1848 / 23 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

brehen, von ihm begangen, niht milder behandelt werden sollten, im Gegentheil sollen nach der Ehrenhaftigkeit, nach seiner Stellung und Bildung des Menschen, die Strafen erhöht werden. Jch bin also der Meinung und erlaube mir den Antrag, daß alle Militars bei allen Vergehen, die in diesem Geseße mit Strafe bedroht werden, au demselben unterworfen und nur bei Disziplinar - Vergehen nach dem Kriegsgeseße bestraft werden. Es kann nicht zweifelhaft sein, welche Vergehen als Disziplinarvergehen, und welhe als gemeine Vergehen angesehen werden sollen. Wir haben etwas Aehnliches auch bei allen Beamten, wo auch den Behörden das Urtheil darüber überlassen is. Jh würde mir also den Antrag erlauben: „auf Verbrechen preußischer Militärpersonen, die nicht blos Dienstvergehen sind, findet das IRETe Strafgeseß gleichfalls Anwendung, auch wird der besondere Gerichtsstand des Militärs rüsichtlich aller nah diesem Geseße mit Strafe bedrohter Handlungen, aufgehoben“ Jch weiß nit, ob der Antrag Unterstüßung findet. :

(Viele Mitglieder unterstüßen den Antrag dur Aufstehen.)

Abgeordn. v. Brünneck: Jch würde für den Fall, daß ein Antrag der Art hier Eingang finden sollte, nichts weiter dagegen einzuwenden haben ; sonst aber würde ich mir die Bemerkung erlau- ben, daß dieser Paragraph hier wohl ganz überflüssig sein dürfte und eigentlih in das Cinführungsgesetß gehörte. /

Justiz = Minister Uhden: Das is eine Frage, die noch der Erwägung bedarf. Wenn aber von dem Redner, der zuvor gesprochen, gesagt worden is}, daß nach den Kriegsartikeln, wie ste zuleßt erschienen sind, sich eine materielle Differenz mit dem vorgelegten Geseßentwurf ergebe, so halte ich den Antrag allerdings nit für unbegründet, bak, in soweit von gemeinen Verbrechen die Rede 1k, die Kriegs- artikel ebenfalls einer Abänderung unterworfen werden müssen. Wie die Kriegsartikel erschienen, war dieser neue Strafgeseßentwurf noch niht vorgelegt, und man hat sie daher mit dem damals bestehenden Recht in Einklang bringen müssen. Wird dieses geändert, so versteht es sih von selbst, daß mit Publication dieses Entwurfs auch eine Modification der Kriegsartikel wegen der gemeinen Verbrechen erfol= gen muß, und die Soldaten in diejer Beziehung den Civilisten gleich= gestellt werden müssen. Was endlih den Antrag betrifft, den Militärgerichtsstand aufzuheben, so ist das nicht ein Gegenstand, der uns jeßt zur Berathung vorliegt. Jch glaube, daß darüber zunächst eine besondere Petition an Seine Majestät den König gerichtet werden müßte. Ueber die Sache selbst kann aber, meines Erachtens, die hohe Versammlung für jeßt weder diskutiren, noch beschließen.

Fürst Wilhelm Radziwill: Es könnte das Mißverständniß entstehen, als ob ich mich zur Unterstüßung des Antrages des Ab- geordneten aus Preußen erhoben hätte; 1ch habe mich aber nur erhoben, um mich diesem Antrage entgegen zu stellen, Jch schließe mich ganz den Ansichten des Herrn Justiz=Ministers an; ich würde es durchaus nicht für die Stellung des Heeres angemessen halten, wenn der besondere Gerichtsstand für das Militär ausgehoben würde. Die weiteren Felgen, welche dieses Geseß auf das Militärgeseß haben wird, lasse ih dahingestellt. Uebrigens muß ih noch die Bemerkung machen, daß eine Ausgleihung in dem, was der geehrte Abgeordnete aus Preußen über die Ungleichheit der Bestrafung der gemeinen Ver- brehen im Civil und Militär anführte, stattfindet, die nicht zu über=- sehen is. Wir haben in der Militärverfassung die Versehung in die 2te Klasse des Soldatenstandes, diese darf hier niht außer Acht ge- lassen werden, und ih finde, daß sie die kürzeren Freiheits\trafen, welche den gemeinen Verbrecher im Heere treffen, ausreichend fom=- pensirt.

Abgeordn. Graf v. Schwerin: Die Abtheilung hat zwar nur nah dem Grundsaße supertluum non nocel nichts gegen diesen Paragraphen zu erinnern gehabt, sie hat ihn aber keinesweges für so absolut gefährlih erkennen können, wie der Abgeordnete aus der Provinz Preußen geschildertlhat. Er enthält, meiner Meinung nah, nichts, als den Ausdruck des feststehenden Nechts-Prinzips, daß das spezielle Geseß, wo es existirt, immer dem allgemeinen Geseße vor= geht; er sagt, so weit die Militärgeseße Etwas bestimmen, gehen sie dem allgemeinen Geseße vor. Das is ein Grundsaß, der hier nicht hätte ausgesprochen werden dürfen. Es fommt dabei nicht darauf an, welche Ansichten man von dem Militärgeseße überhaupt und von dem Militär-Gerichtsstande hat, aber das wird doch niht geleugnet werden können, daß eben jeder, der einen speziellen Beruf erfüllt, für diesen Beruf auch spezielle Verpflichtungen haben wird, und diese ver=- binden ihn noch ganz besonders. Dies is in Bezug auf das Mili= tär hier ausdrüdlich ausgesprochen und deshalb hat die Abtheilung geglaubt, daß sie nihts dagegen zu erinnern habe, wenn der Saß stehen bleibt, weil er nichts {hadetz; sie wird aber auch nichts da- gegen haben, ihn zu streihen, wenn das die Versammlung wünscht.

_ Abgeordn, Freiherr v. Gaffron: Jch theile die ausgesprochenen Ansichten des verehrten Abgeordneten der preußischen Ritterschaft in soweit, als in den Kriegsartikeln eine Gleichstellung der Bestrafung mit den Civilgeseßen wünschenswerth und angemessen is, da der Sol- datenstand aus dem Volke hervorgeht und als eine abgesonderte Kaste niht mehr zu betrachten is. Dagegen kann ih der Änsicht der Auf- hebung des Militär - Gerichtsstandes mih nicht anschließen. Der Soldatenstand muß das Bewußtsein einer großen Genossenschaft ohne daß ih ihn deswegen dem Volke gegenüberstellen will, in sich tragen, und ih glaube, daß durch die Aufhebung des Militär= Gerichtsstandes dieses Bewußtsein auf bedenklihe Weise erschüttert werden würde.

