1880 / 257 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Nov 1880 18:00:01 GMT) scan diff

wandten des verstorbenen General-Feldmarschalls sowie andere ,

militärishe Meldungen, in Gegenwart des Gouverneurs und des Kommandanten entgegen.

der Commandeure der Leib-Regimenter; unter diesen waren von auswärtigen Regimentern der Oberst Graf Roon, Com- mandeur des Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV. (1. Pommerschen) Nr. 2 und Oberst von Reibniß, Comman- deur des Leib-Grenadier-Regiments (1. Brandenburgischen) Nr. 8.

Um 1 Uhr begabcn Se. Majestät Sih zur ¿Feier der Enthüllung des Graf Wrangel-Denkmals nach dem Leip- ziger Play. Von dort kehrten Se. Majestät nah dem Palais zurück und empfingen im Laufe des Nachmittags noch den

inanz-Minister Bitter zum Vortrage, den Kaiserlichen Ge- D in Bern, General der Jnfanterie von Röder und den Commandeur des 3. Rheinischen Jnfanterie-Regiments Nr. 29, Obersten von Scherff.

Se. Königliche Hoheit der-Prinz Carl is in der Begleitung Sr. Majestät des Kaisers und Königs von den Jagden in Ludwigslust zurückgekehrt und beabsichtigt Sich heute Abend nah Schloß Glineke bei Potsdam zu begeben.

Auf Allerhöchsten Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs fand heute Mittags 1 Uhr die feierlihe Ent- hüllung des dem General - Feldmarschall Grafen von Wrangel auf dem Leipziger Playe hierselbst errichteten Denkmals statt. L

Die Ausstellung der zur Feier eingeladenen Personen und der Deputationen geschah derartig, daß rechts von dem Denkmal des Generals Grafen von Brandenburg auf dem Trottoir die Generale, die Minister und die Staatssekretäre, die General- Lieutenants, links die General-Majors, der Magistrat, der Stadtverordneten-Vorsteher 2c. standen. Auf dem Fahrdamm nah der Leipzigerstraße zu befanden \ich die Depus- tationen des Generalstabes, der 2. Garde-Jnfanterie-Division, des 2. Garde - Feldartillerie - Regiments, des Train- Bataillons des Garde - Corps, des Train - Bataillons des IIT. Armee-Corps , der Vereinigten Artillerie- und Jngenieur- schule, des Reserve-Landwehr-Regiments Nr. 35, des Eisen- bahn-Regiments, der 3. Gensd'armerie-Brigade, der Artillerie- Schießschule, der Ober-Feuerwerkershule und der Artillerie: Prüfungskommission. Nach dem Potsdamer Plaz zu standen auf dem Fahrdamm die Deputationen des __Kriegs- Ministeriums, der 1. Garde - Jnfanterie - Division , des 1. Garde - Feld - Artillerie - Regiments, des Garde - Pionier- Bataillons, der Kriegs - Akademie, der Central - Turn- anstalt, des reitenden Feldjäger-Corps und der Marine. Auf dem südlichen Trottoir befanden \sich rechts vor dem zu ent- hüllenden Denkmal die Deputationen des Regiments der Gardes du Corps, der Garde-Husaren, der 1. Garde-Ulanen und der 1. Garde-Dragoner, links die Deputationen der Garde-Kürassiere, der 2. Garde-Ulanen, der 2. Garde-Dra- goner und der 3. Garde-Ulanen. Unmittelbar neben dem Denkmal nahmen rechts die Deputation des Branden- burgishen Füsilier - Regiments Nr. 35 und links die des Ostpreußishen Kürassier-Regiments Nr. 3 (Graf Wrangel) ihre Aufstellung ; hinter dem Denkmal standen die Deputa- tion:n des Jnvalidenhauses, der Leib-Gensd'armerie, der Schloß- garde: Kompagnie und in zweiter das Trompeterchor des Garde-Kürassier-Regiments. Rechts und links von dem Denkmal, mit der Front nach demselben, bildeten je 30 Kadetten den Schluß der Aufstellung. |

Nachdem die Prinzen des Königlichen Hauses und die nächsten Anverwandten des Grafen Wrangel eingetroffen waren und Erstere links, die Leßteren rechts vom Denkmal des Generals Grafen von Brandenburg \sich versammelt hatten, wurden Se. Majestät der Kaiser und König vom Kriegs- Minister, dem Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten und vom Gouverneur von Berlin am Eingange zum Leipziger Plaß empfangen und auf dem Troitoir bis zu dem Denkmal des Generals Grafen von Brandenburg geleitet.

Der Kriegs-Minister hielt hierauf folgende Ansprache an Se. Majestät den Kaiser und König:

Ew. Kaiserlihe und Königliche Majestät ha! en befohlen, daß dem beimgegangenen General-Feldmarschall Grafen von Wrangel in Berlin, der Stätte seines langjährigen Wirkens, ein Denkmal er- richtet werde, und haben für dasselbe cinen Plaß zu bestimmen ge- ruht gegenüber dem Monument eines alten Waffengefährten des Verewigten, des Generals Grafen von Brandenburg.

Beide Männer, gereift in {weren Zeiten, die das Vaterland betroffen, waren bis zum leßten Athemzuge treue Diener ihres Königs, brave Soldaten, bewährt in Krieg urd Frieden, leuhtende Vorbilder für die Armee,

Während Graf Brandenburg im kräftigen Mannesalter, mitten in feiner Wirksamkeit von hier abgerufen wurde, war es dem Feld- mars{all Grafen von Wrangel vergönnt, nochþ in spät:n Lebens- jahren selbst Lorbeeren zu erwerben und die Zeit zu erleben, in der die Armce unter Ew. Majestät glorreicber Führung nie geahnte Er- folge batte, welche zur Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches führten. Ein schöncr Lebensabend für den alten Krieger, der dem Heere 81 Jahre angehört hat.

Friedrich Heinrich Ernst von Wrangel wurde am 13, April 1784 zu Stettin als Sohn eines preußischen Offiziers geboren. Er trat 1796 als Junker in das Dragoner - Regiment von Werther und wurde 1798 Seconde-Lieutenant.

