1847 / 278 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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Zei res fam Michael von Skomczewsfi dert eise unh reen des pioBerbindung mit den Posen af rge : ch Königsberg. Ale ; E Vergnon Is, Pa Liread er selbst, um feinen E zu e ieser Reise eine ebenfalls auf cinige Zeit verließ. M va e „Königsberg 1846 tam Theophil Magdzynski nah Königsberg, Hälfte des Februar Auftrage, den Aufstand in russis Litthauen ¿u und zwar mit Ny diesem verschaffte Niesiolswski einen Paß, ees organisiren: b S Geld erhalten haben würde, sich nah Posen Ie- er selbst, soa m dort beim Ausbruche des Aufstandes thätig zu sein. geben son am 21. Februar erhielt er Stadt - Arrest, und am 21. e et. ; j ; M E. E as stellt der Angeklagte die meisten ihn ar Thatsachen in Abrede ; er habe nur eine ganz allgemeine

gravireen der Vershwörung gehabt und. sei durch Niemanden in

O Pläne derselben eingeweiht worden. Auch habe er selbst

z ‘e Absicht gehabt, selbst thätig an dem Aufstande Theil Feineóweged E wet pa ffen f aamdetae ehn Geständnisse abgelcgt qu. nehmen, laßt worden, weil man ihm die Ge- habe, so sei er dadur veranlayt worden, w it diesen habe in ständnisse Anderer mitgetheilt habe, und weil er mit diesen habe Uebereinstimmung bleiben wollen, :

Hierauf wird Michael von Skomozewski zur Vernehmung vor-

gerufen. Derselbe ist 28 Jahre alt und im Königreiche Polen ge- boren. Nach vollendeter Gymnasialbildung arbeitete er als Applikaut beim Civil- Tribunal zu Kalisch, bis er im Jahre 1840 nah dem Großherzogthum Posen übertrat. Hierauf studirte er, von 1841 bis 1844, zuerst in Breslau, dann in Berlin Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften. Schon früh wurde er mit den Schriften des demokratischen Vereins bekannt und Mitglicd der zur Wie- derherstellung eines selbstständigen polnischen Reichs gestifteten Ver- bindung. Als solcher war er bei der Aufnahme Apollonius von Ku- rowsfi's durch Nepomucen von Skupecki als Zeuge gegenwärtig, und mit Nepomucen von Sadowski, Kosinski, Elzanowski, Dembowsfi und Graf Wiesiolowski stand er in Verbindung. Der Angeklagte war hauptsächlich bestimmt, in Russisch-Litthauen die Vershwörung vorzu- bereiten. Zu dem Ende hatte er bereits 1842 zu Königsberg unter dem Namen eines berliner Studenten Strohhalm (der ungefähren Ueberseßung des Namens Skomczewsfi) mit dem im Gouvernement Augustowo ansassigen Onuphrius von Skarzynski Verbindungen an= geknüpft, welcher dann auch den Dr. Renier zu Wilna für die Ver- s{hwörung gewann. Jm Mai 1845 ging Skomczewsfi auf längere Zeit nah Königsberg und verkehrte namentli mit Niesiolowsfi, Trojanowski und Szyszylowicz. Jm November verließ er, von Dembowski nach- Posen berufen, Königsberg und versprach seinen Freunden, ihnen Mittheilungen zu machen, sobald er im Großherzog- thum Posen etwas Näheres über die Revolution erfahren würde, Jn Posen nahm er an den Berathungen zur Wahl des neuen posener Comité?s Theil, wurde selbs vorgeschlagen und nach Organisirung des neuen Comités mit Liebelt dazu bestimmt, die Proclamationen, so wie das Manifest an die europäischen Völker und den Organisa- tionsplan für die revolutionaire Regierung, auszuarbeiten. Jm Auf- trage Heltmann's sollte er sodann sih nach Litthauen begeben, um über den dortigen Stand der Dinge Erkundigungen einzuziehen. Diese Reise führte er, mit dem durch Niesiolowski verschaMten Paß versehen, aus und stattete, nah Posen zurückgekehrt, Mieroslawsfi über das Resultat seiner Sendung Bericht ab, in Folge dessen wice=- derum Magdzynski nach Lithauen abgeschickt wurde. Skomczewöki selbst fuhr, offenbar auch in Angelegenheiten der Verschwörung, am 14. Februar nach Berlin, trat jedoch noch am Tage seiner Ankuunst die Rücreise au und wurde auf der vorleßten Station von Posen, zu Pinne, verhaftet.

Bei seiner Vernehmung stellt der Angeklagte, in Uebereinstim= mung mit den in der Voruntersuchung von ihm gemachten Aussagen, jede Wissenschaft von der Vershwörung, so wie jede Theilnahme an derselben, entschieden in Abrede. Elzanowski, zum Zeugen vorgeru= fen, will nunmehr in seinen früheren Bezüchtigungen einen anderen Skomczewski gemeint haben. Jn Königsberg, bemerkt der Ange-= klagte, sei er gewesen, habe daselbst auch mit Niesiolowski und An- deren verkehrt; aber Mittheilungen habe er denselben nicht versprochen. An den Berathungen des posener Comités habe er keinen Antheil genommen. Einen Paß habe er vou Niesiolowski gefordert, aber nicht für ih, er selbst habe die Reise nach Litthauen nicht gemacht, Mieroslawsfi habe er keinen Bericht abgestattet. Nach Berlin sei er nur deshalb gereist, um seine Exmatriculation zu besorgen.