Landtags=-Kommissar: Es ist von dem Herrn Justiz- Minister bemerflich gemat, daß es die Absicht des Gouvernement s sei, den Militär -Straffodex in Beziehung auf gemeine Verbrechen mit dem jeßt vorliegenden Geseßbuche in möglichste Uebereinstimmung zu bringen. Diese Absicht wird unzweifelhaft von Seiten der Re- gierung durchgeführt werden, weil sie in der Billigkeit und im Rechte begründet ist. Sollte die hohe Versammlung si bei dieser Erklä= rung und bei der ferneren Bemerkung beruhigen, daß der Antrag auf Abänderung des Militär =Gerichts\tandes eben \o wenig in diese Disfussion gehöre, als ein Antrag auf Abänderung des Gerichts= standes überhaupt, so würde ih weiter keinen Antrag zu nehmen habenz sollte aber die Diskussion darüber fortgeseßt werden, ob und was in Beziehung auf die Bestrafung von Militärpersonen festzu- seßen sei, 2 würde ih beantragen müssen, die Verhandlung \o lange auszuseßen, bis ich Gelegenheit hätte, meinen Kollegen, den Herrn Kriegs = Minister, zu avertiren, damit er hier erschiene, um die Interessen dec Armee bei einem so wichtigen Punkte selbst ver- treten zu können. i :

Abgeordn. v. Sauccken-Tarputschen: Jch habe es keines- weges für gefährlich erklärt, aber wohl für nachtheilig, wenn Bür= ger eines Staates von verschiedenen Geseßen gerihtet werden. Man wird sich dann nimmer gewisse Kenntniß davon verschaffen fönnen, was heute und über & oder 7 Jahr auf dieselben Vergehen

ür Strafen folgen, Jh muß noch bemerken, daß ih eh 1A die Absicht habe, irgendwie diesen ehrenwerthen Stand anzugreifen oder ihn anders stellen zu wollen, dem angehört zu haben in mir so manche {öóne Erinnerung wah erhält, Nach unserem Gesebbuche fann körperliche Züchtigung nur erkannt werden, wenn vorher {hon die Ehrlosigkeit rechtskräftig erklärt worden ist; es muß also schon vorher ein \chweres Verbrechen begangen worden sein, dagegen xönnen dieselben Söhne des Landes, wenn sie Soldaten sind, bei

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dem ersten Vergehen die die Menschheit entwürdigenden Schläge erhalten. Aus diesem einfachen Grunde habe ih es für hohwichtig gezalen, die Sache in Anregung zu bringen. Jch muß ferner emerken, daß ich um Aufhebung des Militärgerichtsstandes nur in soweit einen Antrag stellte, als er über gemeine Verbrechen ent- scheidet; über Disziplinarvergehen erkenne ich an, daß das Militär seinen eigenen Gerichtsstand Velbebalten muß. Wir wollen aber die Sache noch einmal ins Auge fassen. Der Soldat dient 1—2 bis 3 Jahre, dann wird er Landwehrmannz; während .der kurzen Zeit seines Soldatenstandes wird er nah den Kriegsartikeln, als Land- wehrmann aber von den Civilgerichten gerichtet. Warum soll er nun für eine so kurze Periode für ein bürgerliches Vergehen einem anderen Gerichtshofe untergestellt werden? Jh erkläre aber, daß nach den Erklärungen, die von der Ministerbank ertheilt worden find, ih vor= läufig befriedigt bin, denn erstlih ist uns zugesagt worden, daß die Kriegsartikel nothwendig nah dem neuen Strafgeseßbuch, sobald es vollzogen, umgearbeitet werden und so gleiche Bestrafung eines jeden Unterthanen herbeigeführt, also das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetze hergestellt werden solle; ferner is gesagt worden, es würden wohl auch hinsihtlich der Militärgerichts- Einrichtung Veränderungen vorgenommen werden, um sie in mehr Vereinigung mit dem Civil- verfahren zu bringen. Jh vertraue dieser Absicht, ih vertraue

der uns gegebenen Zusicherung, daß auf diese Weise die Verschieden- heiten aufgehoben werden, und stelle demnach sonst keinen weiteren besonderen Antrag.

Justiz= Minijter Uh den: Jch bin entweder mißverstanden worden, oder habe mich falsch ausgedrüct. Jch habe feineêweges die Zu- sicherung gegeben, daß in der Militärgerichts-Verfassung etwas werde geändert werden, sondern ih habe nur gesagt : daß, wenn darüber disfutirt werden sollte, dies einer besonderen Petition an Seine Majestät den König oder einer besonderen Geseßvorlage bedürfe. Aber von einem Versprechen, daß darauf Seitens des Gouvernements eingegangen werden würde, habe ich fein Wort gesagt.

Marschall: Auch von mir ist das nicht vernommen worden.

Abgeordn. Camphausen: Die Rücksichten, welche seitens zweier Herren Minister geltend gemaht worden sind und die ih theile, haben mih abgehalten, über den Militär-Gerichtsstand, über welchen sonst Vieles zu sagen wäre, einzugehen. Jh wünsche nur, daß die hohe Versammlung das richtige Verständniß bewahre in Be= ziehung auf einen Ausdru, dessen sich der Herr Landtags-Kommissar bedient hat, indem er von der Ansicht ausging, daß die Versamm- lung sich zu Anträgen über den Militär-Gerichtsstand, so wie über- haupt zu Anträgen über das Gerichts-Verfahren uicht berechtigt hal- ten könne. Jh habe zu ergänzen, daß, wenn die Versammlung auch Anträge in der Art nicht stellt, dies niht hinwegnehmen kann, daß sie zu den von ihr zu ertheilenden Gutachten ihre Gründe hinzufüge. Und sollten ihren gutachtlichen Aeußerungen in diesem oder jenem Falle Motive zum Grunde liegen, welche sich auf das Strafverfahren beziehen, so würde nicht der geringste Anstand bestehen, seitens der hohen Versammlung diese Motive anzugeben.

