Das ist ja ihr Ret, und dagegen werde ih nit das Geringste sagen, aber i muß do bemerken, daß man, wenn ich an dieser St:Üe die Verantwo: tung für den Etat zu übernehmen habe — und, meine Herren, diese Verantwortung ift eine recht {were und ernste — man dann auch vorauéseßen darf, daß ih den Etat in allen seinen Einzelheiten genau kenne und daß, wenn ich die Zahlen so formulire und so rekapitulire, wie das geschehen ift, ih dann diese nicht blos in ibrem Inhalt und ihrer Gegenseitigkeit rah meiner und der Re- gierung Aufrassung richtig formulire, sondern daß mir auch nicht unterstellt werden darf, daß ich ihren Werth überhaupt nicht kenne. Einer Instruktion, wo und wie ich mich darüber zu iuformiren habe, bedarf ich nit.
Ich verlasse dies sehr wenig angenehme Thema und wollte blos roh die Bemerkung hinzufügen, daß, wenn der Hr. Abg. Rickert im Laufe seiner langen vnd inhaltreihen Rede wieder- holt darauf birgewiesen hat, daß die Aufstellung des Etats gewisser- maßen eine rein fkalkulatorisce sei; daß sie gewissermaßen eine solche sei, wie sie jeder Fab:ikbesißer für fein Fabriketablissement auf- stellen könnte, ih doch darauf aufmerksam machen möcdte, daß ih die Pflicht gehabt habe, den Ctat im Wesentlichen so einzurichten, daß er mit den biéherigen Etats, die von dem hohen Hause stets als ridtig und sahzemäß anerkannt worden siad, in Uebereinstim- mung bleibt. Was würden Sie gesagt haben, wenn ich den Etat ganz umgeworfen hätte und mit ganz neuen Prinzipien vor das Haus getreten wäre. Wenn ich die Ordnung, die Sie bisher für nöthig und richtig gehalten haben, umgestoßen hätte, würden Sie dann nicht gesagt haben, „wo bleibt die altpreußische Finanzpoli- tik?“ Wenn man ein Resumé aus allem denjenigen zieht, was die beiden Herren Redner dieser Seite des Hauses (links) in Beziehung auf die augenblickliße Lage aus- gesprohen haken, so kann man daraus nur den Eindruck gewinnen, daß nicht allein die Geschäfte des Staats, sondera auch die ganze Lage des Verkehrs, aller industriellen Verhältnissen, aler Ent- wicklung der Finanzen und des Landes in einem rapiden Nückgange, auf einer s{hiefen Ebene im Herabrollen begriffen sei. Diese Auf- fassung ift vielleicht niht gerade mit diesen Worten ausgesprochen worden ; ader ich kann aus alledem, was mir hier von beiden Herren Rednern gefagt worden ist, und namentlich aus der lebhaften Apo- strophe, die dec Hr. Abg. Rickert am Sch{luß seiner Rede an uns gerichtet hat einen anderen Schluß nicht ziehen als den: wir seien auf einem gefährliben Jrrwege begriffen, der das Vaterland in Gefahr tringen könne. — Man ruft mic zu! „Seid vorsichtig, Tehrt zurück, denn die Lage der Verhältrisse ist eine solche, daß sie nah allen Seiten hin im höchsten Grade zur Vorsicht mahut; ihr scid an dem jeßigen Zustande des Landes \{uld.“
Meine Herren, im Allgemeinen hat man also Zweifel darin geseßt, ob die Bcsserung der V-rkehrsverhältnifse, die Besserung der gesammten Lage des Staates eine solche sei, die die Bemerkung der Thronrede und die Bemerkung, die ich in der Etatsrede gemacht habe, daß si eine Wendung zum Besseren erkennbar mache, cine richtige sei. Jch möchte dabei aber doch konstatiren, daß der Hr. Abg. Nichter gestern selbst mit Bestimmtheit anerkannt hat, daß, nachdem, wie er {ih auédrüdt, bie sieben mageren Jahre nach einer so langen und {weren Verkehrsfrisis vorübergegangen seien, eine Besserung eintreten müsse, daß dies ganz natürli sei und daß, wie er hinzugefügt hat, diese Besserung kommen müsse troy der jeßigen Regi:rung, troß des jeßi- gen Wirthschafts\ystems. Ih kann nur konstatiren, daß das, was in diescr Richtung von mir und von dieser (der rechten) Seite des Hau- ses ausgesprochen worden ist, die Ueberzeugung der Staatsregierung ist, nämilch daß in der That eine Wendung zum Besscren bemerkbar ist. Daß nach einer so außerordentli {weren Krisis, wie wir sie durbgemacht haben, die sieben Jahre lang angehalten, vie alle Kräfte des Staats und der Einwohner angespannt hat, nicht ohne Wet- tercs die Besserung in reiher Blüthe, und sogleih na allea Seiten hin mit vollen Früchten eintceten könne, darin werde ih sogar mit dem Hrn. Abg. Richter gewiß einer Met- nung sein ; aber die Besserung ist da, und wenn hier Artikel vorge- Lesen werden sind, daß die aus einzelnen Theilen oder Gegenden des Staats b-weisen sollen, daß in einzclnen Branchen hier und da eine Besserung der Verhältnisse jeßt niht bemerkbar sei, so muß ich darauf aufmerksam machen, daß bei dem großen Urnfange des Landes, bei der ungeheuren Verschiedenheit der industriellen Verhältnisse und Berkchrsbeziehungen in denselben, bei den ungewöhnlich verschiedenen Einwirkungen, die alle Verhältnisse auf den Verkehr und die În- Mustrie baben und haben müssen, clbst bei der örtlichen und geogra- phischen Lage der verschiedenen Regierungsbezirke es wohl möglich sein kann, daß hier und da Schwankungen eintreten, die sich im Laufe des Jahres ausgleichen, hier und da aber au in hohem Grade Schwierigkeiten für die industriellen Etablissements und industriellen Verhältnisse hervorrufen können. Aber auf der anderen Scite hâtte man uns dochß auß diejenigen Mittheilungen vorlegen sollen, welche ein anderes |Prognostikon, welche eine Besserung der Verhältnisse konstatiren und die das trübe Bild, was uns hier nach dieser Richtung verzeiwnet worden ift, als ein nicht ritiges erkennen lassen. Jch bin im Laufe dieses Jahres bet Gelegenheit der Jadustrieausstelung für die Rheinlande in Düssel- dorf gewesen und habe diejenigen Herren der dortigen Regierung, welche gerade mit der Bearbeitung der industriellen Berhältnisse be- traut sind und die sie ihrerseits mir und der Staatsregierung gegen- Über zu vertreten haben, veranlaßt, mir über diese Fragen und über
die Einwirkung des leiten Jahres auf die dortigen Verhältnisse einen erschöôöpfendzn aber durhaus unkolocirten, einen rein objektiven Vor- trag zu halten. Ich habe diesen Herren bei Anfarg der Sißzung auêtdrüdlih gesagt: ih verlangte keine Schönfärberei, sondern i ers suchte sie genau und streng diejenigeu Ecfahrungen, diejenigen Be- obachtungen mir mitzutheilen, die ihnen bei der genauen örtlichen Kenntißnahme der Verhältnisse ihr Urtheil begründet hätten. Nun, nene Herren, i| mir da ja natürli aud dort mit- getheilt worden, daß hier und da Schwankungen und weniger freundlice Beziehungen in den einzelnen industriellen Kreisen dieses unçcheuren industriellen Bezirks mit einer Bevölkerung von 14 Mil- lonen Menschen eingetreten seien; im Großen und Ganzen aber, und ¿war mit genauem Nachweis der einzelnen Industriezweige, hat man mir die Erklärung abgegeben, daß seit 1879 eine wesentliche, sehr bemerkbare Besserung eingetreten sei und daß kein Grund vorliege, diese Besserung irgendwie in Zweifel zu ziehen. Jch habe nun, als mir im Vktober dieses Jahres ein Artikel aus einem hi-sigen Blatte zukam, cs ist die „Tribüne“, welcher überschrieben war: „Aus der Heimath der Schußzöllnerei“, Veranlassung genommen, jene Herren, die mir die damaligen Vorträge gehalten haben und deren Gewissen- haftigkeit und Pflichttreue und Jatelligenz ih das höchste Lob und die höchste Anerkennung aussprewhen muß, zu einem wiederholten Bericht aufzufordern, in dem Dasjenige, was hier in sehr grellen Farben mitgetheilt war, entschieden demjenigen widersprach, was mir von ihnen damals vorgetragen war. Ich möchte das Haus nicht mit diesem langen Artikel beläf:igen, er enthielt in der Hauptsache nur die Behauptung, daß seit Erlaß des Zollgeseßes in der dortigen ehe- maligen Heimath der Schußzöllnerei, wie der Artikel si ausdrüdt, fich die heftigste Enttäushung und die tiefste Entmuthigung über diese neue Wirthschaftsreform gezeigt hätte. Ih muß aber doch, um nachzuwcisen, in welcher Art derartige Mittheilungen in die Welt geben, eine kurze Stelle daraus vorlesen. Es heißt da am
S{lu
Die Beläge für die Thatsachen bringen nit etwa Liberale und Freihändler, man kann sie täglih aus dein Munde von Kon- servativen und Schußzöllnern hören, — freilih, wie wir hinzu- seßen dürfen, von gewesenen und geheilten.
