1847 / 329 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

g. 38. U , ; reo, 35 bis 37 treten auh dann ein, went die Die e e f auf einem einseitigen Dienstbarkeits - Rechte beruht.

Dagegen finden diese Vorschriften in allen denjenigen Fällen

geg i de retsbeständige i welchen dur entgegenstehende re ständig feine Anwendung, e efräftige Erkenntnisse oder dur Verjährung rüdcksichtlich des Zeitpunktes oder der Art der Ausübung ein abwei=- chendes Rechtsverhältniß begründet ist.

Wegen der Einschränkung solcher besonderen Rechte gegen Ent=

¿diaung, so wie wegen Einführung anderweiter Ordnungen zur i La der Grundstüde, verbleibt es bei den Vor chriften und dem Verfahren des zweiten Abschnittes der Gemeinheitstheilungs=

Ordnung vom 7. Juni 1821.

g. 39, An Orten, wo ein Pfandstall nöthig ist, hat die Gemeinde einen

lhen zu beschaffen. solhen zu beschaff A

Tauben, welche Jemand hält, ohne ein wirklihes Recht dazu zu haben, sind, wenn sie im Freien betroffen werden, ein Gegen- stand des Thierfanges ( Allgemeines Landrecht Thl. k, Tit. 9. g. 111).

Durch Gemeinde - Beschlüsse kann aber sowohl in Städten, als in ländlichen Gemeinden bestimmt werden, daß auh die Tauben desjenigen, welher ein Recht hat, solche zu halten, wenn dieselben zur Saat- und Aerndtezeit im Freien und besonders auf den Aeckern betroffen werden, Sea des Thierfangs sein sollen. Dergleichen Gemeinde-Beschlüsse bedürfen jedoch zu ihrer Gültigkeit der Bestäti- gung der Regierung.

§. 441.

Mit Geldbuße von 5 Sgr. bis zu 3 Rthlrn. is zu bestrafen, wer unbefugterweise :

1) über Gärten, Weinberge, oder vor völlig beendeter Aerndte über bestellte Aecker oder Wiesen, oder über \solhe Aecker, Wie- sen oder Weiden, welche eingefriedigt sind, oder deren Betreten durh Warnungszeichen (Tafeln, Strohwische , Gräben u. st. w.) untersagt is, oder auf einem durch Warnungszeichen geschlosse= nen Privatwege geht, reitet, fährt oder Vieh treibt ; in Gärten, Obst - Anlagen, Weinbergen oder auf AeFern eine Nahlese hält z auf Grasangern oder Hecken Leinwand, Wäsche oder andere Gegenstände zum Bleichen, Trocknen u. st. w. ausbreitet oder niederlegt ; in Privatgewässern oder auf fremdem Grund und Boden Flachs oder Hanf röthet oder Privatgewässer durch Aufweichen von Fellen darin oder sonst verunreinigt ; fremde, auf dem Felde zurückgelassene Ackergeräthe gebraucht ; das an Gränzrainen, Gräben, Wegen oder Triften wachsende Gras oder sonstige Viehfutter abschneidet oder abrupft; Dünger von Aeckern, Wiesen oder Weiden aufsammelt ; Knochen gräbt oder sammelt ;

9) die zur Sperrung von Wegen oder von Eingängen in einge- friedigte Pläbe dienenden Gatterthore, Pforten, Heckte u. st. w. vöfsnet oder nah dem Hindurchgehen nicht wieder \chlieft.

g. 42.

Mit Geldbuße von zehn Silbergroschen bis zu fünf Tha bestraft werden, wer S a I 1) Erde, Lehm, Grand, Sand, Mergel oder dergleichen gräbt ;

2) Plaggen oder Bülten haut oder Rañin sticht ;

3) Steine gräbt, bricht oder einsammelt, insofern das unbefugte Gortnehmen derselben nicht deshalb, weil sie zum Berg- e ia in den Geseßen mit einer höheren Strafe be-

roht ist;

4) Steine, Scherben, Schutt oder Unrath auf fremde Grundstücke oder Privatwege wirft;

5) von Allee- oder Feldbäumen oder von Hecken Lub abpflückt oder Zweige abbricht ;

6) Garten- oder Feldfrüchte in geringer Quantität und unter Um- ständen, welche die Absicht eines unredlihen Gewinnes aus-

- schließen, z. B. zum Verzehren auf der Stelle, entwendet;

7) das zur Bewässerung von Grundstücken dienende Wasser ableitet.

g. 43. Mit. Geldbuße von funfzehn Silbergroschen bis zu zwanzig Thalern is zu belegen, wer unbefugterweise :

1) sich eines Theiles benachbarter Grundstücke durch Abpflügen oder auf andere Weise anmaßt, oder durh Abpflügen, Abgra- ben oder andere dergleichen Handlungen einen Privatweg odér Gränzrain ganz oder theilweise sih zueignet ;

2) Bäume oder Sträuche, welche in Gärten, Obst-Anlagen, Alleen, auf Aeckern oder sonst außerhalb eines Forstes stehen, oder Hecken und andere zur Einfassung von Grundstücken dieuende Anpflanzungen abhaut, abbricht oder beschädigt;

3) Einfriedigungen anderer Art, Baum- oder Prellpfähle, oder Brücken auf Privatwegen beschädigt oder zerstört;

4) Steine, Pfähle, Tafeln, Strohwische, Gräben oder ähnliche zur Abgränzung, Absperrung oder Vermessung von Grundstücken oder Wegen dienende Merk - oder Warnungszeichen fortnimmt, vernichtet oder sonst unkenntlich macht;

9) Gräben, Wälle, Rinnen oder andere zur Ab- oder Zuleitung des Wassers dienende Anlagen beschädigt. :

Gleicher Bestrafung unterliegt

6) wer ohne Erlaubniß der Orts-Polizei-Behörde Torfmoore ab- brennt, oder Haidekraut, Bülten oder ähnliche Gegenstände auf

dem Felde anzündet. ,

__ Sind Handlungen der unter Nr. 5 und 6 bezeichneten Art

An Eiben ZOE A, wie z. B. die Beschädigung von i; en, \o uuterli í it i - segen bestimmten strengeren u E sie den anderweit in den Ge