Landtags-Kommissar: Jch nehme keinen Anstand, dem beizutreten, was der geehrte Deputirte der Rheinprovinz aus- gesprochen hat. Aber dagegen glaube ih mich verwahren zu müssen, daß ih mich in dem entgegengeseßten Sinne ausgesprochen hätte. Jch erkenne vollkommen an, daß die hohe Versammlung das Recht habe, zu petitioniren, daß der Militagirgerichtsstand aufgehoben werde ; ih exktenne vollfommen an, daß die hohe Versammlung das Recht hat, bei Entwickelung der Gründe für irgend einen sich auf die Be- rathung des Strafgeseßbuches beziehenden Antrag die vermeintliche Nothwendigkeit der Aenderung des Strafprozesses als Motiv anzu= führen, aber ih wiederhole, daß bei den Debatten über das Straf= geseßbbuh ein Antrag auf Aufhebung des Militairgerichts\tandes nicht

erörtert werden kann, weil er niht im Bereiche der Proposition Sr. Majestät des Königs liegt. Sollte eine solche Erörterung stattfinden, so müßte der im Reglement bezeichnete Weg eingeschlagen werden. Abgeordn. Grabow: Nachdem wir vom Herrn Justiz-Minister erfahren haben, daß der materielle Theil des Militair - Strafgeseb- buches in Einklang geseßt werden soll mit dem materiellen Theil des uns vorgelegten Strafgeseßbuches, so mache ih den Antrag, daß §.5 ganz gestrihen werde. Jch sehe nämlich nicht ein, wenn diese Ueber= einstimmung zwischen beiden Geseßen herbeigeführt werden soll, wozu g. 5 noch sür das Strafgeseß von Gültigkeit sein kann. Wenn es sih noch darum handelt, daß in dem materiellen Theil des Straf» geseßbuches Disziplinarvergehen zu einer besonderen Materie im ma- teriellen Theile des Strafgeseßbuches verwiesen werden sollen, so ge- hören diese nicht in das Kriminal-Geseßbuh. Außerdem würde aber §. 5 im Widerspruch stehen mit §. 2 des Einführungs-Patents, denn dort sind noh 18 einzelne Geseze vorbehalten, welhe neben dem Strafrechte noch in Gültigkeit bleiben sollen. Eben so gut wie das Militair-Strafgeseß im §. 5 allegirt is, sind auch diese 18 einzelnen Geseße noch im §. 5 vorzubehalten, und daher glaube ich, daß §. 5 überflüssig ist und wiederhole den Antrag, ihn zu streichen. Abgeordn. von Brünneck: Das ist ja eben mein Antrag, dieser Paragraph gehört in das Eiuführungsgeseß. - i Marschall: Findet der Antrag die erforderliche Unterstüßung? (Es geschieht.) 2 : Regierungs-Kommissar Bischoff: Der §. 5 is meines Erach- tens nicht zu entbehren. Jn das Einführungs-Geseb ist die Bestim- mung nicht zu verweisen, weil dort nur von den objektiven Ein- \hränkungen die Rede ist, welche das Strafgeseßbuch erleidet ; es ist dort gesagt , daß neben dem Strafgesebßbuche die in mehreren Mate- rien erlassenen Strafgeseße nah wie vor in Kraft bleiben. Hier aber is von einer Beschränkung im subjektiven Sinne die Rede, welche mit Rücksicht darauf, daß im §. 1 u. folg. von preußi- schen Unterthanen im Allgemeinen die Rede ist, erforderlich scheint, Selbst wenn in der Folge im Militairstrafrecht in Ansehung der ge- meinen Verbrechen lediglih auf das bürgerliche Strafgeseßbuch ver= wiesen werden sollte, bedarf es immér noch einzelner Modificationen, welche si theils auf die militairischen Ehrenstrafen, theils auf einige Verbrechen, wie z. B. den Landesverrath, beziehen; es wird demnach in Ansehung der Militairpersonen das allgemeine Strafgeseßbuch stets nur den Charakter eines subsidiairen Rechts behalten, E Abgeordn. Wodiczka: Jch glaube nicht, daß der Herr Justiz- Minister erklärt hat, daß das Militair-Strafgesebbuch ganz gleichge- stellt werden solle dem uns vorgelegten Civilsrrafgeseße, wenn diejes

augenommen wirdz er hat nur gesagt, wenn der Entwurf angenom-= men werde, solle das Militair -Strafgesebbuch in Bezug auf die ge- meinen Verbrechen insoweit abgeändert werden, damit seine Strafen zu den Civilstrafen in richtigem Verhältnisse stehen, d. h, so weit es die Rücksicht auf die mílitairishen Verhältnisse gestattet , auf daß feine Ungleichheit vor dem Gesehe bestehe. Darum wünsche ih, daß g. 5 beibehalten werde. /

Abgeordn, Graf von Shwerin: Wenn die hohe Versamm- lung darin jeßt mit der Meinung der Abtheilung einverstanden ist, daß ein gefährlicher Grundsaß in diesem Paragraphen nicht ausge-= sprochen ist, so darf man auch hoffen, daß sie der Abtheilung si darin anschließen werde, ihn nicht zu streihen, Wenn er jeßt gestri- chen wird, da er einmal in den Entwurf aufgenommen ist, so könnte man daraus möglicher Weise folgern, daß wir den allgemeinen

Grundsaß nicht angewendet wissen wollten, während doch wohl un-

zweifelhaft ist, daß er angewendet werden muß, denn so lange be- sondere militairishe Geseße bestehen, werden diese - auh dem allge= meinen Strafgeseße vorgehen. Ob das Militair-Strafgeseßbuch ab- geschaft werden solle, ob in demselben nur gesagt zu werden braucht, bei allgemeinen Verbrechen sollen die Strafen des Civil -Strafgesetz= buches Anwendung finden, das is eine Frage, die zu erörtern hier niht nothwendig is. Jch habe die Ueberzeugung, wir thun gut, da der Paragraph einmal im Strafgeseß - Entwurfe steht, ihn nicht zu streichen, weil ih ihn für unschuldig halte. :

Marschall: Wir können zur Abstimmung übergehen, und die Grage würde also heißen: Trägt die Versammlung darauf an, daß der §. 5 in Wegfall gebraht werde? und diejenigen, welche darauf antragen, haben dies durch Aufstehen zu erkennen zu geben,

Der Antrag hat die Majorität nicht gefunden, und wir kommen nunmehr zur Berathung des g. 6.