„Wir find gründlich dupirt worden“ — is der regelmäßige Refrain jeder solhen Betrachtung.
Diese kurzen Züge genügen, um die Stimmung zu kennzeihnen, die in Berg und Mark, dem eigentlichen Geburtslande des Schußzzöllnerthums , heute herrscht. Wir stehen erst „am Anfang des Rückshlag8; der kom- mende Winter wird die biltern Erfahrungen, die bisher son gemacht sind, noch bitterer gestalten, es bedarf dort keiner
Agitation der Gegner des Scußzolls mebr, Noth und Sorgen agitiren leider mit unwiderstehliher Wirkung. Es sind seltsame Gedanken, die sid aufdrängen, wenn man ficht, wie den Wünschen einiger Großiadustriellen zu Liebe blühende Länderstrihe in Verfall gerathen, wie Gegenden, deren Industrien si in jahrzehntelangem Fleiß den Weltmarkt erobert haben, in kaum zwei Jahren dem Nun überliefert siad. Die tücbtigsten Arbeitskräfte, Leiter von Fabriken, Spinn- und Webermeifter, werden unter günstigen Be- dingungen ins Ausland, namentli nach Rußland, gezozen, wo neue Fabriken in großer Anzahl entstehen, die den deuts{en Handel nach Rußland aufs Trockne seßen. Die Zustände in den bergischen und märkiscken Distrikte Westfalers halten der neuen Wirthschafts- politik cinen Spiegel entgegen, vor defsen Mahnung jedes andere Argument erblaßt.
Deutlicher kann man sich wohl kaum auslafsen. Ich habe deshalb diesen kurzen Saß vorgelesen, weil er der Inbegriff von vielen anderen Mittheilungen ist, die in gleider Weise durch die Presse gehen. Nun liegt mir seit gestern der Bericht hierüber aus Düssel- dorf vor. Dieser Bericht erkennt an, / daß in Barmen, was mir aub {on in Düsseldorf bereits p-rsönlih vorgetragen war, die In- dustrie aus verschiedenen Gründen sih keineswegs in günstiger Lage bcfinde. Ein Theil dieser Gründe beruht in der wechselnden Mode, die dort cingewirkt hat, andere Gründe werden einzeln vorgetragen, in der Hauptsache wird mir bestätigt, daß in Barmen, was mir ja als einem Mann, der die Verhältnisse genau kennt, nicht fremd fein konnte daß in Barmen dic Jadustrieverhältnisse nit günstig liegen. Ich füge glei nod den Ort Ronsdorf hinzu, damit man nit glaube, ih wollte in diefer Beziehung blos Barmen allein nennen. Was nun die von mir selbst sehr bedauerte Industrielage in Barmen für einen Einfluß auf jenen großen Regierungsbezirk betrifft, in dem fast jeder Industriezweiz bis zur höchsten Vollkommenheit ausgebildet ist, in welchem eine ungeheuere Bevölkerung fast nur von der Industrie lebt, in dem Eisen und Kohlen der Hauptiräger des Verkehrs nd, in dem alle möglichen avderen Industriezweige von der höchsten Bedeu- tung [i in großartigem Maßstabe bewegen, so großartig, daß wenn man die Auêstellung dieses Landes sah, man glauben konnte, man befinde fih in einer Weltausstellung — was hat nun jene Thatsache wohl für einen Einfluß auf diesen ganzen von 17 Millionen Menschen bewohnten Bezirk gehabt? Die Regierung zeint an, daß erstens einmal es richtig sei, daß sich in Rußland gabriken gebildet haben, die der Barmer Industrie Kon- furrenz machen und daß Werkmeister und Arbeiter dorthin verzogen sind, aber, meine Herren, niht nah Erlaß des Zoll- tarifs, sondern voc dem Zolltarif und darauf fkommt es do an. Die Regierung erkennt ferner mit großer Vestimmitheit an — und ich wuß mir erlauben, eia paar St:llen zu verlesen —, daß die Verhältnisse leine8wegs so lic- gen, wie man sie darzustellen beliebt. Was von dem Megierungs8- bezirk Düsseldorf gilt, wird in mehr oder minderem Maße von an- deren Theilen des Baterlandes gelten können und ih habe eine große Freude daran, daß ich hierüber Günstiges mittheilen n 10 ue meine Person würde es tief bedauern, wenn ich erklären müßte, daß die vorliegenden Verhältnisse so s{limm wären, wie man sie uns vermuthen lassen möchte.
Also, meine Herren, die Uebersicdelung nach Nußland hat ebenso wie die ähnliche eines Theiles der rheinishen Stahlwerke von Met- derih nach Warschau vor Einführung des Zolltarifs ftattgefunden. Demnächit wird gesagt: ;
Die Kleinciseaindustrie mit ihren Mittelpunkten Remscheid und Sclingen hatte jahrelang unter der in allen Absaßländern herrschenden Krisis gelitten, für sie trat ein Aufshwung erst im vorigen Winker ein troß der Einführung der Eisenzölle, und dieser Aufschwung hat, wenn auch im verminderten Maße, bis heute an- gehalten. Vergleicht man die jetzige Lage dieser Industrie mit der vor Einführung der Eisenzölle, so ift eine erheblihe Besserung gar nit zu bestreiten.
_ Daß die Großeifenindustrie, zu deren Gunsten wesentlich die Eisenzölle wiederhergestellt wurden, gleichfalls erheblih günstiger situirt ist wie vor Jahresfrist, lehren die gestiegenen Eisenpreise, die vermehrte Zahl der im Betriebe befindlichen Hochöfen und der beschäftigten Arbeiter, sowie die Errichtung verschiedener neuer Walzwerke, z. B. wird die Hütte Vulcan in Hocbfeld-Duisburg jeßt wieder in Betrieb geseßt. Auch die Steinkohlenbergwerke haben vermehrte Arbeiterzahl und bessere Preise.