Hierauf begründet der Ober-Appellationsgerichts-Rath Michels, als Stellvertreter des Staatsauwalts, deu Strafantrag gegen die Angeklagten Szyszylowicz, Niesiolowski und Sklomczewski. Derselbe sucht nachzuweisen, daß alle drei Angeklagte Kenntniß von der Ver= s{chwörung gehabt und in der einen oder der anderen Weise thätig für dieselbe gewirkt haben. /

Die Gewißheit dessen ergebe sih troß des Widerrufs der bei- den ersteren und troß des Leugnens des leßten Angeklagten, wenn man die in der Anklage enthalteuen Angaben unbefangen zusammen- stelle und. beurtheile. Er beantragt daher gegen alle drei Angeklag- ten die Anwendung der geseßlichen Strafbestimmungen wegen Hoch= verraths. E

Hierauf ergreift der Justizkommissarius Furbach für den Ange- klagten Szyszylowicz das Wort, Die Mittheilungen, welhe dem An- geklagten über die Verschwörung gemacht worden, bemerkt derselbe im Wesentlichen, seien feine genügende Veranlassung dafür gewesen, daß derselbe der Behörde cine Anzeige hätte macen sollen, um so weni- ger, als er kein preußischer Unterthan gewesen, Auch in dem, was derselbe für die Vershwörung gewirkt haben solle, liege nichts, was die Anklage auf Hochverrath rechtfertige. Außerdem frage es sich sehr , ob im §. 92 unter dem Begriff des Hochverraths zugleich die

[4 î e x Verleßung des Ländergebiets benen sei, durh welhe Annahme al- lein die Staats - Anwaltschaft die Anklage wegen Hochverraths zu stüßen suche. Er wolle daher mit einigen Worten auf den leßten vord dier Rae d oie antworten, n diesem Vortrag sei zuerst auseinander

Bedeutung das Wort Verfassung denn e ei ‘Sébauina dieses Wortes handle es sich nicht haben könne. Sodann Fs auseinandergeseßt worden, wie das Wort Verfassung zuweilen f Norm, zuweilen den dur völkerrehtliche Bestimmungen gebildeten Zustand bezeihne. Dies sei richtig. Aber daraus , daß das Wort

romiscue gebraucht werde, dürfe man nicht den Schluß ziehen, daß im §. 92 das Wort die Bedeutung von Zustand habe. Sodann habe die Staats = Anwaltschaft zu zeigen versucht, daß das Wort Ver=« fassung in mehreren Stellen nur in der Bedeutung von Zustand gebrauht sei; denn nur etwas Reales, ein Zustand, nicht etwas Zdeales, eine Norm, lasse sich umwälzen, und das Wort umwälzen fiude sich eben in dem §. 92. Die Richtigkeit dieser De- duction könne er nicht zugeben: der i habe sich eines Bil= des bedient, und dieses Bild könne eben sowohl auf eine Norm, als auf einen Zustand anwendbar sein. Weiter aber bemerke nun die Staats-Anwaltschaft : nur das Eingreifen in Zustände, nicht das Ein= greifen -in Normen sei strafbar. Jhm scheine Beides auf Eins hin- auszukommenz denu wer einen Diebstahl begehe, verleße sowohl das Strafgeseß, als den Rechtszustand. Endlich habe die Staats - An-

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auf / §. 92 unter dem Wort Verfassung âuh die Norm verstanden werde.

Dies stehe aber mitder Behauptung in Widerspruch, daß das Wort umwälzen sich niht auf eine Norm, sondern ‘nur auf einen Zustand ‘beziehen fönne. - Und wenn die Staats -Anwaltschaft zulegt sih auf einige juristishe Autoritäten beziehe, so ließen sich aus diesen eben sowohl Beweise für die Widerlegung ihrer Ansichten hernehmen. Jn Wirklichkeit befinde sih_ eine Lücke im Geseß, und um dies nahzu- weisen, müsse man auf die Geschichte der Entstehung des §. 92 zu=- rückgehen. Jm vorliegenden Falle sei der Begriff des Hochverraths nicht als vorhanden anzunehmen, und er wider'ebße sih dem bezüg- lichen Antrage der Staats-Anwaltschaft.

Zuletzt spricht der Auditeur Voß für den Angeklagten Niesio= lowskfi. Da die Staats - Anwaltschaft nur zwei Punkte, die Zusam- menküift mit Magdzynski und Elzanowsfi aufreht erhalten habe, so könne auch er die übrigen Punkte der Anklage übergehen. Er seines Theils habe nun die Ueberzeugung, daß die frühere Bezüchtigung Elzanowski's fals gewesen, und erwiesen sei nicht, daß Magdzynski seinem Klienten so ausführlihe Angaben geniacht habe, wie in der Anklage angegeben sei. Er trage deshalb auf Freisprehung scines Klienten an.

Schluß der Sizung 2 Uhr.

Handels - und Börsen - achrichten. Berlin, den 6. Oktober 1847.

Inländische Fonds: Pfandbnæfs-, Kommunal - Papiere und Geld - Course.

Zf.| Brief. | Geld. |Gem. |\Zf.] Brief. | Geld. |Gem. St. Schuld-Sch. |35| 92% | 91% Kur- o.Nwm.Pfdbr. 34| 94% | 94“ Seeh. Präzn. Sch. |—| 89? Schblesiscbe do. |35| —— K.n. Nm. Schuldv. 35 89 ——— do. Lt. B. gar. do. 35| _— Berl. Stadt-Obl. 132 912 | Pr.Bk-Anth.-Sch —(105 | Westpr. Pfandbr. |35! 92% 913 —— Grossh.Tosen do. |4 1017 101% Friedrichsd’'or. |— 13% 13% do. do. |[35| 91 And.Goldm.à9 th.|—}! 12 115 Ostpr. Pfandbr. [35 96% is Disconto. _— 5 4; TFomm. do. 3{| 937 Ausländische Fonds. Rass.Hamb. Cert. |59 | Pola. nene Pfdbr.\4 | 917 | 91 do.beiHope 3.4.8. |5 | -— -— do. Part. 500 F1.4 | 80% | do. do. L. Anl.4 | 925 | do. doe. 300 FL|—| 975 | do.Stieglitz 2.4 A/4 | 92% | Hamb, Feuer-Cas, 35 Gs 855 do.v.Rothsch.Lst. 5 109% tats do.Staats-Pr.Aul.|— 847 e do. Poln. SchatzO. |4 83 | 825 Holländ. 25 %Int. 25) | do, do. Cert. L. A.’ 915 | 94 Knrh.Pr.0. 40Th.|—| 32 | do.do.L.E. 200F1.|— | 16% Sardin. de. 36 Fr.|—| 9; Pol. a. Pfdkr. n.C.'4 | 94% Neue Bad.do35FI.|— 205° _— Eisenbahn - Actien. Volleing. ze.| Zf. Amsí, Rott. 4 | 100 B. O.Schl.Li.B./4 |/99 G Aroh. Utr. 45) Fis. Mgdb. |4 | 905 G Berl. Anb. A.|4 | L153 6. 116 B. do. Pr. 8.14 | 917 6 do. Prior. |4 do. do. |5 | 1005 B Berl. Hamb.|4 | 1015 B Rhein. Stm, |4 | 832 bz do. Prior. |45| 1007 B. do. Prior. |4 Berl. Stett. (4 4 1117 B. 111 6. do. v.St. gar 435) Bonn-Cölu. | PSächs. Bajr.|4 ‘| 875 B. 875 G Bresl. Freib.|4 —— Sag.-Glog. |4 ae do. Prior. |\1 ? {doi Prior.|45| Chem. Risa. 4 | 4 St.-Vobw. |4 | 76 B, Cöln- Mind. |4 | C45 a°X br. ° C 191 ao. -Prbir}5 | 99. B. 985 G Cöth. Bernb. |4 La ‘1 Thüribger. 14 4 915 B. Cr. Ob. Scb.}{ | 76 B. ¿7 {Wbb.(c.0.)/4 | . Dresd. Görl.|/4 101 4 B. do. Prior,.|5 102 6 Düss. Elberf.|4 | 100 B Zarsk. Selo.|— _— do, Prior.|4 | 92 B. T S S Gloggnitz. |4 G ch Hmb.Bergd. |4 Quit.Bog.| Kiel-Alt. 14 | 109; B. a 4 Lpz. Dresd. |4 F % Löb, Zittan.. |4 Aach.Mastr. Ö N Magd. Halb |1 | 113 B Berg. Mrk. |50/ 825 B. Magd. Leipz.|1 A Berl. Anh. B./45| 1057, bz. do. Prior. /1 N, Bexb. Ludw.|70 _— N. Schl. Mk./4 | 873% G. 88% B. Brieg-Neiss.|90| do. Prior.|4 | 93 bz n, B. do. Thär. V.|20 do. Prior. |) 1015 B. Magd. Witt.|30 82% B. do. 111. Ser. |5 995 bz. Mecklenb. |80 Nedb. K. Fd.|1 _— Nordb. F.W.|70| 685 a 3 br O. Schl. Li.A/4 | 1067 bz. Rh. Sit. Pr. |70| 87 G. do. Prior.t4 er Starg. Pos. |50| 827 B. 82 bz. u. G. (Schluss der Börse 3 Uhr.)

