1847 / 211 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

R E E E

; j den Verein zit einent Jm Jahre 1845 forderte die Regieruns i etrefende Angele- Gutachten über Mehrere, E hiesige Landge) 16 E E tende ut- genheiten auf. Bei den Verhalt irbe edelung von dänischen Zucht- ahten fam zur Sprache, daß E ns der Pferdezucht im All- pferden in hiesiges Land bi olge ‘sein werde, und es wurde dies in gee Vei es atteten Gutachten eröffnet. Die Regierug €r- em vom Bere creigt, den Ankauf von dänischen Zuchtpferdeu, flärte sich darau Privat-Unternehmen des Vereins zur Ausführung falls er B ate angemessene Geld - Unterstüßung aus, öffentlichen es zu fördern. eitdem hat der Vorstand die Bildung eines Actien-Vereins zu jenem Zwede in Berathung genommen. Dieser Actien-Verein is jest zu Stande gekommen, und waren bereits aus zwei Bezirks-Vereinen 41 Actieu zu je 10 Rthlr. angemeldet. Das Regierungs-Blatt publizirt eine auf dem leßten Land- tage berathene landesherrlihe Verordnung, betreffend die Catastra- tion der Städte. Die Absicht der Regierung, das Grundeigenthum aller Unterthanen nah gleichen Grundsätzen besteuern zu lassen, hat bisher in den Städten und ihren Feldmarken, wegen der dort vor=- handenen, theilweise sehr ungenügenden Lagerbücher und den ungleich= artigen Regeln, nah welchen die Grundsteuer in den verschiedenen Städten erhoben wird, niht ausgeführt werden können. Damit dieje der gleih gerechten Berücksichtigung der Unterthanen entgegenstehen- den Hindernisse beseitigt werden, sollen jeßt die Bewohner der Städte und ihre Grundbesißungen, behufs ihrer Heranziehung zu der allge- meinen Grundsteuer, nah denselben Grundsäßen fkatastrirt werden, wie das übrige Land. Die Landes-Kataster-Kommission wird ange- weisen, die Städte und ihre Marken genau vermessen und ohne Aus=- nahme die einzelnen Grundstücke nach ihrer Bodengüte abschäßen zu lassen. Das auf diesem Wege ermittelte Contributions-Simplum soll dann den Maßstab bilden, nach welchem künftig die Städte zu der Landes-Grundsteuer beizutragen haben.

Die im Großherzogthum Posen und in Westpreußen entdeckte revolutionaire Verbindung

zum Zweck der Wiederherstellung eines selbstständigen polnischen Reiches

in den alten Gränzen vor dem Jahre 1772. (Fortseßung. Vergl. Allg. Pr. Ztg. Nr. 210.)

Zweiter Abschnitt.

Der Aufstands-Versuch in der Provinz Posen und in Westpreußen.

Es if bereits im ersten Abschnitt erwähnt, daß die Centralisa- tion des polnisch - demokratischen Vereins, wie mit den anderen ehe- mals polnischen Provinzen, so au mit den gegenwärtig der preußi= hen Monarchie angehörigen Landestheilen, in denen das polnische Element überwiegend i , bereits seit dem Jahre 1836 direkte Ver=- bindungen angeknüpft hatte. Unter den Emissairen, die hier beson- ders thätig waren, werden Valerian Breansfi und Thomas Mali= nowsfi genannt. Nach ihnen war das spätere Centralisations-Mit- glied Victor Heltmann der Haupt=Agent der polnisch-demokratischen Propaganda im Großherzogthum Posen. Ueber den Erfolg der Be= strebungen dieser Emissaire und des demokratischen Vereins überhaupt in den diesseitigen ehemals polnischen Provinzen haben der bereits mehrfach erwähnte Ludwig von Mieroslawski, der in Galizien ver= da tete Graf Franz Wiesiotowski und außer ihnen eine uicht geringe

nzahl der wegen ihrer Theilnahme an dem revolutionairen Unter=

nehmen in den diesseitigen Staaten unter Anklage gestellten Personen ziemlih umfassende Aufschlüsse gegeben. :

So wie im Jahre 1830 bei der bewaffneten Erhebung des Kö-= nigreihs Polen gegen die russishe Herrschaft sih eine große Anzahl diesseitiger Unterthanen polnischer Abkunft durch den Anschluß an das Jnsurgentenheer bei dem Aufstande betheiligt hatten, so fanden auch die auf einen allgemeinen Aufstands=Versuch hinarbeitenden Leh- ren des demokratishen Vereins der polnischen Emigration gleih von pot L an namentlich im Großherzogthum Posen einen schr frucht- baren Boden.

Die Zahl der Mitglieder oder Anhänger des demokratischen Ver- eins- betrug hier sehr bald gegen 3600 Personen. Diese scheinen si zunächst auf sehr I Wege mit der Ausbreitung der de- mokratischen Lehren befaßt zu haben, ganz im Geiste der Centralisa=- tion, die sich ja prinzipgemäß viele Jahre auf die sogenannte fried- lihe und wissenshaftlihe Propaganda beschränkte.

Die Voruntersuhung hat über diese erste vorbereitende Periode wenig Ucht verbreiten können; es liegen nur einzelne Thatsachen vor, welhe die Thätigkeit für die Vorbereitungen zu dem künftigen Auf- stande in der Provinz Posen beurkunden. Hierher gehören nament= lih die Geldsendungen, die hon in früher Zeit der demokratischen Partei in der Emigration von dem Großherzogthum Posen

aus zuslossen. Der verhaftete Provinzial = Landschasts - Direk=- tor, Cyyrian Lucas von Jarochowski, \chickte, nah Ausweis der Handlungsbücher des Kaufmann Remus zu Posen, hon im Jahre 1841 einmal an den Secretair der Centralisation, Albert Darasz zu Poitiers, 1770 Franes und an den bereits erwähnten Emissair des demokratischen Vereins im Großherzogthum Posen und bis zu Ende des Jahres 1844 Mitglied der Centralisation, Thomas Malinowsfi zu Poitiers, die Summe von 2024 Francs.

