1880 / 268 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Nov 1880 18:00:01 GMT) scan diff

Heinrih Welzhofer über die Anfänge Wilhelms von Oranien; ein Referat über Peters des Großen Briefwechsel mit Katharina, von

. Brückner; eine „Ein neues Fürstenthum in alter Zeit“ betitelte, die fräheren Scicksale des neu erstandenen Bulgarien betreffende Arbeit von A. Forstenheim; einen geistvollen Beitrag zur inneren Gescbichte des (Zozialismus von dem Herausgeber und \{ließlich eine Untersuchung von Adolf Stern üter den Dichter der deutschen Robinsonnade „die Insel Felsenburg“, des Lieblingêromans der ersten Hâifte des 18, Jahrhunderts, Johann Gottfrizd Schnabel.

Gewerbe und Handel. In dem Geschäftsbericht der Aktien-Brauerei-Gesellschaft e Moabit“ für das am 30. September cr. beendete Geschäfte jahr fin- den sich u. A. folgende Mittheilungen: Von dem Tranéport- Fastages Konto wurden 20% wie im vorigen Jahre abgeschrieben. Auch das Brauerei-Utensilien-Konto ist mit einer höheren Abschreibung bedacht worden; dieselbe betrug früher 10%, dieëmal jedoch 124%. Das Flaschenbiergesäft, das fih {on im Vorjahre zu einer ansehnlichen Höhe entw.dtelte, hat im abgelaufenen Jahre einen noch bedeutendiren Absaß erzielt; «8 wurde ein Mehrverkauf von über 840000 Flaschen erreicht. Das bisher ertraglose Grundstück, Stromsiraße 54, hat durch den Bau cines Pferdestalles für 52 Pferde und durch Vermiethung desselben auf 10 Jahre an die Große Berliner Pferde-Cisenbahn-Gesellshaft eine vortheilhafte Verwendung gefunden. Es wurden gebraut 1878/79 49949 h], 1879/80 59 101} hl und verkauft 1878/79 519404 hl, 1879/80 57 265 h, Der Befland an Bier betrug: am 30. Sep- tember 1879 17365 1, gebraut wurden 59 101} 11, . Ver- kauft wurden 57265 hl, folglib Bestand am 90. Sep- tember 1880 19 2014 bl. Die Mälzereien produzirten im Ganzen 2158794 kg Malz. Hiervon verbrauchte die eigene Brauerei 1 362 300 kgz verkauft wurden 436 959 kg zu guten Preisen. Der Bruttogewinn des Jahres beläuft sich auf 246 845 4, wovon zu Abschreibungen auf Gebäude und Utensilien 138 152 A, zweifelhafte Forderungen 10 500 #4, zur Dotirung eines Arbeiterunterstüßungs- fonds 3808 6 verwendet wurden, so daß ein Reingewinn von 94 385 A. übrig bleibt, welcher in folgender Weise zur Vertheilung gelangt: 3% Dividende 76 500 4, Reservefonds 4671 4, Tantième für den Aufsichtsrath 4671 #, Tantième für die Direktion und Beamten 7475 #.; der Rest von 1066 A wird auf das neue Ge- \chäftsjahr vorgetragen. l i Eine rationelle Flahs8zucht ist für die deutsche Landwirthschaft unstreitig von hervorragender Bedeutung. Die hierselbst begründete «Belgische Flahsobereitungé-Akademie“ hat es sih zu einer ihrer hauptsächlibsten Aufgaben gemacht, dur die Praxis darzuthun, daß das deutsche Flahsprodukt bei regelrechter Behandlungsweise zum Vortheile der Produzenten wie Konsumentea einer bedeutenden Ver- edelung fähig ist. Zu diesem Zwecke sind von ihr, wie der Vorstand der Akademie mittheilt, bereits gegen 1000 kg Flacs zur Verarbeitung gebracht und glaubt der Vorstand, daß die Jahresproduktion eine Höhe von 150 000 kg \ch{on im ersten Betciebsjahre erreichen werde. Nach den von der Akademie rersendeten bearbeiteten Flachêproben zu urtheilen, zeichnet sich ihr Produkt durch sehr sorgfältige Behand- lung aus, welche der Flachsfaser eine Zartheit und Elastizität gibt, die cin vorzügliches Gespinnst versprehen. Der Belgischen Flach» bereitungs-Akfademie in Berlin dürfte es daher, wenn sie in ihrem lobens8werthen Bestreben für eine rationeüe Behandlung des Flachses in der bisherigen erfolgreichen Weise fortfährt, beschieden sein, zur Hebung der deutschen Flachsindustrie wesentlich beizutragen, um die stets ihre laud- und volkêwirthschaftlihe Bedeutung beibehaltende Flacbs8pflanze als winterlihen Erwerb8zweig in unserer Landwirth- 1d aft wieder mehr heimisch zu machen. Das Programm über die Akademie, sowie die Aufnahmebedingungen für Oekonomie-Eleven werden in dem Bureau der Akademie, Berlin N0., Greifswalder- straße 1, gratis verabfolgt. Verkehrs:Anstalten. Bern, 12. November. Der „Bund“ s{hreibt: Der Stand und Fortschritt der Bauarbeiten am großen Gotthard-Tunnel war Ende, resp. während des Monats Oktober d. J. folgender :

