1848 / 23 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

in der Ausdehnung, wie dies erforderlih, verweigert, muß es die Grundprinzipien der rheinishen Jnstitutionen zernihten. Das sind die allgemeinen Gründe, welche mich bestimmt haben, vor der Ab- theilung den Antrag zu stellen, daß an der Spiße des Gesetz - Ent= wurfs der Grundsaß stehe, welchen hier die Abtheilung angenommen hat, der Unterschied zwischen Verbrechen, Vergebheu und Polizei= Uebertretungen. Jch muß erwarten, ob vielleiht Angriffe, die gegen dieses System gerichtet sind, mih noch dahin führen, einzelne Be- merkungen hinzuzufügen.

Abgeordn. v. Olfers: Jch bin mit dem Herrn Korreferenten hinsichtlih seiner Ansicht über den Antrag der Abtheilung ganz ein- verstanden, nur scheint mir, als ob der Begriff der Verbrechen, Ver= gehen und Polizei - Uebertretungen in anderer Weise gestellt werden könnte. Jh weiß sehr wohl, daß es schwierig sein wird, diesen Begriff festzustellen, aber für unmöglich halte ih es niht, und ih würde daher darauf antragen, daß die Handlungen als Verbrecben, Vergehen oder Uebertretungen bestimmt bezeihnet werden, Jch giaube, daß das passend sein würde, doch mag vielleicht die Abthei= lung Ursache gehabt haben, auderer Meinung zu sein.

__ Abgeordn. von Donimierski: Hier ergiebt sich schon die Richtigkeit der gestern von mir ausgesprochenen Ansicht, daß man bei der Begutachtung des Strafgeseß- Entwurfs durchaus ein bestimmtes Prozeß=Verfahren im Auge behalten müsse. Jn der Eröffnungs-Rede 11 von dem Königlichen Herrn Kommissar gesagt worden, daß dieser Entwurf den {önen Zweck habe, eine größere Rechtseinheit und in- nigere Gemeinschaft des Staatslebens berbeizuführen. Ganz in die- sem Sinne is dieser Vorschlag der Abtheilung gemaht, Wir kön-= nen überzeugt sein, daß die Rhein - Provinz um keinen Preis ihr Prozeß=-Verfahren wird aufgeben wollen, wenigstens is es bis jetzt niht vorgekommen, daß ein Land, wo dasselbe einmal eingeführt war, es wieder aufgehoben hätte. Gewiß der beste praftishe Beweis für den Werth desselben Es muß daher unsere Aufgabe sein, so viel als möglih das Straf - Geseß dem Prozeß - Verfahren der Rhein= Provinz anzupassen. Jch stimme also ganz für die Abtheilung und glaube, weun der Antrag im Allgemeinen nit aufgenommen wird, so müssen ihn die Abgeordneten der Rhein-Provinz jedenfalls für sich beibehalten,

_ Abgeordn. Freiherr von Gudenagu: Ich hatte vorausgesetzt, daß, ehe ih zum Worte gelangte, sih manche Stimmen gegen den Antrag der Abtheilung erheben würden. Bis jeßt ist das noch nit geschehen, und 1ch fann nur meine vollkommene Befriedigung und Freude dar-= uber aussprechen, daß die Abtheilung einstimmig die Dreitheilung an= genommen hat. Sollten sich Stimmen dagegen erheben, so müßte ih mir auch vorbehalten, was ih zur Vertheidigung derselben zu sa= gen hätte, vorzubringen. Da sie aber, wie gesagt, noch nicht gnge=- grissen worden, ist es auch noch nicht nöthig. Nach dem ausgezeich= neten Vortrage des Herrn Korreferenten ist mix nur aufgefallen, daß die Abtheilung einstimmig darauf angetragen hat, als Kriterium des Verbrechens oder vielmehr des Unterschiedes zwishen Verbrechen und Vergehen auch die Dauer der Freiheitsstrafe anzunehmen. Wenn ich den Herrn Korreferenten richtig verstanden habe, \o ift er der Mei- nung, daß nicht die Dauer der Strafe dieses äußere Kriterium, \on- dern die Ehklosigkeit oder Nichtehrlosigkeit einer Handlung das innere unumstößlihe Haupt - Kriterium des Unterschiedes zwischen Vergehen und Verbrechen sein müsse, Das war es jut, was ich hervorgelo- ben haben wollte im Gegensaß zu dem entgegenstehenden Passus des Gutachtens der Abtheilung, welcher lautet : „Handlungen, deren Strafe Gefängniß oder Strafarbeit vou kürzerer Dauer ist, sind Vergehen.“ So sehr ih daher für die Dreitheilung bin und sie für nothwendig erforderlih halte und für eine wesentliche Verbesserung der Straf- geseßgebung, so kann ich mich doch mit dem Gutachten der Abthoi- lung niht ganz einverstanden erklären und zwar aus dem einen Grunde, weil dieser Vorschlag hon vielen Fragen zu präjsudiziren scheint, die wir theils noch nicht in Berathung genommen haben, theils unter díe gehören, welche die Abtheilung sich noch vorbehalten hat, am Ende der Verhandlungen abermals in Berathuug zu neh=- nen, Leun wenn ih den Antrag der Abtheilung richtig verstehe, so wird schon dadur entschieden, wenn er angenommen würde, daß auch außer der Zuchthausstrafe noch andere eFreiheits\trafen über 5 Zahre stattfinden köunten, daß überhaupt außer der Zuchthausstrafe noch mehrere andere Freihßeitsstrafen bestehen sollen, daß endlich fr Vergehen feine Geldbuße stattfinden soll. So weit sind wir aber noch nicht, um über diese Fragen zu entscheiden. Jh könnte dahec aus diesen Rücksichten dem Gutachten der Abtheilung, weil es diesen Fragen präjudizirt, nicht beislimmen, obgleich ih dem Antrage mit Freuden beipflichte, Deshalb fann ih bei dem jeßigen Standpunkte der Berathung uur den Vorschlag machen, an die Spie des ganzen Entwurfs oder sonst an einer passeuden Stelle folgende Bestimmung aufzunehmen: „Alle geseßlich strafbaren Handlungen sind entweder Verbrechen, Vergehen oder Polizeiübertretungen.“ 2Was hiernach für Strafen auf die eine oder andere Art dieser Handlungen festgeseßt werden jollen, müßte einer späteren Berathung vorbehalten ble;ben.