Der Felden Ke Johann Nepomucen von Slupecki erzählt, daß er in demselben Jahre 1841 gn einem Balle zu Gnesen Theil ge- nommen und den Eintrittspreis mit 3 Rthlr. bezahlt habe, da ihm bekannt gewesen, daß der Ertrag dem demokratischen Vereine in der E S NN C, Werde,

„m „Zahre war der Anhang der demokratischen Partei bereits so e, daß zur Ski d Beiträge R vas ibe tionaire Unternehmen und zux Uebersend ; ,

4 / G \endung derselben nah Frankreich ein besonderes Finanz-Comité in Posen errichtet werden konnte. Mit- Miriag des Comités waren nah den vorliegenden Angaben : die in

nklagestand versebten Gutsbesißer Severgn von Ostrowski, Graf Severyn Mielzynski und Wladislaus von Lai, der gleichfalls ange- flagte Literat Dr. Liebelt, der flüchtige Wladimir von Wolniewicz und t U Bea ffièn inl Siber 188

en diese Personen erließen im Jahre 1843 eine : unterzeichneten und später bei Wladislaus von Lai in Vesdhlag gea nommenen Aufruf, der in der Ueberseßung dahin lautet:

Unsere unglücklichen Brüder irren seit zwölf Jahren umher, und

zwar mit der B Thätigkeit, Ausdauer und Aufopferung

und mit der gleihen Liebe zum Vaterlande. Unsere Gesühle sind aber vielleicht für sie niht mehr so warm wie früher, die Unter= bungen, die wir ihnen senden, sind seltener, die materiellen Ver-

Pttnite der Zeit kühlen die MAQUa! « ara de ab, welche uns

an sie bindet, Sie leiden nnserer ache wegen und be-

dücten nach N t A vom Vaterlande jebt mehr als früher pas Mitgefühl, damit dur dieses ihr Herz und ihr Geist wieder belebt werde.

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Durch Unterstühung ihrer dirftigen Lage, durch Unter- stüßung der Leistungen ihr-s thätigen Geistes und durch Unterstüßung der Auskildung ihrer Kinder ohne Unterschied der Parteien würden vir die Liebe zu ihnen kund ge- ben und durch diese pflichterfüllendi That den Beweis liefern, daß sie noch in unserem Gedächtnisse 1nd unseren Herzen lebéèn. Zu dem Ende möge ein Jeder eine j@rlihe Gabe spenden, wann und so viel er fann und solche an einen der Unterschriebenen oder Beauftragten abliefern, während tie Unterzeichneten versichern, daß sie dem ihnen geschenkten Vertraue: gewissenhaft entsprehen werden.

Daß dieser Aufruf mit dem Aufshnds - Unternehmen in Verbin= dung steht und eine Sammlung niht zu friedlichen und erlaubten, sondern zu politisch - revolutionairen Zwecken veranlassen wollte, wird hon dann wahrscheinlich, wenn mar die durch den Druck hervorge- hobenen Stellen damit in Verbindung bringt, daß die Centralisation zu Versailles eben zu jener Zeit mi! Herausgabe des 5 Bände um- fassenden Werkes: Kursus der Kriegswissenschaften, so wie mit Er- rihtung einer Militairschule, umginç und für diese Unternehmungen die Kräfte nicht nur der Emigration, sondern auch der einzelnen ehe- mals polnischen Landestheile dur ten im ersten Abschnitt erwähnten Prospektus und das Cirkular vom 21. November 1843 in Anspruch nahm. Es kommt noh hinzu, daß Graf Severyn Mielzynski, einer der Unterzeichner, bei Uebersendung des Aufrufs an Wladislaus von Lai geständlich die Unterschriften aöschnitt und so, von dem Haupt- Skriptum getrennt, überschickte, um, wie er sagt, der Polizei nicht verdächtig zu werden. von Lacki wandte sich dann geständlih an den Bürgermeister Müchels zu Neustad!, um die Genehmigung zu Geld-= Sammlungen zu erhalten.

Nach der eidlichen Aussage des Müchels gab er hierbei vor, daß er für die durh die Weichsel - Ueberschwemmung verunglückten Polen sammeln wolle. Müchels schickte das Gesuch an das Land=- raths-Amtz als er aber den erhaltenen Bescheid, daß die Genehmi= gung der Regierung erforderlich sei, dem von Lai mittheilte, war dieser mit der Anfrage sehr unzufrieden und sagte: „daß er 1m Ausf= trage eines von der Regierung bereits genehmigten Comités die Kollekte habe veranstalten wollen.“

Zweihundert Thaler hat von Lacki geständlich zusammengebracht und nah Frankreich abgeschickt, angeblih für die Schule der Emi-= granten zu Paris. Auch von dem geständigen Angeklagten Appolonius von Kurowski erhob er hierzu fünf Thaler Gold, forderte aber, nach von Kurowski?'s Versicherung, diesen Beitrag ausdrüdcklih für die militairi\che Ausbildung der Emigranten und legte hierbei den gedachten Prospektus und das Cirkular der Centralisation vor.

Die Üebersendung der von dem Finanz - Comité aufgebrachten Gelder nah Frankrei scheint besonders der Dr. Liebelt besorgt zu haben.

Nach den Remusschen Handlungsbüchern siud seit Juni 1843 von ihm auf diesem Wege 5 bis 6000 Rthlr. an das Centrali- sations - Mitglied Jakubowski zu Versailles befördert worden. Im Dezember 1845 und im Januar 1846 wurden die Gelder, wie Lebelt selbs zugesteht, um niht Verdacht zu erregen, unter dem falschen Namen Äloisius Strzembski abgeschickt und an den Pro- fessor Milet zu Versailles adresfirt , den von Miroslawsfi hiervon in Kenntniß geseßt und ersucht hatte, die für die Centralisation des de- mofkratischen Vereins bei ihm eingehenden Gelder an Jakubowski ab= zuliefern. Nach den als richtig anerkannten Remusschen Handlungs- Büchern beförderte Uebelt auf diese Weise noch am 5. Januar 1846 2160 Francs und am 29. Januar 5205 Francs.

