1924 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Oct 1924 18:00:01 GMT) scan diff

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Neich dur alle Stürme siegreih hindurhzuführen, das neden dem Neichsheer Preußen zu verdanken sei, das seine Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung in steter Fühlung nahme mit dem Neiche getroffen hätte. (Sehr richtig! links.) Wir haben uns in der Tat im vergangenen Jahre in engfter Fühlung mit dem Neiche gehalten. Wir find der Neichsregierung nit bei der Führung des Nuhbrkampfes in den Arm gefallen, wie das die Deutsch- nationalen so oft behaupten. Freilih haben wir keine Gelegenheit unbenüßt vorübergehen lassen, um die Reichsregierung darauf auf- merksam zu machen, daß ein so s{werer wirtischafiliher Kampf wie der Nuhrkampf niht mit der Notenpresse® allein geführt werden dürfe, wenn anders man nicht die Währung Deutschlands vollends zer- rütten wollte. Das haben wir im März betont, wir haben immer und immer wieder darauf aufmerksam gemacht, und wir haben die Neichsregierung darum gebeten, jede Gelegenheit zur Beendigung des Nuhrkampfes zu benußen. Als dann infolge der Juflation das Kabinett Cuno zurücktrat, da haben wir von der preußischen Regierung aus auf das neue Neichskabineit Stresemann dahin ein- acwirkt, den Ruhrkampf so schnell wie möglich zu beendigen. Wir waren der Auffassung, daß Deutschland nur gesunden könnte, wenn es gelänge, dem Währungsverfall ret \{mell Einhalt zu tun, und ein Mittel, um diese Reform durchzuführen, war die shnellste Beendigung des Kampfes im Westen. Meine Damen und Herren, wenn es nicht gelang, das Loch im Westen zu stopfen, wenn wir nicht bald der Verpflichtung überhoben wurden, ungezählte Zahlungsmittel in die westlichen Provinzen zu s{icken, wenn es nicht gelang, die Wirt- schaft, die Produktion im Westen recht schnell wieder zum Leben zu bringen, dann wären alle Versuche der Rentenbank, alle Versuche des Reichsfinanzministers und des NReich2hankpräsidenten auf Sanierung der Währung vergeblih aebliebèn. (Sehr richtig! im Zentrum.) - Deswegen waren wir in der preußischen Regierung an der Seite der Reichsregierung, als im September des vorigen Jahres der Ruhrkanwpf abgebrochen wurde. Wir waren aber auch an ihrer Seite, als sie sih dagegen erklärte, das Rheinland „versacken zu Lassen. Wir wußten, wenn diese Theorie Geltung bekommen würde im NReichskabinett oder überhaupt in Deutschland, daß das Nhein- land Preußen auf ewig und immer verloren gewesen wäre, (Sehr richtig! bei der Sozialdenwkratischen Partei.) Und deswegen haben wir uns auf das entschiedenste in den gemeinsamen Beratungen des Neichskabinetts mit der preußischen Negierung gogen alle derartigen deen ausgespro@en. (Bravo! bei der Deutschen Demokratischen Partei.)

Wenn wir so cine zwar gelinde, aber tatsächliche Besserung in Preußen im allgemeinen feststellen konnten, trisft diese Besserung auf das beseßte Gebiet im besonderen au, und diese Besserung im beseßten Gebiet darf auch die preußische Negierung mit auf ihr Konto s{reiben. Jch glaube, ih bin für diesen Saß auch einen Beweis s{uldig (sebr rihtig! bei der Deuischnationalen Volkspartei), und ih möchte ihn in folgender Weise erbringen. Wenn es jeßt im Westen besser geworden ist, wenn wir, wie ih hnen gleich ziffernmäßig belegen werde, darangehen, die preußische Verwaltung wieder zu errichten, ist das cin Erfolg der Politik der Verständigung, die im Londoner Pakt ihren sichibaren Ausdruck findet. (Sehr gut! und Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Der Loudoner Pakt aber, meine verehrten Damen und ‘Herren, wäre ganz unmögli gewesen, wenn niht vorher in Cng- n uno t FTanteIn fiay ee reen mat amg vollzogen htte, Findet, und diese beiden Siege wiederum wären unmöglich gewesen, wenn ich im preußishen Jnnenministerium die Politik betrieben hâäite, die im vergangenen Jahre von deutshvölkishen und deutsh- nationalen Ratgebern empfohlen wurde. (Schr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Wäre es zu dem Guerillakriege, zu dem Kleinkrieg gekommen, den cinige tollkühne Leute auf Jhrer Seite wollten, dann wäre die Atmosphäre in England und in Frankreich nicht geschaffen worden, die zum Siege von Mac Donald und Herriot geführt hat. (Sehr rihtig) Man soll über Selbstverständlichkeiten ficherlih nit froblocken, und ih bin der leßte, der die gelinden Besserungen, die im Rheinland jeßt eingetreten sind, übertriebe; aber ein Vergleih auch nur mit den Debatten, die wir erst vor einigen Monaten hier hatten, als die ersten Willensäußerungen Herriots be- Fannt wurden, ein Vergleih mit dieser Zeit und mit den Verhält- nissen von heute läßt doch eine gewisse Befriedigung aufkommen. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratishen Partei.)