Ungeachtet der scblechten londoner Notirungen vom sten d. M. haben sich die Course unserer Actien ziemlich anf ihrem gestrigen ie ap behauptet, weil verschiedene Blanco-Vcrschüsse gedeckt worden sind.

Getraide-Bericht.

Am heutigen Markt waren die Preise wie folgt:

Weizen 72-78 Rthle. Roggen loco nener 44—47; Rtlilr. bez.

- pr. Okt. 455 Bf., 45 Rihlr. G.

- pr. Aprils/Mai k. J. 475 Rihlr. G. Haser 48/52psd..26-—28 Rihlr.

- 48pfd. pr. Frühjahr 27 Rihlr.

-Gerste 42—44 Rihlr.

Rüböl loco. 113%; Rthlr. - - Okt. 11% Rihlr. - Nov./Dez. 115 Rihlr. Spiritus loco- 275 Rihlr. bez. - Frühjahr 245 Rililr, G. Die Preise von Roggen haben héute wieder etwas angezogen. Spiritus, ebensalls p. luco und auf Lieserung, höher bezahlt.

Stettin, 5. Oft. Roggen ziemlich unverändert; neuer in loco

43 a 45 Rthlr., 82pfd. neuer pr. Oltober 437 Rthlr, bezahlt, pr. Frühjahr 45% Rihlr. Gld., 46 Rthlr. Br.

A Spiritus aus erster Hand zur Stelle und aus zweiter Hand 15{—

e bezahlt, pr. Oft, 155% bezahlt und Brief, pr, Frühjahr 16 % be

pat ddl in loco 41 Rihlr, bezahlt; pr. Oktober zu 11! Rihlr, zu

gz: & Breslau, 5, Oft, Weizen weiß 85, 93 bis 98 Sgr. , gelber 7e 90 bis 96 Sgr., ganz erbrochene Waare findet a 76— 81 Sgr. für die A Nehmer. oggen holte 55, 622 bi Sgr. Di derse 12 lte G5, z2 Zis 66 Sgr. Die. Zufuhr war schr klein. aser 25, 264 bis 28 Sgr. Koch-Erbsen (6—68 Sar f 2 Rapps wieder ctwas angenehmer, wegen Mangel an Zufuhr fand r S sehr fleiner Umsas statt, bezahlt wird 89, 94 bis 97 Sgr. z Spiritus loco a 12; Rihlr, bei größeren -Particen, a 123 Rihlr, p ai /Jüni verkauft und 14%; Nihlr, pro Nov. /Dez. /Jan. Geld, S böl ohne Veränderung; ie Zufuhr am heutigen“ Markt war von allen Getraide - Arten sehr

waltschaft angenommen, daß ein Hochverrath dann vorliege, wenn im

mäßig, nah Weizen und Ro 4 gen besteht fortwährend gute Frage für Obcr- schlesien, und die Abfuhr dahin dele qu Wasser, theils per Eisenbahnen,

ist von großer Bedeutung, Wir wissen dies noch nicht vollständig zu er- Dien, 00 scheint aber gewiß, daß die Aerndte dort nicht reichlich ausge- allen ist.

Marseille, 27. Sept. Getraide, Die Zufuhr von Weizen belief sich -während der leßten acht Tage auf ungefähr 120,000 Hekt.; die Frage hat dagegegen etwas nachgelassen, und in Folge dessen sind unsere Preise um ca. 50 C. p. Hekt, gewichen, da die Jmporteurs es eher vorziehen, Zu- Lie ie im Preise zu machen, als zu Boden zu gehen. Zuleyt wurde

Polnischen 123 Kil. 43 Sh, 5 Pce, p. Qr. f. a. B. L M » S 9 » » Marianopel M A » »

. Taganrog i S E » » Unter diesen Preisen ist auch heute niht anzukommen, Von Roggen is die Zufuhr gering und der Preis von 21 Sh. 8 Pce, p, Qr. auf 30 Sh. 4 Pce. E Grachten. Nach England sind cinige nordishe Schiffe zu 25 Sh. und 10% p. Ton Oelkuchen befrachtet worden. ! Me. à

London, 1. Okt, Getraidemarkt. Mit Ausnahme fremden Weizens und Hafers, von denen die Zufuhren bedeutend waren, hatten wir während der Woche nur mäßige Zufuhren von Getraide und Mehl, Heute Morgen zeigte sih eine bessere Nachfrage für Weizen und Mehl in Fässern, und es wurde ein gutes Detail-Geschäst zu den äußersten Montagspreisen gemacht. Jn Gerste, Bohnen und Erbsen, was die Preise anbetrifft, keine Veränderung. Hafer verkauft sich schwer zu den Notirungen. Rog- genmcehl unverändert.

