1848 / 29 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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das selbst eie Wege der Begnadigung das Aufhören der Polizei=- übri ¿

Auflicht zu peranlasO n Herr Korreferent erklärt, daß er auf die Stellung einer Frage verzihte. Wenn also der Antrag niht von einem anderen Mitgliede aufgenommen wird, wäre darüber hinweg- uge geordn. Sperling: Da wir einmal darüber debattirt haben, so wáre es doch wünschenswerth, daß wir auch darüber abstimmten.

Marschall : Da hätte der Korreferent kaum nöthig gehabt, auf die Fragestellung zu verzichten, und wir kommen somit zu der Frage : „Will die Versammlung auf Wegfall des zweiten Abschnitts des Paragraphen antragen?‘

Z (Ein Theil der Versammlung erhebt sich.) Die Majorität hat sih dagegen ausgesprochen, es i} also der Para= graph angenommen. U

Die nächste Sißung wird morgen Vormittag 10 Uhr stattfinden.

(Schluß der Sitzung 3 Uhr Nachmittags.)

Uichtamtlicher Theil. Iüùhalt

Fuland. Berlin. Das Leichen-Fuhrwesen Berlins.

Deutsche Bundesstaaten. Großherzogthum Baden. Land- tags - Verhandlungen. Herzogthum Holstein. Vereidigung des Militairs in Altona. Schreiben aus Frankfurt a. M. (Versamm- lung hanauer Bürger.)

Iul &ck U d.

Berlin, 28. Jan. Jn neuerer Zeit ist die öffentliche Aufmerksamkeit mehrfah auf das Leichenfuhrwesen in hiesiger Stadt und auf die Verwendung der daraus auffommenden Mittel gelenkt worden. Wir glauben, aus sicherer Quelle über den Stand der Sache Folgendes hier mittheilen zu fönnen: i

Die Vereinigung des Leichenfuhrwejens in der Hand eines Un= ternehmers gründet sih auf ein {hon vor dem Jahre 1710 ertheil- tes landesherrliches Privilegium. Der Zweck dieser Anordnung war, für die Leichenwagen und das gesammte Begräbnißwesen eine ge= meinsame, den Geboten der Pietät und des Anstandes entsprechende Ordnung aufrecht zu erhalten. Nur der französischen Kolonie und der Judengemeinde blieb es überlassen, für ihre Begräbnisse auf eigene Weise zu sorgen, alle übrigen Kirhengemeinden Berlins mußten sich der gemeinsamen Ordnung unterwerfen. Seit dem Jahre 1722 zahlte der Unternehmer des Leichenfuhrwesens einen gewissen Kanon für die ihm ertheilte aus\hließlihe Berechtigung, welcher allmälig bis zum Jahre 1830 auf mehr als 8000 Thaler jährli gestiegen is. Bis zum Jahre 1801 floß dieser Kanon in die Kasse der Akademie der Wissenschaften, vom Jahre 1801 ab bis zum Jahre 41839 wurde derselbe bei dem Polizei - Präsidium für dessen etats= mäßige Bedürfnisse verwendet. _

Im Jahre 1835 fanden die Stadtverordneten von Berlin sich veranlaßt, diesem Fonds eine nähere Aufmerksamkeit zu widmen, und richteten dieselben an des Königs Majestät die Bitte, die Pacht auf die Summe von 600 Thalern zu ermäßigen und das Unternehmen in Zukunft an denjenigen zu überlassen, welcher bei der Licitation die billigsten Fahrsäte stellen würde. 5 i

Die desfalls eingeleitete nähere Prüfung ergab, daß die Fahr- säße für die mittleren und geringen Klassen der Beerdigungen bereits auf einen mäßigen Saß gestellt seien, so daß eine Minuslicitation auf die Fahrpreise einen erheblihen Gewinn für diesen Theil des Publikums kaum erwarten lasse. Dagegen schien es billig, daß der durch die Leistungen der Einwohner von Berlin allein auffommende Fonds in einer anderen, als der bisherigen Weise verwendet werde. Es wurde dabei namentlich an die ärmeren Klassen der Bevölkerung gedacht. Durch zwei Königliche Ordres vom 18, Dezember 1836 und vom 31. Dezember 1838 wurde nun festgeseßt, daß es zwar bei den bisherigen Fuhr- und Pachtsäßen verbleiben, daß aber der auf= kommende Kanon, wenngleih die Stadt einen Rechts =- Anspruch auf denselben nicht habe, doch in Zukunft in einer Weise verwendet werden solle, welhe der Stadt und namentlich den ärmeren Ein= wohnern derselben zum Besten gereihte. Als eine dahin zielende Ver= wendung wurde die Errichtung von Leichenhäusern und die Erleich- terung der ärmeren Einwohnerklassen bei Bezahlung des Preises der Grabstellen und der kirhlihen Begräbnißgebühren angeordnet.

Auf Grund dieser Königlichen Bestimmungen ist die Leichenfuhr= pacht vom Januar 1839 ah von dem Etat des Polizei - Präsidiums abgeseßt, der dadurch entstehende Ausfall aus öffentlichen Kassen ander= weitig gedeckt und die fernere Einnahme im Depositorium des Ma= gistrats einstweilen verwahrlih niedergelegt worden. Gleichzeitig wurden von den städtishen Behörden Vorschläge wegen Ermäßigung der kirchlichen Beerdigungsgebühren erfordert. N

Im Jahre 1844 gelangten diese Vorschläge an die Behörden zur Prüfung. Der von den städtishen Behörden entworfene Plan ging dahin, zunächst bei den Kirchen städtischen Patronats die kirh- lichen Beerdigungsgebühren für die ärmeren Klassen ganz abzuschaffen, für die mittleren zu ermäßigen und aus dem Fonds der Leichenfuhr= paht an die Kirchenkassen und kirhlihen Beamten eine dem zu er=- wartenden Ausfall entsprechende Entschädigung dafür zu zahlen. An diesen Plan schloß sih die weitere Hoffnung, diese Maßregel allmä= lig au auf die übrigen Kirchen und vielleicht auf das gesammte Stolgebührenwesen auszudehnen. /

Die Behörden erklärten sih mit den von der städtischen Ver- waltung in das Auge gefaßten Endzwecken vollkommen einverstanden, Dagegen schien es, daf in dèr Art und Weise, wie die Entschädi- gungen bemessen und die in dem Fonds vorhandenen bedeutenden Mittel vertheilt werden sollten, noch zweckmäßigere und wirksamere Einrichtungen getroffen werden könnten. Nach den Berechnungen des Magistrats sollten zu den Entschädigungen für Ermäßigung der Beerdigungsgebühren und Grabgelder allein an die Kirchen magistra-- tualishen Patronats 5501% Rthlr. jährlich gezahlt werden. Es schien hiernach zweifelhaft, ob der Ueberrest des Fonds eine Ausdeh= nung der Maßregel auch auf die Kirchen Königlichen Patronats und auf andere firhlihe Gebühren zu ertragen im Stande sein würde.