Herr Kollege Loenarß hat mich gefragt, welde Erfolge die Koblenzer Verhandlungen mit bezug auf die Auf- richtung der preußishen Verwaltung gehabt hätten. JIch möchte das ziffernmäßig mitteilen. Es waren ausgewiesen im französischen altbeseßten Gebiet: 4 Regierungspräsidenten, 2 Re- gierungsvizepräsidenten, 4 Regierungsdirektoren, 4 Oberregierungs- näte, 27 Regierungsassessoren, 17 Landräte; im belgischen altbeseßten Gebiet: 1 Regierungspräsident, 1 Oberregierungsrat, 6 Regierungs- assessoren, 5 Landräte; im Einbruchsgebiet: 1 Regierungspräsident, 1 Regierungsvizepräsident, 4 Regierungsdirektoren, 1 Oberregierungs- rat, 1 Regierungsassessoc und 7 Landräte; insgesamt: 86 höhere Ver- waltungsbeamte. Zur Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit sind durch die Koblenzer Verhandlungen zugelassen: 73 höhere Verwaltungöbeamte. Jn einem andern Amte im beseßten Gebiet dürfen 6 höhere Megierungsbeamte verwandt werden, so daß von 86 Regierungs- beamten 7 ausgewiesen bleiben, die aber zum Teil hon in anderen preußishen Verwaltungsstellen untergebracht sind, deren wirtschaftliche Existenz und amtliche Stellung also nicht gefährdet ist. Jch glaube, diese Ziffern lassen eine Besserung erkennen, lassen aber au erkennen, daß wir heute schr viel besser die Ordnung im beseßten Gebiet aufrecht- erhalten können als im vergangenen Jahre.

Jch bin überzeugt, daß das Gespenst des Separatismus noch nicht vollends gebannt ist. (Sehr rihtig) Wenn wir im vorigen Jahre aber fürhten mußten, ‘daß es bei der zerrütteten preußischen Verwaltung Erfolg haben könnte, dürfen wir uns heute der Hoffnung hingeben, daß, wo die Verwaltung wieder intakt ist, die separatistishe Bewegung noch bedeutungsloser wird, als sie im vorigen Jahre war. (Lebhafte Zustimmung.)

Wos die kommunalen Beamten anlangt, so ist von 268 bei Be- ginn der Koblenzer Verhandlungen noch niht wieder zu ihrem Amt zugelassenen Beamten auf Grund der Verhandlungen bisher 241 die Dienstaufnahme gestattet worden. Ueber die restlihen 27 Beamten wird noch verhandelt; es besteht die Aussicht, daß der größte Teil von ihnen ebenfalls wieder zum Dienst zugelassen wird. Von 230 technischen, mittleren und unteren Beamten ist bisher 194 die Dienstaufnahme gestattet worden; über die restlichen 36 wird noch ver-

handelt. Jch darf auch hier hinzufügen, daß die beste. Ausficht besteht, daß auch der größte Teil dieser 36 Beamten zum Dienst wieder zu- gelassen wird, so daß wir uns der- Hoffnung hingeben können, daß binnen kurzer Zeit die gesamte preußische Verwaltung wieder funktioniert.

Ich hielte es für cine Ehrenpflicht der preußischen Negierung, auch diesen Anlaß zu benüßen, den zurückkehrenden Beamten den Dank der Staatsregierung auszusprechen für das, was sie der Negierung und dem Lande in den leßten {weren Monaten geleistet haben. (Lebhafter Beifall) J glaube aber auch, daß der Herr Abgeordnete Loenarß recht hat, wenn er daran erinnert, daß man niht nur dieser Beamten gedenken sollte, sondern auch der andern, die zurückgeblieben sind und nicht \ninder Schweres durhgemacht haben. (Schr richtig!)

Wenn man jeßt in das beseßte Gebiet geht und die Berichte auf sih wirken läßt, die von Beamten der preußischen Regierung, aber auch von Vertretern der Bürgerschaft über all das Fürchierliche des leßten Jahres gegeben werden, dann kann man erst ermessen, welcher Dank dieser Bevölkerung zukommt, welhen Dank wir Be- wohner des unbeseßten Gebietes gerade denen s{huldig find, die jahre- lang moralisch, wirtsaftlih und körperlih Leiden zu erdulden hatien, wie sie im leßten Jahrzehnt, wohl au in der Kriegszeit der Be- völkerung irgendeines Gebietsteiles Preußens nicht zugemütet worden sind. (Lebhafte Zustimmung.) Wir dürfen unsern Dank darum nicht beshränken auf Beamte, sondern wir haben gerade auch bei diesem Anlaß ehrend und dankend die Tapferkeit der Bevölkerung anzuerkennen (sehr gui!), die sich niht nur gegen Schikanen der Be- sakungébehörden tapfer gewehrt hat, sondern der es auch zu danken ist, daß in den verschiedenen Orten des beseßten Gebietes den Separatisten es nicht gelungen ist, dauernd die Herrschaft an sich zu reißen. (Sehr richtig!) “Die Polizei war ausgewiesen, Wo sie noch vorhanden war, wurde sie auf Geheiß der belgishen und französischen Besaßungébehörden entwaffnet. Wenn es troßdem gelang, an vielen Orten die bewaffneten Separatistenhorden hinauszuprügeln, dann ist das den Eichenknüppeln der Bevölkerung zu verdanken. (Sehr rihtig!)) Auch für diese Haltung spreche ih der Bevölkerung des Rheinlandes den herzlichsten Dank der Staatsregierung aus. (Leb- hafter Beifall.)

Es ist gang selbstverständlich ih brauche das wohl faum zu betonen —, daß wir in der Fürsorge für die Aus- gewiesenen, aber auch in der Fürsorge für die not- leidenden Gemeinden und Kreise nicht erlahmen werden. Wir sind in der Staatsregierung in der Tat der Meinung, daß wir unsern Dank nicht nur durh ein paar schöne Worte, sondern durch Taten zu erbringen haben. (Schr gut! Abg. Dahlem: In der Praxis sicht es anders aus!) Darüber werden wir wohl, Herr Kollege Dahlem, niemals einig werden.

