1848 / 28 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

“et Mate vor rap ti i

j müssen. Es wird also, wenn die Ueberein-

eblicher Dauer eintrete fgesepes mít dem gegenwärtigen Entwurf D t ist, der Fall niht eintreten können, daß wegen eines erbei p "ae Militair = Stande förperliche Züchtigung angewendet

i f ine gleihzeitige Freiheitsstrafe von beträchtli- As I E n ien Séllen aber darf die körperlihe Züchtigung

Ver ugleich Verseßung in die zweite Klasse r E eite Mlusle, aus der in die erste emporgehoben fo Soldat nur durch besondere Verfügung Sr. Majestät des Kö- nías werden kann, in die zweite Klasse, von der ih vorausseßen darf, daß se zur Erreichung militairischer Zwecke im Kriege ohnehin von Feinem sehr erheblihen Nußen sein werde. Das siud die Gründe, meine Herren, weshalb i, abgesehen davon, daß die Nothwendigkeit der Oleihheit niht zugegeben werden fann, auch nit glaube, daß die Nothwendigkeit der körperlichen Züchtigung in der Armee vorhan=- den sei. E i: bgeordu, Wodiczka : Wenn nicht alle, doch gewiß die meisten Mitglieder der Abtheilung werden die Erfahrung gemacht haben, daß die meisten Diebe und Räuber sih aus einer mehrwöchentlihen, ja mehrjährigen Gefängnißstrafe nihts machen, und daß sie fortfahren, Unthaten zu begehen und sich fremdes Eigenthum widerrechtlich zu- ueignen, Man muß daher zu der Ueberzeugung kommen, daß Frei- Prltb-Entziehung für sie feine Strafe sei, und daß es nothwendig sei, egen solhe Menschen eine solche Strafe anzuwenden, welche in ihnen R finnlichen Trieb zur Begehung der unerlaubten That aufhebt, Man kommt demnach zu der Hesegeigug, daß man, um ihnen die Lust zur Begehung der That zu vertreiben, ihnen ein solches Uebel zufügen müsse, welches die Unlust, die aus dem unbefriedigten Antriebe zu der unerlaubten Handlung entsteht, übersteigt. Jch finde dieses größere Strafübel in der förperlihen Züchtigung. Man behauptet zwar, die- selbe verleße das Ehrgefühl eines jeden Menschen; wenn aber ein Mensch fortfährt, Diebereien und Räubereien zu begehen, so hat er sich selbst der Ehre verlustig gemacht, und man kann niht behaupten, daß ihm das Ebrgefühl genommen werde, welches er niht mehr be- sit. Daher halte ih die körperliche Züchtigung niht für inhuman, sondern für gerecht, Man fann zwar dem Entwurfe den Vorwurf machen, daß aus der fakultativen Bestimmung des Paragraphen sehr verschiedene Straf - Erkenntnisse sih ergeben würden, aber das halte ih gerade für zu und zweckmäßig. s kann nicht darauf ankom- men, ob ein Kollegium aus prügellustigen oder nihtprügellustigen Richtern bestehe, sondern ih aale darauf, daß dem richterlichen Ermessen die Möglichkeit eingeräumt werde, niht blos auf die Jndi- vidualität des Verbrechers, Cte auf die Volksstimmung Rücksicht nehmen zu fönnen, Wo daher an einem Orte die Volksstimmuug f gegen körperliche Züchtigung ausspricht, halte ih den Richter eben o befugt, auf körperliche Züchtigung nicht zu erkennen, als es da, wo die Volksstimmung sich für die körperliche Züchtigung ausspricht, nothwendig sein wird, daß der Richter auf körperliche Züchtigung er- Fenne, Jch halte daher diese fakultative Bestimmung für eben \o ge- recht als weise und stimme für den Entwurf. Abgeordn. von Werde: Jch beabsichtige ebenfalls mich für die körperliche Züchtigung auszusprechen, jedo nicht darüber mich u äußern, inwiefern gerade die Bestimmung, wie sie hier vorliegt, für die angemessenste zu erahten,. Jm Allgemeinen ist der Grund- sab der Anwendung der körperlichen Züchtigung aus drei Gesichts- punkten angegriffen worden. Der erste Punkt des Angriffs gründet sich darauf, daß die körperlihe Züchtigung auf das Thierische im Menschen berechnet sei, der zweite darauf, daß die Wirkung auf die

verschiedenen zu bestrafenden Jndividuen , je nah ihrer Persönlichkeit, verschieden sein werde, und endlich der dritte darauf, daß das Straf- mittel überhaupt der sittlichen Würde des Menschen unangemessen sei. Was die beiden ersten Angriffspunkte anlangt, so glaube ih, daß diese keine wesentliche Berücksichtigung verdienen dürften. Was nämlih zunächst die Berechnung auf das Thierische im Menschen an- langt, so ppie ih dieselbe für sehr wohl begründet. Wir haben es voraussäßlih immer nur mit solchen Subjekten zu thun, an welchen andere Strafmittel bereits ershöpft sind. Es hat sich das nach der bisherigen Praxis so gestaltet, und es stimmt damit auch der gegen- wärtige Entwurf überein, denn es ist in demselben bie beabsichtigte Strafe gegen solhe anzuwenden, welche bereits der Ehrenrechte oder der bürgerlihen Ehre verlustig erklärt worden sind. Jun Au- sehung solcher Subjekte halte ih es für wohl begründet, wenn auf das Thierische in ihnen die Strafe berechnet wird. Der zweite Punkt, auf den es ankommt, is der, daß man der körperlichen Züchtigung zum Vorwurf mat, daß sie ungleichartig auf einzelne Subjekte wirke, Jh bin aber der Meinung, daß es hierauf weniger ankommen kann, Die Hauptsache is, daß die Strafe von dem Verbrechen zurück- ält, und daher bin ih der Ansicht, daß auch dieser Angriffspunkt hin- ällig sei. Nach meinem Dafürhalten ist die Hauptfrage : Ist überhaupt e Mittel kein sittlihes, is es richtig, daß dur die Anwendung desselben die Menschenwürde, die Ehre im Menschen herabgeseßt werde? Und dieses glaube ih im Sinne unserer Strafgeseßgebung verneinen zu müssen. Jch bin kein Philosoph und will mi daher auf eine philosophische Begründung des Sabßes nicht einlassen, glaube aber so viel anführen zu dürfen, daß bei denjenigen Völkern, denen man E thi begründete Ansicht über das, was Manneswürde und Ehre erheischt, zutrauen kann, die körperliche Züchtigung in Gebrauch war und ist. erinnere an die Römer, Man hat ihnen zum Vorwurf gemacht , daß bei ihnen „virtus“ Tugend und Tapferkeit gugleich bedeutete; ih gehe weiter und sage : virtus ist Mannhastig- eit; und doch wendeten die Römer körperliche Züchtigung an. Bei den Engländern besteht sie noch heute, und bei unseren Vorfahren, bei denen ehrlich und ehrenhaft Eins war, heute man si nicht, ge- gen diejenigen, welhe nit ehrlih waren, förperlihe Züchtigung an- juwenden. Jh komme also zu dem Resultat, daß es nah der Au- fi t aller Völker des Alterthums und der neueren Zeit mit der sitt- lichen Entwürdigung dur die Prügelstrafe nicht so \{limm bestellt ein müsse, wie man es anuimmt. Jch gehe aber auch hier weiter, ih glaube, daß nit die Strafe, sondern daß das Verbrehen \hän- det, und da scheint mir, daß das Mittel, welches am einfachsten da- hin führt, daß das Verbrechen verhindert wird, das sittlichste sein müsse. Wir kommen aber auch, wenn wir die körperliche Züchtigung ür unsittlih erklären, mit uns in Widerspruch. Wir erkennen die ba en Güter des Menschen, die Freiheit , die Ehre, ab, und ich glaube, daß es nicht weniger sittlih sein kann, Jemanden körperlich zu zühtigen, als ihn dieser höchsten Güter zu berauben, Jch bin aber der Meinung, daß dieses Strafmittel ein unerläßliches sei. ch beziehe mih hier auf etwas, worauf schon hingedeutet wor den ist, daß nämlih die Furht vor der Strafe in unseren Straf- anstalten nit überall in dem Maße existire, als zu wünschen ist, Dies beruht auf zweierlei Gründen. inmal liegt es an einem Theile der Einrichtung der Strafanstalten selbst, dem indessen abzu- Fe E Es liegt darin, daß in unseren Strafanstalten die ehren- asten Verbrecher, um mich so auszudrücken, mit den unehrenhaften n demselben Raum untergebracht werden, Ein anderer Grund ist der, daß unsere Freiheitsstrafen vorzugsweise solche Leute treffen, de- nen der sorgenfreie Aufenthalt in der Strafanstalt willkommen ist, der bei denen sie mindestens die Wirkung haben, daß ihnen die orgenfreiheit über die anderen Nachtheile, welche sie zu erleiden aben, hinweghilft. Man fönnte sagen, auch dem wäre abzuhelfen,

