1848 / 30 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

j ibe, so ließe sich denken, daß darin eine Härte, Werttn bas nicht gesa O da an eine Gränze bringen wollte, ja Se den wünsht. Wenn eine solche Bestimmung nicht bie per gehóren sollte, so würde sie jedenfalls in die Prozeßordnung

ge iz - Minister Uhden: Man kann die fremden Unterthanen,

die hier Verbrechen begangen und abgebüßt haben, nur in ihr Vater= land zurücweisen. Wollte man sie in andere Länder \hicken, dann würden sle bald auf den Schub wieder zurückommen.

Abgeordn, Abegg: Wenn auch meine Worte Heiterkeit erre en, so glaube ich doch, daß unter Jhnen im Gemüthe sehr viele Mit- glieder mir beistimmen werden. Gerade wenn man einen Ausländer unter allen Umständen in sein Vaterland bringt, giebt man ihn einer Behandlung bisweilen Preis, die ärger als die überstandene Strafe

„ist, Jch erwähne nochmals, daß es eine Sache der Menschlichkeit ist, hierauf Rücksicht zu nehmen.

Ter los A Uhden: Jch weiß nicht, wie die Regierung sich verhalten soll. Dieselbe kann den Ausländer doch nicht in ein anderes Land bringen, als dem er angehört.

Referent Naumann : Das Bedenken des Abgeordneten aus Preußen scheint allerdings zu berüdsihtigen zu sein, aber ih glaube auch, der H hat dies schon gethan. Es beißt hier nit, wohin der des andes zu Verweisende gewiesen werden soll, sondern es wird einfa disponirt , er soll nicht hier im Lande bleiben. Es ist nicht bestimmt, daß er in ein Land gewiesen werde, wo seiner Person Gefahr droht; ih glaube auch, daß die Regierung keinen Anstand nehmen wird, in dergleichen Fällen dem Auszuweisenden ent- gegen zu sein, wenn er den Ört angiebt, wohin er gehen will.

Abgeordn. von Potworowsky : Der Herr Justiz-Minister hat ausdrücklich das Gegentheil gesagt, und also ist das Bedenken des Abgeordneten aus Preußen zu berücksitigen.

Abgeordn. von Auerswald : Jh habe den Herrn Justiz-Minister doch nur dahin verstehen können, daß nur in denjenigen Fällen, wo der Auszuweisende niht einen bestimmten und ausführbaren Wunsch äußert, derselbe in sein Vaterland gewiesen werden könne, keinesweges aber, wenn er anders wohin gebracht zu werden wünscht. E

Justiz-Minister Uhden : Es versteht sich von selbst, daß die Re- gierung dem Wunsche des Auszuweisenden, nah einem anderen Lande

ebracht zu werden, wenn die fenseitige Regierung damit einver- Fibea ist und die preußische Regierung nit die Pflicht der Aus= lieferung hat, gern entsprechen wird.

Abgeordn. Prüfer: Wenn ih richtig verstanden habe, so ging der Antrag des geehrten Abgeordneten aus Preußen dahin, daß man dem Verurtheilten freien Willen lassen \ollte, selbs zu bestimmen, nah welchem Lande er gebraht sein will, Dabei muß ih auf die Schwierigkeit aufmerksam machen, welche darin besteht, daß der Verurtheilte, wenn er z, B, an die französishe Gränze im Westen gehört, und meint : dorthin kann ih nicht, ih will nah Rußland.

(Allgemein anhaltende Heiterkeit in der Versammlung.)

Jch habe ausgesprochen, daß wenn der Verurtheilte nah Frankreich gehört, er aber spriht: dorthin will ih nicht, ich werde mich in Rußland zu ernähren suchen, sein Wunsch füglich niht gewährt wer- den kann, weil es der Regierung an Maßregeln und Mitteln ge- brehen möchte, allen diesen Wünschen bei der im Ganzen doch großen Zahl solcher Lute immer nachzukommen, das habe ih aus- drücken wollen, und deshalb stimme ih gegen den Antrag. Landtags -Rommissarius: Jch glaube, daß die Diskussion über diesen Punkt füglich hier wird geschlossen werden können. Das Geseh bestimmt nicht, wohin der zu Verweisende zu dirigiren sei, es sagt nur : auf Landesverweisung kann nur gegen Ausländer erkannt wer- den, Die Regel wird sein, daß man dem zu Verweisenden gestattet, dahin zu gehen, wohin er zu gehen wünscht, sofern seine Aufnahme eini ziinatión gesichert is, Dagegen wird man nicht in dem Gesebe aussprechen dürfen, daß es dem Bestraften freistehe, die Gränze an jedem beliebigen Punkte zu überschreiten; sonst möchte dies Anlaß geben zu einer Vagabondage- Freiheit von Saarlouis bis Memel. (Heiterkeit in der Versammlung.)

Abgeordn. Abegg: Die Erklärung, welche zuleßt von der Mi- nisterbank gegeben worden ist, beruhigt mich vollständig, und ih muß nur hinzufügen, daß es niht in meinem Sinne gelegen haben kann, eine Vagabondage zu begünstigen; ih glaube, sehr deutlih erklärt zu haben, daß ich nur aus Menschlichkeit diesen Antrag gestellt habe.

Marschall : Wir kommen nun zu dem nähsten Paragraphen.

Referent Naumann : Es ist also vorauszusehen, daß der Para= graph mit der von der Abtheilung vorgeschlagenen GSassungsänderung angenommen worden ist,

Marschall: Es is von dem Referenten erklärt worden, daß dies nur Gegenstand der Fassung sei, und ein bestimmter Antrag, der eine Fragstellung nothwendig machen könnte, liegt niht vorz es ist also, indem wir zum nächsten Paragraphen übergehen, vorauszu- seßen, daß im Allgemeinen die Versammlung der Ansicht der Ab- theilung beigestimmt hat.

Referent Kaumann (liest vor):

¿ 636

Bei Anwendung der in diesem Titel bestimmten Strafarten gegen Personen, die noch im Militair - Verbande stehen, sind die darüber ergangenen besonderen Vorschriften zu beachten.

er Verlust der Ehrenrechte umfaßt bei solchen Personen zu=

leich den Verlust des National = Militair - Abzeichens und die Ver- fem in die zweite Klasse des Soldatenstandes, so wie bei Unter- offizieren die Degradation, bei Offizieren aber die Cassation.“

Marschall: §. 37.