Abgeordn. von Wolff =-Metternih: Jh habe mihch nicht erhoben, um den Jnhalt des Paragraphen anzufehten, sondern nur um die Frage zu stellen, ob er zweckmäßig im Strafrechte seine Stelle stnde, oder ob er niht angemessener in die Straf - Prozeß - Ordnung gehöre ? y

Regierungs - Kommissar Bischoff: Achnlihe Bestimmungen, wie der §. 6, enthält die Kriminal - Ordnung von 1805, je= doch nicht in der erforderlihen Präzision. Der §. 6 hat hauptsäch- lich den Zweck, auszusprechen, daß das Straf = Erkenntniß nicht prä= judizirlih sei für die Civil - Entshädigungsklagen. Daß man eine folhe Bestimmung aufnimmt , is gewiß angemessen; auch findet sich im Wesentlichen dieselbe Vorschrift im Art, 10 des rheinishen Straf= geseßbuches.

Abgeordn. von Brünneck: So viel ih weiß, hat dieser Pa- ragraph in dem Entwurfe von 1845 keine Aufnahme gesunden, und daher habe ih geglaubt, daß er hier auch wegfallen könne. Es ist doch eigentlich eine civilrechtlihe Bestimmung. Sie jeßt nur fest, daß durh ein kriminalrehtliches Erkenntniß eimn civilrechtliher An- spruch nicht alterirt werden kann. Jh bin dadurh in der Meinung bestärkt worden , daß dieser Paragraph hier überflüssig sei, und es cheint doch unsere Aufgabe zu sein, die Zahl der Paragraphen so weit als möglih zu vermindern und daher jeden Paragraphen fort= zulassen, der nicht unbedingt nothwendig ist. i

Abgeordn. Grabow: Jch erachte §, 6 ebenfalls für überflüssig im Strafrechte und bin der Ansicht, daß selbst die Bestimmung nicht ins Strafrecht aufgenommen zu werden brauche, da fie in das Civil- recht gehört. Außerdem scheint §. 6 auch nicht den richtigen Plat zu haben, denn der ganze Titel spricht nur von Anwendung der Stra= fen, und ich kann nicht glauben, daß §. 6 in diese Gränzen mit ein- geschlossen sein sollte. Aus diesem doppelten Grunde wünsche ih, daß dieser Paragraph gestrihen werde. .

Abgeordn. Camphausen: Der Grund, der vom Herrn Land=- tags - Kommissar angeführt worden ist, is zugleih ein wiederholter Giund für die Zweckmäßigkeit der Ansicht, daß das Strasrecht von dem Strafverfahren in der Berathung nicht zu trennen sei. Er hat angeführt, daß nah dem rheinishen Rechte die betressende Bestim- mung in der Prozeß-Ordnung getroffen ist, daß also ein Mangel in der diesseitigen Geseßgebung besteht, welcher eine Bestimmung hier erforderlih macht, die offenbar in den Prozeß gehört. Jch habe hierauf aufmerksam machen wollen, als auf einen der Punkte, deren Sie im Laufe der Debatte noch viele finden werden. :

Regierungs - Kommissar Bischoff: Schon 1m Entwurfe vot 1843 findet sich diese Bestimmung; von den Provinzial-Ständen has ben sich nur die rheinischen Stände gegen die Aufnahme derselben er- flärt, die übrigen waren damit einverstanden. :

Abgeordn. von Brün nedck: Meine rage war dahin gerichtet, ob meine Voraussetzung richtig is, daß diese Bestimmung nicht in den Entwurf von 1845 aufgenommen war. .

Regierungs-Kommissar Bischoff: Man ging davon aus, daß er entbehrlich wäre.

Staats - Minister von Savigny: Der ganze Entwurf von 1845 existirt in Bezug auf die jezigen Verhandlungen niht. Es ist seit 1843 von der Regierung sehr viel geschehen, um die gegenwär- tige Vorlage vorzubereiten, aber die einzelnen Schritte , welche auf diesem Wege stattgefunden haben, hier zu refapituliren, halte ih sür durchaus unmöglich und unzulässig. j

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch glaube, daß hier der Ort sein wird, der hohen Versammlung Mittheilung darüber zu ma hen, was in Bezug auf diese Angelegenheit von der Abtheilung ge- \chehen is. Die Abtheilung hat aus mehreren anderen Mittheilungen in Erfahrung gebracht, daß bereits im Jahre 1845 die Kommission der Gesebßgebung eine neue Revision vorgenommen hat, und hielt es deshalb für ihre Schuldigkeit , bei dem Gouvernement darauf anzu- tragen, ihr zur Juformation diesen Entwurf mitzutheilen. Wix ha= ben nun dankbar anzuerkennen, daß mit der größten Bereitwilligkeit seitens des Gouvernements darauf eingegangen worden ist, den Mit- gliedern der Abtheilung den Entwurf von 1845 mit den Motiven mitzutheilen. Wir haben natürlich diese Bitte nur stellen können, niht nur um uns zu informiren, sondern auch, um den Mitgliedern der hohen Versammlung die Möglichkeit zu geben. Es besinden sich sämmtliche Mitglieder der Abtheilung in dem Besiß des Entwurfs von 1845 und derjenigen Motive, welche diesem Entwurse beigege- ben worden sind, Wünscht ein Mitglied der hohen Versammlung die sen Entwurf einzusehen oder Kenntuiß davon zu nehmen, so wird je des Mitglied der Abtheilung gern sein Exemplar zur Vispojition

F : : E E Es ist hier die Rede auf einen OAgenano gebracht worden, der allerdings Eingehen meinerseits als 4 in die Sache wünschenswerth macht. _Es handelt sich nämlich um diejenigen Mittheilungen, welche von Seiten der e P lih aber auch von Seiten der Referenten, dem A A A über ausgesprochen sind. Es ist uns namentlich ge S Gd, dies is die erste Veranlassung 1n dem S hot Mr tags-Kommissars, daß namentlich in Bezug auf L 25A n 0 rathung von rheinischen Juristen stattgefunden 9a S

n Strafe bort von ibnen! VeguladWtet worden sel Aus Or He A TONIEN 29 A iellen Mittheilung isst von mir Veranlassung dieser uns gemachten ie ten N ) C der Antrag bei der Abtheilung gestellt worden, daß uns Alittherung gemacht werde von allen denjenigen Anträgen und Gutachten, welche