Dann wird außerdem gesagt:
Zieht man nun objektiv eine Parallele zwischen der dem Stand der einzelnen Industriezweige in den bergischen Kreisen, oder in unserem gesammten Bezirke im Sommer 1879 und im Herbste 1880, so ist fast in allen Jndustriezweigen cine wesentliche Besserung zu konstatiren.
Meine Herren! Dieser Bericht ist datirt vom 31. Oktober. Ic glaube alfo, daß ih nah diesen und den sonstigen Berichten wohl im Rechte gewesen bin, die fo viel angefochtene Bemerkung zu machen, daß sih cine Wendung zum Besseren — i glaube, man kann sich nicht vor- sihtiger autdrüccken — erkennbar gemacht kabe. Wenn das der Fall ist, so muß das ganz natürlich auc auf die Finanzverwaltung, auf den Gang der gesammten Finanzen seine Einwirkung haben, denn das Eine zieht seine Kraft und seine Wurzeln aus dem Anderen, und mir ist nicht denkbar, daß ein in seinem Berkehr herunter- gehendes Land, ein in sich nicht mehr lebenskräftiges Land, blühende Finanzen haben könre.
Nun is von keiner Scite mir ein Grund angegeben wo. den, warum diese Besserung nicht vorhanden sein könne. Sie ist vor- handen und ich muß au bemerken, daß fie sich im Etat wider- spiegelt. Es ist ja von vielen Seiten jet ausgesprochen worden, daß cine Besserung der Etatsverhältnisse eigentli gar nit da sei; es gewinnt fast den Anschein, als wären sämmtliche Einnahme- positionen, die ih gebraht habe, ebea so viele Defizits und als müßte eigentlich der Etat einen furhtbkaren Schlund von Auéfällen der Nation gegenüber darstellen.
Nun aber möchte ih doch bemerken, daß zahlenmäßig und nah der Lage der einzelnen Etats und in ihrem inneren Zusammenhange doch immerhin eine Mehreinnahme gegen das Ordinarium des vorigen Jahres von 120 Millionen nachgewiesen is. Diese 120 Mil- lionen sind nachgewiesen, und wenn man mir sagt, daß diese 120 Mil- lionen eigentlich da seien, so sage i, das ist eine Auffassungsweise, die id nicht verstehe und der ih nicht zu folgen vermag. Ich kann den Etat nit na politischen Sympathien oder Antipathien, son- dern nur nah den:Unterlagen aufstellen, melche mit der größten Sorg- falt, mit der größten Pflichttreue, mit der größten Gewissenhaftiakeit von allen denjenigen ausgearbeitet werden, die sowohl im inanz-Ministe- rium als in den einzelnen Ressorts der Staatsverwaltung daran be- theiligt waren. Diese Grundlage führt zu dem Resultat, welches ih die Ehre gehabt habe im Etat niederzulegen und diese Mehr- einnahme beweist, daß eine Besserung eingetreten ist, und diese Bes- serung mögen Sie bestreiten, Sie werden aber Niemand davon Über- zeugen, daß fie niht vorhanden sei.
Es ist nebenbei gesagt worden, man könne ja Einnahmen schaffen, wenu man gewisse Kapitalien dur Versilberung zu Gelde mae. Der Abg. Nichter hat das gestern angedeutet, ich werde über diese &rage in der Budgetkommission die nöthige Auskunft geben lassen und bin in der Lage, diese Bemerkung als unrichtig bezeihnen zu können; es hat keine Versilberung stattgefunden, als dem gewöhnli- chen Laufe der Verwaltung, und die Aktivkapitalien ergeben eine Vermehrung von 34000 M an Zinsen jährli, woraus hervorgeht, daß eine Verminderung des Kapitals nicht eingetreten sein kann.
Wenn geftern der Hr. Abg. Richter die Zahlen, die ihm gerade am meien am Herzen lagen, so gruppirt hat, daß 110 und 130 Millionen 240 Millionen an neuen Steuern ergeben, so mag er mir verzeihen, wenn ih diese Gruppirung als eine unrichtige bezeichnen muß, denn er hat die 240 Millionen gegenübergestelt dem Steuer- erlaß von 14 Millionen. Wenn er richtig rechnen wollte, mußte er eine andere Rehnung aufstellen, er mußte sagen, bei der Zollorgani- sation im Reiche ist festgestellt worden, daß das Reich ein Minimum von 130 Millioaen Mark für seine Verwaltung haben solle und daß
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erst das, was übec diese 130 Millionen binausaeht, an die Einzele staaten nach ihren AntheilereWten vertheilt werden soll. Er mußte sich also fragen: welde Summe kat Preuëen erhalten, daß diese 14 Millionen Steuererlaß gegenübergestellt werden können ? Preußen hat, wie Sie aus dem Etat sehen werden, die Summe von etwas über 34 Millionen eingeftelit, und dieser Summe gegerüber bilden die 14 Millionen, die ih Jtnzn zum Erlaß in Vors- sblag gebracht babe, einen schr echeblichen Prozentsatz. Es bleiben davon ja allerdings, wenn Sie wollen, noch 20 Millionen übrig, die niht ¿zu Steuererlassen verwendet werden. Abcx was wird denn tamit aemaht? Vers&winden diese 20 Millionen denn ganz und gar ? Nein, sie werden im Interesse des Landes, im dringenden Jr- teresse des Landes verwendet, also au sie fommen den Steuerzahlérn indirekt zugut. Vor allen Dingen aber sind jene 14 Millionen ein sehr bedeutender Bruchtheil der 34 Millionen, die wir nicht aus L 130 Millionen des Reichs, sondern über diese hinaus b:kommen aben,
Hr. Nicbter hat weiter darauf hingewiesen, daß die Bevölkerung — ich muß annehmen, die Bevölkerung von Preußen, vielleicht hat er aber au die Bevölkerung von ganz Deutscbland gemeint, ein Ret — ein bestimmtes Net darauf habe, die 130 Milltonen, welhe im vorigen Jahre durch die Zollgesetgebung bewilligt worden find, ganz und gar zu Steuererlassen verwendet zu seben. Es ift vorhin {on nachgewiesen worden, daß davon gar keine Rede sein könne. Wovon sollen denn überbaupt die Staaten bestehen,
wenn alle Steuererträge zu Steuererlassen verwendet werden follen..