Referent Naumann (liest N

11 Ÿe 37,

st ein noch im Militair-Verbande stehender preußischer Unter= than im Auslande wegen eines Verbrechens bestraft worden, welches nah preußischen Geseßen zugleih militairishe Ehrenstrafen nach sich zieht, so soll ein neues Strnfoérfähtin vor den preußischen Gerichten eingeleitet und von diesen nah Befinden auf die militairischen Ehren= strafen erkannt werden.“ L

„Zu §. D.

Aus den bei §§. 3 und 4 entwickelten Gründen und in kon- sequenter Folge der dort gestellten Anträge s{lägt die Abtheilung vor, eine fakultative Fassung der Bestimmung §. 37 zu beantragen, so

daß statt des Wortes „soll“ in der dritten Zeile das Wort „Fann“/ geseßt werden muß.“

Marschall: Wenn feine Bemerkung erfolgt, so ist dem Antrage der Abtheilung beigetreten,

__ Fürst Wilhelm Radziwill : Jch würde die fakultative Fassung nicht für richtig halten, weil nah dem Begriffe der Ehrenstrafen im Milítair es \sich nicht vermeiden läßt, daß, wenn von einem Militair im Auslande ein Verbrechen begangen und er deshalb bestraft worden ist, welches nach preußischen Geseßen zugleih militairishe Ehren- strafen nach sih zieht , ein neues Strafverfahren vor den preußischen Gerichten nit blos fafultativ eintreten kann, sondern sogar ein- treten muß.

_Korreferent Freiherr von Mylius: Es is in dem Paragraphen zunächst niht von militairischen Verbrehen die Rede, über welche ausreihende Bestimmungen anderwärts gegeben sind, aber das Fakul-

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tative ist bei allen anderen ähnlichen Bestimmungen erforderlich, namentlich wenn man den Anklageprozeß gänzlih durchführen wird, da der Staat immer nur das Recht, nie die Pflicht zur Klage ae Wenn die Bestimmung hier nit fakultativ festgestellt würde, v wäre nicht zu vermeiden, daß Untersuchungen eingeleitet und Pro- zesse ins Leben gerufen würden, welche zu keinem Resultate führen E indem der Beweis in manchen Fällen gar nit geführt wer- en fann.

__ Gürst Wilhelm Radziwill: Gerade weil ih weiß, daß hier nicht das Militairgeriht, sondern das Civilgeriht einzuschreiten hat, wünsche ih, daß es bei der positiven Fassung des Paragraphen bleiben solle, Die Verpflichtung aufzunehmen, halte ih fir noth- wendig, weil ich gerade in meiner Praxis als Brigade-Commandeur der Landwehr häufige Fälle erlebt habe, daß Gerichte die militairischen Ehrenstrafen bei beurlaubten Wehrmännern auszusprehen vergessen, eine Bestimmung, die dem Geiste und den Verhältnissen unserer Mi- litairverfassung nah durchaus nothwendig ist. Diese Fälle also, wo die Bestimmung außer Acht gelassen werden könnte, sollen möglichst vermieden werden, und würden gerade begünstigt, wenn man den Paragraphen, der uns beschäftigt, fakultativ fassen wollte,

Marschall : Es is darauf angetragen worden, daß der Para- graph in seiner ursprünglichen Fassung gelassen werde; es ist also, um dem Antrage der Abtheilung beizutreten, eine förmliche Abstim= mung nothwendig, und diejenigen, welhe dem Antrage der Abthei= lung beistimmen, würden dies durch Aufstehen zu erfennen geben. Dem Antrage der Abtheilug is beigestimmt.

Abgeordn. Keumann: Jch hatte vorher ums Wort gebeten, bin aber übergangen worden und muß deshalb hier noch Folgendes be- merken. Das, was der Herr Korreferent erwähnte, hat mir einen besonderen Zweifel in Bezug auf die Frage erregt, ob denn die fa- fultative Fassung nur dazu dienen soll, um eine Delainung für den

Staatsanwalt zu geben. Nach meiner Ueberzeugung fann die Be- stimmung des Geseßes immer imperativ sein, und daraus folgt noch nicht, daß der Staatsanwalt die Pflicht habe, nur immer in jedem einzelnen Falle Anträge auf Bestrafung zu stellen, dies hängt viel=- mehr von seiner Ueberzeugung, ob eine Geseßübertretung vorgefom- men, ab, Müßte der Staatsanwalt immer einen solhen Antrag stellen, wo eine imperative Bestimmung da ist, daun würden wir sehr häufig in den Fall kommen, noch überall in dem Gesetze fakfultative Bestimmungen treffen zu müssen, und dies halte ih nicht für wün- shenöwerth für ein Gesegbuch. Marschall: Wir kommen zum §. 38. Referent Raunann (liest vor) : 1847 38, __ Alle Strafurtheile, in welhen auf Todesstrafe, Zuchthausstrafe, eine längere als fünfjährige Freiheitsstrafe oder auf den Verlust der Ehrenrechte erkannt wird, E öffentlih bekannt gemacht werden,“ O A: _ Es is proponirt worden, die öffentliche Bekauntmachung der Strafurtheile nur dann eintreten zu lassen, wenn sie Verbrechen, nicht aber wenn sie Vergehen betreffen. Die Erwägurg dieses Vor- schlages kann indeß nicht füglich erfolgen, bevor nicht der besondere Theil des Strafgeseßbuchs und namentlich au §. XV. des Gesehz- Entwurfs über die Einführung des Strafgeseßbuchs durchgenommen ist, weil sonst leiht anderweit zweckmäßigen Bestimmungen in Betreff derselben Frage vorgegriffen werden könnte. , Die Abtheilung \{lägt vor, die Bestimmung §. 38 vorläufig so, wie sie der Entwurf enthält, zu belassen und ein Zurücfommen auf die vorbezeichnete Propo-= sition nah vollständiger Prüfung aller vorliegenden Geseß=Ent= würfe vorzubehalten.““ i Abgeordn. von Platen: Sollte sich durch die Oeffentlichkeit des

in Aussicht gestellten Gerichts- Verfahrens nicht die Bestimmung dieses Paragraphen vollständig erledigen? Deun wenn überall das öffentliche Verfahren eingeführt wird, so is die erwünschte Oeffent- lihkeit des Strafurtheils damit eng verbunden, und ih glaube in- sofern kann diese Bestimmung weggelassen werden, da sie nur eine Schärfung der Strafe enthält. Jch trage darauf an, den Para- graphen zu streihen oder mindestens dahin zu ändern, daß die Ver= öffentlihung nur bei den ganz {weren und für immer entehrenden Strafen in Anwendung komme.

