1880 / 293 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Dec 1880 18:00:01 GMT) scan diff

lager für Olivenöl, Bau- und Nußholz. Großbritannien, Frank- rei, Oesterreih-Ungarn, Rußland, Niederlande, Belgien, Itolien !

und Griechenland; Deutsbes Reih, Dänemark, Schweden und Nor- wzgen, Spari-:n, Portugal, Vereinigte Staaten von Amecika, Chile

Schiffe auf See. Dänemaik: Gesetz. betreffend Maßregeln gegen die Einschleppung anfsteckender Krankheiten in das Reich. -— Berichte:

Reich für die Zeit vom 1. April 1880 bis zum Schlusse des Monats

Okto! er 1880. Sch{weden und Norwegen: Indufirielle Zustände | Norwegens. Spanien: Bericht aus Manila über den Handel der | Philippinen im Jahre 1879. Vereinigte Staaten von Lmerika: | Gotha“; die Ausgabe des Hofkalenders in französisher Spiache; | das Grâflie

Uebersicht der Ausfuhr nach den Vereinigten Staaten aus dem Be- zirÈ des General-Konsulats zu Frankfurt a. M. für das mit dem

30. September 1880 beendete Jahr. Brasilien: Hantelébericht | aus Rio Grande do Sul für 1879, Venezuela: Handelsbericht | | den gencalogischen Angaben eine Fülle aus den besten Quellen ge-

aus Laguaira für 1879.

Neichstags - Angelegenheiten. Altenburg, 13, Dezember. _ (W, L. B) Retchs1a gs - Stichwahl. Für den fortscrittlihen Kandidaten Kämpf fer wur- den bei der heute Mittaz abzeshlossenen Zählunz 12283 Stimmen

gezählt, der Kandidat der Nationallibe: alen, Justiz-Rath Große, | * Hofämtern und

erhielt 8963 Stimmen. Der Erstere ist sonach gewählt.

Kunft, Wissenschaft und Witerarux. Der Piofessor des römischen Rechts an der hiesigen Universität, Geheimer Justiz-Rath Dr. Georg Bruns, ist am 10. d. M. plößlich an einer Lungenentzündung gestorben. :

Gewerbe und Kandel.

Die im Verlage von Fr. Kortkampf! in Berlin erscheinenden amtlichen Mittheilungen aus ten Jahresberichten der mit Beaufsichtigung der Fabriken betrauten Beamten find in dem socben ausgegebenen Jahrgang 1879 bereits zu zwei stattlichen Vänden angewachsen, Der erste derselben enthält die Berichte aus Preußen, der zweite diejenigen aus den übrigen Bundesstaaten. Wir werden aus den Berichten NUuszüze mittheilen.

Die von der bicfigen Firma Sternberg & Co. im August dieïes Iahres Überrommene 4pþpro¿. Karisruher Anleihe von 2 Millionen Mark wird am 15. und 16. Dezember bei der Cffckten- aße der Firma ¿zur Subskription aufgelegt. Die Zins- und Kapitalétzablung der Lrleihe exfolet außer in Karlsruhe au in Berlin und in Frarifurt a. M. Die Zinszahlung der größeren (1100 e) Abs{nitte ist eine vierteljährliche. Die Rückzahlung erfolgt innerhalh 42. Jahren. (Siehe Ins.)

Die Geschästterträgnisse ter Nürnberger Akticn- Bierbrauerei (vorm. Heinr. Henninger) für das Jahr 1879/80

ergeben sich aus folgenden Daten des Gewinn- und Verlust-Kontos. |

Die Aktiven stehen am 30. Septcmber cer. wie folgt zu Buche:

Immecbilien und Neubauten 3 553 262 4 (Abschreibung der Neu- |!

bauten und Abschreibung der Amortisation 41 199 4), Mobilien 932 716 4, Bestand an Wechseln, Kassa, Effekten 156 868 4, T ebitoren 420 642 4, Vorräthe an Malz, Gerste, Hopfen, Bier 2c. 498 040 M, während die Passiren si aus folgenden Pcsten zusam- menfstellen: Aktievkapital - Kon!o 3 900000 Æ, Hypotheken-Korto 1200000 Æ, ab Amortisation 1050870 M, diverse Kredi- toren 233 483 Me, Arbeiter - Unterstüßungs - Konto 3738 4, Re- servefonds 79377 M (Zunvabme dieses Jahres 15 416 4), Tan- tièmen-Konto 34 436 4, Dividenten-Konto 254 640 A6, Uebertrag auf daë Jahr 1880/81 4985 #4 Die Gewiorne resoltiren aus: Vor-

trag vom leßten Abschluß 14488 46, Bier-Konto 715315 46, Malz- | 1 1 | (geb. 28. Novemver 1857).

keim+ und LTreber-Konio 61 342 Æ, Interessen-Konto 8218 #4, wäh- rend die Lusgaben folgende Summ«cn erforderten : Abschreibunc€- Konto 97 072 Æ, Reparaturen-Konto 77 246 M, Hypothekenzinsen- Konto 57 660 Æ, Handlungéunkosten-Kcento 87292 M, Béeiriebs- unkostcn-Konto 171 655 4, Reserveford-Konto 15 416 4, Tantièmen- Konto 34 436 #, Dividenden-Konto 253 500 4, Vertrag für 1880/81 4985 Æ Die Bilanz saldirt si mit 5 561 531 4 Der Geschäfts- bericht fonstatirt einen guten Forigang des Unternehmen®, so daß den Aktionären wiederum eire Dividende von 64 °/% zufließen kann. Im vergangenen Jahre siöd 10056 h1 mehr als im Vorjahre zum Ver- fauf gelangt. Jn den Abschreibungen die jeßt den Betrag von 688 022 e erreichen, find die bisherigen Normen beibehalten und dem Reservefond (gegenwärtig 79 377 4), gleih wie im Vorjahre, 5 ‘a Überwiesen worden. Die Außenstände betrugen am 30. Sep- tember 420 642 6 und die Bestände an Vorräthen, Bier, Hopfen 2c.