Daß im Berichtsjahre auch sehr üble Erscheinungen hervor- getreten sind, soll keinen Augenblick bestritten werden. Dazu gehören, was mein Ressort anlangt, besonders Unregelmäßigkeiten im Geschäftsbetriebe der kommunalen Banken und Sparkassen in der Form von saßungêwvidrigen Ver- leihungen oder saßung@widriger Beteiligung an Spekulations- geschäften, Jh brauche kaum zu betonen, daß es nit erst der Zeitungserörterungen über den „Nordhäuser Fall“ oder den „Fvanz- burger Fall“ bedurft hätte, um die Staatsregierung zu veranlassen, eine s{ärfere Aufsicht über die Sparkassen anzuordnen oder selbst zu sind der Beweis für die Aufmerksamkeit, bie die Slaa Cregiecug, bie mein Nessort diesen Dingen schenkt, Jh muß mich aber ganz ent- schieden dagegen verwahren, wenn Unregelmäßigkeiten im Geschäfts- betrieb der kommunalen Banken zu einer parteipolitishen Hebe miß- braucht werden, wie fie in der Geschichte der Sparkassen bisher nicht vorgekommen ist. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei.) Ich las in den leßten Tagen in einer Zeitung folgendes:

Wie wir von maßgeblicher Stelle hören, ist die am 30, 9, in verschiedenen Blättern erschienene Nachricht über angebliche Millionenunterschlagungen bei der Reichsbankhauptstelle Dortmund weit übertrieben. Es handelt sich um Verfehlungen einer Reihe von Hilfsangestellten und eines jungen Beamten, welche während der Zeit der Ausweisung der Direktoren dur die Franzosen ein- zelnew Firmen unberehtigt Girogelder zur Verfügung gestellt haben. Die Summen sind von den Firmen zum größten Teile längst zu- rüdgezahlt, Lediglih ein Betrag von eiwa 270 000 M f\teht noch aus, der ebenfalls zum größten Teil wieder eingehen dürfle, Die betreffenden Angestellten sind aus dem Betrieb der Neichêbank- hauptstelle Dortmund bereits vor mehreren Monaten entfernt worden.

Jch bin der Meinung, das ist die richtige Art, wie man solche Dinge abmachen muß. Keine Üebertreibungen, damit nicht das Publikum die Auffassung bekommt, daß nun alles bei den öffentlihen Banken faul sei und man keiner öffentlichen Kasse Gelder anvertrauen dürfe. (Abg. von der Osten: Wenn man den Grundsaß nur früher befolgt hätte!) Können Sie mir nachweisen, Herr Abg. von der Osten, daß ih diesen Grundsaß früher nicht befolgt habe? Also ih bin der Meinung, man soll solhe Fälle nicht übertreiben und nicht verall- gemeinern, Wollen Sie wissen, in welcher Zeitung das gestanden t? In der „Kreuzzeitung“, in derselben Zeitung, die, als ähn- lie Dinge von der Kreiskasse in Nordhausen bekannt wurden, jede kleinste Meldung unter der Ueberschrift brachte: „Neues zum Spar- kfassenskandal in Nordhausen!“ Herr Abg. Jansen hat schon darauf hingewiesen, daß von der Ostpreußischen Landesbank Zeitungs- meldungen behaupten, daß nicht alles in Ordnung sei. Ih nehme auch an, daß manches stark übertrieben ist. Der Oberpräsident hat bereits Bericht erstattet, der aber noch keine vollständige Klarheit ergiebt, Es is angeordnet worden, daß ein banktehnisher Sachverständiger nah Königsberg reist, um die Dinge aufzuklären, und ih behalte mir die Entsendung einer Ministerial- kommission vor, um, wenn noch irgendetwas im Dunkeln bleibt, es von der Kommission aufklären zu lassen, Aber ih frage: Wie würde diesex Fall, der Ostpreußischen Landesbank, ausgeschlahtet worden sein, wenn an der Aufsichtsstelle für diese Bank nicht der deutsch- nationale Landeshauptmann von Brüneck, sondern ein Sozialdemokrat oder Demokrat gestanden hätte? (Sehr richtig! links, Zuruf des Abg. Baelker-Berlin.) Herr Abg. Baecker, ih wiederhole, ih wünsche mit Ihnen, daß es sih bei den Zeitungsnachrichten in diesem Falle um Uebertreibungen handelt. Jh wünsche das sowohl im Interesse der Kasse wie auch im Interesse der Beruhigung von Sparern in allen Gegenden Deutschlands. Aber gerade, weil ih das wünschen muß, möchte ih Sie dringend bitten, doch auch andere der- artige Fälle nicht zu parteipolitishen Zwecken auszuschlachten, niht in

Zeitungsnotizen aufzubaushen, um mißliebige sozialdemokrgi Landräte von ihrem Posten zu entfernen; denn die Heke, die g

den Landrat Bülow in Franzburg und Knodt in Nordhausen in Sz geseßt worden ist, sicht so aus, als ob Sie nicht Nemedur sc{a# wollten, sondern als ob es Ihnen in erster Linie darauf ankom;

den Sozialdemokraten aus dem Amt zu bringen. (Zuruf rets:

ist nur Jhre Unterstellung!) Eine Unterstellung, die nicht ms

(igenart ist, sondern eine Auffassung, die auch von Kreiseingesess Bülows in Franzburg geteilt wird.

Der Landrat Bülow in Franzburg hat die Einleitung ej

Disziplinarverfahrens gegen sih beantragt. Dem Antrage ist f

gegeben; die Voruntersuchung hwebt. Jch greife ia die Untersu

nit ein, ih enthalte mih jeder Aeußerung zu den Beschuldigu!

Aber ih fühle mich doch verpflichtet, Jhnen einen Brief zur Ke

nis zu bringen, der vor einigen Wochen an das Ministerium Innern gelangt ist und der folgenden Wortlaut hat:

Nittergut Krakow und Gut Neubauhof, Krs. Franzbu

den 15, 9, 1924.

Obwohl ih mich sonst vollkommen vom öffentlichen L

zurückgezogen habe und nur meine landwirtschafilichew Bel

leite, sehe ih mich doch veranlaßt, bei dem momentanen {tändi Geheße gegen den hiesigen Landrat ein objektives Urteil übe

hiesigen Verhältnisse dem Ministerium zu unterbreiten.

Jch „bin Westfale, Katholik, Zentrumsmann und ehema!

Nittmeister des ehemaligen Paderborner Husaren-Negts, 8.

ih vor vier Jahren in hiesige Gegend kam, wurde mir bede

mit dem Landrat könne und dürfe man nicht zusammenarbeilc

er Sozialdemokrat sei. (Hört! hört! in der Mitte und links.)