] t dieser Berathung von jenen ertheilt worden seien. Es f Aae E worden erstens eine Privat-Arbeit von mehreren Mitgliedern der dortigen Kommission, welche von dem Gesichtspunkte ausging, daß den materiellen Bestimmungen des Ent- wurfs einmal festgehalten, nur eine brauchbare, namentlich für die Form des rheinischen Prozesses passende Form gegeben werden möge und ein Versuch, diese Form in eine selbstständige Fassung darzustel- len, Es isst ferner mitgetheiit worden der Bericht des rheinischen Appellations-Gerichtshofes, welcher 1845 von demselben an das Ge- sezgebungs - Ministerium erstattet worden ist und allerdings ein sehr wefentliches, dankenswerthes Material für die Schluß-Anträge leisten wird, indem dort wesentliche Punkte, welche überhaupt in den Schluß- Anträgen zu diskutiren sein werden, von dem Standpunkte des rhei=

nischen Rechtes einer gründlichen und umfassenden Prüfung unter=- Zweite Beilage

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worsen werden. Ferner ist uns mitgetheilt worden, wie der Herr Vorsißende bereits bemerkt hat, der Entwurf von 1845 und diejeni gen Motive, welche der Revision des Gesetz - Entwurfes von 1843 zum Grunde gelegt worden sind. Hierauf beschränken si sämmtliche Mittheilungen, und es ist eine wohl zu erörternde Frage, ob nament lich von dem Referenten bei den Schluß - Anträgen, die im Interesse des ganzen Landes, im Junteresse der Provinzen und im Interesse der ganzen Geseßgebung des _ Staates gestellt worden sind, die höchst \{chwierige Aufgabe vollständig wird gelöst werden können, die Aufgabe, deren Endresultat dahin geht, diejenigen &ragen zu beantworten, die bereits in der Einleitung des Gutachtens der Abtheilung angedeutet worden sind und die wesentlichsten Prinzi= pien der Rechtspflege und der Rechtsverfolgung berühren. Es ge- hören dahin die Fragen, inwiefern das Prinzip der öffentlichen Klage durchgeführt, von Privat-Verträgen abhängig gemacht und welches Strafsystem aufgestellt wird, wie das Verhältniß der entehrenden zu den nicht entehrenden Strafen, wie die Verhältnisse der Jurisdictionen der einzelnen Gerichte sein sollen. Jch glaube, um alle diese Fragen gründlih uud umfassend zu erörtern und zu besprehen, würde ein sehr shäßungswerthes und nothwendiges Material darin sein, wenn uns alles dasjenige, was bei Begutachtung des Entwurfs bereits von den rheinishen Juristen geäußert worden if, zur Kenntnißnahme und öffentlich mitgetheilt würde. Jch habe bisjeßt derartige Anträge zu stellen unterlassen, aus dem Grunde, weil die Zeit nicht gekommen zu sein schien, indem ih sie von der Abtheilung in dem Stadium der Berathung gestellt zu sehen wünschte, wo es sich um die Diskussion diejer emzelnen Prinzipfragen handelt. Da aber jeßt die Frage und die Anträge von Seiten der hohen Versammlung eiumal angeregt worden sind und ih meinerseits nicht die Verantwortung übernehmen will, diese Anträge ohne Erörterung meinerseits vorübergehen zu lassen, so habe ih mi verpflichtet gefühlt, die Ansicht, die mich wenigstens bei den späteren Anträgen leiten wird, hier bereits aus- zusprechen, und ih stelle dem Herrn Landtags-Kommissar anheim, mit welchen Erklärungen er dieser meiner Ansicht entgegentreten will, Abgeordu. Graf von Schwerin: Fh habe nur zur Ergän= zung des Vortrags, welchen der Herr Korreferent gemacht hat, noch eiwas aus dem Schreiben hinzuzufügen, welches der Herr Landtags= Kommissar in der Sahe an mich gerichtet hat. Es ist in diesem Schreiben ausdrücklich gesagt worden, daß das Gouvernement hier- mit der Versammlung alles dasjenige mitgetheilt habe, was es mit- zutheilen für geeignet erachtet, es ist also die Frage der Abtheilung gegenüber bereits entschieden, daß das Gouvernement cin Mehreres mitzutheilen niht für geeignet halte. Jch glaube, einen Anspruch des Rechts fann die Versammlung niemals haben, noch etwas mehr zu verlangen, und die Abtheilung hat daher geglaubt, sich dabei be- ruhigen zu müssen. Sie hat si bescheiden gemußt, daß es lediglich dem Gutbefinden des Gouvernements zu überlassen sei, was es von demjenigen Material, welches es blos zu seiner Jnformation gesam-= melt hat, mitzutheilen für getignet erachtet oder nicht. : Ubgeordn, von Auerswald: Jch kann dem, was von dem geehrten Vorsißenden der Abtheilung, welcher ich auch angehöre, \o eben gesagt worden ist, doch nur cum grano salis beitreten. Wenn ih mich des Vorganges recht erinnere, so war er so, daß von dem Borsißenden an den Herrn Landtags =Kommissar geschrieben und um das Material gebeten wurde. Es folgte hierauf ein Schreiben des Herrn Landtags - Kommissars, worin gewisse Materialien bewilligt wurden, welches Schreiben aber allerdings eine Fassung hatte, wor- aus Zweifel entstand, ob damit die Sache abgeschuitten sei. Jch habe densellen nicht darin gefunden, und daß ih nicht Unrecht hatte, wurde an demselben Tage noch entschieden. Es erfolgte die Mit- theilung des Entwurfs von 1845 mit den Motiven, ehe wir einen neuen Antrag gemacht hatten. Daher habe ih das Schreiben des Herrn Landtags- Kommissars keinesweges so verstehen können, wie es der Herr Vorsißende erklärt, als wäre nun bereits alles das, was man mitzutheilen für zweckmäßig erachtete, mitgetheilt worden. Fch halte nicht für ausgeschlossen und seße mit Zuversicht voraus, daß, wenn im Laufe der Berathung in der Abtheilung wie hier der Wunsch sich motiviren läßt, ein oder das andere Material zu erhal: ten, es nicht verweigert werden wird, und ich möchte die hohe Ver= sammlung bei dieser Gelegenheit gegen den Ausdruck, welchen der Herr Justiz = Minister gebrauchte, verwahren, indem er sagte: es liegt für die heutige Berathung nur der Entwurf von 1843 vorz was iu- zwischen vorgegangen, zu erörtern, ist weder zweckmäßig (— hier suspendire ich solcher Autorität gegenüber mein Urtheil —) noch i es zulässig. Dafür, muß ih bemerken, kann cs nur zwei Gründe geben. Die Vorlegung kann nicht zulässig sein, einmal, weil sie ganz unnüß und nur zeitraubend i; dies glaube ih nicht, denn wenn ih einen gutcn aufflärenden und belehrenden Gedanken, sei es in dem Entwurf von 1845 oder in dem Strafreht des Chans von Chiwa finde, so is dies niht unzweckmäßig für mich. Der andere Grund fönnte nur der sein, daß Verhandlungen stattgefunden hätten, die von preußischen Beamten oder von unseren preußischen Mituuter= thanen, welchen der Entwurf zuerst vorgelegen hat, gekannt und ge= pflogen werden dürften, von uns aber nicht. Dies wäre aber eine Boraussebung, die ih unter keinem Umstande gern hegen möchte, und ih kann daher durchaus nicht begreifen und einsehen, aus wel= chem Grunde die Mittheilung irgend eines Materials, falls es von Wichtigkeit ist, für uns unzulässig sei. Jch erlaube mir, {ließlich nur noch zur Sache selbst auszusprechen, daß, wenn ih glei der Versammlung entschieden vorbehalte, Materialien noch fordern zu kön- nen, ih es doch für zweckmäßiger halte, wenn wir der Abtheilung überlassen, in den fortschreitenden Stadien ihrer Berathung diese in= soweit zu fordern, als sie dieselben nicht entbehren zu können glaubt, ganz in der Art, wie der Herr Korreferent vorhin andeutete. Landtags-Kommissar: Schon ehe die Abtheilung der ho= hen Versammlung hier zusammengetreten war, um die vorbereitende Berathung des Strafgeseßbuches einzuleiten, ist im Staats - Ministe= rium die Frage zur Erörterung gekommen, ob das ganze, im Besiße des Staats = Ministeriums befindliche Material der seitherigen Bera- thungen über das Strafrecht dieser Versammlung ohne Restriction vorzulegen sei. Es wurde der Beschluß gefaßt, in dieser Beziehung zwar mit möglichster Liberalität zu Werke zu gehen, aber nicht anzu=- erkennen, daß eine Verpflichtung zur unbeschränkten Vorlage vorhan- den sei, Ueberwiegende Gründe bestimmten überdies das Staats- Ministerium , gewisse Beschränkungen als nöthig anzuerkennen. Die Gründe glaube ih hier nicht anführen zu müssen, Wenn in einem Schreiben, welches meinerseits an den Herrn Vorsißenden der Ab- theilung ergangen ist, ein Zweifel liegen soll, ob die erfolgten Mit= theilungen erschöpft seien oder nicht, \o glaube ih dies dahin auf- klären zu können, daß die Mittheilung, die mit jenem Schreiben an den Herrn Vorsibenden gelangte, die leßte war, die auf den gene- rellen Antrag der Abtheilung erfolgen sollte, Auf den \peziel- e A der ohne meine Vermittelung unmittelbar an den Herrn Chef des Justiz-Ministeriums ergangen war, ist bereits eine weitere