498 010 A

NUrnberg, 9. Dezember. (Hopfenmarkthericht von Leopold Held.) Während der letzten Tage kat {ih das Hopfen- geschäft am hiesigen Platze in keiner Weise verändert; die Tendenz des Marktes ist sehr fest, und die Preise sind größtentheils die frühes- ren, bei Primawaare jedoch höher. Lie Zufuhren sind gering und finden nah Ankunft stets s{lanken Absaß. Umsatz gestern und heute ca, 800 Ballen. Notirungen lauten : Marktwaare, prima 110—120 M, mittel 75—95 #; Gebirgshopfen 120—140 4; Hallertauer prima 110—130 Æ, mittel 75—85 M; sekunda 65—75 M: Spalter 115— 170 Æ; Aischgründer 80—120 (6; Württemberger, prima 125— 145 M, mittel 85—95 M; Elsässer, prima 110—125 4, mittel 75 bis 90 M, gering 665—70 Æ; Badischer 75—125 4; Poinischer, 90—150 M

London, 10. Dezember. (Allg. Corr.) Die Brookfield Cotton-Mill in Stockport brannte am Donnerstag Morgen gänzlich nieder. Die Spinnerei enthielt 30; 000 Spindeln, vnd rer angerichtete Schaden beträgt 30 000 Pfd. Sterl., ist jedo durch Veisicherung gedeckt. Ueber 400 Personen sind durch das Brand- unglüd arkeitslos geworden.

Glasgow, 11, Dezcmber. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 489 8900 Tons gegen 401 800 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 121, gegen 100 im vorigen Jahre.

Verkehrs-Anstalten. Plymouth, 11, Dezember. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Thuringia“ ist hier angekommen. New-York, 11, Dezember. (W. T. B) Der Dampfer „France“ von der National - Dampfschiffs - Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

VBerlín, 13. Dezember 1880.

Bei der Hofjagd im Grunewald am 11. d. M. sind in einem eingestellten Jagen auf Dammwild 88 Schaufler und Spießer, 241 Stück Dammwild und 1 Fuchs gestreckt worden.

Davon erlegten :

Se. Majestät der Kaiser und König 21 Schaufler, 29 Stück Dammwild und 1 Fuchs,

Se. Majestät der König vonSachsen 15 Schaufler und 23 Stück Dammwild, ,

Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz 4 Schaufler und 7 Stück Dammwild, /

Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm 4 Schaufler und 9 Stück Dammwild,

Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl 5 Schaufler und 3 Stück Dammwild,

Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen 3 Schaufler und 12 Stück Dammwild,

Dänische | Deutsches Rei: Nachweisung der Einnah- | meu an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchsfteuern im Deutschen ;

| «am; KAP von | Militärbehörten

Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württem- berg 10 Stück Dammwild, Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Mecklen-

und Japan: Ber}schxiften zur Verhütung des Zusammenstoßens der | burg-Shwerin 2 Schaufler und 4 Stück Dammwild.

Morgen, Dienstag, den 14. Dezember, findet Königliche Parforcejagd statt. Rendez-vous: Mittags 1 Uhr zu cFagds{hloß Grunewald.

Von den im Verlage von Justus Perthes erscheinenden Gothaishen Genealogischen Jahrbüchern ist in diefen Tagen der Jahrgang 1881 ausgegeben worden. Wie in früheren Jakbren sind es wieder 4 Bände: der Hofkalenderz der „Almanach de

Taschenbuch und das Freiherrliche Taschenbuch. Diese Jahrbücher genießen von Alters her cines wohlerworbenen Rufes als durchaus zuverlässige Nachschlagebücher, welche neben

\{öpften statistischen Materials bi.ten und dadurch für weite Kreise von großem Nutzen sind. Der Hofkalender, welchec in seinem 118,

| Jahrgange erseint, biet:t in seinem diplomatiscten Theile im Vergleiche | mit mehreren anderen Auégaben der leßten zehn Jahre nur wenig

wichtige Veränderungen, doch sind in Großbritannien und Frankreich und auch im Deutschen Reiche Neubeseßungen in den höchsten Be- hörden zu verzeichnen gewesen. In Großbritannien zog der Wesel des Ministeriums au einen Wechsel in den höchsten in vielen Staatéämtern nach sich und ward kriegerishen Vorgänge in Centralasien und zahlreihen Veränderungen in den - höheren begleitet. In Frankrei hatie gleichfaüs cin peuernanntes Ministerium zahlrcihe Neubesetzungen der INinisterial- und anderen Stellen im Gífolge, sowie mehrfache Ver- änderungen im diplomatischen und Konsular-Corps. Auch in Ruß- land haben tiefgreifende Umwandlungen in der Organisation dir höchsten Behörden und in der Personalbesezung stattgefunden. Was den statistiscen Theil des Hofkalenders betrifft, 10 enthält der vor- liegende Jahrearg nur wenig von Ergebnissen neuer Volkëzählurgen, weil ia den meisten europäischen Staaten ert Eude 1880, in dem ganzen britischen Reiche in den ersten Monaten des Jahres 1881 neue Zôhlungen vorgenommen werden, der Census der VBercinigten Staaten voa UÜmerika vom 30, Joni 1880 aber in seinen Resultaten voch icht benußbar war, Somit konnten diesmal nur die Zählungen in Serbien vou 1878, in Bosnien von 1879, in Ost-Rumelien von 1879, in Dänemark vom Februar 1880 und in Liechtenstein vom März 1880 als neu aufgeführt werden, wo- gegen BVerecnungen der Bevölkerung für die leßten Jahre aus einer größeren Anzahl Länder benutzt sind, fo aus Oesterreich-Ungarn, Bel- gien, den Niederlanden und ihren Kolonien, der Schweiz, Schweden, Finnland, Großbritannien und seinen Kolonien, der Türkei, Mon- tenegro, Samos, Japan, füc welches auch zum ersten Male eine vollständige Liste der größeren Siädte gegeben worden iffft, ferner “aus Algerien Und den franzofisWen Ko:onten, zu denen auch Tahiti 1880 hinzugekommen ist, endlich aus Mexiko und Uruguay. Die ftatistishen Nachrichten - über die Streitkräste der verihiedenen Staaten sind größtentheils vis auf die neueste Zeit fortgeführt worten. In dem der Finanz- und Han- deléstatistik gcwidmeten Abschnitte liefert der Kalender für die Mehr- zahl ter Staaten neue Miithcilungen, sowie eine vergleichende tabel- larishe Uebersicht der Schuldverhältnisse der «uropäischen uod einiger anderer Länder. Die Avordnung des Inhalts i} die gleiche, wie in den früheren ÄZahrgängen. Aus dem Verzeichniß regie- render Fürsten nah d:m Lebensalter geht bervor, daß gegenwärtig weitaus der älteste derselben der Deutshe Kaiser i}, der dem Alter zunächst folgende regierende Fürst, Herzog Wilhelm von Braunschweig (geb. 25. April 1806) ist um fast 9 Jahre jünger. Der jüngste regierende Fürst ift der König Alfons XII. von Spanien Am längsten an der Regierung ist ron allen regierenden Fürsten der Kaisec Pedro 11. von Brasilien, der am 7. April 1831 zur Regierung gekommen. Ihm zunächst steht wieder als zweiter in der Reibe, der Herzog Wilhelm von Braun- shwcia, der vom 20, April 1831 regiert. Die Königin Victoria von Großbritannien steht in Bezug auf die Regierungsdauer an dritter Stelle. Zulezt zur Regierung gekommen, nämlih am 17. Juli1 880, ift der Fürst Carl von Schwarzburg-Sonderzhausen. Die äußere Ausftattung sowohl des Hoftalenders wie auch der genca- logishen Taschenbücher zeichnet sh n gleicher Weise, wie die frü- hexen Jahrgänge durch gutes Papier, sauberen Druck, wie durch ge- fälligen Einband aus. An bildlidem Schmuck bringt der Hof- talender dieémal die Porträis: der Prinzessin Auguste Victoria zu Schleswig-Holstein, ver Prinzessin Stéephanie, Toch er des Königs der Belgier, des Fürsten Carl Egon zu Fürstenberg und des Rt. Hon. W. E. Gladstone, Ersten Lord des Schatzes und Kanzler der Scratkammer des britischen Reiches. Die fcanzösische Ausgabe des Hofkalenders der „Almanacch de Gotha“ {ließt sih genau an die deutsche Auêgabe an.