Von der Ausweitung des Firststollens zur Calotte verblieb nur noch der kleine Rest in der mittlerzn Druckpartie bei 7,500 km, welcher in Arbeit und wo mit dem Ausbruche zugleich zu mauern ift. Die Gewölbemauerung \ch{ritt um 467,8 m vorwärts (September 440,6 m, August 390,5 m), so daß noch 1407 m herzustellen bleiben, welche bei gleihem Fortschritte in drei Monaten vollendit sein könnten. Als- dann wäre die obere Tunnelhälfte fertig. In der untern Hälfte waren die Leistungen: 399,4 m Sohlenschliß (September 331,1 m, August 265,7 m); 206,3 m Erweiterung des Sohlenshlitzes zur Stroße (Seplember 134,4 w, August 139,9 wm); 62,7 m Manerung der Widerlager. Der leßtere Foutschritt ift somit gering geblieben. Von der Rekonstruktionsmauerung in der Druekpartie bei km 2,800 blieben noch drei Ringe 4 m) herzustellen. Nach dem Vertrage der Unternehmung Favre mit der Goithartbahngesells%aft vom 7. August 1872 hâtte der Tunnel bekann1lich am verflossenen 1. Ok- tober fertig übergeben werden follen, und nach Art. 11 desselben hätte die Unternehmung außer Akkord geseßt werden können. Es wurde hiervon kein Gebrauch gemaht. Die Unternehmung Favre hielt noch vor Kurzem den Tunnel für vollendbar im April 1881, Bei Verwendung genügender Arbeitskräfte dürfte es mögli sein, ihn Ende Mai 1881 oder ctwas spâter vollenden ¡u können. Dann aber muß namentlich in Stroßenabbrub und Widerlagsmauerwerk in jedem einzelnen der noch verbleibenden Monate weit mehr ge- leistet werden als im leßten Monate. Eine Vollendung an diesem Zeitpunkt bätte den ersihtlih bedeutenden Vortheil, daß der Tunnel für die nächste Reisesaison in Betrieb geseht werden könnte.

New-York, 12, November. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Rhein“ und der Dampfer der National-Dampfschiffs-Compagnie (C. Messingsche Linie) „Canada“ sind hier eingetroffen.

Berlin, 13. November 1880.

Auf der Hofjagd in der Colbiß-Letßlinger Haide erlegten am 12. November, dem ersten Jagdtage, Se. Majestät der Kaiser und König 5 Hirsche, 1 Roth- wild, 8 Schaufler, 9 Damwild, 34 Sauen. - Die Gesammt- strecke betrug: 8 Hirsche, 17 Rothwild, 90 Schaufler, 113 Dammwild, 171 Sauen.

Das „Dresdner Journal“ schreibt: Das große monumen-

tale Werk, das Nationaldenkmal, welchcs an den Ufern des

Rheins auf den Höhen des Niederwaldes als ein Wahrzeichen der Einigung Deutschlands errichtet werden soll und mit dessen Aus- führung Professor Schilling betraut worden ist, geht, nachdem, wie bekannt, die Haupkfigur der Germania bereits fertig gestellt, rasch seiner Vollendung entgegen. Gegenwärtig hat der Künstler einen Hauptthäl des figlrlihen Shmuckes des Postaments in den Modellen beendet und in dem akademischen Atelier, Eliasstrafe 1, öffentlih ausgestellt. Die ausgestellten, gußfertigen Modelle bestehen aus den Kolossalfiguren des Krieges und des Friedens, welche auf den Eden des untern Sockels, an den beiden Seiten des großen Reliefs, leßteres weit überragend, frei hervortreten, wie ferner aus der Kolossalgruppe des Rheins und der Mosel, welche auf einem niedrigen Podest, unterhalb des Reliefs, den Socktel {müccken wird. In ihrer edeln Auffassung und meisterlichen formellen Durchbildung reihen stch diese Arbeiten der Hauptfigur der Germania würdig an. Schön gedacht und belebt is namentlich der Genius des Krieges, eine geflügelte und gerüstete Gestalt, die kampfbereit das Schwert in der Rechten hält und zugleich in die Posaune #ößt, um das Volk zu den Waffen zu rufen, Mit der kühnen und doc gehaltenen Be- wegung des Krieges steht in wirkungsvellem Kontrast die Nuhe seines ebenfalls geflügelten Genossen, des Genius des Friedens, der mit leiht erhobenem Fuß mit dem Oelzweige und dem Füllhorn des Ueberflusses naht. Von großer Formshönheit auch und in den Linien herrlich zur Gruppe geeint erscheint die kräftige Gestalt des Vater

Rhein, welcher \ich auf seine rebcr umrankte Urne stüßt und der ihm gegenüber fißenden jugendlihen Nymphe der Mosel das Wacht- bocn übergiett. Neben den besprochenen Arbeiten bietet die Aus- stellung noÿ Gelegenheit, das oben erwähnte Relief des Postaments im Thonmodelle kennen zu lernen, welches in Verbindung mit den darunter befindlihen Worten des Liedes: „Die Wacht am Rbein“ darstellt, wie die Wehrkraft aller deutscen Stämme sich um den greisen Dberfeldherrn s{haart. Ebenso sicht man die beiden Reliefs „des Kriegers Abschied“ und „des Kriegers Heimkehr“, wele Dar- stellungen die Seiten des Postaments beleben werden. Jedoch sind diese Arbeiten noch nicht zum Abschluß gediehen. -— Die Figur des Kriegs, deren Kosten von deutschen Kriegervereinen aufgebraht worden find, wird von Ch. Lenz in Nürnberg gegossen werden; ebenso die Figur des Friedens, deren Erzguß aus den von den höheren deutschen

ehranftalten gesammelten Beträgen bestritten wird. Der Guß der Rhein-Mosel-Gruppe is an C. A. Bierling in Dresden vergeben und die Wappenschilder werden in Lauchhammer gegossen.

Heute Vormittag fand in der Garnifonkirche die Vereidigung der Nekruten evangelischer Konfession und in der St. Michaelis- kirhe die der Mannschaften katholisher Konfession des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1 statt; ebenso wurden die Rekruten des Garde-Füsilier-Regiments in den beiden Kirchen des Invalidenhauses vercidigt. Hierzu waren die Fahnen vorher dur je eine Compagnie der betreffenden Negimenter aus dem Palais Sr. Majestät des Kaisers und Königs abgeholt worden; dieselben wurden nach beendeter Feierlichkeit wieder dorthin abgebracht.