theilung oder die hohe Versammlung sich veranlaßt finden sollte,

irgend eine spezielle Mittheilung aus den früheren Verhandlungen zu

begehren, dann von neuem in Erwägung gezogen werden soll, ob es nah dem von dem Staats - Miuisterium augenommenen Grundsaße mitgetheilt werden kann oder niht. So weit irgend möglich werden

die Wünsche erfüllt werden. 5

Justiz-Minister von Savigny: Jch kann dem, was der Herr Landtags-Kommissar gesagt hat, nur vollständig beitreten, und was ih gesagt habe, soll feinen anderen Sinn haben. Alle Gründe, die für die eine oder andere Mcinung vorgebraht worden sind, können auch den verschiedenen Organen der jeßt versammelten Ausschüsse mit- getheilt werden; allein die einzelnen Schritte, welhe von der Regie=- rung geschehen sind, um zu einer Ueberzeugung und zu den gegen- wärtigen Mittheilungen und Vorlagen zu gelangen, also Alles, was von den einzeluen Regierungs - Organen geschehen is, kann nur als

individuelle Meinung bis zu dem Augenblicke betrachtet werden, wo der Negierungs-Beschluß gefaßt wurde, und man war der Meinung, daß diese Schritte der Regierung nicht eigentlich zur Berathung des

Vereinigten Ausschusses gehören, wohl aber alle die Gründe, welche

zu Lage gefördert worden sind, zur Benußung der Versammlung über-

geben werden fönnen uud, so viel cs geschehen kann, auch werden übergeben werden. Jch glaube, daß die Mitglieder mit dieser Auf- sajjung der Sache einverstanden sein werden.

Abgeordn. Sperling: Mein Bedenken hat sich erledigt.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch bemerke, daß das Schrei= ben des Herrn Landtags-Kommissars ausdrücklich die Worte enthält: „als leßte Stücke““, und habe nur sagen wollen, daß die Abtheilung der Meinung war, daß ihr ein Recht nicht zur Seite stehe, mehr zu verlangen, als die Regierung geben wolle; aber natürli bleibt es der Versamm'ung vorbehalten, einen ferneren Antrag zu machen.

Abgeordn. Camphausen: Zu der Erklärung des Herrn Land- tags - Kommissars hätte ih noch einen Wunsch auszudrücken, den Wunsch nämlich, daß, wenn einzelne Mitglieder der Versammlung, welche niht zur Abtheilung gehören, ein besonderes Jnteresse haben sollten, einzelne der von der Regierung mitgetheilten Stüce ebenfalls zu besiben, ein Fall, der namentlich bei den Abgeordneten der Rhein- Provinz eintreten kann und muß, auf diesen Wunsch billige Rücksicht genommen werden möge.

Landtags - Kommissar: Diesem Antrage steht nichts ent- gegen. Der geehrte Abgeordnete hatte gewünscht, daß ihm die ge- sammten Verhandlungen mit den rheinischen Juristen nah Köln ge- schickt werden möchten, man hat aber dieses Gesuch ablehnen müssen, weil jene Verhandlungen hier unentbehrlich waren. So weit sie ent- behrlich sind und zur Mittheilung geeignet erachtet werden, stehen sie jedem einzelnen Mitgliede der hohen Versammlung zu Gebote.

