1847 / 353 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

R ne E S LE

in außerordentli es Auditorium in der ersten Kammer S Civil: T E cid jeitee! jufammengeströmt Der Juhalt des unter tiefer Stille vom Präsidenten Debelleyme verkündeten Ürtheils,

; : 2 irt it, ist im Wesentlichen folgender: Jn dás sehr ausführlich motivirt is, is el Ne s Cifctrag ihres

¡je Gráfin i s i

Mare v rufen, gerichtliches Einschreiten veranlaßt hat; Ae worin sie ihren Mann als verrückt angiebt, 2) in durh ein Gesuch, B e des Familienrathes und Verhör er- dem sie ein Urtheil für Berufung des 6a de: in Be- langte und 3) dieser Familienrath wirkli berufen wur E Pert tradt, daß Graf Mortier, da seine Frau dem Ausspruch T is lienrathes feine Folgen gab, beim Tribunal die Verwerfung e Mundtodt - Erklärungs - Verlangens betreiben Fonnte; daß die durch das Geseß vom Jahre 1838 angedeutete Form auf den am häu- gsten vorkommenden Fall Anwendung findet, wo der meln Plrüdtheit Eingesperrte keinen Gegner hat, also ein einfaches Gesuch für ihn hinreicht; sobald aber ein Gegner vorhanden ist, dies Verlangen gegen ihn nah dem gemeinen Rechte gestellt werden muß, sogar von Amts wegen derselbe mit in die Sache gezogen werden mißté; also dem Tribunal ein regelmäßiger Autrag vorliegt auf Ver=- werfüng des Mundtodt-Erklärungs-Gesuchs, in welchem Herr Mortier dié Frau Mortier zur Gegnerin hat, die als solche schon deshalb gel- tén muß, weil sie die Entscheidung der Justiz überlassen will; ferner ein Gesuch um Freilassung, in welhem Herr Mortier einerseits seine Frau, andererseits das im Juteresse der Gesellschaft handelnde öffent- liche Ministerium zu Gegnern hat; in Betracht, daß zur Entscheidung über die beiden Anträge die genaue Kenntniß des geistigen Zustandes Mortier’s unentbehrlih is; die zu Paris im Hotel Chatam am 7. November vorgegangenen und dur Protokoll des betreffenden Po= lizéi-Commissairs konstatirtèn Thatsachen vorausseten lassen, daß Mor- tier an jenem Tage mehrere Stunden lang einen anhaltenden Anfall rasender Tollheit hatte; diese Thatsachen vollkommen das Einschrei= ten und die Sicherheits-Maßregeln der Behörten rechtfertigen; die Antworten Mortier's in seinem Verhör vom 26. November auf die über die materiellen Thatsachen vom 7. Novbr. an ihn gerichteten Fragen, welche Thatsachen er selbst eingesteht und anerkennt, die Annahme jenes Anfalls rasender Tollheit bekräftigen; daß in der That nicht auf vernünftige Weise zu erklären vermag, wie er den Brief vom 7. November an seine Frau geschrieben, um eine Zusammenkunft mit ihr zu erlangen; wie er sich dazu verstehen konnte, ihr seine Kinder zurückzugeben in dem Augenblicke, wo er sie der gehässigsten That- sachen beschuldigte und den Kindern lieber das Leben nehmen wollte, als sie in den Händen ihrer Mutter zu lassen ; wie die einfahe noch nicht verwirklihte Drohung mit einem Scheidungsverlangen ihn zum Selbstmorde und doppelten Todtschlag den Gedanken eingeben fönnte z wie er sih mehrere Stunden verbarrikadirt und mit einem Rasir= messer bewaffnet halten , jede freundlihe Erklärung troß des drin- genden Verlangens der Beamten verweigern konnte; endli zu wel- chem Ende er die Briefe an Frau von Boygnes, an seine Mutter und Herrn von Tillighem geschrieben ; in Betracht, daß die seit seiner Eiusperrung wiedergekehrte Ruhe bei Mortier noh kein hinreichender Beweis i} von einer vollständigen und dauerhaften Heilung; daß festgestellt werden muß, ob der Auftritt vom 7. November nur eine Folge augenblicklicher Verwirrung des Geistes oder ein Gedanke an ein Verbrechen war, für welches Mortier verantwortlich gewesen wäre, wenn ein Anfang zum Vollzug stattgefunden hätte; ob dieser Auf- tritt nicht die Wiederholung {hon früherer ähnliher Anfälle war, die fünftig sich erneuern könnten; mit einem Worte, ob die dem Mor-= tier beigemessenen Handlungen als entsprungen aus einer böswilligen oerbrecherischen Absicht oder aus Geisteskrantheit betrachtet werden

müssen; in Betracht, daß aus den Aktenstücken und mündlichen Ver= theidigungen mehrere belangreice Thatsachen hervorgehen, deren Cha- rafter ermessen werden muß, um sih zu vergewissern, ob sie aus freiem Willen oder Verrücktheit hervorgegangen sind, nah Artikel 254 und 893 des Civil - Geseßbbuhs aber die Beibringung des Beweises befohlen werden fann; in Betracht alles dessen ordnet das Tribunal

vor Entscheidung des Rechtspuuktes an, daß durch Urkunden und Zeugen der Beweis für die nachfolgenden Thatsachen, unter Vorbe- halt des Gegenbeweises, beizubringen sei, nämlich:

Im Jahre 1843 hätte Herr Mortier zu Bern seine Frau eines mit einem Bedienten begangenen Chebruhs und der Abtreibung der Leibesfruht beschuldigt, sie mit einem Rasirmesser bedroht und den seiner Tochter zu Hülfe gekommenen Herrn Cordier geschlagen ; spä= ter aber in Gegenwart der Dienstleute seine Frau und seinen Schwie=- gervater um Verzeihung gebeten und an Frau Mortier namentlich im Dezember 1845 Briefe voll Lobeserhebungen und Liebesbezeigun= gen gerihtet; während seines Aufenthaltes zu Bern und Luzern hätte er tolle Einbildungen gehabt, bald daß der Doktor Sichel seinen Tod für eine bestimmte Zeit vorausgesagt, bald daß ein Mönch an seiner Seite im Wagen gesessen habe; zu derselben Zeit hätte er si ohne ersichtlihen Gruud und Anlaß aus seinem Bett mit einer Waffe in der Hand gegen einen Bedienten gestürzt und ihn verfolgt; im Sep- tember 1844 wäre er zu Turin in heftigsten Zorn gerathen über eine aus Paris ihm geschickte Piece aus Bronze, hätte ein Rasirmesser genommen und die Absicht, sih den Hals abzuschneiden, kundgegeben ; ebenfalls während seines Aufenthaltes zu Turin hätte der Botschafts- Secretair Herr von Andree für nöthig gefunden, sich mit einer Ver=