Die erste Serie von Vorträgen hervorragender Gelehrter und Schriftsteller, welhe der Wissenschaftliche Centralverein für seine Mitglieder und ein weiteres Publikum veranstaltet, wird in den Monaten Januar bis März k. I. stattsinden, und sind, wie wir vernehmen, bereits folgende Vorträge fest zugesagt: Hr. Prof. Dr, Felix Dahn aus Königsberg: Altgermanishes Heidenthum im deutshen Volksleben der Gegenwart. Hr. Major von der _Golg: Die allgemeinen Bedingungen der gegenwärtigen Kriegsführung. Hr. Dr. G. Nachtigal: Ueber Afrika. Hr. Prof. Dr. Rosenthal aus Erlangen: Unsere Sprache. Hr. Prof. Dr. Spörer aus Potsdam: Ueber die Sonne. Hr. Hofrath Frhr, M. M. von Weber: Die Be- wegung der Nährstoffe auf der Erde. Alles Nähere wird binnen Kurzem bckannt gemacht werden.

Die Einweih.un der Falkrealschule hat heute Vor-

mittag in Gegenwart einer zahlreihen Versammlung stattgefunden. Am Dienstag, den 16.,, Vormittags 93 Uhr, beabsichtigt die &. Wöhlertshe Maschinenbau-Anstalt und Eisengießerei Aktien- Gesellshaft, Berlin, von dem Kasernenhofe der Königlichen Artillerie- Scicßschule, Scharnhorststraße Nr. 23/31, aus mit der Bollée'- \cen Lastzugmaschine „Elisabeth“ und angehängten fünf 16 cm-Ringkanonen, auf Sattelwagen gelagert, nebst tompletten Lafetten eine Probefahrt durch die Boyen-, Chaussee-, Reinicken- dorfer und Schulstraße, das Dorf Reinickendorf. die Reinickendorfer Chaussee bis zur Einmündung der Dalldorfer Chaussee, diese letztere entlang bis zur Müllerstraße und demnächst durch die Chaussee- und Boyenstraße nah dem vorbezeichneten Kasernement zurück zu unter- nehmen. Auf Anregung des Kriegs-Ministeriums werden nicht nur Vertreter desselben, sondern auch solche der von diesem Ministerium ressorlirenden Militärbehörden der Probefahrt anwohnen.

Im Residenz-Theater sindet morgen, Sonntag, die leßte Sountagsaufführung von „Daniel Rochat“ ftatt, da bereits zu Ende der nâhsten Woche Fr. Niemann-Rabe ihr Gastspiel als Nora beginnt.

Der morgige Sonntag is der leßte Tag der Anwesenheit der Eskimos im Zoologischen Garten. Nachmittags 4 Ühr 41. Sonntagsconcert.

S | Sus erate für den Deutsheu Reich3- n. Königl. Preuß. Staats-Anzeiger und das Gentral-Handels- xegifter nimmt an: die Königliche Expeditien dex Deutschen Reihs-Änzeigers und Königlich

1, Steckbriefe und Unterznehuugs-Sachex. ®. Subhastationen, Áutgobote, Vorladungen u. dergl.

und Grozgetandel,

5, Industriolie Etabliezements, Fabriken

6, Verschiedene Bekxanntmackuugen.

G D G i A S cfentlih E P Anz ETIgEPL, as nehmen ag! die Aunoucen-Frpeditionen Ma

„Jitvalibeadanî“, Ruvolf Mosse, Haaseußein & Bogler, G. L. Daube & Co,, E, Silsotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größere

Prenßishen Staats-Anzeigers:

Bexlin, S. N. Wilhelm-Straße Nr. Î#. 5

i, Verkäufe, Verpachtungen, Subeiasienen etc,

| . VerioosnDng, Ammortisation, Zinszahlung 2 o. s. w, vor öffentlicheu Papieren.

7, Láterarizcte Anzeigen,

8, Theaior-ÁnDzeigen. | Ta der Börzen:-

Anuoncen-Bruxeans. 5

9, Familiexz-Nachrichten, / hoilage. N

Subhaftationen, Aufgebote, Vor: ladungen u. dergl.

LRSON Aufgebot.

Das Aufgebot folgender angeblich verloren ge- gangener Hypothekendokumente ist beantragt :

1) Von dem Krugbesißer Valentin Bucholz aus Reimerswalde des Dokuments über ursprünglich“ 600 Thlr. und, nach erfolgter Löshung von 133 Thlr. 10 Sgr. noch über 466 Thlr. 20 Sgr. des Schulzensohns Anton Kuhn aus Reímecs- walde lautend, eingetragen auf Grund der Obli-

ation vom 24ten, zufolge Verfügung vom 26ten anuar 1842 auf Reimerswalde Nr. 9 Abth. 111, Nr. 2 und ungetheilt übertragen auf Reimers- walde Nr. 120; | von den Bauer Franz und Marie, geb. Krause Kellmann’schen Eheleuten aus Wernegitten des Dokuments über 111 Thlr. 11 Sgr. Mut- tertheil der Geschwister Gertrud, Helene, Jo- seph und Mathaeus Grunenberg à 27 Thlr, 25 Sar. 3 Pf., eingetragen auf Wernegitten Nr. 20 Abth. 111, Nr. 3 auf Grund der Erb- theilung vom 15. Januar und 28. April 1828 ex dec. vom 7. Juni 1828.

Der Inhaber der Urkunden wird aufgefordert,

spätestens in dem auf

den 3. März 1881, Vormittags 11 Uhr,

vor dem unterzeichneten Gerichte Zimmer Nr. 10

anberaumten Aufgetotétermine seine Rechte anzu-

melden und die Urkunden vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunden erfolgen wird. Heilsberg, den 5. November 1880. Königliches Amtsgericht. Zielaskowski. Beglaubigt: Obuch, Gerichtsschreiber.

E Ausgebot.

Im Grundbuche von Epe Band 18 Blatt 49 stehen in der dritten Abtheilung auf verschiedenen ten, als deren Eigenthümer der Gastwirth

ohann Heinri Schmeing aus der Bauerschaft Cilermark, Kirchspiels Epe, bei der Glanerbrüce eingetragen steht, nachbezeihnete Posten eingetragen :

1) Einhundert Thaler Berl. Courant Darlehn nebst Zinsen und Kosten aus der Obligation vom 9, Februar 1829 für den Bernard Schipholt, Ksp.