Wenn jene Bemerkung aber auf Preußen Bezug baben sollte, fo hat der Hr. Abg. Rickert schon mit vollem Recht gesagt, daß das Budget an direkten Steuern im ganzen die Summe von 163 Millionen auf- stellt; wenn ih von diesen die 130 Millionen des Hrn. Richter ab- ziehe, dann bleibt die Kleinigkeit für den preußischen Staat von 33 Millionen übrig; von diesem Rest sollen alie die Bedürfnisse er-- füllt werden, die der Staat und die Bevölkerung mit Recht in An- spruch nehmen Tann. Hr. R-chter hat außerdem die Behauptung aufgestelit, es seien früher Versprechungen gemat worden. Jch be- ziehe mi in dieser Beziehung auf das, was der Hr. Abg. von Zedlitz vorweg genommen hat, ich habe keine Veranlassung, das hohe Haus mit diefer Auéeinandersezung noch einmal zu behelligen; aber Hr. Richter bat wiederholt auêgesproen, die Staatétregierung suche sich dieser Versprech{ungen, „threr Verpflihiung zu entziehen. Meine Herren, wo ist nur cin entfernter Grund zu solchen Bemerkungen vorhanden, wie kann behauptet werden, daß die Staatsregierung sich ihren Berpflichtungen entziehen wolle? Die Staatsregierung hat im erften Jahre, wo das Berwendungsögesetz zum Gesetz geworden 1 in vollklommen lovaler Erfüllung dieses Gesezes — während der- Hr. Abg. Rickert erklärt, daß das gar nicht nöthig gewesen wäre, nach dem Sinn und dem eigentlichen Inhalt des Ge!eßtes, worin er ja an sich recht hat — den Steuecrerlaß in den Etat eingestellt, ledigli aus dem Grunde, weil die Bevölkerung, wie ih früher schon geäußert haite, wenn au fein formales Ret, doc einen moralischen Anspruch darauf hat, daß aus den Ueberweisungen aus dem Neich ihr cin gewisser Theil zu Steuererlassen bewilligt werde. In welcher Weise kann nun Hr. Richter sagen, die Regierung suche sich ihrer Verpflichtung zu entledigen 2 Bis jeßt haben wir aus dem Nei noh nit mehr bekommen, als was in den jeßigen Etat ein- gestellt ift; und wie wir dazu kommen sollen, irgend welche Vere sprehungen erfüllen zu können, für welche kein Objekt und kein Material vorhanden ist, ist mir wenigstens unklar; ich muß es alfo- als eine vollständig irrige Meinung bezeihnen, daß die Rezierung irgend werde daran gedacht haben können, si irgend einer Versprebung entledigen zu wollen, Die Regierung sucht in vollständigster Gc- wissenhaftigkeit dasjenige zu erfüllen, was nah dem Maße der Mittel, die vorhanden sind, erwartet werden kann, und das ist der Grund, aus dem der Steuererlaß in den Etat eingestellt ist, und wenn mir dabei vorgehalten ist, aß man hier blos eine kon- stitutionelle Garantie haben wolle, \o muß ich doch bemerken, daß sür uns das Gesetz, wie es liegt, keineswegs ein todtes Stück Papier ist, sondern daß wir einen lebendigen Inhalt darin finden, und diesen lebendigen Juhalt darzustellen, ist dec eigentlice Grund für die Ctatéposition von 14 Millionen.
„Es ist nit angenehm, über folche Gegenstände diskutiren zu müssen, wenn die Ansichten so s{roff gegenüberstehen, aber daß diese Unsichten im Hause E immer so aufgefaßt worden sind, wie jeßt, ergiebt ih aus der Geschichte der letzten Monate. Der Hr. Abg. Richter hat ganz rihtig gestern mitgetheilt, daß {hon im Laufe des Sommers die Ansicht feiner Freunde dahin gegangen sei, daß ein Steuererlaß in Preußen erforderlich und dur die Verhältnisse geboten sei, Hr. Nickert wird sich vielleicht erinnern, daß er wieder- holt über die Sache mit mir Rücksprache genommen hat. Die Sade is in der Budgetkommission verhandelt worden, und mein Herr Kommissarius hat die Antwort gegeben, daß das bei der Etatsbera1lhung geregelt werden solle. Jet liegt die Etatsberathung vor, die 14 Millionen sind eingestellt und das wird als eine wunderbare Verschiebung der finan- ziellen Berhältnisse Preußens angesehen; es ist do aber dasjenige, was die Herren selbst vor einigen Monaten ihrerseits für nothwen- dig erklärt haben. J kaun es nicht anders auffassen, als daß man damals vielleibt gezlaubt hat, daß man mit geringeren Mitteln die- sen Erlaß in Scene seßen könnte. Es handelte si damals blos um die auf Preußen fallende Quote der Verminderung der Matrikular- beiträge im Reiche, die noch nicht ganz 5 Millionen beträgt. Diese verminderte Quote war mir allerdings für die Bedürfnisse der Steuer- reform zu gering, damit hätten wir vielleicht eine Monatsrate er- lassen können, und mit einer Moratsrate konnte die Regierung vor das Land nicht treten, wohl aber konnte sie das nach meiner Auf- fassunz und nach der Auffassung der Staatsregierung mit einer Rate von 3 Monaten. Wenn man in dieser Etatsposition irgend etwas Anderes hat finden wollen, als das, was ich hier vorgetragen habe, als den Wunsch der gewissenhaften Erfüllung eines gegebenen Ge- seßes, so irrt man si eben und sucht, wenn man mir die Bemer- kung gestatten will, die Leute da, wo man selbst sich befindet. Hr. Nich- ter hat gestern ausgesprochen, daß die Regierung dabei unter dem Druck der öffentlihen Meinung gehandelt habe, und unter Jhrem Druck, der ja von je her etwas anderes nicht gewollt habe, als gerade das Vorschreiten der Regierung in dieser Nichtung. J bin fern davon, in Abrede zu stellen, daß die Herren ihrerseits die Steuerreform nit im Interefje der Steuerzahler als verlangt und etwas erwünschtes betrachtet hätten, daß sie nicht ihrerseits \tets hätten darauf hin- wirken wollen, diese Steuerreform ins Leben zu rufen. Aber unter dem Druck der öffentlichen Meinung hat die Negierung nicht gehan- delt; denn die döffentlihe Meiuung hat nit daran gedacht, daß jetzt ein Steuererlaß erjolgen könne, Im Gegentheil, es ift stets ver- breitet worden, daß an einen Steuererlaß nicht zu denken sei. Als derselbe dann angekündigt wurde, war ein allgemeines Erstaunen die erste Wirkung. Wo ift da der Dru der öffentlihen Meinung ?
Man hat mir dann persönlich vorgehalten, daß ich mich durch diesen Steuererlaß mit meinen Aeußerungen im vorigen Jahre in Widerspruch gesetzt habe. Man hat gesagt, ih hätte erklärt, daß von einem Steuererlaß niht werde die Rede sein können, als bis das. Gleichgewiht der Finanzen vollkommen hergestellt sei. Fch werde mir erlauben, diejenige Stelle vorzulesen, um die es sich handelt, sie ist gestern allerdings auch {on verlesen worden, aher es war da der Schlußsaßz bei der Unruhe des Hauses nicht so klar. Ich habe da- mals gesagt:
Ich kann von meinem Standpunkt aus, wie ih wiederholt betone, an einen Steuererlaß niht eher herantreten, als bis die Verhältnisse si so gestaltet haben, daß die Staatseinnahmen, das Gleichgewicht der anten nicht gefährdet sind.
Das ist. etwas Anderes, als wenn ih ausgesprochen hätte, ih wolle niemals, ehe nicht das volle Sas im Staatshaushalt hergestellt wäre, Steuererlasse eintreten lassen. Jch finde jetzt, daß die Finanzen, — das wird von dieser Seite (rechts) des Hauses wenigstens bestätigt — ih finde, daß die Finanzen niht gefährdet find, wenn der Erlaß erfolgt, Die Herren von dieser Seite des Hauses (links) haben wenigstens ihrerseits wiederholt ausgesprochen ,
daß der Steuéererlaz ein so unbedeutender sei, daß man gar nit daran deufen könnte, ihn im Gegensatz zu den gesammten Einnahmen des Staats in die Wagschale zu werfen. Nun steht aber außerdem zwischen jener Aeußerung, wenn ih sie an anderer Stelle etwas an- ders gemacht haben sollte — ich fann nit jede Stelle des fteno- graphischen Berichts auswendig wissen — zwischen jerer Aeußerung und dem jeßigen Zeitpunkt das Verwendungs8geset, und dieses Ver- wendung8geseß ift ein solches, welches, wie ih vorhin ausgesprochen habe, die Veranlassung giebt, diese Frage im Sinne des Gesctzes fselo\t zu beurtheilen.