Am 23, Dezember 1806 erhielt der Seconde-Lieutenant von Wrangel bei Gurzno die Feuertaufe und bewies hier, daß die rom Großen König der preußischen Kavallerie eingepflanzten Grundsäße auch in ihm [lebendig waren. Als sich bei Ablösung einer Feldwacbe zwei feind- lide Schwadronen zeigten, warf er ih denselben mit den beiden Feldwachen kühn entgegen und {lug sie in die Fluht. Nach weite- ren glüdlih bestandenen Gefechten erwarb sih der Lieutenant von Wrangel bei Heiléberg den Orden pour le mérite, indem er mit der von ibm geführten Shwadron mehrere Quarres niederritt, wobei er einen Schuß in die Schulter erhielt.

Bei der nach dem Frieden eintretenden Reorcanisation der Armee kam Lieutenant von Wrangel zum Ostpreußischen Kürassier- Regiment.

1813 focht von Wrangel mit Auszeichnung kei Gr. Görschen, Hayrau, Culm und Liebertwolkwißz. Der Reiterkampt bei Wachau trug ibm das Eiserne Kreuz I, Klasse ein. Im Feldzuge von 1814 war es dem Major von Wrangel vergönnt, seinen Namen für immer mit dem von Etoges zu verknüpfen. Nah mehreren zur Aufnahme der von Vauchamps zurückgehenden Infanterie unternommenen alüd- lihen Attaquen erhielt er den Befehl, mit dem von ihm geführten Regiment der übermächtigen feindlichen Kavallerie gegenüber vor dem Walde von Etoges zur Deckung des Abzuges halten zu bleiben. Bald waren die Kürassiere von französischen Reitermassen ungeben und wurden zur Waffenstreckung aufgefordert. „Solange ich den Pallasch sühre, werde ih nicht kapituliren" lautet die Antwort. Als fich dann der feindliche Offizier an die Mannschaften selbst wandte, ließ ihn der Major vom Pferde schießen. Nach- dem er sich noch durch eine stürmische Attaque gegen

ein anreiiendes Regiment Luft gemacht, kahnte er fi den Weg dur die inzwishen in den Wald eingedrungene feindlihe Infanterie.

| Aub in den leßten Kämpfen des Feldzuges führten die Kürassiere

Sodann empfingen Se. Majestät die Monats-Rapporte | unter Major von Wrangcl mehrere glänzende Attacken aus.

des 2, Westpreußisben ODragoner-Regiments. j Stufe zu Stufe, 1839 wurde ihm die Führung des I., 1842 die des

| IL, Armee-Corps übertragen.

Im Herbst des folgenden Jahres leitete General von Wrangel die großen Kavallerieübungen bei Berlin, bei welchen er es verstand, den altpreußishen Reitergeist wieder fu beleben.

Im Jahre 1848 wurde General von Wrangel zum Ober-Befehls- haber der nach Holstein gesbickten Bundestruppen ernannt. Am 22. April übernahm er das Kommando und Tags darauf wurden unter seiner Führong in der Schlacht bei Schleswig die Dänen turch das unaufhaltsame Andringen zweicr preußischer Brigaden zum Verlassen ihrer festen Stellung am Dannewerk gezwungen. Am nächsten Tage begann die Verfolgung, welche in einem. Zuge bis nach Jütland hinein“ durchgeführt wurde. Am 5. Juni warf der General die inzwishen von Alsen aus in das Sundewitt eingedrungenen Dänen wieder in ihren Brückenkopf z:rück. Nach beendigtem Feldzuge erhielt General von Wrangel unter Verleihung des Cichenlaubes zum Orden pour le mé'ite, das in der unruhigen Zeit so wichtige Oberkommando in den Marken. Während des Ministeriums Brandenburg rückte der General, troy aller Vorstellungen und Drohungen, am 10. November on der Spitze der Truppen in die Hauptstadt ein, wo es seiner Festigkeit und Mäßigung gelang, bald Ordnung und Vertrauen wieder herzustellen. „Seneral von Wrangel“ wurde der populärste Mann in Berlin.

Am 18, Oktober 1849 verlieh ihm Se. Majestät der König den Schwarzen Adler-Orden. Im November desselben Jahres wurde er zum kommandirenden General des I1I. Armee Corps ernannt, dessen nd er bis zum Jahre 1857 behielt. In diese Friedensjahre allen eine große Anzahl ihm besonders aufgetragener Besichtigungen der Kavalerie, An seinem 60jährigen Dienstjubiläum wurde Ge- neral von Wrangel zum General-Feldmarschall ernannt. Bei dem 1864 zur Befreiung der Elbberzogthümer unternommenen Kriege führte der Feldmarschall den Oberbefehl über das verbündite Heer. Nach dem raschen Vordrirgen des Prinzen Friedri Carl über die Schlei und dem Siege der Oesterreicher bei Owersce wohnte er am 18. April 1864 dem vom Prinzen Friedrich Carl geleiteten Sturm auf die Düppeler Schanzen bei.

Nach Berlin zurückgekehrt, wurde Feldmarschall von Wrangel in den Grafenstand erhoben.

Im Feldzuge 1866 wurde dem nunmehr 83jährigen Feldmarschall auf sein Bitten gestattet, sih seinem ostpreußishen Kürassier-Regt- ment anschließen zu dürfen, welches er bei Mährish Tribau erreichte und auf dessen weiteren Zügen begleitete.

1876 war es dem noch immer rüstigen Veteranen vergönnt, sein eOjähriges Dienstjubiläum zu feiern und die leßte der zahlreichen Auszeihnungen zu empfangen, welche sein Kaiferlicher Herr ihm fort und fort gewährte.

Im Frühjahr 1877 erkrankte er und am 1. Novemker ents{lief der greise Held im gläubigen Vertrauen auf seinen Erlöser.