180

man könnte die Leute strenger beschäftigenz aber das hat darin sein Hindecniß : der Mensch, der in die Strafanstalt tritt, verliert seinen freien Willen, die Sorge für seine Gesundheit und sein Leben über- nimmt mit seinem Eintritte der Vorsteher der Strafanstalt. Dieser muß also dafür sorgen, daß jener niht mehr Arbeit erhält, als er leisten kann. Daher kommt es, daß die shweren Arbeiten die ge- suchtesten sind, weil, um die Züchtlinge in dem Stande zu erhalten, arbeiten zu können, man ihren Lebensunterhalt verbessern muß. Das ist es, was durch alle Arten von Strafsystem durchgehen wird. Es wird sich auch ein anderes darstellen, und ich bin der festen Ueber- zeugung, daß durch den jeßt betretenen Weg, durh das pennsylva- nishe Gefängniß - System, zu keinem anderen Ziele zu gelangen sein wird. Jch bin also davon durchdrungen, daß es noch ein anderes Strafmittel geben muß, und dieses erkenne ih in der körperlichen Züchtigung. Jch habe mich viel im Lande umhergetrieben, wenn ih so sagen darf, habe mit allen Klassen der Bevölkerung verkehrt, ich bin durh meine amtliche Stellung dahin geführt worden, nicht blos mit den ausgezeihneteren Klassen befannt zu" werden, sondern auh mit Verbrechern Tage und Wochen lang zu verkehren, ih habe auch Wochen und Monate lang mit der Landwehr im Lager gelegen , ih fenne also die Stimmung des Volkes im Lande, und überall ist mir das entgegengetreten, daß die Furcht vor körperlicher Züchtigung ein sehr weit wirkendes Agens sei, und daß wir also ein sehr mäch= tiges Mittel aus der Hand geben, sobald wir die kförperlihe Züch- tigung fallen lassen. Es ist bei dem Einen blos die Furcht vor der Schande, bei dem Anderen blos die Furcht vor dem sinnlichen Uebel; wie die Züchtigung aber auch wirken möge, sie is ein sehr wirksames, kräftiges Mitttel. (Heiterkeit)

Jch weiß niht, was die Heiterkeit der Versammlung erregt ; wenn es mir mitgetheilt werden wird, hoffe i, sie ebenfalls theilen zu können. Jch komme noch auf einen anderen Punkt, Man hat gesagt, die körperliche Züchtigung würde nur in solchen Gegenden wirksam sein, wo das Volk sih auf einer sehr niedrigen Stufe sitt- liher Entwickelung befindet. Jh muß dem widersprehen. Jch be- rufe mich namentlih auf die Gegenden von Sachsen und Thüringen, die mir genauer bekannt sind, wo im Allgemeinen wenigstens die Meinung vorwaltet , daß das Volk auf einer hohen Stufe der sitt- lihen Entwickelung sih befindet. Auch dort habe ih Gelegenheit ge- habt, wahrzunehmen, daß man im Volke im Allgemeinen einen Ab- scheu vor der körperlihen Züchtigung findet, daß es sich aber auch da als ein wirksames Mittel darstellt, um Verbrechen zu verhindern, Dieselbe Wahrnehmung habe ih in der Provinz gemacht, deren Be- wohner für den Besiß der höchsten Mannestugend, für persön- liche Tapferkeit, sprüchwörtlih sind, wo, was vielleicht minder be- fannt is, Verbrechen verhältnißmäßig sehr selten sind und si ein reges Ehrgefühl auh bei dem geringsten Manne findet ; aber auch im Interesse dieser Provinz möchte 1h nicht die körperliche Züchti= gung aufgehoben sehen, weil ih Gelegenheit gehabt habe, auch dort wahrzunehmen, daß kein anderes Mittel so durhgreifend sein würde, wie es wünschenswerth is, Jch stimme im Allgemeinen also für Beibehaltung der körperlihen Züchtigung,