Sowohl in den im §. 41 Gre 4 bezeichneten Fällen, als auch dann, A obe unbefugter Weise über unbestellte Aeer, abge- ärndtete Wiesen oder uneingefriedigte Weiden reitet, fährt oder Vieh f wi ij ‘o Ae r Due E Zugthiere oder des Viehes o wie die Forderung von Pfandgeld, 4 ( u. f. zulässig. nah den Vorschriften der §8. 4

Doch findet in allen diesen Fällen weder Pfändung, noch Scha-

denforderung, noch Bestrafung statt, wenn derjenige, welcher über .

das fremde Grundstück geritten oder gefahren is, oder Vi A, ben hat, hierzu durh die s{hlechte Beschaffenheit cas, Beities Grundstücke vorüberführenden und zum gemeinen Gebrautze bestimm- ten Weges genöthigt worden ist, Füllen der gs. 4 ‘bio 4 Ist in den Fällen der §§. 41 bis 43 eine Beschädigung frem- den Eigenthums aus Rache oder Bosheit verübt, so muß _ Thäter mit den in den Kriminalgeseßen bestimmten strengeren Strafen be- legt werden. V §. . E

Die nah dieser Feldpolizei - Ordnung verwirkten Strafen wer-

den dur Verjährung ausgeschlossen, wenn innerhalb dreier Monate seit g Uebertretung eine Untersuchung derselben nicht eingelei= tet ist.

Auch verjährt der Anspruch. des Beschädigten auf Pfandgeld, wenn derselbe niht innerhalb dreier Monate feit der Uebertretung bei der zuständigen Behörde angemeldet ist.

g. 47.

Die nach dieser Feldpolizei- Ordnung verwirkten Geldbußen flie- ßen zur Gemeindekasse des Orts, in dessen Feldmark die Uebertre- tung verübt ist. Legen jedoch innerhalb der Feldmark Besitzungen, wée niht zum Gemeindevyerbande gehören, oder besteht in der Feldmark kein Gemeideverband, \o sind dergleichen Geldbußen an die Ortspolizei- Behörde zu entrihten, welche dieselben zu gemeinnüßigen Zwecken für den Ort zu verwenden, über diese Verwendung aber da, wo eine Gemeinde vorhanden is, solhe zu hören hat.

g. 48.

Geldbußen, welhe wegen Armuth der Schuldigen nicht beige- trieben werden fönnen, sind den bestehenden Vorschriften gemäß in Gefängnißstrafe oder nach dem Ermessen der erkeunenden Behörde in Strafarbeit zu einem gemeinnüßigen Zwecke zu verwandeln. Vere ist Ein Arbeitstag einer eintägigen Gefängnißstrafe gleich zu achten.

g. 49.

Aeltern, Pflege-Aeltern und Dienstherrschaften haften, sofern die von ihren im älterlihen Hause sich aufhaltenden Kindern oder Pflege- findern oder von ihren Dienstleuten begangenen Feldfrevel zu ihrem Vortheil gercichen, für die Pfandgelder, Entschädigungen, Kosten und Geldbußen.

Kann die Geldbuße gegen den eigentlich Schuldigen nicht voll- streck werden, \o steht der Behörde frei, nah ihrem Ermessen ent- weder die Geldbuße von jenen subsidiarish dafür verpflichteten Per- sonen einziehen oder mit Verzichtung hierauf die im Falle des Un- vermögens an die Stelle der Geldbuße tretende Gefängnißstrafe oder Strafarbeit an dem Verurtheilten vollstrecken zu lassen.

g. 50.

Die Gemeinde kann beschließen, daß für den ganzen Gemeinde=- bezirk oder für einzelne Theile desselben Feldhüter bestellt werden, denen die Beaufsichtigung und Sicherung der Gärten, Aecker, Wie- sen und deren Früchte gegen Entwendung und sonstige Beschädigungen, so wie die Verfolgung , Pfändung und Anzeige der Beschädiger ob= liegt. Auch können zu diesem Zwecke Mitglieder der Gemeinde zu Ehrenfeldhütern (Feldherren) ernannt werden.

g. 51.

Den Feldhütern und Ehrenfeldhütern (§. 50) soll in Ansehung dessen, was sie über verübte Feldfrevel aus eigener Wahrnehmung befunden, voller Glaube beigemessen werden, wenn dieselben

1) hinsihtlich ihrer Tüchtigkeit zu dem Geschäfte von dem Land- rathe Eee und bestätigt, sodann 2) gerichtlich ein- für allemal dahin eidlih verpflichtet sind: daß sie die Feldfrevel, welche in den ihrer Aufsicht anver- trauten Bezirken vorfallen und zu threr Kenntniß kommen, mit aller Treue, Wahrheit und Gewissenhaftigkeit anzeigen, auch was sie über die That-Umstände der Frevel und über deren Ur- heber und Theilnehmer entweder aus eigener Sinneswahr- nug oder durch fremde Mittheilung erfahren, mit ge- nauer Beachtung dieses Unterschiedes angeben wollen, und 3) keinen Denunzianten - Antheil genießen, auh niht Pfandgelder beziehen. C O8

Auch den zu keinem Gemeinde - Verbande gehörigen Gutsbe- sibern ist die Anstellung von dergleichen Feldhütern (§§. 50, 51) gestattet.

g. 53,

Wer eine Pfändung vorgenommen hat, is verpflichtet, hier= von der Ortspolizei = Behörde spätestens binnen 24 Stunden Anzeige zu machen, und ihre Bestimmung darüber, ob er die Pfandstücke an sie zur Aufbewahrung abliefern oder bei sich aufbewahren soll, desgleichen, wenn eine Heerde gepfändet worden, au darüber einzu- holen, wie viel Stücke Vieh nah der Bestimmung des §. 7 zurüczu= behalten sind,

Wer diese Anzeige unterläßt, verliert zwar dadurch nicht seine übrigen Ansprüche an den Gepfändeten, er kann aber auf dessen An- trag zur sofortigen Rückgabe der Pfandstücke angehalten werden und hat außerdem seine etwanigen Ansprüche auf Erstattung der Kosten für Wartung, Stallung und Fütterung des gepfändeten Viehes ver-

wirkt. g. 54.

Das abgepfändete Vieh muß sofort freigegeben werden, wenn der Gepfändete durch Niederlegung eines anderen Pfandes oder einer Geldsumme dem Beschädigten für dessen Forderung an Pfandgeld, Schadenersaß und Kosten hinlänglihe Sicherheit bestellt. Ueber die Hinlänglichkeit dieser Sicherheit hat, wenn Streit darüber entsteht, die Ortspolizei = Behörde nah vorläufiger Prüfung und Feststellung jener Forderung zu entscheiden,

g. 59.