Er gehört jener Reihe preußischer Generale an, welche sich bis in das höchste Alter den bellen Blick und das feurige Herz der Ju- gend bewahrt haben. Bezeichnend für sein Wcscn sind seine Gottes- furcht und die unwandelbare Tr: ue gegen seinen König, kühner Rei- tersiny, aber auch der rüdcksihtslose Muth der Ueberzeugung, \charfes Urtheil und die Schlagfertigkeit des Woites, welches in urwüchsiger Kraft immer den Kern der Dinge zu treffen wußte. Bei unerbitt- liber Strenge, wo sie geboten, hatte -;” ein offenes wohlwollendes Herz gegen Jedermann so war dieser Nestor unseres Heeres trotz der Verschiedenartigkeit seiner Anlagen ein in si ges{lossener Charak- ter, ein ganzer Mann.

Das Andcuken solchen Mannes wird im Vaterlande nicht er- löschen. Die kommenden Geschlechter werden in dem ehernen Stand- bilde, durch welches“ bex Kaiser und König Seinen General chrt, eine Mahnung finden, ihm nachzueifern in \treager Pflichterfüllung.

Ew. Majestät Armce aber erblickt in diesem Denkmal eine ihr in der Person des hervorragenden Führers von Ew. Majestät er- wiesene Chre. Wenr ich hierfür, Namens terselben, dem chrerbie- tigsten Dank Ausdru gebe, so darf ich hinzufügen, daß die Armee unwandelbar in ihrer Treue gegen Ew, Majestät, unermüzlich im Dienst für das Vatcrland und stets bereit bleiben wird, ihre Fahnen dahin zu tragen, wohin der Hobe Kriegsherr es bef:ehlt.

Ich erbitte Ew. Majestät Befehl, daß die Hülle des Denkmals fallen soll. i i

Nachdem Se. Majestät der Kaiser und König den Befehl zur Enthüllung des Denkmals gegeben, fiel die Hülle, wobei das Trompeterchorx den Hohenfriedberger Marsch blies.

Se. Majestät der Kaiser und König nahmen nunmehr das Denkmal in näheren Augenschein. Auf einem zweistufigen Quadrat erhebt sich der aus der Fabrik von Kessel und Röhl hervorgegangene, gegen 3m hohe Granitsockel. Auf einer an der Vorderseite eingelegten Bronzetafel stehen die Worte: „Wilhelm I. dem General-Feldmarschall Grafen von Wrangel 1880.“ Die an der rechten Seite befindliche Tafel verzeichnet in einem Eichenkranz den Geburtstag, die linke in einem Lorbeer- kranz den Todestag des General-Feldmarschalls. Auf diesem Sockel steht die von Professor Keil modellirte und bei Gladen- beck u. Sohn gegossene Statue: ein. rüstiger und helden- müthiger Mann in den Fünfzigern, auf dem linken Bein ruhend, mit der linken Hand fest den Knopf des in der Scheide bleibenden Pallasches umfassend, in der Rechten den Marschallstab, den behelmten Kopf kühn aufgerichtet etwas zur rechten Schulter gewendet. Der Gesichtsausdruck zeigt Entschlossenheit, Energie und Verachtung der Gefahr, aber damit auch gemischt den guten Humor, die muntere, solda- tishe Laune, welche den General - Feldmarschall zu einem populären Mann in Berlin machte.

Als Se. Majestät der Kaiser und König das Denkmal besihtigt hatten und zur Rückkehr nah dem Palais Sich an- shickten, brachte der Kriegs-Minister ein Hoch auf Se. Ma- jestät aus, in welches die Anwesenden dreimal begeistert ein- stimmten, während das Trompeterhor Fanfaren blies.

Zur Feier der Enthüllung des Graf Wrangel-Denkmals ist der General der Jnfanterie z. D. Freiherr von Wrangel, à la suite des Holsteinishen Jnfanterie - Regiments Nr. 85, hier eingetroffen.

S. M. S. „Ariadne“, 8 Geschüße, Kommandant Korv. Kapt. Freiherr von Hollen, ist am 6. September cr. in Callao eingetroffen.

Bayern. München, 2. Oktober. Die „Ala Zia.“ meldet: Die im Auss\chuß der Abgeordnetenkammer seit Beginn dieser Woche stattfindende Berathung des Ent- wurfs eines Geseyes, betr. die Gewerbsteuer, ist in der heutigen vierten Sißung erst bis zu Art. 15 gediehen, während der Entwurf aus 72 Artikeln besteht und demselben noch ein umfassender Steuertarif beigegeben ist. Der so wichtige Ge- genstand bietet eben sehr viele Schwierigkeiten, indessen do keine solchen, die unüberwindlih erscheinen, und da zudem, sowohl von Seiten der Vertreter der Staatsregierung und insbesondere des Staats - Ministers der Finanzen selbst, als von Seiten der Mitglieder des Aus\shu}ses das Bestreben be-

| eine durchgreifende

steht, wenn es auch jur Zeit noch niht möglih sein sollte eform der Gewerbsteuer herbeizuführen, so doch wenigstens die wesentlihsten Mängel und Mißstände

1815 erhielt der run 31 jährige Oberft-Lieutenant die Führung | der bisherigen Steuergeseßgebung zu beseitigen, so darf man Gr stieg nun von | nung auf ein wenigstens relativ günstiges Ergebniß entgegen-

den weiteren Berathungen des Ausschusses niht ohne Hoff-

sehen. Zur Vorberathung des „Bewerbsteuertarifs“ beabsich: tigt der Aus\{huß eine Subkommission niederzuscßen.

Sachsen. Dresden, 30. Oktober. (Dr. J.) Der König: und die Königin werden, nach den hierher gelangten Nac)- rihten, heute Stresa verlassen und sich nach Genua begeben. Von dort gedenkt der König am 1. November die Rückreise über Verona und München anzutreten und am 3. November Vormittags hier einzutreffen.

Baden. Karlsruhe, 30. Oktober. Vorgestern Abend: sind der Graf und die Gräfin von Flandern in Baden eingetroffen und bei der Prinzessin Marie von Baden, Herzogin von Hamilton, abgestiegen.