Das Genealogishe Taschenbuch der Gräflichen Häuser, welches in seinem 54. Jahrçgange uvorliegt, ist in der Weise der früheren Jahrgänge fortgeführt, und der erforderlihen Revision resp. GErvneuerung unterzogen worden. Die eingetretenen Erweiterungen be- treffen zunächst die neu aufgenommenen Familienartikel : Altenkirchen, Bose, Dobkensty von Dobkenit, Kirhbach, Vécsey von Hajnácskeós und Zeleútki. Alsdann sind die ausgeschiedenen, in Rücksicht der Naum- öfonomie alljährlich wechsclnden, historish-genealogishen und heral- dischen Mittheilungen durch neue Materialien erseßt worden, welche zur Förderung der Geschihts- und Wappenkunde der Gräflicben Geschlechter dienen. Als Titelshmuck enthält das Gräfliche Taschen- buch das Bildniß des Königlich preußishen Kammerherrn Julius Grafer, von Ocynhausen.

Das Genealogishe Taschenbucz der Freiherrlichen Häuser erscheint in seinem 31. Jahrgange. Hier haben von den scither dar- gefiellten HKreiherrlihen Genealogien diejenigen eine Erneuerung ge- funden, welche niht in der letzten Ausgabe des Taschenbuches zur speziellen Aufführung gelangt sind. An diese rcihen sich an die Ar- tikel über 13 ganz neu aufgenommene Familien, sowie eine Anzahl der vorjährigen Artikel, bei denen zum Theil Zusäße und Abände- rungen erforderli waren, Somit ergänzen der 31. und 30. Jahr- gang sich gegenseitig. Als Titelbild it dem Freiherrlichen Tascben- bu das Porträt des K. K. Wirklichen Geheimen Rathes und Mi- nisters des Kaiserlichen Hauses und der Auswärtigen Angelegenheiten Heinrich Freiherrn von Haymerle beigegeben.

in Folge der

Die Arcäologishe Gesellschaft feierte am 8. d. ihr Winckelmannsfest unter Vorsitz des Professor Curtius. Der- selbe gedachte in der einleitenden Ansprache der im Laufe des Jahres verstorbencn Mitglieder, vamentlih des Proffessors Nivsh und des Ober-Hosbauraths Strack. Von dem leyteren war eine Auswahl seiner auf antike Denkmäler bezüglichen Zeichnungen ausgestellt, eine farbige Restauration des Löwenthors in Mêycene und des Pplatäishen Derkmals, fowie die Orciginal- entroûrfe zu einer neuen Ausgabe des griehisben Theaters. Ausgesiellt war auch eine anschauliche Reliefkarte von Athen, welche der Bildhauer Walcher gemaht hat. Die Vorträge eröffnete ein an die Gesellsihast gerihteter Brief des Hrn. Dr. Humann, worin dieser Über seine Entdeckungen auf dem Sipylosgebirge oberhalb Magnesia berichtet. Dr, A. Milchöfer erstattete Bericht über seine Untersuchungen auf dem Becden von Korinth und die Fundstätten der bemalten Täfelhen, von denen cinige Proben vorlag:n. Professor Rubert besprach ein apulisches Vasenbild; Professor Mommsen eine in Venedig vor Kurzem wieder- gefundene Inschrift, auf den römischen Census in Syrien bezüzlich. Hr. Rath Kaupert besprah seine cben vollendete Wandkarte von Olympia und Prof. Curtius sprach zum Schluß über den daselbst gefundenen bemalten Heroenaltar, von dem eine farbige Skizze des Architekten Gräf vorlag.

Verein für Gêshicbte der Mark Brandenburg. Sitzurg vom 8. Dezember. Hr. Oberlehrer E. Fiscer kam noch einmal auf dea jüngst _viel besprohenen MRunenstein von

*Heinertdorf bei Züllichau zurüd, indem er als das Ergebniß der ange- tellten Untersuchungen die Thatsache mittheilte, daß hier nicht alte Runen, sondern \{lecht gemeißelte hebräisce Buchstaben vorliegen, mit denen Jemand vor etwa 20 Jahren Scherzes halber den Namen des benachbarten Vorwerkes Runenthal auf einen großen, leicht ver- witternden Stein gesetzt hat.

