1848 / 23 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Es sind also hier diejenigen Punkte vorgeschrieben , welche das

Protokoll enthalten muß, und in welchen Beziehungen es daher allein maßgebend is, J glaube nicht gesagt zu haben, daß ih auf den Inhalt der Protokolle kein Gewicht lege, und daß die Stenographie dieselben berichtigen solle, sondern mein Ausdruck ging wohl nur da- hin, daß ih auf die Worte de3 Protokolls kein besonderes Gewicht lege, weil sie dur die Stenographie ergänzt würden, ( habe ih die Glaubwürdigkeit und Wichtigkeit des Protokolls um \o weniger beeinträchtigen wollen, als ich mit dem geehrten Deputirten der westfälischen Ritterschaft dahin völlig übereinstimme, daß nur das Protokoll den offiziellen Ausdruck der gesammten Versammlung ent halte; eben deshalb is aber auch nur die Aufnahme der eigentlich wesentlihen Punkte in dem Protokolle vorgeschrieben. - __ Secretair Siegfried: Jn solchen Fällen is auch beim Ver- | einigten Landtage, wenn nachträgliche Berichtigungen eingingen, die | Genehmigung der Versammlung eingeholl. S

Marschall: Wir kommen zu §, 4, ;

Referent (liest vor) : |

___§. 4. Wenn ein Verbrechen gegen den preußischen Staat ver-

übt, der Angeschuldigte aber im Auslande entweder freigesprochen

oder gelinder gestraft wird, als nah den preußischen Geseßen zulässig

ist, \o soll ein neues Strafverfahren vor den preußischen Gerichten

gegen den Angeschuldigten eingeleitet werden, ohne Unterschied, ob derselbe ein preußischer Unterthan oder ein Ausländer ijt. Fnfsofern j jedoch nach preußischen Geseben auf Freiheitsstrafe oder Geldbuße zu | erfennen i, muß vom Richter auf die bereits im Auslande erlittene | Strafe Rücksicht genommen werden, S ; | Die Abtheilung äußert si über diesen Paragraphen folgen | \

/

dermaßen : / :

„Außer den Bedenken, welhe von der Minorität der Abtheilung gegen die Bestimmungen des §. 3 erhoben und gegen die Anwen dung der Bestimmungen des §. 4 auf Ausländer eben \o geltend ge macht worden sind, wurde gegen die Zulässigkeit eines neuen Straf Verfahrens gegen Angeschuldigte, welhe \{chon wegen desselben Ver brechens in Untersuhung gestanden haben, und über welche bereits erfannt worden sei, erinnert, daß eine derartige Bestimmung gegen den Grundsaß verstoße, wonach Verbrecher, über welche erkannt wor-= den, nicht nochmals wegen derselben That vor Gericht gestellt werden | dürfen, wenn dies in den Erkenntnissen nicht vorbehalten worden sei. | Eine dringende Veranlassung, von diesem Grundsaße abzuweichen, | liege nicht vor, da kein besonderer Nachtheil zu besorgen stehe, wenn | nicht die ganze Strenge des preußischen Strafgeseßes die Verbrecher | im Auslande träfe oder dieselben in einzelnen Fällen vielleiht zur | Ungebühr freigesprohen würden, Ferner wurde auf die Schwierig- keit der Beweis-Aufnabme bei einem Verfahren nah den Bestimmun- | gen des §. 4 und guf den in den meisten Fällen deshalb zweifelhaf | ten Erfolg aufmerksam gemacht. |

Aus denselben Gründen, welche die Majorität bei den Beschlüssen | zu §. 3 geleitet haben, is von der Abtheilung mit 8 gegen 3 Stim- | men der Antrag abgelehnt worden, i |

die Bestimmung des §. 4 ganz aus dem Strafgeselzbuche z1 | streichen, die Abtheilung erklärt sich vielmehr für Beibehaltung dieser | Bestimmung, jedoh mit der Modification, | daß dieselbe nur fakultativ gefaßt werde. |

Derselbe Grund, welcher für die fakultative Fassung des §, 3 |

spricht, gilt auch hier, und die Abtheilung \{lägt vor, anzutragen, daß dem entsprechend die Bestimmung des §, 4 ge | ändert werde,“

Justiz-Minister von Savigny: Es hängt der Antrag der Abtheilung ganz zusammen mit dem, was sie beantragte über deu vorhergehenden Paragraphen, worüber bereits Beschlußnahme stattge- funden hat. Gegen diese Verwandlung der absoluten Bestimmung in eine fafultative fann bei diesem Paragraphen eben so wenig wie bei dem vorhergehenden die Regierung ein Bedenken haben. Junso- fern also würde die Regierung mit dem Antrage der Abtheilung ganz zufrieden sein können. :

Abgeordn. Abegg: Jh schließe mich der Meinung der Minori- tät an und trage daher darauf an, daß dieser Paragraph gestrichen werde. Es kommt wohl bei Auferlegung einer Strafe nicht so sehr darauf an, wie hart sie treffe, als daß der Verbrecher zu dem Be- wußtsein gelange, er sei {uldig gewesen, er habe eben ein Verbrechen begangen, Wenn also ein preußischer Unterthan oder ein Ausländer im Auslande wegen eines Verbrechens gegen Preußen bestraft wor den ift, so muß man annehmen, daß er zu dieser Erkenntniß gekom men sei, Jch glaube daher nicht, daß es der Würde des preußischen Staats angemessen ist, noch auf das erhöhte Strafmaß anzutragen. Die Minorität hat bereits einen Rechts = Grundsaß hervorgehoben, über den si diejenigen zu erklären haben, welche die Meinung der Wissen- haft zu würdigen wissen, Aber ih erlaube mir eine andere Ansicht hervorzuheben. Wenn ein Ausländer später nach Preußen kommt und hier noch einmal vor Gericht gestellt werden soll, so fragt sich, ob der Staat, dem der Ausländer angehört, sich das gefallen lassen wird. Er wird, der fremde Staat, seine Gesebe aufreht erhalten wollen, er wird nicht zugeben wollen, daß ein von ihm bestrafter Un- terthan noch einmal in dem fremden Staate bestraft werde, Wenuig- stens würde ih mich tief gefränft fühlen, wenn Preußens Geseße im Auslande nicht eben so geachtet würden, Jch glaube daher, daß ein mächtiger Staat gewiß sich eine zweite Vorgerichtstellung eines seiner Unterthanen in Preußen nicht gefallen lassen wird, und ich habe eine viel zu hohe Meinung von der Würde unseres Staates, als daß ich

laube, daß derselbe gegen einen minder mächtigen Staat etwas ver- uchen sollte, was er gegen mähtigere Staaten niht unternimmt. Aus diesem Grunde schlage ih vor, daß dieser Paragraph wegfällt.

