1848 / 36 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

liedern, die sch hierauf bezogen haben, in einer Weise, die aller- dings Éranlassung zu tf Fragstellung geben könnte, kein Werth darauf gelegt, so habe ih meines Orts auch niht Werth darauf zu legen, und wir kommen also zu den Fragen, zu welchen das Gut- s der Abtheilung Benanielms giebt.

Abgeordn. von Brünneck: És scheint mir nah der Aeußerung, die zuleßt vorgekommen is, als wenn die Vorfrage vorausgehen müßte, ob alle Rechte gleihmäßig behandelt werden sollen, und diese, nahdem die Strafe vollstreckt uud erlitten is, ohne Unterschied wieder ins Leben treten sollen, Auf den Vorschlag, der von dem Herrn BVorsibenden der Abtheilung gemacht worden ist, dürfte sich dieje Vor- frage niht beziehen, sondern auf den entgegengeseßten Vorschlag, daß alle Rechte gleichmäßig behandelt werden sollen.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch würde aber doch bitten, daß dem Abtheilungsgutahten der Vorzug gegeben werde, dem Amendement des Mitgliedes der Herrenkurie würde dadurch noh nicht präjudizirt werden.

Abgeordn. Camphausen: Es würde auch meines Erachtens bedenklih sein, aus jedem Vorschlage, der während dieser zweitägigen Debatte aufgetaucht is, das Material einer neuen Frage zu ent- nehmen, So war die zuleßt gesprochene eine solche, die direkt in Widerspruch mit dem stcht, was von der Abtheilung vorgeschlagen worden is, Es wird zuerst über den ersten Antrag der Abtheilung entschieden werden müssen. Das schließt Alles ein. Wenn dagegen Durhlaucht von einer Trennung des einen Theils dieser Frage ge- redet haben, so verkenne ih nicht, daß ein angemessener Weg darin liegen könnte, eine solche Theilung, also die Abstimmung zuerst über das aktive und dann über das passive Wahlrecht eintreten zu lassen.

Justiz - Minister von Savigny: Jh muß mich ganz dafür er- klären, daß zunächst die Abstimmung erfolge nah der Ordnung, wie die Abtheilung den Antrag gestellt hat, Theils aus formellen Grün= den, weil dies reglementsmäßig is, theils aus materiellen, Es if hier eine ganz neue Frage gestellt worden; man könnte die Sache auch so auffassen, daß alle besonderen Ehrenrehte entweder nur zeit= weise oder nur immerwährend aberkannt werden sollen, Wer der einen oder anderen dieser extremen Meinungen beitreten möchte, der findet seine Befriedigung in der Möglichkeit, sich in seinem Sinne auszusprechen, wenn ganz der Gang des Abtheilungs-Gutachtens be= folgt wird, denn er wird uah seiner Ueberzeugung bei jeder einzelnen Frage seine Stimme abgeben können, und es wird dadurch keine Meinung gebunden.

Marschall: Jch habe schon vorhin ausgesprochen, daß die drei Fragen, zu welchen das Abtheilungsgutahten Veranlassung giebt, zuvörderst gestellt werden sollen, und dann die Grage, welche auf decn Antrag des Abgeordneten von Gaffron gerichtet ist.

„Abgeordn. Krause: Jch habe vorhin {hon mich gemeldet, Mir scheint, der Antrag des geehrten Deputirten von Schlesien müsse zuerst abgestimmt werden, denn wenn das Gutachten der Abtheilung zuerst zur Abstimmung kommt, so glaube ih nicht, daß ih einem von den Abtheilungs - Vorschlägen beistimmen kann, weil ih glaube, in dem einen Vorschlage liegen die übrigen; wenn aber angenommen wird, daß die Rehabilitirung von den Standesgenossen ausgehe, \o habe ih nichts gegen die Sache einzuwenden, weil ih glaube, daß man auf andere Weise niht aus der Sache herauskommt.