Abgeordn. Frhr. von Patow: Bei Motivirung meiner Ansich- ten glaube ih mich einer theoretishen Ausführung enthalten zu dür- fen, weil ich der Meinung bin, daß die Theorie vollkommen bei Ab- fassung des vorliegenden Geseh - Entwurfes berücksichtigt worden ist. Ich stelle mich daher blos auf den praktishen Standpunkt und be- trachte es außerdem als meine Aufgabe, möglichst dahin zu wirken, daß ein für die ganze Monarchie geltendes Strafgesezbuch erlangt wird und Abweichungen von den allgemeinen Normen, namentlich der Rhein-Provinz gegenüber; so weit es irgend thunlich ist, vermieden werden. Wenn ih nup.vom- prafktishen Standpunkte aus den §. 10 betrachte, so muß ih erklären , daß ih die Strafe der körperlichen Züchtigung, wie sie hier angedroht ist, keinesweges für unzweckmäßig halte. Denn es handelt sich lediglih darum, daß Leute, gegen welche der Verlust der Éhrenbürgerrehte ausgesprochen worden ist, auf welche aber die Gefängnißstrafe und der Verlust der bürgerlichen Ehre kei- nen Eindruck gemacht hat , körperlich gezüchtigt werden sollen. Mit dieser Klasse von Leuten brauht man, meiner Meinung nah, nicht so zart umzugehen, und es dürfte angemessen erscheinen, körperliche Züchtigung gegen sie eintreten zu lassen. Gehe ih aber darauf zu- rüd, daß wir ein Geseßbuh für die ganze Monarchie erhalten sol len, so steht die Sache anders. Es handelt sich nicht darum, ob in der ganzen Monarchie die körperliche Züchtigung wieder eingeführt oder abgesha}t werden soll, sondern die Frage steht so: soll in sie- ben Provinzen körperlihe Züchtigung stattfinden, während sie in ei- ner Provinz nicht stattfindet, oder soll sie in einer Provinz, in der sie seit 30 Jahren aufgehoben ist, wieder eingeführt werden? Das Lebtere halte ich für durhaus unausführbar, und deshalb, weil ih glaube, daß die körperliche Züchtigung in der Rhein-Provinz nicht wieder eingeführt werden kann, und weil ih die förperlihe Züchtigung nicht so hoch stelle, daß ih ihretwegen auf die Gleihmäßigfeit der Gesebgebung verzichten möchte, weil ih es, ih bitte, den starken Ausdruck zu entschuldigen, für die übrigen sieben Pro- vinzen für \{chimpflich halte, wenn in diesen die Strafe der körper= lichen Züchtigung stattfinden soll, während sie in der Rhein-Provinz aufgehoben bleibt, deshalb stimme ih für Aufhebung der körperlichen

Züchtigung. : | (Lauter und vielstimmiger Bravoruf.) .

Abgeordn. von Byla: Jch erachte ebenfalls die körperliche Züch- tigung für eine den Menschen entwürdigende Strafe, geeignet, im Menschen den leßten Funken von Gefühl zu vernichten. Ja, ih möchte sagen, sie stellt gewissermaßen den Menschen dem Thiere gleich, und deshalb würde nur die dringendste Nothwendigkeit die Wieder- aufnahme dieser Strafe in das neue Strafgeseßbuch rehtfertigen fön nen, Eine solhe Nothwendigkeit is aber uicht vorhanden, und wird dem Allgemeinen ein Nachtheil durch Ae Abschaffung dieser Strafe gewiß nicht erwachsen. Jch glaube au, daß bei Abfassung des neuen Entwurfs dieses wohl berücksichtigt und erwogen worden ist, deswegen hat man die körperlihe Züchtigung als eine besondere Strafe gar niht mehr aufgenommen, sondern nur als ein Schär= fungsmittel der Gefängnißstrafe. Es ist allerdings richtig und sehr zu bedauern, daß es noch so verworfene Subjekte giebt, welche die Gefängnißstrafe für keine Strafe erachten, ja vielleicht manhmal für eine Wohlthat, weil sie glauben, dadur ihrer Verpflichtung entho- ben zu sein, für sich und die Jhrigen zu sorgen z allein solhe Aus- nahmefälle können mih nicht bestimmen, von meiner einmal gefaßten Haupt-Ansicht abzugehen. Schärfungsmittel für solhe Subjekte wer- den sih übrigens auch noh anderer Art finden, z. B. Schmälerung der Kost und hartes Lager dürften genügen, um die Gefängnißstrafe für solhe Subjekte wirksamer zu machen. Wenn nun die körperliche Züchtigung noch bei dem Militair stattfindet, so glaube ih gewiß nah den früheren Andeutungen, die wir von dem Herrn Justiz - Minister gehört haben, daß bei Revision der Kriegs-Artikel auch unser jet abzugebendes Gutachten berüdcksihtigt werden wird, und stimme daher für gänzliche Abschaffung der körperlichen Züchtigung.

Abgeordn. von Olfers: Jch stimme dem bei, was der lebte Redner vorgetragen hat, und erkläre mich daher für das Gutachten der Abtheilung. Nach meiner Ueberzeugung drückt die körperliche Züchtigung das Ehrgefühl im Menschen immer tiefer herab, ste er-

zeugt in ihm einen Jngrimm, womit das Rachegefühl nahe verbun- den ist, welches sich über kurz oder lang Pa mah dies o ist die Anregung des Ehrgefühls . gerade das geeignetste Mittel, den Menschen zu bessern. Jch will dafür einen Grund aus der Praxis anführen. Früher wurde in dem Zuchthause zu Münster nur die Prügelstrafe in geeigneten Fällen gehandhabt; ein neuer Direktor