Abgeordn. Regierungs =- Kommissar Bischoff; Ich glaube, daß mit Rücksicht auf den zum §. 3 gefaßten Beschluß vie Beibehaltung des §. 4 dur die Konsequenz geboten is, Sowohl §. 3 wie Ge À beruhen auf dem Grundsaße, daß die Rechte des preußischen Staates vor dem ausländischen Richter nah der Natur der Dinge einen (e nügenden Schub niht finden können. Der fremde Staat, welcher den Verbrecher zur Untersuchung zieht und nah seinen Gesezen be- urtheilt, vertritt deshalb eigentlich nur die Stelle von Preußen, und lehteres is berechtigt, zu fragen, ob der Verbrecher, welcher sih gegen den preußischen Staat vergangen hat, die Strafe erlitten hat, welche ihm nach preußischen Geseßen hätte auferlegt werden müssen, Der preußische Staat darf daher jeden Verbrecher dieser Art, sobald \ih derselbe Le in Preußen betreten läßt, einer nochmaligen Untersuchung unterwerfen und, falls er findet, daß der Angeschuldigte im Auslande gelinder als nach diesseitigen Geseßen bestraft worden is, mit einer zusäßlichen Strafe belegen, Eine Unbill können andere Staaten

hierin nit erblicken, weil Preußen nur von seinem ihm durch die

Natur der Verhältnisse gegebenen Rehte Gebrauch macht. Marschall: Es ist nun zu ermitteln, ob der Vorschlag des

Abgeordneten Abegg die erforderliche Unterstübung von aht Mitglie-

dern findet, _(Es geschieht, )

_ Abgeordn. Sperling: Es A Absicht, gegen die ma- terielle Bestimmung dieses Paragraphen anzukämpfen, nahdem aber meine Amendements gestern gefallen sind, würde ih der hohen Ver- ammlung eine Jnkonsequenz zumuthen, wenn ih bei meinem Vor- abe stehen bleiben wollte, Jh trete der Ansicht des Herrn Mini-

Hierdurch | | |

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sters bei, daß der Paragraph des Entwurfes angenommen werden muß, nachdem gestern die hohe Versammlung beschlossen hat, daß in allen Fällen das preußishe Geseß zur Anwendung kommen soll, Deun alsdann scheint es ganz in der Ordnung zu sein, daß der preußische Richter die Prävention des auswärtigen niht ahte und, um seine Landesgeseße in Anwendung zu bringen, eine Untersuchung, abgesehen von der im Auslande schon stattgefundenen, eröffne. Jh habe aber noch eine andere Bemerkung zu machen, Die Wirksamkeit eines jeden Strafgeseßes erfordert nothwendig, daß es bestimmt sei, noch mehr aber, daß es für jeden einzelnen Gall, für den es angedroht ift, auch wirklih zur Anwendung komme, Diesem Erfordernisse ist aber die fakultative Fassung, welche die Abtheilung vorgeschlagen hat, nicht entsprechend. Man klagt schon häufig über den weiten Spielraum, den man dem Richter in der Abwägung des Strafmaßes giebt. Hier aber soll es sogar von der Willkür des Richters abhängen, ob über- haupt eine Untersuhung zu eröffnen, das Strafgeseß in einem an und für sih dazu geeigneten Falle zur Anwendung zu bringen sei, Jn keinem Kriminal-Geseßbuhe wird man ein Beispiel der Art fin

den. Die hohe Versammlung hat gestern bei dem vorigen Paragraphen einen jolhen Fall statuirt, ih bitte Sie, es bei diesem Einen bewen

den zu lassen und wenigstens bei dem §. 4 uicht auf den Antrag der btheilung einzugehen, sondern diesen Paragraphen in der bestimmten &assung, welche er im Entwurfe hat, anzunehmen,

Korreferent Frhr. von Mylius: Außer den allgemeinen Grün den, welche gestern für die fafultative Fassung geltend gemacht worden sind, giebt es hier vorzugsweise noch einen praktischen, der darauf beruht, ob irgendwo der Anklage-Prozeß existirt. Das Gesetz würde eine Unmöglichkeit bestimmen, wenn es gebietend guftreten wollte und vorschreiben, es sollen die Ausländer ohne alle Ausnahme und unter allen Umständen im Julande vor den preußischen Richter gestellt wer den, denn es fann wohl der Fall sein, daß die Fälle \o gestaltet sind, daß es eine Unmöglichkeit is, einen Beweis hinzustellen, und in einem solchen Falle kann der Staats-=Belhörde unmöglich die Pflicht aufer legt werden, einen Prozeß hervorzurufen, von dem gewiß ist, daß er zu feinem Ende führen wird. Deshalb ist die fakultative Fassung hier wünschenswerth, Was die Sache selbst betrifft, so bin ih nicht der Meinung, daß die Konsequenz, welhe die Annahme des g. 3 herbeigeführt hat, gebieterisch erheishe, auch den in Rede stehenden F. 4 zu vertheidigen; ich glaube vielmehr und berufe mich deshalb auf die bei §. 3 angeführten Gründe, daß hier ebenfalls Gründe genug vorhanden sind, aus welchen es zweckmäßig sei, eine solche Bestimmung, wie sie §. 4 enthält, nicht aufzunehmen. Namentlich bin ih der Ansicht, daß der Hinblik auf den Schulz, - welchen der Staat sich selbst zu gewähren hat, es nicht erforderlich mat, hier eine Straf bestimmung eintreten zu lassen, Namentlich dürfte hier wieder maßgebend sein, was gestern bei verschiedenen anderen Erör terungen geltend gemacht worden ist, daß da, wo es sich von Ver= brechen gegen den Staat handelt, eine genaue Spezialisirung der Verbrechen wünschenswerth is, welche gestern von der hohen Ver sammlung verlangt wurde.