Im Sommer 1844 fand, wie aus den Angaben verschiedener Angeklag= tenhervorgeht, im Großherzogthume Posen ein reges politisches Leben ftatt. Jn der Stadt Posen wurden die Bestrebungen der polnischen Emi- gration, die Schriften des demokratischen Vereins, die dadur her= vorgerufene politische Aufregung lebhaft besprochen. Es fanden sich verschiedene Personen ein, die_ bei den späteren Vorbereitungen zum Aufstande eine hervorragende Stellung eingenommen haben, und ein polnisher Emigrant, Franz Przyborowski, der aus dem Königreiche nah dem Großherzogthume Posen herübergekommen, gab sich nament- lich Mühe, die politische Exaltation, die nach seiner Angabe durch die Bestrebungen des demokratischen Vereines im Königreiche Polen hervorgerufen war, auch in das Großherzogthum Posen zu verpflau- zen. Seine Bemühungen scheinen niht ohne Erfolg gewesen zu sein. Die Zahl der Anhänger und Mitglieder des demokratishen Vereines im Großherzogthume Posen wurden bedeutend vermehrt, und man beschloß, mit der Central-Behörde zu Versailles durch cinen in Posen niederzuseßenden Ausschuß in engere Verbindung zu treten, der unter der oberen Leitung der Centralisation die ganze Vershwörungs-An- gelegenheit in den preußish-polnischen Provinzen zu organisiren habe, Dies wurde sofort ausgeführt, wie der flü htige Nepomucen von Sa- dowski noch im November 1844 einem Angeklagten mittheilte. Es bildete sih ein Central-Comité in Posen, als dessen Mitglieder, dur die Geständnisse des Grafen Franz Wiesiolowski, der in Anklage= stand verseßte Dr. Liebelt, die flüchtigen Nepomucen von Sadowskfi, Joseph von Mikorski und Wladimir von Wolniewicz, so wie der Emis= sair Victor Heltmaun, Leßterer als Repräsentant der Centralisation zu Versailles, bekannt geworden sind. Als Haupt=-Agenten des Cen- tral-Comités wirkten der Landschastsrath Alexander von Guttry und der Landschafts-Translateur Johann Nepomucen von Slupecki, wie demjelben Grafen Wiesiolowski bei einer späteren Anwesenheit in Posen mitgetheilt wurde. ; /

Wie in der Emigration und in den übrigen ehemals polni- {hen Landestheilen, \o bestanden auch im Großherzogthum Posen neben dieser nunmehr durch einen bleibenden Vorstand organijirten und durch denselben mit der obersten Bundes - Behörde in einen ge- regelten Verkehr gebrachten demokratischen Partei noch verschiedene andere politishe Verbindungen, von denen namentlich zwei durch ihre Bestrebungen für einen Aufstands - Versuch und durch ein förm- liches Hindrängen zu einem solchen besonders fenntlih hervortraten, Es war dies die von Malczewskische Partei und die Verbindung der gewerbtreibenden Klassen im Großherzogthum und namentlich in der Stadt Posen. : 5

Der im Kreise Mogilno des Großherzogthums Posen angesessene Adolph von Malczewski hatte in den Jahren 1830 und 1831 in dem polnishen Jusurrections - Heere an dem Kriege gegen Rußland Theil genommen. Nach seiner Rückehr in die diesseitigen Staaten erwarb er sich dur seinen exaltirten Enthusiasmus sür das Polenthum einen bedeutenden Namen und großen Anhang in der Provinz,

Wie ein Angeklagter erzählt, veranstalteten Adolph von Mal- czewsfi und sein Bruder Albin, der sih der Haft und Untersuchung durch die Flucht entzogen hat, zu Anfang des Jahres 1844 eine Jagd zu Löwiß. Man sprach von 500 Einladungen, die ergangen seien, und jenem Angeklagten wurde glei bei der Aufforderung zur Theilnahme gesagt, daß über das Wohl der Provinz berathen wer= den sollte, und daß die Zusammenkunft von Gutsbesißern aus dem Königreich Polen E sei, um eine politische Verständigung

der jenseitigen Eingesessenen mit Repräsentanten der Provinz Posen

zu vermitteln. Bei der Jagd selbst wurden die Theilnehmer zur Ausführung militairisher Exercitien aufgefordert, mit denen sie si

demnäh| au mehrere Tage beschäftigten. Nicht lange Zeit darauf wurde Adolph von Malczewski e Wobürden ede revolutionairer Umtriebe verdächtig und verhaftet. Nah Beendigung des gericht=

lichen Skrutinial-Verfahrens fand zwar das Königliche Kammergericht

die Sache zur Einleitung einer förmlichen Kriminal-Untersuchung nicht

für angethan; daß aber von Malczewskfi sich bereits damals in der E E den Vorbereitungen für einen bewaffneten Aufstand beschäf- C , l er gegenwärtig selbst einem Mitangeklagten erzählt, und die entra isation des demofratishen Vereins hatte bereits früher durch die ihr aus dem Großherzogthum Posen zugehenden Berichte davon rag E Nach diesen ging von Malczewski's Streben da- bus ; Tas ge mehreren Gleichgesinnten auf eigene Hand und

abhängig von dem demokratischen Vereine Vorbereitungen für einen gewaltsamen Aufstand der Polen zu treffen und demnächst durch ei \hnellen Losbruch die Centralisation zu überflügeln ind ich die tibrt- gen Factionen zu unterwerfen, ; i Es

Die Verhaftung und gerichtlihe Untersuhung mußte ihn indeß wohl von der Mißlichkeit seiner isolirten und zu offenen Bestrebungen Ueberzeugung verscha}t haben, denn gleich nah seiner Entlassung im Jahre 1845 trat er der demokratischen Verbindung bei. Für diese war die Gewinnung eines solchen Parteiführers natürlih von beson- derer Wichtigkeit. /

Die Verbindung unter den gewerbtreibenden Klassen war durch die sich zum Kommunismus und zu einer revolutionairen Anarchie hinneigenden, bereits im ersten Abschnitt erwähnten Schriften die Lebenswahrheiten des polnischen Volkes, der Parteigängerkrieg und ähnliche hervorgerufen. Auch der religiöse Fanatismus bildete bei dieser Verbindung ein wesentlihes Moment der Bewegung. Als Hauptleiter sind hier der Buchhändler Stefanski, der Mühlen-Werk= meister Joseph Eßmann und der Schlossermeister Lipinski, sämmtlich zu Posen, bekannt geworden. Auch diese Verbindung suchte weithin zu operiren. Stefansfi ließ, wie mehrere geständige Angeklagte auf Grund der ihnen zugegangenen Mittheilungen dritter Personen er zählen, den demokratischen Katechismus und die Lebenswalrheiten in vielen hundert Exemplaren, namentlih durch seinen Agenten Lipinski, vertheilen. Jm Sommer 1844 war er in Thorn, und es liegen çze wichtige Gründe vor, welche die Annahme rechtfertigen, daß er da mals diejenigen Verbindungen angeknüpft hat, welche später benußt wurden, um einen geregelten Verschwörungs-Organismus über ganz Westpreußen zu verbreiten. ;