Zustizminister von Savigny: Der Sprachgebrauch, der dem vorgelegten Entwurfe zum Grunde liegt, ist folgender. Es giebt zwei wesentlich verschiedene Klassen von strafbaren Handlungen : Ver- brechen, die im 2ten Theile, Polizei-Vergehen, welche im Zten Thei!e abgehandelt werden, Diesem Sprachgebrauche liegt zum Grunde der einfashe Gedanke, daß diese zwei Klassen von strafbaren Handlungen spezisisch von einander verschieden seien, nicht blos graduell, in mehr oder wemger ausgedehnten Strafen, Eine weitere Ünterscheidung im Sprachgebrauche is hier nicht vorausgeseßt. Ju diesem Sprachge-= brau aber 1 feinesweges ein neuer Gedanke auszuführen versucht worden, vielmehr {ließt sich dieser Sprachgebrauch an dasjenige an, was von der deutschen Strafrechtswissenschaft in neuerer Zeit immer allgemeiner anerfannt worden is, So viel hier zur Erläuternng des Sinnes , in welchem die Ausdrücke gebraucht sind in dem vorgeleg- ten Entwurfe. Cs wird uns nun von der Abtheilung vorgeschlagen an die Stelle dieses Sprachgebrauches cinen anderen zu seben und dieseu gleich von vornherein in einem eigenen Paragraphen auszu=- sprechen, uämlih auszusprechen, daß es dreierlei Klassen von \trafba= ren Handlungen gebe, Verbre hen, Vergehen und Polizei-Uebertretun- gen, Woher is diese dreigliedrige Eintheilung der strafbaren Hand- lungen genommen? Sie stammt offenbar auc dem rheinischen Straf- gesebbuch, aus dem Code pénal, und welche Bedeutung hat sie hier? Sie steht in unmittelbarer Verbindung mit der dortigen Straf-Pro= zeß = Ordnung und Gerichtsverfassung. Es kommt dort vor: crime, délit und contravention, Dies if gFleichbedeutend mit Verbrechen, Vergehen und Polizei - Uebertretung , welche Worte zur Uebersczung der französishen gebraucht worden sind, Es haben auch ganz unzweifelhaft diese drei Ausdrüde dieselbe Bedeutung, dl it die strafbare Handlung, welche vor die Assisen gehört, délit diejenige, die vor das cor1ectionelle Ge- richt, und contravention, bie vor das Polizeigeriht gehört. Das ist die Bedeutung dieser Eintheilung, Es ist nun uicht zu bezweifeln, daß es eine große Wichtigkeit hat, dur solche feste Ausdrüde gleich erfennen zu fönnen, wie verschiedene Klassen von Gerichten thätic werden, um strafbare Handlungen zu verfolgen. Cs ist aber, wie oft erklärt wordeu ist, die entschiedene Absicht der Regierung, die Gerichts- Verfassung und das Straf - Prozeßverfahren am Rhein nicht zu ân- dern, also auch das jet beabsichtigte Strafgeseßbuh mit dieser ver-

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einbarlih zu halten. Insofern also unstreitig eiîn gewisser Vortheil

darin liegt, die Anwendung dieser Gerihts-Verfassung dur eine feste

dafür zu sorgen sein, daß dieser Vortheil der Rhein - Provinz nit entgehe, Meiner Ueberzeugung nach i durch die Fassung des Kom- petenz - Geseßes für die Erhaltung dieses Vortheils in der Rheinu- Provinz hinreichend gesorgt. Weun wir aber tiefer auf die Sache eingehen und fragen, was is der Grund dieses verschiedenen Verfah= rens, nah welchem gewisse Handlungen vor den Assisen, andere vor dem correctionellen Gerichte, noch andere vor dem Polizeigerihte ver- handelt werden, so ist offenbar die Absicht, wie au schon von meh- reren geehrten Rednern erklärt worden ist, daß dur die mit Ge- {worenen verbundenen Assisen eine höhere Garantie gegeben werde für die Ausübung der Gerechtigkeit in Bezug auf {were Verbrechen,

Interesse des Angeschuldigten, den wir uns immer als möglicherweise un- shuldig denfen müssen, damit fein Unschuldiger irrthümlich bestrast werde. Nun aber frage ich: Jst eine solhe Garantie für die Ge- rectigfeit im Jnteresse des Staates und des Angeschuldigten nicht nöthig und wünschenswerth au für die 2te Klasse strafbarer Hand- lungen? Jst es dem Staate, is es dem Angeschuldigten gleichgültig, wenn die Rede von einem einfachen Diebstahle ist, der bis auf 5 Jahre bestraft werden fann ? Niemand wird das behaupten. Konsequenteriweise müßte also eigentlich diese Garautie dur alle Klassen strafbarer Handlungen durhgeführt werden. Warum geschieht das niht? Es geschieht uicht wegen der absoluten Unmöglichkeit, wegen der völligen Unausführbarkeit. Es werden ungefähr 20 bis 30mal so viel Sachen vor die correctionellen Gerichte gebraht, als vor die Assisen, es wäre aber uumöglih, die Kräfte herbeizushaffen, die nöthig wären, um alle Sachen gleihmäßig vor den Geschwornen zu verhandeln. Also hat man, sich dem Geseße der Nothwendigkeit fügend, was niht zu tadeln is zwischen mehr wichtigen und minder wichtigen Verbrechen einen Unterschied gemacht, und auch das ist nicht zu tadeln.