Referent: Jch gehöre zu deu Mitgliedern der Abtheilung, welche sich in der Minorität befunden haben ; auch ih bin der Au-= sicht, daß §. 4 zu streichen sei, und daß dies keine Jukonsequenz ge gen §. 3 inLolviren würde, Jch bin der Meinung, daß gerade in dem gestern gefaßten Beschlusse, §. 3 fakultativ zu fassen, ein Motiv liegt, §. 4 zu streichen. Es is fein Grund vorhanden, Jemanden zur Untersuchung zu ziehen, wenn er im Auslande schou bestraft oder auch freigesprochen worden is. Jch sehe keinen Grund dafür ab, immer nur die höchst mögliche Strafe eintreten zu lassen, Jch will zugeben, daß einzelne Jnkonvenienzen daraus entspringen können, aber solcher möglichen Fälle wegen eine Regel durch das Gesebß aufzustel- len, scheint nicht angemessen. Daß Jemand nicht zweimal wegen desselben Verbrechens bestraft werde, is ein so rihtiger , allgemein anerkannter Grundsaß, daß nur aus sehr triftigen Gründen davon abgewichen werden darf. Solche Gründe sind hier aber nicht vor- handen , und darum bin ich der Meinung, daß §, 4 ohne Gefahr gestrichen werden fann, 5

Abgeordn. Neumann: Jch bin ebenfalls der Ansicht, daß die Konsequenz es nicht bedingt, daß mit §. 4 eben so vorgegangen werde, wie mit §. 3, beide scheinen niht in nothwendigem inneren Zusammenhange zu stehen, wie der Herr Negierungë-Kommissar an genommen hat, und ih muß gestehen, daß seine Gründe mich eigent=- lich nicht überzeugt haben. Jch war im Begriffe, dasjeuige anzu führen, was von den Herren Referenten und Korreferenten angeführt worden ist, und ich will mich daher darauf beschränken, zu bemerken, daß hier der Fall vorhanden is, wo eine Strasgesebgebung in den Bereich einer anderen eingreifen würde, ein Uebelstand, welcher jeden falls vermieden werden muß, Wenn man ferner annimmt, daß das Straf=Erkenntuiß stets ein absolutes Necht darstellt, so muß man auch annehmen, daß das, was einmal erkannt is, die angemessene Strafe ausmacht, welche uiht verändert werden kann, und es würde nicht darguf anfommen, ob noch cine höhere Strafe zu erreichen sei. Auch insofern muß ih mich auf den Herrn Referenten beziehen, daß es nicht darauf ankommen könne, überall die höchste Strafe zu erreichen, Sollte jedoch der Paragraph dennoch angenommen werden, so würde wohl wieder die Frage entstehen, ob hier nicht ein Unterschied fest- zuhalten sein dürfte zwischen preußischen Unterthanen und Auslän- dern, wie er gestern {hon von einem Abgeordneten der Rhein-Pro- vinz in Beziehung auf §. 3 angeführt worden ist.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Einer Erweiterung der Be- stimmung des §. 4 auf die im Auslande gegen preußische Untertha nen begangenen Verbrehen wird es nicht bedürfen. Da gegen die einzelnen Unterthanen nur gemeine Verbrechen begangen werden kön- uen, so i} zu erwarten, daß, wenn darüber im Auslande eine Unter= suchung eingeleitet und ein Urtheil abgefaßt wird, dies Urtheil auch den allgemeinen Prinzipien eutsprehen und demgemäß eine ange- messene Strafe verhängt werden wird,

Abgeordn. von Auerswald: Was ih zur Sache sagen wollte, is durch die vorhergehenden Bemerkungen erledigt, nur darauf wollte ih Einiges erwiedern, was von dem Herrn Regierungs-Kommis- sar und meinem Herrn Nachbar gesagt worden is, daß nämlich in Konsequenz des gestern gefaßten Beschlusses der Paragraph stehen bleiben müsse. Zu dem hierüber bereits Gesagten will ih nur einen Moment hinzufügen, woraus, meines Ermessens, hervorgeht, daß hier eine Konsequenz in der angedeuteten Art nicht Plaß greift, Der Hauptgrund, der gestern für den früheren Paragraphen angeführt wurde, war der vom Herrn Landtags-Kommissar mit so großer Ener-

gie ausgeführte, daß es zur Behauptung der Würde des preußischen Staates nothwendig sei, jenen Paragraphen aufzunehmen, daß durch seine uns das Gefühl des preußischen Staatsbürgers verleßt würde, Der Gedanke, daß Verbrechen gegen den preußischen Staat irgend straflos bleiben könnten, wurde in Verbindung gesebt mit der Würde des Staates, und er hat am wenigsten Widerlegung gefunden, weil es ein Grund is, der auf das Gefühl sih stübt. Jch lasse da- hingestellt sein, inwieweit er gültig is, glaube aber kaum, daß Je- mand die Anerkennung dieses Grundes so weit treiben kann, zu be- haupten, die Würde des preußischen Staates werde auch dadurch ver- lebt, daß, Os das Verbrechen bereits durch eine Strafe gesühnt ist, diese Sühne nicht \o beschaffen is, wie sle in Preußen satt e-

funden haben würde, Jch glaube daher, daß diesex Grund, welcher

gestern ohne Zweifel der Abstimmung zahlreiche Stimmen gewonnen hat, hier niht Plat greifen kann. afts i

Abgeordn. von Saucken=Tarputschen: Es ist von meinem geehrten Kollegen, der vor mir gesprochen hat, in der That beinabe Alles schon gesagt, und uur ein Weniges will ih noch hinzufü vid nämlich daß wir uns hier am wenigsten s{cheuen dürfen, Le deres vorzuschlagen, als Tages vorher, wenn wir uns von eus Un rihtigkeit überzeugt haben, ohne dadur den Vorwurf einer nton jequenz auf uns zu laden, denn wir haben bei der Abstimmung { eine Minorität dagegen gehabt, und zwar keine ganz S die au später bei der leßten Prüfung des Geseßbuches wohl “va rüctjihtigung finden dürfte. Wir sind überhaupt uicht hier die Be- \hließenden, jondern die Rathgebenden, ihre Meinung Aussprechenden, und wenn wir auh hier scheinbar gegen den vorigen Paragraphen in eine Jukonsequenz verfielen, so könnten die Gründe, die uns dazu bestimmten, doch so überwiegend sein, daß die Gesebßgebungs -= Gin mission sh wohl bewogen finden könnte, bei dem vorigen Parggra phen auch die Wünsche der Minorität zu berüksihtigen, Zustiz-Minister Uhden: Jh muß ebenfalls behaupten, daß es in der Konsequenz liegt, gegenwärtig die Bestimmungen dieses Para graphen anzunehmen. Ver §. 3 1 allerdings eine Ausnahme von dem sogenannten Territorialrecte, indem man einen fremden Unter than ftraft, der im Auslande ein Verbrechen begangen hat und \ich hier betreten läßt, und zwar nach preußischem Geseße. Diese Aus-= nahme 11t aber dadurch gerechtfertigt worden, daß es zum Schube des preußen Staates und dessen Unterthanen erforderlich erscheine, und daß mithin kein Ausländer sih ungestraft gegen den preußischen Staat und die preußischen Bürger vergehen dürfe,