Ich habe mich aber nicht daran gekehrt, sondern habe direkt 1

dienstlichen Sachen dem Herrn Landrat vorgetragen, habe das ganz offen allen Leuten erklärt. Jch habe in den vier Jahren

angenchmste mit dem Herrn Landrat Bülow gearbeitet. Herr rat Bülow hat sich stets als ein äußerst fleißiger, gewissenh

Landrat gezeigt, der mit großem Interesse und unermüdl Gifer sein Amt versehen hat. Uneigennüßig und unter persön

Lebensgefahr hat er sih bei den großen Streiks der Landarhi

eingeseßt für Zucht und Ordnung. (Zuruf bei den Kommunisten: Das ist die Hauptsache!) Seiner großen Energie verdankt der Kreis jeßt ruhige Arb

verhältnisse. Da ih den Mut hatte, offen im Landbund und den Deutschnationalen die Verdienste des Landrats hervorzuhi

und da i, wie oben erwähnt, dienstlih mich direkt an den |

Landrat und nicht an die Sekretäre wandte, so wurde ih von

Landbundleuien und den Deutschnationalen stark angegriffen angefeindet.

(Hört! hört! in der Mitte und links.) Wäre der Herr Landrat Bülow inzwischen deuischnationa

worden, so würde er jebt hier im Kreise als der tüchtigste Lau

gefeiert.

(Lachen rets.) Denn alles, was nicht deutschnational ist, wird hier einfach ver und angefeindet.

Ich biite daher das Ministerium, bei den Verhandlunge!

Entschließungen die hiesige Lage richtig zu beurteilen. (Folgt Unterschrift.)

(Zuruf: Sagen Sie doch, wer er ist!) Baron v. Quernhe! MUHDIDITT UND fim Cu a Z. c urus cetts: Vas ift der ei

objektive Mann!) Nein, es gibt noch einen anderen, Herr Kl Baeer, das ist der Freiherr von Malßahn. (Hört! hört! in Mitte und links.) Der Freiherr von Malhßahn (Zuruf rechts)

das Staatsratsmitglied der Deutschnationalen! (Zuruf rechts lebt aber nicht im Kreise!) Er lebt niht im Kreise? neuter Zuruf rechts: Jm Kreise Demmin!) Nun, das ist

nächste Nachbarschaft! (Heiterkeit und Zustimmung. Zuruf rel Auch die politishe Grenze spielt ja keine Rolle. Dieser Fr von Malhtahn hat mir kürzlich gesagt, ih möchte, um allen Str keiten die Spiße abzubrechen, bitten, den Landrat Bülow dod einen anderen Kreis zu verseßen; er trete für den Landrat B

einz; in diesem Sinne. (Hört! hört! in der Mitte und links.

rechts: Das leßtere ist wohl nicht ganz objektiv, Herr Minister!

Das ist objektiv. (Zuruf rechts: Herr von Malhzahn hat P freunden von mir etwas anderes gesagt!) Die Unterredung ha so abgespielt, wie ih eben gesagt habe.

Meine Damen und Herren! Jch bin der Hoffnung, daß Abschluß der Anleiheverhandlungen in London es möglich sein auch die Kreditverhältnisse der Sparkassen zu und ih bin weiter der Meinung, daß dann vielleiht auch die lihkeit gegeben ist, mit größerem Erfolge als bisher auf eine

sunde Zinspolitik der Sparkassen hinzuwirken, di!

crläßlih ist, wenn man überhaupt einem Abbau der Preise das redet. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Jch wende mich nun einem anderen wirtschaftlichen Z f Da darf ih a Wort anknüpfen, das Herr Kollege Dr. von Campe mit Bezu

meines Ressorts zu, der Preispolitik.

meine Personalpolitik in seiner Rede am Freitag angewendet Gr meinte da, er beneide mih niht um die Nolle, die ih ü Koalition auf dem Gebiete der Personalpolitik spielen müsse. glaube, Herr Kollege Dr. von Campe wird aber auch keinen finden, mih als Koalitionsminister auf diesem Gebiete zu ben (Sehr richtig! und Heiterkeit.) Jh möchte auf folgendes hin! Herr Kollege Loenarhß verlangie von mir einen Abbau der Ÿ und eine Hevabminderung der Preisspanne, In dieselbe Kerbe Herr Kollege Dr. von Campe. Dann sprah am Sonnaben Herr Kollege Jansen von der Deutshen Demokratischen Part verlangte Abbau der Preisverordnungen, der F prüfungsstellen und aller der notwirtshaftlitben Maßnahmen, di! zur Verfügung stehen, wenn ih Preiswucher bekämpfen soll. L ih boshaft sein, dann würde ih die drei Herren einmal bitte sammenzutreten und mir die Plattform zu verraten, auf der et lich ist, diese beiden Forderungen zu vereinigen, (Heiterkeit.) glaube aber, ich würde von den Herren einen Korb bekomme! würden mir erklären, i ch sei ja Minister, und i ch müß! Quadratur dieses Zirkels finden. (Heiterkeit.)

