1881 / 5 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Jan 1881 18:00:01 GMT) scan diff

Tage der Prüfung für Lebrerinuen. Schul-

vorsteherinnen. . 24. Mai u. folg. Tage. L: 2.—5. März. 5,—6. September. 4,—7. April. 5,—8. September.

25. April.

10. Oktober. 26.—30. März. 14.—17. März. 11.—13. April. 33.—29. April.

; 11.—18. März 21.—29. September 1.—4. Märi

5 21.—23. April

. 23. März u. folg. Tage.

. 26, September u. folg. Tage. 1, Oktober.

ä H. 0, 0, Mal 7, Mai.

. 28, März bis 1. April. 28. Märi.

Ende August.

24,—28, Oktober. 24, Oktober. 9. u. 10. Mai. 3. Oftober. 8. April.

4.—6. Oktober. Mitte März.

16. September. 9. April.

4. April. 19, Februar.

12, September. 15.—18. März.

10. September. 3. Mat.

3.— 8, April. 15,— 18, Februar.

18, Oktober. 25, Oktober.

6.— 9. September. 3.—7. Mai. 4, Mai. 12, Mai.

Det

Graudenz. . Halberstadt . . Halle a. d. S. . Hannover .

Hilchenbach .

Kassel . Koblenz Köln

Königéberg i. Oftpr... Köelin. . Mea. Marienburg . Marienwerder

Montabaur . Münster .

3, Mêrz.

4. April. 5, September. 25. April. 10. Oktober. 31. März. 18. März.

19, März. 30, September. 1, März. 29, April.

Neuwied . Oppeln . Paderborn Posen .

Potsdam . Saarburg Shleêwig

Stettin

Stralsund t. Wiesbaden Xanten

18.—22. Oftober.

. 25,—28. Oktober. 29, April bis 3. Mat. 6.—11, Mai. 3.—8, März.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Einem Comité zu Osterwieck im Kreise Halberstadt ist

zu Händen seines Vorsitzenden, des Buchdruckereibesißers

. W. Zickseldt daselbst , die Erlaubniß zur Vornahme der

generellen Vorarbeiten für eine normalspurige

Gifenbahn Unbtergeoroneter Bedeutung Von

Osterwieck nah der Station Wasserleben der Halber- stadt-Vienenburger Eisenbahn ertheilt worden.

Evangelischer Ober-Kirchenrath.

Der Gerichts-Asessor Max Wilhelm Flies in Stettin ist zum Konsistorial-A}sessor ernannt und dem Königlichen Konkisorium der Provinz Pommern überwiesen worden.

Angekommen: Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegen- beiten, von Puttkamer, aus der Provinz Pommern.

32. Plenarsißung des Hauses der Abgeordneten am Sonnabend, den 8. Januar 1881, Vormittags 11 Uhr.

Tagesordnung:

Dritte Berathung des Entwurfs eines Ergänzungsgeseßes zu dem Geseßze vom 9. März 1872 über die den Medizinal- beamten zu gewährenden Vergütungen. Dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung der kfonimunalständishen Verbände in der Provinz Pommern. Dritte P e des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung des kommunalständishen Verbandes der Neumark. Dritte Berathung des Entwurfs eines Gesehes, betreffend die Veränderung der Grenzen des Stadtbezirks Berlin und des Kreises Teltow. Erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Befugnisse der Strombauverwaltung gegenüber den Uferbesißern an öffentlihen Flüssen. Erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufhebung der Ufer-, Ward- 1:nd Hegungsordnung für das Herzogthum Schlesien und die Grafschaft Glaß vom 12. September 1763. Erste Berathung des Entwurfs eines Nachtrags zum Staatshaus- halts:Etat für das Jahr vom 1. April 1881/82. Erste Be- rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Verwen- dung der Jahresüberschüsse der Verwaltung der Eisenbahn- angelegenheiten. Erste Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Vereinigung der Landgemeinde Ober- bonsfeld mit der Stadtgemeinde Langenberg, fowie der Land-

emeinden Oberstoppel und Unterstoppel und des fiskalischen Eorstbezirks Oberförsterei Burghaun, Kreises Hersfeld, mit dem Kreise Hünfeld.

“Jn der heutigen Handelsregister - Beilage wird Nr. 1 der Zeichenregister-Bckanntmachungen veröffentlicht.

Nichtamtliches.

Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 7. Januar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag die täglichen Vorträge entgegen und empfingen den Polizei-Präsidenten von Madai fowie den Chef des Civil-Kabinets, Wirklichen Geheimen Rath von Wilmowski.

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Mittags 12 Uhr den General der Jnfanterie und kommandirenden General des [l11. Armee- Corps von Groß- gen. von Schwarzhoff und demnächst den Major a. D. Freiherrn von Dobeneck-Rehdorf.

Die Berathung und Abvstimmung des Ge- richts erfolgt nah §. 195 des Deutschen Gerichtsverfassungs- eseßes nicht öffentlih. Jn Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, 11. Strafsenat, durh Erkenntniß vom 26, Oktober v. J., ausgesprochen, daß wenn revidirende höhere Gerichtsbeamte, erihtsvorstände oder sonstige niht betheiligte Richter vom Gericht im Einzelfalle zum Berathungszimmer zugelassen werden, diese Anwe}enheit unbe-

ies rihterliher Beamte an sih keinen Revisionsgrund giebt.

Die Bestimmung des §8. 17 des Reich3preßgeseßes, daß die Anklageschrift oder andere amtliche Schriftstücke eines Strafprozesses durch die Presse niht eher verösfent- liht werden dürfen, als bis diejelben in öffentliher Ver- handlung kundgegeben worden sind oder das Verfahren sein Ente erreicht hat, findet nah einem Erkenntniß des Rei ch s- gerichts, IlI. Strafsenat, vom 3. November v. J., auf Disziplinar- und ehrengerichtliche Strafsachen keine Anwendung.