* hingegen faßte die Sache von einem anderen Gesichtspunkte auf, er

führte Kappen mit bestimmten Bezeichnungen ein, wel iejeni die sh der Faulheit, der La bis zu einem U und dergleichen Fehler schuldig machten, so lange tragen mußten, bis sie ihr Unrecht einsahen und baten, man möge ihnen die Kappe wie- der abnehmen, Dieses Verfahren hat auf die Verbrecher einen tiefen Einfluß ausgeübt, und es hat sih klar herausgestellt, daß die Zücht- Vg L Ee dd geworden sind. Jch finde es also von em morali\chen Standpunkte aus nothwendig, daß di i aus dem Gesetze fortbleibe. i 6..2AB. die „Prügelstrafe Fürst Wilhelm Radziwill: Jh will nur einige Worte in edu auf das jagen, was ein Abgeordneter aus der Rhein-Provinz geäußert hat. Jh glaube, wir haben uns nur damit zu beschäftigen, ür oder gegen die förperlihe Züchtigung abzustimmenz ob aber un- jere Abstimmung auf das Militairgeseß Einfluß haben möchte, haben wir ganz dem höchsten Kriegsherrn, dem Könige, anheimzugeben, Er wird in seiner Weisheit ermessen, inwiefern es rathsam sei, das Militair= geseß mit der Civil-Geseßgebung in Einklang zu bringen, Uebrigens hat der Abgeordnete, der in seiner Durhgehung der Anwendung der körperlichen Strafen sie aus dem Strafgeseßbuche für das Heer deduziren wollte, die mißverstandene Ansicht aufgestellt, daß die körperliche Züchtigun im Heere an und für sich unpraktisch sei. Diese seine Darstellung ist niht richtig. Jch will nicht auf einzelne Fälle eingehen, das würde zu weit führen, ih will nur das Prinzip vorführen, nah welchem die körperliche Züchtigung im Heere angewendet wird. Sie wird nur auf solhe angewendet, welche in die zweite Klasse des Soldatenstandes durch Richterspruch verseßt worden sind. Die Verseßung in die zweite Klasse tritt erstlih bei entehrenden Verbrechen ein; dann ift sie aber auh abhängig von Trunksucht, wiederholter Jnsubordination, bei den Folgen einer so sinnlih thierishen und störrishen Gemüthsart, daß der Richter sich dadurch bewogen findet, den damit Behafteten in die zweite Klasse des Soldatenstandes zu verseßen, Diese Klasse trifft die förperliche Züchtigung entweder nah richterlichem Spruche oder auch disziplinarish, und es is} insofern also ihre Anwendung nicht als eine an sich unpraktishe anzusehen, sondern fie is in vielen Fällen, wo namentlich richterlihes Verfahren niht immer zur Anwendung, lange Arreststrafen aber unausführbar sind, wie im Drange des Krieges, eine Strafe, die zur Zähmung ganz roher und störrisher Jndividuen, die sich im Soldatenstande immer vorfinden, zu Aufreihaliung der Disziplin zweckmäßig erscheint. Junwiefern also dieselbe in der Civil- Geseßgebung aufgehoben oder beibehalten werden soll, lasse ih bei Seite, ih wollte nur dem entgegentreten, was über ihre Anwendung und absolute Wirksamkeit im R abgesehen davon, ob sie zu ers seben is, angeführt worden ift. / Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch erbat mir das Wort, als der Abgeordnete aus der Mark sprah, um ihm entgegen noch Eini= ges zur Nerbeldigung des Gutachtens der Abtheilung zu sagen. Jn- zwischen ist von keiner Seite her die Beibehaltung der Prügelstrafe noch vertheidigt wordeu, und es wird daher kaum nothwendig sein, eine weitere Aeußerung zur Vertheidigung des Abtheilungs = Gutach- tens zu unternehmen. Selbst der geehrte Abgeordnete aus der Mark hat wohl nicht die Absicht, weiter gehen zu wollen, als der Geseß- Entwurf will, Dieser erkennt aber die körperlihe Züchtigung nur als zusäßliche Strafe für solche Verbrecher an, denen {hon früher die Ehrenrehte abgesprochen sind, und es liegt darin ein außerordent= lih großes Zugeständniß gegen den früheren Geseß - Entwurf, es liegt darin das Zugeständniß, daß, so lange irgend ein Staatsbürger nur noch einen Funken von Ehre im Herzen hat, körperliche Züchti= gung nicht angewendet werden darf. Das is als ein danfenswerth anzuerkennender Fortschritt zu betrahten. Es folgt aber auch weiter, daß sie als zusäßliche Strafe absolut entbehrlich 1| und darum eine nußlose Grausamkeit. Denn einen zu langer Zuchthausstrafe Verur=- theilten noch zu züchtigen, is eine Grausamkeit, die zu begehen das Strafrecht keine Veranlassung hat. Man muß sehr wohl unterschei= den zwischen der körperlichen Züchtigung, als Kriminalstrafe, und zwischen der körperlichen Züchtigung als Disziplingrmittel. Auch in der Militairgeseßgebung liegt diese Unterscheidung: sie kommt dort auch auf zwiefache Weise vor, als Disziplinarmitlel für nen welche si in der zweiten Klasse befinden, und dann auch als zusäßpliche Strafe. Daß ste als Zusabstrafe abgeschafft werden müsse, wird Folge der Umgestaltung der Civilgeseßgebung sein, jedoch liegt die Diskussion darüber nicht im Bereiche der Diskussion; ob fie aber als Disziplinarmittel im Soldatenstande und in den Zuchthäusern zuzu= lassen sei, is eine Frage, die ganz unabhängig von der heutigen Ent- scheidung i. Jch glaube und trete darin dem Abgeordneten aus Münster bei, daß sie au in den Zuchthäusern zu entbehren sei, auch dort ihren Zweck nicht erreiht. Aber man kann darüber sehr ver- schiedene Ansichten haben und doch der Ansicht sein, daß sie als Strafmittel im Kriminalrehte niht anwendbar erachtet werden darf. Nur noch eine Bemerkung in Bezug auf das, was der Abgeordnete aus der Mark sagte. Jh habe mich zwar nicht, wie derselbe von sih behauptet, viel im Lande herumgetrieben, sondern bin auf einem Flecke geblieben, aber do habe ih 14 Jahre lang ein Amt geführt, was in vielfahe Verbindung bringt mit den verschiedensten, au den untersten Klassen der Bevölkerung; aber während dieser ganzen Zeit habe ich niemals fkörperlihe Züchtigung ausführen lassen, niemals ist mir ein Fall vorgekommen, wo ih geglaubt hätte, daß dadur irgendwie der Zweck zu erreichen sei, sondern ih bin immer der Mei- nung gewesen, daß dem Zwecke dadur nur entgegengearbeitet werde, denn dur diese förperlihe Züchtigung kann die Entsittlihung nur gefördert werden. Darum spreche ih mich auf das entschiedenlle, De in der Abtheilung so auch hier, für die Streichung des §- 0 aus, Abgeordn. Krause: Wenn ih mit der Majorität der ung für Aufhebung der körperlichen Züchtigung stimme, 10 sund es Grunde der Erfahrung, die mich dazu bewegen. Jm prakti)chen Leben fönnte man sich bewogen finden, sür die förperliche Züchtigung zu N aug ria weil es ein sehr abgefürztes Verfahren is. Wenn M Ee z. B. einen Korrigenden in Arbeit hat, und er bege E E brechen, worauf förperlihe Züchtigung steht, jv fönnen See Gw und mehr Hiebe zuerkannt und gegeben werben, wodu1 E Me, a Is abgemacht scheint und worauf der Geslraste an seine Ar et ges . Die Sache erscheint damit abgemacht unv weder Zeit noch Geldver- lust entstanden. Wenn die körperliche Züchtigung aufgehoben wird, so wird natürlich die Einsperrung érsorderlih, und wir werden da- durch Zeit- und Geldverlujl haben; aber das Prinzip der Strafe soll doch nit allein Sträse, joubdern auch Besserungsmittel sein, und aus diesem Grunde müsi ih mi gegen die körperliche Züchtigung erflären. Jch habe nh uile gesehen, daß ein Mensch dadurch Liebe für die Menschheit erlangt hat, weil er mit Züchtigung belegt wor= den i, sondern ih habe immer gefunden, daß er desto ruloser, desto verschmibter eworden ist und sich desto sicherer an der Mensch= heit geräht hat. Jst er noch dazu Familienvater, hat er Verwandte, 0 werden wir uns nicht blos Einen, sondern Mehrere auf den Hals ziehen, die dasselbe beabsichtigen, Im Allgemeinen hat wohl diese

förperlihe Züchtigung die Menschheit nicht gebessert, denn wäre dies der Fall gewesen meine Herren, vor 40 und mehr Jahren da gab es in unserem Vaterlande sehr viele Prügel (Heiterkeit in der Ver= sammlung), und wir haben nicht gesehen, daß die Menschen damals besser waren als jeßt. Nur seit der Zeit, daß die Geseßgebung humanere Grundsäße aufgestellt hat, seit dieser Zeit vershwinden immer mehr diese Verbrehen, und werden wir auch jeßt, wie gesagt worden is, den Rubikon überschreiten und uns zur Milde wenden, so werden gewiß unsere Nachkommen, in 50 Jahren, wenn sie ein neues Strafgeseßbuch berathen sollten, sich nicht bewogen finden, wieder darauf zurückzukommen. Aus diesen Gründen stimme ih für gänzliche Ab- schaffung dieser Strafe. 2 ;