Marschall: Die Frage lautet: Tritt die Versammlung dem Antrage der Abtheilung bei, daß das Recht der Standschaft und der Befähigung zur Theilnahme an Stimm- und Ehrenrehten in Ge- meinden und Corporationen nah Ablauf der Zeit, in welcher die Ausübung der bürgerlihen Ehrenrehte nach richterlichem Ermessen untersagt war, wieder aufleben soll? und diejenigen, welche diese HSrage bejahen, haben das durch Aufstehen zu erkennen zu geben. Ich bitte die Herren Secretaire, zu zählen. Das Resultat der Ab- stimmung i folgendes: für ja haben gestimmt 40, für nein haben gefians 54 Mitglieder. Die nächste Frage lautet folgendermaßen: ritt die Versammlung dem Antrage der Abtheilung bei, daß das

Recht, zur Ausübung des Patronats nah Ablauf der Zeit, wo die Ausübung der bürgerlichen Rechte uach rihterlihem Erkenntnisse un- tersagt war, wieder aufleben soll ?

Abgeordn. Graf von Schwerin: Die Abtheilung hat ange- nommen, daß es nur ein Annexum der Standschaft sei, da aber die Versammlung ausgesprochen hat, daß die Standschaft nicht wieder aufleben soll, so würde die Frage wohl kaum nöthig sein.

Marschall: Es is aus der Diskussion zu entnehmen gewesen, daß von den meisten Mitgliedern das Patronat als ein Annexum der Standschaft nicht angesehen worden 1, darum habe ih mi zu vergewissern gesucht, ob darguf gehalten wird, daß die drei Fragen auseinander „Fedallen werden, :

Vice «Marschall von Rochow : Der Gegenstand scheint über- haupt noh nicht disfutirt zu hs Ew. Durchlaucht hatten erklärt, man solle sich auf die einzige Frage wegen der Standschaft beschrän- ken, was auf Jurisdiction und Patronat Bezug hat, is daher von mehreren Mitgliedern, nur insofern als es mit der Standschaft in Vg steht, berührt worden, da ih aber diese innige Verbin- dung anertenne, jo stimme ih dafür, daß auch die beiden vorbenann- ten Rechte nicht auf Zeit aberfannt werden dürfen.

„Marschall: Jh bin nicht zweiselhast über das Resultat der Abstimmung über die nächste Frage, doch glaube ih nicht, dem ent- gegen sein zu können, daß wenigstens die Jrage gestellt werde. Auf eine neue Berathung einzugehen, halte ih nit für erforderlich ; zwar hatte ich_ allerdings zuvörderst darauf gehalten, daß man sich nur über die Standschaft äußern möge, nachher aber t; j

aher aber stillschweigend davon Abstand genommen , so daß wohl die Ansicht gerechtfertigt i daß die Berathung auch über diesen Gegenstand gls geschlossen ane zusehen sei. Es wäre also folgende Frage zu stellen S be Nv, jammlung dem Antrage der Abtheilung bei, daß das Recht zur Aus= übung des Patronats nah Ablauf der Zeit, für welche die Aus- übung der bürgerlichen Ehrenrechte nah richterlihem Erkenntnisse aeiietdat war, wieder aufleben möge? Und die diese Frage bejahen wollen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben, Li Frage ist einstimmig verneint.

Landtags-Rommissarius: Jm Junteresse der Abtheilung würde

es vielleicht Hegen die Frage nicht so zu stellen, nachdem der Herr cklich erklärt hat, daß das Patronat und die Juris-

tandschaft in den Vorschlag aufgenom= men seien; nah erfolgter Abstimmung über Lebtere würde der Vor=

Direktor ausdr diction nur als Annexa der

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| Und diejenigen, welche diese Frage bejahen, haben das durh Auf-

stehen zu erkennen zu geben. : (Wird verneint.)

