1848 / 30 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

buchs ein darauf bezüglicher Paragraph noch im zweiten Titel ein-

gescaltet werden Schwerin: Das würde nur möglich sein, Abgeordn. Si e has die Sequestration eine Strafe sei. wenn man raf von Gneisenau: Eine Wohlthat is sie im

E tri nicht, und allerdings verbinde ih mit der Seque-

Z iff einer Strafe. y Brei den E ie fried : Die Sequestration is keinesweges als

; ühren, Es giebt ja häufig Fälle, in denen die- rbe S elthae E tirt Bézichutig Tir den Sequestrirten e muß mich demnach gegen den Antrag des Deputirten der sc{lesishen itterschaft erklären. Â o E

Abgeordn. Frhr. von Friesen: Jh muß dem Antrage meine

verehrten Nachbars zur Rechten ebenfalls beipflichten, I E als ih den Ausspruh der Sequestration des Vermögens als E ansehen muß, denn es handelt sih dabei um die Entziehung der D position über das Vermögen des Verbrehers. Mag R nun E Strafe oder als eine Wohlthat anzusehen sein, so is es oh noth- wendig, daß wir ant! in ck besdlice den E stellen, was wir über die Sequestration beschließen wollen. noch Marshall; U scheint doch wesentlich im Ganzen Sache der Fassung zu sein, denn wenn ih recht verstehe, so würden die E leßten Mitglieder vollkommen befriedigt sein, wenn die Versamm ung ch dahin entschiede, in gewissen Fällen die Verhängung der Seque- 10 ion eintreten zu lassen. Wird ein solher Beschluß gefaßt, so wird es Sache der Fassung sein, ob blos bei diesem bestimmten Falle oder au in dem Titel, welchen wir jept verlassen wollen, eine ent- rechende Bestimmung aufgenommen werde, | , p ul - Minister Sant Savigny: Die Absicht scheint dahin zu gehen, daß, wenn später von Sequestration die Rede sein wird, ir- gend Jemand sagen möchte: „Unter den in Titel Il, beschlossenen Strafen ist die Sequestration niht genannt, und also ist sie nicht mehr ein zulässiges Strafmittel.“/ Diese Gefahr ist aber nicht vor- handen, Man mag über die Sequestration denken, wie man will, so is die erwähnte Gefahr deêwegen nicht vorhanden, weil die Seque- stration zunächst ihrer Haupt - Bedeutung nah nur als Sicherheits- Mittel gedaht wird, nit als eigentlihe Strafe. Daß sie nebenher ein Uebel is und sehr drückend sem kann, wird Niemand verkennen. Wir finden ein solches Uebel au bei mehreren Kriminal-Untersuchun- gen, aber Niemand wird diese deswegen eine Strafe nennen. Also betraten wir sie niht als Strafe, sondern als Sicherheits - Mittel, als Maßregel gegen eine dem Staate höchst gefährliche Person, so wird das erhobene Bedenken beseitigt sein. Durch diese Erklärung wird der Zweck des Antrags erreicht sein.

Abgeordn. Graf von Gneisenau: Jch habe gleih von vorn herein erklärt, daß ih nit einen förmlihen Antrag zu stellen beab- sihtigte, sondern nur meine Erklärung im Protokoll niedergelegt zu sehen wünschte.

Abgeordn. von Weiher: Es scheint mir doch nothwendig, daß wir sie Bér unter die Strafen aufnehmen, weil sie \onst abgeschnitten werden würde, und doch is die Strafe in anderer Weise neben der Sequestration zu normiren, weil neben der Strafe noch das Uebel der Sequestration zugefügt wird.

Marschall: Es liegt nicht in der Absicht des leßten Redners, eine Fragestellung herbeizuführen, \o wenig wie dies in der Absicht der früheren Redner lag, und \o kommen wir denn zur Berathung des g. 39.

Referent Kaumann (liest vor): 8, an

Ob eine Handlung vorsäßlih verübt worden, ingleichen ob eine niht vorsäblih verübte Handlung als eine fahrlässige dem Handeln- den zugerechnet werden könne, ist nah freiem Ermessen aus den Umständen zu beurtheilen.“

Du S 0% Der größeren Deutlichkeit wegen wird vorgeschlagen: das Wort „richterlichen“ zwischen den Worten „freiem Er- messen“ einzuschalten. ‘“

Abgeordn. Camphausen: Es is zu bemerken, daß in späteren Paragraphen des Gesebes Verfügung getroffen ist , so oft darauf Rücksicht genommen werden soll, ob eine Handlung vorsäßlih verübt worden oder nur aus Fahrlässigkeit, und daß alsdann selbstredend der Richter darüber zu entscheiden hat. Demnach ist diese allgemeine Bestimmung überflüssig, und ih bin der Meinung, daß der Para- graph zu streichen sei.

Regierungs- Kommissar Bischoff: Die Beibehaltung des §. 39 is wünschenswerth mit Rücksicht auf die Bestimmungen des gegen- wärtigen Rechts, Das Allgemeine Landrecht und die Kriminal=Pro- zeß-Ordnung von 1805 stellen Präsumtionen auf, wann ein verbre= cherischer Vorsaß anzunehmen sei. Was die Bestimmungen des All- gemeinen Landrechts betrifft, so werden diese mit Publication des neuen Geseßbuches außer Kraft treten, und sie kommen deshalb nicht weiter in Betracht, Allein anders verhâair es sich mit den Bestim- mungen der Kriminal-Prozeß-Ordnung, Hier aber findet sih namentlich im S. 369 die Bestimmung, daß es zum Beweise des böslihen Vor=- saßes hinreichend sei, wenn der Verbrecher seine That mit Bewußt- sein vorgenommen habe, Ein solcher Zwang des Richters, in gewis= sen Fällen den dolus anzunehmen, ist nicht gerechtfertigt, und um diese Bestimmung wegzuschaffen, ist der §, 35 hauptsächlich aufge- nommen worden. Junsofern muß allerdings nachgegeben werden, daß die Bestimmung si mehr für die Strafprozeß-Ordnung oder in das Publications-Patent eignen würde, weil sie mehr einen transitorishen Charakter annimmt, indem bei der Einführung des mündlichen Straf-= verfahrens die positive Beweis-Theorie von \elbî fortfallen und sich damit die Sache von selbst erledigen wird. Indessen ist es doch mit Rücksicht darauf, daß die Bestimmungen der Kriminal - Prozeß - Ord= nung und des Allgemeinen Landrehts im Bewußtsein der altländi- schen Richter liegen, sehr wünschenswerth, auch hier ausdrücklih aus- zusprehen, daß der Richter lediglich nah seiner Ueberzeugung und frei von dem bisherigen Zwange entscheiden solle,

Abgeordn. Camphausen: Jh würde also daraus entnehmen, daß, wenn die Kriminal-Prozeß-Ordnung anders lautete, als sie lau- tet, die Bestimmung hier niht nothwendig wäre oder, wenn man gleichzeitig eine Ordnung über das Verfahren vorgelegt hätte, sie sich hier cbenslls nicht befindeu würde,

Marschall: Wir kommen zu §. 40.