Die Reibungen dieser Parteien, die Hemnmnisse, welche bei den isolirten Bestrebungen der verschiedenen Factionen den Anhängern des demokratischen Vereins entgegentraten, das Drängen der Verbindung unter den arbeitenden Klassen nah baldigem Losbruch waren die Hauptgründe, welche im Frühjahr 1845 die Absendung von Mieros lawsfi’s nah Posen in Folge der bei der Centralisation eingegange- nen Berichte Victor Heltmann's veraulaßten. Der von Malczewski- he Anhang hatte sih damals bereits der demokratischen Berbindung genähert, und nah mehrfachen Konferenzen war Heltmanu der Mei= nung, daß es ihm gelingen werde, die verschiedenen Parteien noch ein Jahr lang in den Gränzen bloßer Vorbereitungen zu halten.

von Mieroslawski kehrte hierauf nah Versailles zurück, nachdem er, mit verschiedenen Häuptern der revolutionairen Verbindung inm

Großherzogthum, namentlih mit dem Pr, Liebelt, mit Wladislaus von Kosinski, mit den jeßt flüchtigen Wladimir von Wolniewicz, Ne pomucen von Sadowski, Joseph von Mikforski und Landschafts-Kas fen - Controlleur von Buchowsfi, so wie mit dem verstorbenen Litho- graphen Victor Kurnatowsfi, über die Verhältnisse der Provinz Rück sprache genommen und die Sammlung statistisher Notizen angeord= net hatte.

Heltmanu hatte seinen Einfluß augenscheinlich übershäßt, und es gelang dem posener Central -Comitè nicht, die Ungeduld und den übergroßen Eifer des Stefanskishen Anhanges zurückzuhalten.

Jm Herbst 1844 hatten bekanntlich, vou Schneidemühl und Schlesien ausgehend, Bewegungen in der katholischen Kirche stattge funden. Auch in der Stadt Posen hatten die Dissidenten Anhänger gefunden und der Prediger Czersfi war im Sommer 1845 dort erschienen, um zu predigen. Hierbei, und namentli durch eine in jenen Tagen von dem EÉrzbishof veranstaltete große Prozession hervorgerufen, fam es unter der durch religiösen Fanatismus aufgeregten Volks menge zu sehr beunruhigenden Auftritten. Die Behörden wurden zu den fräftigsten Vorsichtsmaßregeln veranlaßt. Unter den gegen- wärtig wegen ihrer Theilnahme an den revolutionairen Umtrieben in Anklagestand Verseßteu nahm z. B. der Tischlermeister Xaver Cholewinsfi an der Prozession Theil, und der gestäudige Mitange= flagte Ludwig Burchardt sah, daß er bei dieser Gelegenheit ein paar Pistolen in der Brusttasche trug.

Die Leiter der Bewegung unter den niederen Volksklassen er fannten sehr wohl die Wichtigkeit der neuesten kirchlichen Erscheinun gen für ihre Zwecke, und es ist sehr charakteristish, wie sich der Schlossermeister Lipinski gegen den gleichfalls Angeklagten ehemali. gen Unteroffizier von Skrzycki, nah dem Geständniß des Leßteren, hierüber ausgesprochen hat. Er erzählte: „Nach dem Auftreten Czersfi's habe er es übernommen, für die gefährdete katholische Re- ligion und für die Freiheit des Vaterlandes zu wirken. Das Auf treten Czersfi's schade der Sache Polens nichts. Der gemeine Maun, der sih unter der jeßigen Regierung wohl befinde, werde nur da durch zum Aufstande geneigt, daß man von einer Bedrückung der Religion sprehe. Der Erzbischof müsse aufgefordert werden, das Volk zu lehren, sich im Angenblicke der Noth zu vertheidigen, sonst werde cs ihm wie dem Erzbischof von Warschau ergehen, der vont Volke erhäugt worden.“

Schon im Mai 1845 hatte Lipinski eines Tages mehrere Bürger aus Posen in seine Wohnung eingeladen. Er zeigte ihnen Karikaturen auf Ronge und Czerski; dann wurde aus einem Buche vorgelesen, wie durch Czersfi die katholishe Religion unterdrückt werde und es zum Kriege kommen müsse, und endlich forderte Lipinski die Anwesenden auf, zu s{wören, daß, wenn eine Revolution ausbrechen werde, sie an derselben Theil nehmen und treue Anhänger der Revolution sein wollten. Dies erzählt ein geständiger Angeëlagter.

Bald nah dem erwähnten Auftreten Czersk?s in Posen machte Lipinski zwei Reisen in die Kreise Adelnau und Krotoschin, Seine Absicht hierbei war, wie durch vielfache Angaben geständiger Mitan- geschuldigten und die Aussagen mehrerer Zeugen festgestellt ist, eine Zusammenkunft mit einem Emissair aus Polen zu veranstalten, die Gesinnung der Bevölkerung zu sondiren und Werbungen anzustellen Hierbei ließ er das religiöse Moment stets in den Vordergrund tre- tenz die Ronge- und Czerskischen Bewegungen , die durh die vorge= \piegelte Begünstigung derselben seitcus der Regterung. hervorgerufene Gefahr für die katholische Religion waren die Haupt-Aufregungsmit= tel, deren er sih bediente. Dem Buchhändler Stefanski war in zwischen die Thätigkeit des posener demokratischen Central - Comité’s wiederum viel zu lässig. Gegen den Grafen Franz Wiestotowski, der im Herbst 1845 nah Posen gekommen war, um ein engeres Ver= ständniß zwischen dem Großherzogthum Posen und den revolutionai- ren Bestrebungen im Königreiche Galizien herbeizuführen, sprach er sich ofen darüber aus, daß das leitende Comité zu saumselig sei, daß namentlich von Guttry, von Mikorski und von Slupecki ihre Stel- lung als Agenten vernachlässigten, und daß dies ihn veranlaßt habe, die Leitung aller revolutionairen Verbind 'ngen des Mittelstandes des Großherzogthums in seiner Hand zu vereinigen und zur Wahl eines nene und thätigeren Comités eine Zusammenkunft in Thorn zu ver= anlassen.

Daß Stefanski mit dent lehteren Plane umging, hatte Graf Wiesiotowski hon vor seiner Ankunft zu Posen in Krakau und Ga- lizien gehört; es kam aber nit zur Ausführung, indem die Bewe- gungen in der gewerbtreibenden und niederen Volksklasse Posens die Aufmerksamkeit der Behörden in der Art erregt hatten, daß am 8. November 1845 Stefanski, Lipinski, der Magistrats-Exekutor Troja- nowsfi, der viele Personen zur Revolution vereidigt hatte, und eine große Zahl ihrer Anhänger verhaftet wurden.