Die Festseßung der Kosten für Wartung, Stallung und Fütte- rung der gepfändeten Viehstücke steht der Ortspolizei -Behörde zu. Die Regierungen sind befugt, für alle oder für einzelne Kreise, nah Vernehmung der Kreisstände, allgemein geltende Säße für Kosten dieser Art zu beslimmen.

g. 56.

Die Ortspolizei- Behörde hat, sobald ihr eine Pfändung oder eine zur Forderung von Pfandgeld berehtigende Uebertretung ange= zeigt wird, beide Theile in mögli} kurzer Frist vor sich zu laden, den Pfänder oder Beschädigten über die Veranlassung zur Pfändung oder Klage und über seine Forderung an Pfandgeld und Schaden- ersaß, den Beschädiger aber mit seiner Erklärung hierüber zu hören, auch nöthigenfalls sofort den Beweis durch Besichtigung an Ort und Stelle oder durch Vernehmung der Zeugen aufzunehmen.

g. 57.

Fordert der Beschädigte nur Pfandgeld und Kosten, so gebührt die Entscheidung darüber , sofern nit der im §. 58 Nr. 1 gedachte Fall eintritt, der Ortspolizei - Behörde. S :

Verwaltet ein Gutsherr die ihm zustehende Polizei=-Gerichtsbar- feit selbst und i} er oder einer seiner Angehörigen (§. 46 Tit. 17 Th. 11. Allg. Landrechts ) bei einem solchen Falle betheiligt, so steht die Entscheidung dem Landrathe zu.

g. 58. « Í Dagegen gebührt die Entscheidung des Streites dem Gerichte, wenn

1) der Gepfändete die Rehtmäßigkeit der Pfändung oder die For- derung des Pfandgeldes deshalb bestreitet, weil er ein Recht zu der von ihm vorgenommenen Handlung zu haben behauptet, oder

2) der Beschädigte sich mit dem Pfandgelde nicht begnügen will und zugleih oder allein den Ersaß des ihm verursachten Schadens fordert, - In beiden Fällen is die Sache von der Polizei - Behörde an

das betreffende Gericht zu verweisen, welhem alsdann auch die wei= tere Bestimmung darüber zusteht, was mit den Pfandstücken, sofern solhe nach §. 54 noch nicht ausgelöst sind, geschehen soll,

g. 59.

; Sowohl in den threr Entscheidung unterliegenden, als in den nas S. 58 Nr. 2 der „gerichtlichen Entscheidung zu überweisenden Streitfällen hat die Polizei-Behörde sih zu bemühen, zwischen beiden Theilen einen Vergleich zu Stande zu bringen. Gelingt dies, so is über den Verglei ein Protokoll aufzunehmen, auf Grund dessen, wie aus einem gerichtlichen Vergleiche, die Execution nahgesucht und voll= streck werden kann.

§. 60.

Erscheint derjenige, gegen welhen der Anspruch auf Pfandgeld erhoben is, auf die ergangene Vorladung (§. 56) nicht, so hat die Polizeibehörde nach thatsächlicher und rechtliher Erörterung der Sache den Betrag des Pfandgeldes und der Kosten durch ein Resolut fest zuseßen, demnächst aber, wenn eine Pfändung geschehen is und der Gepfändete sich nit innerha!b acht Tagen seit der Pfändung meldet, das Pfand öffentlich zu versteigern, den Beschädigten daraus zu be= friedigen und den etwanigen Ueberrest des Erlöses an das gerichtliche Depojitum des Orts abzuliefern.

6: 04.

Auf eben diese Weise (F. 60) hat die Polizei- Behörde in den= jenigen Fällen zu verfahren, in welhen eine Pfändung geschehen ift, der Gepfändete aber, weil seine Person oder sein Aufenthalt unbe- kannt war, zu der nah §. 56 vorzunehmenden Verhandlung nicht vorgeladen werden konnte.

s. 62.

Zur Erörterung der Sachè gehört es auch, wenn der in An= spruch Genommene behauptet, daß die Beschädigung durch die eigene Schuld und Nachlässigkeit des Pfändenden veranlaßt sei.

g. 63.

Bering! der Beschädigte die Abschäßbung des Schadens, so hat die Polizei-Behörde solche, selbst in denjenigen Fällen, welche der ge= richtlichen Entscheidung unterliegen (§. 58) ungesäumt zu veranlassen und dazu nicht nur den BVeschädigten, sondern auch den Beschädiger vorzuladen. Erscheint der Beschädiger auf die Vorladung nicht, oder fann derselbe, weil seine Person oder sein Aufenthalt unbekannt ist, niht vorgeladen werden, so kann auch ohne ihn die Abschäßung vor= genommen werden.

g. 64.

Der Schade ist an Orten, wo Dorfgerihte vorhanden sind, dur diese, sonst aber durch andere vereidete Sachverständige abzu= schäßen.

Sind die Dorfgerichte oder die ganze Gemeinde bei dem Aus= gange der Sache betheiligt, fo muß die Abschäßung durch benach= barte unbetheiligte Dorfgerichte oder durch andere Sachverständige geschehen.

8. 65.

Für Orte oder Bezirke, wo ein Bedürfniß dazu obwaltet, sind zu dergleichen Abschäßungen (§. 64) sachverständige Taxatoren zu be= stellen und ein- für allemal gerihtlich zu vereiden, Auf dem Lande erfolgt eine solhe Bestellung auf den Vorschlag der Ortsbehörden dur den Landrath, in den Städten durch den Magistrat,

g. 66.

Die den Taxatoren zu gewährenden Gebühren sind von dem= jenigen, welcher die Abschäbung beantragt hat, mit Vorbehalt seines Regresses an den Beschädiger, zu zahlen,

Die Regierungen sind befugt, die Säße solher Gebühren für ganze Kreise nah Vernehmung der Kreisstände, oder für einzelne Orte nah Vernehmung der Ortsbehörden und Gemeinden allgemein festzustellen.

8. 67.

Gegen die Entscheidung der Polizeibehörde über Pfandgeld und Kosten kann jede Partei, welche sich dadur verleßt erachtet, inner= halb der nächsten zehn Tage, nah der ihr geschehenen Verkündung der Entscheidung, den Rekurs an die vorgeseßte Regierung einlegen.