Referent Kaumann: §. 40 lautet:

Für den Versuch eines Verbrechens ist stets eine dem Maße vder au der Art nach geringere Strafe auszusprechen, als dieje- mge, welhe im Falle der Vollendung des beabsichtigten Verbre- Qs Je ausgesprochen werden müssen.

„Dei Verbrechen, die mit Todesstrafe oder mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bedroht sind, is die Strafe des Versuchs höchstens auf eine zwanzigjährige und mindestens auf eine dreisährige Zucht- hausstrafe oder Strafarbeit zu bestimmen,

Bei Verbrechen , welhe höchstens eine zeitige Freiheitsstrafe oder eine Geldbuße nah sih ziehen, darf die Strafe des Versuchs niemals eye der höchsten geseplihen Strafe übersteigen.“

Das Gutachten der Abtheilung lautet :

u §, 40

aZU §, 40, ; Der Grundsag, daß der Versuch gelinder zu strafen sei, als

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das vollendete Verbrehen, muß -als richtig anerkannt werden, und eben so ist es zu billigen , daß die formelle Aufstellung von Zu- messungsgründen und bie abstrakte Bestimmung der Strafmaße nah dem Unterschiede des beendigten und niht beendigten Ver= suhs unterblieben is. Dagegen wird eine Bestimmung darüber vermißt, wie sie §. XIX, des Einführungs - Geseßes bezüglich der Rhein-Provinz enthält, wonach der Versuch als solcher anerfennbar scin solle. Nach der Bestimmung im §. XIX, des Einführungs- Geseßes ist der Versuch strafbar, : S wenn der Vorsaß, das Verbrechen zu verüben , in einem Anfang der Ausführung desselben offenbar geworden und die Vollendung nur durch äußere, von dem Willen des Thäters unabhängige Umstände verhindert worden ist,

Es ist kein Grund abzusehen , warum diese ganz angemessene Vorschrift niht für den ganzen Staat zur Anwendung kommen fönne, und die Abtheilung hat sich einstimmig dafür erklärt , daß dieselbe an die Spiße des §. 40 gestellt werde.

Das zweite Alinea des §. 40 findet sih wieder in dem drit- ten Alinea des §. XIX. des Einführungs-Geseßes, mit dem Un- tershiede, daß hier das Minimum bei mit Todes= oder lebensläng- liher Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechen auf 8 jährige und dort auf 3 jährige Zuchthausstrafe oder Strafarbeit bestimmt is. Der Grund, dah, wenn die Strafbarkeit des Versuchs nah Vorschrift des ersten Alinea in §. XIX, des Einführungs-Gesetzes beurtheilt wird, jeder zur wirklichen Bestrafung kommende Versuch auch schon einen etwas höheren Grad der Strafbarkeit mit sih führe, wurde zwar anerkannt, allein es wurde bemerkt, daß derselbe nit aus- reihe, um deshalb das Minimum der Strafe von 3 auf 8 Jahre Zuchthausstrafe oder Strafarbeit zu erhöhen, weil andererseits der Vorsab , ein Verbrechen zu verüben, in einem Anfange der Aus- führung auch durch Handlungen offenbar werden könne , die es nicht rechtfertigen würden, immer eine so hohe Strafe zu verhän- gen. Die Abtheilung hat sich mit 8 gegen 5 Stimmen für Bei behaltung einer 3 jährigen Zuchthaus strafe oder Strafarbeit als Minimum entschieden.

Dagegen erscheint es nicht angemessen, es allein vom richter- lichen Ermessen abhängig zu machen, ob bei mit Todes = oder le- benslänglicher Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechen der Versuch mit Zuchthausstrafe oder Strafarbeit gestraft werden solle, und die Abtheilung hat sich mit 7 gegen 6 Stimmen dafür,

daß, wenn das Verbrechen mit der Todesstrafe bedroht sei, der Versuch immer mit Zuchthausstrafe belegt werden müsse, einstimmig aber dafür erklärt,

daß, wenn das Verbrechen mit lebenslängliher Freiheits- strafe bedroht sei, der Versuch mit Zuchthausstrafe oder Strafarbeit geahndet werden müsse, je nachdem für das vollendete Verbrechen diese oder jene Strafart geseßlich vorgeschrieben sei.

Das dritte Alinea des §, 40 findet sich wieder im vierten Alinea des §. XIX. des Einführungs - Gesepßes, indeß is hier außerdem die Bestimmung aufgenommen, daß bei Verbrechen, welche höchstens eine zeitige Freiheitsstrafe oder eine Geldbuße nach sich ziehen würden, die Strafe des Versuchs nicht unter ein Drittheil der niedrigsten geseplihen Strafe herabsinken dliirfe, Auch hier ist kein Grund abzusehen, warum nicht dieselbe Vorschrift in den §. 40 aufgenommen werden könnte, und da es wünschenswerth ift, daß entbehrlihe Modificationen der Bestimmungen des Strafgesehßz= buches für einzelne Provinzen nicht eintreten, fo ist die Abtheilung einstimmig der Ansicht, daß es zweckmäßig sei, die Bestimmung, wie sie das vierte Alinea des ‘§. XIX. des Cinführungs- Gesetzes enthält, statt des dritten Alinea in den §, 40 aufzunehmen.

Hiernach würden die Bestimmungen des §. 40 etwa also zu fassen sein :

der Versuch is strafbar, wenn der Vorsaß, das Ver- brechen zu verüben, in einem Anfang der Ausführung dessel= ben offenbar geworden und die Vollendung nur durch äußere, von dem Willen des Thäters unabhängige Umstände ver- hindert worden ist.