: Die Leitung der Stefanskischen Partei ging nach Verhaftung ihres Führers auf den Mühlen-Werkmeister Joseph Eßmann über.

Rücksichtlih der Klagen über die Saumseligkeit des posener Cen- tral-Comité’s und des Drängens zum s{leunigen Ausbruch des Auf= standes stimmte Graf Wiesiotowski, Repräsentant der galizischen Revo= lutionspartei, wie er selbst angiebt, mit dem früher Stefansfischen Anhange überein. Eben so die frafauer Abgeordneten Ludwig Gorzkowski und Dr. Lissowski, die um dieselbe Zeit nah Posen gekommen waren; und ihnen lossen si viele Mitglieder, selbst des posener demokratischen Vereins, an. Wiederholte Konferenzen führten endlih im November 1845 zu einer Vereinigung der verschiedenen Factionen dadur, daß ein neues Comité gebildet und in dieses einmal ein Mitglied aus den gewerbtreibenden Klassen und dann vier Mitglieder aus der Cmigra- tion, dem Königreiche Polen, Galizien und Krakau aufgenommen wur= den, um so der Wirksamkeit des Comité’s eine größere Ausdehnung zu geben. Man wählte den Dr. Liebelt, Alexander von Guttry, Wla- dislaus von Kosinski und Joseph Essmann für Posen, den Grafen Wiesiotowski für Galizien, Ludwig Gorzkowsfi für Krakau, Wladimir von Dzwonkowski für das Königreich Polen und Ludwig von Mie- roslawsfi für die Emigration. Dies neue Comité einigte sich unter anderen Maßregeln, auf Wiesiotowski’s Vorschlag auch zu dem Be- \chlus}se, einen bedeutenden polnischen Edelmann aus Poseu nah Ga-= lizien zu senden, um dem dortigen Adel die Ueberzeugung zu geben, daß es für dessen Ehre und Sicherheit nothwendig sei, sich der in den übrigen Ländern vorbereiteten Revolution anzuschließen. Die Wahl fiel auf den angeklagten Gutsbesißer Alexander von Brause- Brudzewski, Ihn sollte der gleichfalls Angeklagte, Literat Richard Berwinski, begleiten, den man für geeignet hielt, durch höhere Bil- dung dem galizishen Adel zu imponiren. Beide reisten dann auch am 3, Dezember von Posen nah Galizien ab, traten hier mit ver- schiedenen Edelleuten in Verbindung, wurden aber schon am 17. De- zember von den Kaiserlich österreihishen Behörden verhaftet und demnächst ausgeliefert.

Alles dies beruht auf den Angaben des Grafen Wiesiolowski, der bei seiner Rückkehr nah Galizien durh von Guttry und von Ko= sinsfi auch noch den persönlichen Auftrag erhielt, bei seiner Durch= reise durch Breslau mehrere ihm namhaft gemachte Studenten anzu- weisen, das Volk in Ober -= Schlesien aufzuregen und ihre Berichte über den Erfolg demnächst an Ludwig Gorzkowski in Krakau zu erjtatten.

Michael von Slomeczewski, dessen eifrige Thätigkeit für die Sache der Verschwörung sich aus der Bezüchtigung mehrerer Mitangeklagten und aus den Aussagen verschiedener Zeugen ergiebt, uud der hier- nah schon im Jahre 1842 von Königsberg aus Verbindungen mit dem russischen Litthauen angeknüpft zu haben scheint, erhielt gleich= zeitig den Auftrag, sih nah Litthauen zu begeben, um über den dor= tigen Stand der Dinge Erkundigungen einzuziehen.

Daß von Skomczewski diesen Auftrag ausgerichtet hat uud na= mentlich zu jenem Zwecke bei dem Pr. Renier zu Wilna gewesen is, ergiebt sich aus vielen ermittelten Umständen, namentlich aus den Angaben eines geständigen Mitangeklagten und der in Rußland ver= haftetcn Renier und Kolesinski.

Wenden wir uns nunmehr zu den eigentlihen Vorbereitungen, die, so zu sagen, im Jnnern des Volkes für den beabsichtigten Auf- standsversuch bis zu Ende des Jahres 1845 getroffen waren.

Es fam darauf an, den revolutionair-demokratishen Grundsäßen auch bei der Masse Eingang zu verschaffen und eine allgemeine An- näherung zwischen den adligen Gutsbesißern und dem Bürger= und Bauernstande herbeizuführen, um die Lebteren zu überzeugen, daß der Adel wohl geneigt sei, seine alten polnischen Privilegien aus Patrio= tismus aufzugeben und die von den Agitatoren verheißenen Grund= säße der allgemeinen Freiheit und Brüderlichkeit zur Wahrheit wer= den zu lassen. Als Mittel zu diesem Zwecke wurden namentlich ver= schiedene Lesezirkel, die agronomischen Vereine und die poluischen Ka- sino-Gesellschaften benußt.

Die Leskvereine boten Gelegenheit, die von dem demokrati- {hen Vereine herausgegebenen Druckschriften allgemeiner zu verbrei= ten und den darin niedergelegten Lehren in weiten Kreisen Eingang zu verschaffen. Dergleihen Vereine bestanden im Großherzogthum Posen in ziemlicher Anzahl. Sie erstreckten si in der Regel auf einen ganzen Kreis, waren aber mitunter auch auf. einzelne Orte be= {ränkt , wie denn namentlich für die Stadt Posen ein eigener pol nischer Lesezirkel eingerichtet war.

Wie aus den Angaben verschiedener Angeklagten hervorgeht, hatten diese Vereine ihre bestimmte Organisation, Beamte und Sta-= tuten. Gehalten wurden unter anderen: das Blatt des polnisch=- demokratischen Vereins; die Zeitschrist: der polnische Demokratz; der demokratishe Kalender; die Lebenswahrheiten des polnishen Volkes; das Tagesblatt Pszonka, eine satyrische Parteischrift zum Kampf gegen die alte polnische Aristokratie; die polnische Schrift über die Pflichten der Offiziere, welche zum fleinen Kriege bestimmt sind, und ähnliche.

