1847 / 359 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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o eben gedacien Etaisjiahr zur Deckung dieser gesammten Bedürfnisse die Erbebun2 a ) Siadotade E Contributions-Cdikie außerdem erforderlich wird, so werden Se. Königl. Hoheit dieserhalb das Behufige nach Maß- gabe ständischer Bewilligung verfügen. Se. Königl. Hoheit genehmigen auch im Uebrigen die von den getreuen Ständen in Bezug auf die Ver- hältnisse der Schulden - Tilgungs - Kasse und der Chaussee - und Wasserbau- Kasse abgegébenen Erklärungen und werden dana die entsprechenden Ver- fügungen demuächst erlassen, indem Allerhöchstdiese ben sih nur in Ansehung der gewünschten Ciuleitung zur Amortisation der von der Schulden-Tilgungs- Kommission bereits acquirirten und künftighin noch acquirirt werdenden Obligationen der Anleihe vom Jahre 18413 weitere Prüfung anno vorbe- halten. Durch die dritte Landtags - Proposition und die darauf ertheilte Erflärung Unserer getreuen Stände geht die höchst wichtige Maßregel der Einführung des 14 Thalermünzfußes an die Stelle der bisher coursirenden Münzen ihrer vollständigen Ausführung entgegen. Se, Königl. Hoheit wer- den unverzüglich die behufigen Anordnungen erlassen, insonderheit zur bal- digen Ausprägung der Scheidemünze und Umarbeitung der Taxen und Ta- rife für Abgaben und andere Leistungen. Se. Königl. Hoheit hegen die Hoffnung, daß die der endlichen Einführung des 14-Thalermünzfußes noth- wendig voraufgehenden präporatorischen Maßregeln so zeitig vollendet wer- den, daß der Termin, von wo an die neue Münze als alleinige Landes- münze einzuführen, niht über die von den Ständen gewünschte Zeit hin+- ausgesegt zu werden brauche; würden aber Umstände noch eine Verfrühung des Termins vernothwendigen, so wollen Se. Königl. Hoheit darüber durch Jhre Regierung mit dem Engeren Ausschusse verhandeln lassen. Se. Königl. Hoheit werden thunlichst dafür Sorge tragen, daß vor der Einziehung der jeßigen Scheidemünze eine entsprehende Quantität der neuen Scheide- münze in den Verkehr gelange; doch sind Se. Königl. Hoheit entschlossen, auch die Schillinge nah dem äußeren Werth , den sie nah dem leipziger Fuß haben, einweseln zu lassen. Bei der vierten Proposition sehen Se. Königl, Hoheit der Großherzog mit Befriedigung durch die der Tendenz der kommissarisch - deputatishen Vorarbeiten beistimmende Erklärung Ihrer ge-

treuen Stände die dem ritterschaftlichen Hypothekenwesen inwohnende Rechts-

Idee so weit geläutert und fortentwielt, daß deren deutlichen positiven Un-

terlegung unter eine neue Redaction der Hypotheken -Ordnung nichts weiter

entgegenstehen kann. Auch werden Allerhöchstdieselben im Einzelnen dieses

Fassungsgeschäftes das Weitere mit tem Engeren Ausschusse der Nitter-

und Landschaft ordnen und durch baldthunlichste Herbeiführung der neuen

Geseßes - Publication lebhaft gesühlte Bedürfnisse in dieser wichtigen Ange-

legenheit befriedigen lassen. So viel endlich die fünfte Landtags-Propo-

sition betrifft, so fönuen Se. Königl, Hoheit nur bedauern, daß, Jhrer drin- genden Empfehlung unerachtet, Stände dem von ihnen felbst als gemein- nügig anerkannten, für MUS Se Wohlfahrt wichtigen Eisenbahu-Unter=- nehmen nicht cinmal eine solche Theilnahme haben bethätigen wollen, daß dessen Vollendung, nachdem es durch bloße Privatmittel derselben schon so nahe gebracht is, gesichert ersheine, Der Proposition lag nur die landes- väterliche Absicht zum Grunde, das Land gegen eine drohende Gefahr zu shirmen, und glaubteu Se, Königl. Hoheit hierbei der Mitwirkung Jhrer

t a Stände um so. mehr vertrauen zu dürfen, da sich dieser Zweck als elbst ohne ein wirkliches Opfer erreichbar darstellte; in wie weit Jhre Be- sorgnisse begründet waren, kann und wird freilih erst die Zukunft lehren, und können Se. Königl, Hoheit nur wünschen, daß die Folgen der ständi- hen Ablehnung vom Lande nicht zu schwer empfunden werden mögen. Somit geben Se. Königl, Hoheit nunmehr dem gegenwärtigen Landtage hiermit seine Endschaft, indem sie die von Ritter- und Landschaft auf dem- selben Erschienenen in Guaden entlassen, womit Allerhöchstsie ihnen gewo- gen verbleiben,“

Großherzogthum HDldenburg. Die Uniformirung unserer Reserve-Compagnie nah preußishem Muster wird fortgeseßt. Nachdem schon vor einigen Jahren die Waffenröce eingeführt sind, wird nun mit dzr Anschaffung der viel zweckmäßigeren, in Helmen bestehenden Kopfsbedeckung begonnen. Jun Oldenburg ist diese Uni= formirung des Militairs bereits vollständig.

Herzogthum Holstein. (Alt. Merk.) Auch in. Kiel wird eine Reorganisation des Lösh= und Rettungswesens vorbereitet, und in der leßten Sißung von Rath und Bürgerschaft ist der Wort= halter Olshausen beauftragt, die leßte Haud an den bereits vorläufig genehmigten Entwurf zu legen. :

Ueber das Schicksal der im Frühjahre d. J. nah Amerika aus- gewanderten Holsteiner, unter denen sich viele Probsteier befanden, sind betrübende Nachrichten eingegangen. Sie hatten sich in der Ge= gend von Davenport in Jova niedergelassen, woselbst das Klima sehr ungesund sein soll. Jn Folge dessen sind etwa 40 von ihnen au dem flimatishen Fieber gestorben, worunter Einer, der schon längere Zeit dort gewohnt und vorzüglich die Neueingewanderten zur Niederlassung bei Davenport veraulaßt hat. Jn St. Louis haben im leßten Som-= mer gleichfalls bösartige Fieber geherrscht.

Frankreich.

Paris , 23. Dez. Gestern hatten Herr Guizot und die Ge- sandten Preußens, Oesterreichs und Rußlands eine lange Berathung zusammen, Dieselbe soll sich auf die s{hweizer Angelegenheiten bezo=

en haben. Die Presse bemerkt, daß an den britishen Gesandten eine Einladung zur Theilnahme daran ergangen sei, man also wohl annehmen dürfe, es stehe bereits fest, daß die Großmächte des Kon-= tinents allein, ohne England, über die \chweizer Frage in Konferenz treten würden. Die Antwort des russischen Hofes auf das Memo= randum des Herrn Guizot vom 4. Oktober soll auch ganz zu Gun= sten der Vorschlägc des französischen Kabinets lauten. Dem ministe= riellen Conservateur zufolge, werden die Bevollmächtigten Preu=- ßens únd Oesterreichs für die zu haltende Konferenz nächstens in Pa- ris erwartet.