Den Nachrichten vom 13 und 14, Sept. aus Amerika und Kanada zu- folge sind die Vorräthe von Weizen und Mehl dort nicht bedeutend, und da die Gutsbesißer aus dem Junern zu den bestehenden Preisen ihren Er- trag noch nicht verkaufen wollen, so werden die Anfuhren bis zum Schluß der Schifffahrt wahrscheinlich nur klein und die Verschiffung unbedeutend sein. Mehl wurde in New - York notirt 24 Sh. 3 Pce, bis 27 Sh. 4 Pce. pr. Faß; Weizen von gewöhnlicher Qualität für die Verschiffung 4 Sh. 7 Pce. bis 5 Sh. 3 Pce. pr. Bushel von 60 Pfd.z Fracht auf London 2 Sh, a 2 Sb, 6 Pce. pr. Faß Mehl; Getraide 8 Pce. a 9 Pce, pr, Bushel. Die Kartoffelkrankheit war in Ohio und Pennsylvanien erschienen und richtete größere Verwüstungen an, als je zuvor,

Die Zufuhren an heutigem Markte betrugen an englischem Ge- traide: 4340 Qr, Weizen, 2730 Qr. Gerste, 950 Qr. Hafer, 2010 Säcke Mehl; von fremdem Getraide: 25,740 Qr, Weizen, 6910 Qr, Gerste, 40,600 Qr. Hafer.

Die Durchschnittspreise für leßte Woche betrugen: Weizen 53 Sh, 6 Pce, Gerste 31 Sh. 10 Pce. Hafer 23 Sh, Roggen 35 Sh, 2 Pce, Bohnen 42 Sh. 5 T Erbsen 44 Sh. 4 Pce.

Für die legten sechs Wochen: Weizen 55 Sh. 8 Pce, Hafer 25 Sh. Î h Roggen 34 Sh. 1 Pce. Bohnen 48 Sh, 6 Pce, Erbsen 41 Sh,

0 Pce.

Geldmarkt. Die Aussichten des Geldmarkts werden immer trüber. Zwei ostindische Häuser, nämlich Lyvall, Brothers u. Comp. und Samuel Philipps u, Comp., \o wie das Haus der Herren Fry, Griffith u. Comp., haben ihre Zahlungen eingestellt, und an der Börse gehen noch viele Ge- rüchte von anderen Fallissements um, deren Bestätigung man erst abwarten will, um die Namen auszusprechen, - Die Fonds sind wieder niedriger. Consols öffneten heute 857; auf Rechnung wurden verkauft 855 und sind wieder 85% a 854; baar wurde gemacht 855 a 85%, Jn auswärtigen Fonds blieb es unverändert und still; der Actienmarkt war gedrückt.

Answärtige Börsen.

Amsterdam, 2, Okt, MNioderl. wirkl. Sch. 54/7. 4% Hope 88.

Antwerpen, 1. Okt. Zinsl. —,

Augsb urg, 2. Okt. Bayer. 35 % Oblig. 935 Br. Il. Sew. 1847 690 Br. Württ. 35 % Oblig. 88 Br. Darmst. 50 FI. Loose 765 Br. Bad. 50 Fl. Loose v. 1840 59 Br. Loose 36 Br. 35 % 89 Br.

Frankfurt a. M., 4. okt.

5% Span, 14 L

Neue Aul. 147 G.

do. Bank-Actien 47 % 1003. 100. 35 Fi,

5% Met. 104%. Bank-Act. 1932 Br.

Stiegl. 87%. Integr. 547. Polu. 300 Fl. L. 963. do. 500 Fl. 795. Span. 5% —. 3% do. —. Bexb. 897. 89%, Taunus Actien 3474, 347,

ilamburg, 4. Okt. Bank-Actien 1600 Br. Engl. Russ. 1047 Br. Hamb. Berg. Actien 92 Br. Magd. Wittenb. 825 Br. Hamb. Berl. 995. 99, Alt. Kiel 108. 1075. Glückst. Elmsh. 55 Br. Rendsb. Neum. 96 Br. Kopenb. Rothsch, 69 G. Meckl. 57. 564.

Leipzig; 95. Okt. Leipz. Dresdu, Act. 116 Br. Sächbs. Bayer. 88. 875. Süchs,. Schles. 100% Br. Chem. Ries. 964 Br, Löb. Zitt. 54 Br. Mgd. Leipz. 223* Br. Berl. Anh Lt. A. 1165. 116. Li. B. 105; G. Dess. Bank-Act. 100 Fr.

London, L okt. Cous. 3% 84%. 845. Belg. 89. 87. Nene Anl. 195 19. Passive 43. 45. Ausg Sch, 13, 12. 25% Hou. 54.53%. 4% do. 84. 83. Port. 774.754. Engl. Russ. 106. 105. Bras. 80. 78, Chui 58.86, Mex. 19. 184. Peru 30. 28. 7

P ari s, 2, Okt. 5% Rente ún cour. 114. 40. 3% fv cour. do. 75, 25.

Meteorologische Beobachtungen.

1847. Morgens Nachmittags | Abends Nach einmaliger 5. Okt. 6 Ubr. 2 Ukr. 10 Ubr. Beobachtung. Luftdruck... 337,32" Par,/336,26"’' Par 335,43 '"’ Par. |Quellwärme 7,8° R.

Luftwärme « « «.« -+ R. | + C R. | + 5,8? R. |Flusswärme 7,9° B,

Thaupunkt... .| 1,6° R. + 1,2°R.| 4+ 0,0? R, [Bodenwärme S R, Dunstsättigung - 73 pCt, 61 pCt. 62 pt. Ausdünstung0,004''Rh. Wetter... bewölkt, trüb, regnig. NiederschlagO0,061'‘Rb. Wind ......«.- O. 6. O, Wärmewechs1 + 18° Wolkenzug - «- O | -+ 4,4°

Tagesmittel: 336,34" Par... + 50° B... 0,1" R... 65 pCct. 0. ÄÜoniglichye Schauspiele.

Donerstag, 7. Okt. Jm Schauspielhause. 170ste Abonnements= Vorstellung: Zum erstenmale wiederholt: Ein Billet, Original- Schauspiel in 5 Abth., von Ch. Birch-Pfeiffer.