Ein anderes Bedenken war dieses. Bei den verschiedenen Kirchen Berlins besteht eine gleichförmige Taxe für Beerdigungen und für andere firchlihe Handlungen niht. Bei jeder derselben haben sich die Gebührensäße auf verfdiedene Weise festgestellt. Die unter der Regierung Friedrihs des Großen dur Reglement vom 3. Januar 1748 (Mylius Corp. Const. March, Cont. Iv. p: 5.) festgeseßten

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Taxen lassen die hier obwaltenden bedeutenden- Unterschiede deutlich erkennen, Während beispielsweise bei der Jerusalems=, Georgen=-, Luisenstadt= und Sophien-Kirche dis kirchlichen Beerdigungsgebühren nah Verschiedenheit der Klassen von 15 ggr. bis 12 Thaler angeseßt sind, belaufen sie sich bei der Nikolai-, Marien=- und Petri-Kirche von 1 Thaler 9 ggr. bis auf einige sechszig Thaler. Aehnliche bedeu- tende Verschiedenheiten finden in Beziehung auf die Preise der Grab- stellen statt. Nach ‘dem vorgelegten Plane sollten nun für alle Kirchen künftig gleiche Taxen eintreten, die Entschädigungen aber nach den alten, in sich verschiedenen Taxen abgemessen werden, dergestalt daß die Kirchen älterer Stiftung verhältnißmäßig einen doppelt und drei= fah so hohen Antheil aus dem Fonds der Leichenfuhrpacht bezogen haben würden, als die Kirchen neuerer Stiftung. So wünschens- werth es nun auch offenbar war, eine Gleihförmigkeit der Taxen, wenn auch zunächst nur für die mittleren und unteren Beer- digungsklassen, herbeizuführen, so schien es doch den Grundsägen der Gerechtigkeit niht zu entsprechen, einen Fonds, zu welchem alle Ein=- wohner der Stadt verhältnißmäßig glei beisteuern, so zu vertheilen, daß die Einwohner einzelner Stadttheile für ihr Kirhenwesen einen verhältnißmäßig weit größeren Antheil daraus beziehen würden, als andere. i

Um diese Ungleichheit zu vermeiden und dabei zugleih den von dem Magistrate in das Auge gefaßten Endzweck Erleichterung der ärmeren Klassen in dem kirchlichen Gebührenwesen für alle Pa= rochieen in umfassenderer Weise zu erreihen, wurde nun ein anderer Plan entworfen. Es sollte zunächst berechnet werden , ¡in welchem Verhältnisse die Einwohner jeder Parochie, nah Maßgabe der Zahl der Beerdigungen, an dem Fonds Antheil zu nehmen berechtigt seien, dann aber innerhalb jeder einzelnen Parochie mit Hülfe des für die- selbe berechneten Antheils, unter Mitwirkung der verfassungsmäßigen Vertreter derselben, zunächst eine Ermäßigung der kirchlichen Gebühren auf eine zu entwerfende Normaltaxe herbeigeführt und endlich, wenn in den einzelnen Parochieen etwas davon erübrigt werden könnte, an- derweitige Vorschläge für dessen Verwendung gemaht werden. Der Antheil der einzelnen Parochieen sollte mit den betreffenden Kirchen- fassen nit vershmolzen, sondern als ein für die einzelne Gemeinde bestimmtes besonderes Vermögen abgesondert verwaltet und ver= wendet werden.

Durch eine solhe Zerlegung des Gesammtfonds in einzelne Spezialmassen hoffte man insbesondere das zu erreichen, daß die von den einzelnen Kirchenkassen und kirhlihen Beamten gemachten Ent- shädigungsansprüche im Einzelnen ganz genau geprüft, und daß das Streben in den einzelnen Gemeinden nicht sowohl dahin gelenkt würde, aus dem Gesammtfonds eine möglichst reihlihe Entschädigung für ihre Kirche und ihr Kirchenwesen zu gewinnen, sondern mit dem thnen berechneten Antheil sorgfältig hauszuhalten, um, nah Herah- sebung der kirchlichen Gebühren, wo möglich noch für andere gemein=- nüßige Zwecke Mittel übrig zu behalten.

Dieser Plan wurde dem Magistrate in einer ausführlihen Dar- legung mitgetheilt und von demselben mittelst einer Erklärung vom 17. Juni 1845 in seinen Grundzügen vollkommen gebilligt. So vorbereitet, wurde die Genehmigung Sr. Majestät zu dessen Aus- führung erbeten und in einer Allerhöchsten Ordre vom 17, Februar 1846 ertheilt. Auf späteres Ansuchen des Magistrats i} demselben auch noch die fernere Vereinnahmung der Leichenfuhrpächte und eine fortlaufende Kenntnißnahme und Mitwirkung bei den aus den Fonds festzusebenden Verwendungen zugestanden worden.

Der festgestellte Plan i} hiernah der, daß der Fonds nach Ver- hältniß der Zahl der Beerdigungen in den einzelnen Parochieen der Stadt vertheilt und innerhalb jeder derselben, unter Mitwirkung der verfassungsmäßigen Vertreter der Gemeinden und des Magistrats, zunächst zur Herbeiführung einer gleihmäßigen Normaltaxe für die firhlihen Gebühren, falls derselbe aber weiter reiht, auch zu ander- weitigen gemeinnüßigen, vornehmlih der ärmeren Klasse der Bevölke= rung zu Gute kommenden Zwecken verwendet werden wird.

Deutsche Bundesstaaten.

Großherzogthum Baden. (Landtgs.-Bote.) Nach- dem in der Sihung der zweiten Kammer am 17. Januar der Staats- Rath Tre furt seine (bereits mitgetheilte) Rede in Bezug auf die gemeinsame deutsche Wechsel-Ordnung beendigt hatte, bestieg der zum Regierungs-Commissair ernannte Ministerial-Rath Brauer den Red=- nerstuhl und hielt den nachstehenden Vortrag:

„Dochgeehrte Herren! Die engere Verbindung, in welche die Staaten des deutschen Bundes durh das Band einer gemeinsamen Zoll-Vereinigung, den aufblühenden Verkehr und die vervielsältigten Communicationsmittel getreten sind, machen das Bedürfniß einer gleichartigen Geseßgebung unter den einzelnen Staaten immer dringender, Deshalb sind auch dahin abzie- lende Anträge sowohl bei den Zoll-Konferenzen der legten Zahre als auch im Schoße dieser Versammlung schon zu wiederholten Malen vorgebracht worden.