__ Graf Molé hat, nach der Union monarchique, vorgestern eine Stunde lang beim Könige Audienz gehabt,

Es wird als nicht wenig kühn betrachtet, daß das Journal des Débats erklärt, die Ernennung eines jeden anderen Kandida= ten, als Herrn Sauzet, zum Präsidenten der Deputirten - Karmer und auch die Wiedererwählung des Herrn von Malleville zur Vice=

räsidentshaft, würde als eine Niederlage des Ministeriums ange= chen werden und \ofort eine ministerielle Krisis zur Folge haben. Das Ministerium soll nämlich seines Sieges so gewiß sein, daß ihm die Majorität ganz entschieden zur Seite fiehen würde. Herr Guizot hat bis jeßt; wie man vernimmt, nur erst von 60 bis 70 konserva- tiven Mitgliedern der Kammer eiue förmliche Zusage, die Kandidatur des Herrn Sauzet unterstüßen zu wollen, erhalten. Bevor jene so bestimmte Erklärung abgegeben wurde, hatten mehrere Versammlun= n fonservativer eputirten bei Herru Guizot stattgehabt, und man agt, einige derselben hätten es gern gesehen, wenn Herr Sauzet von dem Kabinet aufge eben und es den Ministeriellen gestattet worden wäre, für Herrn Dupin zu stimmen. Herr Guizot habe \sih jedoch baf das entschiedenste geweigert, auf diesen Vorschlag einzugehen, er hoffe nämlich, daß die vershiedenen Nüancen der Opposition sich nicht

über einen gemeinschaftlihen Kandidaten würden vereinbaren können *

und nach einer Niederlage bei der Präsidentenwahl uur noch u uneiniger werden dürften. Es heißt nun aber, daß die R V in und Dufaure bereits auf das bestimmteste erklärt hätten, sie wür= en die Kandidatur für die Präsidentschaft niht annehmen. Es wlirden sich in diesem Galle die Frogressi ischen MAP Sten mit der Unken vereinigen und für Odilon-Barrot stimmen können. Der Constitutionnel, das Organ des linken Centrums, und die Presse, das Organ der progressistishen Konservativen, spre= hen sich schon in einer Weise aus, die annehmen läßt, “daß die von diesen zwei Journalen repräsentirten Nüancen sich verständi= gen werden, um für einen und denselben Kandidaten zu stimmen. uh wird versichert, daß die Führer der legitimistishen Deputirten

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sich ebenfalls bereit gezeigt hätten, für Odilon Barrot zu votiren, sobald sie die Gewißheit erlangt haben würden, daß die Vereinigung der übrigen Oppositions = Nüancen die Erneunung dieses Kandidaten möglih mahe. Der Gazette de France zufolge, hätte Ferr Dupin schon die Kandidatur für den Präsidentenstuhl der Deputirten- Kammer angenommen gehabt; dieselbe aber, da er nur wenig Erfol für sih sehe, wieder abgelehnt mit der Erklärung, er wolle nicht, daß sein Name den Feinden des Ministeriums als Sammelpunkt diene.

Die Quästoren der Deputirten-Kammer haben bei Herrn Dupont de l’Eure angefragt, ob er, als ältestes Mitglied, die Functionen eiues Alters-Präsidenten bei Eröffnung der Seijion wieder zu übernehmen bereit seiz dieser habe jedoch geantwortet, daß seine Alters\hwäche ihm dies niht mehr gestatte.

Das Journal des Débats zeigt jeßt an, das Ministerium beabsichtige, gleich nah Eröffnung der Session zwei Geseß-Entwürfe in Betreff einer Post-Reform und einer Herabseßung der Salzsteuer und einen dritten Geseß-Entwurf vorzulegen, nah welhem dem Für= sten von Monktfort (Jerome Bonaparte), welcher von der Regierung die Erlaubniß erhalten hat, scinen Aufenthalt in Frankreich zu neh= men, eine jährlihe Pension von 150,000 Fr. auf Lebenszeit bewilligt werden soll. Dem Vernehmen nah, wird den Kammern auch ein Geseh = Entwurf zur Errichtung von Versorgungshäusern in den De- partements für bejahrte Leute vorgelegt werden.

Aus der vorigen Session der Deputirten -Kammer sind 13 Ge- seß - Entwürfe und vier Anträge auf der Stufe der Berichterstattung zurügeblieben. Es befindet sich darunter der Budget - und Rech- nungs- Abschluß für 1845, der Gesez-Entwurf über das Kapitel von St. Denis, über die Reorgauisation aufgelöster National - Garden, über die Fabrifzeichen, den Elementar-Unterricht, die Freiheit des mitt= leren Unterrichts, so wie über Abänderungen im Zollgeseße. Jn der Zwischenzeit von leßter Session hat die Deputirten-Kammer acht Mit- glieder, den General Schneider, General Graf Meynadier, die Her- ren Jourdan, Cabanis, Cambis, von Castellane, Just de Chasseloup- Laubat und Terme, durch den Tod verloren. An ihre Stelle sind die Herren Gudin, Daudé, Bert, Pagès, Germanès, von Contades und Osmont getreten. Herrn Terme's Nachfolger ist noch nicht gewählt, Elf Deputirte wurden zu besoldeten Stellen befördert, also der Wie- derwahl unterworfen. Sieben, die Herren Janin, von Ressigeac, Richond de Brus, Thil, Dejean, von Salles und General Bellonet, sind wiedergewählt, und General Dumas is durch Herrn Baroche er= seßt worden.

Herr de Michelena 9 Rojas hat dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten seine Beglaubigungsschreiben als Geschäftsträger der Republik Aequator in Paris übergeben,

Die Regierung hat einen Jngenieur nah Guyana gesandt, mit dem Auftrage, dort die nöthigen Bauten zum Schuß der Ufer gegen den Andrang des Meeres einzuleiten, welches jedes Jahr weiter vor= dringt und in nicht allzu ferner Zeit die ganze Kolonie, die wesrnt- lih auf einen {malen Uferstrich beschränkt ist, zu verschlingen droht.

Das Journal des Débats bemerkt im Gegensaße zu den großen Einkünften, welche die Erzbischöfe und Bischöfe in England beziehen, daß in Frankreich die Besoldung eines Erzbischofs 15,000 Franken und die Besoldung eines Bischofs 10,090 Franken betrage, nur mit der Ausnahme, daß der Erzbischof von Paris, wegen der Wichtigkeit dieses Bisthums, 40,000 Franken und jeder Prälat, wel= ps uu Kardinal ernannt werde, eine Zulage von 10,000 Franken erhalte.