Nur muß man sich nicht der Täuschung hingeben, als ob der Unterschied ein prinzipieller wäre, Der Unterschied is nur durchge- führt worden, weil es unmöglih wäre, alle Sachen mit glei voll=- ständiger Garantie zu versehen, die man daher beschränkt hat auf die verhältnißmäßig geringe Anzahl der {wersten Fälle. Man fönnte allerdings fragen, da hier die eigentliche Gränze gezogen is , nach einer gewissen Dauer der Freiheitsstrafen; warum gerade hier, warun nicht anderswo ? Dieser Einwurf muß zurückgewiesen werden, denn überall, wo das Gese eine gewisse Zeit - Gränze annimmt, is eiue gewisse Willkür nothwendig, ist also nicht zu tadeln, weun sie au= gewendet wird. Es wurde zwar noch hinzugefügt, es sei noch außer dieser Zeit-Gränze ein prinzipieller Unterschied darin anzunehmen, daß diejenigen Strafen, welche aus\hließend die Ehre entziehen, nur vor den Assisen verhandelt werden können. Dies zieht die Frage aber auf ein anderes Gebiet, und dies greift so weit, daß darüber hier in dem gegenwärtigen Augenblick unmögli eine Entscheidung gefaßt werden kann, sondern vershoben werden muß, wohin ih mich vo1= läufig erkläre, bis zu dem Punkte der ganzen Diskussion, wo über die Natur der Strafen eine bestimmte Meinung wird gefaßt werden können. Es geht nämlich durch den vorgelegten Entwurf durchweg die Ueberzeugung, auf die allerdings der höcste Werth ge- legt wird, daß der Verlust der Chre in Verbindung ge\ebt werden muß mit gewissen Klassen von Handlungen und nicht vorzugbweije oder allein mit gewissen Klassen von Strafen. Das ift es, was sich durch den ganzen Entwurf durchzieht und jeßt unmög= lich präjudiziell schon entschieden werden kann. Man hat ferner ge= sagt, es sei diese dreigliedrige Eintheilung in das Rechtsbewußtsein des rheinishen Volkes eingedrungen, dieses allgemein verbreitete Be= wußtsein über die dreigliedrige Cintheilung sei etwas Heilsames und müsse jeßt der ganzen Nation mitgetheilt werden durch eine dahin zielende Fassung des neuen Strafrehts. Jch gebe diese Behauptung in gewisser Hinsicht zu, nämlich so, daß Jedermaun am Rheine weiß, daß der einfah& Diebstahl vor das Correctionsgeriht komme, der qualifizirte und der Mord vor die Assisen gehören. Jn diesem Sinne gebe ich zu, daß die dreigliedrige Eiutheilung in das RNechtsbewußt= sein des Volkes übergegangen is, Jun einem auderen Sinne kann ich aber diese Behauptung nicht einräumen, Nämlich man könnte aller- dings behaupten oder der Behauptung den Sinn beilegen, als ob das, was man Verbrechen nennt, eine spezifish verschieden strafbare Handlung wäre , als die Vergehen, mit anderen Worten: daß sich die Vergel en in ähnlicher Weise zu den Verbrechen verhielten, wie sich die polizeiliden Vergehungen oder Uebertretungen zu den eigent- lichen Verbrehen verhalten, so daß es sih handelte um eine spezifisch verschiedene, nicht graduell verschiedene Art von Handlungen. Jn diesem Sinne würde ih jene Entgegensebung für das Rechtsbewußtsein des Bolkes verwerflich, für sehr nachtheilig balten, wenn dur eine ver- schiedene Gerichts-Verfassung das Volk sich daran gewöhnte, auf das, was man Vergehen nennt, an sich im sittlichen Gefühle einen gerin- geren Werth zu legen, diese als minder erheblich zu behandeln. Wenn man annehmen wollte, daß in diesem Sinne die dreigliedrige Ein-= theilung in das Rechtsbewußtsein des Volkes am Rhein übergegan- gen wäre, so müßte ih dies in Zweifel ziehen und, wenn es wahr wäre, für sehr nachtheilig halten, wenn das ganze Volk mehr oder weniger eine solche Einwirkung auf sein sittlihes Gefühl erlitte, und zwar von einer willkürlichen Gerichts = Eintheilung. És fragt sich: wie verhält es sich damit in unseren älteren Provinzen ? Diese haben ein solhes Gerichtsverfahren niht, wie am Rhein besteht, also das praftische Bedürfniß, was dort eine Beachtung dieser dreigliedrigen Eintheilung nöthig macht, existirt dort nicht, und da wir es nicht ha- ben, so halte ich es für vortheilhafter, wenn wir einen Sprach- gebrau, der auch der deutshen Sprachrechts- Wissenschaft gemäß ist, unverändert beibehalten und uns nichts Anderes aneignen, dessen Ur= sprung fremdartig is, w:s mit Bedürfnissen zusammenhängt, die bei uns nicht existiren. Man hat gesagt, daß auch bei uns solche Ge- richts-Justitutionen bevorständen, und so wäre man vorbercitet, wenn wir sie bekämen. Ob wir diese bekommen oder niht, davon fann jest nicht die Rede sein, jedenfalls kaun ih es nicht für räthlih er= achten, daß hier dur eine solche dreigliedrige Eintheilung, wie sie zusammenhängt mit anderen Gerichts = Verfassungen, auf indirekte Weise gleihsam der Einführung dieser Gerichts-Verfassung vorgear- beitet werde, Deshalb trage ih darauf an, daß diese dreigliedrige Eintheilung hier nicht angenommen werde, sondern daß es bei dem Sprachgebrauch verbleibe, welcher dem ganzen Entwurfe zu Grunde

liegt,

Korreferent Frhr. von Mylius: Zuvörderst muß ich mir ers lauben, einem Mißverständuisse zu begegnen, wozu allerdings das Gutachten der Abtheilung Veranlassung gegeben hat. Es ist nämlich der Ausdruck dort gefunden worden, daß ín dem Rechtsbewußtsein des Bolkes der Unterschied zwischen Polizei - Uebertretungen und Ver- gehen größere Wurzel gefaßt habe, als man möglicher Weise zuge- ben fönne, woraus der Herr Gesebgebungs - Minister zu folgern scheint, als habe im Bolksbewußtsein die Jdee Plah gegriffen, es fönne ein Vergehen, das von Verleugnung alles Rechtsgefühles zeu- e, als etwas Geiingfügiges zu achten sein, weil es niht von Ge-

chworenen gerichtet, Wenn die Abtheilung gesagt hat, dgß ein Un- terschied, der die Dreitheilung motivire, in der Rechts - Anschauung

dafür narogíe anschaulih zu machen und zu erleichtern, würde auch ;

1) im Juteresse des Staats, damit kein Verbrechen unbestraft bleibe, 2) im |

des Landés aber die Schwere der zu strafenden Handlung gegeben sei, so ist vorzugsweise nur gemeint, was auch vom Herrn Gesetzge-= bungs - Minister anerkannt ist, daß ein prinzipieller Unterschied eristire zwischen Verbrehen und Vergehen, zwischen Handlungen, welche e den höchsten Strafen bedroht werden, und zwischen iavbluuien welche mit geringeren Strafen vorgesehen sind, Es hat dies, wis bereits erwähnt, in Bezug auf die Verfolgung eiuen inneren E der namentlich bei der Beurtheilung durch Geschwornen - Gerichte nothwendig wird. Jener Grund is der, daß bei N chen, deren Strafe der Verlust der bürgerlichen Ehre ist das Urtheil nur durch Geschworne gesprochen werden fann, namentlih, wenn auch das politi‘che Element aufgenommen dés joll, wonach dieselben als Genossenschafts - Gerichte immer dann zuy urtheilen haben, wo es \sich um den Verlust der Rechte des Staats- bürgers handelt. Jh möchte mir erlauben, es als ein Mißverständ niþ zu bezeihnen, wenn darauf hingedeutet wurde, daß die rheinischen Rechte den Grundsaß aufstellen, daß nit die Handlung, sondery die Strafe den Verlust der bürgerlichen Ehre nach sich ziehe. Hätte das rheinishe Recht diesen Grundsaß, so würde ih ihn als verwerflich anerkennen. Aber, was giebt es am Ende Anderes, was die Strafe mit der Handlur.g verbindet, als das Urtheil? So wie da§S?Urtheil die Yandluug mit der Freiheitsstrafe vermittelt, \o auc mit allen anderen Strafen, Wenn aber Verlust der Ehre eintritt, so tritt er nicht als Annexum der Freiheitsstrafe ein, sondern als das, was das Geseß als nothwendige Folge der Handlung bezeihnet. Dagegen fann ih niht in Abrede stellen, daß die Frage selbst, ob die Auf= nahme der Dreitheilung in die Geseßgebung auch erfolgen solle, in wesentliche Zusammenhange mit wichtigen Grundsäßen des Prozes= ses is, und daß am Ende die Ansicht wohl durchgreifen möchte, dic Crörterung über diese Frage könne erst am Schlusse der ganzen De= batte erfolgen.

