1847 / 275 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

. Majestät der König haben heute e dt Gr verlassen, um die Rük=-

bs Allerhöchstsie noch heute wee Die erh E e genowünsche

reise nah E Abend einzutreffen gedeue I ten den allgeliebten Landesvater, beim Scheiden

Stadt aller Bewohner unserer S erholtenmalen und noch

2 j wied y Allerhöch swelher S“ giufenthalt in der huldvollsten, scmeichelhafte-

j en die Gnade hatten. F Bs Weise auszu 8sten d. wurden die Truppen der Königlichen

2 Divi des Königs Majestät in Augenschein genommen, Ln D Tage fand eine Sol Parade und demnächst ein Divi- “ons-Ererziren, am folgenden ein Feldmanöver zweier Detaschements statt. Zur Parade waren die Truppen, in der Stärke von 6 Ba- taillons, 8 Ésfadrons, 8 Fuß- 1nd 4 reitenden Geschüßen, in Linie in zwei Treffen aufgestellt; die Jufanterie und Fuß-Artillerie im er- sten, die Kavallerie und reitende Artillerie im zweiten Treffen. Die Jnfanterie defilirte in Compaguiefront, die Kavallerie in halben Es- fadrons. Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrih der Niederlande führte als Chef das 15te Jufauterie- Regiment und der komman- dirende General des 7ten Armee - Corps, General der Jnfan= terie, von Pfuel, in derselben Eigenschaft das 13te Regiment. Dem nun folgenden Divisious- Exerzieren, welches ebenfalls auf der Loddenhaide stattfaud, war die Jdee zum Grunde gelegt, daß ein feindliches Corps von Süden her anrücke, dann aber seme Angriffe in der Richtung von Sendenhorst erneuere, Mehrere Bewegungen wurden in diesem Sinne mit großer Präzision ausgeführt, wobei sich die verschiedenen Waffengattungen im richtigen Verhältnisse unterstüßz= ten. Zum Schlusse defilirte die Kavallerie in Eskadrons im Trabe. Des Königs Majestät erkannten vor den versammelten Commandeuren auf das huldreichste die Leistungen der Truppen an, und hoben Aller= höchstdieselben vorzüglich die Schönheit der Maunschaft , die gute Dressur, das -vortresslihe Ajüstement, so wie die Ruhe und Sicherheit bei allen Bewegungen, hervor.

Bei dem Feldmanöver am 28sten waren die Truppen gleihge- theilt, und wurde das von Hamm gegen Münster vorgehende Süd= Detaschement (15tes Jnfanterie- und bte Ulanen-Regiment) von dem General-Major Freiherrn Roth von Schreckenstein gesührt, während dem Nord-Detachement, unter dem General-Major von Borke (13te Jnfanterie- und 11tes Husaren-Regiment), die Aufgabe gestellt war, dur die Vertheidigung der Defileen des Emmerbaches Münster mit scinen bedeutenden Magazinen zu deckenz die Bewachung der Stadt selbst war nach der Supposition dem bürgerlichen Schüten-Corps über= lassen, und gewiß kann, nach der vortrefflichen Haltung, worin dieses Corps am Nachmittage des 27sten vor unserem Könige und Herrn erschien, und bei so tüchtiger Gesinnung, auch im Ernstfalle das Ge-= {hick der Stadt mit Sicherheit den braven Schüßen anver- traut werden. Nachdem die Defileen über den Emmerbach, bei Die - Weib, Köpping und Westhues, vom Südcorps genommen worden waren, bot das Heenterrain beiderseits der Chaussee den leichten Truppen Gelegenheit, ihre Gewandtheit beim Augrisse wie bei der Vertheidigung darzulegen , bis dann auf dem etwas freieren Terrain östlih von Hiltrup größere Maßen aller Waf- fengattungen in das Gefecht kamen, wobei besonders die verschiedenen Chargen der Kavallerie die Aufmerksamkeit fesselten. Auch an diesem Tage hatten die Truppen die hohe Genugthuung, die volle Zusfrie= denheit des Königs zu erlangen. Se. Majestät äußerten, wie Sie die Division gestern \chön, so hätten Sie dieselbe heute gut gefundenz großes Interesse habe Jhnen das eigenthümliche westsälishe Hecken- terrain erregt und mit wahrer Freude in der Geschiflichkeit , womit es benußt worden, den Beweis einer tüchtigen friegêmäßigen Ausbil- dung erfaunt. Huldreichst sprachen alsdann Se. Majestät dem Divisions - Commandeur , General =- Lieutenant von Tießen und Henning, so wie den versammelten Commandeuren, Seinen innigsten Dank aus und befahlen, den Offizieren, so wie den Unteroffizieren und Soldaten, Seine volle Zufriedenheit bekannt zu machen. So fehren denn heute Alle, die den Vorzug hatten, bei diesem s{hóönen militairischen Akt mitzuwirken Manche zur Heimat, manche zur erneuten Thätigkeit mit dem erhebenden Gefühle zurück, für jahre- lange Austrengung den höchsten Lohn in der Zufriedenheit des Köü- uigs. erlangt zu haben. Wer den hohen Königlichen Herrn inmitten seiner treuen Soldaten sah, stets umgeben von jubeluden Volks- massen, dem schlägt das Herz höher, der wird sich stolz bewußt, daß in Preußen König, Heer und Volk wahrhaft Eins sind, daß nur in dieser Dreiheit das Vaterland zu seiner Größe heranwuchs, daß sie immer die einzige, die felsenfeste Grundlage bietet.

Se. Majestät der König betrat am 27sten d., Nachmittags halb 6 Uhr, den Schüßenhof, begleitet vom Prinzen von Preußen, dem Kronprinzen von Bayern und den übrigen bier anwejenden Prinzen Königl. Hoheiten und zahlreichem hohen Gefolae, wurde am deforir= ten Thore vom Ober-Kommandanten des Büraer-Corps, Ober-Bür= germeister Hüffer und den Stadträthen, wele der Gesellschaft als Ehrenmitglieder angehören, so wie von einer wachehabenden Corps=- Abtheilung, bewillklommt, begrüßte die Fürsten und Herren und einge- ladenen Notabilitäten, welhe am Eingange sich versammelt hatten, und erschien daun auf dem großen Rasenplaß vor dem in Parade aufgestellten, in einer Stärke von nahe an fünftehalvhundert Mann angetretenen Allgemeinen Bürger - Schüßen - Corps, dem gegenüber Tausende von Herren und Damen jeden Standes in buntem Ge- vränge hinter der Reihe der Ehrenmitglieder fih aufgestellt hatten. Der - landesväterlihe König, in Freundlichkeit und Hu:d, nahm den Rapport vom Vorstande gnädig entgegen und ging in aufmerkjamer Musterung die ganze Fronte entlang. Nachdem Se. Majestät gegen