Der Courrier français bringt ein Schreiben des Herrn Garnier-Pagès, worin dieser die Einladung der algierischen Kommis= sion, welche die Juteressen der Kolonisten vertritt, nach Algier zu fommen, für den Moment ausshlägt, weil Demonstrationen in Frank- rei, eine Reform zu erlangen, ihm nicht gestatteten, eine Reise zu unternehmen. Die algierishe Censur hat den Abdruck dieses Schrei- bens im Akhbar untersagt.

ck=/ Paris, 23. Dez. Gestern an der Börse konnte man wie-

der recht deutlich schen, wie tiefen Eindruck au nur ein unbestimm- tes Gerücht, das den Gesundheitszustand des Königs in Frage stellt, hon zu machen im Stande ist. Es hatte sich Vormittags schon im Passage de l’Opera, wo gewöhnlich vor Eröffnung der Börse die Börseu - Spekulanten zusammenzukommen pflegen, das Gerücht von einem ernstlichen Unwohlsein, das den König plößlich befallen hätte, verbreitet und dort, wie überall, wohin dasselbe drang, die lebhaf teste Besorgniß hervorgerufen. Die Course wichen sogleich im Pas= sage beträchtlih, und diese Wirkung dauerte auch nah Eröffnung der Börse selb| noch fort, wo sie einen Augenblick in einea allgemeinen wahrhaft panischen Schrecken ausartete, während dessen die 3prozen- tige Rente besonders einen außerordentlih raschen und starken Fall bis auf 74 Fr. 60 Cts. erlitt. Der Polizei - Commissair der Börse sah sich durch diesen Gang der Dinge veranlaßt , offiziell von dem Resultate seiner eingezogenen Erkundigungen Mittheilung zu machen, indem er die „wahrscheinlich mit Absicht ausgestreuten““ Gerüchte für gänz- lih grundlos erklärte. Die Fonds erholten sich hierauf zwar wieder etwas, aber das Vertrauen wollte do nicht völlig wiederkehren, und beim Schlusse der Börse stellte sich heraus, daß die Course der Zprozentigen Rente und des neuen Anlehens noch immer um 35 Cent. und die der 5prozentigen Rente um 40 Cent. niedriger {lossen, als am Tage zuvor. Es gab noch immer viele Leute, welche nicht an den Widerruf der Krankheit des Königs glauben wollten, steif und fest dabei beharrten und in ihrer Angst ihre Papiere los\chlugen, und diese Zweifel dauerten auch am Abend fort, wo abermals im Passage de l'Opera große Bewegung unter den Spekulanten herrschte, die in weit größerer Zahl als gewöhnlich erschienen wären. Ueberall hätten sich dihte Gruppen gebildet, in welchen das erwähnte Ge- rüht von neuem zum Vorschein kam mit noch einem anderen, das übrigens auch Nachmittags an der Börse schon im Umlauf gewesen war. Die Agioteurs hatten nämlich glauben zu machen gewußt, es sei wirklih die Gefahr einer Spaltung im Schoße der konservativen Partei vorhandenz eine Anzahl von Deputirten die= ser Farbe hätte ihren bestimmten Entschluß erklärt, für die Kandi= datur des Herru Dufaure zur Präsidentschaft zu stimmen, troß der Erklärung des Ministeriums, daß cs aus der Ernennung des Herrn Sauzet eine Kabinetsfrage machen wolle. An dem cinen Gerüchte, wie am anderen, is nihts Wahres : aber das vorgerücte Alter des Königs macht erklärlih, daß Gerüchte von seiner Erkrankung leicht Glauben finden, um so leiter, je mehr man mit unverkennbarer Bangigkeit dem verhängnißvollen, .aber unvermeidlichen Moment ent- gegen E wo Frankreich der Hand sih beraubt sehen wird, welche seit siebzehn Jahren seine Geschicke leitet. Eine Art Instinkt sagt allen Gemüthern, daß mit jenem gefürchteten Augenblick. neue Ge- fahren, neue Stürme drohen, die vielleicht den ganzen, seit 1830 auf= erihteten Bau wieder unterminiren fönnen, wenn nicht zeitig Vor=

orge agegen etroffen wird. i

Die Ankündigung, daß das Ministerium zur nd des Aus= falls der in den Staats - Einnahmen in Folge der Herabsehung der Salz-Auflage ‘und der Einsührung einiger neuen Herabseßungen der

Briefyost - Ta e entstehén wird, eine Véränderung in dem jebigen

Modus der Auflagen auf die Getränke vornehmen will, hat in den

Weinbau treibenden mitlügliGen Departements, besonders in der Gi- ronde, lebhaften Alarm verbreitet, weil sie voraussehen, daß ihre

Weine und Branntweine schwerer belastet werden sollen, troß der un- aufhörlihen Klageu, die sie hon seit einer langen Reihe von Jah- ren über den erschwerten und daher verminderten Absaß derselben er= tönen lassen. Die Blätter von Bordeaux und der Gegend fordern auch bereits die Deputirten derselben in der Kammer auf, ohue Un=- terschied der politishen Farbe diesen Plänen des Ministeriums, durch welche nun abermals der Süden zu Gunsten des Norden benachthei= ligt werde, kräftigen Widerstand entgegenzuseßen.

Zwischen zwei Organen der radikalen Partei, dem National und der Reforme, herrscht seit einiger Zeit schon eine sehr bittere Polemik aus Anlaß der Rolle, welche die Radikalen in der Wahlreform= Agitation spielen. Die Neforme, das Organ Ledru-Rollin’?s und der Grundsäße und Marximen von 1793, beschuldigt den National des Ver- raths an der Sache der Republik, und der National, so wie seine Freunde, die Deputirten Carnot und Garnier -Pagès, werden als Ueberläufer, Jutrigauten, Scharlatane bezrihnet; dafür zweifelt der National an der gesunden Vernunft der Männer der Reforme, die eine zweite Auflage von 1793 machen wollten. Der National erflärt sogar, daß, wenn man je den Versuch machen wollte zu Er= neuerung jener Blutscenen wilder Mordlust und Anarchie, er sicher in den Reihen der Gegner derselben kämpfen würde, Beim Lichte be= trachtet, ist aber das Verhalten der Reforme aufrichtiger, als das des National, denn dieser sucht durch List zu demselben Ziele zu gelangen, wie die Reforme. Während die Anhänger dieser als die alleinigen reinen Demokraten sich erklären und Alles von sih aus=- {ließen , was niht anch mit ihnen ganz ins gleihe Horn stößt, suchen die Männer des National ihr Heil in dem Bündnisse mit der sogenannten constitutionellen Opposition, mit der sie unter einer Fahne zu marschiren wenigstens vorgeben, und tie gleißnerishe Hal=- tung eineè Theils der radifalen Partei könnte so zu dem Resultate führen, daß die Bedenken der constitutionellen Meinung dadurch sich einshläfern ließen und der Republik in die Hände arbeiteten. Es eut= steht hier das Dilemma: eutweder die Constitutionellen, die mit der Partei des National gehen, wissen, daß sie mit ihr der Republik zusteuern, dann sind sie eidbrüchigz oder sie wissen es niht, dann spielen sie die Rolle von Gefoppten,

Großbritanien und Irland.