Hr. Schulvorsteher Budczies las eine bisher ungetrucktie Urkunde vom Jahre 1434, in welcher der Magistrat von Fürflenberg dem Peter Vamme cin Leumundszeugniß behufs seiner Aufnakme in die Gewardschneidergilte zu Frankfurt a. d. O. ausjellt; der Empfohlene, dessen Familie hin und wieder in ter Mark mit rittermäßigem Be- siße auftritt, hatte cs in weniaen Jahren bereits zum Bürgermeister von Frankfurt gebraht. Hr. Butczies legte ferner das Stamm- buch tes Franz von Domédorf, eines Mitgliedes der aub in der Mark kegüterten Familie dieses Namens, vor. Dasselbe gehört dem Erde des 16. Jahrhunderts an und ist ebenso durch seine Wappen- bilder wie durch das Îtinerarium der von dem Eigenthümer gemacten Reisen und durch éine große Anzabl von Autographen bedeutender Männer merkwürdig, unter denen Fürsten, wie Johann Georg von Brandcnburg und der Kutfürst von Sacsen, märkische Edelleute aus den Geshlechtern der Arnim, Alvenéleben Schulenburg u. s. w., nametlich aber aub hervorragende Gelehrte vertreten find, wie Mercator, Johann Fistart, Theodor Beza, Nicodemus Frischlin u. A.

Tie Korrespondenz durch die beliebten Postkarten hat die Un- annehmlichfkeit, daß die darauf geschriebenen Mittheilungen auch von Unberufenen, namentli den Dienstboten, gelesen werden. Eine Sicherung hiergegen bietet ein neu crfundener kleiner Apparat, der unter dem Namen „Veheim-Stephan“ hier in den Handel ge- bracht ift.

Die Einrichtung desselben bestebt im Wesentlichen aus einer mit Einschnitten versehenen Metalischablone, welche, auf eine Pofikarte aclegt, 12 ofene Felder bietet, um darauf zu schreiben. Aéndert man die Lage der Schablone, was 4 mal verschieden geshehen fann, so entsteten immer wieder neue Felder zur Aufnahme der Schrift. Ist die Karte angefüllt, so zeigt fie dem Auge ein burtes Durcheinander ron Worten, das ohne Mühe nur der zu entziffern rermag, welcher sih im Besiß desselben S{hlüfsels befindet ; es müssen also immer 2 Personen, welche in dieser Weise mit einander korrespondiren wollen, den gleihen Schlüssel, welcher in hundert und mehr Nariationen angefertigt wird, besißen. Die Idee wie die saubere Ausführung der kleinen Mappe verdieut volle Anerkennung, und eignet sich die letztere besonders zum WeihnachtEgeshenk. Der Ver- trieb tes „Geheim-Stcphan“ erfolgt dur die Firma J. Pignol, Berlin, Lindenstraße 16.

LiterarisheNeutigkeiten und periodische Schriften.

Zte T

Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes. 1880. 9, Heft Inhalt: L. Angelegen- heiten des Vereins: Fehlen. 11, Abhantlungen: Sachlihe Wür- digung der in Deutschland eriheilten Patente. IX. Klasse 31. Gießerei und Formerei. Von Emil Blum, Direktor der Berlin- Anhaltischen Maschinenbau-Aktiengesellsbaft zu Berlin-Moabit. Massenbrennpunkte und involutorishe Massenpunktreihen des Centri- A Non Dr, K, L. Schadwill in Berlin. (Mit 3 Figuren- tafeln.}

Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen. Zugleih Organ für forstlihes Versuhs8wesen. Herausgegeben in Verbindung mit den Lehrern der Forstakademie zu Cberäwalde, sowie nah amtlichen Miit- :heilungen von Dr jur, B. Danckelmann, Kgl. preuß. Ober-Forstmeister und Direktor der Forstakademie zu Eberswalde. 12, Jahrg. 1880. 12. Heft. Dezember. Berlin. Verlag von Jul. Springer. Inhalt: Abhandlungen: Das Forsteinrihtungsverfahren in Würt- temberg. Vom Ober Forstrath von Dorrer in Stuttgart. Eine kaukasiste Taxation. Lon Wilb. Keßler. Miitthe:lungen: Die Ziele der Forstwirthschait. Entgegnung vom Forstmeister Wagener in Castell, Die achte Versammlung des Hessischen Forstvereins zu Fulda. Vom Oberf -Kand. L. Hebel. Bericht übec die IV. Ver- fammlung des estländisczen Forftvereins. Ueber die forstlichen Verhältnisse Griechenlands. Von A. Riedel. Kieferninsekten auf civer Brandfläche. Von Prof. Altum in Cberswalte. Statistik: Nachweisung der in dem Zeitraume vom 1. Auçust 1878 bis zum 13. Juli 1879 im preußischen Staate ausgegebenen Jagdscheine. Von D, Mundt. Literatur: Die forstlichen Verhältnisse Wünttembergs. Bericbterstaitec Dr: B, Darlkelmann. Uebersicht der forstlich be- achtenemwerthen Literatur. Notizen.

Social - Correspondenz (herausgegeben von Dr, Victor Böhmert und Arthur von Studniß in Dresden.) Allgemeine Aus- gabe. Nr. 48, Inhalt : Die Versammlung deutscher Armenpfleger in Berlin. Osligatorische Unfallversicherurg. Die Volkskraft und die Volkéernährung in der Schweiz. Deutshe und ameri- e Arbeit. Für die unglücklichsten aller Frauen. Arbeiis- markt.

Das Swiff, Wodwenschrift für die gesammten Interessen der Binnenschiffahrt (viertelj. 2 A) OVresden. Ne. 35. Inhalt: Aktenstücke. Das Eiserne Thor. Regulirung des Pregel nebst Deime und Ne. Ein Brief von Jufius von Liebig über die Selbstentzündung von Steinkohlenladungen. Ein stellung der Kettenschiffahrt auf der Saale. Wintergefabren auf der Elbe. Tiefcnmessung der bayerishen Donau. Ungarische Donau-Re- gulirung. Häfen. Wasserbau. Kanalprojekte. Schiffbau. Schiffahrtébetrieb. Strombereisung. Personenschiffahrt. Schifferschulen. Entscheidungen. Berurtheilungen. Notizen. Personalien. Unfälle. Geschäftsberichte. Vom Frachten- markt. Neue Schiffahrtslinies. Verkehrshemmungen. Sub- missionen. Zuschriften. Wasserstand. Course. Inserate.

