erwartet werden könne. Heltmaun stimmte mit ihm dahin überein, daß für das laufende Jahr 1845 an den Ausbruch des Auf- standes noch niht gedacht werden dürfe.

Ludwig von Mieroslawski kehrte nah Versailles zurück, nachdem Victor Heltmann es übernommen, die verschiedenen politischen Factio=- nen noch ferner in den Gränzen bloßer Vorbereitungen zu halten.

Als eines der größten Hindernisse, mit denen die Centralisation fortwährend zu kämpfen hatte, wird auch die Geldverlegenheit bezeih= net, in der sie sich ewig befand. Die Beiträge aus den einzelnen, ehemals poluischen Ländern fielen nah seinen Angaben nur dürftig

zushließen und ihrem Schicksale zu überlassen.“

aus, weil die lokalen Bedürfnisse zu sehr vorwalteten und näher lagen, als die Verlegenheiten der Centralisation. Diese war deshalb haupt= sächlih auf die Mitglieder der Mutterverbindung in der Emigration angewiesen, welche stets die Hälfte, häufig auch zwei Drittel zu 3gn Kosten der Bekanntmachungen, der Expeditionen, der Emissaire, der Korrespondenz, der Anschaffung von Pässen, der Ausbildung der Offi- ziere, Ingenieure und Feuerwerker und zu anderen Ausgaben beige= steuert haben sollen.

Auch als Mieroslawski von Posen nah Versailles zurückkehrte, war die Centralisation wieder in der größten Geldverlegenheit, Nur dur persönliche Opfer einiger Mitglieder der Mutterverbindung ge= lang es, bei einzelnen Gläubigern eine Verlängerung des Kredits zu beschaffen. Man beschloß, nochmals die Kräfte der ehemals polni- hen Provinzen durch deu aus\ließlich zu diesem Zwecke nah Posen abgesandten Johann Alcyato in Anspruch zu nehmen.

Es sollten nämlich nah den gesaßten Beschlüssen noch vor dem Ausbruch des Aufstandes und bevor in Folge desselben die Verbin= dung zwischen der Emigration und den zu insurgirenden Provinzen abgeschnitten sein würde, nicht nur die Militair-Reglements, die Offi- ziere und Kriegs-Handwerker aus der Emigration abgeschickt werden, sondern die Centralisation wollte auch noch Waffen in Frankreich und England ankaufen und diese demnächst nach dem künftigen Kriegs- \hauplabe transportiren lassen.

Man ging zwar davon aus, daß die blanke Waffe, namentlich Sense und Lanze, für die Jusurgenten die wichtigste Waffe sein werde, und wollte deshalb gleich nah dem Ausbruch des Aufstandes Alles, was an Sensen, Eggen, Forken und ähnlihen Geräthschaften aufgebraht werden könne, sofort zu solchen Waffen umarbeiten lassen z au rechnete man für Posen und West Preußen und die vier westli- chen Woywodschasten des Königreichs Polen auf 45,000 bereits vor= handene und 15,000 noch zu beschaffende Jagdgewehre. Alles dies hielt aber die Centralisation noch nicht für ausreichend und \cickte deshalb zu den bereits gedachten Ankäufen Agenten in Frankreich und nah England aus. :

Es fehlte weiter nihts mehr, als das Geld. Alcyato verhieß von Posen aus 10,000 Rthlr., nach Mieroslawski’s Berehnung nicht ein Drittheil dessen, was die Centralisation zur Ausführung ihrer Pläne bedurfte. Aber auch dies ging nicht ein, sondern nur unbe- deutende Summen, kaum genügend, um die laufenden Ausgaben zu decken und vier Offiziere abzusenden.

Zu derselben Zeit entsandte die Centralisation Agenten an die unter österreihisher Herrschaft stehenden slavischen Völkerschaften, so wie nah Sachsen und Schlesien, um hier Sympathieen für die pol- uishe Sache zu erwecken. Denn, wenn auch die Centralisation an= geblih an dem Grundsabe festhalten wollte, daß Polen nur von sei- nen eigenen Anstrengungen etwas erwarten solle, so hielt sie es doc für wichtig, die moralische Stimmung anderer Völker für die polni=- he Sache zu sondiren und Verbindungen anzuknüpfen, die anes seien, namentli durch das Mittel der Presse/ die allgemeine Stim- mung für die Polen und den Aufstands-Versuh zu ge nit b

Inzwischen, und während man si in Versailles eifrig damit be- \chäftigte, für die Häupter der Emigration Pásse zu beschaffen, die