London, 22. Dez. Der Hof is gestern von Osbornehouse nach Windsor zurückgekehrt.

Die Stimmen, welche in der vorgestrigen Schluß - Sihung des Parlaments von Seiten der Tory-Partei ur.d der Radikalen über die Ünfruchtbarkeit der gegenwärtigen Präliminar - Session sich erhoben, finden jeßt ihr Echo in den diesen Parteien anhängenden Organen der Presse. Dagegen giebt die Times als ungbhängiges Blatt der Session ein gutes Zeugniß. „Die Präliminar-Session““, schreibt die Times, „is! eine sehr glänzende gewesen. Sie zeigte ein ungewöhun= liches Maß von Einsicht und guter Gesinnung und von entschiedener Geschiflichkeit. Das Parlament hat nell eine gewisse Reise ge- wonnen. Wenn Sessionen bestimmte Bezeichnungen haben sollen, so möchte man diese die „einstimmige“ oder die „„oerständige“/ Session nennen; denn es will etwas heißen für ein neues Parlament, in den ersten sechs Wochen seines Zusammenseins Schäden und Thorheiten so entschieden zu beseitigen. Es is ein sehr hoffnungsvolles Zeichen und eine große Ermuthigung für den Staatsmann und den Vater-= laudsfreund, wenn er sieht, wie ernst die Nation Stand hält gegen die wachsenden Mächte der Unwissenheit, des Elendes und des Ver= brechens,““ 2

In einer Rede, welche Herr Cobden kürzlih über den freien Handel bielt, sprach er sich unter Anderem auch gegen die Unterhal= tung stehender Heere als eine unnüße Geldvershwendung aus und wies nah, daß England, wenn es seine Landtruppen und seine See= macht abschaffe, jährlih 17 Millionen Pfund Sterling ersparen würde. Die Times macht sich über Herrn Cobden lustig, der in seiner Un= {huld die ganze Welt für friedliebend halte. „Wir können uns we= nige Scenen denken“, sagt die Times, „über die sich Mephistopheles mehr freuen würde, als eine Unterredung zwischen dem Könige der Franzosen und dem großen englishen Freihandel8mann, in welcher der Monarch auscinanderseßte, daß die Engländer schr staatsklug handeln würden, wenn sie ihre Land- und Seemacht abschafften.“

Jn Betreff des s{hwebenden Streites am La Plata und beson= ders der Schifffahrt auf diesem Strome ist eine Erklärung Lord Pal= merston's aus der vorgestrigen Unterhaus - Sibung bemerkenswerth, welche dahin lautete, daß der Platastrom felbst ein Meeresarm (estuary) und als solcher für die Schifffahrt aller Flaggen völlig frei sei; dagegen stehe die Schissfahrt auf dem Uruguay und Parana vúl= ferrehtlich unter der Kontrolle der betreffenden Uferstaaten, und es werde durchaus kein Eingriff in diese völkerrechtliche Bestimmung be= absichtigt. ;

Thomas und Joseph Sands und Co. in Liverpool, ein Haus im amerikanischen Geschäft, haben durch Circulair vom 18ten d. M. ihre Zahlungs - Einstellung angezeigt. Die Passiva sollen 130,000 Pf. St. sein. Das Circulair erklärt, daß die Firma Sands, Turner und Co., bei welcher Thomas Sands betheiligt is, durch diese Zahlungs= Einstellung nicht affizirt werde. S

Graf Lusi , ehemaliger preußischer Gesandter am griechischen Hofe und Schwiegersohn des Sir Duke Giffard von Castle Jordan in Westmeath-Jrland, starb hier am 16ten d. M. an einer Lungen= Entzündung, 56 Jahre alt.

Die Verlegenheiten, welche die Ernennung des Dr, Hampden zum Bischof Hereford der Regierung bereitet, werden immer größer. Die Blätter veröffentlichen eine Denkschrift des Dekan der Kathedrale von Hereford, Dr. Merewether, an die Königut, worin er sie uuter den unterthänigsten Versicherungen der tiefsten Anhänglichkeit an Jhrer Majestät geheiligte Person und Regierung ersucht, das Kapitel von der Nothwendigkeit, den Dr. Hampden zu wählen, so lange zu ent- binden, bis seine Schrifteu entweder von der Provinzial-Synode von Canterbury oder von der Provinzial - Versammlung der Bischöfe die- ser Provinz, mit Zuziehung anderer von der Königin oder der Pro- vinzial - Versammlung zu ernennenden kompetenten Personen, geprüft sein würden, Demzufolge sei der Wahltag auf den 28. Dezember festgeseßt worden, welhes der elfte Tag vom Empfang des König= lien congé d’élire an sei, mithin der leßte, den das Kapitel ge= seblih anbergumen könne. „Wir wagen es um so mehr““, heißt es in der Denkschrift, „diese unterthänige Supplik zu den Füßen Ew. Ma= jestät niederzulegen, ermuthigt dur. Ihre bekaunte innige Anhäng-= lichkeit an unsere heilige apostolische Kirche und durch Jhre gewissen hafte und stete Beobachtung des von Ew, Majestät bei Jhrer Krö= nung geleisteten Eides, die Lehre, die. Disziplin und das Regiment dieser Kirche mit aller Jhrer Macht aufrecht zu erhalten und zu be- wahren. Und selbst wenn anzunehmen wäre, daß die leßterwähnten Betrachtungen auf unseren Fall nicht angewendet werden können, o wiirden wir doch das vollste Vertrauen hegen, da die von Ew. Ma= jestät bewiesene Rüsicht für das theuerste und heiligste Recht allér Jhrer Unterthanen, die n eie cin uns bekannt is, und ‘da an der Spihe der Räthe Ew. Majestät ein edler Lord steht, in dessen erlauchtem Hause, wie in seinem eigenen öffentlichen Leben, es bis=

er als der größte Stolz galt, dieses Rat für Jedermann gegen eden Widersacher zu handhaben ein Recht, welches in unseren Personen zu Staub zertreten würde, wenn wir troß aller unserer

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gerechten und billigen Vorstellungen, unter den angedrohten Strafen des praemuoire genöthigt würden, zu unserem Bischof einen Mann zu wählen, den wir, so lange das vorgemeldete Urtheil gegen ihn besteht, mit gutem Gewissen zu diesem hochheiligen Amt nicht wäh- len fönnen.‘““ Die Vorstellung is vom 17, Dezember datirt.