den Obersten des Corps seine Zufriedenheit ausgesprochen, trat dieser vor die Mitte des Bataillons, um den harrenden Bürger - Schüßen das Sigual zum Ausbruch eines jubelnden Hoch zu geben. Es war ein wirklich feierlicher, erhebender Moment, als die Stimme des Füh- rers durch alle Räume des volksumschlossenen, vom Glanz der Herbst- sonne überdeckten Plaves drang. Seine Worte schilderten mit Wärme und Lebendigkeit die wahre, aufrichtige und treue Liebe, in welcher die Herzen unserem Könige entgegenschlagen, und hoben hervor: wie das Bürger-Corps mehr als dur die Waffen, durch die Gesinuang zu dienen vermöge, und wie nicht nur für den Krieger das Kom- mando: Vorwärts! ertöne, sondern wie auh das Vorwärts! Auf- wärts! dem Bürger gelte. Und bei dem Rufe: Vorwärts mit dem König, für den König!“ da brach ringsum ein Jubel aus, der wie aus Einem Munde und Herzen drang. Und es war der Glanzpunkt des Festes, wie der König, sichtlich bewegt, nicht in herablassendem Danke, sondern man sah es ringsum mit Entzücken in_beweg- ter Empfindung die Hand des Obersten - ergriff und. drückte. Se. Ma= jestät hat in gnädigster Aeußerung sich -der Liebe gefreut, welche er bei den Bewohnern Münsters stets gefunden habe, und deren Wahr- heit er jeßt neu bestätigt finde. „Wo Jch Liebe finde, da bin Jch glüdcklichz Liebe is ja das Höchste, was Jh erstreben, was Mir wer- den fann!“ waren Worte -des Königs, der glücklich selber ist, indèm er beglüdt.

Das Vorbeimarschiren des Bürger-Schühßen-Corps in aht Zü-

gen sah der König mit Zufriedenheit, und die Haltung und Bewe- ung des Corps, kräftig und würdig, und die einfache, bürgerlich ge- haltene Equipirung fänden bei der Königlichen Suite ungétheilten

Beifall. Se. Majestät hatte demnächst die Gnade, die - Vorständs=-

1914

Mitglieder und alle Offiziere, die besten Schüßen und die dekorirten Krieger \sich vorstellen zu lassen und schenkten Jedem einige freund- lihe Worte; auch nahm Se. Majestät die Fahnen zur Zeit der Huldigung vom höchstseligen Könige der damaligen Bürgerwacht- Mannschaft geschenkt und vom Bischof von Münster feierlich geweiht in besondere Aufmerksamkeit, genehmigte die Ueberreichung eines Statuts der Gesellshast und inspizirte dann die Schießstände des Schüpßenhofes, deren zweckmäßige und {höne Einrichtung und Deco= ration der Anerkennung nicht entbehren. Die gnädige Huld des Kü= nigs ging so weit, daß mit Allerhöchstdessen Erlaubuiß die Anwesen- den, zu einer Polonaise gereiht, durch den geshmückten Salon vor- überwandern durften und ermüdete nicht in freundlicher Geduld, als die Tour fein Ende fand und immer neue Paare vorüber- drängten, den König zu sehen. Der Salon mit Vorzimmer und Büffet war reich und geshmackvoll dekorirt, und seine Nischen in gothischem Geschmacke, arrangirt dur den Bürgerschüßen Bildhauer Prang, wurden von Sr. Majestät in wohlwollender Weise belobt. Die Anlage glänzte in tausenden und “aber tausenden von bunten Lichtern; zwei Musik-Corps tönten dur den Jubel der Menge; über den offenen Tanzboden drehten sich die Walzer; in Hallen und Zelt waren Wein und Freude z 2 as Bassin der Fontaine spiegelte in bunten Farben, und zwischen den erleuchteten Gewinden über den Arkaden des Schübßenhauses leuchtete der Wahlspruch des Corps: Einheit, Gemeinsinn, Vaterlandsliebe. Ehe Se, Majestät nach zweistündiger Anwesenheit den Schübßenhof verließen, schenkten Allerhöchstderselbe allen diesen Schönheiten, wodurch das Bürger-Schüßen-Corps an den Tag zu legen suchte, wie es deu König liebt und ehrt, geneigte Auf= merfsamfeit und bemerkten noch im Abgehen mit Vergnügen die ebenfalls von Prang angegebenen Spißbögen über dem Kugelwall an der einen und den gothishen Thurm mit Adler und Flaggen an der anderen Seite des großen Rasenplaßes, wo Se. Majestät dem Bürger-Schüßen-Corps die Parade abzunehmen geruht hatte.

Es is gelungen, Se. Majestät zufriedenzustellen, und die Aller- höchste Guade hat bei dem Bürger -Corps und allen seinen Angehö= rigen und Gästen, die auf dem Schüßenhofe versammelt waren, einen bleibenden Eindruck hinterlassen, die dem Könige die Herzen zugewen= det und erhält in unvertilgbarer Liebe und treuer Anhänglichkeit. Wohl der Stadt, die ein solches Fest feiern kann!

Arnsberg, 25. Sept. Das Amtsblatt enthält folgende Bekanutmachung des Königlichen Konsistoriums :

„Die Provinzial - Synoden Westfalens und der Rhein - Provinz von 18414 haben verschiedene durch die Erfahrung als nothwendig oder wün- schenswerth sich herausstellende. Abänderungen in der Kirchenordnung vom 5. März 1835 beantragt.

Des Königs Majestät baben darauf durch Allerhöchste Ordre vom 22. August d. J. in folgenden Stücken dem übcreinstimmenden Antrage beider Synoden Folge zu geben und dahin zu genehmigen geruht , daß

1) der nach §. 26 der rheinisch-westfälischen Kirchenordnung jährlich statt- findende Austritt des vierten Lheils der Gemeinde - Vertreter künftig nur alle zwei Jahre erfolge z

2) statt der nah §. 32 der Kirchen - Ordnung erforderlichen Anwesenheit von zwei Drittheilen des aus dem Presbyterium und der Gemeinde- Vertretung bestehenden Kollegiums es zur Gultigkeit einer Beschluß- nahme genügen soll, wenn die absolute Majori!ät desselben an der

Versammlung Theil genommen hat;

3) die nach §. 29 der Kirchen-Ordnung von dem größeren Kirchen-Kol- tegium zu bewirkende Ergänzung einer durch außerordentlichen Abganç in der Gemeinde-Vertretung entstandenen Lücke in der Art erfolge, val das agusgewählte Mitglied die Stelle seines Vorgängers bis zu dem Zeitpunkte behalte, wo Leßterer durch den regelmäßigen Wechsel aus- geschieden sein würde z