Für den Versuch eines Verbrechens ist stets eine dem Maße oder auch der Art nah gelindere Strafe auszuspre- chen, als diejenige, welhe im Falle der Vollendung des be= absichtigten Verbrehens hätte ausgesprochen werden müssen, Bei Verbrechen, die mit Todesstrafe bedroht sind, ist die Strafe des Versuchs höchstens auf eine 20sjährige und min- destens auf eine 3jährige Zuchthausstrafe zu bestimmen. Bei Verbrechen, die mit Zuchthausstrafe oder Strafarbeit bedroht sind, is die Strafe des Versuchs Zuchthausstrafe oder Strafarbeit je nahdem guf das vollendete Ver- brechen diese oder jene Strafart geseßlich vorgeschrieben ist.

Bei Verbrechen, welche höchstens eine zeitige Freiheits=- Strafe oder eine Geldbuße nah \ich ziehen, darf die Strafe des Versuchs niemals zwei Drittheile der. höchsten geseßlihen Strafe übersteigen und nicht unter ein Drittheil der niedrigsten geseblihen Strafe herabsinken.“/

Die Abtheilung {lägt vor,

die Aufnahme dieser Bestimmungen statt der im g. 40 des Entwurfs enthaltenen zu beantragen.“

Marschall: Die Berathung erstreckt sich zuvörderst auf das Gutachten der Abtheilung bis zu der Stelle, wo es heißt, „das zweite Alinea des §. 40 findet sih wieder, u. \. w,

Justiz-Minister Uhden: Zur Bertue nf des Gouvernements, weshalb eine Definition wegen des Versuchs nicht in das Strafge- seßbuh aufgenommen worden ist, erlaube ih mir Folgendes anzuführen : Es fönnte an si indifferent erscheinen, ob eine solche Definition ge- geben würde oder niht. Allein in der Praxis, namentli bei den altländischen Gerichten, möchten sih doch bedeutende Bedenken dagegen erheben lassen. Es is überhaupt niht passend, daß in einem Ge- seßbuche, welches positive Vorschriften enthalten soll, Definitionen gegeben werden, und erscheinen diese nur dann gerechtfertigt, wenn ie bezweckden, bestimmte Verbrehen \{härfer zu begränzen und von anderen verwandten zu unterscheiden, Wo es sich aber um das factum internum, die innere À sicht, handelt, ist es außerordentlich hwierig, ja fast unmöglich, entsprehende Definitionen zu geben, da dieselben nur aus den äußeren Umständen entnommen werden fönnen. Deshalb enthält der Entwurf au keine Definitionen von Vorsahz und Fahrlässigkeit, und aus demselben Grunde sind auch die Gränzen des Versuhs niht näher angegeben. Der böse Wille kann nur in-= sofern strafbar erachtet werden, als er durch äußere Handlungen sich kundgiebt, Welche äußere Handlungen aber dazu als hinreichend zu erachten, kann im Geseße nit bestimmt werden, man würde sonst in eine Kasuistik verfallen. Jn dem Landrechte, dem man sonst wohl oft den Vorwurf der Kasuistik gemacht hat, is eine Definition des Versuches niht enthalten. Nach demselben haben unsere- Richter

ber 50 Jahre erkannt und haben es mit Umsicht angewendet, ohne daß Schwierigkeiten entstanden wären, die ein Bedürfniß kundgege- ben hätten, eine Definition des Versuchs in dem neuen Strafgescehz- buche aufzustellen. Ih habe noch seit der Zeit, wo mir dieses Gut- achten der Abtheilung vorlag, mit mehreren bewährten Praktikern crogen, und diese haben mir alle versichert, daß es besser sei, eine olche Definition niht aufzunehmen, weil gerade dadur vielleicht der

Richter in einen Jrrthum gerathen und dahin gelan en würde

als Bersuch niht zu bestrafen, was an fd s strafen wäre, Ira nämlich die vorgeschlagene Definition lautet : -, Wenn der Vorsat, das Verbrechen zu verüben, in einem Anfang ber Ausführung desselben offen- bar geworden, und die Vollendung nur durch äußere, von dem Willen des Thäters unabhängige Umstände verhindert worden i“, so fönn- ten unsere altländishen Juristen wohl zu dem Schlusse kommen daß nur das sogenannte delictum perfectum, der nädste Versuch ae ter verstanden werden solle, Die bisherige Eintheilung wie sie aud in der Wissenschaft und in dem gemeinen Rechte besteht, unterscheidet den entfernten Versuch, den nächsten Versu und das konsumirte Verbrechen, Bei dem entfernten Versuch muß der böse Wille aller- pings dur Handlungen zur Erscheinung kommen, objektiv werd da er sonst nicht erfennbar und darum nicht strafbar is. Der Zwei fel liegt aber eben darin, welhe Handlungen hierzu als genügend zu erahten sind, Jch will ein Beispiel anführen: Wenn ein Dieb welcher einbrechen will, den Tag zuvor hingeht, die Traille durchsägt, an dem Tage niht fertig geworden is und gn dem anderen Tage wieder hingehen will, aber zuvor festgenommen wird, so könnte der Zweifel entstehen, ob wirklich diese Handlung nah der vorgeschlagenen Definition als Versuch zu erahten wäre, Es lassen sih aber noch ganz andere Fälle denken, wo die Sache sehr zweifelhaft werden kann. Ih glaube jedo, daß man dem ge- junden Sinne unserer Richter wohl vertrauen fann, daß sie, ohne alle und jede Defínition, die Gränzen des Versuchs zu finden wissen wer=- den, Wenn behauptet wirb, daß in der Rheinprovinz das Bedürfniß dazu vorhanden sei, so will ih es nicht geradezu in Abrede stellen : auf den Wunsch der rheinischen Deputirten is deshalb auch eine solche Bestimmung in die Einführungs - Verordnung aufgenommen worden, Jn den alten Provinzen haben wir es aber mit gelehrten Richtern zu thun, die genau den Buchstaben des Gesetzes als solchen festhal- ten müssen, während die Geschworenen ein freieres Ermessen haben und sih durch den Buchstaben nicht für gebunden erahten. Teshalb hat das Gouvernement es für nothwendig erachtet, keine Definition aufzunehmen. i: :