Vieser Grundsaß ijt auch in den Geseßgebungen fremder Länder, namentlih in Rußland und in Frankreich, anerkannt. Ein Erkenntniß eines preußishen Gerichtshofes wird als res inter alios acta ange= jehen, als etwas, was nicht existirt; man kümmert sich nicht darum, ob und wie erfannt worden. Der fremde Staat spricht die Strafe nach seinen Geseßen aus, Wenn nun die hohe Versammlung in dex gestrigen Sißung beschlossen hat, eine Ausnahme von dem allgemei nen Prinzipe der Territorialität zu machen, so folgt somit von \elbst, daß ebenfalls diese Ausnahme eintreten muß , selbst wenn ein Er- kenntniß eines fremden Staates vorhanden ist. Ein solches kann den einheimischen Staat nicht binden, Eine res judicata liegt nicht vor, der angegrissfene Staat is gar uicht gehört, für ihn ist fein Erfeunt= niß ergangen. Fch wiederhole daher, daß, nachdem dieser frühere Beschluß gefaßt worden ist, es in der Konsequenz liegt, den gegen- wärtigen Paragraphen so anzunehmen , wie er von der Regieruna vorgeschlagen ift. i _ Abgeordn, Sperling: Jh fühle mih veranlaßt, uux auf die Entgegnung des Herrn Korreferenten etwas zu erwidern. Er be= kämpfte meine Ansicht über die fakultative Fassung des Paragraphen indem er den Fall anführte, daß mögliherweise der Beweis \cchwer werden möchte, ob und wie ein im Auslande begangenes Verbrechen bestraft worden sei. Es is allerdings möglih, daß ein solcher Fall vorkommen kann. Jch glaube aber nicht, daß ein solcher einzelner Jall bei Aufstellung eines allgemeinen Prinzipes von Einfluß sein fann, Wollte man dies annehmen, so würde dieselbe Rücksicht auch bei Untersuchungen in Betreff der im Julande begangenen Ve1 brechen geltend werden fönnen, und würden wir leiht dahin gelangen, jede einzelne Strafbestimmung, auch die über Verbrehen, welche im Znlande begangen sind, fakultatiy zu fassen. Wie dann aber das ganze Geseß sih gestalten möchte, überlasse 1ch jedem Herrn diese hohen Versammlung, selbst zu ermessen.

Korreferent Freiherr v. Mylius: Jch wollte nux den Grund- saß aufstellen und als empfehlungswerth der hohen Versammlung vor zutragen mir erlauben, daß es für den Staat wesentlich sei, den Anklageprozeß in seiner Reinheit sich zu wahren. Es liegt in dem Wesen des Anklageprozesses, daß der Staat das Recht der öffent lichen Klage hat, und deshalb ift die fakultative Fassung bei der vor liegenden Bestimmung nothwendig. E

Abgeordn, Prüfer: Jh muß mich für Beibehaltung des Paragra= phen erklären und würde mir nur den Zusaß zu machen erlauben, daß Verbrechen nicht blos gegen den preußischen Staat, sondern auch gegen seine einzelnen Unterthanen hier in Frage kommen möchten, weil leßtere von so großer Bedeutung sein können, daß Veranlassung genug vorhanden ist, solche Verbrecher zu bestrafen, weun sie im Jn= lande habhaft sind. Wenn in dem Paragraphen der Unterschied zwischen Juland und Ausland sehr richtig gemacht worden i, \o möchte ih hier bemerken, daß es wohl eine Menge Verbrechen geben fann, welhe von Jnländern im Auslande gegen Juländer verübt werden können, und welche wirklich dann auch bei den Strafgeseßzen des Nachbarstaates weder mit der nöthigen Umsicht, noch, wie wir aus Erfahrung genau kennen, die ih in specie hier niht aufführen will, mit der rihtigen Sorgfalt verurtheilt und bestraft werden, Sehen nun die Jnländer ein solches Verfahren in den Nachbarstaaten, so sind sie wohl geneigt, darauf auszugehen, um dem und jenem Verbrechen nahe zu kommen, Aber auch gegen Ausländer ift der Paragraph nothwendig und zum Schuße des Staates und seiner Unterthanen unentbehrlih, wenn man überhaupt annimmt, daß die Ausländer, in Bezug auf die hier fraglichen Verbrechen, zum Schuße des Staates so streng als möglich bestraft werden müssen, weil auch fremde Staaten gegen unsere Unterthanen in ganz gleicher Weise figuriren. Wird auch angenommen, daß der Verbrecher nicht zweimal bestraft werden soll, so sehe ih doch keinen Grund, warum ein Ver- brechen, welhes an dem Juländer nah Maßgabe der preußischen Geseße geahndet wird, an dem Ausländer milder bestraft werden soll, Daß die Strafe niht härter sein soll, als wie für den Inländer, giebt der Schlubsaß des Paragraphen zu erkennen, weil die Strafe, die er im Auslande erlitten hat, ihm angerechnet werden muß, welche Milderung dem Verbrecher an preußischen Unterthanen sreilih nur dann zukommen kann, wenn dessen im Paragraphen gedacht ist,

Marschall: Jh will erst ermitteln, ob der Vorschlag des Ab= geordneten Prüfer die erforderliche Unterstüßung Us Mitgliedern sindet. Der Vorschlag bezog si darauf, daß die Bestimmungen des 8. 4, nicht allein auf Verbrechen gegen den preußischen Staat, son dern auch gegen preußische Unterthanen anwendbar sein möchten, Wenn er keine Unterstützung von 8 Mitgliedern Era so gehen wir weiter. Er hat sie nicht gefunden, da blos 5 Mitglieder aufge= Ie v, Lilien-Echthausen: Jh kann im Widerspruche mit der von dem geehrten Abgeordneten der preußischen Ritterschaft ausgesprochenen Ansicht es weder der Würde noch der Sicherheit des preußischen Staates entsprehend erahten, daß derselbe bei Verbrechen, die gegen ihn verübt worden sind, sich bei dem beruhigen foll, wat dem ausländischen Richter zu erkennen etwa belieben möchte, Außerden bin ih völlig damit einverstanden, daß wir ‘durch Streichung dei Paragraphen in Widerspruch mit dem treten würden, was wir bereit zu dem vorhergehenden Paragraphen beschlossen haben, Den Rück sichten der Milde is dadurch vollständig Genüge geleistet worden, daß nach der Schlußbestimmung des Paragraphen der preußische Richter auf die bereits im Auslande erlittene Strafe Rücksicht nehmen muß, wenn nach preußischen Geseßen auf Freiheitsstrafe oder Geld- buße zu erkennen is. Gegen die fakultgtiv e Fassung des Para=-

graphen finde ih nichts zu erinnern, : Erste Beilage

N? 23.