4) die Namen der nach §. 24 der Kircher-Ordnung gewählten Gemeinde- Vertreter an den zwei zunächstfolgenden Sonntagen von der Kanzel zu verkündigen sind und nur bis zur vollzogenen zweiten Bekannt- machung Einsprüche gegen cine Wahl angenommen twerden fönnen;z

5) cine Versammlung der Gemeinde - Vertreter, welche wiederholt und hartnäckig ihre Pflichten vernachlässigt und in Unordnung oder Par- teiung verfällt, von dem Provinzial-Konsistorium aufzulösen und eben so den erwiesen Schuldigen die Wählbarkeit auf eine Zeit oder auf immer zu entziehen is 3

6) unter dem nach §. 10 der Kirchen Ordnung für das Diakonen - Amt erforderlihen Alter auch in den Theilen der Rhein-Provinz, wo das Allg. Landrecht nicht gilt, das vollendete vierundzwanzigste Lebens- jahr verstanden werden foll, :

i ry Vorschrift zufolge wird dies hiermit zur öffentlichen Kenntniß

gebracht. Münster, den 13, September 1847.“

Rhein-Provinz. Jn der Naht vom 28. zum 29, Sep- tember starb in Köln der Dom- Probst und Weih - Bischof von Köln, Dr. Anton Gottfried Claessen, im 59sten Jahre seines Lebens.

Deutsche Bundesftaaten.

Königreich Bayern. Am 29, September fand die Eröffnung der Kammern statt. Seit dem Bestehen der Verfas- sung i} die Versammlung des Jahres 1847 die erste, welche unter den Präsidenten und Secretairen der zweiten Kammer keine Staatê- diener zählt.

Das vou mehreren Blättern wiederholt verbreitete Gerücht, daß die Gräfin von Landsfeld den Theresién -Orden erhalten habe, entbehrt, wie aus bester Quelle versichert wird, jedes Grundes.

Königreich Hannover. (H. Z.) Se. Majestät der König von Preußen, Allerhöchstwelcher auf der Rückreise nah Berlin Han=- nover berührte , um Sr. Majestät dem Könige einen Besuch abzu-= staiten, traf (wie bereits gemeldet), am 29, September, und zwar von Nenndorf ab mit Königlichen Marstalls - Pferden, pt Abends mit zahlreihem Gefolge in Hannover ein und stie in den besonders eingerichteten Zimmern des Königlichen Residenzschlosses ab. Kurz vorher war Se. Königl. Hoheit der Prinz Adalbert von Preußen angekommen uud im Königlichen Palais abgetreten

Am folgeuden Tage fuhr Se. Majestät der König mit seinen erlauhten Gästen nah dem Königlichen Georgengarten, um die dortige Kunstgallerie in Augenschein zu nehmen, besuchten hierauf das Königliche Mausoleum in Herrenhausen, begaben sih dann: in den dortigeu Schloßgarten, wo sämmtliche Fontaînen spieltcn, und besichtigten zulest das im Neubau begriffene Hoftheater, Jm Laufe des Tages traf noch Se. Königl:che Hoheit der Kronprinz von Bayern ein. Mittags war großes Galla - Diner von 99 Ge- decken im Goldenen Saale des Königlichen Residenzschlosses, nach dessen Beendigung tie Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften sich nah dem Theater begaben, wo die Oper Hernani gegeben wurde. Beim Eintritte in das festlich erleuhtete Haus wurde Se. Majestät der König von Preußen mit einem Lebehoch von dém zahlreich versammelten Publikum empfangen, worauf das Orchester das Volks- lied. anstimmte. Nach beendigter Vorstellung verfügten sih die E A und Höchsten Herrschasten nach dem Palais Sr. Ma- jestät zum Thee.

Am 41, Oktober früh um 9 Uhr verließen Se. Majestät der Kö- uig vou Preußen und Se. Königl. Hoheit der Prinz Adalbert die Residenzstadt, um sich mit einem Extrazuge auf der Eisenbahn über Braunschweig nach Berlin zu begeben. Au demselben Tage reiste au Se. Königl. Hoheit der Kronprinz von Bayern von Hannover näch

Würzburg ab.

_ Großherzogthum Badeu. Von dem Deutschen N g- tional=-Blatte is am 25. September die leßte Nummer erschie nen; da es, so lautet die Anzeige, nur in Baden, in ganz Deutsch- land aber keinen Absaß gefunden, so sei man enöthigt, aufzuhören. Doch hoffe man, daß die Umstände eine tägliche Ausgabe vom 1. Januar 1848 an möglih- machten.

Freie Stadt Hamburg. Am 1. Oktober ist Herr Richard Cobden, von Lübeck kommend, in Hamburg eingetroffen.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 26. Sept. Mittelst Resfriptes vom 28. August hat Se. Majestät der Kaiser dem Geheimen Rath Tengoborski zur Anerkennung seiner Verdienste bei den mit der österreichischen Re= gierung geflogenen Verhandlungen wegen Abschluß eines Haudels= Bündnisses den St, Wladimir=Orden zweiter Klasse verlichen.

Am vorigen Donnerstage hatte sich zu Ehren des wieder hier anwesenden Cobden cine zahlreiche Gesellschaft seiner Verehrer in dem Lokale der Mineralwasser - Anstalt zu einem Mittagsmahle vereinigt, an welchem nicht nur ausländische Mitglieder des hiesigen Handels standes, sondern auch viele russische Kaufleute und Literaten Theil nahmen. Unter den dabei gehaltenen Reden erregte die des Gefeier= ten besonderes Juteresse. Cobden gedenkt nur wenige Tage noch hier zu verweilen und daun nach England zurücfzukehren, wo er in den ersten Tagen des Oktobers bereits erwartet wird. (S. Hamburg.)

Am 28. September kommt zu der bereits hier bestehenden Omui= bus-Linie eine neue, indem von diesem Tage ab, und zwar von Mor= gens 8 bis Abends 10 Uhr, den newskischen ähnlich eingerihtete Wa=- gen von der Basseinaja-Straße (an der Ligowka) längs der Liteinaja, über die Simionowshe Brücke, der Michailowschen Manege vorbei, längs der großen Garten-Straße, über den Heumarkt bis zur Po= frowschen Kirche und diesen Weg zurück bis zur Basseinaja-Straße fahren werden. Der Fahrpreis beträgt für die ganze Strecke 10 Kop. Silber für die Person. Fürs erste werden 8 solcher Wagen den Dienst versehen. Der Unternehmer bittet, keinen Wagen anzuhalten, dessen Conducteur \ißt, da dies das Zeichen sei, daß im Wagen bereits alle Plätze beseht scien, und ferner zur Vermeidung allen Aufenthalts sich mit kleiner Münze zu versehen.