Uebersteigt die Summe, über welche entschieden is, den Betrag von zehn Thalern, so steht der Beschwerde führenden Partei frei, binnen jener Frist statt des Rekurses an die Regierung auf gericht= lihe Erörterung und Entscheidung der Sache anzutragenz hat die- selbe jedoch den Rekurs einmal eingelegt, so kann sie die gerichtliche Erörterung nicht mehr fordern.

Gegen die in Folge des Rekurses von der Regierung getroffene Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel zulässig.

g. 68.

Ueber die in dieser Feldpolizei- Ordnung mit Strafe bedrohten Uebertretungen jeder Art steht der Orts-Polizei-Behörde die Unter= suhung und Entscheidung zu.

g. 69.

Gegen das polizeiliche Strafresolut (F. 68) kann der BVerur= theilte, innerhalb der nächsten zehn Tage nah der Verkündung, den Rekurs an die Regierung einlegen; er is aber, wenn die gegen ihn festgeseßte Strafe eine Geldbuße von zehn Thalern, oder eine Ge= fängnißstrafe oder Strafarbeit von vierzehn Tagen übersteigt, auch befugt, binnen derselben Frist, statt des Rekurses auf gerichtliche Un= térsuhung und Entscheidung anzutragen, Diese Befugniß fällt weg, wenn er den Rekurs einmal eingelegt hat.

Gegen die in Folge des Rekurses von der Regierung getroffene Entscheidung is kein weiteres Rechtsmittel zulässig.

g. 70.

An Orten, wo gegenwärtig die Feldpolizei und feldpolizeiliche Gerichtsbarkeit niht durch die gewöhnlichen Ortspolizei - Behörden, sondern durch Feldämter oder andere zu diesem Zwecke eingeseßte, im Dienste der Gemeinde oder einzelner Gemeindeklassen oder Corpo- rationen stehende Behörden verwaltet wird, gehen auf diese Behör= den, für den bisherigen Umfang ihres Geschäftskreises, alle die Be= fugnisse und Obliegenheiten über, welche in dieser Feldpolizei-Ordnung den Ortspolizei-Behörden zugetheilt sind,

6: 74. :

Den an einigen Orten herkömmlich bestehenden Gränz =Reguli= rungs- und Feldmeßämtern verbleibt die Befugniß und Verpflichtung, für Erhaltung der richtigen Gränzen zwischen, den Flurnahbarn zu sorgen und dieserhalb entstehende Streitigkeiten vorbehaltlih des Rechtsweges zu entscheiden. s. 72

Die Regierungen find befugt, an solhen Orten, wo dies wegen zu großer Entfernung des Sibes der Polizei = Behörde oder aus an= deren Gründen angemessen erscheint, die Verwaltung der Feldpolizei und der feldpolizeilihen Gerichtsbarkeit nah Jnhalt dieser Ordnung ganz oder theilweise den Dorfgerihten oder dem Orts- oder Ge= meindevorstande aufzutragen, : :

Auch können die Regierungen, nah eingeholter Genehmigung des Ministers des Jnnecn, für einzelne Orte, oder aus mehreren Ort= schaften zu bildende Bezirke, zur Verwaltung der Feldpolizei und feld- polizeilichen Gerichtsbarkeit besondere Feldämter ‘errichten, die aus mindestens drei vom Landrathe in Vorschlag zu bringenden und ge= rihtlih zu vereidigenden Grundbesißern zusammenzusében sind, .

Alle dergleichen Einrichtungen dürfen jedoch für Orte, über welche die Polizeigerihtsbarkeit einer Privatperson zusteht, nur mit deren Zustimmung getroffen werden.

G: 73,

Io ein Bedürfniß dazu obwaltet, wegen der Réumung und Ju- standhaltung von Privatflüssen und Gräben und zu dem Ende wegen Bestellung von Schaurichtern und der denselben beizulegenden Auf- sihts- und Straf-Befugnisse besondere Ordnungen oder Statuten ab= zufassen, kann dies auf dem im §. 25 bezeichneten Wege unter Be=- stätigung der Regierung mit verbindlicher Kraft geschehen.

g. 74.

Wo besondere Verhältnisse feldpolizeiliche Vorschriften über solche Gegenstände erforderlich machen, in Ansehung deren diese Feldpolizei- Ordnung keine Bestimmungen enthält, können darüber Kreis -_oder Lokal-Verordnungen, nach Auhörung der Kreisstände oder der Orts- polizei - Behörden, der Gutsherrschaften und Gemeinden, mit Geneh- migung und unter Bestätigung Unserer Minister des Innern und der Justiz, erlassen werden. S0

E 4

Die gegenwärtige Feldpolizei-Ordnung soll am 1. Januar 1848 in Kraft treten. Von diesem Zeitpunkte ab verlieren alle bisherigen allgemeinen, provinziellen, statutarischen oder sonstigen Vorschriften über Gegenstände, worüber diese Feldpolizei - Ordnung Bestimmungen enthält, so weit niht ausdrücklich darin auf sie verwiesen ist, ihre Wirksamkeit.

Doch verbleibt von der halberstädtishen Feld-Ordnung vom 27. Juli 1759, wo dieselbe bisher gegolten hat, der §. 38 derselben, in- dessen auch dieser nur so weit in Kraft, als er die Schafhirten ver= pflichtet, für den Schaden-Ersab solidarisch zu haften z die darin aus- gesprochene solidarishe Verpflichtung dieser Personen für die Strafen wird aufgehoben. Von den im Allg. Landrecht Th. I. Tit, 14 Ab- nitt 4 enthaltenen Vorschriften über Pfändungen bleiben in Be- ziehung auf Gegenstände dieser Feldpolizei - Ordnung nur diejenigen gültig, welche in den hier beigedruckten Anhang aufgenommen sind.

Urkundlih unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrist und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel.

Gegeben Sanssouci, den 1. November 1847.

(L. S.) Friedrich Wilhelm. von Savigny, von Bodelshwingh. Uhden.

Beglaubigt : Bode.

Deutsche Bundesstaaten.

Königreich Bayern. Jn der öffentlihen Sibung der Kammer der Abgeordneten am 22. November führte die Tages- Ordnung zur Berathung über die Naturalbezüge für Studienlehrer und Professoren.