Abgeordn, von Donimierski: Die Bestimmung, wie sie hier von der Abtheilung vorgeschlagen worden ist, verdient, nah meiner Ueberzeugung, durchaus den Vorzug. Der §. 40 läßt es zweifelhaft, ob auch der entfernte Versuch strafbar sein soll. Die Fassung des Paragraphen läßt Lebteres vermuthen, weil hier nur eine 3 jährige Strafe bestimmt i, während im §. XIX. des Einführungsgesetzes für die Rhein-Provinz eine 8 jährige. Ih halte es aber für gefähr= lih, den entfernten Versu für strafkar zu erklären, weil dadur leiht eine Menge unnöthiger Untersuchungen veranlaßt werden, und ih halte es für ganz nothwendig, daß die Bestimmung, welche im F. XIX. angeführt ist, aufgenommen werde, weil gerade ‘da bestimmt gesagt is, daß nur der nächste Versuch strafbar ist. Daun liegt in diesem Saße noch der Vortheil in den Worten: „Wenn die Vollen= dung nur durch äußere, von dem Willen des Thäters unabhängige Umstände verhindert worden i‘, daß immer der Staats-Anwalt be= weisen muß, daß wirklich diese unabhängigen Umstände eingetreten sind; deshalb bin ih durhaus für die Aufnahme dieses ersten Satzes, der vorläufig allein in Rede steht.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch kann mich ebenfalls der Ansicht des Herrn Ministers nicht anschließen, sondern ih halte, ganz abgesehen von dem Gesichtspunkte, den ich auch habe, daß es wün= \chenswerth i}, \o weni Bestimmungen wie möglich in das beson - dere Geseß für die Rhein-Provinz aufzunehmen, ganz abgesehen da- von halte ih es für die alten Provinzen durchaus für nothwendig, den Mangel, welchen meiner Meinung nah das Landrecht hat, in= dem es keine Desinition des Versuchs gegeben, durch das neue Ge= seß zu verbessern. Es handelt sich meiner Meinung nach durchaus nicht um eíne Definition nur für den wissenschaftlihen Rechtsbegriff, sondern um die Qualifizirung einer Handlung zum Verbrechen. Eben darum handelt es sih, die Gränze aufzufinden, mit der eine sonst straflose Handlung in die Kategorie der strafbaren fällt ; diese Gränze für jeden einzelnen Fall zu finden, der Willkür des Richters zu über=- lassen, dazu is meiner Meinung nach keine Veranlassung vorhanden, sondern ih würde dies sogar für absolut gefährlich erahten, Wenn man aber als richtig anerkennt, daß der Geseß-Entwurf eine Defi= nition von dem Versuche geben muß, danu wird man auch diejenige Definition , welche in dem Einführungsgeseß für die Rhein - Provinz gegeben worden is und welche die Abtheilung geglaubt hat, anneh= men zu können, zweckmäßig erachten, eben weil sie {hon in einem Theile der Monarchie, der Rheinprovinz, in der Praxis sich bewährt hat, Der Herr Minister hat gesagt, es verstände si von selbs, daß die Handlung nur dann strafbar würde, wenn der Wille sih objektiv mache, Das ift, meiner Meinung nah, doch am Ende ganz das= selbe, was hier gesagt worden is, „wenn der Vorsab, das Verbrechen zu verüben, in einem Anfang der Ausführung offenbar geworden““ u. st. w. Es scheint mir, wenn es also richtig ist, daß eine Defini= tion gegeben werden muß, wenn ferner richtig is, was der Herr Minister als Kriterium erklärt hat, dies mit dem zusammenzufallen, was die Abtheilung angenommen hat, und es wird sich also die An=- nahme des Gutachtens der Abtheilung dadurch rechtfertigen.

Jch gehe noch auf das Beispiel ein, welches der Herr Minister angeführt hat, es is nit zweifelhaft, daß, wenn der Dieb so weit gekommen ist, daß er die Fenstergitter durhgesägt hat, dies der An- fang eines Einbruchs is, wenn es auch nicht ein Diebstahl is, Er hat nicht einen Diebstahl, sondern einen Einbruch versucht, und des- halb ist er strafbar. Jh stimme für die Abtheilung.

Zustiz-Minister Uhden: Es würde mich sehr freuen, wenn man eine glückliche Definition des Versuchs finden könnte. Sämmtliche ne‘e- ren Geseßbücher lassen Zweifel übrig. Auch in den Lehrbüchern findet man die verschiedenartigsten Ansichten und oft widersprehende Be- stimmungen. Man muß deshalb dem richtigen Takt unserer Nichter vertrauen, die das richtige Maß zu finden wissen werden. Wenn der geehrte Redner auf das angeführte Beispiel anführte, daß as Ware denklih einen Versu annehmen würde, \o bemerke ih darauf, ih dieses Beispiel tüchtigen Praktikern vorgelegt habe, die nicht so un- zweifelhaft darüber waren, ob nah der vorgeschlagenen Definition noch ein Versuch anzuerkennen wäre, / j r Ani

Korreferent von Mylius: Die Abtheilung is von der ge geleitet worden, daß es wünschenswerth sei, eine bestimmte Gränze aufzustellen , weil sonst ein reihes Feld für wissenschaftliche Rontro= versen durch Anwendung des Gesehes herbeigeführt werden würde, Es sind unter der Herrschaft des gemeinen Rechts und auf dem Bo= den des gemeinen Rechtes die meisten derartigen Kontroversen ge- wachsen, und namentli dort is viel darüber gestritten worden, wo die Gränze zwischen einem überhaupt strafbaren Versuche , zwischen einer blos vorbereitenden Handlung und demjenigen sei, was man unter irgend einer Definition von mehr oder weniger entferntem Ver- suche zu strafen habe. Um diesen Streit abzuschneiden und eine be stimmte Linie zu ziehen, innerhalb welcher die Gränze des Strafba- ren anheben soll, hat die Abtheilung den vorstehenden Vorschlag für zweckmäßig gehalten, indem sie der Ansicht war, daß in Auffassung des gemeinen Rechts und bei der Bearbeitung desselben dur prakti- sche Burísten das große Mißverständniß begangen worden, daß man bei allen Versuchshandlungen das Junnere des Menschen und den Wil

len selbst, wenn er sich noch nicht geäußert, viel zu sehr zum Gegen-

stande der Strafjustiz gemaht. Es ist dies eine Thatsache , welche Niemand leugnen wird, und welche darin ihren Grund hat, daß dem gemeinen Rechte die Auffassung des fanonishen Rechts, dem das Ver- brechen als Sünde galt, wesentlich zu Grunde lag. Um nun einer neuen Auffassungsweise, welche auf prakftishem Boden erst dur die französische Blbpaeiuan eröffnet worden is, auch hier Raum zu geben, is die Abtheilung der Meinung gewesen, daß es gerathen sei, die Grundsäße, welche in der Rheinprovinz in Bezug auf den Begriff des Versuchs bestehen, auch in das neue Gesebß für die ganze Monarchie einzuführen seien,

Abgeordn. von Witte: Wenn der Herr Justizminister gesagt hat, daß die Wissenschaft in Aufstellung einer Definition über den strafbaren Versuch von einander abweiche und verschiedene Aussprüche thue, so sehe ih eben darin einen Grund mehr, daß wir uns von vornherein für eine Definition entscheiden und es niht dem Richter überlassen, zu wählen, weil daraus die verschiedenartigsten Urtheils- sprüche hervorgehen würden, Deshalb schließe ih mich dem Antrage der Majorität der Abtheilung an.