S. M. S. „Vineta“, 19 Geshüße, Kommandant Kapitän zur See Zirzow, ift am 25. November 1880 in Yoko- hama eingetroffen.

Breslau, 5. Januar. (S(les. Ztg.) Nach vorangegan- genem feierlichen Gottesdienst erfolgte im Sißungssaale des Provinzial-Landtags heute um 12 Uhr Mittags dur den Ober- Präsidenten von Seydewiß, der dur eine Deputation aus der Mitte der Versammlung in den Saal eingeholt wor- den war, die Eröffnung des XXV111. Provinzial- Landtags mit folgender Ansprache :

„Meine hochgeehrten Herren Mitglieder des Provinzial-Landtages !

Nachdem des Kaisers und Köntgs Majestät Allergnädigst gerubet haben, mittelst Allerhöchster Ocdre vom 8. vorigen Monats die Einberufung des Provinzial- Landtags der Provinz Schlesien auf den heutigen Tag zu befehlen, gereiht es mir zur besonderen EGhre, als Königlicher Kommissarius Sie, meine hochgeehrten Herren, hier zu begrüßen.

Als der lebte Landtag am Schluß des Jahres 1879 hier ver- sammelt war, saßen Sie mit banger Sorge dem kommenden Winter entgegen, denn von {weren Heimsucbungen war ein großer Theil der Provinz betroffen, und so bereitwillig voù Ihnen, demnächst aber auch von den gesehgebenden Faktoren des Landes, Mittel bewilligt waren, um die drohende Bedrängniß abzuwenden, so konrite doch der Umfang der letzteren noch nit ermessen werden; es konnte nicht vorausgesehen werden, welche weiteren Kalamitäten zu den vorhan- denen hinzutreten würden, und die gehegte Besorgniß war darum eine wohl begründete.

Aber Gott der Herr hat uns über jene {were Zeit hinwegge- bolfen, und die Verwendungen, die aus Mitteln" des Staates, der Provinz und der Kreise ge:naht werden konnten, baben dazu gedient, die bedrängten Theile Schlesiens vor den Gefahren zu behüten, von denen sie bedroht waren. Eine wesentliche Hülfe hat dabei jedoch die Privatwohlthätigfeit geleitet. Nicht blos aus unsercm deutschen Vaterlande, fondern auch aus weiter Ferne sind Mittel aller Art geflossen, ja in edelstem Wetteifer find persönliche Mühwaltungen vit gescheut worden, um an allen hcimgesuhten Orten das Unter- stüßung" werk zu fördern und zu einem gedeihlihen Ziele zu führen, Sie, mcine hocbgeehrten Herren, werden davon gern und in dank- barster Anerkennung Kenntniß genommen haken.

Fm abgelaufenen Jahre sind leider die Hoffnungen auf eine ge- segnete Ernte, die beim Beginn des Frühjahrs alle Herzen erfüllten, vielfach vereitelt worden.

Schwere Wolkenbrüche sind keinahe in allen Theilen ‘der Pro- vinz niedergegangen ; sie haben verbeerende Ueberschwemmungen ver- arlaßt und die Fluthen sind nicht blos das Grab einer erheblichen Anzahl von Menschen geworden, sie haben auch Häuser, Straßen und Fluren geschädigt und vernichtet, so daß die helfende Hand des Staates und der Provinz von Neuem, und nicht vergeblih, in An- \pruch genommen worden ist ; von Neuem hat sich aber die freiwillige Liebeêsthôtigkeit au dieser Noth gegenüber bethätigt, und so dürfen wir der Hoffnung Raum geben, daß vor den weiteren Folgen der- selben die ketroffenen Lankbestheile bewahrt bleiben werden.

Um der Wi-derkehr von Nothständen, wie fie das Jahr 1879 gebracht hat, vorzubeugen, find Seitens der Staatzregierung Maß- regeln in Aussicht genommen worden, welche eine dauernde Besserung der wirthschastlihen Verhältnisse Oberschlefiens zum Zweck haben und zum Theil auch Ihrer Mitwirkung bedürfen werden; ich zweifle nicht, daß Sie dieselbe gern eintreten lassen und die Staatsregierung in ihrer Fürsorge für die r?othleidenden Theile der Provinz bercit- willig unterstüßen werden.

Anus dem Lanttage sind 6 Mitglieder durch den Tod und 5 Mit- glieder, welche ibr Miandat niedergelegt haben, ausgeschieden; für dieselben haben bis auf zwei Erledizungsfälle, die erst in neuester Zeit eingetreten sind, gemäß §. 22 der Provinzialordnung Ersatz- wahlen stattgefunden; die betreffenden Wahlverhandlungen werden äöIhnen zur Prüfung übermittelt werden.

Seitens der Staatsregierung wird Ihnen eine Vorlage, betreffend die Begutachtung der Frage „ob: in unserer Provivz ein Bedürfniß na anderweiter Regelung der Erbfolge in den Bauerhöfen hervor- getreten ist“, ferner eine Vorlage, betreffend einige von Jhnen zu bewirkende Ersatwahlen bei den Bezirkskommissionen für tie klassi- fizirte Einkommen- und Klassensteuer und eine Vorlage, betreffend die Wabl eines Ausschusses, behufs Mitwirkung bei Unterver- theilung der gemäß dem §. 16 des Kricgéleistungsgesetes vom 13. Juni 1873 etwa autzuscreibenden Landlieferungen uy die Kreise der Provinz, zugehen.