Ich komme hiermit zu dem Geschesvorschlag, welhen Hr. Abg. Richter dem hoben Hause vors&lägt. Es hängt dies ja natürli mit dem Steuererlaß von 14 Millionen sehr eng zusammen. An si muß ih anerkennen, daß das Prinzip, der grundsäßliche Inhalt dieses Geseß-ors{blags sih auf demselben Boden bewegt, auf dem die Re- gierung wit ihrem Vorschlage des 14 Millionen-Erlasses sich stellt. Der Geseßentwurf des Hrn. Richter geht weiter, er will diese 14 Millionen in der von ihm formulirten Weise zu einem dauernden Crlafbetrage für bestimmte Kreise der Klassen- und Einkommenfteuer- pflihtigen machen. Die Regierung steht auch in dieser Beziehung den Anschauungen des Hrn. Richter nicht so diametral entgegen, wie es vielleicht gealaubt wird. :
Ich wenigstens bin der Meinung und der Ueberzeugung, daß wir aucch in den näâcbsten Jahren die Mittel haben werden, diesen Steuer- erlaß zu gewähren. Jch entnehme diese Hoffnung aus der Besserung der Verhältnisse im Allgemeinen und aus dem Steigen der Ein- nahmen. Sollte ih mich täuschen, so würde mir das am meisten wehe thun, ih glaube aber niht daß ih mich täushe. Daraus folgt aber noch nicht, daß die Regierung si für alle Fälle binden laffen könne. Die Verhältnisse find hier dur das Verwendungsgesetz geordnet, und es ist unmögli, daß dieses Geseß neben dem Verwen- dungsgeseß, wie jeßt hier der Vorschlag gemacht ist, unvermitielt nebenher gehen könne. Es muß meiner Meinung nach das Verwendungsgeseß in so weit aufreht erhalten werden, als die Steuererlasse sih immer nur nab den vorhandenen finanziellen Mit-
teln richten können, Eine vorfihtige Regierung kann die Mittel
nit aus der Hand geben, die unter Umständen nothwendig werden Tönnen, wenn sie auch hofft, daß sie in der Lage sein wird, die Mittel zu Erlassen verwenden zu können. i Der Geseßesvorschlag greift außerdem den Steuerreformplänen in einer sehr bestimmten Weise vor. Es ist nicht möglich, jeßt dieses Gesetz in der Weise, wie es vorgeschlagen ist, zu erlassen, ohne die Steuec- fowobl wie die äußeren zu modifiziren; er
reformpläne, die inneren greift ißm vor.
Das sind Bedenken, die ich gegen den Entwurf des Hrn. Richter babe. Jh sprecte nihrt von einigen Unebenheiten, die sich in der Fassung und dem Junhalte vorfinden und die sich ja würden beseitigen lassen. Im allgemeinen bin ih nicht in der Lage, im Augenbli etwas weiter mih über die Frage auszusprehen. Ich hoffe, daß dieser Geseßentwurf der Budgetkommission vorgelegt wird und die Staatsregierung wird demnächst, wenn er von dort an das Haus zur Berathung gelangt, ihre Stellung z1 demselben zu nehmen haben, (Nuf: hört! hört! links.)— Ja, sell ih jeßt hon darüber mi er- ären. Ich habe Bedenken auszusprechen und habe auf der anderen (Seite eine gewisse Uebereinstimmung gefunden.
Ich möchte von den Bemerkungen. die Hr. Abg. Nickert gemacht hat, troß der sehr vorgeschrittenen Zeit, doeh nob einige Punkte einer Erwiderung unterziehen. Er hat vor allen Dingen mir den Vorwurf gemacht — ich kann ihn nicht anders als auf meine Per- son beziehen, da ih die Finanzverhältnisse zu leiten habe — daß ih nicht auf dem Boden der altpreußischen Finanzverwaltung stehe. Meine Herren! Man könnte ja dagegen einwenden, daß die Finanz- verhältnisse cines Landes doch nicht immer ebenso und dieselben bleiben können, wie sie vor 30 bis 40 Jahren gewesen sind, daß die Verhältnisse im Lande und die Verhältnisse, die das Land von Außen becinflussen, andere geworden sind, und daß wir jeßt mit ganz neuen Faktoren zu rechnen haben, an die man früher niemals hat denken können und niemals gedaht hat. Wer hätte vor 20 Jahren, als der ron Hrn. Ridtert genannte General-Steuer- direktor Kühne noch lebte, daran denken können, daß Preußen in ein solhes Verhäitniß zu dem gesammten Deutschen Reiche treten könne, wie es jett der Fall ift, das ist eine ganz neue Situation. Aber ich muß doch dabei bemerken, daß ih mi für meine Person ganz voll- ständig auf dem Boden dcr altpreußischen Finanzpolitik füßle, so viel die neuen Verhältnisse Aenderungen nicht nothwendig bedingen. Ein Mann, der wie ih, seit sehr, sehr langer Zeit alle Stadien der preußischen Verwaltung im Innern und nah Außen hin dur{lgufen hat, der diese Stadien vorzugt weise im Finanzdienst stets durbgemacht hat, der verleugnet nicht so ohne Weiteres die Grundsäße, in denen er erzogen ist und die er zu vertreten hat. Wenn mir nun aber grade der Vorwurf gemacht wird, daß ih hier die preu- ßishen Staatsgrundsäße verleugne, so erkläre ich, daß das ein Irrthum ift, der sih wohl mit der Zeit aufklären wird. Die preu- ßishen Staatsgrundsäße in der Finanzkunst sind mir sehr wohl E und ich bin mir bewußt, sie streng und treu erfüllt zu
aben.
Es ift erinnert worden, daß auch die Bureaukratie jetzt cine andere geworden sei, in früherer Zeit habe sie ihrerseits gewisse Rechte geübt in freier Meinungsäußerung, die jeßt nicht mehr ge- stattei werde, in früheren Zeiten habe der einzelne Beamte, der jet seinen Willen beugen müsse, das Neht gehabt, sih auszusprechen auch gegen seine Vorgeseßten. Meine Herren, ih weiß nicht, wie das zu verstehen gewesen i. Wenn man die Bureaukratie jeßt auf den Schild erhebt, so erinnere ich mich aus meiner langen Erfahrung, daß man bis in die neuefte Zeit hinein die Bureaukratie fortwährend als ein Schreckbild für eine gesunde und lebensfähige Entwickelung der staatlichen Arbeiten und des siaatliwen Verkehrs bezeichnet hat.