Warschau, 30. Sept. Der Großfürst Thronfolger ist heute früh auf der Eisenbahn hier eingetroffen und hat nach zweistindiger Rast seine Reise nach Rußland fortgeseßt.

Frankre id.

Paris, 29. Sept. Der König hielt gestern in Begleitung des Prinzen Joinville und des Herzogs von Montpensier eine Mu= sterung über verschiedene Truppen-Corps ab, welhe nächstens Paris, Vincennes und Versailles verlassen sollen. Die Jufanterie war in zwei Linien im Tuilerieenhofe, die Artikerie auf dem Carrousel-Plabe und die Kavallerie auf den Quais des Louvre und d?r Tuilerieen aufgestellt. Nach der Revue wurden Ehrenzeichen an die Ossiztere, Unteroffiziere und Gemeinen vom Könige vertheilt.

Jn Cherbourg wird die Fregatte „La Reine Blanche““ ausge= rüstet, um unter dem Kommando des Capitain Page, der zum Chef der Station von Bourbon ernannt is, nach den indischen Meeren ab- zugehen. Sie wird Rio Janeiro berühren und mehrere Offiziere für das Geschwader im La Plata an Bord nehmen, die daselbst ein vom Admiral Le Precour abgesandtes Schiff erwarten soll. Capitain Page hat Befehle zur Wiederanknüpfung der Verhältnisse zwischen Frankreich und Madagaskar erhalten, wozu bereits Admiral Cecile einen Versuch gemaht. Er wird ein offizielles Schreiben und Ge= schenke für die Königin Ranavalo mitnehmen.

Aus Rio Janeiro vom 8. August hat man die Nachricht erhal- ten, daß Graf Walewski mit seiner Gesandtschast dort cingetroffen war.

Herr Teste befindet sich noch im Gefängniß der Conciergeriez die Regierungsblätter erklären es für ungegründet, daß die Erlaubuiß er= theilt worden wäre, ihn in ein Krankenhaus zu bringen.

Die Handcls - Kammer von Marseille macht bekannt, daß in Li= vorno die Quarantainezeit für Schiffe, die aus dem Asoffschen Meere fommen, von 7 auf 14 Tage verlängert worden is, weil sih in mehreren Häfen dieses Meeres die Cholera gezeigt hat.

Herr Romain = Desfosses is zum Contre - Admiral befördert worden,

Nachdem die Rente bei den ersten Operationen an der heutigen Börse hoch notirt gewesen, trat mit einemmal Stillstand ein, und die Course vermochten fch nur mit Mühe zu behaupten. Man sagte, es seien diesen Morgen s{hlimme Nachrichten aus Neapel eingeganget, und sprah von neuen Fallissements in London. Eisenbahn - Actien, im Allgemeinen gesucht, besonders Nordbahn, in denen ansehnliche Käufe gemacht wurden.

Großbritanien und Irland.

London, 28. Sept. Heute findet unter dem Vorsilz der Kö- uigin in: Osbornehouse auf der Jusel Wight die schon lange ange= fündigte .Geheimeraths-Sibung statt, in welcher die Formel und der Tag des allgemeinen Dankgebets für die ergiebige Aerndte festgeseßt werden soll. Wie es heißt, ist dazu diesmal ein Sonntag bestimmt, und zwar. der 10. oder 17, Oktober.

Sämmtliche Minister werden sich gegen den 18. Oktober in der Hauptstadt versammeln, und alsdann sollen die Kabinets-Berathungen stattfindeu, welche sonst gewöhnlich im November abgehalten werden, um die Regierungs - Maßregelu für die bevorstehende Session festzu= stellen. Dex diesmal zu erwartende frühere Zusammentritt der Mit= glieder der Regierung hat übrigens keinen Bezug auf eine etwanige frühzeitige Einberufung des Parlaments, dessen Eröffnung wahrschein= lih nicht viel vor dem gewöhnlichen Zeitpunkte erfolgen wird.

Prinz Albrecht traf gestern Nachmittags von Osborne zu Portsea ein, wo er unter großem Volfszulaufe den Grundstein zum neuen Sypitale legte und sodann nach der Jusel Wight zurückkehrte.

Die Gerüchte von der Jnsolvenz des Hauses Cockerill, Larpent und Comp., weiche schou vor einigen Wochen verbreitet. waren, haben sich jeyt bestätigt. Die Zahlungen des Hauses haben eingestellt wer= den müssen, da sich dasselbe außer Stande fand, die mit der lebten Ueberlaudpost eingegangenen Tratten zu decken. Unter den Passiva, welche sich auf 630,00 Pfd. St. belaufen, sind Accepte des Hauses zum Betrage von 500,000 Pfd. St., unter welchen für 300,000 Pfd. St. Tratten des Zweighauses der Firma in Kalkutta, der Rest von anderen Häusern gezogen, welche leßteren vermuthlich fast vollständig gedeckt werden, \o wie man überhaupt darauf rechnet, daß die Gläu=- biger .des Hauses, wenn man demselben Zeit läßt, völlig werden be- friedigt . werden. Es heißt, daß das Fallissement besonders auf Glasgow und Manchester zurückwirken wird. Sir George Lar- pent sowohl als Herr John Coderill genießen große Achtung; der Erstere trat bekanntlich bei der leßten Parlamentswahl als Kandidat für die City auf, der Erstere war bis zum Jahre 1838 einer der Durektoren der Bank von England, schied aber aus, da seine Privat=- Geschäfte ihm die Verwaltung -des Amtes zu sehr ershwerten. Außer dem erwähnten Hause haben die Herren Cockburu und Comp.,

eiue wenig befannte Firma, und die Herren M. L, Bensusan und

Comp., welche mit Mogador uud der Nordküste von Afrika Geschäfte treiben, ihre Zahlungen eingestellt. Auch das Haus Perkins Schlusser au Mullens hat sich genöthigt gesehen, seine Zahlungen einzu= ellen. Nach dem Observer wird hier ein Kongreß der ersten Kauf- leute und Banquiers des Landes stattfinden, um si über die zeitigen Bedrängnisse des Geldmarktes und über die Mittel zu berathen, den Geldverhältnissen eine bessere und mehr gesicherte Grundlage zu ge- ben. Bei aller Meinungsverschiedenheit soll man schon darüber einig sein, daß die Akte von 1844, welche den Banknoten - Umlauf be= \hränkte, sofort aufgehoben werden müsse, und daß die Ausgebung von Einpfundnoten \{chwerlich mehr zu umgehen sei.