Abgeordn. Graf v. Schwerin: Der Abgeordnete, der so eben spra, hat bereits das angedeutet, was ich mir zu sagen erlauben wollte. Jch weiß nicht, ob ih mich täusche, meiner Meinung nah aber ist hauptsächlich das, was in dem Paragraphen enthalten ijt, eine Garantie für den Angeschuldigten. Jundem wir die vorhergehenden Paragraphen angenommen, haben wir den Grundsaß angenommen, daß das preußische Geseß auf alle Verbrechen gegen den preußischen Staat angewendet werde, mag der Verbrecher ein Ausländer oder ein Juländer sein, mag er im Auslande oder im Julande das Ver- brehen begangen haben. Der erste Theil dieses Paragraphen sagt meiner Meinung nah nur dasselbe, was in den früheren Paragraphen steht, der leßte Saß fügt nur die Milderung hinzu , daß jedenfalls, wenn im Auslande bereits erkannt worden i, so weit von dem Grundsaße abgewichen werden soll, daß die im Auslande erfannte Strafe angerechnet werden muß. Es ist also in diesen Paragraphen nur eine Begünstigung des Angeschuldigten das wesentliche Moment, und diese wird noch vermehrt, durch die fakultative Fassung , indem die Einleitung der Untersuchung für den Fall, daß im Auslaude er kannt worden is}, niht unbedingt verlangt werden, sondern von dem Ermessen des Gouvernements abhängen soll. Mit der fakultativen Fassung is also der Paragraph nur eine Mehrgarantie für den Angeschuldigten, und ich sehe deshalb feine Veranlassung, ten Para- graphen zu streichen. i;

Abgeordn. Abegg: Ein Mitglied auf der Ministerbank sagte vorhin, daß nicht alle Staaten denselben Grundsaß gegen Preußen ausübten, der diesem Paragraphen zum Grunde liegt. Jn diesem ¿Falle glaube ich, daß man vollständige Gegenseitigkeit eintreten lassen joll, dann wird der Zweck erreicht und man wird gerecht han deln, Wenn ein großer Verbrecher, d. h. Hochverräther, Verschwörer, ein solcher, der einen feindlichen Einfall in Preußen beabsichtigt, aus dem sremden Lande, wo die Gesebe auf nicht ausgeführte Hand lungen nicht so streng sind, wie bei uns, also diese nach unserer Ansicht nicht streng genug bestraft werden, dann, gestüßt auf die erlittene geringere Strafe, ins Vaterland zurückkäme, so würde Preußen das Recht der Ausweisung haben; ih glaube also, daß der Einwand dadurch widerlegt wird, Was die Konsequenz anbe trisst, so muß ich, obschon hier der geehrte Herr rets diesen Ein wand zum Theil widerlegt hat, doch noch anführen, daß diefe Ver jammlung nur eine berathende is, daß wir keine feststehende Be- \chlüsse fassen, daß wir uns also nicht abhalten lassen dürfen, bei dem Gortgange in der Berathung dieses Geseßbes solhe Beschlüsse zu fa)sen, wie wir sie für angemessen halten. És wäre nach Beendigung der Berathung leiht möglich, daß der ganze Eindruck des Gesetzes 10 jei, daß die Regierung sih veranlaßt fände, anstatt der Majori- tat bei einzelnen Paragraphen beizustimmen, der Minorität beizu- stimmen. Dann, bei aller Ehrerbietung, die ich gegen den Herrn Minister habe, muß ih erwähnen, daß ih noch nicht gehört habe, daß Rußland als Muster für die Strafgesebgebung uns aufgestellt worden ist, und wenn kein anderer Staat als Rußlaud ein ähnliches Verfahren gegen uns beobachtet, es nicht erwünscht sei, daß dieses Muster uns aufgestellt werde. Sollten hingegen andere Staaten ein ähnliches Verfahren beobachten, so füge ih mich gern.

Justiz-Minister Uh den: Jh habe auch Frankrei genannt, und muß zugleich bemerken, daß ih Rußland nicht als Muster in der Ge= seßgebung aufgestellt habe. Jch habe mir kein Urtheil über Rußland und seine Geseßgebung angemaßt, sondern nur im Allgemeinen aus=- gesprochen, daß gerade die beiden Staaten, die uns in Osten und Westen begränzen, denselben Grundsaß haben, der in diesen Para= graphen aufgestellt ist, was daher von großer Wichtigkeit sein dürfte. Wenn ferner gesagt worden is, daß es besser wäre, auf Gegenseitig= feit der Staaten unter einander zu kommen, so liegt es niht in der Macht der preußischen Regierung, diese Gegenseitigkeit zu erzwingen; dadurch aber, daß die fakultative Fassung von dem Gouvernement wahrscheinlih angenommen werden dürfte, is vollständig dem vorge- beugt, daß man nicht eine Gegenseitigkeit unter Umständen eintreten lassen könnte.