Die Reichsregierung hat vor einigen Wochen ein löbliches gramm verkündet, um einen Abbau der Preise herbeizus (Abg, Dahlem: Wo ist der Erfolg?) Das ist ein Ziel, des Sch" der Edlen wert, (Erneuter Zuruf des Abg. Dahlem.) Abg. Dahlem, da befinden wir uns d o ch einmal in Uebereinstim! Statt des erwarteten Abbaues der Preise haben wir im Wirkl!

n Anzichen der Preise auf allen Gebieten, (Sehr richtig! links.) Bir haben weiter noch sehr betrübende andere Erscheinungen auf „m Wirtschaftsmarkt, Wir haben noch Arbeitskosigkeit, wir haben x Feierschihten, stellenweise sogar Lohnkürzungen. (Zuruf bei n Kommunisten: Troß London!) “Käme dazu noch eine Ver- uerung der Lebensmittelpreise durch unberechtigte Preisforderungen, ann, meine Damen und Herren, wüßte ich nit, wie Ruhe und ordnung besonders in den breiten Massen der Verbraucher noch auf- chterhalten werden könnten. Ich muß dem Kollegen Schwenck idersprehen, wenn er meinte, daß der preußishe Polizeiminister nur it blauen Bohnen, nur mit dem Polizeisäbel wirtschaftlihe Nöte beheben trahte. Wenn er objektiv sein wollte, müßte er an- vennen, daß von meinem Ministerium alles getan wird, was vor- ugend wirken könnte, daß alles, was in der Polizeiabteilung getan rden kann, um auf die Preise einzuwirken, um Lohnbewegungen der rbeiter (Frau Abg. Wolfstein: Mit Gummiknüppeln niederzu- [lagen!) im Interesse einer besseren Lebenshaltung der Arbeiter zu nden, geschieht. Jch kann im Augenblick auf die Preisprüfungs- llen, auf die anderen Preisnotverordnungen nicht verzichten, wenn h den Kampf gegen den Preiswucher führen sol, Daß die Be- mmungen keine shikanöse Anwendung finden dürfen, versteht \ich 1 Rande. Ich habe kürzlich einmal selber die Markthalle in Berlin suht, um mich über die Berechtigung und Richtigkeit von Klagen informieren, die aus den Kreisen von Kleingärtnern der Provinz randenburg an mein Ministerium gelangt waren. Jch habe die erdershen Obst- und Gemüsezüchter gefragt, ob sie bei der Fest- bung der Preise in der Markthalle shikaniert würden, ob sie irgend- {he Differenzen mit der Marktpolizei gehabt hätten. Mit einer zigen Ausnahme haben mir ungefähr einm Dußend der gefragten esucher erklärt, daß sie mit der Marktpolizei zut auskämen, ein (weis, daß die Klagen mindestens stark übertrieben worden sind. thikanós sollen die Bestimmungen niht angewendet werden.

Herr Kollege Loenarß hat mich dann gebeten, den Jnhalk der rfügung vom 24, Juli über die Errichtung der mittleren reisprüfungsstellen bekannlzugeben, Jh fürchte, ih irde Sie langweilen, wenn ih den ganzen Wortlaut dieser Ver- gung vorlesen wollie, Was aber die Zweckbestimmung der rüfungsstellen anlangt, so gestatten Sie mir, einige Säße qus der Fersügung zu verlesen:

Die Hauptaufgabe i} die allgemeine Beobachtung des Wirt- schastslcbens, soweit es durch die Preiseniwicklung der Güter und Leistungen beeinflußt wird, Die Ausübung der Preisaufsicht wird dur die genaue Kenntnis der Marktverhältnisse sowie durch Ein- blik in die Betriebswirischaft der wichtigeren Handels- und Ge- werbezweige und die sonstige wirtschastlihe Lage der Provinz ge- fördert. Mit Eingzelerscheinungen von nur örtlicher Bedeutung wird sih die mittlere Preisprüfungsstelle niht zu befassen haben; dies ist Sache der örtlihen Preisprüfungsstellen.

Die mittlere Preisprüfungsstelle wird mit Vertretern bon l Landwirtschaft, Industrie und Handel, der Banken und der Ver- brauhherorganisationen ständig enge Fühlung zu halten haben, Ins- besondere wird sie mit den wirtschaftlihen Verbänden jeder Art und mit den Großbetrieben über die Angemessenheit von Preisen für Waren und Leistungen verhandeln und damit auf die Preis- gestaltung einen maßgeblihen Einfluß gewinnen müssen, um die Stetigkeit des Wirtschaftslebens zu sihern, Sie wird die Nac- prüfung von Verbandspreisen und von Unkostenkalkulationen des Handwerks, Tarifsäbßen - der Leistungösgewerbe usw., die also für g a tif gelten follen, zu ihren Aufgaben machen. us diefen ifunge ht hovan, haß nj y il Tisch die p R NZrend in v M Tagen Eee ndern in engster Fühlung mit allen Interessengruppen ihre Arbeit isführen - folleit.* -

¿ Herr Kollege Loenarß hat darauf hingewiesen, daß lebhafte Fogen über die Preisbildungder Kartelle und Truste orlikgen, daß er manhmal das Empfinden habe, als ob man die cinen Diebe hänge und die großen Diebe laufen lasse. Jch habe eser Autffassung auch schon cinmal an dieser Stelle Ausdruck gegeben, ih Tunuß zu meiner großen Betrübnis erklären: i bin nicht in egen die Preisbildung der Kartelle und Truste vorzugehen. Kartellverordnung vom 23. November v. J. ist das dem

irtschastsministetium, dem Reichsernährungsministerium und R atenlen übertragen. Diese Dinge entziehen fich meiner zuständigkeit.

Mas die Handelss\panne anlangt, über die sich Herr ollege von Campe besonders beklagt hat, so bin ich auch der Meinung, daß diese Spanne bei einzelnen Warenpreisen viel zu bo t, Aber selbst wenn die Polizei eifrig am Werke ist, um sie zu indern, so optimistisch, meine i, dürfen wir nit sein, uns inzubilden, daß sie jemals den Stand der Vorkriegêzeit wieder er- cihen werde. Die Umsahsteuern, die hohen Bankzinsen, die hohen Frahisäße, all das sind Dinge, die man bei dieser Frage nicht gnorieren darf. Solange wir niht zur Beseitigung der Umsaÿ- teuer Tommen, folange nicht eine gesunde Zinspolitik an unseren ffentlihen Banken eingeführt wird, solange die Eisenbahnen nit ine Ermäßigung der Frachtsäße einführen, besonders an Lebens- ritteln, solange wird man noch mit höheren Preisspannen zu rechnen

ben.