Marschall: Jch habe nun noch die Frage zu stellen: ob die Versammlung. 1. I

Landtags=-Kommissar: Darf ih mir noch eine Shluß- bemerkung erlauben? Es ist behauptet worden einerseits, daß dieser Paragraph als überflüssig zu streichen sei, andererseits, es beweise seine Aufnahme, daß das Strafverfahren vom Strafrechte nicht ge- trennt werden könne und hier {hon eine Vermengung beider vorliege. Hierauf erwiedere ich, daß es zwar zweifelhaft erscheinen kann, ob die Vorschrift dieses Paragraphen in das Civil - oder Kriminalreht ge- höre, daß sie aber in der Straf - Prozeß - Ordnung ihren Plaß nicht finden könnte. Denn daß der Civil-Anspruh des Beschädigten keinen Einfluß haben kann auf die Art und Weise, wie das Verbrechen er= mittelt, durch wen und in welchen Formen das Straf-Erkeuntniß er- folgt, das leuchtet wohl ein. Muß dagegen zugestanden werden, daß die Bestimmung keine positive Vorschrift des Strafrechts enthält , so scheint doch hier der schicklichste Ort für ihre Aufnahme zu sein. Die Ueberschrift des Titels heißt:

„Von den Gränzen der Anwendung der Strafgeseße z““ der Paragraph aber besagt, daß der Schaden, welchen der Verbre- cher durch Ausübung des Verbrechens einem Dritten zugefügt hat, durch die ihm aufzulegende Strafe nicht gesühut wird, daß der Be- schädigte, unabängig davon, ob der Verbrecher bestraft oder freige= sprochen werde, seinen Entschädigungs - Anspruch üm civilrechtlihen Wege verfolgen könnez er beschräukt also gewissermaßen die Gränzen des Strafrechts. : Uebrigens soll das vorliegende Geseß ein allgemeines sein. Wollte man daher die Bestimmung hier eliminiren und sie in das Civil-Geseßbuch verweisen, so würde für den Fall, daß es in diesem oder jenem Theile der Monarchie an einer ganz entsprechenden civil- rechtlihen Bestimmung fehlte, ein besonderes Gesebß erlassen werden müssen. Deshalb kann ih mich uicht von der Ansicht trennen, daß der Paragraph nothwendig oder wenigstens gerade hier sein richti- ger Plat sei. i : Korreferent von Mylius: Jch muß mir erlauben, dem Herrn Landtags-Kommissar gegenüber zu bemerken, daß die Ansicht, es ge- höre der Paragraph offenbar niht in die Prozeß-Orduung, fkeines- weges schon dann getheilt werden dürfte, wenn feststeht, daß das Sy= stem des Anklage - Prozesses maßgebend sein soll für die ganze Mo- narhie. Es ist sicher, daß gerade dann, wenn das Prinzip der öffentlichen Anklage existirt und durchgeführt wird, neben diesem Prin- zip auch das Prinzip der Privatklage in demselben Fal:e aufrecht er- halten werden muß, weil Fälle denkbar sind, daß neben dem öffent- lichen Jnteresse noch ein Privatinteresse geltend gemacht werden kann. Für solche Fälle wäre der Grundsaß zu bestimmen: Neben der öffent= lichen Anklage soll auch die Privatklage gestattet werden. Dann ge- hört diese Bestimmung eben so sicher in den Kriminal-Prozeß, als Alles, was die Art der Verfolgung einer mit Strafe bedrohten Hand= lung betrifft.

Justiz-Minister Uhden: Jh muß dem entgegensehen, daß

hier zwei Gesichtspunkte zu unterscheiden sind, nämlich:

1) der formelle, d. h. ob die Entschädigung in der Untersuchung ermittelt und festgestellt werden solle, und dieser gehört aller= dings in die Prozeß-Ordnung,

2) der materielle, d. h. ob die Bestrafung oder Nichtbestrafung dem Rechte auf Entschädigung präjudiziren könne. Dieser ge= hört auch meines Erachtens hierher, und erkläre ich mich des- halb mit der Ansicht des Herrn Landtags - Kommissars völlig einverstanden.

Marschall: Wenn eine Bemerkung weiter nicht erfolgt, fo fommen wir zu folgender Frage: Will die Versammlung auf Weg- fall des §. 6 antragen? Diejenigen, welche die Frage bejahen, wür- | den das durch Aufstehen zu erkennen geben.

(Wird von einer großen Majorität verneint.)

Wir kommen nun, da die Frage verneint is, zu §. 7.

Referent Naumann (liest vor):

Zy es tor: S, Von den Strafen.

spezielle Mittheilung erfolgt, und füge ih hinzu, daß, wenn die Ab=

_Das in der Rhein - Provinz geltende Strafgeseb unterscheidet | zwischen Verbrechen, Vergehen und Polizei - Uebertretungen. Diese

Sonntag den 23. Jan.

dreigliedrige Eintheilung beruht materiell auf der Verschiedenartigkeit der strafbaren Handlungen, an welche sih die dreifach geschiedene Prozeßform anschließt. Nach dieser Dreitheilung hat sich in der Rhein-Provinz der Sprachgebrauch gebildet, und mit Bezug auf sie wird uach dem Rechtêbewußtsein des Volkes über die Schwere der strafbaren Handlungen gerichtet.

Jn den vorliegenden Geseß- Entwurf is diese Dreitheilung for= mell nicht aufgenommen worden, und um bei dem Aufgeben dieser Theilung die für das Strafverfahren in der Rhein-Provinz bestehen- den Prozeßformen nicht zu alteriren, i} in dem Entwurse des Ge- seßes über die Kompetenz und das Verfahren in Strafsachen der (Serichte in dem Bezirke des rhcinishen Appellations - Gerichtshofes zu Köln die Kompetenz der verschiedenen Gerichte nah der Abstu= fung der Strafen, und zwar hier na der im rheinischen Rechte bis= her maßgebenden dreigliedrigen Eintheilung der strafbaren Handlun= gen, an die Spitze gestellt. Es is nicht einleuchtend, weshalb, wenn in Bezug auf das Prozeßverfahren im Wesentlichen die Dreitheilung beibehalten worden ist, die Begränzung in namentlich gesonderte Ka- tegorieen im Strafgeseßbuche selbst nicht aufgenommen werden soll. Darin, daß sih der Sprachgebrauch daran gewöhnt und daß ih das Gefühl und das Bewußtsein des Volkes über die Schwere der straf- baren Handlungen dana gebildet hat, liegt ein unabweislicher Grund, die Dreitheilung im Juteresse der Rhein-Provinz beizubehal- ten. Im Juteresse aller übrigen Landestheile aber liegt es, dieselbe Dreitheilung in das Strafgeseßbuh aufzunehmen, weil der Erfolg, welchen diese Theilung in jenem Landestheile gehabt hat, als ein er- sprießliher angesehen, weil es für eine Aufgabe der Geseßgebung erachtet werden muß, durch bestimmte Ausdrücke die Schwere der mit Strafe bedrohten Handlungen kenntlih zu machen und es zu erleih= tern, daß sich im Volke cine bestimmte Erkenntniß derselben bilde, wie sie in der Rhein - Provinz besteht, in den übrigen Landestheilen aber vermißt wird.