Freitag, 8. Okt, Jm “Opernhause. 4117te Abonnements= Vorstellung: Der reisende Student. Hierauf: Der geprellte Alkade. Anfang halb 7 Uhr.

Zu dieser Vorstellung werden Billets zu den nachstehenden klei nen Opernhaus-Preisen verkauft :

Ein Billet in den Logen des Prosceniums 1 Rthlr. 10 Sgr., ein Billet in den Logen des ersten Ranges,” zum ersten Balkon und zur Tribüne 1 Rthlr.z ein Billet im Parquet. und. im zweiten Range 20 Sgr. z ein Billet in den Logen und im Balkon des dritten Ran= ges, Lo wie im Parterre, 15 Sgr.z ein Billet“ im Amphitheater 74 Sgr., ciu Billet in der Fremdenloge 2 Rthlr.

Im Schauspielhause. Zte französishe Abonnements-Vorstellung : Pour la rentrée de Mad. Delvil, la première représentation de: Don César de Bazan, comédie historique en 5 actes, par MM, Dumanoir et Dennery. Aufang halb 7 Uhr.

Königsstädtisches Theater.

Donnerstag, 7. Oft. Zum erstenmale wiederholt : Der Lum= pensammler von Paris , Drama in 5 Akten , nebst einem Vorspiele (12 Tableaux). Nach dem Französischen des Felix Pyat, von Heinrich Smièidt. Die Musik zur Veränderung der Tableaux und zu den Akt= hlüssen von W. Cläpius. Der Schlußgesang (,„„Bacchanal“‘“) des drit- ten Tableaux, gedichtet von Kalisch, komponirt vom Kapellmeister C. de Barbieri.

Freitag, 8. Oft. Der Graf vou Monte Christo. Dram- \{ches Gemälde in 3 Abtheilungen, nah Alexander Dumas, v. Carlschmidt.

Verantwortlicher Redacteur Dr. 9. W. Zinkeisen. Jm Selbstverlage der Expedition.

Gedrudckt in der Deckerschen Geheimen Ober - Hofbuchdruerei. Beilage

Prag g I S T T m T

Inhalt.

Spanien, Schreiben aus Madrid. (Espartero's Brief an die Königinz die ultramoderirte Parteiz Dekret des Finanz-Ministers; Vermischtes.)

Briefe aus der Schweiz. (Zweiter Brief.)

Eisenbahnen und Damvfschi ee: Turin. Die Verlängerung der Bahn in die Stadt, vfschifffah urí i gerung

Spanicn.

& Madrid, 26. Sept. Jn dem Briefe, welchen der Gene= ral Espartero an die Königin richtete, um ihr für seine Ernennung zum Senator zu danken (s. das gestrige Blatt der Allg. Pr. Zk g.), fordert er sie auf, sich von den Antrieben ihres cdlen Herzens leiten zu lassen und nicht von der Thatkraft abzustehen, welche erhabene Handlungen einflößen. Allerdings, hätte der Regent Espartero sei= ner Königin erlaubt, den Antrieben ihres edlen Herzens zu folgen, so würde ein nun verblichener Maun nicht gewagt haben, ihr un- ter Verwünschungen die Feder zu entreißen, mit welcher sie den Re- genten um die Erhaltung des Lebens eines hochherzigen Mannes an=- flehte. Die Verfügung, durch welhe Espartero stillschweigend aus der Verbannung zurückgerufen und in seine militairishe Würde wie=- der eingeseßt. wurde, ging übrigens niht von dem Herzen der Köni=- gin sie widerseßte sih anfangs sontern von denselben Män- nern aus, die er einst ächtete, und die vielleicht als Opfer seiner unversöhnlichen Gesinnungen zu fallen bestimmt sind. Bezeichnend sind die Schlußworte des Briefes, in denen Espartero sagt, daß an die Erhaltung des Lebens der Königin die der Unabhängigkeit Spa= niens geknüpft wäre.

Die Leidenschaftlichkeit, mit der die ultramoderirte Partei ihrem Verdrusse Luft zu machen sucht, hat nun dazu geführt, ihre angeb= liche Ehrfurcht vor dem Thron in das rechte Licht zu stellen und ihre Wortführer der allgemeinen Verachtung preiszugeben. Der Finanz= Minister Salamanca stellte vor aht Tagen der Königin einen jun= gen Mann, Namens Gandara, vor, der früher Oberst und Adjutant Espartero'’'s war. Wenige Tage darauf erschien im Faro, dem Blatte der Ultramoderirten, folgender Artikel: „So beruhigt sich auch die Freunde des Herrn Salamanca zeigen, so scheint es doch, daß der Banquier-Minister mit jedem Tage in den einflußreihen Re= gionen an Terrain verliert, und es heißt sogar, er habe, in der Be=- sorgniß, die einzige Stühe, die ihn aufreht hält, möchte wegfallen, sich durch Aufstellung eines neuen Einflusses eine neue {hafen wol-= len, was natürlih nur dazu gedient hat, seine Sache zu verschlim- mern.“

Jedermann begriff hier sogleich den eigentlihen Sinn dieser Worte und erkannte, daß die Königin selbs der Gegenstand der gif= tigen Anspielung war. Tag für Tag beshuldigt der Faro die eng- lischen Blätter, sich zum Wiederhall Aidlofer Verleumdungen der Königin Zsabella zu mahen. Um so weniger darf man es wohl dem Obersten Gandara, der auf höchst anstößige Weise bloßgestellt war, verdenken, daß er die Redaktoren des Faro, welche als Un- terthanen der Königin nicht Anstand genommen hatten, die ihr schul= dige Achtung auf das {hmählihste zu verleßen, zur Rede stellte und von ihnen Genugthuung verlangte. Auf ritterlihe Weise diese ihm zu ertheilen, ließ der Verfasser des Artikels sich nicht bereit finden, jedo verstaud er sih dazu, in sehr demüthigenden Ausdrücken in einer der leßten Nummern des Faro den Jnhalt des oben mitge- theilten Artikels, ohne sich zu nennen, zurüzunehmen. Sobald diese Crklärung erschienen war, zeigten einige achtbare Personen öffeutlich an, daß sie nicht länger an dem Faro mitarbeiten würden, und droh= ten den Eigenthümern des Blattes mit Herausforderungen, falls sie niht den Namen des Verfassers des besprochenen Artikels öffentlich enthüllten, Auch zu dieser Demüthigung haben die bekannten Per= sonen, welche früherhin den Staat, jeyt den Faro leiten, sih ver= standen. Herr Coello, einer der vertrauteren Freunde des Generals Narvaez, bekennt sich heute als Verfasser des Schmäh - Artikels und fündigt zugleich an, daß er von der Redaction des Faro entfernt worden wäre.