X London, 21. Dez. Die irländische Bill zur Unterdrückung von Verbrechen hat gestern im Oberhause durch die Königliche Be- stätigung Geseßesfraft erhalten. Sie erfuhr während ihres eiligen Durchgangs in diesem Hause keinen Widerstand oder doch nur einen solchen, der von Pairs ausging, welche sich mit Widerstreben einer der furchtbaren Dringlichkeit des Falles so wenig entsprechenden Maß- regel fügten. Lord Lansdowne zeigte in einer Rede vou großer Ge- sinnung uud Beredtsamkeit , daß die frechen Angriffe der geheimen Mörder gegen Leben und Eigeuthum in Jrland nicht auf die Reichen oder Großen des Landes beschräukt geblieben sind. Pächter sind er- schossen worden, weil sie ein Dienstmädchen entlassen oder ein juuges Weib geheirathet haben. Bauern, welche zur eigenen Vertheidigung ein Gewehr besaßen, wurden unter gewaltsamen Einbruch in ihre Hütten dieser Waffe beraubt. Der junge Lord Drogheda is beim Volke verklagt und verfolgt worden , weil er sich mit Miß Stuart Wortley , einer sächsishen Braut, vermählt hat, und eiu allgemeines System des Schreckens und der Gewaltthat ist organisirt, um die besten Männer aus dem Lande zu treiben und die Zurückbleibenden zu unterdrücken. Ju einem solchen Zustande der Dinge bedeutet es wahrlih nicht viel, wenn der Lord-Lieutenant die Macht haben soll, den Gebrauch unerlaubter Waffen zu verbieten. Und doch is dies Alles, was die Regierung vorgeschlagen hat. Sie sagt nichts von den geheimnißvollen und teuflishen Verbindungen, durch welche diese Frevelthaten ausgeführt werden; sie scheint jedem Versuch zu entsa= gen, dem Uebel an die Wurzel zu gehen, und beschränkt ihr ober= flächliches Mittel lediglich auf die Verbrehen, welhe wirklih zum Vorschein kommen. Selbst hierin wird ihr nur Weniges gelingen, denn es giebt nihts Unausführbareres, als das ganze Volk von Jr= land entwaffnen zu wollen. s

Die Aufklärungen, welche Lord Farnham im Oberhause gab, wurden von den Lords mit großem Junteresse angehört. Er ist selbst einer der besten irländishen Grundbesißer, und indem er die Wunden seines Vaterlandes aufdeckt, bereitet er si seinen eigenen Untergang, für den Fall, daß er es wagen sollte, dahin zurückzukehren. Er stellte es unter Anderem aus handschristlihen Zeugnissen des kürzlich er= mordeten Major Mahon außer allem Zweifel, daß zwischen diesem und dem ersten katho;ishen Priester von Strokestown in Roscommon, Herrn M’c Dermott, ein Streit stattgefunden hatte, in Folge dessen Major Mahon, als Mitglied des Unterstüßungs-Comité's, einen Nach= weis über den Verbleib der Gelder forderte, welche bisher durch die Hand des Priesters gegangen wären. Bei dieser Gelegenheit drohte und beleidigte M’'c Dermott den Major in sehr ausfallender Weise, und wenige Tage darauf, an cinem Montage, der ein Festtag war, klagte er ihn öffentlich vor dem Altare beim Volke an, mit den Wor- ten: „Dieser Mann is s{lechter als Cromwell, und doch lebt er.“ Am folgenden Abend, Dienstag, wurde Major Mahon erschossen. M'c Dermott hat seitdem eine Erklärung veröffentlicht, des Juhalts, daß an keinem Sonntage jemals Major Mahon?s Name vor dem Altare genannt worden sei, Die obige Denunciatiou geschah freilih niht an einem Sonntage, sondern an einem Montage. Es ist unbegreiflich, daß nicht schon Schritte gethan worden sind, um einen solchen Verbrecher vor Gericht zu ziehen.

Als Lord Beaumont sih im Laufe dieser Debatte erhob, glaubte man, er werde die Priester einer Kirche vertheidigen, zu welcher er selbst gehört. Es zeigte sich aber bald, daß er im Gegentheil auf- gestanden war, um gegen das Verhalten der römisch - katholischeu Bischöfe zu protestiren, welche diese shrecklichen Mißbräuche des geist- lichen Einflusses nicht daniederhielten, Für Jeden, der den Zustand des irländischen Landvolkes keunt, ihre absolute Abhängigkeit von den Priestern, den Zutritt des Priesters zu dem Gewissen eines Jeden durch die Beichte, die ganze Tendenz diescs infernalischen Krieges, für den is kein Zweifel möglich, daß die Priester nicht um jeden einzel- nen Mordfall wissen sollten. Die Kirche mit ihren aufregenden und absolvirenden Priestern is demnah dort die große Mitschuldige an den Verbrechen, welche in ihrer Grausamkeit, die in dem langsamen, aber allgemeinen Blutbade liegt, uiht von den gehäuften Schrecknissen einer Bartholomäusnacht Frankreichs übertroffen werden. Man denke si, wie der sittliche Zustand eines solchen Volkes sih gestalten muß, wenn seine Religion selbst mit Blut si befleckt. Wohl mag das Journal des Débats Jrland „den rothen Fleckden auf der Karte Europas“ nennen, aber er is nicht roth von dem Blut, das eine unterdrückende Gewalt vergießt, sondern von den blutigen Kämpfen und der geheimen Bosheit seiner eigenen Söhne,

S weiz.

Tagsaßung. (Schwäb. Merk.) Jn diesem Augenblick (\chreibt man aus der Schweiz vom 20. Dezember) wird im Junnern der Tagsaßung die Frage ziemlih lebhaft besprochen: ob es nicht räthlih wäre, nah beendigtem Kriege auf einige Zeit sih zu verta- gen oder gar sich aufzulösen. Die darüber sih geltend machenden Ansichten sind sehr verschiedenartig, und ziemlich triftige Grüude wer- den für Verneinang und Bejahung derselben geltend gemaht. Die von der Tagsaßung niedergeseßte Siebner-Kommission beschäftigt sich insbesondere mit der erwähnten Frage, und binnen kurzem wird die- selbe der Tagsaßung ein Gutachten und Rathschläge darüber vorle- gen. Eines auffallenden Umstandes müssen wir bei diesem Anlasse erwähnen, der Thatsache nämlich, daß die zur Ausarbeitung des Ent- wurfs einer Bundes-Revision von der Tagsaßung niedergejebte Kom- mission von deren Vorstand, Herrn Ochsenbein, seit ihrer Konstitui= rung auch noch nicht ein einziges Mal zusammengerufen worden ist und deshalb vorausgeseßt werden darf, daß bis zur Stunde noch fein bestimmter Plan in Betreff einer Veränderung der jeßigen Bun- desverfassung vorliegt,