_ Abgeordu. von Sauen - Tarputschen: Es is so viel schon für Abschaffung der Prügel gesprohen worden, daß nur wenig zu erwähnen mir noch nöthig ersheint, Wir hängen so sehr an der Gewohnheit, an alten Gebräuchen, und ih glaube, daß dieses allein Manches bestehen läßt, was wir sonst heute im Allgemeinen nicht mehr als nüßlich und nöthig erkennen möhten. Es sind wohl nur noch Wenige in dieser hohen Versammlung, die mit ihren Erinne- rungen und Erfahrungen in eine Zeit zurückgehen, wo in unserem Militair namentlich Strafen stattfanden, die alles menschlihe Gefühl empörten, und wo man glaubte, daß sie nöthig wären, um die Diszi- plin des Heeres zu erhalten. Jch sehe mich um und finde, daß die Zahl sehr gering is, und deshalb will ich von dem praktischen Standpunkte, von dem meiner Erfahrungen aus, Einiges noch anführen. Jh habe in der Zeit gedient, wo ih leider an einem Tage Tausende von Schlägen auf den nackten Körper ertheilen sah. Jch habe er- lebt, daß gerade die Menschen, die schon jener Strafe unterworfen waren, am grausamsten auf ihre Mitkameraden losshlugen, während diejenigen, in denen das Gefühl der Menshenwürde noch nicht zer=- stört oder verleßt war, mit Widerstreben oder gar niht dem harten Gebot Folge leisteten. Es war bei jenen das Gefühl der Rache; im Bewußtsein, die höchste Erniedrigung und Beschimpfung ertragen zu haben, war alles Mitleid, alle Nächsten=,- selbst Kameraden - Liebe erloschen und sie fanden eine Befriedigung darin, auch Andere leiden zu sehen. Jch habe erlebt, daß Leute, welhe die Gassen durchlaufen hatten, und sie mit zerfleishtem Rücken verließen, sehr bald wieder stahlen; sie waren nicht gebessert, sondern sie waren in eine Art von Kriegszustand gegen die übrige Gesellschaft getreten; sie erkfaunten sich niht mehr als Mitglieder derselben, und es folgte Verbrechen auf Verbrehen. Jch habe erlebt, daß, als die Prügelstrafe im Heere abgeschafft wurde, viele der ehrenwerthesten Militairs glaubten, weil sie so lange bestanden, daß nur mit ihnen die Ordnung erhalten wäre, es würde mit der Subordination ein Ende haben, es würde die Zucht im Heere uicht fortzuführen sein. Gott sei Dank, es war anders, Unser hochherziger König erkannte und vertraute mehr dem Geiste seines Volkes und seines Heeres, und herrlih bewährte \ih dieses; indem das Gefühl der Menschen-Würde gehoben wurde, trat wahres Ehrgefühl in diese Stelle der bloßen Furcht vor Strafen, und ein besserer Geist durhdrang das Heer. Jh habe das Glück gehabt, mit denselben Truppen wieder in den Krieg zu ziehen , und die Zahl der Vergehen und der Verbrechen war nicht um das Hundertste, sondern um das Tausendste geringer, als damals, wo jeden Augen- blick von dem Korporal bis zu dem Höchsten hinauf Prügel ausge- theilt wurden, ih möchte sagen, manchmal nur zur Uebung der förperlihen Kraft, Jch muß noch Etwas anführen, denn es is sehr bezeichnend. Jch habe gesehen, daß Soidaten, die noch keine Strafe erhalten hatten, sich für Geld schlagen ließen. Es war alles Ehr- gefühl bei dem gemeinen Soldaten gänzlich erstickt. Jch frage, ob heute ein Soldat sich für irgend eine Summe öffentlich würde \chla- gen lassen? er würde von seinen Mitkameraden verachtet werden. Ih habe im Kriege auch die Erfahrung gemaht, daß die Mannszucht da am besten war, wo selbst an Soldaten, die in der zweiten Klasse des Soldaten-Standes waren, am seltensten oder gar nicht die Prügel=Strafe angewandt wurde; ich weiß, daß bei einer Eskadron sie nicht stattgefunden hat, und daß dieselbe nie der Vorwurf fehlender Mannszucht getroffen,