Der Finanz - Minister hat ein Dekret erlassen, in welchem die Bestimmungen der Verfügung vom 11. Juni d. J. über die Fonds, welche zur Zahlung der Zinsen der in- und ausländischen Z3prozenti= gen Staatsschuld verwendet werden sollen, erneuert werden. Der Ar- tifel 2 sept fest, daß die dirigirende Junta der Staatsschuld mit der San Fernandobank den Entwurf eines Kontraktes verabreden solle, vermöge dessen diese sih verpflihte, während eines Zeitraumes von zehn Jahren je am 30. Juni und am 30. Dezember den Betrag der halbjährlichen Zinsen nah dem von den Cortes genehmigten Budget zur Verfügung der Direction der Staatsschuld zu stellen. Dieser mit der Bank zu verabredende Kontrakt soll, sobald er die Königlihe Ge= nehmigung erhalten haben wird, zur allgemeinen Kenntniß gebracht werden. Außerdem kündigt der Finanz-Minister an, er hose der Kö= nigin nächstens den Plan einer allgemeinen Regulirung der Staats=- \huld vorlegen zu fönnen.

Die neue von dem Finanz - Minister getroffene Verfügung, kraft welcher die Zolllinien an die Gränzen und Küsten verlegt werden, is in Catalonien auf das Ansuchen der dortigen Fabrikanten für jeßt nicht zur Ausführung gebraht worden. Auch hat der General-Capi- tain von Catalonien den Befehl erhalten, die französishe Gränze für gesperrt (bloqueada) zu erflären und allen Verkehr mit derselben, mit einziger Ausnahme von la Junquera, zu untersagen.

Es heißt, zweihundert Karlisten hätten sih auf das rehte Ebro= Ufer geworfeu und die vierzig Mann starke Besaßung von Amposta überfallen und entwaffnet.

Briefe aus der Schweiz. Zweiter Brief. ¡tv (September 1847.) (Vergl. Allg. Pr. Ztg. Nr. 274, Beil.)

Während die fortschreitende . Erniedrigung der Parteien die Schweiz der Verblendung populairer Leidenschaften preisgab, be- \hleunigten zwei Umstände, natürliche Folgen dieses Zustandes der Dinge, die Fortschritte der Anarchie: einmal die Verzweigungen mit der Propaganda im Auslande, und zweitens der Rütritt oder viel- mehr das Verschwinden derjenigen Staatsmänner von der Leitung

1933 Allgemeinen

der eidgenössishen Angelegenheiten, welche bisher die Beziehungen der Cen raft zu den anderen Mächten zu unterhalten gewußt atten. , ha t: Staat befand ‘sich in der That in günstigeren Verhältnissen fir eme politishe Propaganda, als die Schweiz: hier gab es so gut wie gar feine Polizei, die Freiheit der Associaticu existirte ohne Schranken und ohne Kontrolle, und die territorialen Eintheilungen sind ja so klein, daß man in einigen Stunden, in einigen Minuten sogar, aus einem Staate in den anderen fommen und sih so allen weiteren Nachforschungen entziehen kann. Jm Jahre 1842 verhöhnte ein Franzose, welcher das Volk ganz ofen zum Aufruhr gereizt und das Jahr zuvor gewagt hatte, öffentlich zu erklären, er werde seinen Willen mit rother Schrift an die Mauern des Stadthauses anhef:en, länger als einen Monat in der Stadt selbst das Dekret der Regie= rung, welches ihn aus dem Kanton Genf verwies. Jm Jahre 1834 drangen Schaaren von Polen und Deutschen aus Frankreich in den Kanton Bern ein, orgauisirten sich da völlig militairish, zogen durch die Kantone Genf und Waadt, wo ihnen Alles zuströmte, was in der Anarchie die Befriedigung eines Bedürfnisses oder ein Mittel zum Fortkommen sucht, und machten den Versuch, Savoyen einzunehmen, während die Kantonal - Regierungen nichts weiter thun konnten, als daß sie sih gegenseitig auf die Gefahr aufmerksam machten; es hätte nit viel gefehlt, so hätte dieser Sturm sie im Vorbeiziehen selbst mit über den Haufen geworfen.

Wenn die Schweiz die Wohlthat ihrer Neutralität dem Umstande verdankt, daß sie durch ihre Lage im Centrum von Europa eine Stheidewand zwischen Frankreih, Oesterreih und Jtalien bildet, #o hat sie auf der anderen Seite gerade dieser Lage das Unglück zuzu= \chreiben, daß sie der Hauptheerd der revolutionairen Propaganda ge= worden is: sie ist gleihsam eine Mine mitten im Herzen des Sy- stems, das man vernichten möchte. Allein die Schwierigkeiten, welche sich an die Existenz der Schweiz, als Staat und als strategische Po- sition, knüpfen, sind \o groß, daß man nicht daran zu rühren wagt; wir wollen dafür keinen anderen Beweis anführen, als dên Widerwillen der

großen Mächte gegen eine Intervention in der Schweiz, obgleich es am Tage liegt, daß sich von der Schweiz aus die geheimen Gesell- schaften und die zerstörenden Prinzipien über ganz Europa verbrci- ten. Sie giebt im reihen Maße das den anderen Völkeru wieder, was sie von ibnen empfängt , * so wie die Dünste, welche von der Ebene zu den Gipfeln unserer Alpen emporsteigen , aus dem Rhein, dem Tessino und dem Rhonesluß kommen.

Die Propaganda hatte einen zwiefachen Charakter ; sie war po=- litisher und sozialistisher Natur; Frankreich hat dabei die politische r e Deutschland hat uns den Kommunismus ein- eimpsft.