Regierungs - Kommissarius Bischoff: Diese Bestimmung is aus dem rheimishen Strafreht, wo Oeffentlichkeit des Verfahrens be- steht, aufgenommen worden. Sie hat hauptsächlich den Zweck, das Volk von dem Gange der Strafjsustiz in Kenntniß zu erhalten.

Abgeordn. von Donimierski: Jch theile die so eben ausge=- sprochene Ansicht, daß die Bestimmung dieses Paragraphen ganz weg= fallen könne. Die Veröffentlihung des Strafsurtheils i eine natür- liche Folge des öffentlihen Kriminalprozesses. Da wir diesen nächstens im ganzen Lande erhalten werden, so erscheint die Aufnahme einer solchen Bestimmung im Strafreht ganz überflüssig.

Korreferent Freiherr von Mylius: Es is gerade sehr zweck- mäßig, daß bei dem öffentlichen Verfahren, namentlich wenn es zum Staats = Prinzip geworden, gewisse Garantieen für die Ausführung dieses Staats=-Prinzipes durh das Gesetz selbst geleistet werden, und deshalb ist es cine sehr zweckmäßige Bestimmung, wenn abgesehen vou der Oeffentlichkeit, die eine jede Verurtheilung dadurch erlangt, daß sie vor versammeltem Volk ausgesprochen wird, auch noch be-= stimmte Maßregeln vorgeschrieben würden, wie diese Oeffentlichkeit die größtmögliche Vollstreckung erhalte; deshalb scheint die Bestim- mung sehr zweckmäßig zu sein.

Regierungs-Kommissarius Bischoff: Es is auh noh ein prak- tischer Beweggrund für diese Bestimmung vorhanden. Es is nämlich im §. XV. des Einführungsgeseßes gesagt, daß derjenige, welcher durch ein Strafurtheil der Ehrenrechte für verlustig erklärt worden ist, nicht Zeuge bei öffentlihen Urkunden sein und nicht als Sach- verständiger bei gerichtlichen Verhandlungen zugezogen werden kann; insofern is es also im allgemeinen Jnteresse wünschenswerth, daß bie Namen derjenigen bekannt gemacht werden, die hiernach unfähig sind, Zeugen zu sein.

Abgeordn. Dittrich: Der rothe Faden, der, wie ih glaube, das Strafgesezbuh durchlaufen soll, is das Prinzip, die Ehre auf- ret zu erhalten und zu erwecken., Dieses Prinzip scheint mir gerade dieser Paragraph wegstreihen zu wollen, denn der Verbrecher, dessen Name öffentlich bekannt gemacht wind, wird überall gebraudmarkt. Man führt a!s Motiv an, daß er durch das öffentlihe Verfahren in seinem Kreise Allen als Verbrecher bekannt wird; dieses Bekannt-= werden genügt, und um so weniger kann ich mi dafür erklären, daß er vor der ganzen Welt als solcher dargestellt werden soll. Jch finde auch feinen Zweck, welcher dur diese öffentliche Bekauntmachung erreiht werden fönnte, und trage deshalb auf Streichung des Para- graphen an.

Regierungs - Kommissarius Bischoff: Es würde die Bestim- mung in Folge des vorbehaltenen Beschlusses über die dreigliedrige Eintheilung und den Verlust der Ehrenrehte sehr beschränkt werden fönnen; man wird sie vielleicht auf diejenigen beschränken, welche ein \{weres Verbrechen begangen haben, ein Verbrehen im Sinne des rheinischen Strafrehtes , also ein solhes, wo der Verlust der Ehre auf immer zu erkennen is.

soll, ob diese Bestimmung überhaupt beizubehalten \ei oder nicht so erlaube ich mir zu bemerken, daß bei dem öffentlihen Verfahren niht die Publizität der Zweck is, sondern die Unparteilichkeit des Gerichtsverfahrens, und daß, sobald diese gesichert erscheint, au der Zweck des öffentlihen Verfahrens erreicht is, Die Oeffentlichkeit des Verfahrens hat insofern ihr Gutes, sie hat aber auch ihre Schat- tenseite, diese besteht darin, daß die Besserung des Verbrechers dem- selben dadurch ershwert wird, daß sein Verbrechen bekannt wird. Es würde nur diese Publizität durch das in dem Entwurfe vorge- s{hlagene Verfahren noch bedeutend an Umfang gewinnen und da- durch die Besserung des Verbrechers demselben noch mehr ershwert iverden, indem sie in ihm die Besorgniß erwecken würde, daß sein rechtêwidriges Verhalten auch da bekannt geworden, wo selbst bei der vergrößerten Publizität Niemand wirklich Notiz davon genom- men. Es giebt Fälle, daß Personen, welche wegen Verbrechen be- straft waren, Jahre laug an einem anderen Orte ein moralisches Leben geführt haben, dann aber von Jemand erkannt wurden, der sie vor der Gerihtsschranke gesehen und dadurch ihr Lebensglüd wieder zerstört wurde. Diese Fälle würden si öfter wiederholen, wenn der Entwurf angenommen werden sollte, És ist auch von dem politischen Standpunkte aus die Bestimmung desselben nicht zu recht=- fertigen, Denn es würde durch die beabsichtigte Bekanntmachung gerade den gefährlichen Verbrechern erleichtert, sich zusammen zu fin=- l und eine eigene verbrecherishe Gesellshaft gegen den Staat zu l en.