An weiteren wirischasilihen Maßnahmen, "die von meinem Ministerium zu bearbeiten und zu treffen sind, darf ih nur ganz urz hervorheben die Hilfsaktion zugunsten der Land- dirtschaft, die durh anhaltende Negenfülle oder andere üble reignisse in den leßten Monaten in eine sehr shwierige Noilage eraten ist, Wenn man die Finanzlage Preußens berüdcksihtigt und ann in Erwägung zieht, welhe Summen Preußen bereits zur Be- hebung dieser Notlage hergegeben hat, so wird man anerkennen müssen, hier wirkli schnelle Hilfe geleistet worden ist, und ih darf hin- ufügen, daß, wenn die Prüfung ergibt, daß noch zugegriffen werden nuß, auch der Herr Finanzminister bereit ist, die erforderlichen Mittel ir Verfügung zu stellen. (Bravo!)

IchG wende mih nun den politischen Fragen zu. Im Mittelpunkt der Erörterung stand die Verfassungsfeier, und err Kollege von Campe hat mir dabei gesagt, daß ih in der An- brdnung und DurGführung der Verfassungsfeier keine glüliche Hand hezeigt habe. Jch habe den Beweis für diese Auffassung des Herrn Kollegen von Campe vermißt. (Sehr richtig! bei den Sozial- demokraten, Zuruf rechts.) Das ist etwas, was au Sie begrüßen ollten, Herr Haseloff. Am Verfassungstage soll eine Aufstellung der Schußpolizei schr gefährlih sein?? Ich freue mil, daß die \o- denannte „Parade den guten Eindruck gemacht hat, von dem man am

sten Tage in ganz Berlin \prehen hörte. (Zurufe bei der Deutschen Volkspartei.) Es war doch keine Parade, sondern eine

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einfahe Aufstellung der Schubpolizei. 7000 Mann Schubpolizei waren am Verfassungstage im Lustgarten versammelt. Das war nichts als eine deutlihe Demonstration an die Radikalen von links und rets, es nicht auf einen gewaltsamen Angriff auf die Verfassung ankommen zu lassen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Solange ih solche friedlichen, unblutigen Gesten zeigen kann, werde ih es tun. Die Schuhpolizei ist nicht mit Karabinern erschienen, niemand hat einen Gummiknüppel mitgeführt. Jn der gewöhnlichen Bewaffnung ist die Schubpolizei aufmarschiert. Das hat genügt, um der größeren Oeffentlichkeit darzutun, daß der preußische Staat über die Machtmittel verfügt, die zur Aufrehterhaltung von Nuhe und Ordnung erforderlich sind.

Ich bin mit Herrn von Campe der Meinung, daß sich Be- geisterung niht kommandieren läßt und daß niemand zur Liebe ge- zwungen werden kann, aber ih bin ferner der ganz bescheidenen Auf- fassung, daß Beamte, die der Reichsverfassung Treue geschworen haben, es niht als Schande zu betraten brauchen, an einer Ver- fassungéfeier teilzunehmen, (Zurufe rets.) Ih bin weiter mit Herrn von Campe darin einig, das er diese Beamtenfeier nicht als eine wirksame Kundgebung für die republikanische Staatsform an- sehen will. Wenn es richtig ist, was ihm ein hoher Verwaltungs- beamter gesagt hat ih habe keinen Anlaß, an seinen Worten zu aweifeln —: „Was war um mich herum? Nux meine Beamten!“ s dann ist das ein Beweis dafür, daß es so wie bisher mit den Ver- fassungsfeiern niht weiter gehen kann. (Sehr richtig! bei den Sozial- demokraten) Entweder erklären Reichsregierung und Reichstag den 11. August als verfassungsmäßigen Feiertag, so daß alle daran teil- nehmen können (Zuruf rechts: Nubßt nichts), oder man hebt die „Beamten"-Feiern auf und überläßt dem Volke, sich selbt einen Feier- tag zu machen. Da sind wir also einig, Herr von Campe, Sie sind also dafür, daß dur Neichsgesez der 11, August zum National- feiertag erklärt werden möge? (Widerspruh bei der Deutschen Volkspartei.) Meine Herren von der Deutschen Volkspartei, ge- statten Sie mir eine Bemerkung an Jhre Adresse. Sie rufen: 18. Januar. Jch bin der lebte, der dem 18. Januar seine Bedeutung aberlennen möchte. Ih habe der geschichtlihen Bedeutung des 18, Januar im vergangenen Jahre am 18, Januar echrend gedacht, als ih die Verpflichtung hatte, einen Geseßentwurf ih glaube die Stadt- und Landgemeindeordnung dem Landtag vorzulegen, Wer das Gute und das geshichtlißh Große der Vergangenheit nit ehrt, der ist auch einer besseren Zukunft niht wert, (Sehr richtig!) Wir haben uns der Größe des 18, Januar micht zu s{hämen; aber Feier- tag der Nepubli? das geht nicht, Nationalfeiertag der Republik das ist ganz ausgeschlossen, Erinnern Sie sich, meine Herren, des 11, August 1919, Es ift niemandem eingefallen, im Jahre 1919 den 18. Januar als Nationalfeiertag vorzuschlagen, wir vergessen zu nell; wir haben vergessen, in welhen Zukungen das Deutsche Neich 1919 lag. Wir haben vergessen, daß es damals alle, die am Wiederaufbau Deutschlands beschäftigt waren, lebhaft begrüßten, daß es endlich gelang, mit der Verfassung von Weimar so eiwas wie ein Fanal aufzurihten (sehr wahr! links), das alle an Me Zukunft Deutschlands wieder glauben ließ. Und ift es nun eine Schande, den Tag, der dieses Dokumeni von Weimar besiegelte, als National- feiertag zu begehen? (Zurufe rechts: Das sagte niemand!)