Ober-Studienrath Neumayr nimmt das Wort zur Abschneidung wei- terer Debatten und zur Beruhigung, indem er bemerkte: er seße als bekannt voraus, daß die fraglihe Verordnung vom 28. September 1845 nur Bezug habe auf Gymnasial- und Lyceal-Professoren und Studienlehrer, für welche sie pragmatische Rechte ausspreche und höhere Besoldung, so wie Dienstes- Zulage, gewährez es handle sich daher nur noch um die Besoldungs - Aus- scheidung. Die Verordnung habe von dem resp. Betrage je 75 Fl. ausge- schieden und in Getraide festgestellt, was eine Wandelbarkeit nach den Schwankungen der Getraidepreise statuire. Bezüglich dieser Ausscheidung habe das vorige Ministerium den Grundsaß allmäligen Eintretens festge- seßt, und zwar nah dem Altersverhältnissez die seit 1845 Angestellten hät-

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Verfügung wegen Zulassung der Weltlichen. zum Lehrerstande auszusprechen; mit Foeuto bátten die Geistlichen dem Lehramt obgelegenz er selbst (Redner) wäre Zögling einer Anstalt gewesen, wo blos Geistliche angestellt waren, und was sie auf ihn gewirkt, werde er nie vergessen: allenthalben ertönten die Klagen über Mangel an Gei lichen als Priester, von Seiten des Epis- fopats wären hierauf ezüglihe Antrage gekommen; bis “auf wenige seien die Listen der Priesteramts-Kandidaten geshwunden; es hätte das von felbst auf die Gestattung der Konkurrenz von auch weltlichen Lehramts-Kandidaten geführtz nicht einseitig solle die fragliche Maßregel aufgenommen werden, wovor er um so mehr warne, als die obrigfeitlihen Erlasse nur zu oft dem objeftiven Standpunkte ruhiger Beurtheilung entzogen würden, Mehrere Redner, unter Anderen Pfarrer Riede, sprechen sich mehr oder minder aus- führlih und nachdrülih für die Studienlehrer aus, Eben so Dekan Lechner, welcher der ministeriellen Erklärung volle Anerkennung s\pendet, doch vermöchte er den Wunsch nicht zu unterdrücken, daß auch die Lehrer der isolirten Lateinschulen berücksichtigt werden möchten, zumal er den Grund ihrer Zurücsezung nicht einsehen könne,

Die Kammer der Abgeordneten hat unterm 19. November nach- stehende Mittheilung an die Kammer der Reichsräthe gerichtet :

„Die Kammer der Abgeordneten beehrt sich, der Kammer der Reichs- räthe anzuzeigen, daß sie in ihrer heutigen öffentlihen Sißung nach erstat- tetem Vortrage ihres ersten Ausschusses über die Rückäußerung der Kammer der Reichsräthe auf den Antrag, die Vorlage eines Geseh - Entwurfs über die Behandlung neuer Geseßbücher betreffend, und nahdem von Seiten der Antragsteller das Ansinnen gestellt worden war, den bezeichneten Antrag in Erwägung der durch den Verlauf der Zeit veränderten Verhältnisse zurück- ziehen zu dürfen, beschlossen habe, es sei diesem Ansinnen statt zu geben. Sie giebt zugleich. der jenseitigen Würdigung anheim, ob dem gedachten Antrage Folge zu geben sei.“ /

Das Referat über die Eisenbahn =- Geldfrage i für die Reichs- Raths - Kammer vom Grafen -von Reigersberg bereits ausgearbeitet und am 20. November in einer Sißung des kombinirten zweiten und vierten Ausschusses berathen worden. Ueber dessen Jnhalt verlautet noch nihts. Wahrscheinlich am 24. November wird die Kammer sofort den Geseß=Entwurf und dessen von der Majorität der Ab- geordneten beschlossene Modificationen und Zusäße in Berathung ziehen, Morgen versammeln sih die Reichsräthe, um über die An-= träge der anderen Kammer bezüglich der Noth und Theurung und wegen der Mahllöhne Beschluß zu fassen. /

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 17. Nov. Die Hoffnung, daß nah dem 3. November, an welchem Tage in Moskau eine Abnahme in der Zahl der Erkrankungen an der Cholera bemerkt wurde, die Epidemie an Intensität verlieren werde, scheint in Erfüllung zu gehen. Am 5. November sind 94 erkrankt, 39. genesen, 49 gestorben, am 9. No-= vember nur noch 77 erkrankt, wovon 32 genasen und 22 starben. Demnach sind im Ganzen seit dem 30. September dort 2011 erkrankt, 930 gestorben, 422 genesen und 639 Personen in der Behandlung verblieben, von denen der größte Theil Hoffnung zur Genesung giebt, Von der Stadt Moskau aus hat sih die Cpidemie bereits über einige Kreise des gleichnamigen Gouvernements verbreitet. Jn Kiew hat nach den leßten Berichten die Zahl der Erkrankungen noh zugenommen. Jn Kasan nimmt die Jntensität der Krankhcit sichtlich ab. Jun den übrigen von der Cholera getroffenen Gegenden des Reichs hat sie “einen wenig bösartigen Verlauf. Jm Gouvernement Simbirsk is sie in den Städten Simbirsk und Stawropol gänzlich erloshen. Jm Gouvernement Saratoff hat die Epidemie in der Gouvernementsstadt, in allen Kreisstädten und in den Kreisen Kamyschin und Zarizün auf= gehört. Jn den übrigen Kreisen des Gouvernements fommen noch einzelne Erkrankungen vor. Bei dem Fortschreiten der Cholera von den Gränzen des Gouvernements Astrachan in das Gouvernement