theidigungswaffe zu versehen, so oft er in Herrn Mortier's Kabinet

ging; im Juli 1846 hätte dieser zu Dieppe seinen Sohn geschlagen und

gemißhandelt, weil dieser beim Spielen sih an den Kopf gestoßen hatte ; hei einer Unpäßlichkeit der Frau Mortier hätte er abermals ein Rasirmes=- ser ergriffen und gedroht, vor den Augen seiner Frau si die Kehle ab- zuschneiden; im August 1847 hätte er si zu Ostende so weit vom Zorn fortkteißen lassen, daß der Doktor Johnson zu dem Glauben an Verrüctheit desselben veranlaßt wurde; er hätte sich auf dem Boden gewälzt, weil sein Bedienter nit s{lennig genug ihm seinen Sch[af- rock brachte; am 6. Oftober 1847 hätte er sich ¿uf dem Boden ge- wälzt und Geschrei gusgestoßen, weil Kleidungsstücke nicht zur verab- redeten Stunde abgeliefert worden, hätte sich mit einem Rasirmesser bewaffnet, welhes Herrn Hektor von Tillighem ihm zu entreißen ge- lang; am 7, Oktober in der Nacht hätte er ein Rasirmesser e! griffen, damit seine Frau bedroht und diese zur Flucht zu der Erzieherin der Kinder genöthigt; am 8. Oktober hätte er abermals ein Rasirmesser hätten sich-

, Speisekammer, die Andere unter einem S O auf einem Speicher, während Herr Mortier sie im ganzen Hause suchte; er wäre zum Fenster hin- ausgesprungen, als er zwei Frauen vorübergehen sah, die er für seine ! h j erren von Tillighem und die Dienstleute hätten die Nacht {iber mit Veebeitangen ta Flucht der beiden Frauen zugebraht, und diese wären um 4 Uhr Morgens entkommen; er wäre in As Zorn ausgebrochen gegen seine Mutter, die ihn abhalten wollte, feine Kinder zu \{chla en; am sen hielt,

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auer seiner Béspéehuta

rau Mortier und

d 1 ihre Dienstfrau müssen, die O sf

ergriffen , die Erstere in einer

oersteckt halten

Frau und die Erzieherin der Kinder hielt, die H

7. November, während er sich im Hotel Chatam eingeschlo hätte erx einem seiner Kinder das Mastemenee an den Ha und dieses Rasirmesser während der ganzen

mit dem Herrn Polizei-Präfekten in der Hand behalten.

Das Tribunal ordnet also an, daß auf Ansuchen der Frau Mortier und des Staats-Prokurators zur Beweisführung zu schreiten Fei, ernennt den Richter Herrn Casenave zum Commissair für die vor= zunehmende Untersuchung zu Paris; befiehlt, daß derselbe auf ein-

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faches Ansuchen beim Präsidenten im Verhinderungsfalle durh einen anderen erseßt werden solle; überträgt, so weit nothwendig, den Ge- rihts-Behörden zu Bern, Luzern, Turin, Ostende und Brügge das Amt , die Zeugen zu verhören, deren Vernehmung verlangt werden sollte; befiehlt , daß die Untersuchung binnen vierzehn Tagen nach Zustellung des gegenwärtigen Urtheils zu beginnen habe und in der Frist von vierzehn Tagen nach Vernehmung der er- ]sten Zeugen vollendet sein müsse; beauftragt die Doktoren Fabret, Loret und Forille, den Herrn Mortier zu besuchen, befiehlt, daß sie spätestens binnen 14 Tagen (von gestern an gerechnet ) ein erstes Gutachten geben sollen über die Frage, ob Herr Mortier ohne Gefahr in eine niht für Verrückte bestimmte Anstalt übersiedelt wer- den könne, und die Uebersiedelung gegebenen Falls zu verlangen; befiehlt, daß die obengenaunten Aerzte ihr Gutachten darüber abge- ben sollen, ob Herr Mortier als von Wahnsinn befallen betrachtet werden fann;z befiehlt endlich, daß im Falle der Verhinderung der besagten Aerzte auf einfaches Gesuh an den Präsidenten des Tribu- nals zu uer Ersebung geschritten werden fönne. Die Eutscheidung über den Kostenpunkt bleibt vorbehalten.

Großbritanien und Irland.

Oberhaus. Sitzung vom 14. Dezember. Die im Un- terhause vorgebrachten Juterpellationen hinsichtlih der Angelegenheiten in Jtalien und der Schweiz fanden heute bei den Lords ihren Wie- derhall. Lord Stauley lenftce die Aufmerksamkeit des Hau*es auf die Abwesenheit des Lord-Siegelbewahrers, Grafen von Minto, und verlangte zu wissen, wie die Geschäfte dieses Amtes während der Reisen des Lords in Jtalien versehen würden, welchen politischen Zweck jene Reisen hätten, ob Lord Minto Justructionen erhalten habe und ob er bei irgend welchen italienischen Höfen afkkreditirt sei? Der Mar- quis von Lansdowne ertheilte die verlangte Auskunft. Das Amt eines Lord - Siegilbewahrers erfordere niht immer die Gegenwart dieses Ministers im Lande, und da die Regierung die gegenwärtige Bewegung in Jtalien für so bedeutend halte, daß ihr daran gelegen sei, möglichst vollständige und möglichst genaue Nachrichten aus jenem Lande zu erhalten, so habe sie den Lord Minto mit der Mission beauf- tragt, ihr diese Nachrichten zu besorgen. Lord Minto habe seit seiner Re= sidenz in Rom, wiewohl er nit bei dem päpstlihen Stuhle akfreditirt und. auch nicht beauftragt sei, Unterhaudlungen anzuknüpfen, da das Ge- seß dies verbiete, der Regierung die werthvollsten Berichte über Jta- lien zugehen lassen. Hauptsächlich aber habe seine Sendung den Zweck, den Regierungen und dem Volke Jtaliens den freundschaftlichen Rath Englands darzubieten, und er sei deshalb bei allen Souverainen Jtaliens, mit Ausnahme des Papstes, affreditirt. Der Rath Englands sei von Allen gut aufgenommen worden. Es wäre aber ein großer Fehler gewesen, weun Lord Minto, indem er dieser Sendung si unterzog, sich nicht nah Rom begeben hätte, um die Angelegenheiten dieses Staates kenuen zu lernen. Die- ser Beantwortung der Fragen Lord Stanleg9's fügte der Minister noch einige Bemerkungen über die Nothwendigkeit der diplomatishen Ver- bindung Englands mit Rom hinzu und erklärte es für wahrhaft mon- strös, daß England, welches Mittel habe, sich auf offiziellem Wege die besten N von jedem Hofe und Gouvernement in Europa, Ameriká und Asien zu verschaffen, einem Staate im Mittel= punfte Europa's gegenüber solher Mittel entbehren solle. Hierauf brachte Lord Beaumont die s{weizer Angelegenheiten zur Sprache. Seine Frage beschränkte ih darauf, ob England einem Vorschlage zu einer Konferenz beigetreten sci, auf welcher au ein Mitglied des Sonderbundes gegenwärtig sein werde. Der Marquis von Lans= downe wiederholte die im Unterhause gegebene Antwort Lord Pal= merston?s, daß England eiñem ihm angetragenen Vermittelungsvor- shlage unter der Bedingung, der bewaffneten Jutervention in der Schweiz sich enthalten zu dürfen, beigetreten sci, daß auch auf einer demnächst von den Mächten abzuhaltenden Konferenz allen Parteien Rath ertheilt werden sollte, daß aber der Vermütelungsvorschlag jeßt erledigt sei, da man feine zwei Parteien in der Schweiz mehr finde. Sir Stratford Canning habe die Jufiruction, bei seiner Durchreise durch die Schyzeiz sih mit denen in Verbindung zu seßen, welchen er jenen Rath zu ertheilen autorisirt sei.