Abgeorèn, Steinbeck: Jh spreche für den Paragraphen. Er bestimmt nichts Neues, sondern verbessert das Alte. Wir machen bereits bei den Todesstrafen und bei verschiedenen Fällen auch in den altpreußishen Provinzen das Urtheil unter der Bezeichnung der Warnung öffentlich bekannt, in den rheinishen Provinzen erstreckt si die Bekanntinachung nah dem Code pénal viel weiter, und aller= dings so weit, daß sie unter Umständen diejenigen Nachtheile mit sich führen fann, welhe nach dem geehrten Redner qus Preußen, welcher so eben gesprochen hat, vermieden werden sollen, Die Be- kanntmachung selbst is offenbar die beste Garantie dafür, daß die Strafrechtspslege in der ganzen Monarchie gleichmäßig nach der Strafgeseßgebung vollzogen wird, sie kanu sogar dazu dienen, daß einzelne Gerichte ihre Ansichten und Praxis in Auslegung der Gesetze vielleiht da und dort einer berihtigenden Prüfung ‘unterwerfen. Wir sind durh das, was der Herr Ministerial - Kommissarius uns mitgetheilt hat, auch darüber beruhigt, daß wix nicht zu weit gehen, daß der, welcher noch zu schonen sein möchte, nicht verleßt werde. Nur wünsche ih, daß die Art der Bekanutmachung bei der Redaction des Geseges näher bezeihnet werde. Der Code pénal Artifel 36 bestimmt , daß dergleihen Bekanntmachungen durch Anschlag in derx Distrikts - Stadt des Departements geschehen sollen, wo das Urtheil ergangen ist, das Verbrechen stattgefunden, wo es verbüßt worden, wo die Execution des Urtels erfolgt u. st. w. Dies Alles werden wir vereinfachen können, wenn wir die Amtsblätter, unter besonderen Umständen auch andere offizielle Blätter, zur Veröffentlihung wählen.

Abgeordn. von Auerswald : Es sind meines Erachtens für Bei- behaltung des Paragraphen zwei Gründe angeführt worden. Der cine vom prafktishen Standpunkte aus zuerst von dem Herrn Ministe= rial-Kommissarius dahin, daß ohne die Bestimmung des Paragraphen die Gerichte der genauen Kenntniß der als Geschwornen, Zeugen 2c. zuzulassenden Personen entbehren würden; der andere von dem Redner, welcher eben spra, dahin, daß es im Jnteresse der Oeffentlichkeit liege, allgemeine Kenntniß von solchen Fällen zu erlangen. Es fann aber nur im Juteresse der Gerichte, welhe Zeugen 2c. zu vernehmen haben, liegen, ihre betreffenden Listen durch die Urtheile anderer Ge-

richte zu vervollständigen. Dazu giebt es aber andere Mittel als öffentliche Bekauntmachung, und die Listen, welche bei den Gerichten über diejenigen Personen geführt werden müssen, welche nicht fähig sind, ein Zeugniß 2c, abzulegen, werden auf andere Weise vervoll= ständigt werden können, als dadurch, daß ihre Namen in den Amts= blättern stehen oder an die Thore angeschlagen werden. Was den zweiten Grund betrifft, so verstehe ich unter der Oeffentlichkeit, welche wir zu erstreben haben, den Gegensaß der Heimlichkeit, so nämlich, daß ih Alles erfahren kann, aber nicht Alles zu erfahren genöthigt werde. Jch glaube, daß das uicht die Oeffentlichkeit ist, welche wir wünschen fönuen, und das Resultat der Oeffentlichkeit, wie sie von dem Herrn Korreferenten gewünscht wird, dürfte kein anderes sein, als daß die Zahl der unerfreulichen und unerwünschten Lektüre in der Welt sih wesentlih vermehren würde. Jch stimme also für die Streichung des Paragraphen.

Korreferent Freiherr von Mylius: Jh werde unter allen Um= ständen für Beibehaltung des Paragraphen stimmen, da ih ihu für durchaus nothwendig halte, und beurcrte vor Allem, daß es sihch um bedeutende Strafen handelt, welil‘e den Verlust der bürgerlihen Ehre nach sih ziehen. Derjenige, we:cher von secizen Standesgenossen zum Verlust der bürgerlichen Ehre verurtbeilt, aus der Gesellschaft gleich= berechtigter Bürger ausgestoßen wird, muß Allen im Lande bekannt sein, bis er die Ehre durch Rehabilitation wiedererlangt, sons wäre das Urtheil ohne Zweck und ohne Wirkung. Es würde das Wesen der Strafe dadurch alterirt, wenn man aus Rücksichten, welche her vorgehoben worden sind, wenn man hinsichtlich seiner ein Verschwei= gen, ein Verdunkeln obwalten lassen wollte, Weun festgehalten wird, daß gerade unsere politishen Verhältnisse ter Art sind, daß die be= stehenden Beziehungen des Bürgers zum Staate immer deutlicher hervortreten würden, daß die Oeffentlichkeit ein Lebensprinzip nicht nur der Gerichts - Verhandlungen, sondern auch den ständischen und Kommunal=Verhältnissen werden muß, so wird auch klar werden, daß eine durhgehende Oeffentlichkeit durch äußere Garantieen unentbehr= lih sei, damit Jeder, der im öffentlichen Leben handelt, namentlich wenn er Träger von politischen Rechten is, fortwährend iz reinem und ungetrübtem Lichte der bürgerlichen Ehre stehe. ; Abgeordn, Dittrih: Es sind als Gründe für Beibehaltung des §. 1 die Bekanntmachung für die Gerichte hervorgehoben; dieser Grund isst theilweise schon widerlegt; als weiteren Widerlegungs- grund aber füge ih noch hinzu, daß, wenn dieje Bekanntmachung cinen Zweck für die Gerichte haben sollte, auch die Gründe beige= fügt werden müßten, was aber nicht geschieht. Als zweiter Grund ist von dem Herrn Korreferenten herausgehoben, daß der Verlust der bürgerlichen Ehre überall bekannt sein müsse, mit dem Beisaß, daß die Rehabilitation stattfinden könne. Dieser ist aber gerade ein Grund, welcher gegen diese Meinung spricht. Diese Absicht des Strafrechts ist, nur so weit zu strafen, als nothwendig, Wenn ein bestrafter Verbrecher in allen Gegenden, auch in der, in welcher er s{{ch ehrlich nähren will, und sich eine bessere Zukunft zu gründen hofft, die shwere Shmach des ehrloscnu Namens mitnehmen soll, so finde ih dies durchaus nicht im Zwecke des Geseßes. Entgegengeseßt wollen die geseßlichen Bestimmungen überall dahin wirken, dem Verbrecher seinen neuen Aufenthalt zu erleichtern, und sein besseres Fortkommen zu begründen. Jch kann mi hiernach dem Antrage nicht anschließen.

Äbgeordn. Sperling: Der geehrte Herr Korreferent is auf die Seite derjenigen getreten, (welche sich gegen den Paragraphen er- klärt haben.