Hannoversche Monatsschrift „Wider die Nahrungç8t- fälscher“, Organ des Untersuchungsamtes für Lebensmittel 2c. in Hannover. Verlag der Helwing!chen Verlagsbuchhandlung in Han- nover. Heft 12. 111. Jahrg. Dezember. Junhalt: Die Bierpression mittels tropfbar-flüssfiger Kohlensäure, von Dr. W. Raydt. Die Prüfung des Petroleums, von Dr. F. Skalweit. Der Schwefel- \äuregchalt der Weine, von Dr. Kayser. Errichtung von Lehrstühlen für Hygieine. Nutzen des Honigs. Bericht von Kiel. Be- richt von Bielefeld. Bericht von Osnabrück. Bericht von Han- nover. Vermischtes: Zunahme der Gesundheitêämter in den Ver- einigten Staaten. Erkennung von fkünstlih zugesügter Zuker- couleur im Biere. Verfügung über Bayrisches Bier. Straf;- burger Gypsbolchen. Verfälschung der Butter. Literatur: Die

raxis des Nahrungsmittel-C hemiters, pon Dr. F. Elsner. Der leis{beschauer. Joahresberi ht der chemischen Centralstelle für öffentliche Gesundheitépflege, von Dr. H. Fleck. Lehrbuch der hygieiniscen Untersuchun Emeihoden, von. Dr. C. Flügge.

Der Bär, Jlustrirte Berliner Wochenschrift. Eine Chronik fürs Haus. Herausgegeben von Ernst Friedel und Emil Domi--1l. Verlag von Gebrüder Paetel ia Berlin. VII. Jahrgang. Nr. 10. Inhalt: Lottchen Lindholz. Eine Berlinische Geschichte aus dem 17. Jahrhundert, von Ludovica Hesekiel (Fortsegung). An der Fischerbrücke (hierzu Abbildung). Ein Hofmann des 18. Iahr- hunderts, von Georg Horn (Schluß). Insel Scharfenberg, von Leo Alficri (mit Jllustration von G. Theuetkauf). Julius Wolff (hierzu Gedicht in Facsfimiledruck). Briefkasten.

Redacteur: Riedel. WDeriiui TSENE T E R E E E Verlag der Expedition, (Kessel), Druck! W. Els8nech, Bier Beilagen (cinschliclid Börsen-Beilage).

(1304

Nichtamkliches.