Nachdem die Debatte über die zweite Lösung der irländischen Zwangsbill auf den Donnerstag festgeseßt war, vertagte sih das Haus.

Jm Unterhause kamen heute nur Sachen von weniger allgemeinem Jnteresse zur Sprache. Eine -lange Debatte über die bestrittene Wahl von West-Glocestershire, die zu vielfahen Beshwer- den über die angeblich geseßwidrige Einmischung des Grafen Fiß= hardinge Veranlassung gab, wurde auf Freitag vertagt und ein dar= auf folgender Antrag des Herrn Horsman auf Vermehrung des Einkommens der zu gering totirten Bischöfe der anglikanischen Kirche verworfen.

Londou, 15. Dez. Die Gazette meldet jeßt amtlich, daß die Königin dem Doikapitel von Hereford ihr Congé d'élire ertheilt habe, behufs Erwählung des Vyr, Hampden zum Bischof von Hereford.

Herr Curteis, Mitglied des Unterhauses für Rye, is gestern an einem Erkältungsfieber gestorben.

Nach einer am 1sten d. M. aufgemachten Berechnung beträgt die Zahl der Fallissements in Großbritanien bis dahin 250, mit einem Betrage der Passiva von 23,250,000 Pfo. Davon kommen auf London 10 Mill, , Liverpool 3 Mill., Manchester 2,250,000 Pfd., Glasgow 3 Mill. und auf andere Orte 5 Millionen.

Die ostindishe Firma Scott, Bell u. Co., welhe am 24, Ofto- ber ihre Zahlungen eingestellt hat, {lägt ihren Gläubigern vor , sie in vier halbjährlichen Terminen vou 25 pCt. zu voll zu befriedigen. Die erste Zählung soll am 30. Juni 1848 stattfinden, Die direkten Verpflichtungen der Firma werden auf 99,629 Pfd. (außer 228,000 Pfd, für welche Deckung vorhanden) und die Aktiva auf 143,000 Pfd, angegeben.

S elgien, Brüssel, 17. Dez. Die Repräsentanten-Kaumer is jeßt mit der Diskussion des Budgets für das Ministerium des Jnnern be-

schäftigt. Es kamen dabei folgende Debatten vor: Herr von Garcia interpellirte den Minister über politische Absezun- gen, besonders wünschte er zu wissen, twvelhes Motiv die Absezung des Gouverneurs von Namur hervorgerufen hätte, Herr Rogier erinnerte an die Erklärungen, welche er in Betreff der politishen Absepungen bei der Adreßdebatte gegeben. Uebrigens werde wohl die Kammer nicht erwarten, daß er sih über jeden solchen Fall hier näher aussprechez das Gouverne- „ment habe sih dabei in den Gränzen der möglichsten Mäßigung chalten und nur das durchaus Nothwendige gethan. „Wenn eine politisch Mei- nungsverschiedenheit“, sagte Herr Nogier, „zwischen politischen Männern ausbricht, is es natürlich, daß sich solhe Männer trennen, allein dabei ist niht von Mißachtung die Nede, im Gegentheil liegt eine Erniedrigung für einen öffentlichen Beamten darin, wenn er einer Politik dient, die ihm nicht zusagt, Ich wiederhole, bei den von uns ausgesprochenen Absezungen ha- en wir nur dem gefolgt, was unter allen epräsentativ-Gouvernements eschieht,/ Herr von Merode ist der Ansicht, daß man die Beamten rüher als Staats-Beamte, nicht aber als Söldner dieses oder jenes Mini- steriums betrachtet hätte. Man müsse Erklärungen über jene Absepuugen verlangen, Herr de Theux habe solche Erklärungen gegeben, als Herr von

Stassart seine Gouverneurstele zu Namur verlor. err d°' beschwert sich durchaus nicht aber seine Absezung, Le o Mar: von derselben gesprochen, so wünsche er, daß er die Veranlassung dazu genau kenne, indem er der Gegenstand boshafter Jnsinuatio- nen geworden, Er stelle daher an das Ministerium das Gesuch, seine des- fallsige Korrespondenz mit ihm zu veröffentlichen, was er bisher selbs zu thun nicht für angemessen erachtet habe. Herr Rogier findet es nicht im Interesse des öffentlichen Dienstes, daß die mehr persönlichen Verwaltungs- Gegenstände an das Licht der Oeffentlichkeit gezogen würden, denn es gebe sehr häufig persönliche Fragen, deren Besprechung nicht zulässig sei. Uebri- gens stelle er es dem Herrn d’Huart anheim, ihre ganze Korrespondenz zu veröffentlichen. Herr d’'Huart meint, daß der Moniteur ih am besten zu deren Veröffentlichung eigne, er werde übrigens sie veröffentlichen, dg der Minister es nicht thun wolle. Herr Rogier fann sich nicht tazu ver- steheu, diesem Antecedenz zu folgen. Herr von Merode erklärt die ficb- zehn politishen Absezungen für eine türkische Politik. (Gelächter) Herr Orban meint, daß die Abseßung von Verwaltungs-Beamten, ihrer politi- hen Meinung wegen, dazu führen müsse, daß auch in Belgien eine par- lamentarische Neform die Beamten von der Kammer ausschließe, Herr Rogier drückt sein Befremden darüber aus, taß man diese Frage wieder zur Sprache bringe, nachdem er sie {on für geschlihtet gehalten. Uebri- gens müsse er sich wundern, daß Herr Orban dem Gouvernement ein fol. ches Necht streitig mache, ohne das kein Gouvernement leben und regieren könne, Der Gouverneur und Distrift-Kommissar seien vor Allem politische Männer, welche die Politik des Gouvernements zu befolgen hätten. Uebri- gens fürchte das Gouvernement keine parlamentische Reform, im Gegen-

theil hielt dasselbe es für eine nüyliche Maßregel, daß man die Zahl de:

Beamten in der Kammer beschräuke, denn die Lage der Beamten sei bei einem Ministerwechsel eine falsche, Jedenfalls sei es zweckmäßiger , Beamten zu entlassen, als sie zu zwingen , ihre Ueberzeugungen zu wechseln, Gebe es öffentliche Beamte, die nicht glaubten, dem Gouvernement in den (Gränzen seines Programms dienen zu können, so hätten sie ihre Entlassung einzu- reichen , oder keine Opposition zu machen. Sehe aber das Gouvernement cin, daß es mit diesen Beamten nicht ausharren lönne, so müsse es seines Nechts der Absepung sich bedienen, Hiermit war die allgemeine Diskussion geschlossen, und es wurde zu Erörterung der einzelnen Kapitel des Budgets geschritten. Eine längere Diskussion entspann sich über Kap. 5, Bejsol- dung der Kreisbeamten , und Kap, 6, Vicinalwege. Ju Bezug auf erstere machte Herr Lebeau auf die Ungleichmäßigkeit dieser Besoldungen im Ver- hältniß zur Bedeutsar1keit der Kreise aufmerksam, und gestand selbst Herr Nothomb, Urheber des Geseßes, welches jene Besoldungen feststellt, daß einige Aenderungen daran möglich und wünschenswerth seien, Bei den Vicinalwegen forderte Herr Elov de Burdienne eine Erhöhung der im Budget dafür angeseßten Summe von 3 auf 500,000 Fr. Der Minister aber bekämpfte dies aus finanziellen Gründen. Er werde zwar später einen außerordentlichen Kredit von 300,000 Fr. für diesen Zweck fordern, das werde aber alsdann ein Theil einer größeren Maßregel sein, und daun werde er auch die außerordentlichen Hülfsquellen angeben, wovon diese Aus- gabe zu bestreiten sci, Herrn de Burdienne's Antrag ward mit 59 gegen 11 Stimmen verworsen. Bei dem auf den Landbau bezüglichen Kapitel des Budgets kündigte der Minister an, daß er sih vorläufig mit dem von dem vorigen Ministerium festgeseßten Kredit von 628,090 Fr. begnügen würde; es liege jedoch in der Absicht des Kabinets eine Zulage behufs der definitiven Herstellung einer landwirthschaftlichen Ausstellung, der Er- munterung landwirthschaftlicher Gesellschaften, welche besondere Ausstellun- gen anordnen wollen, so wie der Anstellung landwirthschaftliter Juspek- toren.

Die Emancipation bringt nun die oben erwähnte Korrespon= denz zwischen Baron D'Huart und Minister Rogier.

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Tagsaßung. Bei der Umfrage über den Antrag in Betreff Neuenburgs erklärte der Gesandte dieses Standes, Herr Calame: Er wollte nicht auf die schon o oft durhgesprohenen Rechtsfragen zurückkommen; er wolle diese Nechtsfragen eben so wenig von neuem in Auregung bringen, wie gewisse auf Thatsachen bezügliche Fragen, die wohl Stoff zu einigen Bemerkungen abgeben könnten. Er wolle sich darauf beschränken, zu erklären, wie er sehr wohl begreife, daß der Stand Neuenburg, als er die Verantwortlichkeit übernom= men, sein Maunschafts = Kontingent nicht zu stellen, \sich habe darauf gefaßt machen müssen, aus dieser Verantwortlichkeit ein Opfer entspringen zu sehen; und da dieses Opfer in einem Geldopfer be- stehe, so glaube er vorausseßen zu können, daß sein Stand prinzipiell dasselbe auf sich nehmen werde; doch scheine ihm die Summe von 300,000 Schweizer-Frauken etwas hoch, eben so der Zahlungstermin, der 20, Dezember, sehr kurz; und in diesen beiden Beziehungen müsse er erst an seine Regierung berichten. Aargau giebt das von seinen Milizen an Arbeitsverlust gebrahte Opfer auf etwa 800,000 Fr. an und meint daher, daß sich Neuenburg nicht zu beshweren habe. Baselstadt rügt in dem Antrag den Ausdruck „Sühne“; es will diese Entschädigungs Summe nicht als Strafe, sondern als Aequivalent der von den anderen Kantonen gemachten Anstrengungen betrachten, Zürich verlangt einen Zusaß zu dem Autrage, indem es einmal dahin kommen müsse, daß die Anzahl der Pensionirten abuehme oder aufhöre. Zür diesen Fall solle der Tagsaßung die Vollmacht einge= räumt werden, über Kapital und Zinsen des Pensions - Fouds zu verfügen. Aargau sagt, die Zahl der Verwundeten sei 222, die der Todten betrage bisher 40, dazu mögen aber in Folge lebensge- fährlicher Verlezungen noch 20 bis 30 kommen; Pension wür= den demnah bedürfen 100 Personen, indem es nicht nur jene unterstüßt wissen möchte, die im Gefecht verwundet oder in Folge eines Gefallenen als hülflos hinterlassen zu betrachten seien, Viele hätten im strengen Dienst, in Bivouaks unheilbare Brustkfrankheiten erlitten und seien dadur für ihr ganzes Leben hülf= los, Eben so müsse bedacht werden, daß die Pensionirten größten= theils junge Männer seien, daher die Pension eine Reihe von Jah= ren erforderli sei. Deswegen müßten noch andere Hülfsmittel in Anwendung gebracht werden, Der Antrag wurde zuleßt mit dem von Zürich vorgeschlagenen Zusaß angenommen,

(Karlsr. Z.) Einigen Mitgliedern der Tagsaßung war es nicht weniger als angenehm, daß der Zwist mit Neuenburg durch Geld er= ledigt wurde. Aus leicht erräthlichen Gründen drangen sie auf eine militairische Beseßung des erwähnten Standes, und es bedurfte in der That einiger Anstrengung von Seiten der mäßigeren Partei, um die Ausführung einer \-.lchen Maßregel zu verhindern. Leßtere Partei hätte sih au, versichert man, mit einer kleineren Summe begnügt (es handelte sich um 150,000 Fr.); man mußte aber, um die Be= segungslustigen zu beshwichtigen, eine doppelt so große Buße an= seßen.

Kanton Beru. (O. P. A. Z.) Jun Bern is Alles still, Es wird wahrscheinli auf der Tagsaüung nichts Neues vorkommen, bis dieselbe durch die neuen Gesandtschaften aus den vorherigen Sonderbunds=-Kantonen kompletirt sein wird. _Allmälig langen von den eidgenbsfischen Repräsentanten in den okfupirten Kantonen Nach=- richten über Rekonstituirung der Behörden und Beschlußnahmen in liberalem Sinne ein, welche deren Rückkehr und das Aufhören der Occupation in nahe Aussicht stellen. So is, laut eingekommenem Berichte aus Uri, demjenigen Kantone, welcher in politisher Bildung am weitesten zurücsteht, auf der noch von der alten Re= gierung zusammenberufenen außerordentlichen Lauds - Gemeinde die Ernennung einer provisorischen Regierung, welche auch den Entwurf einer Verfassungs-Revision an die nächste Lands=- Gemeinde bringen soll, gewählt worden. Der Rücktritt vom Sonderbund is feierlich erklärt, und in Betreff der

Jesuiten soll ein geeigneter Vorschlag gebracht werden. Kredit zu Bezahlung der Kriegskfosten is eröffnet. Die provisorische Regierung ist fast durchweg aus liberalen Mitgl edern zusammengeseßt, was \shwer hielt, da zu wenig geshäftsfähige Männer vorhanden sind. Die Regierung hat ihre erste Sibung gehalten und sich mit dem ra=- difalen Verfassungs - Entwurf beschäftigt, wonach die Landsgemeinde sih wieder versammeln soll. Nach diesen Vorgängen haben die eid- genössischen Repräsentanten deu amtlihen Verkehr mit der neuen Regierung eröffnet, Diese hat zugleich angezeigt, daß die erste Na der Kriegskosten in den ersten Tagen nah Bern abgehen werde.