Viele Stimmen: Nein! Nein! Er will ihn nicht in F nun Umfange angenommen wissen,

Abgeordn, Sperling: Wenn über die Frage diskutirt werden

sondern auf diejenigen Fälle beschränken, in denen auf Verlust der

Erste Beilage

D 30.

Erfte

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Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung

Ehre erkannt wird, während der Paragraph dahin lautet ; „Alle Stktrasurtheile, in welchen auf Todesstrafe, Zuchthausstrafe, eine län=z gere als fünfjährige Freiheitsstrafe, oder auf den Verlust der Ehren- rehte erfannt wird ,“ also auch Fälle subsumirt, wo die Ehrenrechte nicht aberfannt werden. Die öffentliche Bekanntmachung würde nur dazu dienen, die Wunden der Staatsgesellschaft aufzudecken, nicht zu heilen, und zu dem Ersteren is feine Veranlassung vorhanden. Es wurde von einem geehrten Redner aus Schlesien auf die bisherige Praxis verwiesen, Es is richtig, daß dergleichen Bekanntmachungen bei Vollziehung von Todesurtheilen erfolgen.

Mehrere Stimmen: Auch bei Meineid! und außerdem in sehr seltenen Fällen. Dies kann uns aber nicht bestimmen, den Paragraphen bestehen zu lassen, wenn wir ihn über- haupt für unve GRtia halten. , RKorreferent Frhr. von Mylius : Jh erlaube mir, zu bemerken, daß ih nicht gegen, sondern für den Paragraphen aufgetreten bin, und daß, wenn gesagt wurde, daß die Ijährige Freiheitsstrafe als Grund für die Bekanntmachung angeführt werde, eine 5jährige Freiheits- strafe aber erfannt werden fönne, wo der Verlust der bürgerlichen Ehre nicht eintrete, dieser Fälle so wenige sind und sie so selten vor= kommen, daß sie mi nicht bestimmen, den Grundsaß des Para- graphen anzufechten. j

Abgeordn. von Saucken-Tarputschen: Es is durch den Abge-

ordneten aus Königsberg schon das erledigt worden, was ih sagen wollte. Es müßte wenigstens bei diesem Paragraphen eine Aenderung eintreten. Hier is ausgedrückt, daß es eine längere als 5jährige Gretheitsstrafe sein müßte, Jh will nur z. B. das Duell anführen, oder wenn Jemand seine tief gekränkte Ehre zu vertheidigen die Ge= sebe übertreten hat, so werden wir ihn nit für ehrlos erklären. Es fönnte daher nicht gerechtfertigt sein, wenn sein Name unter deu Verbrechern genaunt und öffentlich bekannt gemacht würde.

Ubgeordn. Lucanus: Jm Sinne der preußischen Geseßgebung, glaube ich, it es streng verpönt, wenn Jemand einen Verbrecher, Lee Es D werden will und sih zur Arbeit meldet, unter dem Dorwande zurüciweist: Du bist ein Dieb; ih kann Dich nicht brauchen, Das is eine Beleidigung und wird bestraft, Wenn dieser Grundsaß besteht, so sehe ich nicht ein, wohin die Bekanntmachung führen soll, wenn Niemand im Staate einen solchen Vorwurf machen darf, Jch bin dafür , den Paragraphen zu streichen.

Abgeordn, von Auerswald: Jch muß mich den \{önen Wor= ten des Herrn Korreferenten anschließen, es sei nothwendig, daß das Licht der vollkommen reinen Ehre hell leuchten solle, glaube aber nicht, daß es dazu des Reflexes der verbrecherishen Unehbre bedarf. Meine Herren, wenn wir den Paragraphen beibehalten , so sind wir strenger, als selbst der harte Richter des Mittelalters, welcher den Verbrecher brandmarkte. Er brandmarkte ihn nicht auf der Stirn, sondern auf der Schulter. Der Verbrecher durfte das Zeichen seines Verbrechens bedecken. :

Regierungs-Kommissarius Simons : Auf Publication der Straf- Erkenntnisse ist im besonderen Juteresse der rheinischen Geseßgebung angetragen worden; ih erlaube mir, in dieser Beziehung zuvörderst auf §. 14 des Allgemeinen Einführungsgeseßzes Bezug zu nebmen, wo es heißt: „Die außerdem nah den Civilgesezen des Bezirks des Appellationsgerihtshofes zu Köln mit der Verurtheilung zu einer peinlichen Strafe verbundenen civilrectlihen Folgen treten gegen alle diejenigen Personen ein, gegen welche eine der im §. XIT, bezeihne- ten Strafen erkannt wird.“ Solche civilrechtliche Folgen sind z. B, die Unfähigkeit, die zu Rechtsgeschäften erforderliche maritale Autori- sation zu ertheilen, Artikel 221 Civil-Gesetbuch, die Unfähigkeit zu adoptiren , Mitglied des Familienraths zu sein, zum Schiedsrichter ernannt werden zu fönnen, die Befugniß zur Auflösung des Gesell- \haftevertrages mit einem zu einer peinlichen Strafe Verurtheilten, die Erlöschung jeder Vollmacht, Alle diese civilretlihen Folgen, die eine peinliche Verurtheilung nach sich zieht, haben Veranlassung gegeben, auf die Bestimmung des Artikel 28 des Code pénal zurückkommen, Da es von Juteresse is, beurtheilen zu können, ob diese Folgen ein- getreten sind oder niht, ob mit den Verurtheilten Rechtsgeschäfte eingegangen werden können, sto dient die Publication des Straf- erfenntnisses, wie sie §. 38 vorausseßt, zugleich zur Beförderung der Rechts sicherheit. Es hat also diese Publication für die Rheinprovinz ein besonderes Jnteressez weil sie aber auch nach allgemeinen Gesichtspunkten geretfertigt erscheint , so ist sie nicht als eine besondere Bestimmung für die Rheinprovinz in eine Neben- verordnung, sondern als eine allgemeine in das Strafgesezbuh auf-

ammen worden. geno Justiz-Minister von Savigny: Es is hon von anderer Seite bemerkt worden, daß wahrscheinlich eine Beschränkung in den Para- graphen wird aufgenommen werden müssen, in golge der bereits ein- geleiteten Prüfung der Ehrenstrafen überhaupt, Wenn es nämlich dahin kommt, daß unterschieden wird zwischen zeitigem und immer- währendem Verlust der Ehre, als Folge eines richterlichen Erkennt= nisses, dann wird ohne Zweifel in dem Sinne, in welhem §. 38 in den Entwurf aufgenommen worden ist, es heißen mussen :