Herr More O'Ferrall is zum Gouverneur von Malta ernagunt worden: er is der erste Civilist, der diesen Posten bekleidet. Neben ihm wird ein Oberbefehlshaber der Truppen wirken. Herr O'Ferrall war unter Grey Schah = Secretair und unter Melbourne Flotten= Secretair. :

Der Herzog vou Holstein - Glücksburg hat sich in Begleitung seines Bruders zum Besuche bei dem Marquis von Ailcsbury nach Tottenham Park begeben, i 4 2M

Eine Anzeige in der Times, unterzeichnet Mazzini, Guiglioti und Gallenga, fordert die in Eugland wohnenden Jtaliener zur Un= terzeihnung von Geldbeiträgen auf, welhe einem in London gesam- melten „italienischen National-Fonds““ zufließen sollen. Diescr Fonds soll, wic die Anzeige erklärt, ausschließlih dazu dienen, „die Jtaliener durch alle möglichen materiellen Mittel zu unterstüßen, sobald der erwartete Kampf seinen Anfang genommen hat.“

Der neu ernannte britishe Gesandte in Mexifo, Herr Perty hien wird sich am 6. Oktober in Portsmouth nach Mexiko eiín- chien.

Malte

Florenz, 23. Sept. (A. Z.) Man beabsichtigt hier zum An- denken au die leßtvergangenen, für Toscana so denkwürdigen Tage ein Denkmal, dessen Kosten durch Subscription zusammengebracht werden sollen, zu errichten. Es if hierzu eine Säule vorgeschlagen, die in ein= gelegten metallenen Buchstaben das Großherzogliche Motuproprio, wel=- ches die Errichtung einer National - Garde anordnete, enthalten soll. Dieselbe dürfte auf dem Plaß vor der Kirche S. Croce zu stehen kom= men, in welcher Kirche auch die dem Großherzog in jenen Tagen dar= gebrachten Fahnen zur bleibenden Erinnerúng aufbewahrt werden,

Unter den în Toscana lebenden Jsraeliten werden gegenwärtig Petitionen vorbereitet, um Se. Kaiserl. Hoheit den Großherzog zu bitten, ihnen vollkommen gleihe Rechte mit den übrigen Unterthanen zu verleihen, Die Presse nimmt sih dieser Angelegenheit mit Eifer an, und es ist unter den jeßigen Umstäuden wohl kaum zu zweifeln daß dieselbe cinen günstigen Erfolg haben dürfte. 4

Im Attelier des Bildhauers Costa hier war kürzlich das Mo-= dell zu einer Statue des Columbus ausgestellt, „sie wird von demsel= fie Auftrag des Pascha von Aegypten in Marmor ausgeführt werden, : 5 i

S Pan u.

Madrid, 23, Sept. Vor einigen Tagen traf der Adju= tant und Secretair des Generals Espartero, Oberst-Lieutenant Gur= rea, von London hier ein, Gestern überreichte er der Königin ein Schreiben Espartero?s, in welhem dieser General ihr seine Erkennt-= lichfeit für die auf ihn gefallene Ernenuung zum Senator ausdrückte und zugleich erklärte, daß er bereit sei, sie auf dem Schlachtfelde wie im Senate gegen ihre Feinde zu vertheidigen.

Die Angabe, daß die Minister den Herzog de la Vitoria hât- ten einladen lassen, für jezt niht nah Spanien zu kommen, ist völlig unbegründet, Der Herzog hat seine Reise nah der Halbinsel nur deshalb verschoben, weil er zuvor das Eintreffen der Königin von England abzuwarten wünscht, um sih in Person von ihr zu verab= chieden, Da die französische Botschaft in London sich geweigert hat, seine und seiner Gemahlin Pässe nah Fraukreich zu visiren, so beab= sichtigt der Herzog, sich in England nah Coruña einzuschiffen und in Logroño, der Heimat seiner Gemahlin, so lange zu verweilen, bis die Eröffnung der Cortes ihn nach Madrid rufen werde.

Die Zusammeuberufung oder die Auflösung der dermaligen Cor- tes is die große Frage, von deren Entscheidung die nächste Gestal= tung der hiesigen Verhältnisse abhängt. Noch haben die Minister diese Frage nicht gelöst. Sie lassen sie vielmehr wie das Schwert des Damokles über den Häuptern der Ultramoderirten {web:n. Be- ruft die Regierung die Cortes, so wie sie bestehen, noch einmal zu= sammen, so wird diese Partei, die in ihnen das Uebergewicht hat, entweder die Minister zum Rücktritt oder zur Auflösung des Kon- gresses zwingen. Erklärt dagegen die Regierung diesen, ohne ihn einzuberufen, für aufgelöst und ordnet neue Wahlen an, \o werden, allem Anschein nach, die Progressisten die Majorität ausmachen, eine Modification des Ministeriums iu ihrem Sinne he:beiführen und die= jenigen polittshen Maßregeln , deren das Land am dringendsten be- darf, durchzuseßen suchen, Es läßt sih kaum bezweifeln , daß die Minister Salamanca , Cortazar und Escosura im Kabinet auf die so= fortige Auflösung des Kongresses angetragen haben, aber eben so gewiß scheint cs zu sein, daß die übrigen vier Minister sich dieser Maßregel bis jeßt widerschen. i

Nachdem der General Narvaez das Unternehmen, Herrn Salg-= manca gewaltsam aus seiner Stellung zu verdrängen, an einem hü= heren Einflusse scheitern sah und Zeit gewann , die Kräfte dex ver= schiedenen Ciemente, voy denen die Wirksamkeit der Hof- und Staats- maschine bedingt wird, mit Ruhe gegen einander abzuwägen, scheint er die Ueberzeugung wiedererlangt zu haben, daß die Hand des Herrn Salamanca durchaus uicht zurückzuweisen sei. Er drückte ihm die- selbe vorgestern in seiner Loge nah einer langen Unterhaltung mit auffallender Herzlichkeit, zu nicht geringem Befremden der anwesenten Ultramoderirten und Progressisten. Gestern stellte sih der General Narvaez sogar, ohne eingeladen zu sein, an der Täfel eines der am meisten verrufenen, aber zuglei einflußreihsten Günstlings des Palastes ein, bci dem gerade die Minister Salamanca, Cortazar und Eseosura versammelt waren. Die geringsten Handlungen eines so hervorragenden Mannes, wie der General Narvaez ist, wer- den natürlich scharf überwacht, und man zieht oft die abenteuerlich-

en Fol 3 i Di ‘ichte r , sten Folgerungen aus ihnen. Die Gerüchte von einer obs{chwebende ministeriellen Krisis haben id leid er R a englishé Gesanble A i sid) Jog as erneuert, zumal, da auch der plöglich N bier T sten sih aufs Laud begeben hatte, heute

r «(f M 4 , - Französische Blätter, namentlich die Presse,

deux Moudes, fahren fort, die Revue de

; die Herren Salamanca, Ventura de Mer 2 Sul, Cordova u, A. als elende Abenteurer fen Vielleicht j mit zahllosen Schimpfwörtern zu überhäu- nee Schl 9 L veiß man in Paris nicht hiulänglich, wen s äge treffen. Hier in Madrid is es kein Geheinmiß, namentlich die Herren Salamanca, Vega Buschenthal ihre ge- sellschaftliche Stellung durchaus dem französischeu Botschafter Gralen Bresson, verdanken, der, als er seinen hiesigen Posten Gear E vertrautesten Verhältnisse mit ihuen anknüpfte und sie täglich “s \ fu Tafel zog. Späterhin ward dieses Band freilich eas loderer ‘ins dessen wurde Herr Vega noch bei Gelegenheit der Doppelheirath zum