Kanton Vern. (Karlsr. Ztg.) Ueber das am vorigen Donnerstage (16. Dez.) Herrn Canning zu Ehren vom Vororte ge- gebene Gastmahl, zu welchem außer den Tagsabungs = Mitgliedern auch die wenigen in Bern noch anwesenden fremden Gesandten nebst Herrn Dufour und den Stabs -Offizieren eingeladen waren, verneh men wir wenig mehr, als daß dasselbe äußerst glänzend und nament- lih au in gastronomischer Hinsicht ausgesucht gewesen sei, Auf- fallenderweise beehrte Herr Peel, der bis jeßt doch so gut mit den regierenden Herren gestanden, das Festessen nicht mit seiner Gegen- wart, worüber allerhand Vermuthungen geäußert werden, unter An= derem auch die, daß dem jungen Diplomaten die Anwesenheit eines außerordentlihen Gesandten seiner Regierung nicht die allerange= nehmste Sache sei und er sich dadurch ein wenig in den Schatten gestellt finde. :

Kanton Zürich. Folgendes is die Erklärung, mit welcher der bisherige Redacteur der Eidgenössishen Zeitung von die- sem Blatte scheidet : N

„Der Unterzeichnete erklärt hiermit, daß er im Einverständniß mit sci- nen bisherigen Mitarbeitern die Redaction der Eidgenössischen Zei- tung mit heute niedergelegt, womit das Blatt in das Eigenthum der Ver-

D 15 7 lagshandlung des Herrn Fr. Schultheß übergeht, Nachdem das eine Ex- irem das andere mit Gewalt unterworfen hat, scheint für jene positive, prin- zipielle Mitte, welche die Eidg. Ztg bisher angestrebt, fein Raum mehr zu sein, Wie sih die Dinge seit sechs Jahren entwickelt hatten, lag in dem von uns eingeschlagenen Wege die einzige Möglichkeit einer friedlichen Lösung der Verwicklung, Das Schifsal hat anders entschieden, Der Knoten is gewaltsam zerhauen worden. Die Zeit der alten Schweiz ist definitiv abgeschlossen, und Niemand mag sich verhehlen, daß mit den leiten Ercignissen für unser Vaterland eine wesenilich neue Epoche begonnen hat. Aus der jeßt schrankenlosen Herrschaft des Radifalièmus werden mit der Zeit neue Elemente, neue Kämpfe, neue Gestaltungen hervorgehen. Der Unterzeichnete und seine bisherigen Mitarbeiter wollen die einen und die auderen vor der Haud völlig unbetheiligt abwarten, Zürich, 20, Dezember 4847. C. H. Schultheß.“

Nach den Berichten zu urtheilen, welche die Eidgenössische Zeitung unter ihrer noch niht genannten neuen Redaction über die Vorgänge in den verschiedenen Kantonen der Schweiz giebt, scheint dieses Blatt übrigens bei seiner bisherigen antiradifaleu Haltung be- harren zu wollen. Jhr erster leitender Artikel zeigt noch feinen ent- schiedenen Charakter uud suht uach eiuer vermittelnden Auskunft, um die Elemente für eine neue Konsolidirung der Eidgenossenschaft zu findenz derselbe lautet:

„Der Sonderbund is aufgehoben, der Jesuiten-Orden verbannt; Lu- zern und dic inneren Kantonc haben neue Regierungen, und der Klöster im Aargau wird uicht mehr gedacht; alle die Fragen, die scit Jahren unser Vaterland zezfleisht und zerrissen, die es dem Untergang nahe zu bringen gedroht, sind endlich gelös. Wie sie gelöst worden sind, ob auf die beste, die recchtmäßigste Weise, darüber wollen wir hier nicht entshciden. Genug, sie sind gelöst, der Krieg hat sie abgethan , und es bleibt allein der Ge- schichte noch vorbehalten, über Sieger und Besiegte zu Gericht zu sigen. Ein Zeitraum, eine Neihe von Parteikämpfen is abgeschlossenz die Schweiz tritt in ein neues Stadium, und, Jeder gesteht sichs, eine neue Entwicfe- lung beginnt, Was wird der Charakter, welches die Richtung und wo das Ziel dieser Entwickelung sein? Wird es eine glückliche, heilsame werden? Das sind die Fragen, die wir hier zu be- antworten haben. Die Zukunft baut sich aus der Vergangenheit auf. Um der Zukunft ihr richtiges Prognostikon zu stellen, müssen wir noch cinen kurzen Blick auf die Erscheinungen der leßten Jahre zurücwerfen. Wer, um sie zu beurtheilen, den Standpunkt lediglih im geschriebenen Recht und die Waage der Gerechtigkeit einzig im Bundesvertrage von 1815 suchen wollte, der sähe die Schale der Radikalen allerdings, voll Unrecht, tief zu Boden sinken: Alle ihre Siege wären nur eine Reihe von Gewalt- thaten und Freveln, und auf eine solche Nacht ließe sich unmöglich ein \{höner Morgen erwarten, Die Aufhebung der Klöster im Aargau war wider den Bundesvertrag, das Verlangen nach Ausweisung der Jesuiten ein unbefugter Eingriff in die Kantonal - Souverainetät, felbst der leßte Krieg im Grund so schr gegen den Geist des Bundes, wie der Freischaarenzug, und er hatte vor diesem nur die dur 12 Stimmen lega- lisirte Form voraus, Aber es is} nicht allein das geschriebene Recht, das den richtigen Maßstab zur Beurtheilung der Dinge abgeben kann (weder das Schicksal, das über den Völkern waltet, noch die Geschichte entscheiden nach diesem) z es giebt noch ein anderes Recht, ein Recht, „das mit uns gebo- ren““, das der inneren Vernunft, wo dieses mit jenem in Kollision kommt, entsteht eine Krisis, cin Kamvpf, und bei uns scheint leßteres die Oberhand gewinnen zu wollen, Die Schweiz von heute is niht mehr die Schtociz von gestern, das geistige und öffentliche Leben früherer Jahrhunderte nicht mehr das unsere, und selbst zwischen den Jahren 1814 und 1847 liegt cine große Kluft, Mit den Künsten der modernen Civilisation, den Erfindungen der Judustrie, den Eisenbahnen, der täglichen Presse treten die alten Grân- zen, die Menschen und Völker getrennt, mehr und mehr zurü z Menschen und Völker rüccken sich näher; und dieselbe Erschei- nung zeigt sich auch bei den Völkerschaften der Schweiz, Das Kantonal - Leben ist uns zu eng geworden z kleinere, örtliche, ge- ringere Fragen interessiren uns nicht mehrz entspinnt sich dagegen im Ost oder West cin Streit von größerer Bedeutsamkeit, so erregt er s0- gleich das Juteresse aller Orten; die Gesammt-Schweiz greist ihn aufz und mochte er ursprünglih auch rein kantonaler Natur sein, gleichviel, er wird auf eidgenössischen Boden verpflanzt und mit eidgenössischen Waffen ausge- fämpft. Die 22 souverainen Kantone der schweizerischen Eidgenossenschaft sind längst über die Schranken der Kantonalität, die ihnen der Bundes- Vertrag von 1815 gesezt, hinausgewachsen. Es isst auch weniger das Band, wie sie es zu jener Zeit aus der Hand der fremden Diplomaten empfangen haben, was die Schweiz noch zusammenhält, als vielmehr das Bewußtsein eigen- thümliher Verhältnisse dem Ausland gegenüber, die Liebe zu ihren freien, republikanischen Justitutionen und das Bedürfniß größerer Gemein- \chaftlihkeit und gegenseitiger Konsolidarität. Die Einnahme Luzerns und die Beseßung der inneren Kantone haben die alte Form, den alten Leib der Eidgenossensc-aft vollends zu Grabe getragen. Es ist nicht gnt, daß der Geist, die Scele der Eidgenossenschast, lange körperlos, gespensterhaft um- her irre und suche, in welche Gestalt er fahre. Mögen daher die cdelsten und einsichtigsten Männer aller Orten, aller Parteien sich dahin vereinen, dem modernen Bewußtsein der politischen, konfessionellen und sozialen Ge- sammtschweiz den entsprechenden legalen Ausdruck zu geben! Hoffen wir, daß deren Bestrebungen, die in einer Bundes-Reform vorläufig und wenig- stens formell ihr Ziel erreicht haben werden, den Weg der Nuhe und dcr Versöhnung einschlagen werden, so können wohl Alle der Zukunft cine lächelnde Seite abgewinnen.““