Epe, 2) Einhxundert Thaler Berl. Courant Darlehn nebst Zinsen und Kosten aus der Obligation vom

11, August 1831 für den Kaufmann Christoph Hölscher in Epe,

3) Einhundert Thaler Berl, Courant Darlehn nebst Zinsen und Kosten aus der Obligation vom 16. Januar 1832 für den Kaufmann Hölscher zu

Ep-°,

4) Hundert fünf und sech8zig Gulden holländish Darlehn nebst Zinsen und Kosten aus der Obliga- tion vom 9. Februar 1833 für den Bernard Schip- holt, Ksp. Enscbede,

5) Dreißig Thaler Courant nebst Zinsen und Kosten aus der Obligation vom 15. August 1835 für den Zolleinnehmer Joseph Iaegers, Ksp. Och- trup,

6) Zweihundert und fünfzig Thaler Cour. Dar- lehn nebst Zinsen und Kosten laut Obligation vom 29. Mai 1836 für den Zolleinnehmer Jos. Jaegers.

Alle diese Posten sind angeblich getilgt.

Der eingetragene Eigenthümer Schmeing hat zum Zwecke der Löschung derselben deren Aufgebot be- antragt. Es werden daher alle Diejenigen, welche zu diesen Posten berechtigt sind, aufgefordert, ihre Ansprüche spätestens in dem auf den

19, Februar 1881, Morgeus 11 Uhr, an hiesiger Gerichtéstele vor dem Amtsgerichtsrath Zurmühlen anberaumten Termine anzum:lden, widrigenfalls fie mit denselten präkludirt und die Posten im Grundbuche gelöscht werden. Ahans, den 3. November 1880, Königliches Amtsgericht.

(28068] Bekauntmachung.

Das3 kgl. Amtsgericht Neustadt a. Haardt hat als Prozeßgeriht in Sachen FriedriÞ Jacob Docbnahl senior, Rentner und Schriftsteller, in Neustadt a. H. wohnhaft, gegen Andreas Bero, Bronceur und dessen Ehefrau Catharina Bero, beide früher in Neustadt a. H. wohnhaft gewesen, dermalen ohne bekannten Wohn- und Aufenthaltsort abwesend, wegen Forde- rung durch Beschluß vom 9. November jüngsthin die öffentliche Zustellung der Klage bewilligt.

Kläger beantragt : L

Die beiten Beklagten folidarisch zu verurtheilen, an den Kläger für rüdckständigen Miethszins den Betrag von 4 127. —. mit Zinsen zu 5% vom 24. Juni 1880 an und die Prozeßkosten zu be- zahlen; auch das ergehende Urtheil für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Zur mündlichen Verhandlung des Nechts\treites ist Termin auf den 5. Januar 1881, Morgens 9 Uhr, im Sitzungssaale des kgl, Amtsgerichts da-

hier bestimmt und werden hiemit die Beklagten hie- zu vorgeladen. Neustadt a. Haardt, den 10.November 1880, Der geschäftsleitende Gerichts\chreiber des kgi. Amtsgerich!s. gez. Reisfinger. [28088] In Sachen der Firma Gebrüder Toelpe hierselbst, Klägerin, wider : den Schuhmachermeister Ch. Lange allhier, Be- klagten,

wegen Forderung, wird, nachdem auf den Antrag der Klägerin die Beschlagnahme des dem Beklagten gehörigen, Nr. 1152 auf der Kröppelstraße hierselb belegenen Hauses und Hofes sammt dem Nr. 21 im Eichthale belegenen 207 Ruthen haltenden Abfindungsplane zum Zwecke der Zwangsversteigerung durch Beschluß vom 22. d. M. verfügt und im Grundbuche am 26. d. Mts. vermerkt worden, Termin zum öffent- lih meistbietenden Verkauf des vorgedachten Grund- ftüds auf

deu 14, Februar 1881, Morgens 11 Uhr,

Zimmer Nr. 27, . damit angeseßt, in welchem die hypothekaris%en Gläubiger ihre Obligationen und Hypothekenbriefe zu überreichen haben.

Braunschweig, den 28. Oktober 1880. Herzogliches Amtsgericht V. von Münchhausen.

[28127] Anszug aus der öffentlihen Ladung.

In Angelegenheiten der Spezialtheilung und Ver- koppelung vor Wardinghausen, Amt Sulingen, Provinz Hannover, steht zur Ermittelung der Be- theiligten und ihrer Rechte, sowie der Eigenthums- verhältnisse, Termin an auf

Montag, den 13. Dezember 1880, __Naqhmittags 3 Uhr, im Harling’s{en Gasthause zu Sulingen.

Alle unbekannten Theilnehmer, auch die aus irgend einem Grunde betheiligten dritten Personen, weren zu dem Termine unter geseßlihem Präjudize geladen.

Sulingen, den 6. November 1880.

Die Theilungskommission : Niemeyer, Mehliß.

[28128] Auszug. .

Durch Beschluß der Strafkammer des Kaiserlichen Landgerichts zu Colmar vom 29. Oktober 1880 ist gegen den Gustav Carl Zimmermaun, geboren am 10, März 1858 zu St. Pilt, Wohn- und Auf- enthaltêort unbekannt, der Verleßung der Wehrpflicht angeklagt, die Beschlagnahme dessen im Deut- schen Reich befindlihen Vermögens bis zur Höhe von Tausend Mark verfügt worden.

Für den richtigen Auszug: Der Landgerichtss\ekretär Neumann. [28080] Jm Namen des Königs!