Zch halte diese Strafe auch für das Militair durchaus nicht noth= wendig und möchte diesen Ausspruch noch auf einen Beweis stügen. Die Strafsectionen, die bei dem Heere noch sind, bestehen nur in der Regel mit wenigen Ausnahmen aus Individuen, die, der Ehre ver- lustig erklärt, in die zweite Klasse verseßt worden sind. Vielleicht aus alter Gewohnheit, vielleiht auch in dem Glauben, den wir auch hier in der Versammlung finden, daß nur durch Prügel der Mensch zu ziehen und von Verbrechen abzuhalten, an Ordnung zu gewöhnen und zu bessern sei, hat man reihlich Prügel austheilen lassen. Jch habe äußerlih erfahren und sollte man mir darin Unrecht geben, so möchte ih den Herrn Landtags - Kommissar bitten, uns Auskunft darüber werden zu lassen daß in den einzelnen Strafsectionen noch vor wenig Jahren Tausende von Schlägen ausgetheilt worden sind; seitdem aber, besonders bei den Herren Kommandanten, wahre Huma- nität immer mehr ihre Stellung einnimmt, seitdem von dem Gesichts=- punkte ausgegangen wird, Ehrlose wieder ehrenhaft zu machen, und selbst in diesen wieder das Gefühl der Chre rege zu machen und. zu wecken, und sie auf diesem Wege an Ordnung und Geseglichkeit zu gewöhnen, seitdem sind die Prügel immer mehr verschwunden, seitdem ist in manchen Sectionen kaum ein Schlag im Durchschnitt auf die Person gefallen; es sind in manchen Sectionen nur einige 70 Schläge in einem Jahre ertheilt worden, und ih sage, eine solhe Führung der Aufsicht erwirbt dem Manne, der sie ausgeübt hat, einen {önen Ruhm, ih möchte sagen, einen shöneren, als den einer gewonnenen Schlacht, wenn er eine Menge verlassener Menschen der gesellschaft- lichen Ordnung gebessert übergiebt. Jch frage Sie, welhe werden die besseren sein? die bis zum leßten Augenblicke geschlagen worden sind, oder die durch Erweckung des Ehrgefühls um si der gesch- lihen Ordnung zu fügen feinen Schlag mehr bekommen durften? Jch glaube, nur diese siud die wahrhaft Gebesserten, und bei ihnen ist der wahre Strafzweck erreiht worden. Ein geehrter Redner aus der Mark hat angeführt, daß wir diese Strafe noch in anderen Staaten sehen. Jh möchte fragen, ob England in der Meinung ganz Curopa?s dadurch höher gestiegen is, daß noch die neunshwänzige Kate dort angewandt wird, und ob der greise Feldherr, den ganz Europa den Ruhmgekrönten neunt, sich das s{önste Blatt in seinem Lorbeerkranz dadurch gewunden hat, daß er noch in jeßiger Zeit für die Prügel im englischen Heere gesprohen hat? Jch muß gestehen, ih bin auch erstaunt, daß gerade die östlihen Provinzen, die man sonst am meisten noch in der Civilisation zurückgeblieben hält, daß gerade diese bei den Landtagen am entschiedensten für die Aufhebung der Prügelstrafe sich ausgesprochen haben und hingegen im Centrum des Staats für Bei=- behaltung der Prügelstrafe gestimmt worden i. Ein geehrter Redner aus der Mark hat einer Provinz das Prädikat der tapfersten ge- geben. Jch möchte keinen Unterschied zwischen den Provinzen in HDinsicht der Tapferkeit anerkennen; ich meine, nah diesem Ruhme streben sie alle glei, hierin hat feine einen Vorzug vor der anderen.

s war mir ein niht angenehm berührender Ausdruck. Einem geehr= ten Redner aus Schlesien, welcher sagte: es möge den Richtern über= lassen werden, zu beurtheilen, ob der sittlihe Geist und Stand der Provinz wie des einzelnen Jndividuums die Prügelstrafe nothwendi mache, muß ih entgegnen: Wollen wir das dem Richter überlassen soll er beurtheilen, ob die vor ihn Gestellten prügellustig oder Prügel

181

bedürftig sind? Jch muß gestehen, ih habe in dieser heutigen Ver- sammlung noh kein Wort gehört, was nur im geringsten mich zu der Ueberzeugung hätte bringen können, daß die Prügel nothwendig, noch viel weniger aber, daß sie nüßlich sind. Jch \predhe mi ganz E dafür aus, die Prügelstrafe aus dem Strafgeseßbuche zu streichen.

Abgeordn. von Brodowski: Jch würde niht das Wort er= griffen haben, weil {on mehrere geehrte Redner für die Abschaffung der förperlihen Züchtigung als Kriminal - Strafe gesprochen haben, wenn ih nicht einige nachträglihe Bemerkungen zu machen hâtte. Die Abtheilung hat sich in großer Majorität gegen das Aussprechen der Prügelstrafe als Kriminalstrafe erklärt und hat geglaubt, in der hohen Versammlung allgemeinen Anklang zu finden, Weil jedo zwei geehrte Redner sich mit eben so viel Loyalität als Beredsam- keit für die Prügelstrafe ausgesprohen haben, so bin ih genöthigt, meine entgegengeseßte Meinung auszusprehen. Sie haben sich auf dem Felde der Erfahrung bewegt. Auf diesem Felde haben die viel=- seitigen Verhältnisse, in welche ich gekommen bin, unb die vielseitige Berührung mit Menschen aus allen Klassen der Gesellschaft mich belehrt, daß die Schläge das Gegentheil von dem bewirken, was sie bewirken sollen, Der Hauptzweck der Strafen soll Besserung sein, aber in jeder Hinsicht habe ich mich überzeugt, daß Schläge das Gegentheil bewirkt, d. h. das sittlihe Gefühl der Menschheit erstickt haben und die Verbrecher, die damit bestraft worden sind, noch mehr in thren Leidenschaften versunken und gerade das Gegentheil hervorge- bracht haben; denn die Verbrehen oder die Vergehen, welche er heute begangen, hat er, im empörten Gefühl gegen das ihm von anderen Menschen zugefügte peinlihe Uebel, heute oder morgen wie- der begangen, Jh glaube, daß auf dem Felde der Sittlichkeit® in . dem wir sie erhalten und immer mehr erhöhen sollen, der preußische Staat allen übrigen deutshen Staaten vorleuchten und \o früher zum Ziele kommen wird. Jch komme noch einmal darauf zurück, daß der Hauptzweck der Strafe Besserung sein soll. Es is zwar in dem Entwurfe vorgeschrieben worden, daß die körperlihe Strafe nur da stattfinden soll, wo die bürgerliche Ehre abgesprochen worden is. Jch frage aber die hohe Versammlung, ob diese bürgerlihe Ehre dur Prügel wieder eingeimpft werden fann? ich meinerseits glaube im Gegentheil, daß der legte Funke des Gefühls für Ehre im Menschen dadurch erstickt und mithin der Zweck verfehlt wird. Jch finde es sogar der Würde des Richters unangemessen und für sie verleßend, daß er diese Strafe nah seiner individuellen Ueberzeugung, nach freier Willkür als Kriminalstrafe niedershreiben soll, Der Verur= theilte, welher förperlihe Züchtigung erlitten hat, wird nicht ge- bessert, das steht fest, sondern vollkommen entwürdigt, also eine Bes= serung kann nicht stattfinden. Wenn der preußishe Staat also in der Civilisation allen deutschen Staaten vorangehen und voranleuchten will, so muß er um \o mehr einem Nachbarstaate voranleuchten , in welchem der Code pénal seit 40 Jahren eingeführt, und wo die körperlihe Züchtigung nicht für nöthig gehalten worden ist, und den- noch soll er in diesem Jahre einen neuen Straf-Kodex bekommen, nach welchem bei Zumessung von Freiheits- oder Arbeitsstrafen fast durch=- gängig noch nebenbei eine gewisse Quantität von Hieben vom Richter zuerkannt werden muß, gleihviel ob es sich um religiöse oder poli= tische Vergehen, oder um gemeine Verbrechen handelt. Jch glaube, daß der preußische Staat, den Grundsäßen des Nachbarstaates ent- gegen, denselben überzeugen wird, daß man ohne körperliche Züchti- gung besser und leichter zu dem Ziele gelangen wird, das Gefühl für Sittlichkeit und Ehre in dem Menschen zu erwecken und zu er=- halten. Jch bin also mit der Majorität der Abtheilung der Ansicht, daß die Prügelstrafe als Kriminalstrafe aufgehoben werden möchte.