„auf immerwährenden Verlust der Ehrenrehte“, ;

denn der immerwährende Verlust war im ganzen Entwurfe allein vor= ausgeseßt. Davou abgesehen nun, sid sehr erheblihe Gründe gel- tend gemacht worden, warum theils im Jnteresse der Rhein-Provinz, theils aber auch im Jnteresse und im Anschließen an die bisherige Praxis der übrigen Provinzen der §. 21, seinem Prinzip nach, nicht wohl aufzugeben sein würde. Die meisten Gründe, die dagegen sind angeführt worden, gehen auch, wie ih sie aufgefaßt habe, „weniger auf eine gänzliche Streichung dieses Paragraphen, als auf eine Ein= schränkung desselben, die denn auch noch erwogen werden könnte, Bei der Todesstrafe is auch in den älteren Provinzen die öffentliche Bekanntmachung schon allgemein vorgeschrieben und wird geübt. Die Zuchthausstrafe führt an sih schon stets und ohne Widerspruch den immerwährenden Verlust der Chrenrehte mit sich. Die meisten Ein- würfe gehen nun auf die Kategorie einer länger als 5jährigen Frei- heitsstrafe, die vielleiht niht mit dem immerwährenden Verluste der Ehrenrehte verbunden sein kann: also auf die Strafe der Festungs- haft oder auf die Strafarbeit von länger als 5 Jahren ohne Ver- lust der Ehrenrehte. Jch glaube also, daß im Sinne dieser von vielen Seiten her geltend gemachten Einwürfe doch weniger von einer gänzlichen Streichung, als vielleiht von Weglassung der dritten Kategorie und Beschränkung der vierten die Rede sein könnte.

Abgeordn, von Brodowski: Wenn ih auch die Ansichten des Herrn Korreferenten einerseits theile, besonders weil er die Ehre der politischen Verbrecher retten will, so muß ih doch von anderer Seite die Anträge der Abgeordneten von Preußen um so mehr für gerecht- fertigt halten, als, wenn die Ehre Jemanden auf gewisse Zeit nur

S abgesprochen ist, sie ihm nur wiederhergestellt werden kann, wenn die öffentliche Bekanntmachung nicht erfolgt, denn er wird dann nicht ver=- hindert werden, sich in einer anderen Gegend niederzulassen und dort durch einen ordentlichen Lebenswandel sich das Vertrauen und die Achtung zu erwerben, Wenn aber die Bekanntmachung seiner frühe-

Sonntag den 30. Jan.

reu Handlungen öffentlich geschieht, so wird er überall als gebrand- markt dastehen und selbst beim besten Willen kaum im Stande sein, sich je wieder Vertrauen und Liebe seiner Mitbürger zu verdienen, und dadurch ihm das Mittel eines redlichen Erwerbes abgeschnitten werden. Jch muß aber um so mehr nah der Ansicht der Abgeord- neten aus Preußen auf die Streichung der öffentlihen Bekanntma- chung darum antragen, weil eben der Herr Minister der Geseßgebung gesagt hat, daß nur für besonders {were Verbrechen , für welche langjährige Zuchthausstrafe und der Verlust der bürgerlichen Ehre ausgesprochen worden ist, die öffentlihe Bekanntmachung stattfinden soll, Zu diesen leßteren gehören aber auch die groben Verleßungen gegen die Sittlichkeit und namentlih alle die Fälle, welche von §. 174 §, 184 im Strafgeseß - Entwurf verzeichnet sind, und auf ! welche auch eine langjährige Zuchthausstrafe neben dem Verlust der bürgerlihen Ehre ausgesprochen mird. Die öffentliche Bekanntma- chung au dieser Verbrechen und dafür zuerkannten Strafen dürfte aber sehr bedenkflih sein und keinesweges dazu beitragen , den sittli= chen Zustand des Volkes zu heben, sondern ihn zu vershlimmern. Aus diesen doppelten Gründen bitte ih die hohe Versammlung, dar= auf anzutragen, daß der in Rede stehende Paragraph wegen der öf- fentlien Bekanntmachung ganz gestrichen oder wenigstens bedeutend beshränkt werde.

Abgeordn. Prüfer: Nah meinem unmaßgeblichen Dafürhalten enthält der neue Strafgeseß-Entwurf im Verhältniß zu den früheren Strafgeseßen viel mild.re Bestimmungen in Beziehung auf die An- wendung der Strafgeseße. Jch halte die Beibehaltung dieses Para- graphen für unentbehrlih, weil nur in diesem gewissermaßen ein Er= saß für die eingetretene Milde zu suchen ist. Einmal wird durch die öffentliche Bekanntmachung der Verbrecher vor neuen Verbrechen, oder auch Andere, die noh kein Verbrehen begangen, vor demselben Ver= brechen gewarnt, und anderentheils wird auch das Publikum auf die Leute aufmerksam gemacht, welche hier oder dort sih schon eines Ver- brechens shuldig gemacht haben, und es wird ihm dadur gewisser- maßen Veranlassung gegeben, vor solchen Personen sich in Acht zu nehmen, was ih für durchaus nothwendig erahte. Jedenfalls würde die Bekanntmachung ohne Beifügung der Gründe geschehen und, wie ih wohl vorausseßen darf, mit einem möglich} kurzen Tenor verbun- den sein. Ein Umstand fällt mir aber hier auf, und das is dieser: Es kann nämlich \{hon bei fünfsähriger Freiheitsstrafe und bei zeit- weisem Verluste der Chrenrechte nah“ der Bestimmung des Paragra- phen die öffentlihe Bekanntmachung erfolgen, und da möchte ih mir die ergebene Anfrage erlauben, ob bei der möglihen Rehabilitation diese auh wieder veröffentlicht wird. Geschähe dies nicht, so würde der durch eine solhe Verurtheilung Betroffene nie wieder in den Au- gen des Publikums rehabilitirt werden. Das i} es, was mich zu dieser Frage veranlaßt, und weshalb ich um Belehrung bitte. )