Herr Abgeordneter von Campe hat die Tonart meines Erlasses bemängelt, und ih gebe ihm ganz recht: Tommandieren liegt mir nit. Mein Sysiem, meine Methode ist, die anderen, Herr Abgeordneter von der Osten, zu überzeugen. (Lachen rechts.) Jch bemühe mi, nicht nur im Privatleben fonziliant zu sein, sondern

Wahr Tr S T Ee

Antwortschreiben, die mir bon höheren Verwaltungsbeamten vorgelegt werden, feile und sleife ih die Eten ab. Aber auf den Ton kommt es ja gar nit an, sondern auf den Sinhalt, und wenn ih die Beschlüsse auszuführen habe, muß ih auch mit aller Deutlichkeit sagen, wie das preußishe Staatsministerium sich die Ausführung dieser Beschlüsse dur die Behördenchefs im Lande denkt. (Sehr richtig! links.) Wenn ih nun Anlaß haite, zu zweifeln, ob eine Uebersendung des Beschlusses des Staatsministeriums genügen würde, um die Erfüllung dieser Pflicht zu sichern, dann mußle ¡h ihn shon mit einem schr deutlichen Erlaß begleiten. - (Abgeordneter Dr. Leidig: Höflicher hätten Sie es sagen können!) Jawohl, das gebe ich ¿u, und wenn ih nochmals Veranlassung haben sollte, einen Erlaß über die Verfassungsfeiern herauszugeben, so können Sie sich darauf verlassen: der (Frlaß wird höflicher sein. (Abgeordneter Dr. Heß: Aber niht weniger deutli!) Nein, Herr Kollege Dr. Heß, Sie werden mir zugestehen, daß ih in der Lage bin, das Nötige höflich, aber auch mit aller Deutlichkeit zu sagen.

Es ist nicht richtig, daß die Verfügung über das Versammlungs- verbot eine Sondergabe an das Neichébanner Schwargs- Rot-Gold gewesen sei. Die Verfügung lautete ganz allgemein, so ungefähr wie {on im Jahre 1923, daß Umzüge und Versammlungen unter freiem Himmel zu Ehren der Verfassung gestattet scien. Also auh die Herren vom Stablhelm oder vom Jungdeutshen Orden hätten, wenn sie zu Ehren der Verfassung hätten feiern wollen, von dieser Ausnahmebestimmung Gebrauch machen können, (Sehr gut! links. Lachen und Zurufe rets.) Aber es ist charakteristisch, daß von dieser Ermächtigung allein nur das NReichsbanner Schwarz-NRot- Gold Gebrauch gemacht hat,

Da möchte ich nun noch einmal meine Stellung zu den Selbstshuborganisationen, zum Reichsbanner Schwarz- Not-Gold, zum Jungdeutshen Orden, zum Stahblhelm usw. sagen. Sie wissen, daß ih von Anbeginn meiner Tätigkeit allen diesen Ver- bänden sehr \keptisch gegenübergestanden habe, und ich hatte guten Grund dazu. Die Einwohnerwehren und Ortswehren und Arbeiter- wehren des Jahres 1919 waren kein Mittel zur Aufrechterhaltung und Unterstüßung der Ruhe und Ordnung gewesen, sondern das gerade Gegenteil, (Sehr wahr! links.) Als dann zu Ostern 1920 die Ver- pflihtung an die Reichsregierung gelangte, alle diese Organisationen aufzulösen, mußte ih es in Preußen durchführen. (Lachen und Zurufe rets.) Nein, n i ch t s{hweren Herzens! Das lag ja in der Linie meiner Politik. Aber shweren Herzens haben Sie, Herr Abgeordneter von der Osten, sih dazu entschlossen. (Abgeordneter von der Osten: Sehr rihtig!)) Sie haben von „Selbstschuß" gesprochen, und Herv Kollege Negenborn hat gemeint, seit der Stahlhelm in Schlesien be- stände, seien Brandstiftungen, Diebstähle usw. geringer geworden. Ach, diese Selbsttäushung! Als wir im vorigen Jahre den Land- arbeiterstreik in Schlesien hatten, hat eine Selbstshuborganisation unter Führung des Grafen Saurma-Jeltsh niht zur Aufrechterhaltung der Ordnung beigetragen, sondern eine Beunruhigung der betreffenden Städte herbeigeführt, (Zuruf des Abgeordneten von der Osten.)

Das ist nicht derselbe SelbstsGuß! (Erneuter Zuruf.) Aber nein, die Selbstshußorganisationen, gegen die ih zu Felde gezogen bin, das waren und sind die illegalen, die etwas ganz anderes erstrebten, als was sie in ihrem offiziellen Programm zum Ausdruck brachten. Die Organisationen aber, die in den Jahren 1919 und 1921 in Schlesien auf der Wacht gestanden haben, waren Organisationen, die unter Duldung und Förderung der preußishen Staatsregierung und der Reichsregierung ins Leben getreten sind (Zuruf bei der Deutsch- nationalen Volkspartei: Die Sie nachher verboten haben!), die ih ¿um Teil nachher verboten habe unter Zustimmung Ihres Freundes Schlange-Schöningen, der darauf verwies, daß man „dunkle Leute“ (wie Heidebreck) niht dulden könne. (Hört! hört! links.)

7 Ich habe aber auch gegenüber dem Reichsban ner Sh warz-Not-Gold meinen Skeptizismus beibehalten. Als im vorigen Sommer in Magdeburg, man darf wohl sagen, die erste Ortsgruppe oder der Vorläufer dieses Reichsbanners gegründet wurde, und als 1500 Magdeburger Arbeiter mit shwarz-rot-goldenen Fahnen vor dem Oberpräsidenten Hörsing vorbeimarschierten, habe ih in einem Interview im „Vorwärts“ gesagt, daß ih auch diese Organi- sation nicht billigen könne, denn sie würde andere auf den Plan rufen, und wir würden bald nichts anderes als zum Kampf bereite Bürger- massen im Lande haben. (Sehr richtig! rechts.) Jch habe also gebremst mit dem Crfolge, daß diese Ortsgruppe ihre Tätigkeit ein- itellie.