Dasselbe Blatt enthält folgende ihm eingesandte Erklärung :

„Jh erkläre hiermit des Bestimmtesten, daß die von mir herrührende, ohne mein Wissen und Willen (in der Nr, 43 des in Zürich erscheinenden Täglichen Bülletins und in der Thurgauer Zeitung) veröffent- lichte Korrespondenz - Nachricht, so weit dieselbe angebliche, gegen den Tit. Herrn Brigade -Obersten König verübte Jnsubordinarionsfehler und Thâät- lichkeiten betrifft (S. Kanton Luzern in Nr, 354 der Allg. Preuß. Ztg.) völlig unwahr und grundlos is, und ih rufe diese Stelle des fraglichen Briefes, wozu ih durch unrichtige Angaben Dritter veranlaßt wurde, mit gegenwärtiger Erklärung reuevoll zurück, Luzern, 17, Dezember 1847. J, Nater von Kurzdors, Scharfshüß der Compagnie Hanhart, Für rich- tigen Auszug aus den verhandelten Akten: Das Stabs-Auditoriat der Di- vision Nr. 1V., Heim.“

Am 20, Dez. versammelte sich der Große Rath von Zürich zu sei- nex ordentlichen Winter-Sißung. Das Präsidium, Alt-Regierungs-Rath Weiß, erböfsnete dieselbe mit einer ausführlihen Rede, in der er des für Alle so unerwarteten Ausganges der lebten Ereignisse gedachte, Zwar böten die Traktanden der hohen Behörde zur Besprechung der- selben keine Veranlassung, wenn man nicht etwa deu Beschlusses-Ent- wurf des Regierungs-Rathes, betreffend den außerordentlichen Bezug einer halben Vermögenssteuer, ausnehmen wolle; allein dennoch sei es gewiß ganz natürlich und aus der Seele des Großen Rathes selbst gesprochen, daß jener Ereignisse, welche demselben vor ihrem Eintre= ten {ou so viel zu sprechen gegeben, einer abschließenden Erwäh- nung geschehe, Nach dieser Schilderung und Belobung der Ein= trat unter den zwölf Ständen wies er auf die Folgen des Kampfes hin und sagte in diescr Hinsicht, man möge in cidgenössischer Beziehung die Hoffnungen für die allernächste Zus kunft nicht zu hoch spannen, denn daß die Bevölkerung besiegter Kantone mit cinemmale ihre politische oder konfessionelle Denkungsweise ablegen oder umändern werde, das stehe nicht zu erwarten. Doch hätten sich wenigstens Freiburg und Luzern wieder eingefunden iu die Reihe der Mehrheits = Kantone, und die Urheber, die eigentlihen Gründer, die Ursachen des Separatbündnisses seien entfernt, mit den an der Spihe des Sonderbundes stehenden weltlichen Chefs über die Gränzen ge- flohen. Kaum habe es die Tagsabung zu einer Einladung an die Kantone gebracht, die Jesuiten zu entfernen, Dieselben aus Freiburg, aus dem Wallis wegzubringen, daran habe man zur Zeit noch kaum zu denken gewagtz B es doch zwei- felhast geblieben, ob sie auch nux den Vorort Luzern zu verlassen köunten gezwungen werden z und nun seien je fort vom Boden der Schweiz: eine Niederlage, wie dexr Orden fie

noch nie erlebt habe. Der Große Rath beschäftigte sich dann mit Vorlegung der vershiedeneu Geseßes-Entwürfe, betreffend das Schul= lehrer-Seminar, die Thierarznei- Schule; Kommissional-Gutachten, betreffend die Staats-Rechnung und die Rechnungen über die unter besonderen Verwaltungen stehenden Kantonal-Güter vom Jahre 1846; Komnmissional-Gutachten, betreffend den Voranschlag der Staats-Ein= nahmen und Ausgaben für das Jahr 1848 ; Besch usses- Entwurf, be= treffend Nachbezug einer Vermögcnssteuer von § per mille für des Jahr 1847; Kommissional-Gutachten über die Recheuschaftë-Berichte des Regicrungs-Rathes und Obergerichts vom Jaßre 1846, Ge- sezes-Vorschlag, betreffend Aufhebung der klinischen Prosektur. Die Motion des Alt - Oberrichter Ulrich , betreffend cine an den Regie- rungsrath mit Hinsicht auf die Verhältnisse der Staats-Anwaltschaft zu erlassende Mahnung, welche hon in der leßten Sibung mit einer (jedoch nit reglementsmäßigen) Mehrheit cecworfen worden und da= her unter den Traktanden geblieben war, mit 100 gegen 7 Stimmen (viele der konservativen Mitglieder fehlen) als unerheblich erklärt. Mau glaubt aber , daß diese Frage bei Behandlung der durch die außerordentlihe Staats - Anwaltschaft eingeleiteten Preß - und Auf= ruhrs - Klagen vor den Gerichten neuerdings zur Sprache kommen werde, ¿

Kanton Luzern. (Rh. u. Mos. Ztg.) Die luzerner Pu=- blizistik, bestehend in zwei ganz radifalen Blättern, arbeitet darauf hin, daß auch Nicht - Kantonsbürger im Kanton Luzern das Stimm= und Wahlrecht besißen sollenz sie verlangt sodann, daß die nichtra- dikale Pfarrgeistlichkeit sammt und sonders in Ruhestand versest werde. Unter dem Schuße der Militairmacht wüthet nun die Presse fort und wirkt in einer Woche mehr, als sonst das ganze Jahr, natürlich mehr auf die Regierung, als auf das Volk.