Preußen. Berlin, 13, Dezember. Jn der vor- gestrigen (25.) Sitzung seßte das Haus der Abgeor d- neten die zweite Berathung des Staatshaushalts- Etats pro 1881/82 mit der Diskussion des Etats des Mini- steriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- angelegenheiten, dauernde Ausgaben (Kap. 115—126), fort. Vor Eintritt in die Tagesordnung erklärte der Abg. Kieschke eine Pflicht dem Hause gegenüber erfüllen zu müssen, indem er heute auf einige Aeußerungen zurückkomme, die am Freitag während seiner Anwesenheit über seine Thätigkeit als Beamter der Deutschen Baugesellshaft gefallen seien, und auf die er sofort etwas zu erwidern, ncht in der Lage gewesen sei. Er erfülle diese Pflicht, weil er glaube, daß seine rein sachlihen Bemerkungen auch wohl dazu beitragen könnten, im Allgemeinen das Urtheil etwas zu klären. Er sei Ober-Bürgermeister in Königsberg gewesen und hier in Berlin anwesend gewesen, als ihm 1872 der Vorschlag gemacht sei, an die Spitze einer Gesellschaft zu treten, und zwar als Vorstandsmitglied. Die Verhand- lungen habe mit ihm der Kommerzien - Rath Delbrü, damals wie heute eines der geehrtesten und geach- tetsten Mitglieder der hiesigen Käufmannschast, geführt und er sei in den Vorstand der Deutschen Baugesellschaft einge- treten. Wenn man neulih das Wort „Beamter“ gebraucht habe, so sei das vollständig korrekt, denn in der That sei er als einer der Direktoren der Gesellschast eben nur Beamter der Ge- sellschaft gewesen. Diese Gesellschast habe ih nicht die Auf- gabe gestellt gehabt, gewöhnliche Grundstückspekulationen zu machen, ihr Hauptzwedl sei gewesen, gemeinnüßzige Anstalten ins Leben zu rufen und für Berlin Markthallen zu projek- tiren. Diese ihre Beschränkung auf derartige Unterneh- mungen und ihr völliger Verzicht auf jede Art von Geld- und Bankgeschästen habe die Gesellschaft nothwendig dahin geführt, da sie vorläufig mit einem Kapitale von 131/54 Mil- lionen gearbeitet habe, sich mit irgend einem Geldinstitute zu verbinden, welches in laufender Rehnung ihre Fonds einge- wommen und ausgegeben habe. Dies sei die Veranlassung ge- wesen, weshalb er dem Berliner Bankverein als Aufsichtsrath zugesellt sei, der die Geldgeschäste für die Deutsche Baugesell- schast übernommen habe. Er habe bis dahin iht einmal den Namen dieses Bankvereins gekannt. Aber zur Kenn- zeihnung des Jnstituts bemerke er, daß, als 1875 dessen Liquidation beschlossen sei, weil der YJnhaber für ein großes Bankhaus damals und für die nächst- folgenden Fahre kaum noch ein hineihendes Feld der Wirk- famkeit zu finden gemeint hätten, etwa 100 Prozent hätten herausgezahlt werden können, das Jnstitut sei also ein vollkommen folides gewesen. Die Deutsche Baugesellshaft habe damals projektirt, Berlin mit Markthallen zu versehen und zwar in großem Maßstabe, wie die Pariser,” und habe von vorn- herein die Absicht gehabt, 8 dergleichen einzurichten. Die Projekte, der Ankauf der Grundstücke, seien in volllomnutenem Einverständniß mit dem Polizei-Präsidium geschehen, an dessen Spiße damals Präsident von Wurmb gestanden habe, der sih für die Sache interessirt und sie für eine wohlthätige gehalten habe. Demnächst seien die Verhandlungen mit dem Magistrat und den Stadtverordneten gesührt. Es säßen hier im Hause selbst Personen genug, die mit dem Sach- verhältniß wvolllommen vertraut seien. Die Projekte seien aber niht ausgeführt, weil Herr von Wurmb 1972 ver a U Jan NaMolaer, der geacn- wärtige Polizeipräsident, anderer Ansicht gewesen sei, das Jn- stitut nicht für ein gemeinnüßiges gehalten habe und der Mei- nung gewesen sei, daß, wenn es überhaupt ausgeführt werden solle, es nur von der Kommune als solcher in die Hand ge- nominen werden solle. Es sei darüber sogar, um die Sache als vóllig regelrecht erscheinen zu lassen, ein Staatsministerial- beschluß gefaßt worden, und die Gesellschaft sei also genöthigt gewesen, dies Projekt aufzugeben. Es habe sich somit bei der Gesellshast, der. er damals im Vorstand an- gehört - habe, durchaus um nichts gehandelt, was in irgend. welcher Weise einen Flecken auf diejenigen, die sich damit beschäftigt hätten, hätte werfen können. Was den Kaiserhof anbetreffe, so könne er sagen, daß die Aktien erst im Jahre 1880 an die Börse gebraht worden seien, und daß er niemals dem Vorstand oder Aufsichtsrath angehört habe. Er habe allerdings im Fnteresse derjenigen Herren, welche die Sache zur Ausführung gebracht, verschiedene Verhandlungen, aber lediglih um der Sache selbst willen, ge- führt. Da nun aber au das Finanzielle der Unternehmungen in die Diskussion, die hier stattgefunden habe, gezogen sei, so wolle er erklären: ex habe während feiner Wirksamkeit bei der Deutschen Baugesellschaft außer seiner Kaution, die er habe hinterlegen müssen, niemals eine Aktie besessen und habe mit Ausnahme dessen, was ihm vertragsmäßig zugestanden habe, niemals etwas als Extrahonorirung erhalten. Vom Kaiserhof habe er - niemals eine Aktie besessen und niemals einen Pfennig aus der Kasse dieser Gesellschaft erhal- ten, unter wellem Namen dies auch immer genannt werden möge. Auf die Aeußerungen,. welche am Freitag in Bezug auf die Preußishe Jmmobilienbank gemacht worden feien, könne er nur erwidern, daß genannte Bank erst in diesem Jahre ins Leben getreten sei. Er glaube, daß er sich auf diese sahlihen Ausführungen beshränken könne. Wenn man fonst Seitenblile auf seine Thätigkeit geworfen habe, so könne er sih auf sehr viele in diesem Hause berufen, die sehr wohl wüßten, daß er in seinem ganzen Leben niemals mit Arbeitskräften gegeizt habe, Wenn man hätte nachsuchen wollen, wo er überall thätig betheiligt gewesen sei, wenn es sich darum gehandelt habe, etwas Nüßliches ins Werk zu seßen, so hätte man ganz andere Dinge héeraus- finden fönnen, von dem Augenblick an, wo er in Königs3- berg einen Hypothekenmarkt ins Leben gerufen habe, um dem Grundkredit aufzuhelfen, eine Sache, die allerdings nicht von Bestand gewesen sei, die aber Niemand einen Pfennig, sondern nur denen, die sih dafür interessirt hätten, Zeit, Mühe und Arbeit gekostet habe bis zu dem Zeitpunkt, wo ex vor 3 Fahren an

: Svrste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger uud Königlih Preußischen Staats-Auzeiger.

V erlin , Montag, den | 13. Dezember

die Spiße des Vereins für die Rübenzukerindustrie des Deutschen Reichs getreten sei. Solche Dinge möge man in Gottes Namen anführen, zur Unehre würden sie ihm ader nicht gereichen. Die- jenigen, welche eine solhe Debatte herbeigeführt hätten, hätten in der That wohl wenig Vorstellung davon, welchen Eindruck sie machten auf Jemand, der genöthigt sei, also belastet, in öffent- licher Versammlung aufzutreten, wo er wisse, daß alle Augen ¡ih auf ihn richteten, in den Kreis seiner Freunde, auf deren mitleidiges Wohlwollen er angewiesen sei, in den Kreis seiner Kinder zu treten, denen er wenig mehr als ‘den guten Namen zu hinterlassen habe. Unter diesen Umständen sei er genöthigt gewesen, hier zu sprehen, und werde er Jedem in diesem Hause, der von diesen seinen Erklärungen etwa noch nit befriedigt sein sollte, in jeder Beziehung zu Diensten stehen. Dem gestrigen Redner antworte erx aber niht mehr.

Der Abg. von Ludwig bat ums Wort, um dem Vor- redner zu antworten.

Der Präsident von Köller erwiderte, dazu könne er dem Abg. von Ludwig das Wort nicht geben. Er habe gestern ausdrüdlich gesagt, die angercgte Debatte gehöre niht zum Etat; er würde aber eine Ausnahme machen, weil von ver- schiedenen Seiten aus dem Hause der Wunsh zu erkennen gegeben sei, die Sache zu erledigen. Das Haus sei es \ih und dem Lande s{uldig, jeßt den Staatshaushaltsetat weiter zu berathen, und er verweigere, dem Abg. von Ludwig in dieser Angelegenheit das Wort zu geben.