__ Sessen. Darmstadt, 30. Oktober. (Cöln. Z.) Die hessishe Zweite Kammer ist auf Donnerstag, 4. November, einberufen.

Meck&lenburg - Schwerin. Ludwigslust, 31. Okto- ber. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser wohnten heute Vormittag dem Gottesdienste im Goldenen Saale des Schlosses. O dem Dejeuner traten Se. Majestät die Rückreise nah

erlin an.

Anhalt. Dessau, W. Oktober. (Lpz. Ztg.) Der Herzog und die Herzogin sind mit dem Prinzen Eduard und der Prinzessin Alexandra von dem Fürstlich Hohenzollern- schen Hofe gestern Abend hier eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 30. Oktober. Der Kron prinz Rudolph und Prinz Leopold von Bayern sind heute früh in Wien angekommen.

Pest, 30. Oktober. (W. T. B.) Der Heeresausschuß der ungarischen Delegation hat das ordentliche Heeres- erforderniß titelweise bewilligt, nur der Posten für Be- rittenmahung der Hauptleute wurde gestrih.n. Die Bera- thung der Titel, betreffend die Verbesserung der Mannschafts- subsistenz, wurde bis zur Berichterstattung Seitens des Sub- Comités aufgeshoben. Von dem außerordentlichen Heeres- exforderniß wurden die ersten 4 Titel mit unbedeutenden Abstrichen votirt, die Berathung des Titels, betreffend die Be- schaffung von Küstengeshüßen für Pola, wurde einstweilen ausgeseßt. Die „Pester Correspondenz“ erklärt die Nach- rit, daß die ungarische Regierung beabsichtige, die un- garishe Westbahn zu sequestriren, für unbegründet,

Schweiz. Bern, 1. November. (W. T. B.) Nach den bis" jeßt vorliegenden, aber noch er Vervollständigung bedür- fenden Abstimmungsergebnissen ist bei der gestrigen Volks- abstimmung die Revison der Bundesverfassung mit 247 788 gegen 119 205 Stimmen abgelehnt worden. “=

GrsFßbritannien und Jrland. London, 1. No- ven S B von e O an Wiener Blatt gemeldeten Nücktritt Gladstone's von der Premier- haft zu Gunsten Hartingtons is hier durchaus nichts be- kannt; selbst nicht einmal gerüchtweise hat von einer der- artigen Veränderung im Kabinet verlautet. Die Wiener Meldung kann daher als gänzlich unbegründet bezeihnet werden.

Die „Times“ meldet aus Kandahar unter dem 21. v. M.: Soweit hier bekannt, waren bis zum 14. Oktober in Kabul keinerlei Ruhestörungen vorgekommen. Man sieht hier täglich der Ankunft einer großen Karawane aus Kabul entgegen.

Fraukreich. Paris, 30. Oktober. (W. T. B.) Jn meh- reren Departements sind heute die März-Dekrete gegen die Kongregationen der Rekollekten, der Dominikaner, der Pères du sacré coeur und der Mönche vom Lateran zur Ausführung gelangt, ohne daß dabei ein bemerkenswerther Zwischenfall vorgekommen wäre. Gegen die in Paris befind- lichen Kongregationen ist auch heute noch keine weitere Maß- regel in Vollzug geseßt worden. Am nächsten Mittwoch sollen die Dekrete weiter ausgeführt werden.

31. Oktober. (W. T. B) Dex internationale Postkongreß hat in seiner gestrigen Sißung den end- gültigen Text einer Konvention, betreffend die Beför- derung von Post packeten ohne Werthangabe, angenommen, Die Unterzeichnung dieser Konvention soll am nächsten Mitt- woch erfolgen. ] |

Jn Marseille begab sich gestern eine Deputation angesehener Katholiken zu dem Präfekten, um dem- selben einen gegen die Ausführung der Märzdekrete gerichteten Protest zu überreihen. Der Präfekt lehnte den Empfang der Deputation ab und erklärle, er be- trachte Alle als Rebellen, welche dem Geseße nicht gehorhten. Der Führer der Deputation wies die Bezeichnung Rebellen mit Entschiedenheit zurück und erklärte: Wir protestiren nicht gegen das Geseß, sondern gegen die Dekrete. Die Deputation ließ darauf den Protest im Bureau des Präfekten zurü. Leßterer aber hat denselben an die Unterzeichner zurück- gesendet.

Griechenland. Athen, 30, Oktober. (W. Pr.) Unter dem Vorsiße des Kriegs-Ministers fand hicr vorgestern eine Konferenz statt, an der die Corps-Kommandanten Petimezas und Soulzo und der Kommandant der Flotte Admiral Sahini Theil nahmen. Die Truppen im Pel0- ponnes erhielten Befehl, nordwärts abzumarschiren.

Türkei, Konstantinopel, 26. Oktober. Betreffs der Verhandlungen über Dulcigno schreibt man der „Pol. Corr.“ von hier: Der von Veli Nizza Pascha auf Befehl der Pforte ausgearbeitete und dem Fürsten von Mon- tenegro vorgelegte Konventionsentwurf enthielt bckanntlih 7 Punkte theils militärischer, theils politisher Natur. Fünf derselben wurden vom Fürsten Nikolaus ohne besondere Schwierigkeiten angenommen, die zwei anderen Punkte jedo entschieden abgelehnt. Donnerstag notifizirte die Pforte den sechs Missionschefs, daß sie auf allen Punkten ihres Konven- tionsentwurfes beharren müsse. Am Tage vorher hatte der österreichish-ungarishe Botschafter Baron Calice eine längere Besprehung mit dem Minister des Aeußern Assym Pascha; am Donnerstag selbst spra Baron Calice abermals bei Assym Pascha und sodann bei dem Conseils-:Präsidenten Said Pascha vor und bemühte sich, denselben begreiflih zu machen, daß es

si rein nur um eine militärische Konvention zur Uebergabe des Platzes handeln könne, daß tionsentwurf unzeitgemäß aufgenommenen Punkte politischer ten. Dem Baron Calice gelang es endli, die beiden genann- ten türkishen Staatsmänner und, was die Hauptsache ¡war, au den Sultan für seine Anschauung zu gewinnen. Leb- terer wurde übrigens benachrichtigt, daß alle fremden Vertreter die Anshauung des Baron Calice theilten. Donnerstag Abends entsckt loß sich nun Der Sultan, unter Vorbehalt der Me ers chen Punkte den Befehl zur Uebergabe Dulcignos zu ertheilen.