„Aber bei den großen Schwierigkeiten, welche die Vereinigung der ver- schiedenartigsten Geseßgebungen und zum Theil sich widersprechenden Jnter- essen nothwendig darbieten muß, is es unthunlich, diesem Bedürfniß sofort in seinem ganzen Umfange zu genügen, und wir müssen uns, den Fortschritt zu einer umfassenden Einigung dem Drange des täglich wachsenden Bedürf- nisses und der Macht der Verhältnisse anheimgebend, damit begnügen, diese Einigung zunächst da zu erwirken, wo die Gleichheit der Verhältnisse und das unabweisliche Bedürfniß des Verkehrs dies am lautesten fordert, Jn richtiger Würdigung dieser Umstände hat auch diese hohe Kammer in der 25, Sipung vom 30. Juni 1846 ihren Antrag zunächst guf die Abfassung einer allgemeinen deutschen Wechsel-Ordnung beschränkt, :

„Jnzwischen ist auf die von Seiten der Königl, preußischen Regierung an sämmtliche Staaten des deutshen Bundes ergangene Einladung vor wenigen Monaten eine Konferenz von Rechts- und Handelsverständigen aus allen Theilen Deutschlands in Leipzig zusammengetreten, welche, auf die Grundlage eines von Seiten der Königl. preußischen Negierung ausgearbei- teten, von der Stimme des ate ublikums als vorzüglich aner- kannten Entwurfs eine allgemeine Wechsel - Ordnung berathen hat, Das Ergebniß dieser Berathungen beehren wir uns, Jhnen, hochgeehrte Herren, zufolge uns ertheilten allerhöchsten Auftrags, hiermit nebst dem Entwurfe eines Einführungs-Edifts zur ständischen Zustimmung vorzulegen, E

„Die dem vereinbarten Entwurfe beigefügten Motive des ursprüng- lihen Entwurfs in Verbindung mit den Konferenz - Protokollen gehen eine vollständige und genügende Beleuchtung der in demselben enthaltenen Vor- schriften, Einer weiteren Begründung müssen wir uns enthalten, weil bei einem Geseze, welches, durh das Zusammentwirken mehrerer Regierungen vereinbart, welches dazu bestimmt ist, ein gemeinsames für ganz Deutsch- land gültiges zu werden, die Regierung des einzelnen Staates die Motive des Geseygebers in authentischer Weise nicht darlegen kann, indem gerade nur der vereinte Wille der verschiedenen, bei der Abfassung desselben be- theiligten Regierungen hierbei als alleinige Eïrkenntnißquelle benußt werden kann,

„Eben hierin liegt auch der Grund, warum der Entwurf nicht nach Art gewöhnlicher Geseg - Entwürfe zur artifelweisen Berathung vorgelegt werden fann, Jede Aenderung, die wir einseitig beschließen würden, müßte die Gemeinsamkeit des Gesezes aufheben, mithin dessen höchsten Zweck ver- eiteln. Es kann \ich daher nur darum handeln, ob Sie, hochgeehrte Her- ren, das Gesey im Ganzen für zweckmäßig , für entsprehend dem Be- dürfnisse des Wechselverkehrs erachten oder niht, Je nachdem sich Jhre Ansicht auf die eine oder die andere Seite neigt, werden Sie dasselbe an- nehmen oder verwerfen , aber die Annahme muß nothwendig eine un- bedingte sein.

„Indem wir im Allgemeinen auf den Juhalt der beiliegenden Konfe- renz-Protokolle verweisen, können wir gleihwohl nicht umhin, über den Um-

fang und Junhalt des Geseyes einige kurze Bemerkungen beizufügen, welche

darthun werden, daß dasselbe die Wünsche, welche der aründli i 22sten Sihung vom 23, Juni 1846 Bo Kammer Ee it-ber sions-Bericht vorbrachte, sämmtlich berüsichtigt.““ /

Nachdem der Redner eine kurze Uebersiht von dem Inhalte der Wechsel-Ordnung gegeben, fuhr er fort:

„Und so legen wir Jhnen, hochgeehrte Herren, das erste allgemcin deutsche Geseß mit der Hoffnung vor, daß Sie, eingedenk des wichtige) Schrittes, den wir zu einer innigeren Annäherung der deutschen Bruder - stämme damit gethan haben, solches mit Freuden begrüßen werden. Wüns. der Einzelnen werden \ich willig dem Vorzug der Gemeinsamkeit unterord- nen, und bei dem unschäßbaren Gewinn der Gleichheit werden Sie auck solchen- Bestimmungen nicht entgegentreten, die wir vielleicht anders verein- bart hätten, wenn das Geseß die Gränzen unseres engeren Vaterlandes nicht überschreiten sollte, Möge die Bereitwilligkeit der Regierungen und Stände- Versammlungen der deutschen Staaten sih die Hand reichen, zum gemeinsamen Werfe das Wahrzeichen sein, daß der Bau einer allgemeinen Pri B PE N zu welchem wir jezt den Grundstein legen, si bald gen und schirmend über unsere Gauen legen wird.“ (Vielfacher Bei-

In der Sißung der zweiten Kammer, am 20. Januar, begrün= dete der Abgeordnete Zentner seinen Antrag auf Einführung ‘eines allgemeinen bürgerlichen Geseßbuhes und sprach sih darüber im We= sentlihen folgendermaßen aus:

e ian Herren! Jch habe in einer früheren Sißung die Motion atge- „Se. Königl, Hoheit den Großherzog in einer unterthänigsten Adresse zu bitten, im Verein mit den übrigen deutschen Regierungen die Einlci- tung zur Einführung eines allgemeinen bürgerlihen Geseßbuchs in den deutschen Staaten zu treffen und insbesondere dahin zu wirken, daß zu- nächst ein gemeinsames Gese über das Recht der Forderungen, mit Ein- {luß des Handelsrechts, verfaßt und eingeführt werde.“

Meine Herren! Betrachten wir unseren Gegenstand zuvörderst von dem Standpunkte der Nationalität, so kann nicht geleugnet werden, daß ein aus der Nation selbst hervorgegangenes gleiches Recht ein wesentlihes Element ihrer Wohlfahrt und Macht is, Es erwächst daraus dem Einzelnen das Bewußtsein enger Verbrüderung, und diesem Bewußtsein entsproßt das stolze Selbstgefühl , einer Nation anzugehören , welche, in Eintracht verbunden, Großes zu vollführen und dem Geringsten den größten Schuy zu geben vermag. Dieses Selbstgefühl aber wird die Mutter der Kraft und Stärke im Junnern und nah Außen. Wem die Wahrheit dieser Säße noch irgend zweifelhaft sein sollte, der darf nur einen Blick auf England und Frankreich werfen und sih einzelne Vorgänge der jüngsten Zeitgeschichte ins Gedächt- niß rufen, Eine Nation dagegen, die viclerlei und dazu noch fremden Ge- seßen unterworfen is, welche das Volk nicht kennt, nicht versteht und darum auch nicht liebt, befindet sich in einem Zustande der Schwäche und Erniedrigung, und wenn das Nachtheilige und Schimpfliche eines solchen Zustandes zuleßt nicht mehr so lebendig empfunden wird, so is dies hier wie in so vielen anderen Dingen die Wirkung der Gewohnheit, darum aber nicht minder verderblich und einer thatfrästigen, auf Achtung Anspruch machenden Nation unwürdig. Daß sih unser deutsches Vaterland zum größten Theile in dieser betrübten Lage befinde, is Jhnen Allen bekannt.