Abgeordn. Dittrich: Der einzige praktishe Grund, den ich für den Paragraphen gehört habe, ist der, welhen der Herr Ministe- rial-Kommissar in Bezug auf §. 14 der Einführungs-Verordnung nach dem rheinischen Geseße angeführt hat; dem stelle ih aber entgegen, daß bei uns bis jeßt zu folhem Zwecke diese Bekanntmachung nicht nothwendig gefunden worden iz ih erkenne noch nicht an, daß der praktische Nußen, der dur die Bekanntmachung entstehen könnte, den großen praktischen Schaden, der dadurch entstehen wird, über- wiegen würde. Weiter is angeführt worden, daß der Paragraph beibehalten werden müsse als Ersaß für die bisherige Milde. Nach meiner Ueberzeugung bedürfen wir keines solhen Ersaßes für diese Milde, Endlich ist von dem Herrn Minister der Geseßgebung ange- führt, es lasse sich erwarten, daß diese Bestimmung bis auf die Be= kanntmachung in den s{chwersten Fällen gemildert werden dürfte, und ih acceptire diese Erklärung sehr dankbar. Jh glaube, daß in dieser geistigen Züchtigung eine weit höhere Strafe liegt, als in der körper= lichen Züchtigung, welche abzuschaffen die hohe Versammlung bean- tragt hat.

E Abgeordn, Ucumann: Da der Herr Minister der Geseßgebung bereits darauf aufmerksam gemaht hat, daß der Paragraph doch jedenfalls noch eine Modification erfahren müsse, sollte es da nicht ange- messener scin, jeßt darüber gar nit vollständig abzustimmen ? 3h

Abtheilung würde den Vorzug haben müssen.

die später angeregt werden muß, wo es sich um die Wirkungen des Verlustes der bürgerlihen Ehre handelt,

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Die eine Bemerkung möchte

ih mir erlauben, daß selbst die gänzliche Streichung des Paragra=- phen meines Erachtens niht der Absicht entsprechen würde, welche die Antragsteller damit verbinden. ist theilweise eingeführt, bald wird es im ganzen Staate eingeführt sein, wer will nun, meine Herren, die Zeitungen verhindern, ihre Berichterstatter in die Assisen zu shicken und die Erkenntnisse bei ihren Berichten mit aufzunehmen? Also eine bffentlihe Bekanntma- hung der Erkenntnisse würde immer noch nicht beseitigt werden und fann auch wohl nicht verhindert werden.

Das öffentlihe Gerichtsverfahren

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch glaube, man wird mit der

Fassung, die der Korreferent vorgeschlagen hat, niht auskommen fkön- nen, sondern einfach das Abtheilungs - Gutachten annehmen müssen. Dieses Gutachten seßt voraus, daß man auf den Paragraphen im Einzelnen erst wird zurückommen müssen, nachdem wir die Dreithei-

lung werden angenommen haben. YJndem wir diesen Paragraphen annehmen, nah dem Vorschlage der Abtheilung, nehmen wir das Prinzip an, daß bei {weren Verbrechen die Veröffentlihung des Urtheils erfolgen muß, und das halte ih auch für gerechtfertigt, ab- gesehen von dem Grunde der Zweckmäßigkeit in Hinsicht des ösfent- lihen Verfahrens, auh schon deswegen, weil die Sicherheit der Staats=Gesellschaft höher steht, als eine Humanitäts-Rücksiht gegen einzelne Verbreher. Die Gesellschaft muß eben durch die Publica- tion des Urtheils gegen so schwere Verbrecher gesichert sein. Abgeordn. von Auerswald: Jch stelle also meinen Antrag, und zwar gerade aus dem jeßt von dem Abgeordneten der pommerschen Ritterschaft angeführten Grunde, d. h. im Jnteresse der Staats=- Gesellschaft und im Jnteresse der Humanität gegen den Einzelnen zu- glei, welche sih niht, wie das geehrte Mitglied bemerkte, von ein- ander trennen, auf Streichung des Paragraphen. i Marschall : Dies würde die erste Frage sein, die zu stellen is; die zweite Frage wird sich auf den Antrag des Korreferenten bezie-

hen, und eine dritte Frage würde heißen: ob die Versammlung dem Antrage der Abtheilung beistimmt.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh glaube, der Antrag der

Korreferent Freiherr von Mylius: Jh habe meinen Antrag

ganz allgemein gestellt, um einer Menge von Mitgliedern der hohen Versammlung einen angemessenen Ausweg zu bieten; doch würde ich

noch submittiren, daß die Fragstellung zuerst auf den Antrag der Ab=« ilung erfolge. E s Sperling: Wenn der Vorschlag des Korreferenten angenommen wird, würde der Antrag der Abtheilung wegfallen. Abgeordn. Graf von Schwerin: Wenn der Vorschlag der Abs theilung niht angenommen wird, so fann man nachher den Para- graphen modifiziren oder streichen. : Marschall: Es iff darauf angetragen worden, die Frage auf den Antrag der Abtheilung vorangehen zu lassen; ih bin aber doch der Meinung, daß besser das Verfahren eingehalten werde, welches bei einem früheren Falle eingehalten worden is, daß nämlich zuerst die Frage auf Wegfall des Paragraphen gerihtet wird, und es würde dann die zweite Frage die auf den Antrag des Korreferenten fein, darum, weil er nur eine Modification des Abtheilungs - Gutachtens enthält, niht aber mit Eliminirung des Antrags der Abtheilung an die Stelle desselben treten will. N | a Abgeordn. Freiherr von Cilien-Echthausen: Jch erlaube mir die Anfrage, ob für den Fall, daß §. 38 in seiner Allgemeinheit ge- strihen werden sollte, bei einzelnen Verbrechen, z. B. beim Morde, dem Hochverrathe u. st. w., auf die Frage zurückgegangen werden darf, ob bei ihnen die Veröffentlihung des Erkenntnisses stattfin=- den soll? 8 j s Marschall : Es wird nicht abgeschnitten sein, darauf wieder zu= rüdckzufommen, ob aber die Versammlung bei einem solchen Zurüd= fommen auf den Gegenstand sich im einzelnen Falle für das Eine oder das Andere entscheiden werde, i} jeßt nicht zu beurtheilen. Korreferent Freiherr von Mylius: Jch habe dem geehrten Ab-

will mir erlauben, auf einen besonderen Uebelstand aufmerksam zu machen, der auch damit in unzertrenn'icher Verbindung steht, und der mich bestimmt, event. für die Streichung mich auszusprehen, Nach der Bestimmung dieses Paragraphen wird nämlich auf die öffentliche Bekanntmachung bestimmt bei dem Verluste der Ehrenrehtez; nach g. 268 dieses Entwurfs wird aber auf Verlust der Ehrenrechte erkannt bei jedem Diebstahl. Nun if mir ein Land=- und Stadtgericht be- fannt, das von feinem außerordentlihen Umfange ist und doch jähr=- lih in circa 300 Fällen größerer und kleinerer Diebstähle Urtheile fällt, es würden also dort jährlich circa 300 Bekanntmachungen er- forderlich sein. Wenn dies nun in demselben Verhältnisse bei anderen Gerichten auch stattfindet, so würden sih die öffentlihen Bekannt=- machungen so vervielfältigen, daß jedenfalls der Uebelstand eintreten würde, den schon der ritterschaftlihe Abgeordnete aus Preußen zur Sprache gebracht hat,