I& will nur erinnern an das, was man im Jahre 1848/49 über die preußische Bureaukratie mit sehr großem Unrecht gesagt bat. Ja, meine Herren, — und ih wende mich besonders an den Hrn. Rickert — ich bin aus der preußischen Bureaukratie hervorge- gangen, fenne sie von Grund aus, weiß was ich fordern darf und weiß auch, was ein Minister sich selbs und seinem System \{uldig ist. Wenn man jeßt von der preußischen Bureaukratie verlangt, wie ih das vorausseßen muß, daß sie dem System ihres Chess ent- gegenwirken soll, so sage ih, ein solches Gntgegenwirken kann und darf nit gestattet werden; wenn aber die Bureaukratie, wie ih bezeugen kann, so gestaltet ift, daß sie mit vollem Patriotismus und mit nicht hoch genug anzuerkennender Hingebung und einer niht hoh genug zu {häßenden Pflichttreue ihre Schuldigkeit darin thut, daß sie an den Staats- geschäften, mit denen ihr vorgeseßten Chefs thätig ist dann steht sie jeßt auf demselben hohen Standpunkt, deu sie nur jemals einge- nommen hat, und ich kann Ihnen aus meiner reiben Erfahrung nach dieser Richtung hin fagen, daß, wenn man so viel tie Regierungen, die Präfidenten und andere Beamten tadelt, man ih meist nur an den Einzelheiten und Kleinigkeiten hält, während man (es mit Männera zu thun bat, die ihr ganzes Leben hindur ihre volle Existenz und ihre Dienste dem Staate, dem Kö- nig und der Krone gewidmet haben. Es is eine Pflicht, die ih hier erfülle, dies auszusprechen: aber ich kann nit anerkennen, daß die Stellung der Bureaukratie dahin zu verstehen sei, daß sie ihrem Chef gegenüber Stellung zu nehmen habe.
Der Herr Abg. Rickert hat gesagt, die jetzigen Verhältnisse sind so unklar, und stehen auf so schwachen Füßen, daß sie sehr leicht erschüttert werden könnten, ein einziger Krieg könne eine fundamen- tale Vernichtung derjenigen Verhältnisse herbeiführen. Ja, meine Herren, das wird ja wohl keiner bestreiten. Denken Sie sich den Fall, daß wir in den allerb"ühendsten Verhältnissen lebten, denken Sie sich, daß wir nicht die neue Wirthfchaftspolitik hätten, sondern in der vollen Blüthe des Freihandels uns befänden, denken Sie sich den Fall, daß 1870 unsere Armee nicht so \{lagfertig gewesen wäre, die Franzosen gar nit in das Land hineinkommen zu lassen, denken Sie sih den Fall eincs unglücklichen Krieges, einer Invasion von Frankreich hier — nun denken Sie si, was das für Folgen gehabt
bätte.
irgend ein System Stand halten könne, da mögen Sie den Frei- handel oder den Schutzoll oder irgend eine andere Wirtbschafts- politik der Negierung oder was Sie wollen nehmen: dann alles zusammen und die Nation ist auf ihre eigenen Kräfte gestellt und die Nation würde dann sich in derselben Weise wieder aufraffen und freimachen müssen, wie es früber gesehen ift. Darüber habe ich an sib keine Besorgniß; aber ein Krieg kaun und muß durh- greifend Störungen herbeiführen; das ist tein Beweis gegen unsere Wirtb \chafispolitik.
Der Hr. Abg. Rickert hat einige Bemängelungen d:3 Etats hier vorweg genommen, ich kann nicht auf alles einzelne antworten, aber auf einiges muß ih doch eingehen. Bei der Einnahme hat er nur eine einzige Position bemängelt, bei der Ausgabe deren mehrere. Was die Eisenbahnzahlen anbetrifft, so wiederhole i nur, daß die- selben ihre Berichtigung finden werden. In Bezichung auf einzelne der genannten Ausgabetitel bemeike id, daß ih die Erhéhung der Dienst- und Reisekosten, welche er bemängelt hat, für richtig halte, wenn gesagt ist, es würde doch wie früher möglih sein, dur eine strengere Disziplin gegen die Regierungen, die Reisekosten, — so bin ih gerade der gegentheiligen Meinung. Wozu nüten die Regierungen, wenn sie nit an Ort und Stelle, sondern wie das sonst ausgedrückt wird, nur am grünen Tische ihre Arbeiten verrich- ten. Ich verlange gerade von den Regierungen, daß deren Mitglieder herausgehen, daß sie sich das Leben ansehen und die Vechältnisse kennen lernen, und daß sie aus der Wecselwirkung mit den Ein- wohnern und mit den Behörden ihres Bezirks richtige Anschauungen an Ort und Stelle gewinneu, so daß sie nit blos \{reiben, sondern im vollen Leben thätig sind, darum habe ih mit Bewußtsein uad mit der speziellen Ueberzeugung, ctwas Nüßzliches gethan zu baben, in die Erhöhung diescs Fonds gewilligt, ih glaube, daß er eine nlßlice Verwendung hat, und bin überzeugt, daß er niht vermindert wer- den kann.
Dann ift davon die Rede gewesen, daß in dem Hauptertra- ordinarium der Hauptstaatskasse eine kleine Sutnme von 21 000 4, welce im vorigen Jahre als für diesen Fonds nicht geeignet be- zeihnet worden ift, nicht in Abzug gebracht worden fei. Es handelt sich bei dem Hauptextraordinarium um einen Fonds von 1 290 000 i, wie wlirden Sie die Sache angesehen haben, wenn ih von diesem Fonds, der übrigens in diesem Jahre so ganz außerordentlich noth- wendig gewesen ist, daß ih ihn in hohem Maße im íInteresse der Bevölkerung in Anspruch nchmen müßte, wenn ih von ihn diese 21 090 M abgeseßt hätte. Dazu war ‘diese Summe wirklich viel zu gering. Wären es 2- bis 300 000 M gewesen, dann wäre die Sache anders, dann würde die Summe abgeseßt und in einen anderen Titel übergegangen sein. Was die Bemängelung des Dispositionsfonds von 400 000 M bei den Regierungen anbetrifft, so hat der Hr. Abg. Ridert darauf hingewiesen, daß man die Erwartung gehegt habe, es würde die Beamtenzahl verringert werden. Er hat aber auch darauf bingewiesen, daß bis jeßt noch nicht ein einziger Regierungs-Rath weniger im Etat eingesetzt sei. Das Leßtere ist richtig, aber ih muß dabet zur Erklärung von vornherein bemerken, daß es bei der außerordent- lichen Swierigkeit dieser Personalfragen, bis jeßt nicht möglich ge- wesen ist, ein ganz genaues Bild von denjenigen Diepositioné stellungen zu gewinnen, die sih aus dem Geseg über die Behördenreform er- geben, und ich muß hinzuseten, daß wir noch viel weniger in der Lage gewesen sind, bis jeßt übersehen zu können, ob und wieviel Arbeitskräfte bei den Regierungen erspart werden können, Ich glaube, Sie werden der Regierung wenigstens so viel Vertrauen schenken können, daß, wenn das Material für diese Frage vorliegen wird, sie mit dem größten Ernst und mit Gewissenhaftigkeit diese Frage klar legen und entscheiden wird, ob und in welwem Maße eine Erleichterung des Etats möglich is. Wenn ih einen Fonds von 400 000 6 eingestellt habe, so ist das geschehen, weil es unbe- dingt