__Ich bitte aber, zu bemerken, daß, wenn wir diese Fragen zu haufig ausfondern, wir zuleßt ein solches Material vou Fragen be= kommen, aus welchem fein Ausweg zu finden ist. Und in dieser Be ziehung möchte ih doch den Autrag der Abtheilung, wie ey gestellt worden ist, {hon jeßt bevorworten, schon jeßt die hohe Versammlung bitten, daß sie dem Grundsaße, den die Abtheilung als leitend und bestimmend anerkaunt hat, ihre Zustimmung nicht versagen múge, obschon ich auf der anderen Seite nicht in Abrede zu stellen im Stande bin, daß er zu den wesentlichsten Prinzipien der Gesebßgebung und namentlich zu denjenigen gehört, deren gründ!iche Lösung eine genaue Kenntniß der Details voraussetßt.

Justiz-Minister von Savigny: Nur einen Punkt will ih zu rechtfertigen erlauben, den id aufgestellt habe. Jch habe nämlich behauptet, daß sich durch den gauzen Entwurf die Ansicht hindurch ziehe, daß bestimmte Handlungen entehren und die Entehrung in &olge von Strafen untergeordnet sei, daß hingegen die Entehrung in Folge bestimmter Strafarten das Eigenthümliche der rheinischen Gesebgebung sei. Dies leßtere glaube ich belegen zu difen durch Vorlesung der an der Spitze des ganzen côde penale stehenden Paragraphen :

Les peines en matière criminelle sont ou afslictives et in

famantes, ou scoulement infamantes.

Les peines alflictiyes et infamentes sont 4. la mort: 2. le traveaux lorcés à Perpetuité: 3, la deporlation; L les: tra veaux forcés à temps; 5. la réclusion.

Korreferent Frhr. von Mylius: T glaube doch, daß dieser Grundsaß dem, was ich aufgestellt habe, nicht zu nahe tritt, denu es steht weiter nichts darin, als daß es gewisse Strafen giebt die mit dem Verluste der bürgerlichen Ehre in Verbindung stehen, Das ift

G g Berbre-

aber kein Gegensaß mit dem, was ich aufgestellt habe. T es Strafen geben kann, die nah der Kriminal Politik immer mit dem Verluste der Ehre verbunden sind, it ein Umstand, welcher in der Größe der Strafe des Verlustes der bürgerlichen Ehre seinen noth wendigen Grund hat, und aus welchem feineéweges zu schließen ist daß sder Verlust dieser Ehre eine Solge der Sifase uud. Wut eme Folge der strafbaren Handlung sei, :

Abgcordn. Graf von Schwerin: Jch muß mir erlauben, noch einige Worte zur Vertheidigung des Autrages der Abtheilung zu \a= gen, Die Abtheilung is von der Ansicht ausgegangen, daß wir den Wünschen unserer rheinischen Kollegen so weit uachgeben könnten und dürften, als auch für die älteren Provinzen ein Schaden nicht dag durch herbeigeführt wirb. Wenn ich demnach auch vorausfezen wollte, was der Herr Minister der Gesebgebung uns eben ausgesprochen hat, daß es für das sittlihe Gefühl der älteren Provinzen nicht uur nicht förderlich, sondern sogar nachtheilig sei, in das Strafgeseßbuch diese Dreitheilung mit aufzunehmen, so würde ih meine Zustimmung zu dem Votum uicht abgegeben haben. Zch kann das aber nicht aner fennen. Es würde vielleicht richtig sein, wenn die Abtheilung wirk= lih die Absicht gehabt hätte, nur eine graduelle Unterscheidung an- zuerkennen und uicht eine prinzipielle. Es ist aber, wie ich ausdrüd lih bemerfe und der Herr Korreferent ebenfalls hervorgehoben hat, die Absicht gewesen, eine prinzipielle Unterscheidung auch hier einzu= führen, und zwar in der Weise, daß Alles, was ehrlos ist, als Ver brechen gestempelt, und Alles, was nicht ebrlos ist, in die Kategorie der Vergehen hineingeseßt wird. Das ist, meiner Meinung nach, niht nur dem sittlihen Bewußtsein des Volkes nicht unförderlich, sondern ihm gerade recht förderlih, wenn es bestimmt weiß, die und die Handlungen, welche als © erbrechen bezeichnet sind, sind solche, welche mit der bürgerlihen Ehre nicht bestehen fönneu, Jch halte sie aber auch für das Gerichtsverfahren, wenn man auch niht der Einführung der Geschwornengerichte vorarbeiten will, doch einigermaßen für praf= tisch wichtig. Jh bin wenigstens dabei durhaus nicht von der Bor= ausseßung ausgegangen, daß ih hierdurch der Eiuführung der Ge

\{chw5rnengeridhte vorarbeiten wolle. Ich habe gestern bereits ausge sprochen, daß ih der Meinung des Herrn Landtags-Kommisjars und des Herrn Ministers der Geseßgebung vollkommen beitrete, daß hier nicht der Ort sei, darüber zu disputiren, ob das Geschwornengericht au in den anderen Provinzen einzuführen; aber ih glaube, daß wenn man nur den Grundsaß anerkennt, daß die bürgerliche Chre, das höchste Gut des Menschen vom Gesichtspunkte des Staates qus ist, man do auch es für praktisch wichtig erachten fann, für unser Verfahren diesen Grundsaß überall an die Spibe des Geseßbuches gestellt zu sehen, daß man allen Handlungen, welche ein Aberkennen der bürgerlichen Ehre nah si ziehen, einen besonderen Namen giebt. Es sind, wie schon gesagt worden is, die größercn Garantieen der Vertheidigung, die um deswillen gefordert werden müssen, weil es das höchste Uebel ist, welches Jugesigk, werden Fann, Es fann also auch bei unserem Verfahren {hon ohne die Vertheidigung mit größeren Garantieen umgeben werden, bei Verbrechen wie bei Vergehen. Wenn nun troßdem der Vorschlag, wie ihn die Abtheilung hier gemacht hat, im Wesentlichen eine graduelle Abstufung der Strafen hinstellt, so is es aus einem Grunde geschehen, der erst später der hohen Versamm-= lung klar we:den wird be! Beurtheilung des Gesetzes selbs. Die Zuchthausstrafe bedingt. nah dem Gesetze ein- für allemal den Ver- lust der bürgerlichen Ehrez bei allen anderen Straf-Erkenntnissen muß das Verbrechen als ein solches bezeichnet sein, und neben der Frei= heits\strafe noch auf Verlust der hürgerlihen Ehre erfannt werden. Es wird daher nicht eher beurtheilt werden können, ob es Verbrechen giebt, die niedriger als mit 5 Jahren Strafarbeit bestraft werden unb