In Sachen betreffend das Aufgebot der bei Ver- theilung der Kaufgelder des in nothwendiger Sub- bastation verkauften Grundstücks Nr. 9 Pawelke ge- bildeten Tietßze-Hartmann'shen Spezialmasse hat das Königliche Amtsgericht zu Festenberg durch den G vou Fürstenmühl dahin erkannt:

a

alle unbekannten Interessenten mit ihren An- sprüchen an die Tiete-Hartmann'she Spezial- masse auszuschließen und die Kosten des Ver- fahrens aus der Spezialmasse zu entnehmen. Von Rechtswegen. Fesienberg, den 29, Oktokter 1880, Königliches Amtsgericht.

[28079] Bekanntmachung. (Pflegschaft über die landesabwesende Auna Wagner, Näherin von Lembach.) : Für die nach Aufenthalt unbekannte Näherin Anna Wagner von Lembach wurde nah diesgerichtl. Beschluß vom Heutigen eine curatela absentis be- stellt und der Bauer Anton Schober von Dießen- stein als Pfleger für dieselbe in Pflicht genommen. Am 4. November 1880. Königl. bayer. Amtsgeriht Grafenau. Gerhauser, Kgl. Amtsrichtcr, ?! j

E B E E E L LE L

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Kes\el.) Dru: W., Elsner.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

B erlin:

: Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich

M 268.

Berlin, Sonnabend, den 13. November

Preußischen Staats-Anzeiger.

Niechtamflichßes.

Preußen. Berlin, 13. November. Jn der gestri- gen (8,) Sißung begann das Haus der Abgeord- neten die erste Berathung des Entwurfs eines Geseßes, betr. die Feststellung des Staatshaushalts- Etats sür das Jahr vom 1. April 1881/82 und des Ent- wurfs eines Gesetzes, betr. die Ergänzung der Einnahmen in diesem Etat; in Verbindung damit: die erste Berathung des Antrages der Abgg. Richter und Genossen auf Annahme des Entwurfs eines Gesetzes, betr. einige Abänderungen der Vor- schriften für die Veranlagung der Klassensteuer und der tlassifizirten Einkommensteuer. Der Antrag Richter lautet:

„Das Haus der Abgeordneten wolle bescbließen: Behufs dauernder Sicherstellung des 1881/82 in Ausficht genommenen Steuererlasses dem nachfolgenden Geseßentwurfe zuzustimmen: Geseßentwurf, beireffend einige Abänderungen der Vorschriften für die Veranlagung der Klassensteuer und der kTlassifizirten Einkom- mensteuer. Artikel T. „Der im 8. 5 des Gese es, betreffend die Authebung der Mabl- und Schlactsteuer vom 25. Mai 1873 auf 42 Millionen Mark festgestellte Jahresbetrag der Solleinnahme der Klafsensteuer wird auf 31 500 000 herabgesetzt.“ Artifel II. „Die im §8. 7 des Geseßes vom 1. Mai 1851 / 25. Mai 1873 für die erste, zweite, dritte, vierte und fünfte Stufe der klassifizirten Einkommensteuer vorgeschriebenen Steuersäße von 90, 108, 126, 144 und 162 é. werden auf 67 4 50 S für die erste Stufe, 81 é für die zweite Stufe, 94 4 50 5 für die dritte Stufe, 108 M. für die vierte Stufe und 121 4A 59 § für die fünste Stufe herabgesetzt.“