nothwendig war, ihn in der Hand zu baben, um bei der Aus- führung der Reform zugleih auch die Gesäftsverhältnisse regeln zu könnea, Ih möchte meinerseits die Mehrzahl der weiteren Detail- erinnerungen, die gemaht worden find, in späterer Zeit beantworten. Ich fürchte, daß cs sonst für das hohe Haus zu ermüdend sein würde, wenn i noch etwa ein oder zwei Stunden — was sehr leibt mög- lich wäre — Ihre Aufmerksamkeit in Anspru nehmen wollte, der Hr. Abg. Rickert hat im Laufe seiner Rede darauf bingedeutet, wie das hohe Haus oder Einzelne in demselben über mich wshl urtheilen würden, wenn ih einmal nit mehr auf diesem Plate stchen würde. Meine Hexren! Sie wissen alle, daß wir, die wir hier stehen, keineswegs in der Lage find, uns auf Jahre lang im voraus an unsere Pläße gebunden zu fühlen, wir wissen, daß Störungen verschiedener Act eintreten tönnen, die den Einen oder den Anderen veranlassen können, si zurüczuziehen, und daß auc bei mir später oder früher dies eintritt. Ich will förmlich zur Beruhigung des „Börsen-Couriers“, der mi \chon in diesem Augenblick abgehen läßt, hinzufügen, daß jeßt gar keine Veranlassung für mich zum Abgange vorliegt. In meinen Jahren wird aber auch wohl der Fall eintreten, daß i grade auch ohne politise Gründe zurücktreten werde; wenn das aber der Fall sein sollte, so habe ich doc die Ueberzeugung, daß meia langes im Dienste der Krone und des Staates zurüctgelegtes Leben, auf das ich jetzt zurüdsehe, dazu führen wird, die Ueberzeugung zu erwecken, daß i nach meinen Kräften mit Ernst, mit Wohlwollen und, soweit es in meiner Macht liegt, mit Gerechtigkeit und Aufopferung alle meine Kräfte, denn was icch thue und wie ih lebe — Alles geschieht bei mir nur im Dienste der Krone und des Staates, — daß ich bemüht gewesen bin, den von mir übernommenen Pflichten zu genügen, daß ih nicht zu Denen gehöre, die in leihtfertiger Weise die Grundlagen — die Grundsäulen ist es hier genannt worden — des preußischen Staats erschüttert haben, sondern zu Denen, die diese Grundlagen, fo viel an ihnen gelegen hat und im Vereine mit den Männern, mit Denen ich zu arbciten habe, aufrecht zu erhalten be- müht gewesen sind, zur Förderung des Staatéwohls, im Interesse der Krone, vor Allem im Interesse und zur Ehre des Vatcrlandes. Und dann denke i, werden auch Diejenigen, die jeßt mir gegenüber eine feindliche Stellung einnehmen — was ja in den Verhältnissen ganz begründet ist und wozegen ih keine Einwendungen zu machen habe — mi anders beurthcilen als es jeßt hier gcs{ehen is. Das, meine Herren, ift meine Antwort auf eine Menge persönlicher An- griffe, auf die ich weiter nit antworten kann und im übrigen auch nicht weiter anworten werde.
Demnächst nahm der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach, wie folgt, das Wort:
Meine Herren! Bei der vorzerückten Stunde will ih bemüht sein, mich so kurz wie möglich zu fassen gegenüber den vielen Be- merkungen, die gestern und heut zum Etat in Bezug auf mein Ref- sort gemaÞht sind. Im Wesentlichen kann ich mich bes{hränken auf Beric(htigungen einer Reihe von Thatsahen und Zahlen, die von dem Hrn, Abg. Richter und von dem Hrn, Abg. Ridckert, von dem leßteren heute zunächst andeutungs8weise angeführt sind.
An die Spige meines Vortrages möchte ih einen Sah stellen, weil man dazu Anlaß gegeben hat, Es ist von der Verwendung der Milliarden auch zu Sifenbabnbauten gesprowhen. Man hat diese als Fehler bezeihnet. Ja, meine Herren, wenn ih irgend etwas dem Hrn. Minister Camphausen hoh anrechne, so ist es das, daß er diese Milliarden, die unsere tapfere Armee uns erworben hat, zu' Eisenbahnanlagen mit verwendet hat, um das Gedeihen und die Wohlfahrt des Vaterlandes zu heben, weil wir unter anderen Um- ständen niemals die aus den Milliarden gebauten Bahnen bekommen hâtten, Eisenbahnen, von denen es der Negierung und der Landes- vertretung von vornherein klar war, daß sie eine genügende Rente nie bringen würden, Eisenbahnen, die aber troßdem heute beitragen zur Hebung des Wohlstandes und der Steuerkraft des Landes,
Dann geht durch die Erwiderungen, welche die Etatêvorlage hervorgerufen hat, der Zug, als wenn die Aufstellung, die Veran- \{lagung der Einnahmen und Ausgaben nicht vorsichtig gemacht seien, als ob sie von übertrieben rosigen Anschauungen geleitet seien. Meine Herrea! Sie werden ja den Eisenbahnetat, wie au viel-
Wir haben in der Geschichte Preußens ja Aehnlicbes schon er- ; lebt, da ist es natürliH nicht mögli, daß sol%em Unelück gegenüber |
stürzt | ; l { kTönnep, daß ich in der That ron zu rosigen Anschauungen ausge-
leit den Etat der Vergrwerksverwaltung einer Kommission üer- weisen. Ich kann “ nur wünschen, daß Sie diese schwie- rige Arbeit, — es gilt das intbesondere rom Eisen- bahnetat -— rect eingehend prüfen; und wenn Sie uns einen Irrthum nach{weisen können, wenn Sie mir nachweisen
gangen bin, so nehme ich gern jede Berichtigung entgegen. Es ist unrichtig. daß, wie behauptet worden ift, das Extraordinarium dieser beiden Verwaltungézweige belastet sei zu Gunsten eirer Entlastung des Ordinarinms. Jch bitte, fsich do einmal das Extraordinarium anzusehen. Dasselbe beläuft si bei der Eisenbahnverwaltung auf etwa 94 Millionen Mark, bei der Bergwerksverwaltung auf ein paar Hunderttansend Mark; es ist keine einzige Ausgabe darin enthalten, von welcher Sie nicht sagen“ müßten, es ist eine kapitalvermehrende. Ausgaben wie die für den Bahnhof in Frankfurt a. M. mit 4 Millionen Mark, wie sie in den Etat der Eiserbahnverwaltung eingestellt ist, von der wir Ihnen früher selbst gesagt haben, es werde fich mit der Zeit ihre Erstattung finden zum großen Theil aus der Veräußerung der Grundstücke, wele wir alsdann disponibel bekommen, sind doch keine Ausgaben, die man ins Ordinarium des Etats stellt. Eine Nückzahlung, die wir an das Reich leistzn wollen, des Anlagekapitals für cinen Bahnhof in Saargemünd, die wir lediglich dafur leisten sollen, um uns von der zu drückenden Zinsver- pflictung zu befreien, werden Sie do nicht als Ausgabe bezeichnen wollen, die in das Ordinarium gehört u. st.w. Ich bitte, prüfen Sie jeden einzelnen Posten und Sie werden mir zugeben, daß die Einstellungen voll- kommen richtig gewesen sind. Ich glaube heute auh {on von dem Hrn. Abg. Rickert vernommen zu haben, daß auch seinerseits aner- Tannt wird, daß das Extraordinarium kein übermäßiges ist.