Die Frage is} verneint, und wir kommen zur Stellung der Frage, die aus dem Antrage des Abgeordneten von Gaffron hervorgeht, und welche lautet: Soll beantragt werden, daß nah Ablauf der Zeit, in welher die Ausübung der bürgerlichen Ehrenrehte untersagt war, das Wiederaufleben des Rechtes der Standschaft und der Befähigung zur Theilnahme an Stimm- und Ehrenrehten in Gemeinden und Corporationen von dem Urtheil der Genossenshaft nah landesherr- licher Bestätigung abhängen solle? Und die diese Frage bejahen, werden das durch Aufstehen zu erkennen geben,

Die Frage is mit großer Majorität von mehr als zwei Drit- theilen bejaht worden.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Es frägt sich, ob die Ge- meinderehte darin enthalten sind.

Marschall: Ja wohl, die sind darin enthalten, Zu weiterer

Fragstellung is keine Veranlassung vorhanden, wir gehen also nun zur Berathung von §. 20 zurü. Referent Kaumann: Wenn ih mir es erlauben tarf, so werde ih den Antrag stellen, zuerst auf §. 20 und die folgenden zurückzu- fommen, die sich zunächst an die Resultate anfidliehen welche - die gegenwärtige geschlossene Diskussion herbeigeführt hat. Zu §. 20, der {on früher verlesen worden ist, hat die Abtheilung vorgeschla- gen, generell den Antrag zu stellen, daß im Strafgeseßbuch überall statt des Ausdrucks „, Verlust der Ehrenrehte““ der Ausdruck „, Ver- lust der bürgerlihen Ehre“ gebraucht werde.

Marschall: Jeßt wäre es an der Zeit, die Bemerkung zu machen, welche der Fürst von Radziwill sih vorhin vorbehalten hat.

Fürst Wilhelm Radziwill: Wenn ih der Diskussion gestern und heute richtig gefolgt bin, so is sie zum Theil deshalb so lange fortgeführt worden, weil eine Begriffsbestimmung zum Grunde gelegt worden is, über die ein großer Theil der Versammlung verschiedener Meinung war, welche ein großer Theil der Versammlung auf die eine oder die andere Weise verstand, und so in die Beurtheiluug des materiellen Theils der Frage in die Diskussion hineinzog. Es ist hon im Anfang der Diskussion dieser Versammlung mit Recht be- hauptet worden, daß jeder Paragraph des Geseßentwurfes, der uns vorliegt, niht nur dem Richter, sondern au der öffentlichen Mei= nung einen festen, bestimmten, unzweifelhaften Anhalt geben müsse. Wenn ih im Allgemeinen die Nothwendigkeit davon anerkenne, o ist es ganz besonders noch ein Erforderniß, wenn wir im Laufe unserer Berathung eine neue Begriffsbestimmung einführen wollen. Es is dies dadurh geschehen, daß dië geehrte Abtheilung, bei Be= gutachtung des §. 20, an die Stelle des Verlustes der Standesrechte die Begriffsbestimmung „bürgerlihe Ehre“ vorgeschlagen hat. Jch erkenne den Grundgedanken, der diesem Vorschlage innewohnt, voll- fommen an, ih halte ihn für vollkommen richtig, ih glaube aber, daß die Bezeihuung, welche für ihn gewählt worden is, nicht treffend is. Wir haben im Allgemeinen uns darin im Laufe der Diskussion noch mehr zu bestärken Gelegenheit gehabt, wie s{hwer es ist, den Begriff der Ehre selbs nur im Allgemeinen genügend zu desiniren. Jch stimme darin den vielen {önen Gedanken, den vielen {önen Ausführungen bei, die im Laufe der Diskussion gerade über diesen Begriff vorgebracht worden sind, sie haben mich aber eben auch nur davon überzeugt, wie {wer es ist, ihn bestimmt zu beschränken. Er wurzelt niht nur im Bewußtsein eines jeden Ein-= zelnen, sondern auh in der Meinung, welche seine: Standesgenossen, scine Mitbürger von ihm hegen, is es also unmöglich, ihu so zu formuliren, daß er dem Richter als Kriterium zu einer Absprehung dienen fann? Jh schicke voraus, daß ih die vollständigste Ueberzeu- gung habe, daß der Begriff der Ehre in den jeßt bestehenden sozia= len Verhältnissen ein \o geläuterter is, daß er nicht Eigenthum eines besonderen Standes, sondern daß ein jeder gebildete Mann sih dessen bewußt is, was Ehre i. Zch würde es also sehr be- denklich finden, den Begriff Ehre, das Wort Ehre, in einem Kriterium, welches dem Richter vorliegt, an die Bezeichnung eines besonderen Standes zu knüpfen, ih würde deshalb {hon den Ausdruck bürger= lihe Ehre mit der övffentlihen Meinung niht übereinstimmend halten, überhaupt niht in den sozialen Verhältnissen Europa's, am wenigsten aber in Preußen, wo der Begriff von Ehre durch die all= gemeine Wahrhaftigkeit eine so breite Basis erhalten, wo die höchsten Ehren im Staate Jedem, wes Standes er auch sein möge, offen stehen. Das sind die Gründe, welhe mich veranlassen, den Begriff „bürgerlihe Ehre‘ nicht bezeihnend zu finden. Jch würde das Wort „Ehre“ an sich niht in dem Geseßes- Entwurf verwenden. Chrenrechte is ganz etwas anderes, nimmt man aber daran Anstoß, daß die Vorlage sie ohne nähere Bezei.l nung geführt, konnte gesagt werden: Der Verlust des Bürgerrehts oder der staats= bürgerlihen Rechte {ließt den Verlust der Ehrenrehte in sich. Rechte kann der Richter absprechen, nicht aber die Ehre, und Rechte fönnen von ihm auch in besonderen Fällen zeitweise suspendirt wer- den, nicht aber die Ehre. Jch glaube, daß, weun ih den Vorschlag genau zu formuliren hätte, ih entweder es als Bürgerrechte oder als staatsbürgerlile Rechte bezeichnen würde, Jch bin nicht Jurist, kann also nicht ermessen, inwiefern in den bestehenden rechtlichen Ver=- hältnissen der eine oder der andere Ausdru vollständig durchgreifend ist, und würde der geehrten Versammlung anheimgeben, ob nicht viel= leiht noch ein anderer mehr zutreffender aufgefunden werden fönne.