Der Abg. Richter legte als das Fazit der neuen Finanz- politik dar, daß den {hon bewilligten 130 Millionen Mark Mehrsieuern nur 14 Millionen Steuererlaß gegenüberständen und den weiter zu bewilligenden 110 Millionen neuer Steuern gegenüber ein Steuererlaß von 64 Millionen versprochen werde. Es sollten also 240 Millionen neu bewilligt werden, wogegen nur 78 Millionen Mark Erlaß versprochen würden. Bei 240 Millionen Mark neuer Steuern für das Neich kämen auf Preußen 140 Millionen, 78 Millionen Mark sollten erlassen werden, bleibe also eine neue Steuerbelastung von 62 Millionen. Es sei jedenfalls die stärkste Zumuthung, welche jemals ein Finanz-Minister diesem Hause gemaht habe. Der Finanz- Minister habe von den 130 Millionen Maxk neuer Steuern, die bereits bewilligt seien, in seiner Etatsrede mit keinem Worte gesprochen. Nach dieser Rede des Finanz-Ministers hätte ein Uneingeweihter glauben müssen, man stände heute noch vor der Bewilligung der neuen Steuern. Während dann ferner die neuen Steuerbelastungen in dem Vortrage des Ministers ganz zurücträten, könnten dagegen die angedeuteten Steuer- erlasse niht breit genug ausgetreten werden. Nach den wie- derholten Versicherungen des Reichskanzlers sollte mit der Er- höhung der indirekten Steuern keine Erhöhung der Gesammt- steuerlast eintreten. Erst wenn diese 130 Millionen be- willigter Steuern zur Entlastung verwendet wären, würde die Steuerlast dieselbe sein. Er (Redner) habe von vorn herein diesem Versprehèn Mißtrauen entgegen- etragen und in einem, allerdings fkonfiszirten Wahl- ugblatte cs ausgesprohen, daß es si, von etlichen winzigen Erlassen abgesehen, um nihts Anderes als die Be- willigung von 200 Millionen Mark neuer Steuern handle. Diese Prophezeiungen seien niht nur in Erfüllung gegangen, sie seien sogar thatsählich übertroffen worden, da nicht 200, jondern 240 Millionen neuer Steuern bewilligt werden sollten. Zuzugeben sei allerdings, daß die 1879 verlangten Steuern nicht alle bewilligt seien; dagegen sei aber auch der Roggen- zoll verdoppelt und der Eisenzoll erhöht. Die Versprechungen, welche die Regierung früher gegeben hätte, sollten nicht er- füllt allenfalls mit 20 pCt. abgelöst werden —, sondern auf neue Verpflihtungen übertragen werden. Wenn der Finanz-Minister gesagt habe, daß alle deutschen Finanz-Minister in Coburg darüber einig gewesen wären, so finde er durhaus darin nihts rühmendes, im Verlangen von neuen Steuern seien die deutshen Finanz-Minister immer einig gewesen. Wie Tomme man überhaupt dazu, den Minister von den feierlich übernommenen Verbindlichkeiten zu Steuererlas}sen los8zu- sprehen? Denn wenn seine Partei auch die neuen Steuern nicht bewilligt habe, auf die an die Bewilligung geknüpften Verbindlichkeiten habe auch sie ein Neht und ihre Wähler be- zahlten sie mit. Noch sei niht erwiesen, daß aus dem Ertrage der neuen Steuern nicht mehr als 14 Millionen erlassen wer- den könnten. Der Minister rühme ja au die erfreuliche Finanz- lage im Vergleih mit dem Vorjahr und allerdings [ließe der Etat um 21 Millionen besser ab, von denen 7 zur Ver- minderung des Defizits, 14 Millionen für Steuererlasse be- stimmt seien. Aber gebessert sei die Finanzlage do nur durch das vom Volk aufgebrahte Mehr an Steuern; der Haushalt des Finanz-Ministers habe sih gebessert, niht der des Volks. azene 21 Millionen seßten sich zusammen aus 14, die das Reich mehr an Preußen überlassen könne, weil der Ertrag der neuen Steuern im Reich in den nächsten Jahren entsprehend höher sein werde: 10 Millionen sollten direkt aus diesem Mehyhrer- trag überwiesen und um 4 Millionen die Matrikularbeiträge ver- mindert werden. Dazu kämen 2 Millionen mehr neue Steuern wesentlich in Folge der erhöhten Gerichtskosten. Es seien also 16 Millionen Mehrbelastung. Dann seien die Einnahmen des Staatsschaßes um 2 Millionen größer, denn der Finanz-Mi- nister realisire mehr Staatsaktivkapital zum Besten des lau- fenden Etats, mache 18 Millionen. Dazu die Erhöhung der Einnahme aus den Bergwerken, weil die frierende Menschheit in Folge der Koalition und der gesteigerten Kohlenpreise nach dem leßten harten Winter mehr bezahlen müsse; alles das sei sehr viel erfreulicher für den Finanz-Minister, als für den Volkshaushalt. Dabei sei die Wirkung der neuen Steuern noch gar nicht abgeschlossen. Er habe sie von Anfang an auf 130 Millionen geschäßt, der laufende Etat des Reichs verx- anshlage sie auf 70 Millionen, in dem neuen Reichshaus- halt, den die Zeitungen veröffentlihten, steige diese Ziffer auf 90 Millionen. hm scheine, daß, wenn H die vor den Steuergeseßhen eingeführten Vorräthe au gezehrt seien, der Ertrag die Ziffer von 130 Millionen noch überschreiten werde. Es fehle an jedem Maßstab dafür, ob die neuen Reichssteuern niht noch 20 oder 40 Millionen mehr