(Karlsr. Ztg.) Aus den durch eidgenössische Trnppen besehz= ten Sonderbunds- Kantonen vernimmt man, daß jene mit Sehnsucht dem Augenblick entgegensehen, wo ihnen gestattet wird, in ihre Hei- mat zurückzukehren. Da, allem Anschein nach, die besagten Kantone die von ihnen geforderte Million am 20. Dezember bezahlen werden und ihnen der Rest der Kriegskosten erlassen werden dürfte, so bofft man, daß noch in diesem Monat sämmtliche noch unter den Waffen stehende eidgenösjische Truppen entlassen werden. Sir Stratford Canning befindet sich immer noch in Bern und läßt, wie wir aus wohlunterrichteter Quelle vernehmen, die Zeit seines Aufenthalts niht unbenügt verstreihen, um am geeigneten Orte versöhulih und zu Gunsten der unterlegenen Partei einzuwir=- fen. Wir haben auch Ursache, anzunehmen, daß diese löblihen Be- mühungen des britishen Staatsmannes nicht unbeachtet geblieben sind. Man darf es als eine Art von Ereigniß ausehen, daß am 15. Dezember ein glänzendes Gastmahl zu Ehren Sir Stratford Can= ning's stattfindet, an weichem Vorort uud Tagsaßung Theil nehmen werden.

(Franz. Bl.) Man spriht in Beru viel von einem Me- morandum (nicht von einer Note), das Sir Stratford Canuing Herrn Aen übergeben, und das Ve: haltungsregeln für die Zukunft euthalte,

(Köln, Ztg.) Gespannt is man darauf, welchen Weg der Stand Bern in kantonaler Hinsicht für die Folge einzuschlagen ge- denkt. Dauert das herzliche Einverständniß zwischen Zürich und Bern noch eine Zeit lang fort, so dürfte selbst das Ochsenbein' sche Regiment mit größerer Mäßigung verfahren, als seine Gegner fürch- ten, Die Ansprüche der Ultra =- Radikalen haben seit einigen Wochen eine bedeutende Sclappe erlitten. Sie sind mit Bern unzufrie= den, weil Ochsenbein gelobt hat, im Geiste Dufour's regieren zul wollen. ; ;

Kanton Luzern. (Rh. u. Mos. Ztg.) Die Wahlen in dem Großen Rath haben stattgefunden und, wie die getroffenen Maß- regeln es voraussehen ließen, sind die meisten radikal ausgefallen, Die Konservativen nahmen keinen Theil an denselben, sondern zogen vor, ihre persönliche Freiheit durch Nichtautheilnahme zu wahren. So lange die Führer des Volkes im Stimm=- und Wahlrecht eingestellt sind, i auch dem Volke sein Recht geraubt, und es ist eine Îronie, es zu Wahbl-Verhandlungen einzuladen. Der alte Große Rath hat sih nie selbst als aufgelöst erklärt, noh if er durch irgend ein De-= fret aufgehoben worden; der Umstand, daß viele Mitglieder desselben im Kerker sißen, is noch niht maßgebend, um denselben als aufge= löst zu betrahten. Es scheint, das Volk habe in diesem Sinne seine Handlungsweise geregelt und sich vou den Wah- len fern gehalten. Der neue Große Rath wird aber nichtsdestoweniger seine Functionen antreten und als eine vom Volke ausgegangene Behörde die Zügel des Staates ergreifen. «Als der Wahlsieg in der Stadt durh Schießen gefeiert wurde, verun-= glüte ein gewisser Messershmied Balmer, ein Freischärler , der si durch seine Lästerungen bei Anlaß des Umsturzes ausgezeichnet hatte, durch das Stück eines verjagten Mörsers, Die Radikaleu selten ci= nen großen Werth darauf, hauptsächlich in den unzweideutigsten Wahlkreisen zu siegen, und es gelang ihnen auch ganz leiht, nah- dem sie dem Volke gezeigt hatten, daß sie nun Meister seien, und daß sie sich um den Willen der Wähler gar nicht bekümmern, Das Luzernervolk gleicht jeßt einer verlassenen Heerte. Ein konservatives Organ existirt niht mehr, Diejenigen Männer im Kanton Luzern, welche sich einer unabhängigen Existenz zu erfreuen haben, sind niht gerade die Männer des Volkes, und die, welche einer solchen Aufgabe gewachsen wären, sind meistens abhän- gig, ihre öfonomischen Verhältnisse gestatten es ihnen nicht, auf einen nöthigen Erwerb zu verzichten und jih der Gefahr auszuseßen, welche jeßt jeder Opposition droht. Verschiedene Gesellschaften werden nun bald entstehen, welche Hand in Hand darauf hinarbeiten werden, das Volk radikal zu durhsäuern, ihm seine Grundsäße über Religion und Moral umzumodeln, mit einem Wort, Alles umzukchren, was jeßt ift. Die Regierung klagt die Kantons-Geistlichkeit im Angesicht des Volks beim hochwürdigen Bischof an, weil sie vereint mit der ehemaligen Regierung das Volk aufmunterte, standhaft au seinem guten Rechte festzuhalten und eher zu fallen, als feig nachzugeben. Die Geistlichen, welche auf Geheiß der Regierung mit dem Landsturm auszogen und sih hernah, wie viele, denen weniger Gefahr drohte, vor den ihrer harrenden Unbilden flüchteten, werden nun dargestellt, als hätten sie ihre Heerde feig verlassen; diejenigen, welche nicht wihen und sich erfre{ten, nah dem Falle noch zur Standhaftigkeit und zum Gott- vertrauen aufzumuntern, werden als fanatifirte Trobköpfe bezeichnet. Niemand widerlegt diese Ungerechtigkeit, Niemand widerspricht den offiziellen und nichtoffiziellen faustdicken Lügen, die jeßt dur die Ta- gespresse verbreitet werden, Es is dies ein Unglück für das Land und die Folge einer mangelhaften Verbindung der konservativen Par- tei in der ganzen Schweiz; möchte sie doch durch Schaden klug werden.“

Kanton Uri. (Frkf. Bl.) Am 13. Dezember wurde in Hospenthal Herr Quartiermeister Müller von Altorf, weil er den dort stationirten Truppen verdächtig vorkam, festgenommen und nach Altorf esfortirt, Bei ibm fand sich ein Schreiben seines Bruders, Vinzenz Müller, an Siegwart. Herr Vinzenz Müller röth darin seinem Schwager Siegwart, von Domodossola sich zu entfernen, weil rg- difale Miethlinge ihn dort aufgreifen könnten, nah Wien oder Paris sich zu begeben und dort zu wirken. Er mahnt ihn, auf die veränderte Volksstimmung kein Gewicht zu legen, weil Heuchelei mitunterlaufe und das Bestreben der katholischen Bevölkerung gegen- wärtig einzig auf Loswerden der Occupation gerichtet sei; nachher werde dieselbe wieder frisch aufathmen. Ein Auftreten der Mähte gegen die Zwölfer , sagt er, sei jeßt noch sehulicher Wunsch des ka= tholishen Volkes, aber es dürfe sich niht aussprehen. Bereits hat Quartiecmeister Müller ein Verhör bestanden.