Wenn nun nah dem System des vorliegenden Entwurfs dur Einführung der Dreitheilung ein von dem Entwurfe anerkanntes Prinzip nur bestätigt, keinesweges aber ein Grundsaß desselben ange= griffen wird, so spricht für die durchgreifende formelle Sonderung noch der Umstand, daß ähnliche Justitutionen, wie sie die Rheiu= Provinz besißt, als ‘dringendes Bedürfniß auch für die übrigen Lan= destheile erfannt werden, daß eine Annäherung an dieselben bereits durch das nach dem Geseße vom 17. Juli 1846 bei dem Kammer= gerichte und dem Kriminalgerichte zu Berlin eingesührte Strafoer= fahren stattgefunden hat, die Ausdehnung desselben Verfahrens für einen größeren Umfang zu gewärtigen steht, daß die Fortbildung die=- ses Verfahrens zu gleichen oder ähnlichen Institutionen führen wird, wie sie in der Rhein - Provinz bestehen, und daß es daher gerathen erscheint, das materielle Strasgeseß mit den Forderungen in Einklang zu bringen, die, wie sie für die Rhein - Provinz sich {hon gegenwär= tig herausstellen, sich \päter für den ganzen Umfang des Staates gel= tend machen werden.

Die Abtheilung schlägt einstimmig vor,

den Antrag zu stellen, entweder an der Spiße des zweiten Titels oder an einer anderen Stelle folgende Bestimmung in das Strafgesebbuch aufzunehmen : „„Dandlungen, deren Strafe der Tod oder das Zuchthaus oder Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren is, sind Verbrechen ; „Handlungen, deren Strafe Gefängniß oder Strafarbeit von kürzerer Dauer ist, sind Vergehen ; ¡„Oandlungen, deren Strafe bloße Geldbuße oder Polizei- haft ist, sind Polizei-Uebertretungen.““

Korreferent von Mylius: Jh habe um das Wort ge= beten, um den Grundsaß hier zu vertheidigen, den auh die Abthei= lung angenommen hat, und den ich für die erste Bedingung halte, wenn überhaupt in den rheinishen Formen das jeßige Strafreht zur Anwendung gebraht werden soll, ohne diese Formen selbst zu zer= stören. Es kamn nicht geleugnet werden, daß die Eintheilung in Verbrechen, Vergehungen und Polizei-Contraventionen, wie sie in den Rhein =- Provinzen existirt, zunächst einen formellen Grund hat z es ist die Rücksicht auf die Art, wie die einzelnen strafbaren Handlungen verfolgt werden. Das rheinische Recht stellt einen Grundsaß auf, an dessen Richtigkeit nie gezweifelt werden kann, daß die \{chwersten Anklagen auch die größten Garantieen bieten müssen für die Verthei= digung. Jndem daher das rheinische Recht diese Garantie in der Zusammenseßung des Gerichts, im Geschwornen - Gericht, für die shwersten Anklagen leistet, hat es nicht verkannt, daß es eine große Menge strafbarer Handlungen gebe, die ihrer Natur nah im leichte= sten und von Formen freiesten Verfahren zur Untersuchung gezogen werden müssen. Es sind dies die Polizei- Uebertretungen, diejenigen Handlungen, deren Strafe die geringste is, und weil sie die geringste ist, am schnellsten angewendet werden muß. A Hierin liegt die Nothwendigkeit, daß eine ganze große Reihe von dem Geseße verbotenen Handlungen von der Art scin werden, daß sie nit verfolgt werden können in dem Verfahren vor den Assi= sen, weil ihnen das Kriterium der \{chwereren Strafe mangelt, ebenfalls nicht verfolgt werden können in dem von Formen freiesten Verfahren vor dem Einzelnrichter , weil dieser weder der Anklage noch der Ver= thcidigung die gehörige Bürgschaft leistet. Diese 3te Klasse if die Klasse der Vergehen, welche als eine besondere Kategorie aufzunel= men nothwendig erachtet werden muß. Es isst dies im Allgemeinen ein System, welches auch der Entwurf selbs anerkennt, und es ist namentlih in dem Geseß über die Kompetenz durchzuführen versucht worden, diesen Unterschied zwischen Verbrechen, Vergehen und Poli= zei -= Uebertretungen auch in den dort bestimmten Formen geltend zu inachen, und man geht von der Ansicht aus, daß gerade das Gefeb innerhalb dieser Formen auch mit dem, was die Ryein - Provinz als ihr Recht geschüßt wissen will, vereinbar sei. Dieses ist jedoch eine Ansicht, welche ich nicht theile, und die ausführlih zu bestreiten hier vielleicht bereits vorgegriffen sein dürfte, aber doch schon jeßt einer allgemeinen Würdigung nicht entgehen kaun. Das ganze Kompetenz= Geseß geht nämlich vou der Ansicht aus, daß äußere Kriterien der Strafe festgestellt werden können, dur welche die Kompetenz der Gerichte, der Geshwornen-Gerichte sowohl als auch der übrigen, un angemessener Weise regulirt werden dürfte. Eine solche äußere Gränze is namentlich die Dauer der Strafe. Zch glaube aber nit, daß diese Ansicht richtig is, indem namentli für die Kompetenz der Geschworenen - Gerichte ein innerer Grund existirt, der überall Anerkennung finden muß, und wo er sie nicht er- hält, nothwendigerweise zerstörend wirkt; dieser ist nämlich, daß die Geschwornen ausschließlich zum Urtheilen über eine Strafe befähigt sind, über die kein Gerichtshof nach ihnen entscheiden kann, nämlich über die Strafe, die nah der politischen Bedeutung im Staate die \{chwerste ist, über den Verlust der staatsbürgerlichen Ehre. Weil die=- ser innere Grund die Kompetenz der Geschwornengerihte nothwendig

regulirt, glaube ih, daß jeder äußere Grund sie verkehrt regulirt 5

" indem daher das Erfahrungsgeseß diesem Grunde die Anerkenntniß