Sie wissen, daß in den meisten deutshen Staaten noch das römische und fkanonische oder päpstlihe Recht unter dem Namen des gemeincn Rechts gilt, Geseye also, welche für ganz andere Zeiten, Verhäitnisse und Völker gemacht wurden, und wenn man denselben, besonders dem römischen Rechte, auch die Vorzüge der Konsequenz und einer hohen Ausbildung nicht bestreiten kann, doch fo komplizirt und \chwierig sind, daß sie nicht allein vom Volfe nicht verstanden werden, sondern selbst denjenigen, welche deren Studium zum Lebensberufe machen, den Lehrern dieses Rechts, die voll- ständige Erforshung und Durchdringung nicht gelingt, wie dies einer der Koryphäen des Fachs, Thibaut (in seiner Schrift: Ueber die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts in Deutschland), öffentlich erklärte, Daß, da den vielbeschästigten Richtern die eigene gründliche Erforschung des Geseyes selbst nicht möglich sei, daß \si2 daher statt dessen bei dem Heere von Kontroversen sich an Autoritäten und Kompendien halten, mit diesen folglih auch ihre Entscheidungen wechseln, das eine Gericht nach die- sem Schriftsteller, das andere nach jenem in entgegengescßter Nichtung sein Urtheil fällt, und daß unter solchen Umständen an eine gleihe Nechts - An- wendung nicht zu denken ist und alle Rechts - Sicherheit nothwendig unter- graben wird, dies Alles begreifen Sie wohl. Statt aller weiteren Ausfüh- rung hierüber will ich Jhnen den Ausspruch des ebengenannten Nechtsleh- rers anführen: „So ist also“, sagt derselbe am anderen Orte, „unser gan- zes einheimisches Recht ein endloser Wust einander widerstreitender, vernich- tender, buntscheckiger Bestimmungen, ganz dazu geeignet, die Deutschen von einander zu trennen und den Richtern und Anwälten die Kenntniß des Rechts unmöglich zu machen.“

Sie wissen ferner, meine Herren, daß in einem anderen großen Theile Deutschlands , in den Rheinlanden und in unserem engeren Vaterlande selbst, die Herrschaft des Napoleonishen Gesezbuchs noch bis zur Stunde fortdauert und das Andenken an die traurige Epoche der tiefsten Erniedri- gung Deutschlands unter fremdes Joch lebendig erhält. Obgleich wir durch den Besiß dieses manches Gute enthaltenden Geseßbuches trotz seines frem- den Ursprungs und Charakters noch in einer verhältmäßig glücklichen Lage uns befinden gegen den Zustand jener durch Kompendien und Autoritäten regierten Länder des gemeinen Rechts, so müssen wir uns doch gestehen, daß das Volk, der bereits vierzigjährigen Anwendung un- eachtet, sich mit diesem Geseßbuche noch keinesweges sonderlich befreundet hat. Es is dies auch ganz natürlich und giebt der inneren Kraft und Selbstständigkeit des deutshen Wesens ein Zeugniß, worüber wir uns cher zu freuen, als zu beklagen haben. Mit Ausnahme Oesterrcihs und des nicht zu den Rhenilanden gehörigen Theils von Preußen, wo allgemeine deutsche Geseyzbücher bestehen, wird also Deutschland noch heute beherrscht von dem aus der forrumpirtesten Kaiserzeit herstammenden römischen Rechte, von dem aus dem Mittelalter herrührenden päpstlichen Nechte und dem zur Zeit der tiefsten Erniedrigung Deutschlands uns aufgedrungenen Napoleo- nischen Gesezbuche, womit sich endlich noch einige einheimische Sazungen und Rechtsgewohnheiten zum buntesten Gemenge verbinden.

Dies, meine Herren, is in wenigen Zügen der Zustand des bürgerli- chen Rechts in Deutschland, / nicht mit Farben der Uebertreibung gemalt, sondern treu nach der Natur gezeichnet! :

Jf nun der vielgehörte Ruf von der nationalen Erhebung und Wie- dergeburt Deutschlands eine Wahrheit, so muß es sich vor Allem in den ernstlichen Bestreben der Nation kundgeben , sich der gleih s{himpflichen als schädlichen Fessel der fremden Geseße zu entledigen und sich ein eigenes Gesey zu erschaffen, entsprechend seiner inneren Natur, seinen Sitten und seinen jeßigen Bedürfnissen. e

Auch unser Civil- und Strafprozeß, wie er in dem größten Theile von Deutschland noch gilt, besteht meistentheils aus fremdem Rechte, welches auch hier die trefflihen Grundlagen germanischen Geistes verdrängt hat, und die Strafgesepgebung steht, wenn man die geringere Zahl der Länder , die sich in der neuesten Zeit Partikular-Geseze shufen, ausnimmt, durch ihre bar- barischen Strafen mit den milderen Sitten unserer Zeit im schroffsten Wi- derspruche. ; ;

Schon von dem nationalen Standpunkte aus erscheint daher die Durch- führung einer allgemeinen deutschen Geseßgebung dringend geboten; und zwar kann nur mit Durchführung allgemeiner Geseyze in allen obengedach- ten Beziehungen der Zweck als vollständig erreicht erachtet werden. Jch habe in dieser Richtung an der Erörterung der Frage auf dem Gebiete der Wissenschaft Theil genommen und möchte auch hier gern meinem Antrage denselben Umfang geben. Allein der Standpunkt der wissenschaftlichen Er- ierung, ets Frage und jener der praktischen Einführung in das Leben is ein verschiedener. #2, A Lz

f ren ersten Standpunkte hat der Geist in Gestattung der Verhältnisse hon wegen der Ungewißheit des Zeitpunkts der Realisirung eine freiere Vc- wegungz auf dem zweiten rein praktischen Standpunkte dagegen muß man an die konkreten Verhältnisse anknüpfen und nah möglichst sicheren und baldigen Ergebnissen trachten. Jch mußte es darum für zweckmäßig erach- ten, meinem Antrage die gewählte Beschränkung zu geben. Dazu bestimmtc mich noch ganz besonders die Rücksicht, daß bei diesem beschränkfteren Um- fange ein noch weit stärkerer Grund für -den Antrag streitet, als der ober. berührte, nationalen Rücksichten entnommene, :