91 Dllobe (W. T. B) Aus Varna wird gemeldet, die Untersuchung wegen der gegen das dor- tige französishe Konsulat begangenen Be- \himpfung werde fortgeführt, habe indeß bis jeßt keinen Anhalt zur Ermittelung der Schuldigen ergeben. Die Ankunft Derwisch Paschas in Skutari wird heute erwartet. Den Kardinälen Nina und Simeoni ist vom Sultan das Großkreuz des Osmanie-Ordens, dem Nuntius Vannutelli das Großkreuz des Medschidie-Ordens verliehen worden. Das Journal „Terdjuman Hakikat“ wurde wegen eines gegen den englifchen Botschafter Göschen gerih- teten satyrishen Artikels auf unbestimmte Zeit suspendirt, der „Vakit“ erhielt eine Verwarnung.

1. November. Der zur Entgegennahme des Kardinals- hutes nah Nom berufene Ha\sun wird binnen acht Tagen dorthin abreisen. Wie es heißt, werden die armenisch- katholishen Notabeln dem Papste ihren Dank für die Ernennung Hassuns zum ersten armenischen Kardinal aus- sprechen und gleichzeitig den Papst ersuchen, Hassun als Patriarh in Konstantinopel zu belassen.

Serbien. Belgrad, 1. November. (W. T. B.) Das neue Ministerium ist gestern Abend, wie folgt, gebildet worden: Pirotschanac Präsidiztm und Justiz, Miatovic Aus- wärtiges und Finanzen, Garashanin Jnneres, Gudovic Bauten, Leschjanin Krieg und Makovic Kultus.

Montenegro. Cettinje, 29. Oktober. (W. Pr.) Nach- dem RNiza Pascha hierher notifizirt hat, daß er allsogleih zu R kunft in Kunia bereit sei, ging heute Bosidar Petrovics nah Suturman ab, um das Kommando der dortigen, zur Besetzung von Dulcigno bestimmten Trup- pen zu übernehmen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 30. Oktober. (W. T. B.) Der Minister des Jnnern, Graf Loris- Melikoff , ist heute früh wieder hier eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stocholm, 29. Oktober. Der japanishe Gesandte am hiesigen Hofe, Yanaguihara Sakimitsu, überreichte gestern dem Könige seine Beglau- higungsshreiben.

Christiania, 28. Oktober. (Norske Rigstidende.) Un- cout 26 d hat v Koniag befohlen, daß ne Komme mission niedergeseßt werden soll, um die vorliegenden Armee-Organisationsvorschläge sowie die Frage wegen Veränderungen in der Dienstpflihtgeseßgebung in Er- wägung zu ziehen, welche als damit in Verbindung stehend erachtet werden müssen. Zu Mitgliedern dieser Kommission wurden crnannt: General-Major Hoff als Vorsitzender, General-Major und Chef des Generalstabes Grimsgaard, General: Kriegskommissar Bull, Oberst Gill, Oberst-Lieutenant und Feldzeugmeister Dahll und Kapitän Gregersen.

Ane Perier Œ D B) Dan Reuterschen Bureau geht aus Teheran unter dem 31. Oktober die amtlihe Meldung zu, daß die durch die Kurden belagerte Stadt Urumiah von dem General Taimur Khan mit 4000 Mann beseßt worden ist, und daß sih die Kurden in südlicher Rihtung zurückgezogen haben. Dagegen würden in mehreren anderen Theilen Persiens von zahlreihen Kurden- shaaren die Räubereien wie bisher fortgeseßt.

Landtags- Arrgelegenheiten.

Der dem Hause der Abzeortneten vorgelegte Geseßentwurf, betreffend Abänderungen des Gesetzes über die Erwei- terung der StaatseisenbaHnen und die Betheiligung des Staates bei mehreren Privateisenbahn-Unter- Ingen vom 9. März 1880 (Geseß-Samml. S. 169), autet :

Wir Wilhel m, von Gottcs Gnaden König von Preußen 2c. T D unter Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:

S E

Die Staatsregierung wird ermächtigt :

a, von der im S. 1 unter Litt. A. des Geseßes vom 9. März 1880, betreffend die Erweiterung der Staatseisenbahnen und die Betheiligung des Staates bei mehreren Privateiseabahn-Unterneh- mungen (Gefez-Samml. S. 169). den Interessenten auferlegten un- entgeltlihen Hergabe des zum Bau einer Eisenbahn von Marien- burg über Marienwerder und Graudenz na Thorn nebst Abzwei- gung nah Culm erforderlichen Terrains abzusehen,

b, zum Bau der eben genannten Eisenbahn außer der im 8. 1 unter Nr, 3 des vorgedahten Gesetzes vom 9. März 1880 (Gesfet- Samml, S. 169) für denselben bewilligten Summe von 9250009 M poch die Summe von 1130 000 6 zu verwenden.

2

Ter im §. 3 des Gesetz:8s8 vom 9. März 1880 (Geseßsammlung S, 169) bewilligte Kredit von 51 708 350 M wird in Gemäßheit des §, 1 des gegenwärtigen Geseßes auf die Summe von 52 838 350 M4 erhöht. Im Uibrigen bleiben die Bestimmungen tes Gesetzes vom 9, März 1880 (Gesetsamml. S. 169) unveräadert in Kraft.

S Dieses Geseß tritt mit dem Tage seiner Verkündigung in Kraft. Utkundlihh 2c.

Dem Hause der Abgeordneten ist folgender Rechenschafts- beriht des Finanz-Ministers über die weitere Aus- führung des Gesetzes vom 19. Dezember 1869, betreffend die Konsolidation preußiscer Staatsanleihen (Ge- feß-Samml. S. 1197), vorgelegt worden.