1915

Groß-Offizier der Ehren-Legion ernauunt. Ganz Madrid war Zeuge, daß A A ‘Abreise des Grafen Bressou die Herren Salamanca e Vega von dem Herzoge von Glücfsberg auf das zuvorkommendste aufgesuht und in den ausgewählten Kreis seiner Gesellschaft gezogen wurden.

Der englische Gesandte bemerkte, als er leßthin durch eine der Hauptstraßen Madrids fuhr, den Ex-Minister, Herrn Mon. Sogleich Herließ er seinen Wagen und hielt Herrn Mon cuf der Straße mit der Frage an, ob er in ihm den Urheber der Shmäh - Artifel des Faro zu schen habe. Da Herr Mon, in Verlegenheit geseht, dies zu verneinen suhte, so erwiecerte der Gesandte, es freue ihn, der Unannehmlichkeit, ihn einen Verleumder nennen zu müssen, enthoben zu sein.

ihrer Offiziere, welche von den Einwohnern Geld erpreßt hatten, standrechtlich erschießen lassen. Die moderirten Blätter äußern ihr Bedauern über diese „Maunszucht“/, Die wenigen Karlisten, welche an der Gränze von Biscaya aufgetreten waren, haben die Waffen niedergelegt. Die Minister hatten sogleih durch den Telegraphen den Befe dorthin geschickt, sie uicht, wie bisher gewöhnlich, erschießen zu assen.

Der Herzog von Sessa befíudet sih mit seiner Gemahlin, der Tochter des Jufanten Don Francisco de Paula, seit §8 Tagcu wie=- der hier.

Gerichts-Berhandlungen wegen der poluischen Verschivörung.

Berlin, 2. Oft. Ju der heutigen Verhandlung wurde zunächst der Angeklagte Franz Kobylinski vernommen. Derselbe ist 20 Jahre alt und war Primaner auf dem Gymnasium zu Culm. Schon im Oktober 1845 durch Joscph vou Czarnowski im Allgemeinen von der Existenz ciner Verschwörung unterrichtet, wurde er im November durch Scvoerin vou Clzanowski uäher in die Pläne der Verschworenen ein- geweiht und förmlich in die Verbindung aufgenommen, Auf Czar= nowsfi’s und Elzanowski's Antrieb suchte er in der Umgegend von Thorn und von Schweß- mehrere Personen für den Aufstand zu wer= ben und erstatiete auch am 20, Dezember 1845 dem Elzanowski Be- richt über seine Thätigkeit.

Bei seiner Vernehmung stellt der Angeklagte jede Theilnahme an einer gegen Preußen gerichteten Verschwörung in Abrede, und wollte nur durch Elzanowski von Vorbereitungen zu einem Aufstande für das russische Polen gehört haben. Für diesen Aufstaud habe er seine thätige Beihülfe zugesagt, habe aber keine anderen Personen für denselben angeworben. Herr Michels, als Stellvertreter des Staats= anwalts, beruft sih hauptsächlih auf die Ergebnisse der Voruntersu- chung und trägt auf die Strzfe des Hochverraths an. Der Verthei- diger, Justiz-Kommissarius Gall, appellirt an die Nachsicht der Rich- ter mit der jugendlichen Unbesonnenheit des Angeklagten, und sucht dann zu erweisen, daß die Thätigkeit, welche sein Klient leichtsinniger Weise für den Aufstand entwickelt habe, nicht unter den Begriff eines hochverrätherishen Unternehmens fallen könne, und trägt \{chließlich auf dessen Freisprechung an.

Hierauf erfolgt die Vernehmung des Angeklagten Nepomucen von Tomicki. Derselbe is 21 Jahr alt und war ebenfalls Primaner auf dem Gymnasium zu Kulm. Durch Kobylinsfki erfuhr er im November 1845 von der Existenz der Verschwörung, welcher: er sowohl hier als später in Elzanowski?s Gec, ‘inärt ausdrücklich beitrat. Um die Ge- sinnungen der Polen in Graudenz zu erforschen, machte er eine Reise dorthin und trat daselbst mit Zakrocki und anderen Individuen pol- nischer Abkunft in Verbindung. Sodann wurde er durch Elzanowski zum Gemeinde - Vorsteher für Schweb bestellt, machte außerdem in dessen Auftrage eine Reise nach Kbunigsberg, um den Studenten Tro- janowsfi herbeizuholen. Endlich hat er nah seiner Rückkehr aus Königsberg mehrere Personen in der Gegend vou Schweß uud Ko= ronowo für den Aufstand zu werben gesucht. i 1

Bei seiner Vernehmung widerruft der Angeklagte scine früheren Geständnisse und will nur von einem Aufstande für das Königreich Polen erfahren haben. Herr Michels gründet die Anklage auf die umfassenden Geständnisse des Angeklagten, so wie Elzanowski's und Kobylinski's, in der Voruntersuchung und trägt auf die Strafe wegen Hochverraths an, Der Vertheidiger, Justiz-Kommissarius Gall, sucht auch hier den jugendlichen Leichtsinn seines Klienten als Milderungs= grund geltend zu machen und appellirt an die Nachsicht der Richter in Betreff der Verirrungen der Jugend.

Demnächst wird der Angeklagte Michael Felix Zakrocki vorgeru- fen. Derselbe ist 43 Jahre alt und Kaufmann zu Graudenz. Er wird beschuldigt, durch Tomicki und Elzanowski Mittheilungen über die Verschwörung erhalten und sich durch Aeußerungen über die Wie- derherstellung Polens verdächtig gemacht zu haben.