Die agronomischen Vereine, mit der Aufgabe, das mate- rielle Wohl des gemeinen Mannes zu befördern, waren von der Re- gierung genehmigt. Sie bestanden in den meisten Kreisen des Groß- herzogthums. Es hat feine Veranlassung vorgelegen, zu untersuchen, ob alle gleihe Tendenzen verfolgt haben, daß aber in mehreren für den beabsihtigten Aufstand gewirkt wurde, hat sih herausgestellt, Sie erhielten nah der eigenen Angabe eines Angeklagten gleich von vornherein dadurh einen rein polnischen Charakter, daß man z. B. auf dem nah dem Muster des posener gestifteten Vereine zu Koro=- nowo die polnische Sprache zur Geschäftssprache erhob und auf diese Art die Deutschen faktisch aus\{chloß. Viele Mitglieder der Ver= {wörung betrachteten diese Vereine als eine erwünschte Gelegenheit, ibre vevolutionairen Zwecke ungestört verfolgen zu können, Bei den Versammlungen trat das landwirthschaftlihe Juteresse mehrfach ganz in den Hintergrund. Bei den Versammlungen zu Znin z. B, wurde in dieser Beziehung nichts von Bedeutung verhaudelt, dagegen aber die Jrage erörtert :

wie dem polnischen Landmanne zu helfen sci, damit er mehr Kraft und Selbstständigkeit erlange, da man allgemein gefühlt habe, daß

der Untergang Polens dadurch verschuldet worden , daß man dem Landmaune keine Rechte eingeräumt“ habe.

Dies giebt ein unter den Angeklagten befindlicher Theilnehmer an, und ein anderer Angeklagter sagt über die agronomischen Vereine überhaupt: „daß sie bezweckt hätten, die polnische Nationalität auf- recht zu erhalten“, also etwas ganz Anderes, als wozu sie nah den der Regierung gemachten Angaben und der von dieser erhaltenen Ge= nehmigung konstituirt waren. Auch ein dritter Angeklagter verhehlt nicht, daß bei den Zusammenkünften und den damit verbundenen Fest- essen der sonst so streng abgeschlossene Adel sich auffallend bemüht

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habe, dem Bürger- und Bauernstande näher zu treten und ihn dur Herablassung, ja brüderliches Entgegenkommen zu gewinnen. Die polnischen Kasino-Gesellschaftenu zu Posen, Brom=- berg und in anderen Städten verfolgten cinen ähnlihen Zweck wie die agro= nomischen Vereine. Nach der Angabe eines Angeklagten sollten sie den BVürgerstand und den Stand der Gutsbesißer einander näher bringen. Mit thnen standen häufig andere Vereine in Verbindung, die, äußer=- lih rein wohlthätiger und ähnlicher Tendenz, insgeheim ebenfalls zur Erregung und Belebung eines der preußischen Regierung, fo wie der deutschen Bevölkerung, feindlichen polnischen Nationalgefühls mißbraucht zu sein sheinen. Dies gilt namentlih von der zu Bromberg aus den Mitteln der Kasino-Gesellschaft gestifteten polnischen Schule und von dem Unterstüßungs - Vereine für hülfsbedürftige Handwerker, den gleichfalls die bromberger Kasino-Gesellschaft projektirt hatte. Zweck ves ersten Jnstituts war zunächst: Erwerbung und Erhaltung der Kenntniß und Liebe der polnischen Sprache, hierdurch aber mittelbar : Erwecfung und Belebung des so eben charakterisirten polnischen Ra- tionalgefühls; der Zweck des Unterstüßzungs-Vereins für Handwerker aber ging, nah der Angabe eines der Mitbegründer, geradezu dahin : Einfluß auf den Bürgerstand zu gewinnen und diefen dadurch für revolutionaire Zwecke zugänglich zu machen. j

Es ist hier noch eine andere Gesellschaft zu erwähnen, die, spä- ter als die übrigen Vereine entstanden, darauf gerichtet war, unter dem Adel der Provinz ein engeres Aneinanderschließen herbeizuführen und denselben gleichzeitig für den künftigen Kampf vorzubereiten.

Es ist dies die Hetjagd- Gesellschaft, über deren Entste- hung, Treiben und Organisation mehrere Angeklagte, wie Graf Jgnaßz Bninski, Wladislaus von Lacki, Stanislaus von Sadowski, Alphons von Bialkowski, Auton von Kowalski, Wladimir von Wilczynski und Andere, Auskunft gegeben haben. i

Nachdem zu Johannis 1845 das gewöhnliche Pferderennen in Posen abgehalten war, traten dort mehrere Personen zu einer beson=- deren Gesellschaft unter dem Namen Joei - Klub zusammen. Bald darauf wurde Gelegenheit genommen, sich über den fremden Namen, den der Klub führte, über die auffallende und ausländische Kleidung, in der die Mitglieder erschienen, über die Höhe des Geldbeitrages, welcher auf 5 Louisd'or festgeseßt war, und über das ganze aristo- fratische Gepränge, das zur Schau gestellt wurde, mißbilligend zu äußern. Einige Mitglieder des Jocei-Klubs gingen hierauf ein und be= schlossen, fernerweitig besondere Jagden zu veranstalten, an diesen auch Personen, die niht Mitglieder des Jockei-Klubs seien, theilnehmen zu lassen und das Eintrittsgeld auf 1 Rthlr. zu ermäßigen, Diesem Vereine legte man den Namen Helzjagd-Gesellschaft bei, entwarf für ihn besondere Statuten und wählte die Angeklagten Apollinar von Kurnatowski zum Direktor, Alexander von Brudzewski zum Kassirer und Wladislaus von Laki zum Secretair. | 7 ZU der nächsten Jagd, zu der die Gesellschaft zusammenkam, am 12, November, hatten sih etwa 30 Personen eingefunden und darun- ter auch Vier oder Fünf, die bis dahin noch nicht dem Vereine bei- getreten waren. Einem der Leßteren theilte sein Begleiter auf der Hinreise mit, daß bei vou Kurnatowski’s Anwesenheit bei der Jagd auch Reiter - Uebungen veranstaltet werden würden. Bevor nun die Jagd begann, wurden die verschiedenen Fremden durch ein Mitglied der Gesellschaft zur Aufnahme in Vorschlag gebracht, und es erfolgte über sie die Abstimmung. Dann ritten Alle zur Jagd aus. Nach= dem diese zwei bis drittehalb Stunden gedauert hatte, wurde

zum Manövriren geschritten, wobei von Kurnatowski den Cxer= ziermeister machte. Er ließ die Reiter, deren Jeder eine bestimmte Nummer bekam, zwei Glieder formiren und sie dann alle um einen bestimmten Punkt herumreiten. Darauf nahm er ste wieder einzeln, väter zu dreien und zu sechsen vor und führte mit ihnen allerlei militairishe Evolutionen aus, zeigte ihnen immer, wie sie es zu machen hätten, und verbesserte die vorkommenden Fehler. Nach der Heimkehr las von Lacki den Neugufgenommenen die Sta= tuten vor und ließ sie von ihnen unterschreiben, Mündlich fügte er bei der Gelegenheit noch hinzu, daß der Zweck der Gesellschaft eigent- lih ein anderer sei, als die Jagd; es komme darauf an, sich gegen

seitig näher kennen zu lernen und enger an einander anzuschließen, auch habe Jeder zu den künftigen Versammlungen Pferde mitzubrin= gen, damit wieder manövrirt werden könne,