Regierungs -Kommissar Bischoff: Es is bereits gesagt worden, daß man bei Annahme der dreigliedrigen Eintheilung, die in Aussicht steht, diese Bestimmung nur auf den immerwährenden Verlust der Ehrenrechte beshränken würde, also auf den Fall, wo auf Zuchthaus erkannt wird und der Verlust der Ehrenrechte für immer eintritt.

Korreferent von Mylius: Jh glaube im Juteresse der Sache und einer großen Majorität der Versammlung zu handeln, wenn ih nun den Antrag stelle, daß, wenn über den Paragraphen abgestimmt wird, erx dahin modifizirt werde:

„Alle Strafurtheile, in welhen auf Todesstrafe, Zuchthausstrafe oder immerwährenden Verlust der bürgerlihen Ehre erkannt wird, sollen öffentlich bekannt gemaht werden,“

Ich glaube, daß dadur eine Menge Bedenken beseitigt werden.

(Mehrere Stimmen: Ja.)

Jch glaube, daß sich diesem Antrage alle die anschließen wer- den, welche meine Ansicht theilen, daß, wenn die Oeffentlichkeit zum allgemeinen Prinzip gemacht wird, auch äußere Formen dafür ge= hafen werden müssen, daß die bürgerliche Ehre immer und stets im Lichte einer dur die äußere Form gewahrten Oeffentlichkeit da- steht, namentlich wenn, wie auch von Seiten des Herrn Kommissars aus dem Justiz - Ministerium bemerkt worden is, sich für eine Pro- vinz, wie die unsrige, ganz bestimmt gewisse Folgen daran knüpfen, die, wenn sie nicht gekannt sind, von großem Nachtheil für Privaten sein können,

Was nun eine sonstige Bemerkung betri, die im Laufe der Diskussion gemacht wurde, so versteht sih von selbst, daß eine Bei- fügung der Gründe bei den Veröffentlichungen nicht erfolgen kann ; es versteht sich von selbst überall , wo eine bestimmte Beweis-Theo- rie im bte: nicht euthalten i, z. B, namentlich bei den Geschworenen. Was die Bemerkung hinsihtlich der Rehabilitation anbelangt, so is zu erwiedern, daß ein bestimmtes Verfahren der Re- habilitation der Entwurf nicht kennt, und daß dies eine Frage ist,

geordneten aus der Provinz Westfalen gegenüber zu bemerken, daß, wenn die hohe Versammlung den Sah ausspricht, auf Streichung des Paragraphen - anzutragen, meiner Meinung nach die Diskussion über die Frage abgeschlossen is, ob Veröffentlichung dieser Straf = Urtheile stattfinden soll.

(Viele Stimmen: Ja, ja! Andere: Nein !)

Marschall : Es handelt sih jeßt um die Frage: Will die Ver- sammlung auf Wegfall des §. 38 antragen? Und die diesen Antrag stellen wollen, haben dies durch Aufstehen zu erkennen zu geben.

Die nächste Frage is auf den Antrag der Abtheilung zu richten.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch glaube, wir stimmen Alle ziemlich überein, ih glaube, es ist nicht nöthig, auf ganz geringe Ver- brechen Rücksicht zu nehmen. Davon handelt es sich aber nicht; da wir die Dreitheilung noch nicht haben, läßt sich die Bezeichnung nicht genau geben.

Justiz-Minister Uhden: Die nähere Bestimmung darüber muß ausgeseßt werden, bis die Frage wegen der Dreitheilung entschieden ist.

Marschall: Wenn kein Widerspruch erfolgt, so is das Einver- ständniß mit dem Antrag der Abtheilung vorauszuseßen, und wir fommen zum nächsten Paragraphen.

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Bevor wir zur Berathung des nächsten Titels übergehen, muß ih mir erlauben, eine Bemerkung zu machen. Als gänzlicher Laie in der Jurisprudenz würde ih es nicht wagen, eine Bemerkung zu machen, welche niht sowohl dos ma- terielle Recht, als vielmehr die Form des Strafgeseß-Entwufs be- trifft, wenn die Sache niht im innigsten Zusammenhange stände mit der Debatte, an welher ich gestern Theil genommen habe. Die Ueberschrift des Titels, dessen Berathung wir so eben beendigt haben, heißt: „Von den Strafen.“ J verbinde hiermit die Idee, daß in diesem Titel alle Strafen enthalten sein sollen, welche später bei der speziellen Berathung der einzelnen Paragraphen zur Anwendung kom- men können, und daß später keine Strafe ausgesprochen werden dürfe, welhe in diesem Titel niht aufgeführt ist. Nun hat die gestrige Abstimmung mir die Ueberzeugung gegeben, daß ein großer Theil der Versammlung für Confiscation des Vermögens nur unter der Vorausseßung sich ausgesprochen hat, daß späterhin die lebens- längliche Sequestration an ihre Stelle gesebt werde. Wenn wir aber in diesem Paragrapheu_ die Sequestration als Strafe nicht aufgeführt haben, so könnte der Fall eintreten, daß man später gegen die Se- questration sich ausspräche, blos, weil dieselbe in dem Titel über die Strafen unter diesen niht mit aufgeführt ist, Jch stelle keinen An- trag, sondern ih wlinshe nur, daß meine Bemerkung im Protokoll niedergelegt werde, die dahin geht, daß in dem Falle, wo die hohe Versammlung bei einem \päteren Paragraphen für die Sequestration sich aussprechen sollte, bei der endlichen Redaction des Strafgeseß-