Justiz - Minister Uhden: Dagegen bemerke ih, wenn selbst die Wissenschaft hierin Zweifel hat, ob wir uns wohl für fompetent halten können, auf eine adäquate Weise solche Begriffe zu definiren. Ich halte es sogar für gefährlih, weil man sonst manche Handlun=- gen straflos lassen würde, die auch nah der Ansicht der Versammlung für strafbar zu erachten wären,

Abgeordn. Grabow : Jh stimme für den Antrag der Abthei- lung und zwar aus folgendem Grunde, Wir wollen eine Rechts- gleichheit in allen Provinzen herbeiführen. Wenn wir aber den An= trag, den der Geseß- Entwurf im §. 40 vorlegt, annehmen und für die Rheinprovinz wieder den beibehalten, der in dem Einführungsgeseß im §. XIX, aufgestellt wird, so scheint es mir, daß wir eine Rechts- ungleihheit herbei führen. Der Versuch ín den alten Provinzen soll {hon ad minimum mit drei Jahren gestraft werden, der Versuch in der Rheinprovinz ad minimum aber erst mit aht Jahren. Es müssen also Versuche gedacht werden können, welche zwischen 3 und s Jahre subsumirt werden sollen, Wenn nun ein solcher Fall für die alten Provinzen vorliegt, so würde dort ein Mensch bestraft wer- den, welcher in der Rheinprovinz straflos bleiben müßte, mit Rück= jcht auf das Minimum, welches für jene Provinz exceptionell ange- nommen worden ist, Ein Mitglied aus meiner Provinz hat bereits bemerkt, daß und warum es nothwendig sei, daß in unserem Straf ge|eßbuh der erste Anfaug des Versuchs fest und bestimmt hingestellt werde, damit der Richter nicht zu viel zu arbitriren habe, Jm vorliegenden (Entwurfe wird dem Richter ohnehin hon zu ‘viel Spielraum gelas- sen, als daß ich glauben könnte, daß man ihm über den Begriff des Versuchs noch seine eigene Definition aufzustellen statuiren könnte, welche, wenn sie der Doktrin allein anheimfällt, hon ohnehin sehr verschiedenartig ausfallen muß. Jch bín sonah der Meinung, daß man den Versuch eben so definiren muß, wie er für die Rheinprovinz definirt werden soll. AIUOeOVON, Wodiczka: Die Gründe, welhe der Herr Justiz= Minister dafür angeführt hat, daß die Bestimmung des ersten Satzes des §. XIX, des Einführungsgesebes in der Rhein - Provinz zu vie- len Zweifeln Veranlassung geben würde, sind so richtig, daß ih den- selben beizustimmen kein Bedenken trage. Jch glaube indeß zu be- merken, daß die Mehrzahl der Versammlung der Ansicht des Herrn Justiz - Ministers beizutreten nicht geneigt ist; und deshalb und ta ih überzeugt bin, daß besonders die Worte :

„Jn einem Anfange der Ausführung desselben offenbar gewor-

Den“, zu den verschiedensten richterlichen Entscheidungen Veranlassung geben würden, so habe ih darüber nachgedacht, wie dem Uebelstande, ver- schiedenartige Rechtss\prüche zu erhalten, vorgebeugt werden fönnte. Jh glaube, daß dies größtentheils, wenn nicht vollständig geschehen fönnte, wenn statt der von der Abtheilung vorgeschlagenen Bestim- mung etwa folgende angenommen würde:

„Ver verbrecherische Vorsaß ist als Versuch strafbar, sobald der- selbe durch eine äußere Handlung kundgegeben wird, welche auf das Begehenwollen eines Verbrechens schließen läßt.“

(Mehrere Stimmen: Nein ! Nein !)

Abgeordn, Steinbeck: Es sind zwei Tendenzen, welche si ein- ander gegenübertreten. Die eine Tendenz geht dahin, das Arbitrium des Richters, die andere, eine Doktrin als entscheidend für den Be-= griff des Versuchs aufzustellen. Wo Geschworene sprechen, oder auch selbst da, wo Richter, die nicht aus dem Volke hervorgegangen sind, die Stelle der Geschworenen einnehmen, ohne an eine bestimmte Be- weis - Theorie gebunden zu sein, wird das Arbitrium auf jeden Fall das sicherste Mittel darbieten, um über die Existenz eines Versuchs zu entsheiden, Dort dagegen, wo nah altpreußischer Verfassung der Richter nah einer bestimmten Beweis-Theorie erkennen muß, wird er sich auch nach gewissen doctrinairen Bestimmungen umsehen miissen, Es is aber allerdings sehr wünschenswerth, und es wird Jeder, der als Geschworener oder nah einer bestimmten Beweis - Theorie erken nender Richter zu Gericht sißt, wünschen müssen, daß ihm ein Prin- zip an die Hand gegeben werde, wo der Bersuh des Verbrechens als vorhanden anzuerkennen is und wo nicht. Daher verdient das Bestreben der Abtheilung, dieses Prinzip im Sinne des Code pénal zu vertheidigen, unseren Dank. És ist hier aber, nah meiner Ueber- zeugung, dieses Bemühen nicht gelungen, das die Bestimmung aufge- stellt hat und in Doktrinen hineingerathen ist, welche der Gesebgeber vermeiden muß, Er hat nämlich eine Theorie entwickelt, welche für die Praxis nicht ausreicht, Sie besagt: „der Versuch sei strafbar, wenn der Vorsaß, das Verbrechen zu verüben, in einem Anfange der Ausführung desselben offenbar geworden und die Vollendung nur durch äußere, von dem Willen des Thâäters unabhängige Um- stände verhindert worden is, Wer soll in vielen Fällen entscheiden, ob die Umstände, welche die Ausführung des Verbrechens verhindert haben, nur durch äu ß ere Beziehungen, durch Zufälligkeiten oder viel leiht durch den umgeänderten Entschluß des Verbrechers selbst herbeigeführt worden i? Jh will nun nicht in andere Beispiele hineingerathen, das Beispiel nehmen, welches der Herr Justiz-Minister aufgestellt hat. Der Verbrecher hat die Traillen durhgesägt. Er ist im besten Willen, einzubrehen. Ju diesem Augenblidcke ift es die Mühe, die er angewendet, die Zeit, welche er gebrauht, welche ihn zur Ueberlegung bringt, nicht der Umstand, ob die Traillen gebrochen sind oder nicht, sondern der Umstand, daß sein Gewissen erwacht ift, hindert das Verbrehen. Wie soll eine doftrinelle Bestimmung aus= reichend sein? Deshalb stimme ih gegen die Abtheilung, Jch thue es aber auch noch aus einem zweiten Grunde. Der Paragraph sagt im zweiten Sage: „Bei Verbrechen, die mit Todesstrafe oder mit lebenslängliher Freiheitsstrafe bedroht sind, is die Strafe des Ver- suhs höchstens auf eine 20 jährige und mindestens auf eine 3sährige Zuchthausstrafe oder Strafarbeit zu bestimmen.“ Die Abtheilung dagegen spricht nur von Zuchthausstrafe. Nun haben wir aber an- erkannt, daß es Verbrecher geben kann, welche nicht ehrlos sind, und auf welche die Zuchthausstrafe nicht Anwendung findet, Diese Ver= brechen dürfen mit ehrlos machenden nie vermischt werden. Diese Vermischung würde aber entstehen, wenn dem Votum der Abtheilung beigestimmt würde. Nah diesem Allen stimme ih dafür, den Para=- graphen stehen zu E wie er ist,