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einbringen würden, als sie nach dem neuen Neichsetat ein- tragen sollten. Wer wolle sagen, wie viel die Tabaksteuer einbringen werde, die zur Zeit weniger einbringe als vor der Erhöhung, da niht 1/9 des normalen Verbrauchs importirt werde, so groß seien die vorhandenen für dies Jahr noch aus- reihenden Vorräthe. Und da spreche man schon wieder von neuen Steuern! Die Gestalt eines Haushalts hänge nicht blos von den Steuern, sondern noch viel mehr von den all- gemeinen Wirthschaftsverhältnissen ab. Die jeßigen seien nicht normal, die Krisis von 1873 sei noch nit überwunden, und der Etat Preußens und des Reichs, beide auf indirekte Steuern basirt, deren Erträge s{hwankende seien, würden dadur affizirt, der preußische noch insbesondere durch die Schwankungen in dem Ertrage der Staatsindustrie, der Staatseisenbahnen, Berg- und Hüttenwerke. Wie wolle man vor der Rückkehr zu nor- malen wirthschaftlichen Verhältnissen ein sicheres Urtheil über die Gestalt des nächsten Etats haben und es rechtfertigen, mit neuen Steuern zu kommen, anstatt abzuwarten, wie die Dinge si ge- stalteten ? Er habe immer die Meinung vertreten, daß überhaupt die jeßt bewilligten 130 000 000 46 neuer Steuern nicht noth- wendig gewesen seien, sondern daß man bei sparsamer Ver- waltung und angemessener Reform der Zucker- und Brannt- weinsteucr bis zu besseren Zeiten auskommen könne. Wenn der Finanz-Minister derart an eine Besserung der Verhält- nisse glaube, wie derselbe es ausspreche, fo habe derselbe um so mehr Grund, erst die besseren Finanzen aus diesem Ver- hältniß abzuwarten. Er (Redner) glaube auch, daß in der wirthschaftlichen Wellenbewegung wieder einmal bessere Zeiten kommen würden. Es sei keine Wirthschaftspolitik so s{lecht, um dies auf die Dauer verhindern zu können. Der Finanz- Minister sei der Ansicht, daß gerade die neue Wirthschafts- politik des Reichskanzlers in sich die Zauberkrast trage, die Verhältnisse zu bessern; aber wenn derselbe dies glaube, fo sollte er erst reht abwarten. Er (Redner) sei indeß der Meinung, daß die Situation nicht so günstig sei wie im vorigen Jahre, und daß die Wirthschaftspolitik des Reichskanzlers die Nückkehr in normale Verhältnisse sehr erschwere. Preußen befinde sih zur Zeit in einer ähnlichen Lage, wie zur Zeit der Land- rathskammer und auch damals habe sich die Situation mit einem Schlage geändert und die Konservativen seien wieder in die Versenkung vershwunden. Auch jeßt scheine ihm die Ne- aktion auf ihren Höhepunkt çekommen zu sein, denn es sei eine alte Erfahrung, daß dies allemal der Fall sei, wenn die Konfervativen daran dächten, die Prügel trafe wieder einzuführen. Nedner erllärte alsdann, daß er ein Gegner der Camphausen- schen Politik gewesen, während ü!e Konservativen dieselbe stets unterstüßt hätten. Als aber die Sonne der Camp- hausenschen Aera sich geneigt habe, da habe die Rechte denselben verlassen, wie diese Partei es bei Ministerveränderungen ge- wöhnlich zu thun pflege. Wie solle man einer Wirthschafts- politik Vertrauen schenken können, die 130 Millionen neue indirekte Steuern bewilligt erhalten habe, um sodann statt der gleihen Entlastung nur eine Maximalsumme von 14 Millionen zur Entlastung herzugeben! Und nun komme man gar noch nmit einer neuen Forderung von 110 Millionen und spreche dann noch von einer Besserung des Staatshaushalts-Etats! Unmöglih könne man doch diese 14 Millionen als Köder für die Bewilligung neuer Steuern verwenden wollen. Eine solche Tendenz falle offenbar, wenn niht rechtlih, doch moralish unter die Bestimmungen des neuen Wudchergescßes, wonach es strafbar, wenn man für ganz feine Leistungen ganz exorbitante Gegenleistungen for- dere. Jndeß konstatire er ausdrücklih, daß der Finanz- Minister selbst diesen Steuererlaß lediglih mit dem Verord- nungsgeseß gerechtfertigt habe. Der Antrag der Fortschritts- partei, den Steuererlaß geseßlih zu fixiren, habe den gewiß loyalen Grund, dem Finanz-Minister in der von demselben ver- heißenen Vorsicht und Sparsamkeit eine äußere Stüße zu bieten. Er (Nedner) sei in der leßten Zeit in der offiziösen Presse so heftig angegriffen worden, weil er den Antrag, betreffend die zrestanleguyg des 14 Millionen-Steuererlas}ses eingebracht habe. Man habe ihm vorgeworfen nah Popularität zu hashen. Wer selbst hinter dem Strauch gesteckt habe, traue Andern ähnliches zu. Es sei doch eine ganz natürlihe Sache, daß, wie die Mehrbelastung dauernd auf- gelegt werde, man auch die Entlastung dauernd machen müsse. Wenn er einen Steuererlaß nur für ein einzel1.es ahr vor- schlage, so müßten doch die Verhältnisse dieses Jahres danach angethan sein; s{lüge man denselben dauernd vor, so könnten auch die Verhältnisse andere sein. Das Verwendungsgesetz habe nur einen subsidiären Charakter gehabt, es habe nicht definitiv die Verwendung des Steuererlasses regeln sollen. Die Ueberweisung der Grund- und Gebäudesteuer an die Kom- munen würde mit dem Verwendungsgeseß nicht in Wider- spruch stehen, eben so wenig sein Antrag. Der Steuererlaß, der hier vorgeschlagen werde, stehe allerdings sehr stark im Widerspruh mit Allem, was die Konservativen und die Mi- nister bisher als ihre Finanzpolitik gekennzeiht hätte, wie es stärker niht gedaht werden könne. (Redner wies diese Be- hauptung durch Verlesung verschiedener Reden der Abgg. von Minnigerode, von Kardorff u. A. nah.) Man sehe au, fuhr Redner fort, im Lande den Widerspruch wachsen. Kein Wun- der, daß man aus der Affaire nun herauskommen wolle. In der That habe die Regierung ihre Finanzpolitik auf Antrieb des Reichskanzlers, der scharfblickend die derzeitige mißlihe Lage der Regierung erkannt habe, aus taktischen Gründen geändert, um mit dem Steuererlaß einen Druck auf die öffentliche Meinung zu üben. Diesen Druck nun noch etwas zu vermehren, sei der Zwcck eben des fortschrittlichen Antrages, dessen Bedeutung für den Landtag die sei, daß der- selbe zur nothwendigen Sparsamkeit anleite. Außerdem habe die Feststellung eines solhen Finanzplanes mit dem Steuer- ¿ias die bedeutsame Tragweite, daß, indem derselbe von der Vorausseßung der gleihbleibenden Matrikularbeiträge aus- gehe, im Militär-Etat Ersparnisse in Höhe der Summe gc- macht werden müßten, welhe die Ausführung der Militär- novelle erfordere, denn unmöglich könne man hinterher mit der Meldung kommen, die Matrikukarbeiträge hätten \ich gerade um jene 14 Millionen Steuererlaß erhöht. Schließlich liege die Frage so, daß man die Lage des Steuer-