: Im Jahre 1830 war die Schweiz, aber vor Allem der west- liche Theil, den man die romanishe Schweiz nennt, mit Einschluß der Hälfte des Kanton Bern, auf bewundernswürdige Weise sür die Thätigkeit der fremden Propaganda vorbereitet. Nirgends fanden die Erzählungen von der französischen Revolution im Jahre 1789 begierigere Leserz die Scenen im National - Konvent, die parla=- mentarishen Kämpfe, ‘die Siëge und Eroberungen der französischen Heere waren hier die uners{höpflichen Quellen der Abend-- Unterhal-= tung in den Dörfern. Das' populairste Blatt in der Schweiz, die Gazette de Lausanné, ‘in literarischer und politischer Beziehung sonst sehr mittelmäßig, verdankt seinen Erfolg vorzüglich der Konse- quenz, mit welcher es' seit 30 Jahren sein Feuilleton mit allem mög- lichen Kram aus der Zeit der Republik und des Kaiserreichs füllt.

Man täusche sih nicht darüber: nicht die politischen Prinzipien sind es, welche die Sympathieen dieser Leute erhielten; denn wie fönnte man zu gleicher Zeit für die anarchishe Freiheit der Republik und die absolute Sklaverei unter dem Kaiserreih s{wärmen? Welche aufrichtige Neigung zu Demagogen, welche zur niedrigsten Stufe der Brutalität und des Verbrechens herabgestiëgen sind, könnte bei Bür= gern von Staaten existiren, welche seit langer Zeit im Besiß einer Freiheit sind, die man in Frankreich niht einmal geträumt hat?

Nein, für die Schweizer liegt der Reiz der Erzählungen aus der französishen Revolution in dem politischen Leben, in dem Lrama, keinesweges in den Prinzipien. Das is aber einer der hervorstehend= sten Züge im National-Charakter, auf den ich um \o mehr qaufmerk= sam machen möchte, weil er jenen Geist der Jnsubordination erklärt, welcher aus der Unordnung den Normal = Zustand des Landes ge- macht hat.

Während in der deutshen Schweiz die Revolutionen ihren Ur- sprung in den übertriebenen Privilegien der Städte vor dem Lande hatten, so wie z. B. in Basel und Zürich die Städte im Großen Rathe eine Anzahl Deputirter zählen, welche ganz außer Verhältniß zu der Volkszahl waren, und die industriellen Körperschaften tyrauni- he Privilegien genossen, waren in der romanischen Schweiz, wo nichts Aehnliches sih vorfand, die übermüthigen Ansprüche einer un- vollkommenen und außerhalb dem Bereiche der Religion zu sehr ent- wielten Bildung die vorzüglichsten Triebfedern revolutionairer Bestre- bungen. Man hat si nicht begnügt, den unteren Klassen Elemen- tar-Unterricht zu ertheilen; man wollte, daß in den Schulen bis in die Dörfer herab au noch die Elemente der Astronomie, der Geo- metrie und der Naturwissenschasten gelehrt würden. Den Aeltern war dabei keine Wahl gelassen ; dieser Unterricht ward für alle Welt auf gleiche Weise zur Pflicht gemacht. Viele Dörfer besitzen Lesezirkel, und es ist gar nichts Außerordentliches bei dèn Bauern Werke aus dem Bereiche der Wissenschaften und der höheren Literatur zu finden.

Jn einem Lande, wo keine Standes - Privilegien existiren, wo die Bildung und der Reichthum die einzigen sozialen Unterschiede ausmachen, hat diese oberflähliche Bildung, welhe dem Verstande Nahrung giebt, natürlich neue Bedürfnisse, den Hang zum Luxus und eine gehässige Eifersucht gegen die Reichen erzeugt; man glaubte Alles zu wissen, weil man einige oberflächlihe Begriffe über Gegen- stände beta welche bisher der Erziehung des Volkes fremd waren, und da die Constitution die Gleichheit der Rechte aller Bürger pro= flamirte, kam man endlich dahin, sih zu überreden, daß diese Gleich- heit auch in Betreff des Talentes und des Wissens vorhanden sei. Und welche Beweise glaubt man nihte dafür in den Fasten der Fran- zösischen Revolution zu finden! Wie viel Leute waren ja von der untersten Stufe der Gesellschast bis zu der höchsten empor-

estiegen! *

gest Reder glaubte sih zu einer glänzenden politischen Laufbahn be- rufen. Die Diskussion war frei; man {hwaßte über die Geschichte ; man hielt lange Reden über die Angelegenheiten des Landes; man wurde Lberaler, aber ohne Gefahr, nah dem Muster der französi- hen Oppositionz man brachte Trinksprüche auf die Vernichtung der Tyrannen aus; man nahm die Miene von Helden an, indem man gegen die heilige Allianz, Könige und Regierungen deklamirte, mit einem Wort, man spielte Politik, wie die Kinder Soldaten spielen mit Hel- men von Papier und Schwerdtern von Holz. Aber was in einer wohlgeordneten Gesellschaft nur lächerlich gewesen wäre, wurde lei=

der bei einem Zustande der Dinge, welcher den bösen Leidenschaften,

ja niht einmal dem nationalen Selbstmord eine Schranke seßen fonnte, im höchsten Grade be lagenswerth. : Diese Richtung der Geister war in voller Entwidelung, als im Jahre 1830 in Frankrei die Juli- Revolution ausbrah. Die fran- zösishe Regierung gab ihrem Gesandten in der Schweiz die Jnstruc- tion, die Volksbewegung gegen die aristokratishen Regierungen zu unterstüßen und im Nothfall anzufeuern. Diese Instructionen wurden genau befolgt; die liberale Partei, welhe den Strom zu leiten meinte, indem sie sich nur von ihm mit fortreißen ließ, wurde allmächtig, und die Schweiz hatte davon, daß die französischen Minister, der eine um den anderen, Herr Guizot wie Herr Thiers, Herr Thiers wie Herr Molé, offiziell von der Tribüne herab erklärten, „daß die Revolu- tionen in ter Schweiz von Frankreih und für Frankreich gemacht worden seien.“

Während die anderen Mächte ihren Gesandtschaften den Befehl ertheilten, der Thätigkeit der Schweiz in ihren inneren Angelegenhei- ten die vollkommenste Freiheit zu lassen (namentlich -sind in dieser Beziehung die Instructionen Rußlands sehr merkwürdig gewesen), be- fannte Frankrei ganz ofen, daß es im Schooße der Eidgenossen- schaft eiue politische Propaganda errichtet habe. ;

Die liberale Partei war durch. den Einfluß der Revolution von 1830 zur Macht gelangt; ihr Schisal war mithin auch auf ver- hängnißvolle Weise an den Gang der französischen Politik geknüpft. Aber die Stellung der respektiven Regierungen, ihre Jnteressen und ihre Bedürfnisse waren in beiden Ländern nicht dieselben. en so wenig wie Ludwig Philipp, wollten die Liberalen in der Schweiz die Demagogie haben, aber sie wollten auh nichts von der Reaction wissen; das gab einen Zwiespalt, welcher auch bald zum Aus bruch fam. : : L