Sie werden demnächst auch darüber zu beschließen haben, ob Sie für den Fal, daß die dem Lanttage der Monarchie gemachte Vorlage, betreffend die Hebung der wirthschaftlichen Lage in den nothleidenden Theilen des Regierungsbezirks Oppeln, Gesetzeskraft erlangt, die Befriedigung des Kreditbedürfnisses der kleineren Grund- besitzer durch Vermittelung der Provinzial-Hülfskasse bewirken lassen und zu dem Behufe das Statut der genannten Kasse in entsprechender Weise ergänzen wollen.

Im Uebrigen werden den Provinzial-Landtag hauptsächtih die Borlagen des Provinzial-Aut schusses, welche im Interesse der pro- vinzicllen Selbstvernaltung gema&t werden, beschäftigen; Sie werden daraus mit Befriedigung entnehmen, daß Ihre Institute in einer ge- deiblicken, der Wohlfahrt der Provinz mit Erfolg dienenden Wirk- samkeit stehen.

Mir, meine bochgeehrten Herren, wird es eine angenehme Pflicht sein, die Arbeiten dcs Provinzial-Landtages, soweit es an mir ift, zu fördern, und mit Ihnen in voller Hingeburg für die fortschreitende Entwickelung unserer Pcovinz zu wirken.

Im Allerhöchsten Auftrage erkläre ib hiernah den 28, Provin- zial-Landtag der Provinz Schlesien für eröffnet.“

Demnächst nahm das älteste Mitglied der Versammlung, Bürgermeister a. D. Schaffer-Trebniß, das Wort, um dem Königlihen Landtags-Kommissarius, Ober-Präsidenten von Seydewiz, den Dank des Landtags und die Versicherung aus- zuspreá en, daß der Landtag die ihm bereits zugegangenen und noch zugehenden Vorlagen mit Pflichttreue und Gewissen- haftigkeit prüfen werde. Schließlich sprah Bürgermeister a. D. Schaffer dem Königlichen Landtags-Kommissarius gegenüber die Bitte aus, derselbe möge dem Landtage sein \chäyenswerthes Wohlwollen und Vertrauen erhalten. An die Mitglieder des Landtages gewendet, forderte Bürgermeister Schaffer dieselben auf, ihrer Pflicht der Dank- barkeit und Verehrung gegen Se. Majestät den König dur ein dreimaliges Hoh auf Se. Majestät Ausdruck zu geben, welcher Aufforderung die Provinzial-Landtage-Abgeordneten enthufiastisch nachkamen.

Der Bürgermeister a. D. Schaffer übernahm hierauf als ältestes Mitglied des Provinzial-Landtages den Vorsiß und be- rief die beiden jüngsten Mitglieder als Schriftführer an seine Seite. Graf von Tschirshky-Renard stellte den Antrag, die beiden Vorsißenden des XXVII. Provinzial-Landtages, Herzog von Ratibor und Ober-Bürgermeister Friedensburg, durch

Afklamation wieterzuwählen, welchem Antrage die Versammlung entsprach. Beide Herren erklärten, daß sie die Wahl dankbar annähmen.

Der Vorsißende, Herzog von Ratibor, berief nunmehr zu Schriftführern die Herren: Landrath von Saldern-Lauban, Konsistorial: Assessor Dr. jur. Ritter-Striegau, Landrath Held- Frankenstein, Landrath Dr. von Wittenburg-Neustadt, und zu Stellvertretern die Herren : Graf Tschirshky-Renard-Gr.-Strehliß und Kämmerer von Ysselstein-Breslau (Stadt).

Nach Bewilligung einer Reihe von Urlaubsgesuchen wur- den die Mitglieder den einzelnen Ausschüssen überwiesen. Demnächst wurde die Sizung behufs Konstituirung der Aus- schüsse vertagt.

Württemberg. Stuttgart, 3. Januar. Der „Staats-Anzeiger“ veröffentlicht folgende Danksagung:

_ _vAu? Anlaß der Krankheit und des Hinscheidens unseres vicl- geliebten Sohnes, des Prinzen Ulrich, sowie auch bei der Bei- hung desselben is mir und meiner Gemahlin aus sämmtlichen Theilen des Landes und von allen Klassen der Bevölkerung, nament- lid in den Städten Stuttgart und Ludwigëburg, die innigste Theil- nahme kundgegeben worden. Diese rührenden Zeichen des allgemeinen Mitgefühls find uns in unserem tiefen Schmerze besondess wohl- thuend gewesen und es drängt mich meinem und meiner Eemahlin herzlihsten Danke hiefür aud öffentlich Ausdruck zu geben. Wilhelm, Prinz von Württemberg".

Vaden. Karlsruhe, 5. Januar. Der Erbgroß- herzog ist, wie die „K. Z.“ meldet, heute Nachmittag nah Potsdam zurückgereist.

Desterreich -: Ungarn. Wien, 5. Januar. Wie der „Presse“ aus London gemeldet wird, wurde für die Kaiserin in England ein S{loß für einen Aufenthalt von aht Wochen gemiethet. Jhre Majestät wird, wie das genannte Blatt ver- nimmt, am 17. Februar nach England abreisen. Der Minister Tisza wurde, wie die „Bud. Corr.“ meldet, von Sr. Majestät in besonderer Audienz empfangen. Morgen finden hier Berathungen zwischen den ungarischen Mini- stern und dem Banus von Kroation bezüglih der Frage der Einverleibung der Militärgrenze statt.

6, Januar. (W. T. B.) Der ungarishe Finanz- Minister Szapary is heute hier angekommen.

Pest, 5. Januar. Der ungarische Reichstag nimmt, wie der „Pest. L.“ meldet, seine Thätigkeit am 10. Januar wieder auf. Jm Abgeordnetenhause wird der erste Gegenstand, welcher zur Verhandlung gelangt, der Konkursgeseßentwurf sein. Nah Erledigung desselben beginnt die Verhandlung über die Konsumsteuer-Vorlage.