zahlers in Betracht ziehen müsse. Man müsse das Gelö lieber dem Steuerzahler, als dem Finanz-Minister lassen; es freue ihn, daß man endlich den armen Mann, den früher „sogenannten armen Mann“, als exiftirend zu betraten an- fange, denn der arme Mann leide am meisten unter den hohen Steuern. Der Steuererlaß desselben gehe verloren dur Ankauf einer einzigen Flasche Petroleum, auch die übrigen Lebensbedürf- nisse für die niederen Stände seien durch die neue Wirthschafsts- politik kolossal vertheuert. Der Roggen ftiehe höher als je. «Jm vorigen Zahre habe der Minister aus der vergrößerten Eiereinfuhr einen erhöhten Wohlstand herausgerechnet, ohne zu bedenken, daß die Einfuhr jeßt nur anders kontrolirt werde als früher, an sich aber dieselbe geblieben sci. Es sei darum sehr klug vom Minister, jeßt gar keine Zahlen mehr zu bringen. Alle Prophezeiungen , welche im vorigen Jahre wegen der Hebung des Volkswohlstandes und der Jndustrie von der Re- gierung gemacht seien, seien unerfüllt geblieben. In den Jndustriezweigen, die vom neuen Zoll begünstigt würden, seien die Verhältnisse in keiner Weise gebessert ; vielmehr jei das Gegentheil der Fall. Und der Landwirthschaft bringe der Noggenzoll, wie man das dort auch einzusehen an- fange, nicht den erhofften Segen. Den Steuererlaß, welchen er in seinem Antrage geseßlih geregelt wissen wolle, halte er übrigens auch an sich und tehnisch für rihtig, da dadur eine berechtigte organishe Verbesserung in dem Klassensteuer- system erzielt werde, auch sci der Betrag des Erlasses fo gering, daß es sich kaum der Mühe verlohne, bei den jonstigen roßen Etatszahlen davon zu reden. Bedauer- lih sei, daß aus dem Steuerreformplan die Gewerbesteuer immer niehr verschwinde. Bezüglich der Realsteuerentlastung dürfe dabei die seit 1880 eingetretene Erhöhung der Ge- bäudesteuer berücksichtigt werden. Die Entlastung der Kom- munen müsse nur nah dem Maße ihrer direkten Besteucrung erfolgen. Er müsse das allgemeine System tadeln, das jeßt befolgt werde, als ein solches, welches das Passivum des Staates und die Anforderungen an denselben fortdauernd vermehre und großen Unmuth in der Bevölkerung anhäufe. Die Verstaatlihung der Eisenbahnen habe die von ihm vor- hergesagten Uebelstände hervorgebracht; der Lokalverkehr sei vielfach geshädigt. Auch sei es auffäLig, daß die vielfachen Unglücksfälle neuester Zeit vorzugsweise auf die Staats- bahnen fielen. Die Unzufriedenheit der Eisenbahnbeamten sei im Steigen begriffen, wie das die vielen bezüglichen Petitionen bewiesen. Diese Unzufriedenheit sei um so erklärlicher, als die den Beamten gemahten Ver- sprehungen durchaus unerfüllt geblieben seien. Was die finanzielle Seite der Verstaatlihung betreffe, so weise die Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben für 1879/80 freilih 6 Millionen Uebershuß auf, darunter seien aber 4 800 000 6 Ueberschüsse der verstaatlichten Bahnen aus der Zeit, wo dieselben noch unter Privatdirektion gestanden hätten. Die Staatseisenbahnen hätten überhaupt nur einen Uebershuß von 268 000 4 geliefert. Dem gegenüber stehe eine Ersparniß an dem Erneuerungsfond von 2 370 000 M, also der zehnfahe Betrag. Jn dem Etat für das nächste Jahr weise der Etat der Eisenbahnverwaltung einen Ueber- shuß von 16 Millionen auf, dem gegenüber ständen aber 121/24 Millionen Mehrausgaben an Zinsen, welche allerdings niht im Eisenbahn-Etat, aber auf dem Etat der Staats- shulden ständen, weil die Aktien und Prioritäten der verstaat- lihten Bahnen in Konsols konvertirt seien. Es bleibe mithin nur ein Uebershuß von 31/2 Millionen und diesen gegenüber stehe eine Minderausgabe für den Erneuerungsfond von 8 Millionen. Beachte man wohl, was das heiße. Es bedeute : in diesem Jahre koste der Verslhleiß des Materials durch den Betrieb 8 Millionen mehr, als dex Eisenbahnetat für die Er- neuerungen ausgeworfen habe. Jm vorigen Jahre habe man geglaubt, die finanziellen Bedenken, die das mit ih bringe, könne man dur einen Garantiefonds erledigen. Daß diese Hoffnung eitel gewesen sei, sche man in diesem Jahre. Nun müßte doch auch mit dem Geseße der Garantiefonds in Kraft treten, es hindere ja nihts daran, beide zusammen zu machen. Die Regierung werde sich aber wohl hüten, denn wenn sie etwa das Geld für Steuer- erlasse in den Garantiefonds hineinlege, so bringe sie sämmtlihe Steuerzahler gegen die Verstaatlihung auf. Besser wäre es, wenn man der Verstaatlichung eine feste Grenze seßte. Es gebe ja noch große Privatbahnen, die Beunruhigung dauere daher fort. Man sehe ja wie auf der Börse die Ver- staatiihungsgerüchte entsländen. Das wirke lähmend auf das ganze Eisenbahnwesen, weil es von Neuanlagen und Verbesse- rungen, die niht gleih sih verwertheten, abhalte. Die Zwi- schenstufen zwishen Chaussee und Eisenbahn, Pferdebahn, Dampfdroschken, Sekundärbahnen, könnten sih über das ganze Land ausbreiten, wenn die Privatunternehmungen mehr Ruhe hätten. Die ganze Wirthschaftspolitik shädige das Land nicht blos dur die Maßregel an fich, sie shädige es nach seiner Auffassung in noch viel höherem Maße dadurch, daß fortwährend neue Projekte auftauchten, in der Shwebe blieben und Ünsicherheit in alle Verhältnisse brähten. Wie {hwébe die Jndustrie durh die Rede des Finanz-Ministers in Beunruhigung, durch das Projekt der Verdoppelung der Brausteuer, die unangebracht sei, weil die Brausteuer im Reichshaushalte statt einer Er= höhung eine Verminderung zeige. Und nun erst die Tabaks- steuer ? Die Tabaksindustrie sei jahrelang hin und her ge- zogen von einem Projekt zum andern, endlich habe man eine Steuererhöhung beschlossen in dem guten Glauben , daß die Regierung nun Nuhe geben werde, und kaum seien einige Monate ins Land gegangen, so komme man schon wieder mit neuen Projekten. Es handele sih dabei niht um den Tabaks- bau, sondern um eine lebendige Jndustrie, : welche dadur fortwährend geschädigt werde ; eine Million Menschen lebten von dieser Jndustrie , welche niht "wüßten , wie sie sih eina rihten follten. Die Auswanderung in diesem Jahre sei so stark, wie kaum sonst und ein starkes Kontingent lieferten die. entlassenen Arbeiter der Tabaksindustrie. Auch die Frage der Sürtaxe und die Freihafenfrage feien für die Bevöl erung beunruhigende Momente, überhaupt fehle iw Lande das Verx trauen , weil dos ewige Projektmachen ‘ver NeGecung nicht aufôre und w4nn die Rechte dieses Qauses wirkli konser=