Kanton Unterwalden. (Basl. Ztg.) Die Lanbsgemeinde von Nidwalden hat einstimmig den Austritt aus dem Sonderbunde beschlossen und die liberalen Vorschläge zu Verfassungs - Verbesserun- gen U. Tagsabungs - Gesandter is Oberst Würsh von Buochs. / :

(Frkf. Bl.) Die Landsgemeinde von Nidwalden war sehr zahl- reich besuht. Es mögen gegen 3000 Bürger versammelt gewesen sein. Die Liberalen hatten eine bedeutende Mehrheit. Ju der Rede des Herrn Landammann Stanislaus Ackermann hob derselbe vorzüg= lich hervor, daß er stets vor den Extremen, dur die man nun ins

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Unglück gerathen sei, gewarnt habe, daß nuu Jedermann die Ueber- sei irre geleitet und h 1 Män- ner zu wählen, welhe das Land niht mehr in ähnlihes Unglück stürzen, wie das eben erfahrene, und die Parteinamen von Roth und Schwarz, die persönlichen Verleumdungen einmal zu unterlassen, Er legte daun seine Aemter und die Jusignien nieder, wurde aber sofort einstimmig wieder zur Leitung der Landsgemeinde berufen, und es

zeugung gewonnen haben müsse, man

zuleßt s{mählig verrathen worden. Er forderte auf,

folgten nun die liberalen Beschlüsse und Wahlen.

__ Kanton Zug. Zug hat folgende Proclamation an das Volk desselben erlassen : „Theuerste Mitbürger!

hältniß „unseres Kantons als in seinem Junern eine anerkannte oberste Autorität wieder herzustellen, wurde die unterzeichnete provisorishe Ne- gierung durch das Zntrauen der am 5ten dieses Monats auf dem Lauds- gemeindeplay in Zug außero1dentlich versammelten stimmfähigen Bürger des Kantons an dessen Spigze gestellt, Dem hiermit erhaltenen Auftrage folgend, hat si dieselbe in ihrer Sigzung vom 7ten d, förmlich fonstituirt und ihre Verrichtungen als oberste Landesbehörde bereits angetre- ten Sie hat \ich sodann mit den von der hohen Tagsaßung hierher gesandten eidgenössishen Nepräscntanten in amtlihe Ver- bindung gesezt und is von denselben noch an dez gleichen Tage schriftlich und offiziell als die gegenwärtig einzig rechtmäßige Negierungades Kantons anerkannt, so wie in allen ihren Verrichtungen des eidgenössishen Schutzes versichert worden. Als ihre Haupt-Aufgabe betrachtet die provisorische Ne- glerung, einerseits bis uach erfolgter gesetzlicher Nekonstituirung des Kantons die laufenden Geschäfte zu besorgen und andererseits dessen offiziellen, bun- desgemäßen Beziehungen zur Eidgenossenschaft wieder herzustellen, so wie auch im Jnuern des Landes einen besseren, seinen allseitigen Bedürfnissen entsprechenden geseglihen Zustand neu zu begründen und zu befestigen. Um besonders leßteien Zweck baldigst zu erreichen und dadur unseren Kanton, jo viel an uns liegt, möglichst {nell von der drücfenden Einquartierungslast zu befreien, haben wir daher für beförderlichste Einberufung der zur Nevi- sion und Verbesserung unserer Verfassung berufenen Behörde des aus 65 Mitgliedern bestehenden Verfassungs-Rathes die nöthigen Einleitun- gen getrofsen, Um Euch übrigens, theuerste Mitbürger, die Nothwendig- keit einer beförderlihen Nevision unserer Verfassung einleuchtend zu machen, verweisen wir Cuch mehrerer anderer sreiender Mängel nicht zu geden- fen nur quf das von derselben vorgeschriebene Steuer-Svstem, bei dessen Beibehaltung es eine reine Unmöglichkeit wäre, die von der chevorigen Ne- gierung über den Kanton hereingezogene, außerordentliche Schuldenlast zu deckden. Auf vorläufige, eher zu niedrig als zu hoch angeseßte Berechnungen gestüpt, muß der Schaden und Nachtheil, welchen die abgetretene Negierung durch ihr Festhalten am unheilvollen Sonderbund über unser Land gebracht, auf mindestens fünfmalhunderttausend Schweizerfranken angeseßt werden, Schon in den nächsten Wochen werdet Zhr, theuerste Mitbürger, große Opfer zu bringen haben, Unser Kanton wird nämlich schon bis zum 20, d, eine Baarsumme von circa 26,000 Fr. als scin Betreffniß an der von den sieben Sonderbundsständen bis dahin vorläufig baar zu entrichtenden Million Franken Occupationskosten an die eidgenössische Kriegskasse zu bezah- len haben. Für weitere c, 80,000 Fr, sollen wir beförderlichs sichere Caution an die Cidgenossenschaft hinterlegen. Wenn schon diese ökonomischen Schwierigkeiten sast unübersteiglich erscheinen, so wird unsere Aufgabe auch überdies noch durch die in Folge der politischen Wirren eingetretene Zerrissenheit der Gemüther und durch das Mißtrauen, das selbstsüchtige und pflichtvergessene Männer mit falschen Borspiegelungen unter den Bürgern verbreitet haben, noch peinli- cher und schwerer gemacht. Dessenungeachtet sieht die provisorische Regie-

rung dieser ihrer großen Aufgabe fest und unerschrocen entgegen. Sie wird sich mit aller ihrer Kraft bestreben, das Zutrauem- aller redlich und gufrich- tig gesinnten, «auch der bisher so sehr verblendeten und \o arg betrogenen Bürger zu erwerben; sie wird durch besonnene Heilung der freilih noch lange blutenden Wunden, durch unerschütterlihes Festhalten am Recht, Ur unausgeseßte Thätig- Freiheit und Unabhängigkeit