Schweiz. Bern, 5. Faruar. (Bund.) Die Bun- desgesetße, betreffend 1) den Geschäftsbetrieb von Aus- wanderungsagenturen vom 24. Dezember 1880 und 2) die Kontrolirung und Garantie des Feingehaltes der Gold- und Silberwaaren vom 23. Dezember 1880, sowie der Bundes- beschluß vom 23. Dezember 1880, betreffend Abänderung von Art. 25, Abs. 2 des eidg. Forstgeseßes vom 24. März 1876, werden gemäß Art. 3 des Bundesgeseßes vom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung über Bundesgescße und Bundes- beschlüsse, unter Ansehung der Referendumsfrist bis zum 8. Aprl 1881, nächstens im „Bundesblatt“ zur Veröffent- lihung gelangen.

Großbritannien und Frland. London, 6. Januar. (W. T. B.) Die Thronrede, mit welcher das Par- lament beute eröffnet wurde, bezeihnet die Beziehungen zu den auswärtigen Mächten als freundschaftlihe. Ueber die Feststellung der griechisch - türkischen Grenze fänden fortgeseßt Mittheilungen zwishen den Mächten statt ; mehrere wichtige Theile des Berliner Vertrages, die so lange Zeit {hon unausgesührt seien, nähmen fortgeseßt die ernste Ausmerksamkeit der Regierung in Anspruch. Die Thronrede weist ferner auf das System des Terrorismus hin, welches in Jrland bestehe, die Wirksamkeit der Gesetze verhindere und private Rechte sowie die Ausübung der Bür- gerpflihten beeinträhtige. Die Regierung werde außerordent- lihe Machtvollkommenheiten verlangen, um die Ordnung wie- derherzustellen und das Leben und das Eigenthum sowie die persönliche Freiheit der Bürger zu beshüßen. Obgleich die Regierung diese Maßrcgeln als ihre erste Pflicht ansehe, hege dieselbe dennoch den unausgeseßten Wunsch, die Beschwerden der Jrländer vershwinden zu machen. Die Regierung werde fortfahren in der Verbesserung der Geseßgebung für Jrland und zu dem Ende die Weiterentwicktelung der Prin- zipien des Agrargeseßes vom Fahre 1870 vorschlagen. Ferner wird eine Vorlage angekündigt, welhe für die irishen Grafschaften eine lokale Autonomie nach ähnlichem Systeme, wie diese Autonomie für England besteht, herstellen soll, sowie ein Geseßentwurf wegen Aufhebung der Körperstrafen in der Armee und Marine und noh einige andere Vorlagen von lokalem FJnteresse. Zur \{hleunigen Wiederherstellung der englishen Autorität im Transvaallande seien Maßregeln ergriffen, der Aufstand in diesem Lande müsse nothwendigerweise eine Vertagung der Absicht der Regierung, den europäischen Kolonisten vollständige lokale Autonomie ohne Benachtheiligung der FJnteressen der Eingeborenen zu gewähren, zur Folge haben. ie Beseßung Kandahars durch englishe Truppen werde nicht aufrechterhal- ten werden.

Die Eröffnung des Parlaments fand Nachmittags 2 Uhr statt; die Thronrede wurde dur den Lord-Kanzler Lord Selborne verlesen. Vom Oberhause waren nur wenige Mitglieder anwesend, dagegen wohnten viele Deputirte der Eröffnung bei. Unter den anwesenden Deputirten befanden sich auch Parnell und Genossen. Die Sizung beider Häuser wurde bis 4 resp. 5 Uhr Nachmittags vertagt.

Im Oberhause wurde in der heutigen ersten Sizung der Antrag, eine Adresse an die Königin zu richten, von Lord Carrington eingebracht und von Yarborough unterstüßt. Lord Beaconsfield unterzog die Situation Englands auf allen Gebieten im großen Maßstabe einer scharfen Kritik und maß die Schuld an derselben dem Antritt des gegenwärtigen Kabinets bei , welches bestrebt sei, die gesammte Politik seiner Vorgänger auf allen Gebieten umzustoßen. Durch den Berliner Vertrag sei der Friede Europas ge- sichert gewesen ; durch die Wiederaufnahme einer Frage diejes Vertrages auf der Berliner Konferenz hätten aber die kriege- rishen Zustände im Orient und in Ostasien neue Anregung erhalten. Niemand könne den Frieden Europas als ge- sichert ansehen. Der Redner verurtheilte die von der Regie- rung in Afghanistan befolgte Politik, Das beschleunigte