Darauf seßte das Haus die zweite Berathung des Etats fort. Zu Kap. 115 des Ordinariums (Visthümer und die dazu gehörigen Jnstitute 1254261 4) bewerkte der Abg. Dr. Windthorst, er müsse zu seinem Bedauern nach den Aus- sührungen des Ministers annehmen, daß die Regierung von ihrer Befugniß, das Sperrgeseß zu beseitigen, keinen Gebrauch machen wolle. Der Minister sage, das Sperrgeseß sei nicht da, um eincn Druck auszuüben, sondern blos um die Würde des Staates {m Kampfe zu wahren, er wisse aber nicht, was der Minister unter „Würde des Staates“ verstehe. Der Staat sei dazu da, Allen gleihes Necht zu geben; das sei seine Würde, thue docrselbe dies nicht, so handele derselbe würdelos ; nun hätten aber die Katholiken auf die ihnen gegebenen Leistungen wohlerworbene Rechte, und erfülle man diese Leistungen nicht, so handele der Staat gegen scine Würde. «ene Acußerung des Ministers sei in der That nur eine Rede- figur; in Wirklichkeit handele es sich darum, die katholische Kirche gleihsam auszuhungern und gegen 8 Millionen Unter- thanen einen drastischen, physishen Zwang auszuüben. Man habe das Gese in einer Weise ausgeführt, die zum Himmel shreie. Der Abg. Schröder werde später mehr darüber sagen. Es sei traurig, daß in der jetzigen Zeit der Staat kein Be- denken trage, sih vollständig in Kriegszustand gegen einen großen Theil seiner Unterthanen zu verseßen, weil sie nichts Anderes - begehrten, als nah ihrer Ueberzeugung ihrem Golt zu dienen, daß ferner in diesem Kampfe Mittel gebraucht würden, die man niht einmal im Kriege anzuwenden pflege. Jn keinem Kriege habe man die Staatsschulden unbezahlt gelassen, so lange nicht der Bankerutt eingetreten gewesen sei; aber gegen die katholischen Unterthanen sei Alles erlaubt. Der §. 4 des Juligeseßes, so habe der Minister betont, könne nicht eher zur Anwendung kommen, als bis der Kulturkampf zu Ende oder nahezu zu Ende sei. Warum habe dann aber die Regierung diesen Paragraphen überhaupt beantrayt? Man hätte eine „Waffe“ gegen die Katholiken, wie der Minister in einem unbewachten Augenblicke selbst gesagt habe, d. h. zu Deutsch die Möglichkeit, wenn man sih wohl verhalte, das Brot, wenn man sih nicht wohl verhalte, die Peitshe. Das Centrum habe das durhshaut und deshalb dagegen ge- stimmt. Dieses Manöver mache man mit Geldern, die man nach allen Nechten auszuzablen verpflichtet sei, und die zu verweigern ein Unrecht und gegen die Würde des Staats sei.

Der Abg. BVödiker erklärte, die Auffassung des Ministers, daß das Einstiellungsgeseß im Jnteresse der Würde des Staates gegeben sei, sei in den Motiven zu dem Geseß und den da- maligen Verhandlungen auf Seiten der Regierung nicht zum Ausdruck gelangt. Damals sei vielmehr die praktishe Erwä- gung maßgebend gewesen, mit diesem Geseße auf die Geist- lichen einzuwirken und dieser Eindruck sei auch im Volke vorherrs{chend gewesen. Die vorliegende Nachweisung über die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln lasse eine Sub- stantiirung derjenigen Posten vermissen, welhe als aus Staatsmitteln herrührend oder anderweitig verwendbar nicht zum Sammelfonds gelangt seien, sondern erspart würden. Es hätten in früheren Etatsperioden wiederholt irrthümliche Einstellungen in dieser Hinsicht stattgefunden, die demnächst im Wege der Etatsüberschreitung redressirt seien. Das be- weise doch, daß die Grundsäße, nah denen die Einstellung er- folgt sci, nit klar seien. Um dem Landtage die Möglichkeit der Kontrole zu geben, halte er es sür nothwendig, daß die Regierung die Nachweisung mit den nöthigen thatsählichen Aufklärungen über jede einzelne Position versehe. Auch die Verwendung des „Fonds zur Verbesserung der äußeren Lage der Geistlihen ohne Unterschied der Konfession“ sei keine gleihmäßige, da die bei den ftatholishen Geistlichen ersparten Summen desselben wesentlich den protestantishen Geistlichen zu Gute kämen, was sich mit der Bestimmung des Fonds nicht vertrage. Schließlich bemängelte der Redner, daß die eingestellten Beträge aus dem hannöverschen Klosterkammer- fonds in dieser Nachweisung keinen Plaß gefunden hätten.

Der Regierungskommissar Geh. Ober-Regierungs-Rath Schal- lehn entgegnete, das Gese habe ausgesprochen, daß die unter Ver- waltung des Staates stehenden Güter in Hannover als Staats- eigenthum zu behandeln seien. Dazu gehöre auch der Kloster- fond. Die Nahweisung über die nicht zur Verwendung ge- kommenen Gelder sei jedesmal im Staatshaushalts:Etat vorge- legt, dieselbe werde dur die Oberrehnungskammer kontrolirt und könne auch vom hohen Hause jedesmal erörtert werden. Es fänden natürliGer Weise hin und wieder Veränderungen in der Verwendungsarl statt; das könnte ja im einzelnen Fall in der Rehnungskommission zur Sprache kommen; hier sei es ihm ganz unmöglich, auf alle Einzelnheiten erschöpfende Auskunst zu geben. Was die Höhe der- bisher gesperrten

18,

“m Pet E Edi U SEMIENE U LAARA A A P Aae CNLSEEA B P Q E T E C D E E 7 L A i A

Summen betreffe, so habe sie im vorigen Jahre etwas über 8 MiLionen Mark betragen ; über die Höhe, die sie jeßt er- reiht hätten, sei er genau Auskunft zu geben nicht im Stande. Es werde aber die Verwendung immer nach den allgemein gültigen und geseßlich festgestellten Prinzipien stattfinden.