Wahrheit und Gerechtigkeit, so wie durch feit, faftisch beweisen, daß die Ehre, des Landes, sein Wohl und Gedeihen ihr nicht nur auf den Lippen \{chwebt, sondern als Ziel rastloser Arbeit tief am Her- zen liegt. Wie sie aber in guten Treuen und aus Liebe und Anhänglichkeit an unser Volk der ihr gestellten überaus schwierigen Aufgabe ih willig hingegeben hat, so zählt sie auch, theuerste Mitbürger, auf Eure Treue und unverdrossene Unterstüßung, auf Euer Vertrauen und Eueren vaterländischen Sinnz sie zählt namentlich auch darauf, daß Jhr Euer Ohr den eben so falschen als glatten Einflüsterungen derer standhaft verschließen werdet, welhe Euch damit bereits so nahe an den Nand des furchtbaren Verder- bens geführt haben, Die nächste Zukunft wird Euch Gelegenheit geben, Männer Eures Vertrauens in die Behörden zu wählen, Fußt, liebe Mit- bürger, bei Ausübung dieses schönsten republikanischen Rechtes Euer Ur- theil, Eure Wahl auf eigene, unbefangene Ueberzeugung und flieht jene giftigen Heßer und Verleumder, welche, in allerlei Gewand gehüllt, sich um Eure Religion, Freiheit und Unabhängigteit bekümmert und besorgt stellen, im Grunde ihres Herzens aber nur ihr eigencs, wohl oder übel verstandenes Jnteresse im Auge haben, Soll ein friedlihes und fceund- liches Verhältniß zur Eidgenossenschaft, Nuhe, Ortnung und Gedeihen in unferen Kanton wieder zuwückkehren, so könnet Jhr Euer Vertrauen unmög- lich mehr Männern schenken, die cs auf eine so leichisinnige und unverant- wortliche Weise dazu mißbraucht haben, um ihr eigenes Vaterland in un- absehbares Unglück zu stürzen. Unser Wahlspruch ist das Wohl des gan- zen Volïes, Versöhnung, Milde und Schonung gegen Verführte, unnach- sichtliche Strenge gegen Wühler, richterliche Strafe gegen Schuldige! Zug, den 9. Christmonat 1847, Jm Namen der provisorischen Regierung : ‘Der Präsident: Gustav Adolf Keiser. Der provisorische Secretair: K. A, Landtwing.“

(Tägl. Büll.) Am 413. Dezember fanden di Wahlen des Verfassungsrathes im ganzen Kauton statt, Wir sind einzig im Be= sib von Nachrichten über die Stadtgemeinde in Zug, Hiernach wä=- ren die Wahlen uicht mit der besten Ruhe und Ordnung vor si ge- gangen. Der Stadtrath, der wie gewöhnlich die Wahlen leiten wollte, fand si, da sich Unzufriedenheit darüber zeigte, bewogen, die Kirche zu verlassen, Auch wollte man das Protokoll der leßten Versamms- lung ni bt anhören, da auch nicht Alles vorgelesen worden sei, was man mit dem Sonderbund gemacht habe. Die Wahlen selbst fielen durchweg liberal aus, wobei die Konservativen in ziemlicher Minder- heit blieben. Gewählt wurden: die Herren Oberst Moos, Adolf Kei- ser, D. Bossard, Michel Müller, Keiser=Moser, Fürsprech Landtwing, Ferd, Keiser, Posthalter Keiser, Landschreiber Keiser, Vieharzt Landt= wing und Fidel Wyß. Jun Baar und Menzingen sollen die Wahlen in den Verfassungsrath konservativ ausgefallen sein.

Nach dem Berichte der provisorischen Regierung hat die Stadt- gemeinde von Zug an die Kriegskosten 5400 Fr. zu bezahlen. Die Anfrage der Behörde, ob man einverstanden sei, hierfür ein Darlehen zu fontrahiren, wurde unwillig aufgenommen, und hierbei stellte nun Herr Pannerherr Müller den Antrag, den Herrn Landammaun Bossard (seinen Schwager), Landamman Keiser und Landschreiber Schwerz= mann für tie Kosten verantwortlich zu erklären. Dieser Antrag wurde durch Herrn Oswald Bucher unterstüßt und von Herrn Dr. Ferd. Keiser dahin erweitert, daß man gegen sie noch Anklage einleiten sollte. Herr Fürsprech Keiser erhob hiergegen Protestation, welche jedoch nicht weiter beachtet wurde, Cs wurde nun folgender Beschluß ge= faßt: „Die Gemeinde zahlt einstweilen die 5400 Fr. , allein sofort ist strenger Untersuch gegen die Glieder der Regierungs - Kommission und übrigen Fehlbaren einzuleiten, die dann verantwortlih gemacht werden für alle ‘entstandenen Kosten.“

(Frkf. Bl.) Es langte von der provisorischen Regierung von

Luzern bereits ein Begehren um Auslieferung der „huldigen \son-

Die provisorische Regierung des Kautons

Nachdem unsere bisherige Negieruna unte

22. November letzthin zur Capitulation und lede die eideonóssiscbe Armee gezwungeu und in dessen Folge seit diesem Moment selbst bis auf die jüngsten Tage von den hier anwesenden cidgenössishen Herren NReprä- sentanten nicht mehr anerfannt worden war, fo wie gedrungen durch die Nothwendigkeit, sowohl gegen die Eidgenossenschaft ein freundlicheres Ver-

derbündischen Beamten, vom 13. Dezember datirt, ein und muß von hiesiger soren Regierung nächstens in Berathung gezogen werden. Für einstweilen wurden die Mitglieder des sie enörtigen Kriegsrathes, als Herr Alt-Landammann Bossard, Alt-Landammanun Keiser, Alt=-Landammann Hegglin! und Landsfähnrich Andermatt in Baar mit Haugsarrest belegt.

Kanton Freiburg. (Baseler Ztg.) Nachdem die Mita glieder der Mehrheit des Staats-Raths, des Großen Raths, eine Anzahl Offiziere, Beamten und Partifularen, im Ganzen 82 Perso= neu, in Anklagezustaud wegen Hochverraths verseßt worden waren, hatte man gehofft, feine Verhaftung für jene Personen besorgen zu müssen, als plözlih am 6. Dezember die provisorishe Regierung eine allgemeine Razzia gegen dieselben beshloß. Fast alle jene Doridnen, die niht entrinnen founten, wurden gefänglich eingezogen, so wie eine große Anzahl Priester und viele einflußreiche Leute aus allen Theilen des Kantons. Am 11ten fanden sodann die Wahlen statt, und ganz natürli is es, daß man von manchen Seiten diese beiden Thatsachen mit einander in Verbindung bringt. „Konfiszirt wurde die persönliche Gretbeit, Fonfiszirt die Volfswahlen. Ausspruch des Herrn Kasimir Pfyffer über den früheren Zustand von Luzern. Es ist, als ob sich die neuen Regierungen beeiferten, das Benehmen der gestürzten Re=- g!erungen dur ihr eigenes zu rechtfertigen.