Bei seiner Vernehmung leugnet der Angeklagte jede Wisseuschaft von einer Vershwörung, und da auch Elzanowski und Tomicki ihre früheren Angaben zurücknehmen, so verzichtet die Staats-Anwaltschaft auf cinen Straf =- Antrag. Der Vertheidiger, Herr Cremniß, trägt auf Freisprehung an.

Demnächst wird der Angeklagte Medardus von Borowsfki vor= gerufen. Derselbe is 34 Jahre alt und war Wirthschafter bei dem Gutsbesißer Nepomucen von Sadowski auf Slupy. Dieser nauute ihm den Elzanowski als einen bereits aufgenommenen Verschworenen, und Elzanowséki bestellte den Angeklagten zum Kommissarius für den graudenzer Bezirk. Bei seiner heutigen Vernehmung leugnete der Augeklagte jede Theiluahme an der Verschwörung, Elzanowski als Zeuge vorgcerufen, sagt aus: Er habe diesen Borowsfi keine Auf= träge ertheilt und ihn nicht zum Kommissarius bestellt, Herr Michels als Stellvertreter des Staats-Anwalts beruft sih auf die Angabe in der Voruntersuchung und trägt auf Bestrafung anm. Der Justiz- Kommissarius Deyks als Vertheidiger beantragt die Freisprehung des Angeklagten, indem er darzuthun bemüht 1st, daß gegen densel= ben kein Beweis einer Betheiligung an einem hochverrätherischen Unternehmen geführt sei.

Hierauf wird zur Vernehmung des Angeklagten Alexauder Szyszylowicz geschritten. Derselbe ist 26 Jahr alt und aus dem Königreich Polen gebürtig, von wo er 1m Oktober 1843 uach Preu=- ßen übertrat. Seit Januar 1845 studirte er in Königsberg Medizin, und erfuhr hier von mehreren Landleuten tie Existenz der Verschwö-= rung zur Befreiung Polens. Als im Februar 1846 Theophil Mazdzynski auf einer Reise uach Litthauen durch Königsberg kam und den Angeklagten mit dem Zwelle sciner Reise bekannt machte, beschloß dieser, den Magdzynski nach Litthauen zu begleiten, um dort für den Ausstand zu wirken. Am 18. Februar begab sich Szyszy- lowicz unter falshem Namen nach Tilsit, und von dort zu Magd- zynski nah Memel, wo Beide den Gang der Ereignisse abzuwarten beschlossen. Der Angeklagte war damit beschäftigt, die Proclama= tionen und Justructionen abzuschreiben, als ein Brief der Dr. Renier aus “Wilna einging, welcher die Erregung eines Aufstandes in Lit- thauen als unausführbar darstellte. Magdzynski entferute sich nun- mehr aus Memel und überließ seine Papiere und Karten dem An= geklagten, welcher am 21. März verhaftet wurde. Das Plaidoyer wurde auf die nächste Sißung verschoben, und der Präsident kündigte

Die Chefs der bewaffneten Karlisten in Catalonien haben zwei |

an, daß die amtlihen Mittheilungen in Betreff der Sache des An= geflagten Szelyski eingegangen fien, so daß die betreffende Ver= handlung wieder aufgenommen werdeu köune. Die Aktenstücke wurden verlesen, darauf ergriff Herr Grothe als Stellvertreter des Staats-Anwalts das Wort uud beharrte bci dem Strafautrag ge= gen Szelyski. Der Justiz-Komnissarius Furbah su1chte nach wie vor die Zeugen - Aussagen als gänzlich unglaubwürdig darzustellen und trug auf Freisprechung an. Hiermit {loß die heutige Verhandlung um 1 Uhr.

Hondels- und Börsen - Nachrichten.

Berlin, 2. Oft. Nachdem wir in der vorigen Woche den Actien- Markt in einer günstigen Stimmung verlassen hatten und sämmtliche Course im Steigen waren, gewann dos Geschäft besonders bis zum Abrechnungs- tag ciuen guten Anstrich, da sih für cinige Actien - Gattungen verschiedene erste Käufer einstellten. Das Steigen der Rente in Paris, in Verbindung mit besseren Nachrichten und Coursen aus London, so wie von allen übri- geu Pläzen, war für unsere Börse um so einflußreicher, als sih für die Liquidation Mangel an Stücen bemerkbar machte und die Contremine mit besseren Coursen thre Verschlüsse decken mußte.

Leider hat gesteru, wie {hon so häufig, die wiener Börse neue Veran- lassung gegeben, eine Reaction bei uns herbeizuführen. Es traten bedeu- tende und in der Regel mit den wiener Börsen - Verhältnissen gut unterrich- tete Käufer als starke Verkäufer für alle Actien- Gattungen auf, und wenn auch für den Tag die Veranlassung nicht bekannt wurde, so errieth man sofort und konnte mit Bestimmtheit annehmen, daß die für unsere und viele Börsen leider unheilvolle Finauz-Maßregel der Kreditkasse in Wien irgend- wie eine neue Störung erlitten haben mußte.

Dies bestätigte sh nun heute durch die offizielle Bekanntmachung der österrcichishen Regierung, demgemäß die Wirksamkeit der Kreditkasse plôÿ- lih aufgehört hat. Diefe Nachricht hat an der wiener Börse einen o mächtigen Eindruck gemacht, daß die Bahn - Actien fast um 10 % gewichen sind. eine Reaction, die um so auffallender erscheint, als die Kreditkasse vou den drei Bahnen, welche sie seither kaufte, und welche ein Kapital von circa 40 Millionen Gulden repräsentiren, bereits 5 eingelöst hat und nur noch ck ín den Händen der Besiver geblieben sind. Wenn wir bedenken, daß unsere inländ. industriellen Effekten einen Werth von 130 Millionen und nach den erfolgten Voll - Einzahlungen von beinahe 150 Millionen Thalern repräsentiren und die Actien noch cinen der Rente angec- messcnen Cours haben, \o fann unsere Börse doch immer noch stolz ihr Haupt erheben. Es befremdet uns daher nicht wenig, daß unsere Actien - Course mit den Schwankungen der wiener Börse gleichen Schritt halten. Glücklicherweise is unser Plaß so wenig bei den österreichischen Finanz-Ereignissen betheiligt, daß wir mit Recht das Sinken unserer Effek- ten für vorübergehend halten müssen, Heute zeigte sich auch bereits eine Neigung zum Steigen der Course, indeß zirkulirten abermals Nachrichten über Hamburg von London von dem Ausbruch verschiedener Falliten eini- ger ersten englischen Häuser, wodurch die Stimmung flau wurde und die Course sich nur mühsam halten konnten. Da die dirckte englische Post übrigens am Schluß der heutigen Börse nicht eingetroffcn war, so bedürfen diese Nachrichten noch der näheren Bestätigung. ) :