« Wenn man Verbrechen und Vergehen unterscheiden will,

doch den Verlust der bürgerlichen Ehre nah \ich ziehen. Wenn in dem Geseße noch solche Bestimmungen stehen bleiben, so is es dann noth- wendig, daß man bei dieser Charafterisirung der Verbrechen nah dem Geseß dann noch den besonderen Zusaß macht und sagt: oder bei denen auf Verlust der bürgerlichen Ehre zu erkennen ist. Ich glaube, ih habe die Ansicht und Meinung der Abtheilung richtig aufgefaßt, indem ih sagte, das Kriterium soll der Verlust der bürgerlihen Ehre sein, und wer eine Handlung begaugen hat, auf welche das Gese den Verlust der bürgerlihen Ehre seßt, ist eiu Verbreheu, Wer aber eine Handlung begeht, die zwar strafbar ist, aber nit ehrlos macht, der hat nur ein Vergehen begangen. Somit glaube ih doch, daß sih einigermaßen diese spezifishe Unterscheidung für die älteren Provinzen nicht nur rechtfertigt, sondern auch, abgesehen von der Ein- führung des Geschworenengerichts, ihren großen Nuben haben kann.

Abgeordn. vou Byla: Wenngleich in das Strafgeseßbuch für die alten Provinzen der Monarchie die Dreitheilung nicht ausgenom-= men is, so bin ich doch der festen Ueberzeugung, daß im Volte die- ser Unterschied dessenungeachtet hon gemacht wird. Selbst der ge=- ringste Mann unterscheidet zwischen Uebertretung von Polizei - Ge-= seßen, Vergehen und Verbrechen eben so gut, als wenn dies aus=- drücklich im Geseße bestimmt wäre, Aber ih finde eben so wenig irgend ein Bedenken darin, die Dreitheilung in das neue Strafge= seßbuch aufzunehmen, namentlich nit, wenn dies unseren rheinischen Brüdern angenehm und wünschenswerth is, Wenn {hon in der That dieser Uifterschied bei uns besteht, warum soll man Anstand nehmen, cs im Geseßze auszudrücken. Nur habe ich ein Bedeuken dabei, die Unterscheidungs = Merkmale anzunehmen, wie sie die Abtheilung vor- geschlagen, namentli die erste Bestimmung der Verbrechen, És hat zwar der Vorsißende der Abtheilung jeßt {on einigermaßeu diese erste Bestimmung abgeändert, und ih bin mit dieser Erklärung voll- fommen einverstanden. Jch verstehe nämlich unter Verbrechen nur eine Uebertretung des Strafgeseßes, welche den Verlust der bürger= lichen Chre nach si zieht, wenn man aber hierzu auch solche Ueber- tretungen rechnet, worauf Freiheitsstrafe von 5 Jahren gesetzt ist, so halte ih dies für bedenklih, denn dann würde eine Handlung, welche mit 47 Jahren oder mit 4 Jahren 11 Monaten zu bestrafen, fein Berbrechen sein, aber wohl eine, die mit 5 Jahren bestraft wird. Das wäre nicht zu rechtfertigen , und insofern cine Abänderung in dieser Beziehung vorgenommen wird, bin ih mit der Abtheilung vollkommen einverstanden,

Refeïênt Naumann: Der Grund, welcher die Abtheilung ge= leitet hat, die Eintheilung in Verbrechen, Vergehen und Polizei-Ueber retungen vorzushlagen und zu gleicher Zeit den Unterschied zwischen diejen einzelnen strafbaren Handlungen festzustellen, liegt in Beziehung auf diejen leßteren Punkt besonders darin, daß die Abtheilung über- haupt glaubte, von vornherein ein bestimmtes Kriterium aufstellen zu müssen, wenn von einer solcheu Eintheilung die Rede sein soll. Sie hat ein solches Kriterium aufgestellt, als sie an die Berathung des GVejebe-Cntwurfes ging; sie hat es aber uur aufgestellt, um sih ge- vijsermaßen selbst einen Prüfstein für die weitere Berathung zu schaf= fen. Ju diesem Sinne bitte ih die Sache aufzufassen, ih glaube, ich werde bei den Mitgliedern der Abtheilung keinen Widerspruch fin- den, daß dem wirklih so is. Ob sich dieses Kriterium durch das ganze Geseß wird durchtühren lassen, muß einer weiteren Prüfung und endlichen Entscheidung vorbehalten bleiben. Jch halte mei- uerseits nicht daran fest, die Eintheilung so hinzustellen, wie es ge=- schehen is, namentlich 5 Jahre der GFreiheits-Entziehung als Krite- rium des „Verbrechens“ anzunehmen, So wenig ich dies thue, eben so wenig würde ih mich von vornherein dafür entscheiden, blos wieder nah der Maßgabe, ob Verlust der bürgerlichen Ehre eintritt oder nicht, zur Unterscheidung hinzustellen. Jh will bei Berathung des ganzen Geseß-Entwurfs darauf Rücksiht nehmen, aber mich nicht binden, weil noch andere Kriterien aufzustellen sein können. Es ist und auf diesen Punkt muß ih zurückommen der Abtheilung der Borwurf gemacht worden, sie kaptivire gewissermaßen durch eine solche Eintheilung, indem sie damit voraussebe, daß eine ähnlihe Jnftitu- tion, wie ste die rheinishe Provinz besiße, auh in den übrigen Pro-= vinzen des Staates eingeführt werde. Es is dieses Verfahren als ein räthliches, unserer Aufgabe eutspre:hendes nit erfaunt worden. Zch muß mir die Bemerkung erlauben, daß der Wunsch, jene Justi- tutionen zu erhalten, allerdings für viele Mitglieder der Abtheilung und insbesondere für mich leitend war, und ich muß es für ganz au- gemessen ansehen, wenn man für diesen Fall, daß es zulässig sein sollte, Justitutionen der Art einzuführen, auch das materielle Straf= geseßbuch so einrichte, daß es der Einführung derartiger Jnstitutionen niht hinderlich werde.