ten diese Bezüge erhalten, eben so die älteren Lehrer, welche seit dieser Zeit * eine Beförderung erhalten, was Redner, nach den einzelnen Provinzen, mit“ Zahlen belegt. Hierauf erörtert er, ob dur obigen Grundsay das vorige Ministerium das Necht verleßt habe; der Referent habe hierüber streng den Stab gebrochen ; das jeßige Ministerium. hätte zwar nicht die Aufgabe, sich alle Rechts-Ansichten des vorigen Systems anzueignen: doch halte Redner es für angemessen, Gründe für die vorige Ansicht beizubringen, Schon 1827 habe die Regierung ein neues Besoldungs - Regulativ mit Ausscheidung von Grld- und Getraidebezügen eingeführt, und man habe gefragt, ob dasselbe auf die álteren Staatsdiener sich bezöge, welche sich dagegen verwahrten z; das erkläre sich aus dem damaligen niedrigen Ge- traidepreise. Sei aber das Rechts-Prinzip bei jenem Preise richtig gegen die Regierung gewesen, so müsse es auch jeßt wohl für sie richtig sein: genug Billigkeits - Nücksichten bestehen für die älteren Lehrer; das Ministe- rium habe höheren Orts angefragt und den Allerhöchsten Bescheid erhalten, daß die Verordnung vom 28, September 1845 allen Lehrern, älteren wie jüngeren, zu Gute kommen solle, sofern dieselben nicht selbst dagegen sein sollten. Es habe also der Antrag des Dr. Ramoser die Allerhöchste Sanction erhalten, ehe er noch in Folge der Kammer-Berathung an die Stufen des Thrones gekommen. (Freudige Bewegung.) Abg. Leybold giebt Beispiele merkwürdiger Jnterpretationen des Ministeriums Abel, welche mit der zu Grunde liegenden Verordnung in geradem Widerspruch gestanden ; den durch Königswort mit Zulage beglückten Lehrern habe jenes Ministerium dieselbe wieder entzogen z solhes erwarte er nicht mehr vom jeßigen Mini- sterium, Dekan Bauer: Nicht um neue Gründe beizubringen und nicht um den Eindruck der eben vernommenen ministeriellen Erklärung zu shwä- chen , ergreife er das Wort, sondern um von dem bayerischen Central- Schulbücher-Verlag zu sprechen, über welchen er ein Promemoria überreicht, und dessen drückendes allgemeines Privilegium bekämpft habe, Durch dieses Monopol wäre der Buchhandel, zumal in den kleineren Städten, so viel als vernichtet; auch auf die Lehrer wirke es übel ; jede geistige Erregtheit, worin der bayerische Lehrstand sich früher ausgezeichnet, wäre verschwunden, damit aber auch jedes weitere Mittel einer ausreichenden Nahrungsquelle. Dekan Scholler: Man wäre dem Ministerium dankbar sür seine Verwendung zu Gunsten des Lehrerstandesz aber das bezöge sich nur auf die Gymnasial- Professoren und die Lehrer der mit den Gymnasien verbundenen Latein- schulenz aber er wolle den Zustand aller Lehrer verbessert haben, deshalb müsse er auf Beschlußfassung der Kammer bestehen, und bezeichnet das Miß- verhältniß der Lehrer-Besoldung zu der gegenwärtigen Theurungz freudig wäre die Ausdehnung der Professur auch auf die weltlichen Lehramts - Kandida- ten begrüßt worden, Was die Lehrer an den isolirt gestellten Latein-Schu- len betrifft, so wäre das Unrecht gegen sie um \o \{chro}er, als sie vor 1845 mit den Lehrern der mit Gymnasien verbundenen Latein-Schulen gleichge- standen wärenz zu spät wäre es leider, durch Beschlußfassung beider Kam- mern jene Lehrer zu befürworten; aber gerade deshalb sollten sich um so mehr Stimmen in dieser Kammer für se erheben; erx erwarte jedenfalls baldige Zuschüsse des Landrathes für die Lehrer der isolirten Lätein-Schu- lenz vernommen habe er sogar, daß durch Entschließung unter dem vorigen Ministerium die Subrektorate zur Etats-Anfertigung angewiesen worden, aber da man die Ausgabe zu hoch gefunden, habe man die Sache sistirt, Die Ausdehnung des Central-Schulbücher-Verlags sollte \sich nur auf die deutschen Schulschriften erstreckenz übrigens könnte man in entgegengeseßter Weise zu weit gehen, er habe in Erfahrung gebracht, daß ein Studien- Lehrer zu Gunsten seines Bruders, eines Buchhändlers, jedes Jahr die Lehrbücher gewechselt; doh wäre Mannichfaltigkeit nothwendig. Ober-Stu- dienrath Neumayr: Das vorige Ministerium habe den Gruudsay ausge- \sprochen, daß die isolirten Latein-Schulen Lokal-Anstalten wären, und die- ses Prinzip habe das gegenwärtige Ministerium überkommenz eine Aende- * rung wäre wegen der damit in Verbindung stehenden Finanz - Frage nicht sofort zu verwirklichenz man habe gesagt, es solle das jeßige Ministerium *

Saratoff auf dem Landwege sind unter Anderem folgende Thatsachen beobachtet worden: 1) Die Epidemie ist guf ihrem Wege bis nah Saratoff hin fortwährend gegen den Wind vorgeschritten. 2) Gleihwie im Jahre 1830, hat sie auch gegenwärtig die auf diesem Wege liegende Kolonie Sarepta unberührt gelassen, ob- * gleih der Verkehr zwischen diesem Orte und der Umgegend nicht un- terbrohen war. Man glaubt diese Thatsache kaum aus der Lage Sarepta?s erklären zu können, da diese im Vergleich mit der anderer an der Wolga gelegenen Ortschaften nichts Besonderes darbietet, und man sucht deren Grund mit großer Wahrscheinlichkeit vielmehr darin, ‘daß Sarepta keinen eigentlihen Pöbel hat, aus dem bekanntlich die Epidemie am häufigsten ihre Opfer holt und durch den sie am mei- en weiter getragen wird. Die Bewohner Sarepta's, betriebsam und wohlhabend, führen eine Lebensweise, die in Beziehung auf Gesund= heitspflege als Muster aufgestellt wird. Sauber und reinlich, sind ste Zugleich mäßig im Genuß. Die Epidemie is bei Sarepta vorüber= Fegangen, da sie keinen empfänglihen Boden unter der dortigen Bevöl- ferung gefunden. 3) Während die Epidemie von Kamüschin nah Saratoff vorschritt, verschonte sie unter Anderem auch die fünf auf diesem Wege liegenden fremdländishen Kolonieen. Später zeigte sie sich zwar auch in diesen Kolonieen, aber schon zu einer Zeit, wo in Saratoff die Krankheit ihre größte Jntensität erreiht hatte. Jn allen diesen Ko- lonisten-Dörfern brach die Cholera aus, unmittelbar nachdem Reisende aus Sarato}f dorthin gekommen waren, die sich bei ihrer Ankunft entweder {hon krank fühlten oder bald naher von der Cholera be- fallen wurden. Jn diesen Fällen, die übrigens die Möglichkeit einer Verbreitung der Krankheit durh Menschen beweisen, dauerte die Jn- cubation nicht länger als 4 Tage. Andererseits hat man während der Cholerazeit in Saratoff die Bemerkung gemacht, daß Bewohner {on infizirter Ortschaften bei freiem Verkehr mit Kranken weit weniger von der Seuche ergriffen worden sind, als Per- sonen, die aus noch gesunden Ortschaften dorthin kamen. Ueberhaupt hat der epidemishe Charakter der Krankheit sihtlich zumeist bei solchen Personen sich offenbart, die während dieser Zeit an besonderem Druck in der Magengrube, an Verstimmtheit, Schlaflosigkeit bei sonstigem vollkommen körperlichen Wohlbefinden litten. Auch im Gouvernemeut Nischnij-Nowgorod greift die Krankheit niht um sich und behält ihren wenig bösartigen Charafter bei. Jn den Gouvernements Nowgorod, Riasan, Wiatka, Cherson und Podolien sind keine neuen Cholerafälle vorgekommen, und über den Krankenbestand im Gouvernement Char- kof sind in der leßten Woche keine neuen Nachrichten eingegangen. Den letzten Berichten zufolge, hat sh die Krankheit neuerdings ge- zeigt: 1) Am 29. September im Gouvernement Kaluga im lihwin- hen Kreise und am 21, Oktober in Kaluga selbst, wo in der ersten Woche 7 Personen erkrankten, von denen 5 gestorben sind. 2) Am 1. November im Gouvernement Minsk in der Stadt Reshiza, Jm Verlaufe der ersten Tage kamen hier 4 Krankheitsfälle vor und star- ben 3 Personen.