Zurüdcziehen der Truppen aus diesem Lande sei verhängnifß- voll. Die auswärtige Politik des Kabinets beweise dessen Unfähigkeit und dessen Zrrthümer. Sodann wendete sih der Redner gegen die Politik der Regierung in Bezug auf Jr- land, wo diese auf die Ausübung ihrer Funktionen fo gut wie verzichtet habe. Der gegenwärtige Zustand der Dinge sei das Resultat von Pazteibestrebungen. Schließlich forderte Lord Beaconsfield das Haus auf, sich nicht zu übereilen bei dem Er- greifen von Maßregeln, welche für den Augenblick die Bewegung abshwächen könnten, und sprach die Hoffnung aus, daß die Regierung die Größe ihrer Aufgabe erkennen werde. Die Wiederherstellung der Ordnung müsse Allem vorgehen. Der Staatssekretär des Auswärtigen, Lord Granville, wies die Anklage, die Regierung habe gewünscht, daß Europa die Entscheidungen des Berliner Kongresses umstoße, zurück. Die englische Regierung sei vielmehr bestrebt, die Bestimmungen des Berliner Vertrages zur Ausführung gelangen zu lassen. Von Seiten der französishen Regierung sei der Vorschlag ge- macht worden, daß die Unterhandlungen, welche erfolglos ge- wesen, in einer Versammlung auferhalb der Türkei fort- geführt werden sollten. Alles, was die Regierung wünsche, sei, ciner Politik beizustimmen, welche der bereits an- genommenen Entscheidung Wirkung verschaffen werde. Lord Granville wies sodann die Annahme, daß der gegen- wärtigen Regierung die Verantwortlichkeit für die Zu- sände in Jrland zufalle, zurück. Wahr sei allerdings, daß man hätte zeitiger die Ergreifung von Coercitivmaßregeln verlangen fönnen. Man müsse aber erwägen, ob man Coer- citivmaßrcegeln verlangen könne ohne Reformen. Lord Gran- ville dankte Lord Beaconsfield für seine Zusage, die Maß- regeln zur Wiederherstellung der Ordnung in Frland unter- stüßen zu wollen, sprach aber sein Bedauern darüber aus, daß mehrere Mitglieder der konservativen Partei der Regie- rung den Vorwurf machten, sie wünsche, daß die Ausschrei- tungen zunehmen möchten, damit sie in den Stand gesetzt werde, ein Geseß zu verlangen, welches die Reform der Boden- geseße in größerem Maßstabe umfaßt. Er sei der Ansicht, daß man Jrland mit Festigkeit, Sorgfalt und Vorsicht behandeln müsse und daß, wenn das Parlament die Mittel zur Beseitigung der Uebelstände ablehne, die Aufgabe der Regierung eine s{hwierige sein würde. Wenn man aber die Regierung nicht allein bei den Coercitivmaßregeln, fon- dern auch bei den Maßregeln zur Verbesserung der Verhält- nisse der Grundbesißer, der Pächter und der ökonomischen Lage der Bauern überhaupt unterstüße, dann sei zu hoffen, daß der Friede, die Sicherheit des Grundbesißes und die Ord- nung in Jrland wieder hergestellt würden. Nachdem noh einige Redner das Wort ergriffen hatten, wurde der Adreß- entwurf ohne Abstimmung angenommen. Vor dem Schluß der Sizung theilte noch Lord Lytton mit, daß er die Auf- merksamkeit des Hauses in der nächsten Woche auf die afgha- nishe Frage und seine eigene Politik in dieser Frage lenken werde. : E

Im Unterhause kündigte der General-Sekretär für Jrland, Forster, an, daß er morgen eine Bill zum bes- seren Shußte der Personen und des Eigenthums in Jrland sowie ferner wegen des Besiges und der Füh- rung von Waffen und endlih wegen Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe beantragen werde. Von Parnell wurde die Opposition dagegen angemeldet, Der Premier Glad- stone malte die Mittheilung, daß er am Montag die Prio- rität der von For'‘er angekündigten Bills für jeden Tag und auf so lange beantragen werde, bis dieselben ihre Erledigung gefunden hätten. Zu der an die Königin zu richtenden A dresse wurde von Parnell ein Amendement angemeldet, welches sich gegen die Aufhebung det Konstitution in Frland ausspriht. M'Carthy kündigte ein Amendement zur Adresse an, wonach während der Berathung des Parlaments über die Bodenreform in FJrland gewaltsame Exmit- tirungen suspendirt werden jollen. Die Adresse ward von Rendel beantragt und von Slagg unterstüßt. Nort hcote krisirte die Thronrede und warf der Regie- rung vor, sie sehe die auswärtigen Fragen in einem zu günstigen Lichte an; der Passus über die Erledigung der montenegrinischen Frage befriedige, die Mittheilungen über die griechische Frage und die Lage der Dinge am Kap aber seien unge- nügend. Northcote griff die Politik der Regierung bezüglich Irlands, wo sich der Zustand verschlimmere, heftig an; es hätte ein früheres Eingreifen stattfinden müssen. Der Premier Gladstone erklärte: Die Grenze Montenegros sei noch nicht vollständig hergestellt, aber er glaube, daß feine ernste Schwierigkeit in dieser Beziehung mehr entstehen würde. Wenn die Regierung sih bezüglih der griehi]schen Frage nicht in Details eingelassen habe, so sei ties nur geschehen, weil es gegenwärtig niht England, sondern vielmehr Frank- rei sei, welhes mit der vollständigen und absoluten Zustim- mung Englands seine Einwirkung im gemeinsamen Jnteresse anbiete. Die Regierung wisse die großen Schwierigkeiten und die ernsten Gefahren wohl zu würdigen, welche aus cinem Mißerfolge in dieser Frage entstehen könnten. Er kenne aber keine Mittel, um den Gefahren zu begegnen und das Risiko eines Mißerfolges zu vermindern, die den Mitteln gleihkämen, welche bereits angewendet worden seien, näm- lih dem europäishen Konzert. Gladstone vertheidigte dann ausführlich die Politik der Regierung bezüglih Jrlands und erklärte, er habe gehofft, der Prozeß gegen Parnell und die übrigen Führer der Landliga würde die Gewaltthätigkeiten vermindern, diese hätten aber niht abgenommen, sondern zu- genommen. Die Regierung habe si daher mit Bedauern entschließen müssen, zu verlangen, ihr möglichst große Macht- befugnisse sobald als möglih zu übertragen, um niht der Uebereilung angeklagt zu werden. Die Agrarakte vom Jahre 1870 sei k.ineswegs erfolalos, aber man müsse sie weite1 ent- wickeln. Gladstone {loß, indem er der Hoffnung Ausdruck ab, daß das Unterhaus, wenn es an eine der wichtigsten Fragen dieses Jahrhunderts gehe, sih seiner {weren Verant- wortlihkeit bewußt sein und unpartetisch der Aufgabe hingeben werde, einer Aufgabe, welhe die Ehre und das Glü Aller angehe. Die Rede wurde sehr beifällig ausgenommen. Schließlih wurde die Debatte vertagt. :

7. Januar. (W. T. B.) Der Botschaster bei der Pforte, Goshen, wird anfangs Februar auf seinen Posten zurüdkehren. E Es E

(Allg. Corr.) Die Regierung hat beschlossen, einige weitere Regimenter nach Südafrika zur Verstärkung der gegen die Transvaalbauern im Felde stehenden britischen Truppen zu entsenden. Doch sollen für diese Verstärkungen nicht in Engiand garnisonirende Truppen, sondern zwei oder drei Regimenter, die im Begriff sind von Fndien nach England zurückzukehren, bestimmt sein.