Abgeordn, Sperling: Auch ich bin der Ansicht des Herrn Korreferenten, daß die Eintheilung der Geseß-Uebertretungen, wie sie das französische Geseß feunt, durch das dortige Gerichtsverfahren nicht bedingt ist, daß gerade umgekehrt die Gerichte mit Rücksicht auf die von den Geseßen vorgenommene Cintheilung organisirt worden sind. So weit wir in der Rechtsgeshichte zurückgehen, hat eine Unterscheidung der Geseß-Uebertretungen in diesem Sinne stattgefun-= den, Schon in der Carolina findet sich eine solche Andeutung. Jus-=- besondere kennt sie auch s{hon unsere alt - vaterländische (Besebßgebung. Dieselbe unterscheidet ausdrücklich zwischen Verbrechen, Vergehen und Polizei - Uebertretungen, indem fie als leßtere nicht blos Contra- ventionen gegen Verordnungen der Behörden, sondern auch Ueber= tretungen eigentlicher Strafgeseße dadurch bezeichnet, daß sie für die=- selbe ein polizeimäßiges Untersuchungs - Verfahren anordnet. Diese Unterscheidung hat, wie {on bemerkt worden ist, in der Volksgusicht ihren Grund, Das Volk unterscheidet sehr wohl zwischen einem Berbrechen und demjenigen, der si einer gelinden Geseßes-Uebertre= tung schuldig macht. Der Erstere wird als ein Chrloser angesehen, und man entzieht sih seinem Umgange. Nicht so bei dem, welcher sich einer leichteren Gesebes - Uebertretung \huldig gemacht hat. Diese Unterscheidung is ein mächtiger Hebel für die Volksmoral, den wir uicht gut aufgeben können. Jch trete also in dieser Be- ziehung dem Gutachten der Abtheilung bei. Nur in Bezug auf die von der Abtheilung vorgenommenen Kriterien möchte ih mich dage= gen erflären, daß das Strafmaß allein entscheiden soll, ob eine solche Handlung als Verbrechen, Vergehen oder als Polizei - Uebertretung zu betrachten sei.

Zunächst möchte ih alle Handlungen, welche den Verlust der bürgerlihen Ehre nach sich ziehen, ohne Unterschied der sonstigen Strafe, in die Klasse der Verbrechen seßen und nach diesen auch die Handlungen, bei welchen auf eine längere als fünfjährige Freiheitsstrafe erkannt wird.

Die Polizei - Uebertretungen zu carafterisiren, is \ch{chwieriger, Indessen hat uns der jebige Geseß - Entwurf in dieser Beziehung ge= holfen, denn es sind in demselben die einzelnen Polizei - Uebertretun- gen spezialisirt worden, und dies scheint zweckmäßig. Dabei kann man es belassen, Die Nüance der Vergehen würde dann nur negativ bestimint werden dürfen, indem man dazu alle diejenigen strafbaren Handlungen zählt, welche weder zu den Verbrechen noch zu den Po- lizei Uebertretungen gehören.

, Justiz-Minister Üh den: Jm Ganzen trete ih der Aeußerung meines geehrten Herrn Kollegen vollständig bei; es fragt si aber, ob wir uns nicht gegenwärtig noch die Debatte ersparen können, so könnte ene Unterscheidung darin gelegt werden, ob eine solche Handlung eine

141 shlechte, ehrlose Gesinnung verräth oder nit. Geseß-Uebertretun- gen mit ehrloser Gesinnung fönnte man Verbrechen, die ohne diese Vergeheu nennen. Nimmt man zu diesen beiden die Polizei-Contra= ventionen hinzu, so würde man zu einer dreigliedrigen Eintheilung gelangen. Der Vorschlag der Abtheilung aber nimmt auf diese Ju=- tensivität der Verbrechen keine Rücksicht, sondern bestimint die Grän- zen ganz objektiv, indem er die Unterscheidung zwischen Vergehen und Verbrechen fast auss{ließlich von dem Maße der Strafe abhängig macht. Eine solche Unterscheidung halte ih nit dem wahren Rechts- gefühle angeméssen, vielmehr würde ih ein größeres Gewicht darauf legen, ob die zu bestrafende Handlung einen infamirenden Charafter an sih trägt. Das Detail dürfte si aber erst bei Berathung der einzelnen Verbrehen ergeben. Jch will z. B. das Verbrechen des ersten Diebstahls anführen, wo das Maß der Strafe nur auf sechs Wochen bestimmt, aber zugleich vorgeschlagen is, deu Verlust sämmt= liher Ehrenrechte eintreten zu lassen. Jh glaube daher, daß es zweck- mäßiger ist, die Berathung und den Beschluß über den Vorschlag der Abtheilung zur Zeit noch auszuseßen. (Schluß folgt.)

Bf tfguongen.

In dem in der Allg. Pr. Ztg. vom 22sten d. M., Nr. 22, abgedruckten Theile des stenographischen Berichts über die zweite Siz- zung des Vereinigten ständischen Ausschusses sind folgende Druckfeh- ler zu berichtigen :

1) auf Seite 124, zweite Spalte, Zeile 44 v. o., ist statt des

Namens „Urban“ der Name Jordan zu seben.

2) auf Seite 126, zweite Spalte, Z. 49 v. o,, statt des Namens

,-90n Wylich‘/ der Name von Mylius zu seben.

3) auf Seite 126, dritte Spalte, 3. 50 v. M; E DEY G. ch Des

Strafgeseß-Entwurfs einzuschalten : .

„Eben so sind die preußischen Strafgeseße anzuwenden auf die im Auslande von preußischen Unterthanen begangenen Verbrechen.

Wenn jedoch die im Auslande von einem preußischen Unter=- than begangene Handlung in den Geseßen des Auslandes nicht mit Strafe bedroht i, so soll das preußische Straf- geseß darauf uur dan angewendet werden, wenn die Handlung

entweder ein Verbrechen gegen den preußischen Staat

enthält,

oder in der Absicht, das preußische Strafgeseß zu um=

gehen, im Auslande vorgenommen ist,

Außer diesen beiden Fällen soll eine \solche Handlung straf- los bleiben.“ 4) auf Seite 127, zweite Spalte,

Abgeordneter fort.

Berlin, den 22. Januar 1848.

Das Sekretariat des Vereinigten ständischen Ausschusses.

Stêdsrieb. Kuschke.

3. 40 v. o., fällt das Wort

Jn unserem gestrigen Blatte (Nr. 22) muß es S. 128, Sp- 2, 3. 13 9. o. statt „cinmal“ heißen: „niemals“; ferner is daselbst 3e 22 am Ende das Wort „und“ zu streihen; und Sp. 3, Z. 36 v, 0. zu lesen: „daß man das mildere Gesebß des Auslan- des anwende,“

Uichtamtlicher Theil.

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Deutsche Bundesstaaten. Großherzogthum Mecklenburg- Schwerin, Verordnung wegen der neuen Landesmünze. Desterreichische Monarchie. Mailand. Unruhen in Pavia,

Frankreich. Schreiber, aus Paris. (Schluß der Debatten über die Adresse in der Pairs-Kammierz Begehren Abd el Kader's; eingeschriebene Redner gegen die Deputirten-Adresse.)

Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.

Eisenbahnen und Dampfschifffahrt. Stettin, Waarenschuppens,

Handels- und Börsen - Nachrichten,

Brand eines

Deutsche Bundesstaaten.

_ Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin. (H. C.) Vie neueste Nummer des offiziellen Wocheublattes vom 15, Ja=- nuar enthält die unterm 12ten d. erlassene landesherrliche Verordnung wegen Einführung des 14-Thalerfußes als Landesmünze. i Nach dieser Verordnung wird der 14-Thaler- oder 21-Guldenfuß von inem noch näher zua bestimmenden Tage an als alleiniger Landesmünzsuß für Silbermünzen angenommen. Von diesem Tage an sind daher alle auf mecklenburgisch Valeur oder auf Nck und andere Münzen des 12-Thaler- fußes lautende Zahlungs-Verbindlichkeiten, sowohl an öffentliche Kassen, als im Privatverkehr, in Münzen des 14-Thalerfußes zu erfüllen, und zwar (falls nicht ein anderer Agio-Betrag vertragsmáäßig festgestellt ist), wenn die Zahlung in mecklenburgischem Valeur bestimmt wurde, mit einem Aufgelde von 20 pCt,, wenn aber die Zahlung in Nck bestimmt wurde, mit einem Aufgelde von 165 pCt, Dagegen sind Zahlungen, welche in Grob-Cou- rant festgestellt sind, nach wie vor in dieser Münzsorte selbst zu erfüllen, sofern nicht unter den Jnteressenten ein Anderes vereinbart ist; auch bleibt es verstattet, auf andere Münzsorten, wenn selbige n11 nicht außer Cours’geseßt sind, zu kontra- hiren, und muß dann die Zahlung in der fontrahirten Münzsorte geleistet werden, Die Hauptmünze für das Land ist daher fortan der nach dem 14-Thalerfuße ausgeprägte Thaler, wovon 107 Stü eine Mark wiegen und 216 Grän Silber enthalten werden. Außer den Thalerstücken sollen jedo auch Drittel - und Sechstel - Thalerstüe (resp. 42 und 84 auf die Mark fein) ausgeprägt werden und, wle die Thalerstücke, unter dem Namen Cou- rant begriffen sein. Beibehalten wird die Eintheilung des Thalers in 48 Schillinge und des Schillings in 12 Pfennige, so daß der Thaler 576 Pfen- nige enthalten wird, Dieser Landes-Münzfuß \foll genau innegehalten und die nah demselben ausgeprägten Silbermünzen sollen nienals gegen den ihnen beigelegten Werth herabgesegt, auch eine Außercourssegung derselben anders nicht angeordnet werden, als nachdem eine Einlösungsfrist oon min- destens 4 Wochen festgeseßt und wenigstens 3 Monate vor ihrem Ablaufe bekannt gemacht worden is. Als Scheidemünze sollen ausgeprägt werden : 1) in Silber: a) Vierschillingsstücke (‘{,Thaler), 16 Thaler aus der Mark fein, und b) Schillinge ( Thaler), 18 Thaler aus der Mark fein; 2) in Kupfer; Drei- linge (¡32 Rihlr), in denen 24 Schillinge eine Mark wiegen, Diese neuen Münzen müssen bei zu leistender Zahlung angenommen twerden: die 4-Tha- lerstücke bis zu 30 T aler, die L-Thalerstücke bis zu 10 Thaler, die 17 -Tha- lerstüde bis unter 1 Thaler, die Schillingsstücke bis unter: 4 Schilling und die Dreilinge bis unter 1 Schilling. Den mit dem Großherzoglich mecklen- burg-shwerinshen Stempel ausgeprägten Courant-Münzen werden die Cou- rant-Münzen des Königl. preußischen Staats und derjenigen übrigen Staa- ten, welche die dresdener Münz-Convention vom 30, Zuli 1838 abgeschlos- sen haben oder ihr später beigetreten sind, ingleichen die Ceurant-Münzen des Königreichs Hannover, bei allen nah dem 14 Thalerfuße zu leistenden ae es Ee gerechnet, Fremde Münzen, die nicht nach dem 14 Thalerfuße in Gemäßheit der Münz-Convention vom 30, Juli 1838 und

nah dem Königlich hannoverschen Münzgeseße vom 8. April 1834 aus- geprägt sind, dürfen in öffentlichen Kassen _ von dem obengedachten Zeitpunkte an überall nicht weiter zugelassen werden, wobei je- doch vorbehalten bleibt, falls sich dies erforderli zeigen sollte, auch die fremden N3 Stücke nah einem näher zu bestimmenden Course ge- gen die Landesmünze noch einstweilen zuzulassen. Fremde Scheidemünze, worunter alle Münzen zu verstehen sind, welche nicht wenigstens & Thaler betragen, darf bei öffentlichen Kassen niht angenommen werden, so lange nicht wegen des Austausches derselben mit dem Staate, woselbst sie geprägt ist, Conventionen vereinbart sind; ausnahmsweise sollen jedoch hamburger Courant und mecklenburgisch Valeur, so wie die hannoverschen Zweigroschen- stücke, einstweilen noch bei den öffentlihen Kassen und im Privatverkehr an- genommen werden, Die medcklenburg-s{hwerinschen N*- und ¡-Stüde sollen nach und nach für die Großherzogliche Münze gegen Courant - Münze des 14-Thalerfußes mit einem Aufgelde von 167 pCt, eingewechselt und umge- \{molzen werden, bis dahin aber, daß dies vollständig geschehen sein wird, von den öffentlihen Kassen zum Course von 1165 angenom- men werden, Eben so sollen die mecklenburgishen 8, 4 und 1 Schil- lingsstüce allmälig eingewecselt und umgeschmolzen werden, bis dahin aber, wo dies vollständig geschehen sein wird, bei Zahlungen in Courant die Vierschillingsstücke zu 4 Schillingen und 9 Pfennigen und ZweischillingS& stücke zu 2 Schillingen und 3 Pfennigen angenommen werden, jedoch nur bei Zahlungen, welche resp. niht mit einem Acht - oder Vierschillingsstücke geleistet werden können. Dagegen bleiben die 7- und {-Schillingëstücke Sechslinge und Dreilinge ), so wie die Kupfermünzen (3, 2 und 4 Pfen- nigéstücke), im Cours, um auch für die Münzen des 14 Thalerfußes um- geändert als Scheidemünze zu dienen, Weder öffentliche Kassen noch Pri- vatpersonen sid verpflichtet, Papiergeld in Zahlung anzunehmen, falls eine solche Zahlungsart nicht ausdrüdcklich bedungen ist, „In Anschung der Gold- münzen bleiben alle bestehenden Verhältnisse unverändert,

Oesterreichische Monarchie.