Abgeordn. v. Platen: Jh kann mich mit der Ansicht der Herren nicht einverstanden erklären, welche ausgesprochen haben, es liege sogar eine Garantie, eine erleihternde Bestimmung in den Paragraphen für denjenigen vor, der ein Verbreheu begangen, des=- wegen vom Auslande bereits bestraft is und dann außerdem noch nach preußischen Geseßen zur Verantwortung gezogen n. erden soll, um nachträglih nach diesen etwanig ein höheres Maß der Strafe zu empfangen. Jch finde im Gegentheil, daß nah dieser Bestim mung der Staat hier schärfer abmißt, und muß mich deshalb den- jenigen anschließen, welche dies haarsharfe Abwägen der Würde des Staates niht angemessen sinden. Aber auch aus dem praktischen Gesichtspunkte muß ih mich gegen diese Bestimmung des Gesetzent= wurfes er‘lären. Es is schon gestern von dem Herrn Regierungs= Kommissar gesagt worden, es sei sehr s{wer: bei der Vergleichung der in den fremden Geseßbüchern ausgesprochenen Strafen, mit den preußischen ein rihtiges Verhältniß herauszufinden, Wenn nun im Auslande eine Strafe erkannt worden ist , also nach der Bestimmnng des fraglichen Paragraphen unzweifelhafti angerechnet werden muß, so frage ih, ob die angedeutete Schwierigkeit nicht dieselbe bleiben, aber in Preußen dem Richter nicht sehr {wer werden wird, einen richtigen Maßstab aufzufinden? Jch führe das Beispiel an, welches der Heir Regierungs - Kommissarius selbst gebraucht hat, nämlich die Strafe der Veportation. Wenn ein Ausländer mit Deportation be strast worden ist, und nach preußischen Gesezen nun nachträglich auch noch zur Verantwortung gezogen wird, so frage ih, wie soll ihm die Strafe der Deportation angerehnet werden? Also auch in der Praxis halte ih diese Bestimmung nicht für gut ausführbar, und wiederhole, daß 1h es der Würde des Staates nicht angemessen finden würde, wollte er sih bei einem soust nothwendig der Gerechtigkeit wegen erforderlichen ängstlihen aber gehässigen Abwägen der Strafen, nicht mit der Sühne begnügen, die durch die erfolgte Bestrafung im Auslande für das Vergehen erfolgt ist daher ist eine Bestrafung erfolgt, so kann es auf das Mehr oder Weniger nicht ankommen, Ich stimme daher für das Fortfallen des §. 4. |

Regierungs - Kommissar Bischoff: Jm Entwurfe ist gesagt worden: „muß vom Richter auf die bereits im Auslande erlittene Strafe Rücksicht genommen werden.“

Aus dieser Fassung ergiebt \sich, daß hier nicht von einem ge- nauen Abwägen und Abmessen der erkannten und der zu erkennenden Strafe gegen einander die Rede is, vielmehr es lediglih dem freien und billigen Ermessen des Richters anheimgestellt sein soll, in welhem Maße überhaupt auf die erlittene Strafe Rücksicht zu nehmen ist, Die Schwierigkeiten, welche bei einer anderen Gelegenheit erwähnt worden sind, können hier nicht geltend gemacht werden. Uebrigens ist die Bestimmung des §. 4 nicht eine Schärfung, sondern eine Mil= 2orung des Prinzips. Andere Geseßgebungen, welche von demselben Prinzip ausgehen, haben diese Milderung nicht angeordnet; nament- lich nit die französische Strafprozeß - Ordnung, wie fich aus einer Vergleichung der Art, 5 und 7 ergiebt. Jm Art, 7 is gesagt, daß

Erste Beilage zur A

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{ ein im Auslande gegen einen Franzosen begaugenes Verbrechen in

Frankreih nur dann bestraft werden soll, wenn nicht wegen dieses | Verbrechens im Auslande bereits eine Untersuchung eingeleitet und ein Erkenntniß abgefaßt ist. Dicse Beschränkung findet jich im Art, 5 und 6, wo von den gegen Frankreih begangenen Staats - Verbrechen die Rede is, niht, woraus sich dann von selbst ergiebt, daß wegen dieser leßteren Verbrehen nah französischen Geseßen die Untersuchung und Bestrafung erfolgen kann, ohne Rücksicht darauf, ob im Auslanve bereits auf Strafe erkannt oter eine Freisprehung oder Begnadigung erfolgt ist oder nicht.

Abg:ordn. v. Brünneck: Jh möchte merkung erlauben. Mix will seinen, seine Geseßgebung in Anspruch nimmt, \o muß er dieselben Rechte einem anderen Staate gewähren. Nun frage ih: ob es nicht der Würde des Staates angemessen is, wenn nah seinen Landesgeseßen ein Verbrecher verurtheilt und bestraft worden i, diesen nun auch in Schuß zu nehmen? Das is das Hauptbedenkeun, welches ih bei d. 4. yabe, Jf einmal ein Verbrechen nah den Gesetzen des Landes gesühnt, so ist es der Würde des Staates angemessen, den Ver= breher gegen weitere Verfolgung in Schuß zu nehmen.

Abgeordn. Graf v. Schwerin: Jh wollte mir nur gegen die Bemerkung, welhe wir eben gehört haben, ein einziges Wort erlau- ven. Wenn man den Grundsaß adoptiren wollte, daß ein im Aus-= lande gefälltes Erkenntniß hier Gültigkeit haben und wer im Aus- lande bestraft worden, hier nicht bestraft werden solle, so würde eine positive Bestimmung darüber aufgenommen werden müssen, dur bloße Streichung des Paragraphen aber nichts erreiht werden, Jm vor hergehenden Paragraphen liegt ein Grundsaß, der durchaus in si begreift, daß auf auswärtige Straferkenntnisse nicht Rücksicht genom- men werden darf. Soll dies der Fall scin, so muß ein Paragraph dazu gemacht, nicht aber dieser Paragraph gestrihen werden; sonst

mir hier doh eine Be- wenn ein Staat Rechte für |

llgemeinen Preußischen Zeitung.

nmmmt man alle Garantie für den Verbrecher weg, die darin liegt. Justiz-Minister Uhden: Jh möchte nur auf einen Umstand aufmerksam machen. Es is von einem geehrten Redner, der früher gesprochen, gesagt worden, es fönnte eti ängfstliches “lbwägen fein, ob die im Auslaude erkannte Strafe der gcseßlichen inländischen Strafe adäquat sei oder uicht. Jch glaube, ein solches ängstliches Abwägen wird in praxi niht vorkommen. Der Vorschlag der Re- gierung geht darauf, daß nur dann der Verbrecher zur Verantwor=- tung gezogen werden foll, wenn er gegen den preußischen Staat gesündigt hat. Ein fremder Staat hat ein geringeres Jnteresfe, daß der Verbrecher bestraft werde, der seine Autorität nicht angegriffen

hat. Es sind daher nur sehr {were Verbrechen, welche eine noch malige Untersuchung wider den Thäter begründen können und werden.