Kanton Basel. Dir Baseler Zeitung sagt: „„Verschie= dene Vlätter geben au, au Baselstadt habe zu dem Beschlusse vom 11, Dezember, betreffend Neuenburg, mitgestirmut. Aus bester Quelle sind wir im Falle, dieses zu bestreiten. Basel hat zwar, da Neuen= burg selbst feine weiteren Einwendungen erhob, die Contribution als Aequivalent, nicht als Strafe ansehen zu können erklärt, es hat aber nicht dazu gestimmt.“ (S. auh Nr. 349 und 351 der Allg. Pr. Ztg.) Ferner meldet die Baseler Zeitung nah Berichten aus Neuenburg vom 15, Dezember, daß der geseßgebende Körper des Fürstenthums auf den Autrag des Staats-Raths einstimmig beschlossen habe, die diesem Stande auferlegten 300,000 Fr. zu zahlen.

(Köln, Ztg.) Man versichert, daß Herr Bois le Comte Vor= bereitungen zur Abreise von Basel treffe. Ob nach Paris, nach Bern oder einem anderen Gesandtschaftsposten, darüber sind wir nicht un- teruichtet.

Seit cinigen Tagen kommen in Basel sehr beträchtlihe Güter=- ladungen an, Es sind meistens Waaren, die nah Zürich oder dem Innern der Schweiz bestimmt sind und seit Monaten theils in Mann- heim, theils im Elsaß lagerten und nun nach ihren Bestimmnngs= orten befördert werten,

Die Unterhandlungen unserer Regierung mit Baden bezüglich des Eisenbahubaues sind seit Monaten nit fortgeschritten ; doch hofft man, daß sie nächstens durch die belreffenden Kommissare wieder ernst- lich aufgenommen werden.

© Zürich, 15. Dez. Wer von uns Schweizern nihht gerade von der Adressen-Wuth befallen ist eine Krankheit, die der= malen in einem Theile von Deutschland gewaltig zu grassiren scheint, der muß wohl unwillkürlich lächeln über den Adressenshwarm, der seit dem „glorreichen Siege von Freiheit und Legalität über frecde Rebellion und finstere Pfaffen = Herrschaft“ aus gewissen Städten Deutschlanès zu uns herüber fluthet. Auf diejenigen unter uns Schweizern, die in Betref Deutschlands nur einige Personen - und Sachkenntuiß haben, kann diese epidemisch gewordene Adressenwuth unmöglich eine andere Wirkung ausüben. Nicht der wahre, echte Kern gewisser Städte, sondern vielmehr gewisse Jndividualitäten in gewissen Städten Deutschlands sind es, die uns diese durhgängig in \{chwülstigem Tone geschriebenen Gratulgtions - Schreiben zusenden, Von 100, die unterzeichuet sind, haben es wohl 99, ohne die sdwei= zerischen Verhältnisse uur irgendwie näher zu verstehen, lediglich des- halb gethan, weil es eben dermalen eine Mode is, Adressen zu ver= fassen und in die Welt hinaus zu spediren, Viele auch in einem An- fall von ziemli duseligem Freiheitsshwindel, der am anderen Mor= gen verschlafen is, J bin überzeugt, wenn die freiheitösglüheuden Adressauten nur eine entfernte Ahnung hätten von der großen Kälte und Jndifferenz, womit ihre hochtrabenden Phrasen troß der weit- läuftigen und bombastishen Antwort, womit der eidgenössishe Herr Staatsschreiber Schieß „auf Práäsidial - Verfügung im Namen der Tagsaßung“ für die zuerst eingetroffene Beglückwünshung vou Leip- zig danken zu müssen glaubte von der \{weizerischen Bevölkerung im Allgemeinen aufgenommen werden, sie würden es wahrlih füx flüger erachten, diesem Spektakel je eher je lieber ein Ende zu machen.

Die Nachrichten von den Schicfsalen und Jrrfahrten des Ex- Schultheiß Siegwart Müller erregen nachgerade fast Mitleid, selbst bei denjenigen unter den Konservativen, die seine extreme Rich- tung von jeher aufs entschiedenste tadelten und seine Jesuiten-Politik fortwährend und unermüdlih vou der guten Sache der Urkantone scharf trenuten. Nach Briefen aus Domodossola befand si Herr Siegwart am ten d, M. an dem genannten Orte und mußte sich sogar uit seiner ganzen Familie, die {hon vor ihm daselbst angelangt war, einer scharfen Hausdurhsuhung von Seiten der Polizei unterziehen, Man fand unter Anderem eine Kiste, die 150,000 Schweizer-Franken enthielt. Dieselbe wurde sofort mit Beschlag be= legt, versiegelt und vou zwei Carabinieri bewaht. Jn einem dar=- aufhin vorgenommenen Verhöre, erklärte Herr Siegwart, dieses Geld gehöreädem Vice-König Rainer in Mailand, und er gedenke es ihm daselbst persönlich zuzustellen. Allein umsonst. Das Geld blieb un- ter obrigkeitlichem Siegel. Umsonst war die Verwendung des eben- fails in Donmodossola anwesenden wallisishen Generals Kalbermatten, der auf die so eben noch eingenommene hohe Stellung Siegwart's hinweisen zu dürfen glaubte. Die Polizei erwiederte, sie kenne keine solche „Excellenz“. Mit Mühe nur gelang es Herrn von Kalber- matten, für den Unglücklihen wenigstens so viel auszuwirken, daß er nicht von Gendarmen nah Novara eskortirt wurde, wie das die Po- lizei anfangs thun wollte. Seither is Siegwart nun in Mailaud angelangt; die besprochene Kassette aber liegt noch in Domodossola.

Jn den Urkantonen steht es, nah schriftlichen und mündlichen Privatberichten, merklih besser, als man nach den öffentlihen Blät= tern zu schließen geneigt gewesen war. Jn Luzern, in Freiburg und selbst în Wallis (wegen der ziemli industriellen, den radifka-= len Zeitideen zugänglichen, welshen Bevölkerung des Unterwallis) wird es den Radikalen allerdings gelingen, auf die Dauer die Herr= schaft zu behaupten; nicht so aber in den kleinen, von einem friedlich harmlosen Hirtenvolke bewohnten Landsgemeinde-Kantonen Ury, Schwyz, Unterwalden und Zug. Zwar haben auch sie alle sih im ersten Tau= mel einem totalen Umschwung unterziehen müssen; sobald sie aber nur einmal wieder von der Last der Occupations-TIruppen erlöst sein werden, wird sich allmälig gar Manches wieder erheben, was vom ersten grausen Sturme niedergeworfen wurde. Jn Zug, so wird schon jept prophezeit, werden schon an der nächsten ordentlichen Landögemeinde im Monat Mai künftigen Jahres die ärgsten Brauseköpfe, die jeßt in die provisorishe Regierung ernannt wurden, wieder aus derselben entfernt; in Schwyz werden an die Stelle der Landammänner Aby= berg und Holdener zwei Männer treten, denen man im höchsten Grade Unrecht thäte, wollte man sie Radikal nennen, wennschon sie bisher zur dortigen Opposition gehörten; es sind die Herren Nazar