Wozu die Manöver dienen solle, wurde nicht gesagt; aber der Augenschein selbst hatte, wie zwei Angeklagte bemerken, Alle hinläng= lih überzeugt, daß es nur auf den Krieg berechnet und nur für einen solchen von Nußen sei. Deshalb fand auch Niemand etwas zu er- innern, als der Vorschlag gemacht wurde, daß von Kurnatowsfki, der früher in der polnischen Armee gedient, für beständig Exerziermeister sein solle,

Bei solchen, im Hintergrunde unzweifelhaft auf die Vorbereitungen zu einem künftigen Aufstande gerihteten Vereinen haben sich akten- mäßig und nah ihrem eigenen Geständnisse cine große Anzahl der in Anklagestand verseßten Personen, {sofern sie niht den völlig un gebildeten, niederen Ständen angehören, betheiligt. Beispielsweise mag hier nux noch der Wirthschaftsbeamte Maximillian Ogrodowicz genannt werden, der {hon 1830, damals erst 16 Jahre alt, das posener Gymnasium verlassen und sich dem polnischen Jnsurgenten= heere angeschlossen hatte. Er war Mitglied verschiedener agronomi hen Vereine und sagt ganz offen, ‘daß diese, die Errichtung des bromberger Kasino’s und andere Tageserscheinungen thn im Jahre 1845 auf die Vermuthung gebracht hätten, daß wiederum etwas im Werke sei, um die polnische Nationalität zu heben und die Befreiuug des poluishen Vaterlandes vorzu= bereiten.

Jn und neben den Vereinen wirkten auch noch die Einzelnen für sich thätig im Juteresse das in Aussicht stehenden Unternehmens, sei es im Wege einer allgemeinen Vorbereitung für den beabsichtigten Aufstandsversuch, sei es durch direkte Werbung für denselben.

Daß der Buchhäudler Stefanski ih eifrig angelegen sein ließ, die seiner Partei am meisten zusagenden revolutionären Schriften zu verbreiten, i} bereits erwähnt, Durch seine Vermittelung kamen überhaupt die meisten Schriften des demokratischen Vereins ins Groß herzogthum Posen, und Stefanski?s eigene Aussagen führen darauf hin, daß die flüchtigen von Buchowski und von Mikorski sich haupt= sächlich mit der weiteren Verbreitung derselben befaßt haben. Auch der Landschafts - Direktor von Jarochowski, bei welchem unter Ande= rem der Kursus der Kriegskunst, die Lebenswahrheiten des polnischen Volkes, der polnische Demokrat, der demokratische Katechismus, die Pszonka, der Rechenschaftsbericht der Centralisation des polnisch= demokratishen Vereins in Beschlag genommen sind, will durch von Buchowski mit den Schriften der polnisch = revolutionairen Literatur bekannt gemacht sein.

Bei vielen anderen Angeklagten sind dieselben und verschiedene andere auch bereits erwähnte Druckschriften vorgefunden.

Direkte Werbungen für die revolutionaire Verbindung, sei es durch Eid, dur Handschlag oder einfaches Beitrittsversprechen, sind be- reits im ersten Abschnitt beispielsweise erwähnt. Es liegen dem Ge= richtshofe eine große Anzahl solcher Fälle vor. Den Neuausgenommenen wurde dabei nah den Angaben verschiedener geständiger Angeklagten zur Pflicht gemacht, immer weitere Werbungen anzustellen, und daß sie diesem eifrig nachgekommen, dafür spricht die weite Ausdehnung der

Verbinduttg, die so weit verzweigt wär, daß die 254 Persotteit die durh die Voruntersuchung dergestalt verdächtig geworden sind, daß die Anklage-Deputation des Kammergerichts sie in Anklagestand ver= seßt hat, nur einen Theil der Geworbenen ausmachen. Gutsbesißer, Pächter und Wirthschafts-Beamte, die selbst für die Verschwörung ge- wonnen, bemühten sich namentlih, ihre Dienstleute dur Versprechun- gen für den Aufstand geneigt, zu machen oder dieselben durch Drohun=- gen zum Anschluß zu bewegen. Wenige Beispiele mögen genügen.

Der Gutspächter Anton Ogrodowicz forderte, nah der eidlichen Aussage verschiedener Zeugen, seine Dienstleute auf, an einem bevor=- stehenden Kiiege Theil zu nehmen. Ein geständiger Gutsbesiber stellte seinen eidlich vernommenen Leuten vor, daß es bald zu einer Revolu- tion fommen werde, daß jeder Pole zur Erkämpfung der Selbststän- digkeit seines Vaterlandes thätig sein müsse, und daß sie sih bereit halten sollten, ihm zu folgen, wenn es Zeit sein werde.

Jn ähnlicher Art und unter Versprehung von Land und ande- ren Vortheilen forderte der Amtmann Lucian Plawinski die Dienst- leute des Provinzial-Landschafts-Direktors von Jarochowski auf, wie dieselben in der Voruntersuchung eidlih bekundet haben.

Ein anderer Gutsbesiger, der hon im Jahre 1830 im polni- hen Jusurgentenheere den Feldzug gegen Rußland mitgemacht hatte, wollte nah der Angabe cines geständigen Mitangeklagten auch an dem bevorstehenden Aufstande Theil nehmen und sih mit allen seinen Leu- ten den Jusurgenten anschließen. Es wurden deshalb auf seinen Güs=- tern eifrige Vorbereitungen getroffen, Waffen, Pferde und Sattel zeug in Stand geseßt. Wie sih aus den eidlihen Aussagen ver- schiedener Zeugen und aus anderen erheblichen Verdachts-Momenten ergiebt, nahmen auch alle höher gestellte Wirthschafts-Beamte dessel= ben Theil an den erwähnten Rüstungen und waren eifrig bemüht, auch ihre Dienstleute zu ähnlicher Thätigkeit zu gewinnen.