Abgeordn. Sperling: Die Gründe, “welche für Beibehaltung der Körperstrafe angeführt woxden, . sind bereits in den Motiven des Entwurfs vollständig widerlegt, so daß ih wünschen könnte, daß diese Motive verlesen würden, Jch bin überzeugt, daß dadurch die Debatte sehr abgekürzt werden möchte. Jn diesen Motiven ist ausgeführt, daß wir jeßt shon auf dem Punkte stehen, in Beziehung auf die Abschaffung der Prügelstrafe den leßten Schritt thun zu können, nahdem seit 1811 solhe bei den Verbrechen abgeschafft is, auf welche lebenslängliche Freiheitsstrafe geseßt ist, nahdem sie auf Per- sonen der untersten Volksklasse beschränkt, ferner für die Landwehr- männer und diejenigen Verbrecher abgeschafft ist, welche ein freiwilli- ges Geständniß abgelegt haben, Nach dem vorliegenden Entwurfe soll nur noch beschränkter Gebrauh davon gemacht werden, nament- lih bei solchen Verbrechern, die auf Zeit ins Zuchthaus geschickt werden, Aber gauh diese haben einen Anspruch darauf, daß man ihnen das Gefühl für sittlihe Würde nicht ganz nehme. Jede Frei- heitsstrafe trifft nur die sittlihe Natur des Menschen, durch Prügel aber wird der Mensch zum Thier erniedrigt, das moralishe Gefühl in ihm erstickt, und wer auf Zeit zur Zuchthausstrafe verurtheilt wird, hat ebenfalls einen Anspruch darauf, daß man ihm die moralishe Mög- lihfeit lasse, sich zu bessern. Man hat gesagt, daß nah der Volks= ansicht die Prügelstrafe nothwendig sei. Jch bestreite diese Volks- Ansicht, Dagegen spriht {hon der Umstand, daß kein Knabe in der Schule einen Schlag erhalten darf, ohne daß sein Vater oder Vor- mund bei der Behörde darüber klagbar wird. Hieraus wird deutlich hervorgehen, daß die Schläge selbst in der Schule niht mehr der Volksansicht entsprechend sind. Man hat hier öfter der bürgerlichen Ehre das Wort geredet. Jch trete den Herren, welche dafür gesprochen haben, bei, glaube aber, daß, je höher man diese anschlägt, man desto mehr die allgemeine Menschenwürde achten muß, welche eine nothwendige Vorausseßung jener is, und dann wird man sich auch nur gegen die Prügelstrafe erklären können, :

Justiz - Minister von Savigny: Jn den gedruckten Motiven sind die vielen Gründe für und wider Beibehaltung der Strafe, von welcher jeßt die Rede i, ausführlich vorgelegt. Es kommt aller- dings vorzugsweise auf die inneren Gründe für und wider dieselbe an, indessen is auch ein wichtiger Moment der Stand der öffent- lihen Meinung darüber, Die verfassungsmäßigen Organe der öffent- lihen Meinung sind die Stände, und im Jahre 1843, wie in den Motiven dargelegt is, hat sich der größere Theil der Landtage für die Beibehaltung dieser Strafe erklärt, ja sogar zwei Landtage für eine bedeutende Ausdehnung derselben in Vergleihung mit dem 1843 vorgelegten Entwurf. Unter den Gründen, die gegen die Beibehal= tung der körperlichen Züchtigung geltend gemacht worden sind, ist nah meiner Ueberzeugung bei weitem der wichtigste der, daß darin die Gefahr enthalten sei, ein vielleicht im Verbreher noch vorhan- denes Ehrgefühl zu zerstören. Wie man auch über die Besserung als Zweck der Strafen denken und wie hoh man ihren Werth als positiven Zweck veranschlagen möge, so i} do kein Zweifel darüber, daß die Strafe so eingerichtet sein müsse, daß sie den Menschen nicht

hlechter mache. (Vielseitiges Bravo!!)

Dasjenige, worin nah der jeßigen Geseßgebung dieser Grund beson- ders hervortrat, war enthalten in der eigenthümlihen Ausdehnung dieser Strafe, und zwar in doppelter Beziehung, 1) indem diese Strafe angewendet wurde auh und Lang bei jugendlichen Ver- brehern, wo die Gefahr der Erstickung- des Ehrgefühls am häufigsten und größten is, 2) darin, daß sie angewendet wurde auf eine Anzahl strafwürdige Handlungen , die, wenn sie au nicht rein polizeilicher

Natur, doch mehr verwandt waren mit Polizeivergehen und sich der

Natur derselben annäherten. Jn Berücksichtigung dieser Gründe is man bei der Abfassung des Entwurfs bemüht gewesen, diese Ge=- fahr daraus zu entfernen, und wie man auch über den Werth oder Unwerth der Strafe denken möge, so wird man doch einräumen müssen, daß dieser Entzweck im Entwurf erreiht worden is, Es if die An=- wendung dieser Strafe beshränkt worden auf diejenigen Verbrecher, welche zugleich wegen Diebstahl, Raub oder Hehlerei zu einer zei- om Zuchthausstrafe verurtheilt werden. Schon diese Beschränkung {hüßt uns gegen die Befürchtung, daß dabei ein vorhandenes reges Ehrgefühl ertödtet werden könne. Aber es is noch hinzugefügt worden, daß selbst bei diesen die körperlihe Züchtigung als zusäß- lihes Strafmittel nur stattfinden solle, wenn der Verbreher früher durch rechtsfräftiges Urtheil wegen anderer Verbrehen bereits der Ehre verlustig, also in diejenige Lage geseßt worden ist, wie es im Militairstande geschieht durch Verseßung in die zweite Klasse, also durch ein rehtsfräftiges Urtheil, welches den Verbrecher gleichsam in die zweite Klasse des Civilstandes heruntergeseßzt hat. Man hat gesagt, in jedem Falle sei diese Strafe als Zusaß zur zeitigen Zucht= hausstrafe ganz entbehrlich und eine unnüße Grausamkeit. Ueber diesen Nebentheil der Frage kann nur die Erfahrung entscheiden, und da ist allerdings das Zeugniß vieler erfahrenen Richter, daß es gerade unter dieser Klasse von Verbrechern, von ehrlosen Verbrechern, von denen allein die Rede if}, nicht wenige giebt, welhe für den Eindruck der härtesten Freiheitsstrafe stumpf geworden sind, und welche nur noch vorzugsweise Furcht vor der körperlichen Züchtigung haben. Abgeordn. Lucanus: Die hohe Versammlung wird mich ent= huldigen, wenn ih noch aufmerksam mache auf einige Verbrecher=- Strafen außerhalb Europa. Wenn auch in Europa die Prügelstrafe, besonders die Bastonade im Gebrauch ist, so ist dieses doch nur der Fall in den mehr oder weniger unhristlihen Ländern, wo diese noch stattfindet. Jn den nordamerikanischen Freistaaten, denen wir unsere pennsglvanishe Gefängnißzellen nahgebildet haben, hat man so immen- sen Respekt vor der persönlichen Freiheit und Sittlichkeit des Men- schen, daß man die sittlihe Ausbildung für das Nothwendigste und Wichtigste hälk. Man hält die Prügelstrafe hierbei für hinderlich, für das Entwürdigendste. Jn keiner Corrections - Anstalt is von Prügeln die Rede, und man hat in neuerer Zeit es den Vätern ver= boten, die Kinder zu strafen, und es nur den Müttern gestattet, Jn neuerer Zeit ist man allgemein merklich vorgeschritten, Wir haben sogar asiatishe Volksstämme, die, nah Berichten der neuesten Zeit, Bedenken getragen haben sollen, die Prügelstrafe an den Personen auszuüben, vielmehr sich darauf beschränken, sie nur an den Kleidern vollstrecken zu lassen. Jch glaube aber, es isst auch bei uns an der Zeit , zu beweisen, daß wir seit 1843 bis 1848 fortgeschritten sind, und, wie hoffentlich die Abstimmung der Majorität zeigen wird, nicht mehr in dem Maße für die Prügelstrafe, sondern für deren