Abgeordn, Graf von Schwerin: Es is von dem Abgeordneten

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Grabow bereits das gesagt worden, was ich aussprehen wollte, Die einzige Stimme, welche \sich gegen eine Definition des Versuchs er= Flärt hat, ist die, welche wir so eben gehört haben, Wenn die hohe Versammlung meint, daß eine Definition gegeben werden müsse, so fömmt es nur darauf an, die Definition zu rechtfertigen, welche wir gegeben haben. Wir haben uns der Definition des rheinishen Rechts angeschlossen, Weder von dem Herrn Justiz-Minister noch von einer anderen Seite her is uns eine andere prägnantere Definition gegeben worden, und daher werden wir vorläufig, bis dies geschehen, au bei der unsrigen stehen bleiben müssen, Es steht übrigens wohl unzwei=- felhaft fest, daß derjenige, welcher freiwillig von einem Verbrechen zurücktritt, nicht als einer, der ein Verbrechen versucht hat, bestraft werden kann, Das scheint auch stehen bleiben zu müssen. Nur wenn äußere Umstände die Vollendung der That verhindert haben, dann ist ein Versu vorhanden, und der Thäter für den Versuch dieses Verbrechens strafbar, abgesehen davon, ob er für die Handlurg , die er vorher begangen, als einer an si strafbaren zu bestrafen ist; aber es fann z. B. Niemand als Mörder bestraft werden, der frei willig von dem Morde absteht, wenn er auch vorher Handlungen be- gangen hat, die selbstständig als strafbare Handlungen dastehen.

„__ Justiz-Minister Uhden: Zch muß darauf bemerken, daß ih zu- nächst keine andere Definition vorzuschlagen habe, weil ich überhaupt Definitionen und gerade über diesen Gegenstand scheue. Eine zweite Bemerkung erlaube ih mir in Beziehung auf die Definition im rhei- nischen Recht, Hier wird der Versuch mit dem konsumirten Ver= brechen in der Regel gleich bestraft, und vielleiht um deswillen schei nen die Gränzen enger gezogen zu sein. Nach dem gegenwärtigen Entwurf hat der Richter aber ein weites Spatium bei Abmessung der Strafe des Versuhs und darum auch bei Begränzung desselben.

Abgeordn, Sperling: Ein geehrter Redner aus Schlesien sprach sich gegen das Gutachten der Abtheilung aus, weil es in den meijten Fällen dem Richter \{wer, ja unmöglich sein würde, zu un- terscheiden, ob ein äußerer Umstand den Verbrecher von der That zurückgebracht, oder ob er aus eigener Bewegung von seinem Vorha- ben zurügetreten sei, Diesen Grund kann ih nit gelten lassen, weil der Richter in den gedahten \{chwierigen Fall doch durch den Entwurf gebraht werden würde, indem §. 42 bestimmt, daß der Versuch straflos sein soll, wenn der Thäter aus cigenem Antriebe von dem Verbrechen zurücksteht. Denn hiernach werde der Richter sih in jedem Falle darauf einlassen müssen, zu ermessen, ob äußere Umstände auf den Entschluß des Verbrechers eingewirkt haben oder nicht, Jh möchte dafür sein, daß über den Versuch im allgemeinen Theile überhaupt nicht gehandelt, vielmehr im speziellen Theile bei jedem einzelnen Verbrechen die Versuhshandlung charakterisirt und verpönt werde. Da aber hier davon im allgemeinen Theile ge- handelt werden soll, so halte ih es auch für nothwendig, daß die Gränze angegeben werde, von welcher ab der Versuch strafbar wird. Nicht von einer gewöhnlichen Definition, sondern von dieser Gränze ist hier nur die Rede, Außer den Gründen, welche für das Gut- achten angeführt und noch nicht widerlegt sind, erlaube ih mir, die hohe Versammlung auch darauf aufmerksam zu machen, daß im Enut- wurfe pro 1843 man son in ähnliher Weise den strafbaren Ver- such charakterisirt hat, vas also damals das Bedürfniß bereits gefühlt ist, die Gränze, nah welcher ab die Strafbarkeit zu ermessen {ei, anzugeben, und ih möchte die Gründe fennen, welche das Gouver=- nement bestimmt haben, davon wieder abzugehen. Jch stimme um so mehr für das Gutachten, als sich sämmtliche Provinzial-Landtage im Sinne desselben ausgesprocheu haben.