Nah dem Rechenschaftsberibt vom August 1879 (Nr. 7 der Drucksacen des Abgeordnetenhauses Session L belief si der Betrag der zu Tonsolidirenden vie! prozentigen Anleihen noch auf

103 209 300 ÆA

Eine Konsolidation hat seitdem nit stattgcfun-

den ; es sind aber durch baare Einl öfung

demna, solle die Frage überhaupt |

in friedliher Weije ausgetragen werden, die in den Konven- | 1850 947700 A u.

| 1852 804300 , , Natur weggelafsen und der Zukunft vorbehalten werden müß- | 1858

cm 1. Osltober 1879 und 1. April 1889

von der Anleihe von 954 900 M, zuf. 1 902 600 A So , 18149000 - 93 600 , E SISNO

und am 1. Juli 1880

1868A. M u. 1083 900 Æ, zus. 1 083 900 , 1845 600 Æ u. 3075009 A zusammen 4 920 600 M

abgegangen, wodur der Betrag \ich auf . . . 98 288 700 M. ermäßigt hat.

An Schuldverschreibungen der konfolidirten 4# prozentigen An- leihe waren ra dem rorigen Berichte vom 1. April 1880 ab muth- maßlich 514 639 150 M zu verzinsen,

Zur Deckung der Einlösungsmittel der am 1. Oftober 1879, 1. April 1880 und 1. Juli 1880 planmäßig baar getilgten Scbuldverschreibungen der Anleihen ron 1859, 1852, 1853 und 1868A. haben an Schuldverschreibungen der konsolidirten 4¿prozenti- genAnleihe ausgcfertigt und verausgabt werden müssen :

a. am 1. Oktober 1879 1717 700 A D LApeil 19880 1861406 c «L 1880. LOL25C0

zusammen . . 4591 600 A in der obigen Summe von 514639 150 46 waren aber nur veranschlagt G E a 1712 700 A 80D, L B 1880 ad e. ; 1.Suli 1880| 2869800 ,

zusammen

. 4 582 500 M mithin find 9 100 M mehr erforderlich gewesen.

Dr baa a berechnenden Summe tret n zur Deckung der Ein- löfung8mittel muthmaßlih weiter hinzu: für die am 1. Oktober 1880 bezw. 1. Januar 1881 voraussichtlich zu tilgenden

969 900 A der Anleihe von 1850

829500 z i 1802

220200 : « 1853 1110200 Ÿ L008 A:

zusammen für 3 132 900 Æ . 2952 6093 M

so daß vom 1. Oktober 1880 ab . E 517 60) 850 M zu verzinsen“ sein w-rden; ferner für die am 1, April bezw. 1. Juli 1881 voraussichtlich zu tilgenden 989 700 Æ der Anleihe von 1850 840000 , ü s E852 289800 f « 1853 1132200 j 1868 A: zusammen }üc 3 195 700 M . E : 3011 800 A so daß vom 1. April 1881 ab muthmaßlich . 0920 612 650 zu verzinsen sein werden. ___ Mit diesen Beträgen ist die konsolidirte 43 prozentige Anleihe in dem Etat für das Jahr 1881/82 aufgeführt. Bon den zur Konsolidation eingegangenen Schuldverschreibungen der 4 prozentigen Anleihen waren nah dém vorigen Berichte noch 4 095 000 A im Bestande.

Davon sind seitdem 1 494 900 M

zur Tilgung verwendet, und cegenwärtig noch —. 2 600 100 A in Verschreibungen der Ar leihc von 1862 im Bestande, wodur der Tilgungsbedarf für diese Anleihe auf lange Zeit gedeckt ist. Berlin, im September 1880. Der Finanz-Minister. BAUEeE

514 648 250 A.

Statistische Nachrichten.

Das foeben erschienene Septemberheft der Monatshefte zur Sta'-

tistik des Deutschen Reichs enthält folgende auf die Statistik der Seeschiffahrt bezügliche NaHweisungen (Tabellen mit erläutern- dem Text) für das Jahr 1879: Die Swiffsunfälle an den deutschen Küsten, die Verunglückungen teutscher Scescbiffe, die Anheuerungen und Entw-:ichungen von Seeleuten auf Schiffen der deutshen Han- dels-Marine Ferner sind in demselben Uebersihten über die Pro- duktion und Konsumtion, Besteuerung und steuerfreie Atlafsang von Salz im deu!schen Zollgebiete für das Finanzjahr 1879/80 enthalten ; außerdem für den September die regelmäßigen Monatsnachweise, betr. Einfuhr und Ausfuhr der wichtigeren Waaren, Zuterbesteuerung, Großhandelspreise, statistische Literatur. ___— Den Statistiken des „Bureau Veritas* zufolge gingen im Monat September 87 Segelschiffe zu Grunde; darunter 38 englische, 9 amerikanische, 7 deutsche, 7 französische, 6 niederlän- dische, 5 italienische, 4 norwegische, _3 schwedische, 2 österreichische, 2 ipanische, 1 dänisches, l portuagiesishes, 1 türkishes und 1, dessen Nationalität unbekannt ist. Fa der otigen Gesammtzahl sind 5 Fahrzeuge einbegriffen, die vermißt werden. An Dampfern wur- den 13 als verloren gemeldet und zwar 8 englische, 2 deutsche, 2 amerikanische und ein |chwedis{cher. Darunter befindet si einer, der vermißt wird.

S SUOLOE der am 1, Oktober d. J. stattgehabten Zählung hatte die Stadt Helsingfors in Finnland 42777 Einwohner oder 10 664 mehr als am 1. März 1870.