vollständige Abschaffung stimmen werden. : j E Ia R: Jch bin nicht Wifklens, die Punkte und

Artikel, welche für und wider die Prügelstrafe hinreichend erörtert worden sind, zu wiederholen, und würde nicht abgeneigt sein, was ein Redner aus Schlesien als höchstes Ziel vorgezeichnet hat, den Rubikon mit ihm zu überschreiten. Er sagte aber auhch, man solle das Volk nicht höher stellen als es is. Wenn im Geseh - Entwurf stände, auf das oder jenes Vergehen solle die Prügelstrafe erfolgen, so würde ih mich dagegen erkflären, da es aber fafultativ lautet, \o erkläre ih mich dafür. Jch frage die Herren aus dem Rheinlande: Steht im Code pénal nicht auh das Feuermal travaux forcés? und doch ist es meines Wissens memals angewendet worden. Das Geseß vom 17. Juli 1846 wird uns schüßen, daß die Prügel= strafe da nicht ausgeführt wird, wo sie niht anwendbar is, d. h. wo sie im Volke Widerstand findet. Meine Herren! bis zum jüngsten Tage wird es zu den frommen Wünschen gehören, daß alle viehischen Naturen vershwinden, und für diese halte ih die körperliche Züchti= gung unerläßlih. Die Zunahme der Verbrechen ist durch die Ueber= füllung der Zucht- und Arbeitshäuser hinreichend erwiesen. Nur Eines, was ih für unerläßlich halte, möchte ih dem Entwurf hinzu= fügen, eine nähere Bestimmung über das Maaß und das Jnstrument, welches zur Züchtigung angewendet werden soll. Würde dies dem Entwurfe hinzugefügt, so wünsche ih, daß der Paragraph nicht ge= strichen werde.

Abgeordn. von Brünneck: Jh würde mih des Wortes bege=

ben haben, da es s{ch nicht handelt um Beibehaltung der körper- lihen Züchtigung als Strafmittel im Allgemeinen, sondern nur um den vorliegenden Paragraphen, also um deren Anwendung neben der Zuchthausstrafe, wenn ich niht von mehreren Rednern und, irre ih mich nicht, auch von dem Herrn Minister der Geseßgebungs-Revision vernommen hätte, daß die körperlihe Züchtigung für völlig entsitt= lihte Naturen noch niht zu entbehren wäre und die zwecmäßigste Strafe sei. Jch halte mich daher für verpflichtet, die Erfahrungen mitzutheilen, welhe ich als Soldat und in meinen späteren Verhält- nissen in dieser Hinsicht gemacht habe. Jch muß bekennen, daß ih auch zu denen gehört habe, die in der Abschaffung der körperlichen Züchtigung die Auflösung der Disziplin erblickten und erst durch die Erfahrung später eines Anderen belehrt wurden. Das mir in meiner Jugend für das argumentum ad baculum eingeimpfte Vorurtheil nahm ih aus dem Militairdiens auch noch in das Verhältniß als Besißer eines Guts mit herüber, womit zugleich die Verwaltung der Polizeigerehtsame verbunden war. Ju der ersten Zeit glaubte ich wirklih noch, daß, so weit es die geseßlichen Bestimmungen zuließen, die körperliche Züchtigung aus manchen Gründen nicht zu entbehren sei. Ich habe aber erfahren müssen, daß diejenigen Menschen, welche am rohesten und entsittlichtsten waren, unter Anwendung der körperlichen Züchtigung nur zu leicht wieder rüfällig wurden nnd derselben Strafe aufs neue verfielen. Erst nachdem ih diese Erfahrung gemacht hatte und andere Strafen einführte, entweder Gefängnißstrafen, o weit es die Gesetze zuließen, oder Geldstrafen, bin ih gewahr ge=- worden, daß diese von weit größerem Effekt waren. Jch könnte noch ein anderes Beispiel anführen, dafür, wie wenig wirksam und zweckmäßig körperliche Züchtigungen sind, denn bekanntlich hatten wir in Preußen nah dem Kriege von 1806 und 1807 ein Ausnahme- geseß, das sogenannte Pferdediebstahlgeses, nah welchem ein Fee dieb hundert Hiebe innerhalb dreier Tage, also jeden Tag mit 3 und einem Bruch erhalten sollte. .

( Heiterkeit.) : ; z Das Geseß wurde abgeschass Es trat aber wieder eine Periode ein, wo die Pferdediebstähle überhandnahmen, und es wurde von manchen Seiten darauf gedrungen, das frühere Geseß wieder einzu- führen; die Stände wiesen es aber zurück, und zwar aus dem Grunde, weil sich das Geseß als erfolglos erwiejen hatte, und weil Fälle vorgekommen waren, daß Pferdediebe gebeten hatten, man möchte ihnen doch die früher geseßlich zukommenden 100 Hiebe zuertheilen, „um von der sehswöchentlihen Gefängnißstrafe loszukommen, die ihnen schon deshalb viel empfindlicher war, weil sie dadur wenigstens auf die 6 Wochen der Dauer der Gefängnißstrafe an der Ausführung neuer Pferdediebereien behindert wurden. Es handelt sih indessen hier allein um den Paragraphen, der vorliegt, und da muß ih be- merken, daß auch in Ceneltét Zeit meine Erfahrung mich darauf hin- weist, daß gerade für die rohen und am meisten entsittlihten Naturen

die körperliche Züchtigung am wenigsten zweckmäßig ist. Jch habe leider, mitunter auch allidlicherweise, jedo nur selten, die Erfah-