Dieser zweite Hauptgrund is das Bedürfniß. Ja, meine Herren, ec

Dritte Beilage

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ist eine durch die Geschichte der Vergangenheit und unserer Tage tausend- *fältig bestätigte Wahrheit: das Bedürfniß is bei allen Unternehmungen der mâchtigste Bundesgenosse, und je stärker dasselbe ist, desto eher und leichter {vird man zu dem Ziele gelangen, zu welchem es hindrängt. - Das Bedürfniß eines einfachen, verständlichen allgemeinen Gesehes zeigt sih aber ganz besonders in denjenigen retlichen Beziehungen , ín welche den Bürger tagtäglih seine Verkehrs-Verhältnisse bringen, Die Ge- sammtheit dieser Beziehungen bildet den Inbegriff des bürgerlichen Geseyz- buchs, Mein Antrag geht deshalb in seiner Hauptrichtung auf Einführung eines vollständigen bürgerlihen Gesezbuchs, und es spricht dafür, daß es nicht theilweise, sondern zugleih ganz zur Abfassung und Einführung gelange, unter Anderem besonders auch der Grund, daß alle Theile des Civilgesez- buches mehr oder weniger in Beziehung zu einander stehen, und Jeder, der über die Annahme eines solhen Geseßes eine Stimme abzugeben hat, lie- ber das Ganze, als nur ein Bruchstück vor sich schen wird. Dabei läßt sih jedoh Zweierlei nicht verkennen, einmal, daß bei einzelnen Bestandthei- len desselben eher Schwierigkeiten oder Hindernisse der Vereinigung so vie- ler Staaten von zum Theil sehr verschiedenen politischen Grundlagen denk- bar sind, als bei anderen Theilenz und zweitens, daß sich im Geseßbuche doch auch wieder Theile unterscheiden lassen, worin eine Allgemeinheit des Nechts noch dringender noth thut, als in anderen. Fände \ich nun ein solcher größerer Bestandtheil, worin jene Hindernisse hon ihrer Natur nah weniger zu besorgen sind, und bei welchem zugleih das leztere Merkmal der Dringlichkeit vorzugsweise hervorträte, so würde offen- bar die Klugheit rathen, diesen Theil zuvörderst in Bearbeitung zu nehmen und zur Einführung zu bringen, Einen solchen Bestandtheil finden wir aber nun wirktlih in dem weiten Gebiete der Rechts - Verhältnisse, die man in der juristischen Kunstsprahe unter dem Rechte der Forderungen oder Obligationen-Rechte begreift, das Wort obligatio aufgefaßt ais eine Pflicht, etwas zu geben oder zu thun oder zu leisten, im Gegensaße zu den dingli- chen Rechten , die sih auf Sachen beziehen und eine die Sache ohne Rücksicht auf die Besißwechsel verfolgende Klage gewähren. Auf diesen Theil des Gesegbuches wollen wir deshalb, um den Antrag möglichst prafk- tisch zu machen, allernächst und vorzüglich unser Augenmerk richten.

Endlich begreift der Autrag noch insbesondere das Handelsrecht in sich, wogegen das Wechselreht aus demselben wegbleiben mußte, weil in Beziehung auf dieses der Zweck der Motion schon erreicht i dur die be- reits erfolgte Vorlage des vou den deutschen Regierungen vereinbarten Ent- wurfs. Jn dem Kreislaufe der bisher aufgesührten Rechtsbegriffe bewegen sich die gewöhnlichen und vielgattigen Geschäfte, welche der Handels- und Ge- werbSmann, so wie der Landwirth des einen Zollvereins-Staates in den anderen Staaten des Vereins zu machen in die Lage kommtz hätten wir daher we- nigstens einmal hierin ein gemeinschaftliches Geseß, so würde schon dem dringendsten Bedürfniß abgeholfen sein, Der Redner führt nun unter Hin- weisung auf Beispiele aus, daß zwar ein allgemeines Handelsrecht nicht wemger dringend als ein Wechselrecht sei, von diesem aber die Bestimmun- gen über das Recht der Forderungen untrennbar seien, und fährt dann fort:

„Welche Bewandtniß es aber auch mit der Frage habe: ob die Erlas- sung eines gemeinschaftlichen Handelsrechts für si allein möglich und auch nur für den nächsten Zweck genügend sei, jedenfalls bleibt es unbestreitbar, daß die außer dem Handel vorkommenden vielgattigen Geschäfte aus dem Obligationen-Nechte, welehe die Bewohner eines Vereinsstaats in ihrem täg- lichen Verkehr in anderen Staaten des Zollvereins zu machen haben, so zahlreich sein werden, daß das Fortbestehen des gegenwärtigen Gemisches der verschiedenartigsten Geseze nothwendig mit den viclfältigsten und hem- mendsten Störungen verbunden sein muß, Nur von der Zeit an, wo ein gleiches Gesey den Weg zum Verkehr in die anderen Vereinsstaaten geebnet haben wird, können daher die Zollschranken wahrhaft als gefallen erklärt werden, und nur dann erst wird die großartige Schöpfung des Zoll- vereins mit dem beflügelten Transport - System des Schienengeleises ihren Zweck vollständig erreichen. Wie dazu ein gleiches Gewicht und Maß und ein glei-- - Münzfuß nöthig ist, so auch ein gleiches Recht, das noch weit tiefer eingceifende geistige Maß für den Verkehr, Wer etwa noch daran zweifeln sollte, daß die Zahl der von den Vereins - Bewohnern in anderen Vereinsstaaten geschlossenen Nichthandelsgeschäfte groß sei, der bedenke nur die weite Ausdehnung der Binnengränzen im ganzen Vereinsgebiete und die höchst beträchtliche Zahl der häufig beinahe ganz auf den Verkehr mit den Nachbarstaaten angewiesenen Gränz-Anwohner, besonders in den vielen klei- neren Staaten des Zoll-Vereins, Wie zahlreich sind nicht schon allein die Verträge über Vieh zwischen den Gränz-Anwohnern der verschiedenen Ver- einsstaaten? Ist es nun für den Bürger schon sehr {chwer, ein Gese kennen zu lernen, wie unbillig is es alsdann, ihm die Kenntniß mehrerer, vieler Gesepbücher zuzumuthen?“ Der Redner führt die nachtheiligen Fol- gen hiervon in Beispielen aus, „„¡Wollen daher die Gründer des Zollvereins nicht auf halbem Wege stehen bleiben, so müssen sie nothwendig ein gleiches Civilrecht für sämmt- liche Vereinslande herstellen, Das Zusammenwirken zur Abfassung cines allgemeinen Civilgeseßes wird dann auch die natürlichste Gelegenheit dar- bieten zur Besprehung und Vereinbarung über die Grundlagen einer ge- meinsamen Geseßgebung in den anderen Zweigen des bürgerlichen Rechts im weiteren Sinne, im Prozeßrecht und der Strafgeseßgebung, und noch über andere gemeinschaftliche Rechts - Justitutionen, worauf der natürliche Entwickelungs8gang führen wird,