Dann, meine Herren, is beim Etat der Bergwerkäverwaltung gefolgert worden, daß die geringen Ansäte bei der Hüttenverwaltung die Ueberzeugung nit durchblicken ließen, als wenn eine Besserung der Verkehrsverhältnisse eingetreten sei oder erwartet werde. Jch bedaure, darauf aufmerksam machen zu müssen, daß, wenn aus diesen Ansäten auf die Lage der Eisenindustrie ein Rücks{luß gemacht werden follte, dies niht zutreffend ist. Bon den ganzen rund etwa 18 Millonen Mark, die wir einge- stellt haben als Einnahmen aus den Hüttenwerken, sind nur 3 000900 Æ auf die Eisenhütten cntfallen, alles Uebrige entfällt auf die Blech- und Silberhütten. Dann ferner bei der Eisen- bahnverwaltung, Es ist gesagt worden, die Eisenbahnen rentiren sid sc{lecht, sie gehen in den Einnahmen zurück, Meine Herren, wie licgt denn die Sache? Bei der Eisenbahnverwaltung haben wir — von den alten Eisenbahnen — bis jeßt eine Mehreinnahme für die in Betracht kommenden sech8s Monate vom 1. April ab bis ultimo September von 1 779 000 4; bei den verstaatlihten Eisen- bahnen eine Mehreinnabme vom 1. Januar ab — wir rechnen be- tannilid hier noch das Kalenderjahr, niht das Etatsjahr — von 7 685 000 M
Nun ist aus dem Umstande, daß der kilometrisde Ertrag bet den alten Staatseisenbahnen ein geringerer ift, gcs{lossen worden, daß das Resultat doch ein übles scin müsse. Ja, meine Herren, ih bitte Sie, sih doc zu erinnern, daß wir weniger und in diesem Jahre beinahe 150 Meilen neue Eisenbahnen mehr im vollen Betriebe haben, als im vorigen Jahre, und was für Linien! Linien, die sh \{chlecht reniiren, was wir von vornherein gewußt haben, noch mehr : Linien, bei denen der Verkehr eben erst in der Entwicklung begriffen ist. Das muß doch auf den Durchschnitt auch der älteren Linien zurückwirken. Und dann weiter! Jst es nicht natürli, daß die mangelhafte Ernte, die traurigen Erzeugnisse, von denen namentli ein Theil der östlichen Provinzen betroffen ist, zurückwirken auch auf die Einnaÿmen der Eisenbahnen? Jch muß gestehen, und ih habe doch darüber eine ziemli lange Erfahrung, daß ih in dem Eisenbahneinnahmezuwachs, wie er jeßt stattgefunden hat, in der That ein Bild des wachsenden Verkehrs sehe. Dann, meine Herren, ist — um das gleich mit zu erwähnen — gesagt worden, ja, das ist ganz richtia, aus dem vorigen Jahre hat sih ein Ueberschuß ergeben, sowohl bei den Staatsbahnen als auch bei den verftaatlihten Bahnenz allein der ist ohne Belang. Indessen betrachten wir die Sache näher; Der Hr. Abg. Richter hat mit Recht angeführt, daß der Uebershuß der Staatsbahnen gegen den Etat für das Jahr 1879/80 nur 267 000 A beträgt. Aber wie steht es denn — und darauf kommt es doch an — dem Vorjahre gegenüber ? Da stellt si heraus, meine Herren, daß die Mehrein- nahme gegen das Jahr 1878/79 sich auf ca. 10 Millionen beläuft. Die Einnahme von den alten Staatsbahnen stellt sich für das Jahr 1879/80 auf rund 166 Millionen, für das Vorjahr auf rund 156 Millionen. Die Auegaben stellen ich im Jahre 1879/80 auf rund 103 Millionen, im Vorjahre auf rund 98 Miüionen. Infolge dessen ist der Ueberswuß um mehr als 5 Millionen höher. Bei den ver- staatlihten Bahnen is der Uebershuß auf rund 4 880 000 M ange- geben worden. Zur Verkleinerung desselben ist angeführt worden: Ja, da stecke auch der Uebertrag aus den früheren Jahren darin, und infolge dessen sei der wirklihe Uebers{uß durch- aus nicht so groß. Da muß ich mir die berihtigende Bemer- kung gestatten, daß Sie bei näherer Durtlesung der Denkschrift, die Ihnen zugehen wird, ersehen werden, daß der Uebertrag sich auf nit 700000 beläuft; der große Uebertrag, der bei der rheini- hen Bahn aus 1878 vorgekommen war, steckt gar nit in dem vorerwähnten Ueberschuß des vorigen Jahres, jener Uebertrag ist vielmehr in den Reservedividendenfonds geflossen, der bestimmt war zur Au?gleihung für spätere Minderreinerträge, so daß sowohl der Mehrübers{buß, ¡den wir vertragsmäßig bekommen über ktie Marimal- rente von 7°/0, auf welhe die Aktionäre nur Anspru hatten im vorigen Jahre, wie der Uebertrag aus dem Vorjahre sich in dem Reservedividendenfonds befindet und als Ueberschuß gar nicht in Berechnung gekommen ist, Wollen Sie richtig rechnen für das vorige Jahr, so renen Sie zu jenen 4800000 noch hinzu die ca. 2 540 090, welche an der rheinishen Bahn im vorigen Jahre mehr aufgebracht sind, Sie werden dann auf eine Summe kommen von über 8 Millionen, welche das Mehrergebniß bilden gzgen die Leistungen, welde der Staat zu übernehmen hatte, an Renten u. f. w. Was ist nun außerdem geshchen? Es sind alle vorscriftsmäßigen Rüdlagen in den Reserve- und Erneuerungsfonds gemacht, so daß diese Fonds bei den verstaatlihten Bahnen gegenwärtig einen Be- stand ausmachen von gegen 92 Millionen; dann haken wir weiter die vorschriftêmäßige Amortisation der Prioritäts\{ulden bewirkt, und wenn ih genau rechnen will, haben wir zwar zu berechnen, was wir an Superdividenden verloren haben und an Eisenbahnen abgeht, dagegen aber wieder anzurechnen, daß wir die gesammten Zinszuschüfse für die vorpommerschen, die hinterpommerschen Bahnen und die Eifelbahn übernommen haben, und daß da noch zu unsern Gunsten cin Plus bleibt von 1 129 000 A — Es is gesagt worden, man müsse sfich in Acht nehmen, mit Ziffern zu sprechen. Wenn ih meiner Sache nicht so sicher wäre, ih würde die Ziffern wahrlih niht zum Vortrag bringen.
Weiter ist gesproden worden über die Erneuerungen und daß dafür nicht genug geschehe. Jch muß dieses Kapitel etwas ausführ- liher berühren, weil voa verschiedenen Sciten vollständig irrige Auffassungen vorgebracht sind. Wie liegt es mit den Erneuerungen bei den Privatbahnen? Diese bilden Reserve- und Erneuerungs- fonds, in welche sie regelmäßig am Abschluß des Jahres bestimmte, nah theoretischen Grundsätzen ermittelte Summen zurücktlegen, welche, na Achskilometer und Nußkilometer bemessen, den betreffenden Ver- \{leiß des Unternehmens darstellen sollen, um die Bilanz herzustellen. Aus diesen Fonds bestreiten sie die Erneuerungs-Ausgaben. Bei den Staatsbahnen machen wir es anders; da machen wir sehr lange vor- her mit dem Etat den Voranschlag, indem wir annehmen, es werden so und so viel Achskilometer nud so und so viel Nußkilometer zurückgelegt, crmitteln den Saß dana, der zur Erneuerung zu ver- wenden wäre und stellen den Saß in den Etat. . Vei den Privatbahnen — das bestätigt ja die Erfahcurg — wird keineswegs stets die Stücklage verbraucht, die in den Erneucrungéfonds flicßen soll, mitunter aber auG mehr, und bei einer richtigen Einrichtung müßte ein Mo- ment eintreten, wo der Fonds überhaupt keinen Pfennig