Abgeordn. y. Eynern: Wir haben eben aus dem Munde des Herrn Staatsministers gehört, daß die Absicht der Regierung dahin gehe, {were Verbrechen, welche im Auslande gegen den Staat begangen werden, nochmals zu bestrafen. Es is also wahrscheinlich die Absicht der Regierung, die im Auslande gegen preußische Unterthanen begangenen Verbrechen nicht nochmals zu bestrafen. Darüber finde ich im ganzen Geseße keinen Passus, und das Geseß muß “doch eine solche Bestimmung enthalten, da gerade aus dem, was gestern zu §. 3 bes{lo}en worden ist : daß Ausländer oder Jn=

länder, sie mögen ein Verbrechen gegen den preußischen Staat oder gegen preußische Unterthanen begangen haben, von preußi= \hen Richtern nah preußischen Gesetzen bestraft werden sollen ebensowohl hervorgeht, daß sie auch dann strafbar sein sollen, wenn sie bereits im Auslande bestraft worden sind. Der §. 4 bezieht sich nur auf Verbrechen gegen den preußischen Staat und ordnet nur eine Berücksichtigung der im Auslande stattgefundenen Strafen an, o5ne daß diese Stelle sich auf solhe Handlungen bezieht, welche im Auslande begangen sind, und preußische Unterthauen be troffen haben. : _ Marschall: Es is dies derselbe Vorschlag, welcher vorhin von einem Abgeordneten gemacht worden ist, ohue die geseblihe Unter- stüßung erhalten zu haben. |

Abgeordn. v, E9nern: gegengefeßte.

Ma rschall: Dani ist er hier durchgängig nicht vernommen worden. Jch bitte, ihn zu wiederholen.

Abgeordn. v, Ey nern: Jch bin der Ansicht, daß ein Verbrechen, welches im Auslande bestraft worden ist, nicht wieder bestraft wer= den darf; namentlih fein Verbrechen gegen preu ßishe Unter thanen. Darüber finde ih im Entwurfe keine Bestinmung, und schlage deshalb vor, an die Spiße des §. 4. zu stellen :

„Diejenigen Personen Ausländer oder preußische Unterthanen,

„welche im Auslande eine strafbare Handlung gegen einen vreußi ehen Unterthan begangen haben, sollen in dem «Falle, daß sie „dafür im Auslande bereits bestraft oder freigesprochen worden „sind, wegen derselben That, niht nochmals vor Gericht gestellt „werden, wenn dies in Erkenntnissen niht vorbehalten worden E

Justiz - Minister Uhden: Jm Gesebe ist niht die Rede vou

Verbrechen gegen preußische Unterthanen, sondern nur von Verbrechen gegen den preußischen Staat. Wenn daher im Geseße nicht bestimmt ist, daß eine nohmalige Untersuchung und Bestrafung wegen an preußischen Unterthanen begangener Verbrechen stattfinden soll, so ver- steht es sich von felbst, daß solche nie eintreten können. Abgeordn. v. Eynern: Wenn es sich von felbst versteht, \o bin ih beruhigt; aus dem Entwurfe geht dies aber nicht hervor, und freut es mich deshalb, dies von dem Herrn Justiz-Minister hier ausgesprochen zu schen.

Abgeordn. v. Weiher: Für Streichung des Paragraphen ift angesührt worden, daß es unreht wäre, einen Verbrecher wegen des selben Verbrechens zweimal zu bestrafen. Jh mache noch darauf aufmerksam, daß dieser Paragraph sich wesentlich darauf bezieht, wenn ein Verbreher wegen eines Verbrechens gegen den preußischen Staat im Auslande freigesprochen wird. Wir haben aber bei 8. 3, beschlossen, daß er wegen des Verbrechens gegen den preußischen Staat zur Untersuchung gezogen werden soll, selb wenn dies dort nicht straffällig sei, Wollten wir dies hier streichen, so würden wir dem gestrigen Beschlusse widersprechen,

__ Marschall: Wenn Niemand weiter sich um das Wort meldet, so ist die Diskussion für geschlossen zu erklären, und wir kämen nun zur Abstimmung. Die Frage würde lauten: Will die Versammlung darauf antragen, daß §. 4. eine fafkultative Fassung erhalte?

Abgeordn. v. -Brünneck: Erst müssen wir doch wissen, ob der Paragraph stehen bleibt. :

(Dieser Ansicht stimmen viele Mitglieder bei.)

Marschall: Es is dies der Vorschlag der Minorität der Ab- theilung; ih bin aber der Meinung, daß der Vorgang, der gestern stattgefunden hat, wo unter anderen Umständen ein Vorschlag der Minorität zuerst zur Abstimmung kam, nicht zur Regel gemacht werde, daß vielmehr der Antrag der Majorität der Abtheilung zur Abstim- mung gebracht werde.

Mein Vorsch'ag geht auf das Ent

Sonntag den 23. Jan.

Es ist also nur ein Amendement, den ganzen Paragraphen zu streichen. Von der Abtheilung haben wir nur einen Antrag ent- gegenzunehmen, den Antrag der Majorität. Die Vorschläge der Minorität sind zu behandeln, wie Vorschläge einzelner Mitglieder, also wie Amendements.

Marschall: Wenn darauf angetragen wird, daß der Antrag af Wegfall des Paragraphen als aus der Diskussion hervorgehend, zuerst zur Abstimmung komme, so is nihts dagegen zu erinnern.

Abgeordn. Lucanus: Es werden viele Mitglieder des Aus= schusses in die Verlegenheit kommen, gegen die Minorität zu stimmen, während sie dafür stimmen würden, wenn der Antrag der Minorität fällt.

Abgeordu. Graf v. Schwerin: Mir scheint es, daß man füg- lih fo fragen fannu, wie der Herr Landtags - Marschall vorgeschlagen hat. Es is jedenfalls nur eine eventuelle Frage; denn wenn der Paragraph gestrichen wird, kann er natürlich keine fakultative Fassung haven. Für den Fall aber, wenn seine Beibehaltung stattfindet, fann man immer fragen: ob er eine fafultative Fassung erhalten solle? Jh weiß also niht, wie Jemand präjudizirt werden kanu, mag nun guch die eine oder die andere Frage vorausgestellt werden,

(Stimmen durcheinander.)