Islands Ausfuhr im Jahre 1879 ift zufolge „Dimma- lätting“ folgente gew. fen: Wolle 1 727 000 Pfd., Thran 11 000 t, Klippfish 12 564 000 Pfd. (davon gingen nach Spanien 6888 090 Pfd., England 2 0409 000 Pfd., Kopenhagen 3 636 000 Pfd.), Stock- fish 208 000 Pfd., eingesalzenes Fleish 9400 t, Schaffelle 50 400 Stü und gereinigte Eiderdaunen 7800 Pfd, Na England wurde eine bedeutende Anzahl Pferde und Schafe ausgeführt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Abtheilung der Bildwerke desz Mittelalters und der Renaissarce, deren beschrä: kter, seit dem Ankauf der Sculpturen aus dem Palazzo Strozzi nicht mehr genügender Raum eine Erweiterung um zwei Compartimente des anstoßenden Antikensaalcs erforderli mate, ist nach erfolgter Herrichtung der leßteren den Besuchern der Königlihen Museen jeßt wieder geöffnet. In theilweis ver- änderter, ungleih vortheilhafterer Aufstellung vermag die Samm- lung nunmehr wenigstens eine größere Anzahl ihrer besten Stücke, von denen u. A. die beiden Schildhalter vom Grabmal Vazdramin früher überhaupt kaum sichtbar waren, zu der vollen ihnen gebüh- renden Geltung zu bringen. Durch verschiedene glüdlihe Ankäufe aber ist fie außerdem abermals um eine Reihe hervorragender Werke bereichert worden, unter welchen als eine der bedeutendsten neueren Erwerbungen die bereits im vorigen Jahre in den Besiß des Museums übergegangene, aber jeßt erst zur Auéstellung gelangte Marmorstatue des jugendlihen Johannes von Michel- angelo an erster Stelle zu nennen is, Von doppeltem Interesse als ein frühes Jugendwerk, das von der gewaltigen Kraft der späteren Schöpfungen noch weit entfernt ist, aber doch die werdende Eigenart des Meisters bereits vernehmli ankündigt, entfaltet die lebensgroße Figur in der graziöscn Eleganz der Bewegung und in der liebenswürdigen Treue, mit der die \{lanken, ( inverhüllt fi dar- bietenden Formen der jugendlichen Gestalt studirt und wiedergegeben find, einen so hohen und seltenen künstlerishen Reiz, da fie in jeder Hinsicht zu den köstlihsten Schägen der Berliner Museen zählt. Durch \{lichte ausdrucksvolle Schönheit der Haltung, die durch die einfach großartigen Motive der Gewandung noch gesteigert wird, imponiren ferner die beiden erst neuerdings erwobenen, in Holz geschnitten lebensgroßen Statuen der Maria und des Engels der Verkündigung von Jacopo della Quercia, dem großen sienesishen Meister, der für die toskanishe Skulptur den Uebergang aus der gothishen Periode zu den freieren Formen der

Renaissance vermittelt. Einer ebenso lebensfris aufgefaßten wie vorzügli erhaltenen bemalten Terracottastatuette des kleinen Iohann:s von Verrocbio gesellt sih sodann die in gleicher Technik gearbeitete, als seltene Aktfigur kunstgeschichtlich besonders interessante Sfkizze desselben, nunmehr im Berliner Museum sowohl als Bildhauer wie als Maler charakteristisch vertretenen Meisters zu der b¿kannten Statue des Darid als Besiegers des Goliath im Bargello zu Flo- renz. Durch einen aus Florenz stammenden, mit den anmuthigsten Gngelsköpfen in Hochrelief ges{mückten Sockel einer Kirchen- fahne ift die Sammlung daneben endlih noþ um eine bereits das funstgewerblide Gebiet s\treifende Arbeit ver- mehrt worden, die, mit großer Feinheit durchgeführt, ein vortrefflihes Beispiel der reizvollen dekorativen Plastik der italie- nishen Renaissance des fünfzehnten Jahrhunderts darbietet. Die Eingangs erwähnte Erweiterung des der Sammlung zuzewiesenen Raumes, die eine durchweg günstige Aufitellung dieser ansehnlichen neuen Erwartungen geftattete, hat es \{ließlich aub now ermöglicht, in zwei unterhalb der Fenster plazirten Pultschränken dem Publikum wieder eine Auswahl der figürlichen Dis e En und Metall- arbeiten in Reliefplatten, Medaillons 2c. vorzuführen, die bei der Auflösung der früheren Kunstkammer dem Museum verblieben, seither aber aus Mangel an einem passenden Raum der Besichtigung ent- zogen waren.

Ler von dem Ober-Regierungs-Rath und Vize-Präsidenten der Königlichen Akademie gemeianüßiger Wissenschaften in Erfurt, Dr, phil. Frhrn. von Tettau verfaßte historish:topographisch-fta- tistisbe Führer durch Erfurt ist im Verlage von Karl Villgret daselbst unter dem Titel: „Erfurt in seiaer Vergangenheit uad Gegen wart“ soeben in zweiter umgearbeiteter Auflage er- \cien-n. Das treffliche kleine Buch bietet dem Reisenden über alles Wissené- und Sehenêwürdige der, namentli was ebrwürdiac Altcr- thümer betrifft, so reih:n Stadt, die erwünscbteste Auskunft. Nach vorauêgescickten allgemeinen geographis&en und phyfikalishen Daten über die Lage von Erfurt gicbht der Verfasser einen kurzgefaßten, \hnell orier.tirenden gesbwichtlihen Ueberblick. Dann folgen statistische Angaben und darauf die Scwilderung der Stadt im Einzelnen, ihrer bemerkenswerthen Bauten, ihrer prächtigen alten Kirchen und welt- lichen Bauwerke und Denkmäler. Die ferneren Abschnitte beschäf- tigen sich sodann mit den weltlichen und kirchlichen Behörden, die in der Stadt ihren Siß haben, mit der Pflege von Wissenschaft und Kunst dafelbst, der Armenpflege und den Wohlthätigkeitäinstituten und endlih den V.rgnügungsanstalten. Das kleine Buch ist sehr elegant ausgestattet, mit einem großen Plane der Stadt Erfurt ver- sehen sowie mit einer photographischen Ansicht des \hênen, in den Jahren 1870—75 theiis restaurirten, theils neuerbauten Rathhauses ges{müdt. (Preis geb. 3 A6)

Von dem im Erscheinen begriffenen Prachtwerk von Alexander Freiherrn von Hübner: „Ein Spaziergang um die Welt” (mik (ca. 350 Abbildungen), ist soeben die zweite Lieferung von der Verlagshandlung von Smidt u. Günther in Leipztg ausgegeben worden, Dieselbe führt den Leser in interessanten Stilderungen ron Washington über Baltimore auf der pennsyl- vanishen Centralkahn, 65 Meilen die Stunde, durch das Thal des Suéquehanna, über Harrisburg, dur die Shluht von Jacks Moun- tain nach Chicago. Die Lieferung entbält folgende Vollbilder : Queen: town, die „China im Sturm" New-York, der Präsident Grant, sowie außerdem noch verschiedene Textilillustrationen. Sämmt- s L sind trefflih ausceführt und auf hochelegantem Papier gedrudt.