TÜrkel.

g Konstantinopel , 10. Nov. (Ocsterr. Beob.) Die Cholera hat seit ihrem ersten Auftreten am 24sten v, M. in dieser FHauptstadt nur wenig um si gegriffen. Jn sehzehn Tagen kamen

die - Verlassenschaft des vorigen nur mit der Rechtswohlthat des Geseßes und Inventars antreten, aber das besage, daß es nur so weit haften dürfe, -

als es (Finanz-) Mittel überkommen hâtte. (Allgemeiner Beifall.) Pfar- F rer Ruland theilt Scholler's Ansicht über die Zurückstellung der Lehrer an F

den isolirten Lateinschulen, auch er sei -dafür, daß Jeder, wäre er weltlih 7, oder geistlich, zum aat ugelassen werden sollez aber dagegen müsse er sich verwahren, als ob die Geistlichen bisher hierzu minder befähigt wesen,

und erinnert an die hohen Leistungen der Geistlichen im mr iti pu Minister: Verweser von Zu-Rhein fühlt sich. verpflichtet, die Motive:über die neueste

4: 25 fonstatirte Fälle vor,

und vou diesen hatten nur neun den Tod ‘zur Folge, so zwar, daß mehrere der hiesigen ausübenden Aerzte das Dasein der Cholera als Epidemie noch gegenwärtig in Abrede stellen, Jn Trapezunt hatte die Krankheit völlig aufgehört. Jene einzeln in der Hauptstadt vorgekommenen Fälle der Cholera haben die Auf- merksamkeit des Sanitäts - Rathes in den leßtvergangenen Wochen=

4 Sizungen besonders in Anspruch genommen,

_… Nach mehreren, mitunter geistreichen und lihtvollen -Vorträgen

und Diskussionen von Seiten des- ärztlichen Theiles der Conseil-Mit- lieder über die Ansteckungsfähigkeit der Krankheit, welche aber haupt- fichlich nur bezweckten, die bis jeßt gegen Abwendung der Epidemie in Borshies und Dos gebrahten Schußmittel zu rechtfertigen, wurde die Hauptfrage: ob nämli im eventuellen Falle der Ausbrei= tung der Epidemie in Konstantinopel sowohl das flache Land, wohin die Cholera noch niht gedrungen, gegen die Hauptstadt , als auch diese gegen jene Gegenden, wo die Krankheit herrscht, durch Quaran- tainen abgesperrt bleiben sollten, einer außerordentlichen, morgen statt= findenden Sibung vorbehalten. i f: Der gegenwärtige Gesundh-its=- Zustand in Konstantinopel flößt feine Besorgniß ein, denn der Cholerafälle sind relativ sehr wenige und erklärbar durch die plößlih eingetretene nasse Witterung, Furt vor der Krankheit, die in dem durch die Dampfschiffe angenäherten Trapezunt erst kürzlich aufgehört hatte, und mehrere andere diese Krankheit fördernden Umstände, welche im paraV Bes Charakter in Konstantinopel seßhaft geblieben war. So sind z. B. im verflossenen Sommer unter den Kaiserlihen Garden von 12,000 Mann drei Fälle der asiatischen Brehruhr vorgekommen, und gegenwärtig, wo die ein- zelnen Fälle der Cholera amtlich der Sanitäts - Jntendanz angezeigt werden, sind unter einer Bevölkerung von nahe 700,000 Menschen seit 24. Oktober bis gestern 25 Fälle signalisirt, wovon 9 mit dem Tode endigten. Unglülicherweise wurde ein Diener des Quarantaine= Amtes von der Cholera befallen, und dieses gleihch zur Oeffentlichkeit gebrahte Ereigniß hat eben so sehr das Publikum m Shrecken geseßt, als es auch den Kontagionisten eine - neue Waffe in die Hand gab, bei dem Sanitäts - Conseil mit ihrer Stimme auf ein starres Festhalten an dem Absper- rungssysteme durchzudringen und Konstantinopel in Quarantaine zu seßen, Da aber beinahe gleichzeitig auch andere Fälle vorkamen, bei welchen es vermessen wäre, den Kontakt mit einem Cholerabehafteten als den Ursprung der Krankheit anzunehmen, wie z. B. bei einem italienischen Tagelöhner in Galata, welcher drei Wochen vor seinem Tode, am 4. November der erwähnte Fall des Quarantaine= Dieners ereignete sich am 24. oder 25, Oktober —, an einer heftigen Diarrhöe litt und am 3. November ers einen Arzt holen ließ; ferner bei einer Frau in Pera, welche unvorsichtigerweise bei heftiger Ge= müthsbewegung sih eine plößlihe Erkältung zugezogen hatte, \o scheint doch in dem Sanitäts-Rathe jeßt die Yieinung das Ueberge= wicht zu gewinnen, daß die Cholera keine pestilenzartige, nur dur Kontakt mittheilbare Krankheit, sondern eine auch in der Türkei seß= hafte und zeitweise durch besondere klimatische Vorbedingnisse begün- stigte Epidemie sei, gegen welhe Quarantaine-Absperrungen unwirk= sam, andere Schubmittel hingegen mit Erfolg angewendet werden fönnen.