„Welcher unermeßliche Gewinn aber um noch einige weitere gleich- falls nicht unerheblihe Gründe für meinen Antrag wenigstens kurz anzu-

deuten für die innere Güte des Gesczes und für die Wissen-

schaft und Fortbildung des Rechtes daraus erwachsen werde, wenn die legislativen Kräfte der ganzen Nation zusammenwirken und alle Rechtsgelehrten aus einem so großen Staaten - Umfange ein und das- selbe Geseß zum Gegenstande ihrer Untersuhungen machen können und überall die Entscheidungen der Gerichte auf das gleiche Geseß sich gründen; und wie endlih auch das großentheils in falscher Bahn sih bewegende akade- mische Nechtsstudium , insbesondere jenes des einheimischen Rechts , durch die Erschaffung eines tüchtigen allgemeinen bürgerlihen Geseßbuchs wieder in das rechte Geleis gebracht und gefördert werden könnte, dies Alles ist Zhnen wohl ohne weitere Ausführüng einleuchtend. M „Anstatt Jhre Geduld hierfür länger in Anspruch zu nehmen, eile ich zum leßten Theile meines Vortrags, indem ih noch kurz die zwet Fragen berühre: Wie soll das Gesey buch beschaffen sein? Und wie soll die Abfassung desselben eingeleitet werden? —— Sie werden nicht von mir erwarten, meine Herren, daß ich hinsichtlich der ersten Frage in eine nähere Erörterung eingehez dazu würde hier die Zeit fehlen, und es würde auh nicht der Ort dazu sein, Jch beschränke mich darum auf die Bezeichnung der Haupt-Erfordern}e, die ich dahin aus} stelle: Das Gesey muß ein nationales sein, d, 1. wesentlich deutsche (germanische) Elemente in sich aufnehmen, ohne übrigens das anerkannt Gute avs auderen Geseggebungen allzu ängstlich zurückzuweisenz es muß ferner dem Volke zugänglich und verständlih und darum flar und kurz (buündig) abgefaßt scin. Daß das gediegene österreichische bürgerliche Ge- sezbuch dabei als eine treffliche Vorarbeit benußt werden fönne, wird Jeder zugeben, der dasselbe näher kennt, (L er Redner führt nun hinsichtlich der zweiten Frage aus, daß die Lösung der Aufgabe vom deutschen Zollverein in der Art ausgehen müsse, wie er die Jnitiative dazu schon mit dem Wechselrechte so glücklich begonnen habe, und fährt dann fort): : „Damit ist der Weg auf eine ganz passende Weise angebahnt. Auf die von einzelnen Gliedern des Zollvereins ausgegangene Anregung sind nämlich die Regierungen sämmtlicher Vereinsstaaten durch Abgeordnete zur gemeinschaftlihen Berathung zusammengetreten, und was jeden Deut- schen mit Freude erfüllen mußte auch die Regierungen der übrigen, dem Zollverein leider noch nicht angehörigen deutschen Staaten haben daran Theil genommen. Der dabei allerseits und insbesondere von den beiden deutschen Großmächten siherem Vernehmen nach an den e gelegte Eifer für die große Sache darf als die sicherste Bürgschaft des Erfolgs betrachtet werden, Dadurch wird es sich auch rechtfertigen, daß mein Antrag sich nicht auf die deutschen Staaten des Zollvereins beschränkt. Aber nicht allein in den Kreisen der gewöhnlichen wissenschaftlichen Erörterung und in den Regionen der Staats - Regierüngen hat der zu neuem Leben erwachte ger- manische Geist seine mächtigen Shwingen geregtz auch die wiederholten Germanisten- Versammlungen haben durch die anregende Kraft des Wortes

und des persönlichen Austausches der Ansichten zur Förderung des Werkes beigetragen. Die deutshen Volkskammern werden hinter solchen er- hebenden Beispielen niht zurückbleibenz sie werden namentlich auch den Beweis, den sie bereits in den Angelegenheiten der Zollgeseßgebung wiederholt geliefert haben, abermals liefern, daß in der Art der Berathung der Geseye in den constitutionellen Staaten fein Hinderniß des Zustande- kommens allgemeiner deutscher Geseße liege. Dieses Hinderniß wird auch um so weniger zu besorgen sein, je größer die Bürgschaften gründlicher Vor- bereitung sein werden.

_ Sewiß erkennen Sie mit mir, meine Herren, daß jeßt, wo deutschge- sinnte und von der Jdee- deutscher Macht und Größe durchdrungene, in Ein- tracht verbundene Fürsten auf den Thronen sizen und der Oelzweig des Griedens uns grünt; jeßt, wo wir eben in dem Entwurf eines allgemeinen Wechselrechts die erste Frucht des wiedererwachten Sinnes für eine gemein- same nationale Gesezgebung begrüßenz daß jeßt, sage ih, wenn je, der Zeit- punkt gekommen is, das Werk eines allgemeinen bürgerlichen Gesepbuches sur alle deutsche Staaten ins' Leben zu führen und dadurch dem leider hon zu sehr emporgekonmmenen Partikularismus in der Geseßgebung und seinen verderblichen Folgen ein Ziel zu seßen, aber auch ein starkes Band mehr zu schaffen für die Erhaltung der Einigkeit Deutschlands, wenn Ereignisse von außen uns wieder mit einer Trennung der Interessen bedrohen sollten, És kann mir daher au feinen Augenblick zweifelhaft scin, daß diese hohe Kammer, welche {hon so oft ihren Sinn für die gemeinsamen deutshen Jnteressen bewährt hat, auch hierin erkennen und thun werde, was Deutschlands Wohl- fahrt gebietet, von welcher das Wohl des engeren Heimats-Staates sich ferner nimmermehr trennen läßt.

„Verleihen Sie daher, meine Herren, meinem Antrage durch Jhre Unterstüßung und sorgfältige Berathung Nachdruckz; Jhr, wie ih zu hoffen vage, einstimmiger Beschluß wird in den weiten Gauen unseres deutschen Vaterlandes den lautesten Widerhall finten, und Jhre Aussaat wird zu einer Frucht heranreifen, für welche die dankbaren Nachkommen Ihr Andenken srgnen werden,“

Nach einer kurzen Erörterung, worin sämmtliche Redner , wenn auch zum Theil mit einigem Vorbehalt, s{ch für den Antrag aus= sprachen, beschloß vie Kammer einstimmig, den Antrag in die Abthei= luugen zur Berathung zu verweisen.