Marschall: Meine Herren! Wenn darauf gehalten wird, wie es eben von mehreren Seiten geschieht, daß eine andere Frage, auf Streichung des Paragraphen gerichtet, in jedem Falle gestellt werde, man möge nun die erste bejahen oder verneinen, \o halte ih es für zweckmäßiger, wenn die Frage auf Streichung des Paragraphen zuerst gestellt wird. Es heißt die Frage: Will die Versammlung auf Weg- fall des §. 4. antragen? Diejenigen, welche die Frage bejahen, alfo auf Streichung des Paragraphen antragen wollen, werden dies dur

rität.

Aufstehen zu erkennen geben. (Es erhebt sich nit die hinreichende Anzahl von Mitgliedern.) Er hat die Majorität nicht gefunden.

Abgeordn. v. Sauckeu- Tarputschen: Es, frägt \ch nur, ob zwei Drittel dafür gewonnen sind? das müßte doch noch unter= sucht werden, :

Marschall: Nein, zwei Drittel haben sih nicht für den Weg= fall des Paragraphen ausgesprochen. S

Referent, Abgeordn. Naumann: Da sich nur eine Minorität dafür ausgesprochen hat, \o is nah dem Gesetze keine Veranlassung vorhanden, die Ansicht zu motivgiren.

Justiz - Miuister Uh den: Dies gilt aur für den Fall, wenn gegen einen Geseßvorshlag, der vom Gouvernement ausgeht, nur eine einfahe Majorität sich erklärt hat.

Marschall: Das if unzweifelhaft.

Eine Stimme: Welches is das Resultat der Abstimmung ?

Marschall: Die Abstimmung hat das Resultat gehabt, daß die Frage verneint worden is, und ich werde nun die Frage zu stellen haben, welche hervorgeht aus dem Antrage der Abtheilung : Will die Versammlung darauf antragen, daß §. 4. eine fakultative Fassung erhalte? und diejenigen, welche die Frage bejahen, würden aufsteben.

(Wird von einer großen Majorität bejaht.) Wir kommen nun zu §. 5.

Abgeordn. Müller: Jh habe zu §. 4. noch eine Bemerkung zu machen. (Es is nicht denkbar, daß ein Verbrechen ;

Marschall: oder doch auf die haben.

Abgeordn. Müller: stimmung.

Marschall:

Es bezieht fich das auf die Materie des §. 4.

{ Materie der Diskus

ion, welche wir eben verlassen t 2 Ls X E 2 Let o Nem, es bezieht sich auf die jeßige Ab-

Wir würden also zurückkommen auf den Gegen- stand, über welhen die Diskussion geschlossen ist. s

Abgeordn. Müller: Jch wollte mir nur eine Bemerkung er-= lauben. Es hat der Referent gesagt, daß es unbedenklich sei, daß Verbrechen, von Ausländern gegen den preußischen Staat begonnen, nochmals bestraft werden fönnen. Unsere Abtheilung hat gesagt, daß ein neuer Varagraph eingeschaltet werden müsse, wenn man das beseitigen wolle. Diese beiden Ansichten stehen sich einander gegenüber.

Marschall: Es kömmt jeßt niht mehr darauf an, fie zu Ler=

Abgeordn, v, Gudenau: Jh kenne keinen Antrag der Mino=

mitteln. Jh sehe wohl die Schwierigkeit, beide Meinungen zu ver= mitteln, wir haben aber diese Vermittelung jeßt niht mehr zu versuchen.

Abgeordn. Graf v. Schwerin: Nur wenn wir den Para= graphen gestrihen hätten, hätten wir einen anderen Paragraphen hinetubringen müssen. E

Marschall: Wir kommen zu §. 5. Referent:

F. 9. Auf Verbrechen preußischer Militär - Personen finden die allgemeinen Strafgeseße nur insoweit Anwendung, als nicht die Mi= litär=Geseße cin Anderes bestimmen. :

F. 6. Das Recht des Beschädigten auf Schadenersaß is von der Bestrafung des Verbrechens unabhängig.

Die Abtheilung hat keinen Antrag gestellt.

“Abgeordn. v, Saucken=-Tarputschen: Jh muß bedauern, bei dem Abtheilungs - Gutachten feinen Protest gegen diesen Para- graphen zu finden. Jch erkenne den preußishen Soldatenstand nicht als einen abgesonderten Stand im Staate, der Soldat bleibt vielz mehr Staatsbürger vor wie nah, jeder Staatsbürger muß Soldat werden, welchem Gott einen gesunden Körper gegeben hat. Jch sehe nicht ein, warum der Soldat, so lange er im Dienste is, nicht den= selben Strafbestimmungen für gemeine Verbrechen oder Vergeben unterlegt werden soll, wie jeder andere Bürger, Es i das um so wichtiger, als er nur kurze Zeit im Militärdienste steht, die Straf= arten andere siud und oft die Strafen bis ín sein bürgerliches Leben hinüberreichen , die er als Militär empfangen hat. Es sind in bei= den Gesetzen (Kriegs-Artikel) in dem des Militärs und in dem vor= liegenden Strafgeseß - Entwurf so verschiedenartige Strafen, auf die ih mir im Einzelnen erlauben will, aufmerksam zu machen. Es ist z. B. in dem vorliegenden Strafgeseß-Entwurf noch davon die Rede, daß bei einer außerordentlichen Strafe, die einer erlitten hat, bei dem Wiederholungsfalle eine vershärfte Strafe angewendet werden soll, während es nah den Militärgeseben nur bei einer ordent= lihen Bestrafung stattfinden soll. Auf diese Fälle will ih weniger Werth legen, weil, wenn wir Oeffentlichkeit und Mündlichkeit erhal= ten, wie uns zugesichert worden ist, ste weniger bedeutend sind, indem dann auch im Civilrecht nur ordentliche Strafen angewandt werden. Es giebt aber andere bedeutende Unterschiede. So stellt das Straf=- geseßbuch für gemeinen Diebstahl die geringste Strafe auf 6 Wochen und so weiter steigend, das Militärstrafgeseß aber hat für Diebstahl die höchste Strafe nur mit der niedrigsten des Bürgers gleih, und Vergehen oder Verbrechen, die in Gemeinschaft von Militär - und Civil - Personen begangen, werden vor verschiedenen Gerichtshöfen verhandelt und nach anderer Strafbestimmung geahndet, was dem Rechtsbegriffe eine sehr unsichere Basis giebt. Jh sehe nicht ein, warum Verbrechen, wenn sie ein Soldat begeht, weniger bedeutend sein sollen. Es ist der Militärstand ein so ehrenhafter, daß Ver=