Naturhistorische Notiz über die Cholera von 1847. (Vergl. Allg. Pr. Ztg. Nr. 293.)

Seitdem ich einige naturhistorishe Bemerkungen über diesen Gegen- stand schrieb, hat die Cholera sowohl in Jsium, als Charkof und Tschu- gueff} aufgehört, Jn legterem Orte war sie indessen schon Anfang Septem-

*ber, nach fünfwöchentlicher Dauer, stark in der Abnahme, als ein ansehn-

liches Truppen - Cantonuement für die alljährigen Herbstübungen daselbst zusammengezogen wurde und die Krankheit auf die frischangekommenen, für sie noch nicht akklimatisirten Menschen mit neuer Wuth hersfiel, F Ungeachtet einer viel ansehnlicheren Menge von Kranken, als im August, S zeigte sich die Krankheit doch in shwächerem Grade und auf eine verschie- d dene Weise, In dem Monat August, der ersten Periode nämlich, herrsch- L ten bei ihr Krämpfe vor, s einen mehr oder weniger starken Puls; im September, der zweiten Periode dagegen, waren die Krämpfe shwach, nicht anhaltend, blieben zuweilen ganz aus, und die ganze Krankheit äußerte sih vorzugsweise dur einen unge- F wöhnlih hohen Grad von Abstumpfung der Nerven und den schnellen Ver-- *) lust des Pulses. Auch in der Verbreitung der Krankheit war in diesen bei- F den Perioden eine Verschiedenheit zu merken; zuerst waren es kräftige Na- # turen in {on vorgerücktem Mannesalter, die befallen wurden, während F Frauen und Kinder verschont blieben; zu Ende der zweiten Periode waren F es vorzugsweise diese Leßteren, die von der Krankheit litten, Sie vershonte selbst s{wangere und säugende Frauen nicht, und nicht selten kamen Fälle F vor, wo die Mutter starb, das Brustkind aber leben blieb, Während der mehr als zweimonatlihen Dauer der Krankheit hatte man verschiedene # Mittel mit mehr oder weniger Glücd angewandt. Salz, Krausemünze, F türkishen Pfeffer, Naphtha und Stinkspiritus, innerlich angewandt, # blieben fortwährend die zuverlässigsten allopathishen Mittel. Abreibun- F gen mit der trockenen, flahen Hand, d, h. eine Art magnetischer F Manipulationen, entwickelten eine ganz wunderbare Kraft und brachten den Kranken die wesentlichsten Erleichterungen, Man brauchte dazu manchesmal F sechs Menschen. Jch mache hier wieder auf den magnetischen Ursprung der Cholera aufmerksam. O 5 :

Merkwürdig isst es, daß die Cholera bis jeßt immer aus Süden kam * und na) Norden sich zog, nicht aber umgekehrt. Meistens hatte sie auch F eine westlihe Richtung, während Epidemieen, wie die ägyptische Ophthalmie, S8 ebenfalls aus Süden*) kamen, dann aber von West nah Ost gingen. S Ueber den Ural nah Often is weder die eine noch die andere gekommen.

So lange die Krankheit währte, konnte man weder in der Luft, noch im Wasser irgend eine Veränderung oder etwas Auffallendes wahrnehmen. Und doch starben die Stubenfliegen im August und September in solcher Menge, daß man unaufhörlich die Fenstern abfegen mußte. Die Thiere waren sehr matt, shwollen auf und endeten 1n wentg Stunden. Die Blät- 5 ter von vielen Bäumen, besonders aber von Linden, wurden \hon in der * ersten Hälfte des August gelb, und eine Menge davon fiel weit früher ab, als in anderen Jahren. Birnen, Gurken, Melonen 2c, waren dies Jahr in ungèwöhnlicher Menge, doh meistens fleckig, und verdarben außerordent- lih nell, selbst in den besten Kellern. Die Kürbisse sind voll von grünen nierenfórmigen Auswüchsen, die auch nach der Reife der Frucht grün blei- ben. Die Blüthen und Stengel des türkishen Weizens waren dieses Jahr fast durchgehends von faustdicken Ustilaginen überwachsen. Die Kartoffeln dagegen sind vortrefflich, und von Kartoffelkrankheit hôrt man hier um Tschugueff und Charkoff nichts. Die Zugvögel zeigten sich wenig,

Jn dem Striche, wo die Krankheit den nördlichen Theil der ukraini- hen Militair-Ansiedelungen berührt hat, sind im Ganzen an 6—700 Men- sen, vone iner Bevölkerung von circa 30,000, gestorben, d. h. ¿7 oder ungefähr so viel, wie alljährlich in den Fabrik-Distrikten Englands. Jm Jahre 1830 starben an der Cholera auf derselben Landesstrecke 180 und 1831 mehr als 1500 Menschen. Unter jenen 6—700 Todten gehören fast Alle zur nie- dercn Volksklasse, die gebildeten Stände zählen blos 12 Opfer,

Gouvernement Charkof, den 17. Oktober 1847.

Victor von Motschulsk 9.

Vermischtes.

Ein Wallfish im finnishen Meerbusen, (Petersb, tg.) Am 16, September kehrte ein Fischerboot von der westwärts von Delpgfo liegenden Jnsel Chursala nah genannter Stadt zurück, Jn dem O befanden sih zwei Studenten, der Eigenthümer dés Bootes, eine Gro Was- ein zwölfjähriger Kuabe, Plößlich bemerkten die Reisenden auf Pp L ser einen {hwärzlihen, einer großen s{wimmenden Tonne es L e Ft per, der vor dem Do, as des oer e L eru A E in,

iehen schien. er alte Fischer, dem dies n / einung

Vaubte L dem räthselhaften Gegenstante eine übernatübe gen dessel- zu erblicken und vergan e Z ne T rie usepen JZndessen en

bzustehen und ihren Weg na ! e waren, dessen wi an Studenten, die anfänglich dem Shiffer gefolgt h

inali Í jese Richtung ane #) Auch: die Pest nimmt ursprünglich vorzugsweise diese Richtung

und der Kranke behielt oft noch ziemlih lange #