Mailand , 13. Jan. (A. Z.) Jn dem heutigen Blatte der Gaz = zetta di Milano wird über Pavia im Wesentlichen Folgendes gemeldet : s ;

,, Die tröstlihe Ruhe, deren diese Stadt genoß, wurde am Abend des 9ten durh eine Menge von Personen aus verschiedener Klasse, aber unter denen viele vom gemeinen Pöbel, gestört, welche die Hauptstraßen durch- liefen und mít vielem Geschrei die Leute zum Herauskommen aus den Ca- fés und Wirthshäusern aufforderten, Während die Haufen anwuchsen, wurden aufrührerishe Rufe von Menschen ausgestoßen, die weder der Stadt noch der Universität angehören, Die erste Veranlassung zu der Zusammen- rottung und dem Geschrei hatten Jnsulten gegen Raucher, worunter sich auch Bürger befanden, gegeben. Da weder das Verschwinden der Naucher, noch der Rath besonnener Leute die zahlreich Versammelten auseinander- brachte, erschien eine starke Gendarmerie-Abtheilung, von einigen Dragonern unterstüßt und geführt von einem Polizei - Commissair in Uniform. Bon einigen Schlechtgesinnten mit Steinwürfen empfaugen, mußte die öffentliche Gewalt Gebrau von ihren Waffen machen ; verschiedene Personen wur- den verlegt, andere verhaftet. Daraufhin zerstreute sich die Menge voll- kommen, und für diesen Abend war die Ruhe hergestellt, Gegen alle Erwartung weigerte sich am Morgen des 10ten die Schuljugend (scola- resca), aufgereizt von einigen Böswilligen, in die gewöhnlichen Unterrichts- Stunden nicht weniger Professoren zu kommen, und indgzu sie sich auf of- fener Straße herumtrieb, gerieth sie in Kollisionen mit vorübergehenden Soldaten, Jndeß hörten die hieraus entsteheuden Unordnungen ohne das ausdrückliche Zwischentreten der öffentlichen Macht auf und vom Nachmit- tag an wurde in der ganzen Stadt die Ruhe niht mehr gestört. Die Vor- lesungen der Universität wurden nicht unterbrochen, und der gute Geist, dex im Allgemeinen in der Studentenschaft herrscht, eutsprah den väterlichen Ermahnungen der Lehrer, Thätigen Antheil am Tumulte bat beinahe tein Bürger, außer aus den untersten Klassen, genommen, Gestorben ist Nie- mand an den Verlezungen; verwundet sind im Ganzen 8, von denen 3 leicht; 2 von diesen sind Studenten, Noch wurde am 11ten Abends ciu Arbeiter im Zustande toller Trunkenheit von einer Patrouille verwundet, über welche Sache das ordentliche Verfahren eingeleitet ist.“

Fran kx ei x Paris, 18. Jan. *) Jn der beutigen Sißung der Pairs=-

Kammer bemerkte der Kanzler, es sei nöthig, die Geses-Entwürfe, über welche in der leßten Session die Berichte bereits erstattet wor= den, ohne daß sie fedoch zur Verhandlung kommen fonuten, auf die Tagesordnung zu seßen. Darunter befinden sich die Entwürfe über das Regime der Gefängnisse und das Hypothekeuwesen. Es wird dann zur Tagesordnung geschritten, welche Fortseßung der Verhand- lung des §. 10 des Adreß-Entwurfs vorschreibt.

“Herr Cousin bringt einige Bemerkungen vor über die gestern vom Minister des ZJnnern gehaltene Nede. Die Quintesfenz dieser Nede läuft, nach der Ansicht des Herrn Cousin, auf eine Vertagung aller Reformen auf unbestimmte Zeit hinaus, aber nicht auf eine peremtorische Wei- gerung, dem allgemeinen Wunsche zu willfahren. Wäre Leßteres der Fall, so würde der Redner die Debatte offen erhalten haben, Ex werde also antworten, bis die Regierung die Jnitiative ergreife. Jm Falle die Regierung sie zu ergreifen Unterlasse, werde er selbst ic dieser Aufgabe unterziehen. Er sei nicht blos ein Manu des Wortes , sondern au ein Maun der That, und habe davon mehr als einmal Beweise gegeben, selbst unter s{hwierigen Umständen. Graf Alton Shee fragt, ob die Regierung den Bürgern das Recht zuerkenne, \sich in Banketten zu versammeln, oder ob die 53 Bankette, die bis jeßt stattfanden, nur von ihr geduldet wor- den und sie sich die Befugniß vorbehalten habe, sie zu untersagen, Er fragt ferner, ob es mit ihrer Zustimmung geschehen sei, daß der Polizei - Präfekt das Bankett untersagt habe, das im 12ten Stadtbezirk von Paris stattfin- den sollte? Der Minister des Jnnern erklärt, offen und unumwunden auf die Frage antworten zu wollen. Die \Regierung habe das Recht, die Bankette jeden Augenblick zu untersagen. Dieses Recht stehe ihr kraft eines allge- meinen Polizei-Gesezes vom Jahre 1790 zu, Das sei unbestreitbar. Sobald die Regierung diese Untersagung für nothwendig erkenne, werde sie von dem ihr zustehenden Nechte Gebrauch machen. Jm Jahre 1841 habe sie es bereits ausgeübt, Wenn sie es dieses Jahr noch nicht gethan, so habe sie es eben bis jeßt nicht für nothwendig erachtet. Was den Polizei-Prä- fekten betreffe, so habe derselbe nur gemäß den Befehlen des Ministers des Innern das Bankett des zwölften Bezirks untersagt. Es sprechen noch Herr Villiers du Terrage, der sih gegen die Bankette erhebt, Marquis von Boisfv, der sie gefahrlos findet und dann ein Amendement vorsclägt, kraft dessen die Worte „feindliche oder verblendete Leidenschaften“ weggelas- sen werden sollen, als eine unpolitische Herausforderung an die, welche Re- formen verlangen; endlih Herr von Barante, der Berichterstatter, wel- cher den Unterschied hervorhebt, zwischen Bankeite, bei welchen nur lovale Kundgebungen stattfinden, und solchen, bei denen Prinzipien und Wünsche laut werden, welche die Gemüther zu beunruhigen geeignet. Das Amen- dement des Herrn von Boissy wird zur Abstimmung gebracht Und ver- worfen, der §, 10 dagegen angenommen, eben so der §. 11. Das Skru- tinium über die ganze Adresse ergab deren Annahme mit 144 gegen 23 Stimmen, Die Zahl der Abstimmenden hatte 167 betragen. As

Jn dem Briefe, welhen Abd el Kader an den König geschrie ben (s. unser gestriges Blatt) stellt derselbe allerdings sein ganzes fünftiges Schicksal der Entscheidung des Königs anheim, begehrt aber, daß man seine Familie, so wie alle diejenigen, die auf seinen eigenen Wunsch ihm nach Frankreich gefolgt sind, nicht von ihm trennen möge, was jeßt, wo Abd el Kader nur mit einem Theil der Perso- nen seiner Familie im Fort Lamalgue bei Toulon sich befindet, aller= dings nur für eine geringe Zahl der Fall ist, Aller Wahrscheinlich- feit nach wird die Regierung sich zux Bewilligung diejes Verlangens verstehen und damit die ganze Schwierigkeit, von welcher gestern auch in der Pairs-Kammer die Rede war, gelöst werden. i

Heute früh begannen die Redner sich einzuschreiben, welche bei der Verhandlung der Deputirten-Kammer über die Adresse das Wort

*) Die Oekonomie unseres Blattes nöthigte uns heute, diesen Brief vom späteren Datum dem unten folgenden vom 17. Januar “V dati D. Red,