Im Kommissionsverlage der Gebr. Hofer in Saarbrücken ist der „Saarbrücker Bergman ns8falender“ für das Jahr 1881 (neuntcr Jahrgang) in der bisherigen Ausftattung erschienen. Der dieêmalige Jahrgang hat außer den üblichen Kalendernachrihten einen recht umfänglihen anderweiten nüßlihen und interessanten Ja- halt, der vorzugsweise auf tas Bergmannsleben Bezug nimmt. Man findet da eine anziehend erzählte Novelle, armuthige Bergmanns- lieder, \{chöône Sprüche in poetischer und prosaischer Form, Räthsel, NRechenaufgaben, statistishe Mittheilungen über die Ergebnisse des Bergbaues, über di? Bevölkerung der Erde, ferner Mittheilungen über die „Kaiser Wilhelms-Spende“ (Allgemeine Deutsche Stiftung für Alters-, Renten- und Kapital-Versicherung), die Post- und Tele- graphentaxe, die Zahltage der Königlichen Saarbrüdter Steinkohlen- gruben und anderes Wissenswerthe.

Die Nr. 44 1. Bandes des „Deutsch{en Familien- blatts“ (Herausgeber und Verleger J. H. Schorer in Berlin) vom 31, Oktober hat folgenden Inhalt: „Gericbtet*“, Novelle von Konrad Telmann (4. Fortseßung). Die deutsche Anthropologie und die vorgeshitlihe Auést:llung zu Berlin, von Prof. Dr. Jo- hanres Ranke, I. (mit Jllustration). Ninon de l’Enclos in vier Lebensaltern, von Rob. Falck (mit Jllustration). Die älteste Stadt Deutschlands, von Friß Wernick (Schluß). „Frau Kathe,“ Gedicht von Julius Lohmeyer (mit Holz;schnitt na§ einem Gemälde von Paula Monjé). Der Tod als Tröster, von Gerhard Amyntor (SWluß), Ein Ganz dur die Beriiner Kunstausstellung, von Dito Markgraf (Schluß). Plauderecke: Ein originelles Doppel- \chiff (mit Illust: ation) 2c. 2c.

Die am 80, Oktoker erschienene Nr. 2 der „MUsibeo Welt“: musikalishe Wochenschrift für die Familie und den Musiker, heraus- gegeben von Max Goldstein, enthôlt: Aus dem Königreich des Gral ;

Die Sage vom Tannhäuser, von Prof. Dr. Paulus Caffel. Haendelianer und Bacianerz I. von G. Doempke. Die Berliner Oper, von Eufebius. Das Frankfurter Opernhaus, von E. v. H W. Aufführunzen in der Hauptstadt (Virtuosenkonzerte). Führer durch die musikalische Literatur. Notizen aus der Tageszeschichte. Novitäten-Kalender. Anzeigea.

Gewerbe und Handel.

Frankfurt a./M., 1. November. (ODel-Berict von Wirth & Co) Im vorigen Bericht wurde nacgewiesen, daß die dicsjährige Ausfuhr von Petroleum aus Amerika hinter der vorjährigen um ein Beträchtliches zurückblieb; anders verhält es sich mit den ameri- kanishen Mineral - Schmierölen (Lubricating Otls). Die vor Kurzem veröffentlichten Erxportlisten der Vereinizten Staaten weisen nämlich für das am 30. Juni 1880 beendete Fiékaljahr eine Ausfuhr von 5 162 835 Gallonen Shmieröl gegen nur 2487 681 Gallonen in 1878/79 auf; also mehr als 100 Prozent hat der Export, welcher fast aus\{ließlichd na Europa gerichtet war, zugenommen. Die zun hmende Verbreitung der Mineral-S{mieröle ist nament - lih den großen Fortschritten zu verdanken, welche in Amerika in der Fabrikation derselten gemacht wurden. Während man früher nur yatürlihe Oele (Natural Lubricating Oil) verwandte, werden jeßt gute Oele fabrizirt, Dies war nothwendig, weil die ganze Pro- duktion von natürlichen Oelen den Bedarf nicht mehr ¿u decken ver- mochte. Jn Brennöl ist wenig von Belang zu berichten. Die Ueberproduktion in Amerika dauert fort, und in der Anlage neuer Quellen ist eher eine Zunahme als eine Abnahme zu koastatiren. Rohöôl wird nah nicht unbedeutenden Schwankungen jeßt mit S gn per Faß notirt, 7raffinirtes kostet in New-York 12 Cts. per

allone.

Glasgow, 30. Oktober. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 476 700 Tons gegen 354 600 Tons im voriges Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 118, gegen 95 im vorigen Jahre.

Paris, 31, Oftober. (W. T. B.) In dem Circus auf den Champs Elysées fand heute cine Versammlung von Besißern türkischer Staatsschuld-Obligationen statt, an welch{er mehrere tausend Personen theilnahmen, welche zusammen gegen 30 000 Besiter türkischer Staats\{uld-Obligationen vertraten. Die Versammlung nahm einstimmig mehrere Resolutionea an, in welchen die Vollmacht des Comités ratifizirt und die von dem Comité bis her gethanenen Swritte sowie die Ernennung Tocqueville's zum De- legirten mit der Vollmadt, die Versammlung in Konstantinopel zu vertreten, genehmigt werd:n. Ferner wird das Vertrauen der Ver- sammlung zu den Präsidenten des Comitós englischer Besitzer tür- kis ber Staatéeobligationen, Hodgfea und Guadalla, ausgesprochen.