Herzogthum Holstein. (Alt. Merk.) Am 25. Januar wurde in Altona wegen des Regierungswechsels das Bürgermilitair von dem Chef desselben, dem Ober- Präsidenten der Stadt, in Eid und Pflicht genommen, und am L26sten soll das dort befindliche Kom= mando Dragoner gleichfalls beeidet werden, nachdem die betreffenden Militair-Beamten eingetroffen sind,

XX Frankfurt a. M., 24. Jan. Die Bewohner des be- nachbarten Hanau hatten gestern in Hanau eine neue Versammlung beabsichtigt, um Berathung über die Verfassung zu pflegen. Da aber ein polizeilihes Verbot diese Versammlungen in Hanau selbs unter= sagt, jo zogen die zu diesem Behufe zusammengetretenen Bürger von Hanau nach dem auf dem linken Mainufer liegenden Großherzoglich hessishen Orte Steinheim und seßten dort ihr in Hanau selbst ver=- citeltes Vorhaben in Vollzug.

D al

Desterreichische Monarchie. Wien, Ankunst der Leiche der Erz- herzogin von Parma. Briefe aus Wien, (Nothstand in Mähren und Schlesienz Mangel weiblicher Erziehungs -Institütez Eisenbahn-Klagen. Der Tagesbefehl des Feldmarschalls Grafen Radeßkyz die Stimmung in der Lombardei.)

Frankreich. Paris. Die Reise des Prinzen und der Prinzessin Join-

trafen die irdischen Ueberreste Jhrer Majestät der Frau Erzherzogin María Ludovika, Herzogin von Parma, Piacenza und Guastalla, in Begleitung ihres Obersthofmeisters, Grafen von Bombelles, und der Hofdame, Freün von Zobel, aus Parma im hiesigen Bahuhofe der Glogguiber Eisenbahn ein. Die hohe Leiche wurde daselbst von dem Stellvertreter des Kaiserl. ersten Obersthofmeisters, Oberstkämmerer Grafen von Dietrichstein, dem Kaiserlichen Ober -=- Ceremonienmeister, Landgrafen zu Fürstenberg, zwei Palastdamen und zwei Kaiserlichen Kämmerern empfangen, ] Pfarrkirche überbracht wurde.

Laternen, eine Abtheilung Kavallerie, ein Hofeinspanier zu Pferde, der Jnspektor und der Magazin-Verwalter der Hofmobilien-Direction, ein Kammer =-Fourier in einem zweispännigen Hofwagen, ein Hof- Fourier zu Pferde, ein sehs\pänniger Hofwagen mit dem Kaiserlichen L ber = Ceremonienmeister und den beiden Kaiserl. Kämmerern, ein sehs\spänniger Hofwagen, in welhem Graf Dietrichstein und Graf Bombelles saßen, zwei Hofreitknehte mit Laternen, der sechs\spännige Wagen mit dem Sarge. f Trabanten - Leibgarden mit Hellebarden, vier Kaiserl. Arzieren-, vier Königl. ungarische und vier Königl. lombardisch = venetianishe Leib=- garden mit ihren Second - Wachtmeistern folgten zu Pferde, zwei Hofreitknehte mit Laternen, ein sechsspänniger Hoswagen mit den beiden Palastdamen und der oben genannten Hofdame, eine Abthei= A Kavallerie, Grenadiere marschirten zu beiden Seiten des Zuges einher.

aus dem Belvedere an die Straße herantretenden Hofgeistlichkeit eiu- gesegnet. Eine daselbst aufgestellte Grenadier-Compagnie erwies die militairishen Ehren -Bezeugungen. Von da wurde der Weg durch die Heugasse, über die Wienbrücke und Esplanadestraße durch das

ville, Reformbankett, Schreiben aus Paris. (Annahme des ersten _Adreß-Paragraphen in der Deputirten-Kammer; B Großbritanien und Frland. London. Petition für die freie Ge-

traide-Einfuhr. Spanische Fonds-Jnhaber, Cobden gegen die Ver- mehrung des Heeres. Das junge Jrland. Belgien. Brüssel. Neise Jhrer Majestäten, NRepräsentanten-

Kammer.

Dänemark. Kopenhagen, Adresse der Bürger an die Bürger-Reprä- sentanten und Stände-Deputirten.

Schweiz. Tagsaßung. Proclamation an die Armee. Die Noten von Preußen, Oesterreich und Frankreih, Vermischtes. Kanton Bern. Das britische Memorandum. Luzerner Abschlags-Zahlung. Dufour, Vertagung des Großen Rathes. Vermögen der Stadt Bern. Kanton Freiburg. Zahlung einer Kriegsfosten - Rate, Großraths - Beschlüsse. Kanton Basel. Darlehen an Luzern. Kanton Tessin, Ehrenbezeigung für Dufour. Kanton Wallis. Die Abstimmung über Verfassung und Säcularisations-Dekret,

Italien. Nom, Die Reorganisation des Heeres, Neapel, Gäh- ring. Genua, Die Unruhen in Sicilien.

Weissenschaftliche und Kunst-Nachrichten. von Rahden's „Wan- derungen eines alten Soldaten“, Kunst - Notiz, Die Rheinbrücke Konstantin's des Großen, :

Handels - und Börsen - Nachrichten.

Oesterreichische Monarchie. AGien, 25, Jan. (Wien. Z,) Gestern Abend" gegen 8 Uhr

worauf dieselbe in die Kaiserliche Hofburg=

Die Ordnung des Zuges war folgende: Zwei Hofreitknechte mit

An jeder Seite gingen sechs Kaiserliche

Innerhalb der Belvedere- Linie wurde die hohe Leiche von der

Burgthor in den Schweizerhof genommen. Die Wachen traten beim Vorüberfahren in das Gewehr, präsentirten dasselbe und rührten das Spiel. Im Schweizerhofe wurde der Sarg durch Leiblakaien vom Wagen genommen und in die Vorhalle der Hofburg-Pfarrkirhe hin- aufgetragen, wo der Hof- und Burgpfarrer mit seiner Assistenz eine Einsegnung vornahm. Nach derselben wurde der Sarg in Beglei= tung des gesammten Gefolges in die Kirche hineingebraht, auf das Schaubett gebßoben und die hohe Leiche abermals eingesegnet. Hier- auf entfernten sich Alle, und die Kirhe wurde geschlossen.

Heute ist die hohe Leiche von aht Uhr früh bis drei Uhr Nach= mittags in der Hofburg = Pfarrkirche öffentlih ausgestellt. Um vier p Nachmittags erfolgt die feierliche Bestattung in der Kapuziner=

irche.