Der Abg. Schröder (Lippstadt) trug dem Wunsch des Abg. Windthorst Rehnung und legte an Beispielen dar, daß man in der Praxis die Härte der Vorschriften noch übertrumpfe. Es werde zur Begründung des Sperrgeseßes angeführt, man könne doh dem Gegner nit die Mistel an die Hand geben, den Staat zu bekämpfen. Wenn so argumentirt werde, dann sehe er nicht ein, warum die Regierung dem Centrum Diäten gewähre. Mache man doch schleunigst ein Geseß, das den Centrum die Diäten entziehe! Etwas Anderes helfe doh nicht, das sage er dem Hause vorher! Der Minister habe gemeint, wer dem Geseße einen, wenn auch nur passiven Widerstand leiste, der müsse die Folgen auf sich nehmen. Sei denn aber das Sperrgesey eine solhe Folge? Es sei eine nachträglihe Exekutivmaßregel, eine Exekutivstrafe, die das Landrecht, auf das sich der Minister gestügt habe, nicht kenne. Alle hier im Hause kennten die exorbitante Mei- nung, die der vorige Minister über Exekutivstrafen- gehabt habe. Schon die Zustizkommission habe sich veranlaßt ge- sehen, solhen Ausschreitungen der Jnterpretation, . wie sie Dr. Falk beliebt habe, eine menshlihe Grenze zu seßen. Der Minister habe dann das Gese als eine Waffe bezeichnet, die wesentlih zur Beruhigung diene. Eine Waffe könne aller- dings zur Beruhigung dienen, aber nur, wenn man sie in der Hand habe, aber wie die Waffe in der Hand eines An- deren zu seiner (des Redners) Beruhigung dienen könne, sei ihm nit klar. Kämpfe man mit den Waffen des Geseßes und man werde sehen, daß die Beruhigung bald eintrete ! Einer der dunkelsten Punkte in dieser unglücklichen Geseßgebung sei und bleibe das Sperrgeseßz, dessen «zdeen aus dem blutigsten Theile der französiswen Revolu- tion stammten. Marat und Robespierre seien die- jenigen Leute, die solhe Geseße erfunden hätten. Die Be- stimmung, daß die Anstaltsgeistli*Gen von diesem Gejeß nicht betroffen werden sollten, sei sogar wörtlich aus dem Geseß der französischen Revolutionszeit abgeschrieben worden. Das hätte doch stußig machen müssen ; aber damals fei die Situation so gewesen, daß man vor nichts mehr zurückgeschreckt fei. Halte man eine Gewaltthat zum Heile des Staates für nöthig, dann möge man sie begehen, abex sie niht mit dem Mantel des Gesetzes bedecken. Seit man dieses Geseß geschaffen habe, das mit dem Recht vollkommen in Widerspruch stehe, wolle man von der Majestät des Gesetzes nichts mehr hören. Er müsse allerdings fonstatiren, daß in der Anwendung des Gesetzes unter dem jeßigen Minister in einzelnen Fällen eine Wand- lung zum Besseren eingetreten sei, doch seien die Fälle von rigoroser Handhabung des Sperrgeseßes noch sehr häufig z, wenn er (Redner) indeß Kultus-Minister gewesen wäre, als das Juligeseß erlassen worden, so hätte er noch in derselben Nacht an alle Ober-Präsidenten die Aufhebung der Sperre telegraphish verfügt.

Der Abg. Dr. Kolberg beschwerte sih über die unerträg-= lichen Zustände bei der katholischen Seelsorge im Heere und hoffte, daß der Kultus-Minister sih in Verbindung mit dem Kriegs-Minister seßen werde, um da Abhülfe zu schaffen. Jn ostpreußishen Garnisonen, wie in Jnsterburg und Fried- land, sei seit 5 Jahren für den katholischen Soldaten alt- fatholischer Gottesdienst abgehalten worden, in einer Garnison sei seit einem Fahre gar kein katholischer Gottesdienst gewesen, weil den altkatholishen Niemand besucht habe ; das katholische Militär sei allerdings nicht gezwungen worden, diesen altkatholischen Gottesdienst zu besuchen, aber es seien doch s{hlechte Zustände ; ein moralisher Dru werde ausgeübt, und es kämen den unwissenden Soldaten folgenschwere Jrrthümer vor. Das, was von den altkatholishen Geistlichen gelte, gelte auch von den Staatsgeistlihen; denn die seien niht autorisirt, Buße U. #. w. zu verhängen. Wenn er um Abhülfe bitte, so glaube er keine Fehlbitte beim Minister zu thun; denn er stehe ledig- lich auf dem Boden ter Thatsachen.

Der Staats-Minister von Puttkamer erklärte, wenn er sih auf den prinzipiellen Standpunkt stellen würde, so wäre er nicht in der Lage, die Ausführungen des Vorredners zu beantworten, da die Militärseelsorge vom Kriegs-Minister ressortire und Reichssache sei. Er glaube aber, dem Vorredner eine Auskunft geben zu können, in der auch der Kriegs- Minister ihm beistimmen würde; er sei zu dieser Antwort besonders dadur veranlaßt, da er als preußischer Kultus- Minister ja doch Korreferent für die Seelsorge des preußischen Theiles des Heeres sei. Die Sachlage sei folgende: Jm Zahre 1869 habe der katholische Feldprobst einen katholifhen Pfarrer Ostpreußens als Militärgeistlihen bestellt; dieser Geistliche habe fih aber 1872 der altkatholishen Bewegung angeschlossen und sei in Folge dessen sowohl von dem militärischen Seel- sorgeramt durch den Feldprobst, als von seiner Civil-Pfarrei durch den Bischof suspendirt worden. Die Militärbehörde habe diesen Maßregeln keine Folge geben zu müssen geglaubt. In den vom Vorredner bezeichneten Garnisonen seien auh eine Anzahl altkatholisher Soldaten und für die war ja die Seelsorge auch erforderlih. Nun habe auch der Vorredner anerkannt, daß ein direkter Zwang auf die Soldaten niemals ausgeübt worden sei. Allerdings habe in weiterer Konsequenz des gekennzeihneten Grundsaßes sich die Militärbehörde nicht für berechtigt gehalten, eine doppelte Seelsorge einzuführen, fondern habe angenommen, daß der von ihr angestellte Geist= liche auch der rite fungirende für die beiden Denominationen sei. Nun habe sich allerdings im Laufe der Zeit manche. Aenderung ergeben. * Die Zahl der altkatholishen Soldaten sei auf ein Minimum zusammengeshmolzen, in Jnfster= burg und Friedland ganz geshwunden. Diese Erwägung habe- allerdings der Fürsorge des Kriegs-Ministers, welche denke er, von allen Seiten anerkannt werde, Veranlassung gegeben, Aenderungen in Betracht zu nehmen. Herr Grunert sei ersucht worden, seine Bereisungen dieser Garnisonen einz zustellen; in Jnsterburg habe der rite angestellte Pfarrer Blaschy die cura animarum übernommen, während für Fried- land aus Königsberg ein römisch-katholisWher Geistlicher heranz