Gleiche Versuche machten nah der eidlihen Versicherung ver- schiedener Zeugen au andere Gutsbesißer. ;

Der gräflich Bninskische Amtmann Ludwig Koßobudzki ging so weit, sämmtliche Landwehrleute von dem ihm zur Verwaltung überge- benen Vorwerk Dabke dur den Schulzen zusammen rufen zu lassen und 1h= nen unter Versprehungen und Drohungen zu eröffnen, daß Krieg sein werde, daß sie Sensen bekommen und mitgehen sollten, um zuerst die Preu- ßen, dann die Russen und endlich die Oesterreicher zu {hlagen. Sie würden fürs Vaterland kämpfen; Jeder werde Eigenthum bekommen und sein eigener Herr sein.

Auch hierüber liegen mehrere eidlihe Zeugen - Aussagen vor.

Der Gutsbesißer Alphons von Bialkowski übte im Sommer 1845 seine Dienstleute und Dorf- Eingesessenen im Scheibenschießen. Hierbei naunte er sie Brüder, ließ ihnen Wein reihen und sprach davon, daß sie sich im Schießen üben müßten, weil es zu einer Re- volution kommen werde, wobei die Preußen aus dem Lande gejagt unt das Königreih Polen wieder erobert werden sollte. Er fügte hinzu, daß, wer sich im Kampfe gut halte, Land und Wirth\chaften zur Belohuung bekommen werde.

Dies haben mehrere der Auf eidlich ausgesagt.

Es gelang den Vershworenen auch, mit dem Militair Verbin= dungen anzuknüpfen und unter der katholischen Geistlichkeit Anhänger zu gewinnen,

Der Angeklagte von Taczanowski war bis zum 6. Januar 1846, wo er auf sein Ansuchen den Abschied erhielt, Seconde-Lieutenant in der 5ten Artillerie-Brigade zu Glogau. Schon vorher, im Novem= ber 1845, wurde er förmlich in die Vershwörung aufgenommen, wie er selbs einem geständigen Mitangeklagten erzählt hat. Er sollte, wie er ferner erzählte, beim Ausbruch des Aufstandes ein Kommando bei der Artillerie des Jnsurgenten-Corps erhalten.

Felix von Biakoskórski, bis zum Jahre 1845 Seconde =- Lieute nant im 18ten Jufanterie - Regiment, hatte nah der auf die Mit theilung anderer Verschworenen gegründeten Angabe eines Mitange- flagten hon während seiner Dienstzeit für die Vershwörung zu wirken gesucht.

geforderten in der Voruntersuchung

Ein anderer Angeklagter, der Brenner Joseph Klatt, hatte nah Vollendung seiner Déenstzeit im Garde-Schüten-Bataillon zu Berlin um Aufnahme in die Jäger-Abtheilung zu Breslau nachgesucht, um, wie er selbst zwei eidlih vernommenen Zeugen erzählte, Theilnehmer für das revolutionaire Unternehmen unter dem Militair zu Breslau zu werben. :

Unter den in Posen garnisonirenden Truppen hatten die Ver= {chworenen unter Anderen einen Seconde =- Lieutenant und einige we= nige Unteroffiziere gewonnen, die inzwischen aus dem Militairdienst ent- lassen sind. Einer derselben ist geständig und gegen die Anderen liegen so viele erhebliche Verdachtsgründe vor, daß sie in Anklage- stand verseßt sind.

Was die katholische Geistlichkeit betrifft, so mag die Andeutung genügen, daß Johann Tulodzieski, Pfarrer zu Siebsau, Johann Jankowski, Vikar bei der Pfarrkirhe zu Bromberg, Kasimir Bor= tliszewski, Kommendarius der Kirche zu Gorka duchowna, Franz Knolinski, Dekan zu Schmiegel, Joseph Lobodzki, Pfarr - Admi- nistrator zu Klonowken, wegen thätiger Theilnahme an dem hochver=- rätherischen Unternehmen, Anton Cielsdorf, Dekan zu Sierock, Andreas Pomieczynski, Pfarrer zu Subkau, Franz Kandyba, Vikar daselbs, Franz Bojanowski, Pfarrer zu Bobau, Bernhardt Bibrowicz, Probst und Dekan zu Adelnau, wegen Wissenschaft von der Vershwbörung und Unterlassung der schuldigen Anzeige in Ankla= gestand versetzt sind.

Daß auch in verschiedenen Gymnasien und in dem Schullehrer- Seminar zu Posen die revolutionairen Pläne fruchtbaren Boden und Theilnehmer fanden, wird die Darstellung noch in ihrem ferneren Ver laufe zeigen.

Da es sich bei dem beabsichtigten Aufstande um eine Losreißung und demnächstige Wiedervereinigung der ehemals polnischen Pro- vinzen mittelst Waffengewalt handelte, so wurde dem militairischen Theil der Vorbereitungen seitens der Vershworenen besondere Sorg= falt zugewendet. Die Centralisation des demokratischen Vereins hatte durh eine besondere Instruction, welche von Mieroslawski im Früh- jahr 1845 mit ins Großherzogthum Posen gebracht hatte und die in einem von von Mieroslawski als richtig anerkannten Exemplare dem Gerichtshofe vorliegt, für jede Provinz die Errichtung eines Militair= Comité’s zur Ausarbeitung eines Bewaffnungsplanes angeordnet.

Nach dieser Instruction sollten die Mitglieder des Comités, der Offizier für Statistik, der Jnstructions-Offizier, der Jnspections-Of- fizier und der Offizier für Geographie, die erforderlichen statistischen und geographischen Nachrihten sammeln, insbesondere die Hülfsmittel und Streitkräfte der Nation sowohl, als des Feindes ermitteln, Spezialkarten beschaffen und Militair - Reglements entwerfen. Der Vorsitzende der Kommission hatte demnächst über die eingegangenen Nachrichten an den Provinzial-Vorstand Bericht zu erstatten, worauf der Aufstandsplan entworfen, die Anführer für die Provinz ernannt und abgeschickt, so wie die Marschrouten und Etappen bestimmt wer= den sollten. A

Auch nach dem Ausbruche des Aufstandes sollte das Militair= Comité in der Provinz verbleiben, der Vorsibende als Organisator der Reserve, der Jnstructions-Offizier ‘als Gehülfe des Organisators bei Uebung der Reserve, der statistische O ffizier als Provinzial-Quar= tiermeister, der Inspections-Offizier als Chef des Provinzialstabes,