© Wien, 22. Jan. Die Nothwendigkeit milder Sammlun= gen für unsere Provinzen scheint leiber gar niht aufzuhören. Kaum sind die für die tyroler Kreise und für Galizien beendet, \o werden vou der Hoffkanzlei neue Sammlungen angeordnet für die Provinz Mähren. Besonders die Gebirgsgegend Mährens und Schlesiens ge= gen Ungarn zu, und namentli der teschener Kreis, leiden unter einer förmlichen Hungersnoth, als deren Folge bereits weitverbreitete, mit übergroßer Sterblichkeit verbundene Krankheiten herrshend sind. Bei dem strengen Winter und der Armuth jener Gegenden dürften aber die gesammelten Beiträge kaum in hinreihender Zahl, fkeinesfalls aber noch zur reten Zeit eintreffen, um die wünschenswerthe Hülfe zu bewirken, die am sichersten und schnellsten wohl durch Staatsmittel gewährt werden dürfte,

Die Wahrnehmung, daß so viele Töchter österreihisher Fami lien vorschriftswidrig in Erziehungs-Jnstituten des benachbarten Aus- landes sih befinden, und die Vorausseßung, daß die Ursachen hier= von mitunter auh in dem Mangel geeigneter inländischer Erzieheriu- nen für höhere Stände liegen, hat bei der Studien-Hof-Kommission endlih Erwägungen hierüber veranlaßt, Gleichzeitig is aber auch den Kreis-Aemtern aufgetragen worden, zu berichten, welche Anstal= ten zur Bildung von Erzieherinnen für höhere Familien in den Krei=- sen bestehen, ob dieselben für das vorhandene Bedürfniß ausreichen, oder ob mehrere derlei Anstalten zu gründen wären.

Der Verkehr auf unserer nördlichen Staatsbahn, bisher immer

noch sehr unbedeutend in der Personen-Frequenz, scheint neuester Zeit den t.efsten Stand erreichen zu wollen. Zwischen Ollmüß und Prag fahren jeßt meist Personenzüge von blos 2 Wagen, die fast nie zur Hälfte der Pläbte beseßt sind, und doch bilden Verspätungen der Züge

die Regel, da ver zahlreiche Betriebs-Fouds, welchen die Regierung mit der Bahn selbst der Pachtunugs-Gesellschaft übergab, so vernach:- lässigt wurde, daß troy der hinreihend Lorhandenen Werk-= stätten gegenwärtig die bei weitem größere Anzahl der Lo= fomotiven höchst mangelhaft und dadurch die #0 nothwen- dige Regelmäßigkeit des Dienstes fortwährenden Störungen un- terworfen ist. Den lauten und häufigen Klagen über die Mängel des Oüter=Iransportes hat die Regierung zwar dur die neuerlidhen zweckmäßigen Anordnungen abzuhelfen gesucht, und es is nur noch deren strenge Ueberwachung zu wünschen, damit nicht die bisherige JZndolenz der Pachtungs-Administration zum Nachtheile des Staates und des Handelsverkehrs bald wieder in den bequemen früheren Shlendrian verfalle, Für den Ausgang der Pachtdauer dürfte übri= gens der Betrieb jedenfalls in andere Hände übergehen und dann erst der so wohlthätige Zweck der Staateëbahn erreicht werden,

X Tien, 24. Jan. Der von dem Feldmarschall Grafen Ra= debky an sammtliche in Jtalien stationirten Kaiserlichen Truppen er- lassene Tagesbefehl (s. Allg. Pr. Ztg. Nr. 27) ist nach den von dort

eingegangenen Nachrichten überall mit Jubel von deu Soldaten auf= genommen worden, großen Eindruck auf die aufgeregten Gemüther der Bevölkerung her- vorbringen, die Böswilligen, die eigentlih nur in den höheren Stáän= den zu suchen sind, abshrecken, die große Masse der Gutgesinnten,

Es fann nicht ausbleibeu, daß derselbe einen

namentlich den fleißigen Bürger und Landmann, aber ermuthigen und Gelegenheit geben wird, den Sinn für Ordnung und Recht offen darzulegen und, des kräftigen Schußes jeßt gewiß, \sich der guten Sache anzuschließen. N

Die Lombardei, seit dem Jahre 1815 mit besonderer Rücksicht,

ja man darf sagen, mit Bevorzugung gegen die Erbstaaten von dem Kaiserlihen Gouvernement behandelt, fühlt in der Masse der Beyöl=-

/

ferung diese Wohlthaten auch vollkommen, und wenn in dem Schoße der höheren Gesellschaft auch wohl niemals eine Sympathie mit der deutschen Regierung stattgefunden hat, wie dies die mehrfachen hoch- verrätherishen Tendenzen und Handlungen des Adels bewiesen haben, die stets nur mit zu großer Milde nachgesehen wurden, fo ist das Volk doch dem deutschen Herrscherhause zugethan und, bei dem mate- riellen Sinne für Erwerb, den subversiven Einflüsterungen und Bemü hungen der Revolutions-Partei \chon aus Abneigung gegen alle po- litischen Umwälzungen nicht zugänglich. ckchreier 1 tuanten der niedrigen Klasse handeln nicht aus eigenem Antriebe, \son- dern sind gedungen und deshalb auch wenig zu beahten, Käme es jemals, was nicht zu glauben is, zu einem ernsten Konflikt zwi= schen dem Militair und diesen Unruhestiftern, \o würde die erste Salve diesem künstlichen, niht in das Herz der Jtaliener eingedrungenen Ausfstandsversuche schnell ein Ende machen. i

Die Schreier und Tumul-

Sra kre i d: Paris, 24. Jan, Das heutige Journal des Débats

bringt folgende Mittheilungen aus Toulon vom 20sten d. M. : „Der Prinz und die Prinzessin von Joinville, die sih nach Algier begeben, um einige Monate dort zuzubringen, werden sich dahin auf der Dampf- Korvette „Cuvier“ einschiffen. Ihrer Königlichen Hoheiten wird der Gesundheit der Prinzessin zu- geschrieben, die ein Klima erheischt, welches dem ihrer Heimat ver- wandt ist. chen Abgesandten für Buenos-Ayres, Herrn Gros, mitnimmt, steht im Begriff, nah Brasilien abzugehen.“

Dieser Reise= und Aufenthaltsplan Die Dampf=-Fregatte „Magellan“/, welche den Königli=

Das Comité für das im 12ten pariser Stadtbezirk beabsichtigte

Reform-Baukett zeigt an, daß dasselbe, der dagegen getroffenen Re= gierungs - Maßregeln ungeachtet, stattfinden solle und nur bis zum Schluß der Adreß-Debatten der Deputirten - Kammer verschoben sei, damit die Deputirten zahlreich daran theilnehmen könnten,

ck=/ París, 24. Jan. Heute begann die Deputirten-Kam-

mer die spezielle Debatte des Entwurfs zur Adresse auf die Thron- rede. Die Bänke der Deputirten waren sehr gefüllt, eben \o die öffentlihen Gallerieen und Tribünen,

Der Präsident. verlas den ersten Paragraphen des Entwurfs und gab

sofort Herrn Gauthier de Rumilly, einem Deputirten des linken Cen- trums, das Wort, Dieser hielt nun von der Tribüne aus eine Rede ge- gen die Regierung, eine wahre Philippika , gewürzt mit Vorwürfen aller Art. Der Hauptgegenstand , den der Redner sich zur Besprechung auserse4 hen hatte, war die Lage des Aerbaues in Frankreich, die er als im höch-