Ich habe angenommen, daß denselben Einfluß in anderer Richtung Herren der Koalitionsparteien ausüben würden, beim Jung- deutschen Orden, beim Stahlhelm usw. Aber was ist eingetreten? Erinnern woir uns doch des Oktober oder des November des Jahres 1923 (sehr wahr! links), als der Gedanke des Direktoriums erwogen wurde. Da traten die Zentralvorstände des Stahlhelms und des Jungdeutshen Ordens in Aktion. Sie kamen sogar nah Berlin und faßten Entschließungen, von denen eine in die Forderung an dew Meichskanzler ausklang: „Handeln Sie, ehe andere handeln 1! (Hört! hört! links.) Der Jungdeuische Orden faßte Resolutionen und forderte die Beseitigung der marxistishen Regierung und die Errichtung des Direktoriums. Jn jeder Woche kam eine solche Gnischließung beraus, in edler Konkurrenz mit dem Verband der Vaterländischen Verbände des Herrn Geisler, und die öffentliche Meinung stand bald unter der Suggestion: Das is die Macht, das sind die deutshenr Scharen Mussolinis! Jeßt braucht si bloß ein entshiedener Führer an die Spiße dieser Verbände zu stellen, und dann ist die Reichsregierung und die Preußishe Staatsregierung sehr leiht zu überrennen. (Zuruf rechts.) Jawohl, Kahr liegt ganz auf derselben Lime. Herr Kollege Graf Stolberg, ih glaube, daß selbst Si e nicht den Wunsch haben, Kahrshe Zustände auf Preußen zu übertragen. (Zuruf.) Gut; aber wenn Sie das niht wünschen, bitte, danken Sie es unserer Politik, daß wir Kahrsche Zustände in Preußen nit hatien und haben. (Sehr richtig! links.) J glaube, meine Herren, ih verrate Ihnen kein Amtsgeheimnis, wenn ich Ihnen folgendes sage das wird Sie besonders interessieren, meine Herren von der Deutschen Volkspartei —: es gab im vergangenen Herbst prominente bvolksparteilihe Führer, die froh darüber waren, daß in einzelnen Landkreisen in der Provinz Brandenburg deniokratische und sozialdemokratishe Landräte saßen, die in der Lage- waren, das Treiben der rechtsradikalen Verbände zu beobachten. (Hört! hört!) Deutlicher will ich nicht werden. (Zurufe rechts.) ;

Meine Damen und Herren! Nachdem die rechtsradikalen Ver- bände diese Srerrovetarg yerwmmaen T akten, raf man, E Las diese Verbände in Marsch zu bringen, in Bewegung zu staatsgefähr- lien Experimenten, da habe ich meinen Widerstand, meinew privaten Widerstand, niht den amtlichen, gegen die Gründung des Reichsbanners Shwarz-Not-Gold aufgegeben, und heute freue ih mich, daß diese Bewegung vorhanden ist. (Bravo links, Hôrt! hört! bei der Deuishen Volképartiei.) Ich will noch deutlicher werden: heute benuße ich jede si bietende Gelegenheit, um diese Bewegung mit allen meinen persönlichen Kräften zu fördern. (Bravo links, Zurufe bei der Deutschen Volkspartei.) Aber nein! Jch habe den Stahlhelm verboten. Das Verbot wurde aufgehoben, er existiert, er bewegt sid. Jch habe den Jungdeutschen Orden verboten. Das Ver- bot wurde aufgehoben. Er existiert, er bewegt sich. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei: Gott sei Dank!) Soll ih nun, nahdem der Jungdeutshe Orden und der Stahlhelm im vorigen Jahre sich so gezeigt haben, wie ih eben sagte, eine Organisation der verfassungstireuen Elemente unterdrückden oder eiwa sagen: Ihr seid nit zeitgemäß, ihr habt euch weiter im Verborgenen zu halten? Soweit können die Nepublikaner die Selbstverleugnung nicht treiben. (Sehr rihtig! und bravo! links.)

Herr von Eynern hat mi kürzlich gefragt, wie ih das Vor- gehen der Polizei in Glogau dem Stahlhelm gegenüber rehtfertigen wolle. JIch will Herrn von Cynern darüber Auskunft geben. Sie wissen, daß die Verfügung, daß öffent- lide Umzüge und Versammlungen unter freiem Himmel nicht statt- finden dürfen, niht von mir herrührt, sondern von dem Neichs4 minister des Innern. Die Landeszentralbehörden und die von demn Landeszentralen delegierten Behörden haben das Recht, Ausnahmen, zuzulassen. Die preußische Staatsregierung macht von diésem Rechb ausgiebigsten Gebrauch, ist durchaus nit kleinlih. (Zuruf bei den, Kommunisten: Gegenüber rechts.) Auch nit gegenüber links! (Zuruf bei den Kommunisten: Wann denn? Am 21. September!) Aber wenn man {hon Ausnahmen zuläßt, dann kann mati sie nichb Vereinigungen gewähren, die sih in offenbaren Gegensaß zu der beutigen Verfassung begeben. (Sehr gui! links.) Jn dem offiziellen Programm der Stahlhelmfeier in Glogau steht das Ehrhardtlied mit folgendem Text: |

Kamerad, reih' mir die Hände, fest woll’n zusammen wix stehn, Mag man uns auch bekämpfen, der Geist soll nicht verwehn,

:/: Hakenkreuz am Stahlhelm, s{chwarz-weiß-rotes Band,

Die Brigade Stahlhelm werden wir genannt! :/:

Stolz tragen wir den Stahlhelm und unsern Totenkopf, Wikingerschiff am Aermel, Kaiserkron? im Knopf. :/: Hakenkreuz am Stahlhelm, s{warz-weiß-rotes Band, Die Brigade Stahlhelm werden wir genannt! :/: (Bravo! bei der Deutschnationalen Volkspartei, Zurufe links.)

Meinen Sie, Herr von Eynern, wenn ich aus Gründen der Staats. sicherheit verpflichtet war, alle Antikriegskundgebungen, die für den 91. September geplant waren, generell zu verbieten, so daß in Preußen nit eine eingige dieser Feiern unter freiem Hinnnel statf«

gefunden hat, glauben Sie, daß ih es mit dem Grundsah des gleichen

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