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Aus Durban wird dem Reutershen Bureau unterm 4. ds. telegraphirt: Eine Dep-sche aus Newcastle vom heuti- gen Tage meldet, daß eine Abtheilung von Boers das Gebiet von Natal betreten habe, in der Absicht, den Vormarsch britischer Truppen von der Nataler Seite des Drackenberg aufzuhalten.“ Dublin, 7. Januar. (W. T. B.) Der Pap st hat an den hiesigen Erzbischof ein Schreiben gerichtet, in welhem die irishenKatholiken ermahnt werden, die Gesetze zu respcktiren. Jrland würde dasjenige, was es von der britischen Regierung fordere, in deren Gerechtigkeit und politishe Einsicht der Papst volles Vertrauen setze, weit leihter erlangen, wenn es ih streng innerhalb der geseßlihen Schranken halte.

_Frankreih. Paris, 5. Januar. (Cöln. Ztg.) Bei Wiedereröffnung der Session wird der Kriegs- Minister drei Geseßentwürfe auf den Tisch der Depu- tirtenkammer niederlegen: über die Beförderung in der Armee, über die Ausgleihung des Soldes in allen Waffengattungen und über die Einrichtung der Einjährigfreiwilligen und die Bedingungen, unter welhen Schullehrer und Diener der ver- schiedenen Kulte vom Militärdienst befreit werden können. Außerdem bereitet der Kriegs-Minister einen vierten Geseß- entwurf vor, welcher den Zweck hat, ein eigenes Artilleriecorps für die Festungen, wie dieses auch in Deutschland besteht, zu errihten. Bis jeßt werden Abtheilungen von der Fußartillerie detachirt, um für begrenzte Zeit den Dienst in den Forts zu versehen.

Der Erzbischof von Cambrai ist gestern Nacht ge- storben.

Griechenland. Athen, 6. Januar. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach hat der englishe Gesandte Corbett den Minister-Präsidenten Komunduros davon verstän- digt, daß die englifche Regierung dem Antrag bezüglich eines Schiedsgerichts beigetreten sei; die griehishe Regie- rung möge denselben acceptiren. Komunduros habe hicrauf eine zweistündige Konferenz mit dem Könige gehabt und dann den Ministerrath zusammenberufen, dessen Berathungen drei Stunden dauerten.

Türkei. Konstantinopel, 31. Dezember. (Pol. C.) Alle Maßregeln der Pforte deuten darauf hin, daß sie einen bewaffneten Zusammenstoß mit Griechenland für wahr- \cheinlih hält. Während \ih die drei größten Fregatten der türkishen Panzerflotte vom goldenen Horn in die Archipel- Gewässer begaben, ging der Divisions-General Assaf Pascha nah den Dardanellen zur Jnspizirung und Betreibung der dortigen Befestigungsarbeiten. Der Kriegs-Minister \hrieb einen Konkurs zur ungesäumten Beseßung von 100 Armeechirurgenstellen aus, und eine Ministerial-Kommi}hion hat sfich mit dem Baarankaufe von 6000 Kavallerie- pferden zu befassen. Die Hauptsorge der Pforte bildet natürlich die Beschaffung der für so enorme Nüstungen nöthigen Geldmittel. i:

Aus Skutari meldet man der „Pol. Corr.“, daß die Autorität der Pforte in Nordalbanien sehr gesährdet sei. Die Liga habe mehrfahe Beamtenernennungen vor- genommen und die Bevölkerung verweigert den von der Pforte ernannten Beamten die Anerkennung und den Gehor- sam. Jn die Distrikte Uskup, Ypek und Jakowa wurden Ausrufer von Ort zu Ort geschickt, um bekannt zu machen, daß alle waffenfähigen Bewohner ih auf den Widerstand »egen etwaige Truppenentsendungen der Pforte vorbereiten

| müssen,

Die „Agence Havas“ meldet unterm 6. d. M.: Der Minister des Auswärtigen, Barthélemy St. Hilaire, hat gestern Namens der Regierung eine Depesche an die gri e- chische Regierung abgehen lassen, worin derselben anem-

fohlen wird, den Schiedsgerichtsvorschlag, zu welchem Frankreich die Jnitiative ergriffen habe, anzunehmen. Die Vertreter der Mächte in Athen hätten einen Kollektivschritt in demselben Sinne gethan, die französische Regierung halte es aber mit Rücksicht auf ihre besondere Lage und ihre Sym- pathie für Griechenland, sowie weil sie die Fnitiative zur Ver- theidigung der griechishen Jnteressen ergriffen habe, für nüßlih, nohmals und allein für den Vorschlag einzutreten.“