Die Umsätze in unseren Eisenbahn - Actien waren , wie es stets bei \o ansehnlichen Schwankungen der Fall is, sehr bedeutend, betrafen aber auch diesmal wieder fast ausschließlich Köln-Minden, die, bereits bis 967 % ge- stiegen, heute nicht über 943 % fommen fonnten. Andere Actien sind eben- falls gewichen, es ging darin aber nur wenig um. Berlin - Anhalter Litt, A., bis 116 % bez., bleiben 115%. Lin. 13 106% schließen 1055 %. Ber- lin- Stettiner von 112% bis 111 % gewichen. Berlin - Hamb. bis 1035 % gemacht, blieben heute 101% Brf. Rhein. Actien hatten sich bis 84 % geho- ben, sind heute 2 81% verk., blieben aber a 82 % ges. Kiel-Altona 110; % bez., waren 1094 % offerirt. Niederschlesisch-Märkische von 89 bis 88 bez., 88 % bez. u, Geld. Für Oberschl, A. ist 106 % geboten. Sachsen-Bavern 87 u. 87% bez. Krakau-Oberschl. 774 bis 75 bez. Potsdam-Magdeb. von 933; bis 92% gewichen, Halle-Thüringer 92% u, 92 % bez. u. Brf. Jn den übrigen Actien-Gattungen und namentlich in Quittungsbogen ist wenig Geschäft, daher deren Course auch unverändert, aber matt blieben, Friedr,- Wilh.-Nordbahn und Metlenburger machen hiervon cine Ausnahme z erstere wichen von 692 bis 682 % und leßtere von 627 bis 58 %, wozu heute Brief blieb.

Auch unsere inl. Fonds-Course haben sich etwas gedrückt ; preuß. Staats= chuldscheine bis 915%; Prämienscheine hingegen bleiben a 897 gesucht. E Bank-Antheile bis 1054 % bereits bezahlt, wurden heute a 104 % verkauft,

Von Wechseln blieben fast alle Devisen in guter Fragez insbesondere war Hamburg in beiden Sichten zu erhöhter Notirung gesuchtz eben so Paris Geld ohne Brief, Petersburg um { % gestiegen, Das Geschäft war ziemlich belebt und würde bedeutender gewesen sein, wenn sich mehr Abgeber gezeigt hätten.

Königsberg, 30. Sept, Marktbericht, Zufuhr gering. Weizen 72 86 Sgr. pr. Schfl.; Roggen 48 56 Sgr, pr. Schfl. z große Gerste 42—49 Sar. pr. Schfl.z kleine Gerste 36—48 Sgr. pr. Schfl. Hafer 21— 26 Sgr. pr, Schfl.; graue Erbsen 80 95 Sgr, pr. Schfl,

Stettin, 1. Okt, Heringe. Neuer schott, Fullbrand hat während dieser Woche, nachdem wieder mehrere Zufuhren davon cingetroffen waren und Jnhaber si geneigt zeigten, cin wenig im Preise nahzugeben, ansehn- lien Abgang gefunden. Man kaufte zu 84 Nthlr, und bei mehreren star- fen Posten von znsammen ca. 3000 To. zu 8,—8 Rthlr. unverst,, wogegen aber jeßt wieder auf 84 a 85 Rthlr. unverst. gehalten wird. Verkäufer behalten im Allgemeinen ziemlich Vertrauen, gestügt auf den Umstand, daß im Ganzen mit dem, was jeßt noch von Schottland abgeladen wird, nicht mehr als ca, 42,000 To. zu erwarten sind, während im vorigen Jahre um diese Zeit bereits 76,000 To. hier angekommen waren. Schott. Jhlen, wo- von bis jetzt ca. 1000 To. eingetroffen, sind zu 7 Rthlr, unversteuert zuleßt verkauft worden. Von norweg. Vaar- sind dnrch Ankauf auf der kopenha- gener Rhede fünf Ladungen Stavanger herbeigezogen worden. Man ver- langt dafür 54 Nthlr, unverst, baar Geld ex Schif, was bis jeßt nicht zu erreichen war. Aus zweiter Hand und aus dem Lager isst unter 55 Nthlr, unverst. nicht wohl zu kaufen. Kleiner Vaar- oder Frühlings - Hering, wo- von nichts angekommen, bedang 55 Nthlr. unverst. aus dem Lager. Von norweg. Fetthering sind wieder ein paar Ladungen eingetroffen, dic bald zum Verkauf kommen werden. Da unsere Heringshändler sehr wenig da- mit versorgt sind, vermuthet man, daß solche nicht wohl billiger, als die jüngst vorher verkauften, abgehen werden. Küsten - Hering unverändert, Neue maßgebende Nachrichten über den Herbstfang an der Küste fehlen noch.

¡A allen sonstigen Waaren is es in diejer Woche ziemlich still ge- blicben.

Fettwaaren. Nüböl behauptet sich fortwährend nur schwach, auf Lieferung p. Sept (Oft. zu 11/72 Rthlr. zuleßt gekauft und zu 11% bis 117, Rthlr. noch zu haben, in loco dagegen noch auf 112 Nthlr. gehalten, p. Okt. /Nov. 11% Rthlr. zuleßt bezahlt, p. Jan. /Febr. 115 Nthlr. Br. Leinöl zu 11 bis 10% Rthlr. erlassen, zu 10% bis ?; Rthlr. gekauft. Palm- ôl in loco wenig zu haben, 1352 Rthlr. zuleyt bezahlt, auf Licferung da- gegen zu 137 Nthlr. noch zu haben. Cocusnußöl geräumt, Baumöl noch immer fest. Gallipoly auf 17 Rihlr. unverst, gehalten, 165; Nthlr. unverst. bezahlt, Malaga 16% Rihlr. unverst. bezahlt. Thran, Südsee 95 Nthlr, bezahlt, dazu aber noch zu haben. Berger braun Lebex bedang 19 Rthlr. Berger blanker geräumt. 2 z

Alkalien. Pottasche, fasansche auf 10 Nthlr. gehalten, auf E 9; Rthlr. bezahlt. Amerikan. Steinasche auf 115 Nthlr. ge alten. E, unverändert, calcionirte 4% a 5 Rthlr,, krystallisirte 24 a 34 Réthlr, unver

Kaffee und Gewürze ohne Umgang und unverändert.

Zudcker, raffinirter, unverändert. | Pt,

Se gane kölner 92 bis 4 Rthlr., hiesiger Siederei 95 a 4 Nthlr, zu haben. j b Für eine Partie Reis matter und zu leßten Notirungen U haben. j gering Bengal wurde vor kurzem noch 7 Rthlr, geboten, wozu jeßt zu

S t r d p ohne Umgang, Preise unverändert wie leytgemeldet.