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Nom, 13. Dez. (A. Z.) Der Kardinal Altieri soll si durch den festen Widerstand des Munizipal - Raths bei Verwahrung seiner Rechte sehr unangenehm berührt fühlen, und es geht sogar das Gerücht, er habe seinen Abschied verlangt. Die Differenzen seien hervorgetreten, erzählt man si, als er cigenmächtige Vorschiäge gemacht und nah denselben sofortige Bestimmungen zu treffen in Begriff gewesen sei. Von der Ernennung des Kommunal-Secretairs wird dies namentlich behauptet. Faktisch is, daß der Munizipal-Rath eifersüchtig die ihm übertragenen Obliegenheiten bewahrt und sih mit den Ehren und dem Titel dieser Stellung durchaus nicht abgefunden zeigt. Er will in pleno mitregieren, und da Männer, wie Professor Emiliano Sarti, sich durch Eifer und Energie hervorthun, so läßt sich {hon etwas von dem neuen Munizipmum erwarten. Die Con-= sulta hat \sich fast einstimmig (21 Stimmen gegen 4) für die Oef= fentlihkeit des Stimmverfahrens erklärt, und wegen der Oeffentlich= feit der Protokolle und Berichte sollte die Berathung vorigen Soun= abend beginnen. Bei den Berathungen selbst sollte ebenfalls nach den Stimmen der Mehrheit die mündlihe und nie die schriftliche Berathung stattfinden. Wer den Fortschritt beurtheilen will, muß auf diese beiden Justitute sein Augenmerk rihten und sich durch Gassenbuben - Exzesse nicht irren lassen, Früher kamen dergleichen auch oft vor, nur in anderer Weise und in anderem Juteresse, Die beschränktere Oeffentlichkeit ließ sie weniger gewahr werden.

Selbst die zu Lande eintrefsenden Passagiere sind an der Gränze Räucherungen und ähnlichen Shinitäts : Maßregeln unterworfen wor= denz zum Glü ist der Lärm ein blinder gewesen, und die Bestim= mungen sind daher bereits wieder aufgehoben,

Nom, 15. Dez. (A, Z.) Die ferrareser Differenzen sind friedlich und freundlich ausgeglihen. Kardinal Ciacchi hat von Rom aus die Weisung erhalten, sih nach Ferrara zurüczubegeben, um bei der Wiederherstellung des status quo vom 16. Juli gegenwärtig zu sein. Die in Bologna liegenden Schweizertruppen sind ebenfalls da- hin befehligt, um die von dem österreichischen Militair eingenomme= uen Wachposten zu übernehmen. Die gregorianishen Freiwilligen, welche in dieser Stadt des Kirchenstaats allein noch fortgedauert hat= ten, haben den Befehl erhalten, nach Bologna abzumarschiren, wo sie ihrer definitiven Auflösung entgegensehen. Die Oesterreicher behal= ten die Citadelle und die zwei im Bereich der Stadt gelegenen Ka- sernen und Magazine bei, für welche sie der päpstlichen Regierung seit Jahren Miethe entrichten. Die Bürgergarde fährt fort, den Dienst im Innern der Stadt zu versehen, und bleibt mit der Auf= rehthaltung der bürgerlihen Ruhe und Sicherheit beauftragt. Von Bedingungen , welche Oesterreich gestellt habe, is mit keinem Wort die Rede. Ueberhaupt hat diese Großmacht den Kirchenstaat die vielen Ausfälle der selbst auf die Regierung übergegangenen Gereizt=- heit bei dieser Gelegenheit auf keine Weise entgelten lassen. Das Beleidigende, welches man hier in der Demonstration vom 16. Juli bei einer so verwidelten Sachlage und wunderbarem Zusammentreffen der Umstände für Rom und Jtalien glaubte erblicken zu müssen , ist durh eine solche großartige Handhabung der Staatsgeschäste voll= fommen widerlegt worden.

Nom, 16. Dez. (N. K) Alles sieht voll Spannung der morgenden Congregation entgegen, da man weiß, daß Se. Heiligkeit dieselbe mit einer Rede eröffnen wird, in der er seine Ansichten über den Orden der Gesellschaft Jesu und dessen fernere Verhältnisse zum römischen Stuhle aussprehen wird. Es ist diese Rede dadurch her- beigeführt worden, daß die dem Orden günstige Partei Sr. Heilig= feit aufgefordert hat, sich über das fernere Schicksal des Ordens, v wie über seine Bedeutung, definitiv zu erklären und ihn entweder auf= zuheben oder gegen die zahllosen und täglich sih vermehrenden An- griffe seiner Gegner zu schüßen, indem bei fernerem Stillschweigen des Papstes jeder Feind des Ordens glauben würde, daß er (der Papst) seinen Ansichten nicht abgeneigt sei. i

In dem Beamtenpersonale der Staaktssecretaria stehen beim Jahreswechsel wihtige Veränderungen bevor. So behauptet man, daß die Herren Petri und Cappelli (Konzipisten), die sich E eines ziemlich großen Einflusses erfreuten, entlassen werden, ollen. Ob Kardinal Ferretti selbst von seinem Posten abtritt, darüber ist nichts bekannt, und es scheint fast, als dürfte es auch dieêmal, wie hon öfters der Fall war, beim Alten bleiben, da er bei jeder Ge- legenheit, wo sich der Ausführung seiner Zdeei Hindernisse entge= genseßen, zu erklären pflegt, er wolle seinen Posten quittiren.

Ein junger römischer Kaufmann, Capuccetti, Agent verschiede= ner der eidgenössischen Partei angehöriger s{weizer Häuser, trug bei der vielbesprohenen Demonstration die a rdbale, Fahne. Die Polizei hat zwar den Auftrag erhalten, ihn: -deshalb zu verhaften, doh scheint der Befehl nicht sonderlich streng zu scin, da er noch immer frei in der Stadt herumgeht, Die öffentlihe Meinung spricht sih zu bestimmt gegen eine solche Maßrege wegen dieses Grundes aus. Mehrere angesehene Männer haben si deshalb e dem Staats -Secretair verwendet, der darauf erklärk, f soll, man möge “ns nur ein paar Tage in Ungewißheit und Furcht

weben lassen. s E s Jn der heutigen Nummer der Notizie-del S wird an- ezeigt, daß dieses Blatt und das Diario di il L Blatt nit bete Sahre an aufhören und an dexen Stelle ein offizielles ver-

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