Philippopel, 2. Dezember. Der W. „Presse“ wird von hier geshrieben: „Das Preßgeseÿ war in den leßten Tagen Gegenstand eingehender Debatten, die damit ihren Ab- {luß fanden, daß dasselbe mit geringen Modifikationen an- genommen wurde, demzufolge von nun an nur Rumelioten, welche im Vollgenusse politischer Rechte sind, zur Herausgabe politisher Druckschriften ermächtigt sind. Bezüglich der Ein- \hränkung der Preßfreiheit ist das Geseh dem französischen nah- gebildet. Auf der Tagesordnung stand außerdem das Projekt für die Klassifikation der bereits bestehenden und ferner neu anzu- legenden Straßen, welches nah vorhergegangener längerer Diskussion adoptirt wurde. -— Da nur noch zwei Sißungs- tage für diese Session erübrigen, so votirte man ohne viele Debatten die Einführung des metrishen Systems und schritt sodann zur Budgetberathung en bloc, und zwar 1 246 000 Piaster für den General-Gouverneur und die National-Repräsentanz, 5 546 000 für innere Angelegenheiten, 6 053 000 für Justiz, 33 763 700 für Finanzen, 6 654 440 für öffentlihe Bauten, 4163 500 für öffentlichen Unterricht, 23 988 882 für die Miliz und Gensd'armerie, 2 360 000 als Fonds sür unvorhergesehene Auslagen, 500 000 als Reservefonds, also im Ganzen 84 274 802 Piaster, d. h. etwa 81/, Millionen österreihishe Gulden. Das Erdbeben welches Mittwoch Abend um 8\/, Uhr die beschauliche _Ruhe unserer Stadt störte, äußerte sich durch mehrere heftige Stöße, denen ein dumpfes unterirdisches Rollen voranging. Um 9!/z und 11/2 Uhr Abends wiederholten sich die Erschütterungen, hatten aber niht mehr die Kraft, wie die ersten, welche im mahomedanischen Viertel hie und da Schaden anrichteten. Jn der Provinz wurde das Erdbeben außer in Stanimaka an feinem andern Orte verspürt.“

Rumänien. Bukarest, 6. Januar. (W. T. B.) Der russische Gesandte, Fürst Urus}off, und der griechische Gesandte, Razio, sind gestern hier eingetroffen.

Serbien. Belgrad, 5. Januar. (Wien. Z.) Der serbische Delegirte für die Verhandlungen mit Oester- reih-Ungarn Neschic wurde von seiner Regierung nach Belgrad berufen, um über den Stand der Verhandlungen mündlih zu berihten. Ungeachtet der noch vorhandenen Schwierigkeiten wird in serbischen Regierungskreisen, wie heute neuerlih versichert wird, das Zustandekommen des Handels- vertrages mit Sicherheit erwartet. ; : #2

(W k Vom 13. d. M. an erscheint ein mili- tärishes Amtsblatt (Sluzbeni vojni list), Der hiesige

belgishe Geschäftsträger Borchgrave wurde zum Minister- Residenten befördert. Es herrsht zwishen der hiesigen und der bulgarischen Regierung ein lebhafter Depeschen- verkehr wegen dcs Eisenbahn- Anschlusses bei Pirot.

Bulgarien. Sofia, 5. Januar. {W. „Pr.“) Das von der Kammer jüngst beschlossene Wahlgesetz hat die Sanktion des Fürsten nit erhalten. Dieses Geseß hat die ursprüngliche Verfassungsbestimmung, daß das Wahlrecht an die Kenntniß des Lesens und Schreibens gebunden, derart eingeshränkt, daß speziell die Kenntniß des Lesens und Schreibens in bulgarisher Sprache gefordert wird, wodurch fast sämmtlihe Mahomedaner des Wahlrechtes verlustig ge- worden wären.

Amerika. New-York, 6. Januar. (W. T. B.) Nathan Go ff aus West-Virginia ist zum Sekretär der Marine ernannt worden.

Afrika. Egypten. Oberst Gordon, der ehemalige General-Gouverneur des Sudan, hat an die „Times“ eine Zuschrift gerichtet, worin er Englands Sympathie für Ab yf- jinien in den mit Egypten eingeleiteten Friedensunterhand- lungen in Anspruch nimmt. Oberst Gordon hofîit, daß in diesen Unterhandlungen, in denen die britishe Regierung nothwendigerweise zu Rathe gezogen werden müsse, keine Par- teilihkeit für Egypten zum Vorshein kommen werde. Die Streitfrage betrifft das Territorium Bogos, das Abyssinien von Munzinger in 1869 oder 1870 abgenommen wurde. Bogos, das kein egyptishes Territorium is, ift ein kleiner Distrikt am Vuslaufe des abyssinischen Hothlandes. Seine jährlihen Einkünfte betragen 700 Pfd. Sterl., wenn sie eingezogen werden, was seit den leßten vier Jahren nicht geschehen. Den Egyptern kostet Bogos ¡ährlich 12 000 Pfd. Sterl., es sollte demnach im Jnteresse der Ge- rectigkeit, sowie Egyptens liegen, daß es Abyssinien zurück- gegeben werde oder sonst sollte die egyptishe Regie- rung dem König von Abyssinien einen Tribut entrichten, oder ihm das Gebiet abkaufen. Die nächste Frage set cine die den Handel interessire , nämlih die Frage der Abtretung cines Hafens an Abyssinien. Der Hafen von Annesley Bai, den der König wünscht und der mit dem kleinen umliegenden Gebiete hinreiht, um Abyssinien einen Ausfluß nah dem Meere zu geben, bringe Egypten jährlich nur 100 Pfd. Sterl. ein. Die Egypter hätten indeß eine große Abneigung gegen die Abtretung eines Hafens, weil fie in derselben, kraft einer Prophezeiung Mohameds, daß die Caaba von den Abyssiniern zerstört werden würde, ein Zeichen für die Annäherung des leßten Tages oder jüngsten Gerichtes erblicke. Die dritte Frage betrifft das Gesuch des Königs um Ueberlassung eines Erzbischofs oder Abunas. Die abyssinishe Kirche hat seit Fahrhunderten diesen Abuna von der Koptenkirhe in Alexandria bezogen. Da nur der Abuna Priester ordiniren kann, is der König in Folge der Schwierigkeiten zwischen seinem Lande und Egypten jahrelang ohne Ordination gewesen.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des ftatistishen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 26. Dezember bis inkl. 31, Dezember v. J. zur Anmeldung ge- kommen : 209 Gbeschließungen, 897 Lebendgeborene, 38 Todtgeborene und 415 Sterbefälle.