__ Justiz - Minister Uhden: Wenn die Frage aufcxworfen worden ist, warum nah dem Entwurfe von 1843 jeßt eine Aenderung ge- troffen worden, so kann ich nur anführen, daß au einzeln die Oberge= richte darüber gehört worden sind, und bewährte Praktiker sich für die Weglassung der Definition erklärt haben,

Abgeordn. Wodiczka : Das Bedenken, welches der Herr Justiz= Minister dagegen erhoben hat, daß aus der Definition in §. 19 des Einführungspatents Irrungen entstehen könnten, hat mich veranlaßt, einen Vorschlag zu machen, wie man andere Bestimmungen an die Stelle seßen könnte, Der Herr Vorsißende der Abtheilung hat be= merkt, es wären feine Vorschläge gemacht worden; ich habe aber einen gemacht, und bitte, denselben zur Unterstüßung zu bringen, wenn der Abtheilung nicht beigetreten werden sollte. l

Marschall: Wir wollen sogleih entnehmen, ob der gemachte Vorschlag die erforderliche Unterstüßung von 8 Mitgliedern findet.

Abgeordn, Wodiczka : Der Vorschlag lautet : ,, Der verbreche- rische Vorsaß is als Bersuch strafbar, sobald derselbe durch eine äußere Handlung kund gegeben wird, welche auf das Begehenwollen eines Verbrechens \chließen läßt, i

Marschall: Es feagt si, ob dieser Vorschlag die Unterstüßung von 8 Mitgliedern findet. E

Er hat sie nicht gefunden,

Abgeordu. Fabricius : Jh erkläre mich ganz entschieden gegen den Vorschlag der Abtheilung. Derselbe stellt bie Strafbarkeit der Handlung in jedem Stadio des Versuches auf die Störung dur äußere Umstände, so daß eine Veränderung in der verbrecherischen Stimmung des Verbrechers ihn \traflos machen würde. Meine Herren, gedenken wir des Mörders , der sich in das Zimmer dessen geschlichen, den er ermorden will, der den Dolch über sein Opfer er= hoben und über den in dem Augenblick ein guter Geist fömmt, der ihn den Dolch zurücfziehen läßt, so wollen wir ihn nicht des ver=- suchten Mordes wegen bestrafen? Wir würden mit der Auf=«

stellung eines Satzes, wie des vorgeschlagenen, die Rechtsidee auf so |

entschiedene Weise verletzen, daß durch einzelne gelegentlihe Dispo sitionen dagegen nicht zu helfen ist.

Abgeordn. Keumann: J erkläre mih für das Gutachten der Abtheilung und zwar zunächst aus den, von dem geehrten Abgeord- neten aus Prenzlau angeführten Gründen, Es giebt im Rechtsge-

biete Verhältnisse, für welche die juristische Wissenschaft nicht aus= |

reiht, wo es vielmehr posítiver Bestimmungen bedarf, wenn die rih= terliche Entscheidung nicht jeder Grundlage entbehren und zur Will- für werden soll, Ein solcher Fall i} der, wo es sih um den Ver- such und dessen Bestrafung handelt. In solcbem Falle definirt das Geseß nicht, also auch hier nicht den Versuch, sondern es giebt nur die Gränze an, von welcher ab die Strafbarkeit eintreten soll. Diese ist dann ein für jeden Richter unentbehrlicher Anhaltspunkt. Das allgemeine Landrecht definirt allerdings den Versuch auch nicht, aber es hatte einige wesentlihe Anhaltepunkte nah Kategorieen, die immer noch vorzüglicher sein würden. Nach dem Allgemeinen Land= rechte wurde nämlich unterschieden zwischen zufälliger Behinderung in der Ausführung, Aufgebung der lebten zur Ausfü rung erforderlichen Handlungen und Aufgebung der vorläufigen Anstalten zur Ausfüh= rung. Irgend eíne Kategorie, die einen Anhaltspunkt bildet, wird auch hier gefunden werden müssen, und da eine bessere nit gefun= den werden fann, als die zu einer vollflommenen Rechtsgleichheit in allen Provinzen führende, so halte ih die von der Abtheilung vor- geschlagene für die beste.

Abgeordn. Graf Renard : Was den Passus T. des vorliegenden Paragraphen betrifft, \o werde ih aus den von anderen Rednern bereits angeführten Gründen für die Ansicht der Menu Iyre en, Dies ist es aber nit, warum ih mir das Wort erbeten bi e, e dern ih wollte mir erlauben, an den Herrn Landtags - Marschall die

Frage zu riteit, ob über die Debatte schon seßt auf dent Paf}us T1, hinübergeführt werden darf. »

Marschall : Zu dem erwähnten Gegenstande werden wir nah | geschehener Abstimmung über den Gegenstand der gegenwärtigen Be=-

Ee übergehen. : S

Abgeordn, Freiherr von Gudenau: Jh erkenne die Schtoierig= feiten der Lehre über den Versuch, glaube aber nit, daß wir die Schwierigkeiten dadur heben können, wenn gar keine Definition im Geseß gegeben ist, Deshalb stimme ih im Wesentlichen, wie ih voraus erkläre, dem Gutachten der Abtheilung bei. Es f erwähnt worden, daß troß jeder Definition noch sehr viele Zweifel bleiben, das erkenne ih anz es fann in einzelnen Fällen vorkommen und wird vorkommen, allein wenn wir gar keine Definition geben, werden wir die Zweifel noch vermehren und dem Richter ein zu weites Felb geben. Aber abgesehen davon, ob die Definition des Versuches gut ist oder nicht, so kann doch nur eins sein, entweder es ist zweck= mäßig, eine Definition aufzunehmen, oder niht, Js es zweckmäßig, so soll es überall geschehen, ist es nicht E \so sollte es auch für die Rheinprovinz niht geshehen. Das kann ih aber feinen Falles zugeben, daß nah unseren Institutionen in der Rheinprovinz wir uns ohne Definition nicht helfen fönnen, wenn man es wo anders fann. Jch bin vielmehr der Meinung, daß gerade der nah einer bestimmten Beweistheorie erkennende Richter eine Definition noch nöthiger hat, als die Geshwornen, ih halte sie aber für beide noth- wendig und stimme deshalb mit der Abtheilung, und kann nur hinzu- fügen, wie sehr wünschenswerth es ist, daß in solchen wichtigen oft vorkommenden Fällen Uebereinstimmung zwischen der Rheinprovinz und den übrigen Provinzen herbeigeführt werde. Das ist mit ein Hauptgrund der Geseßvorlage, diese Vereinigung herbeizuführen, und wenn 1n einem so wesentlihen Theile eine Trennung statt der Ver- einigung stattfände, so müßte ich das nur im höchsten Grade be- dauern.