Als die Regierung Ludwig Philipp's nach der Unterdrückung der blutigen Emeuten von Paris und Lyon mehr Festigkeit gewonnen hatte und entschlossen war, den revolutionairen Geist, wenn sie ihn auch nicht ersticken könnte, doch im Zaume zu halten, änderte sie auch ihre Politik in der Schweiz und verlor dort allen ihren Kredit. Da- her die unaufhörlihen Häkeleien, die von Gesandten herrührten, deren Justructionen und persönliche Ansichten in direktem Widerspruche mit der Mission ihres Vorgängers, des Herrn von Rumigny, waren. Die Schweiz, einmal gereizt und verletzt, leistete Widerstand. Da- her die üble Laune der französishen Regierung und jener verächtliche Ton, welchen sie in den an die Eidgenossenschaft gerichteten Noten, z. B. bei Gelegenheit der Händel wegen Wahl (1836), wegen der politishen Flüchtlinge und des Spion Conseil (1836), wegen Cellart (1837) und wegen Louis Bonaparte (1838), \o shlecht verhüllte.

Der Bruch war fast vollständig. Die Propaganda ging damals aus deu Händen der französishen Regierung in die der französischen republifanishen Opposition über. Als Regierungs-Propaganda hatte sie sicch an die Regierenden gewandt; das dirigirende Comité von Paris richtete sich an die Völker; die liberale Partei würde sich nie zu seinem Mitschuldigen gemacht haben. So standen die Regierenden nah und nah ganz außerhalb der populären Bewegung, welche fie bis zu diesem Augenblicke getragen und gehalten hatte.

Noch ein Wort über diesen Gegenstand.

Die Eidgenossenschaft bot sid, in Folge einer sonderbaren Aus=-

dehnung des Privilegiums ihrer Neutralität, allen politischen Aben- teuxern wie einer jener Zufluchtêorte im Mittelalter an, wohin si die von der Justiz Verfolgten ungestraft zurückziehen konuten. Je- mehr sih dergleichen Flüchtlinge ihren Regierungen gegenüber fompro- mittirt hatten, desto mehr wurden sie iu der Schweiz gehätschelt. Aus allen Gegenden langten sie dort an: Franzosen, Deutsche, Ftaliener, Polen u. s. w., von allen Schattirungen und Arten, vom Liberalismus bis zum Kommunismus, vom Tagelöhner, vom Straßenbettler bis zum Magnateu, der seine Leibeigenen nah Tau- senden zählt. Die Aufnahme, die ihnen zu Theil ward, berechtigte sie, zu glauben, daß die Schweiz durchaus geneigt sei, ¿zu ihren Plä= nen sich herzugeben. Wirklich gab es auch eine gute Zahl von s{chweizer Bürgern, welche ohne Bedenken die Ehre und das Bestehen der Eidgenossen= haft daran seßten, um den Plänen der Propaganda zu dienen. Man begnügte sich nicht damit, diesen Fremden Zuflucht und Gastfreundschaft zu gewähren, nein, man empfing sie wie Mitbürger, wie Brüder, und oft erhielten sie öffentlihe Aemter, ohne daß sie einen anderen Anspruch auf den Vorzug vor den Einheimischen auf- zuweisen hatten, als die Cigenschaft, daß sie politische Flüchtlinge waren.

Ganz neuerlih noch hat Basel - Landschaft es gewagt , auf der Tagsaßung vorzuschlagen, daß cinem derselben, einem übrigens ganz unvekannten Judivizuum, der Rang eines eidgenössischen Obersten verliehen werde, mit welchem das höchste Kommando in der shwei- zerishen Armee verbunden ist.

Im Jahre 1834 rüsteten zwei - oder dreihundert dieser Flücht- linge, meistens Polen oder Deutsche, in der Schweiz einen bewassne- ten Feldzug gegen Savoyen aus; auf welchen Grundsaß gestüßt, - möchte {wer zu sagen sein. Feigheit und Unfähigkeit (Einige sagen Verrath) ließen dies Unternehmen hon an der Gränze \eitern, ehe sich ihm no irgend ein Hinderniß entgegengestellt hatte.

Ein ähnlicher Angriff wurde im Jahre 1836 gegen das Groß- herzogthum Baden vorbereitet. Gar nicht zu gedenken der Heraus- gabe von Broschüren und Flugschriften, welche die Propaganda in der Schweiz drucken und in den Nachbarländern verbreiten ließ, nicht zu gedenken der Umtriebe aller Art, welche die Flüchtlinge frei und fast ofen ninter dem Schuß der s{weizerischen Gastfreundschaft \hmie- deten, braucht man nur an die Thatsachen si zu halten, welche di= rekte und unmittelbare Folgen für diese Epoche hatten.

Die revolutionaire Propaganda hatte gehofft, sie werde sich der Eidgénossenschaft als einer mit Waffen für den Angriff wohlversorg- ten Festung und als eines unangreifbaren Zuflnhtsortes bedienen können. Jun Frankreih in den Emeuten besiegt, rechnete sie auf besseres Glück bei ihrem Feldzug gegen Savoyen. Nicht die Erobe- rung dieser Provinz stellte sie sich zum leßten Endzweck; was hätte sie auch damit anfangen sollen? Eben so wenig ge\hah- es aus Hin- gebung für die \avoyische Nationalität; was hatten die Polen und Deutschen mit Savoyen oder mit der Regierung Karl Albert's zu \haffen? Der Zweck der Propaganda war kein anderer, als Auf- stand zu erregen, aus dem sie eine politische Verwickelung entspringen zu sehen hoffte, leßtes Hülfsmittel einer bankerotten Partei. D b diesem Gesichtspunkt i as age i in Savoyen allerdings ‘ein Anzahl besonders günstiger Umstände zujammen, :

“Die Gefahr rbe so drohend, so heftig, daß ane Ma E. gleichzeitig mit Nachdruck dagegen Vorstellungen “ller Fichkli August 1834 befahl die Tag)aßung die Ausweisung hatten. die an dem Zuge gegen Savoyen theilgenommen aen i Befehl blieb jedoch unauagesde Abér nah dems M 1836, der das Großherzogthum Baden betraf, faßte nun endli

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