Dem Bericht über die Verwaltung der Gemeinde- angelegenbeiten der Stadt Mühlhausen i. Th. auf Grund der JFahresrehnungen der Stadthauptkasse pro 1876/77, 1877/78 und 1878/79, erstattet vom Ober-Bürgermeister Dr. Engelhart, entnehmen wir folgende Daten: E

Der im Jahre 1871 zu Gunsten der städtishen Beamten ge- gründeten Wittwen- und Waisenkasse war zunäcbst auf zehn Jahre eine Subvention aus der Stadthauptkasse von jährli 450 A bewilligt worden, welher Zushuß jedod wegen Unzuläng- lichkeit seit dem 2. Oktober 1878 auf 600 A4 jährlich er- böbt w-rden mußte. zu dieser Kasse haben die betheiligten Beamten einen Jahresbeitrag von 1¿ °%/o ihres Dienstein- kommens, sowie von Gehaltéverbesserung8geldern eine Mo- natsrate beizusteuern, auch jeder neu hinzutretende Beamte ein Ein- trittageld in Höhe seines dreifachen regelmäßigen Fahresbeitrages zu zahlen. Wie der Bericht nachweist, sind in dea 9 Jahren des Be- stehens der Kasse dur die Beamten selbst 7341 4 42 auf- gebrabt, während der Zuschuß der Stadt 4387 #4 50 S betrug und der Kapitalstcck, dessen Begründung in den ersten Jahren des Be- stehens mögli war, da nur erst wenige Toteéfâlle von Beamten eingetreten waren, einen Zinsertrag von 1404 71 erbrachte. Non ter Gesammteinnahme mit 13 325 4 63 S sind 4650 A a!s Kapital zu 5 belegt, so daß 8675 4 63 «S zu Unterstüzungen verblieben. Es sind an 6 Beamten - Wittwen gezahlt 9025 M Bei ter im Oktobir 1876 stattgehabten Wahl der Wablmänner für das Abgeordnetenhaus betheiligten sih an der Wahl: von der 1. Abthcilung 94 %/ der Wähler, von der 11. Abtheilung 54 °/6 der Wähler, ron der 111. Abtbeilung 104 °/ der Wähler, im Ganzen circa 18 %/%. Zu der im Januar 1877 stattgefundenen Wahl zum Rei hbtage betrug die Betheiligung an der Wahl 43 9/6, im August 1878 69 % der Wähler. Pei der n 2, Dezember 1875 flattgebabten Volks¡äblung Bevölkerung der Stadt 10372 männl. Personen, 10526 weiol. Personen, über- baupt 20898 Personen, wovon 10877 Personen die innere Stadt und 10021 Personen die Vorstädte bewohnten; davon ent- fielen auf die Civilbevölkerung 20334 Seelen, auf die Militär- bevêlferung 564 Seelen. Die Zunahme der Bevölkerung in den 4 Jahren vom 1. Dezember 1875 bis dabin 1879 betrug 1874 Seelen und im Durcscbnitt jährlih 4684 oder 2,24%/9. Die Zunahme dec Bevölkerung berubt lediglih in dem Ueberschuß der Geburten gegen die Sterbefälie, während der Stand der Bevölkerung dur Ab- und Zugang nur wenig alterirt wurde. Zur Zeit der Volkszäblung be- trug die Zahl der Häuser und sonftigen Aufenthaltsorte 2234, und ¡war 2194 bewohnte Häuser, 83 unbewohnte Häuser als Werk- stätten 2c, 8 soastige Aufezithalteorte (Wohnungen auf Kirhthürmen, Stadtthoren 2c.). 7

Die in der Zit vom 1. Oktober 1875 bis Ende 1879 in den Standetamtsregistern beurkundeten Gbeschließungen, Geburts- und Sterbefälle betrugen: 1)*Ebeschließungen: 1875 198, 1876 216, 1877 193, 1878 200, 1879 175. 2) Geboren wurden: 1875 831 (419 m., 412 w.), 1876 872 (442 m., 430 w.), 1877 915 (450 m., 465 w.), 1878 881 (465 m., 416 w.), 1879 929 (482 m., 447 w .); darunter unehelich: 1875 64, 1876 59, 1877 83, 1878 99, 1879 62, 3) Gestorben waren: 1875 495 (259 1mm., 236 w.), 1876 496 (284 m., 212 w.), 1877 720 (375 m., 345 w.), 1878 535 (275 m., 260 w ) 1879 514 (280 m., 234 w.); darunter Todtgeborene : 1875 40, 1876 38, 1877 36, 1878 37, 1879 37; unter den Gestorbenen waren Kinder bis zu 5 Jahren: 1875 212 (117 m., 95 w.), 1876 939 (147 m., 92 w.), 1877 364 0s m., 178 w.) 1878 222 (114 w., 108 w.), 1879 223 (119 m., 104 w ). ¿

Bs die Or1s-Steuerkasse sind im Jahre 1879/80 an Klassen- steuer 47433 erhoben, während die Einkommensteuer (durch die Kreiskasse erhoben) 39364 M betrug. Die Gesammtsumme beider Steuern ergab 86797 F, mehr als im Jahre 1878/7

betrug die