Abgeordn, Dittrich: Jh kann mi nur für den Paragraphen und gegen die Abtheilung erklären. Die Gründe sind bereits so er- läutert, daß ih sie niht weiter ausführen darf; aber mir genügt die Definition niht, und so lange wir nicht eine “erabndts Definition haben, ist es, glaube ih, besser, wir haben gar feine.

Ubgeordn, Grabow: Jch wollte nur, mit Bezug darauf, was das verehrliche Mitglied aus Pommern bemerkte, anführen, daß §. 42 den Fall vollständig vorsieht, den er im Auge hat. Es soll dann nah dem Geseße wirklihe Straflosigkeit eintreten.

Abgeordn, Camphausen: Es hat mir zu viel Freude gewährt, die Herren Redner, die für das Gutachten der Abtheilung gesprochen haben, zu hören, als daß ich hätte diese Befriedigung dadurch unter- brechen wollen, daß ih selbst das Wort genommen hätte. Jch möchte auch nun, nah dem so eben ein gegen das Gutachten erhobener Ein= wand durch das verehrte Mitglied der Mark aus dem Entwurfe selbst widerlegt worden is, nur das Eine bemerken, was ih nicht anerken= nen kann, daß der §. 40, wie er im Entwurfe steht, als eine der Wissenschaft dargebrahte Huldigung angesehen werden könne. Es is mir bekannt und uns Allen, daß seit Jahrhunderten eine ganze Bie bliothek von Büchern über den Conat geschrieben worden i, und ich, vielleiht mit mehreren von Jhnen, befinde mih in dem Nachtheile, sie niht gelesen zu haben; allein wenn diese Blicher ein Resultat liefern sollen, so könnte es fein anderes sein, als die Lösung der Grage, wann der Versuch, strafbar zu werden, beginne. Liefern jene Bücher nur das Resultat, daß es {wer sei, den Anfang der Straf

barkeit des Versuchs im Gesebe genau anzugeben, so hat man das j auch gewußt, bevor alle diese gelehrten Herren begonnen haben, zu schreiben; wenn sie nur ermittelt haben, daß dies auch heute noch s{hwierig sei, so würde ih glauben, daß sie gar kein Resultat gelie= ert batten, Die Erklärung, daß man es noch nicht unternehmen fönne, im Geseße zu bestimmen, wann der Versuch anfange, strafbar zu sein, bringt daher niht eine Huldigung der Wissenschaft, sondern ste ist eine Flucht der Wissenschaft.

Justiz-Minister Uhden: Jch habe noch zweierlei zu bemerken, Zunächst, wenn gesagt worden if, es wäre wünschenswerth, Einheit zwischen den verschiedenen Geseßgebungen hervorzurufen, so theile id zwar diesen Wunsch, muß aber dagegen erinnern, daß das doch nicht auf Kosten der Jnstitutionen des einen oder des anderen Landes= theils erfolgen darf. Das zweite, was ich anzuführen habe, is, daß unsere Richter über 50 Jahre in ihrem wissenschaftlichen und prafti= hen Sinn die Gränzen des Versuchs auch ohne Definition gefunden haben, und daß ih deshalb fein Bedürfniß einsehen kann, warum man gegenwärtig mit einer Definition auftreten will.

Marschall: Wir kommen zur Abstimmung. Die Grage heißt: Soll beantragt werden, in das Gesebß die Bestimmung aufzuneh- men, daß der Versuch strafbar sei, wenn der Vorsaß, das Ver= brehen zu verüben, in einem Anfang der Ausführung desselben offenbar geworden und die Vollendung nur durch äußere, von dem Willen des Thäters unabhängige Umstände verhindert worden ist,

Diejenigen, die diese Fragen bejahen wollen, werden dies durch Aufstehen zu erkennen geben.

Es hat sich eine große Majorität dafür erhoben.

Wir kommen nunmehr zur Berathung des Theils des Gutach= tens, welcher sich auf Seite 22 bis zum Ende der Seite befindet, nämlich zu der Frage, ob auch für die Fälle, welche im 6. 19 der Einführungs - Ordnung für die Rhein - Provinz erwähnt sind, das Minimum von 3 Jahren beantragt werden soll.

Abgeordn. Graf von Renard: Der Entwurf sagt: „Bei Ver= brechen, die mit Todesstrafe oder mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bedroht sind, is die Strafe des Versuchs höchstens auf eine zwanzig- jährige und mindestens auf eine dreijährige Zuchthausstrafe oder Strafarbeit zu bestimmen.“

Die Abtheilung is in ihrem Gutachten, nach meiner Ansicht, noch viel strenger, denn sie sagt : „Bei Verbrechen, welche mit Todes- ' strafe bedroht sind, ist die Strafe des Versuhs höchstens auf eine | awanzigjährige und mindestens auf eine dreijährige Zuchthausstrafe zu bestimmen,“

| Die Abtheilung spriht sich also stets für Zuchthausstrafe aus, wo der Geseß-Entwurf die mildere Maßregel der Strafarbeit ein= | treten läßt. Mich den hohherzigen Worten des Herrn Landtags= | Kommissars anschließend, der auf die politischen Verbrechen Bezug | genommen und niht absolut in allen Fällen den Tod, den sie ver= | dienen, für entehrend erklärt wissen wollte, und den Herren vom | Rheine ganz entgegentretend, welche mit der Todesstrafe die Infamie | stets verbunden wissen wollen, was ich wohl nur einer in anderen | Fällen wohl zu rehtfertigenden Vorliebe für ihre Separat-Jnstitutionen : zuschreiben kann, glaube ih, daß es sehr leicht mögli is , daß ein | Verbrecher mit Reht zum Tode verurtheilt worden ist, ohne eine , entehrende Handlung begangen zu haben , z, B. zwei Verliebte be- schließen, um der Trennung zu entgehen, sich wehselseitig durch Koh- lendampf zu erstickenz der Versuch dieses Verbrechens ist sehr leiht ' festzustellen, das Verbrechen heißt Mord und ist ewiß mit der Todesstrafe zu belegen; aber es ist doch unpassend, jolde Verbrecher

auf 20 Jahre oder auch nur 5 Jahre ins Zuchthaus zu stecken.

Also wünsche ich dem Richter den nöthigen Spielraum nicht blos was die Dauer, sondern auh die Strafart betrifft und kann mi weder mit dem Entwurf, noch weniger mit dem Gutachten der Ab- theilung einverstanden erklären,