Justiz - Minister von Savigny: Jch erlaube mir, mich theils über die Aeußerungen der Abtheilung im Anfange des Gutachtens zu §. 20, wovon ih annehme, daß diese jebt {on zur Diskussion vorliegen,

(Ja, Ja!) und sogleih über den damit zusammenhängenden Antrag eines Mit- gliedes des Herrenstandes zu erklären. Was im ersten Absaße des Gutachtens der Abtheilung zu §. 20, Seite 14 des Abdruckes steht, könnte so verstanden werden ih glaube nicht, daß die Abtheilung es so verstanden hat als ob damit ein Gegensaß gegen die An= sichten ausgedrückt werden sollte, welhe dem Entwurfe der Regierung

\hlag der Abtheilung für Erstere von selbst wegfallen. Die For- mulirung der Frage für den Dru dürfte daher einigermaßen zu ändern V

Abgeordn. Krause: Jch habe mir erlaubt, den Antrag zu stellen, daß die Ausübung des Patronats und der Polizei - Verwaltung auf Lebenszeit ruhe, bin aber mit dem Antrage des Abgeordneten von Gaffron ganz einverstanden.

(Heiterkeit)

Marschall : Da es erforderlich is, noch eine dritte Frage zu stellen, so habe ih zu S daß Mis Wesentlichen nichts geändert wird, wenn der Eingang der Frage anders gefaßt wird, so daß die Frage heißt: Soll eantragt werden, daß nah Ablauf der Zeit, während welcher die Ausübung der bürgerlihen Ehrenrehte nah richterlichem ( pegen untersagt war, das Ret zur Ausübung der Gerichtsbarkeit und der Polizeiverwaltung wieder aufleben möge?

zum Grunde liegen; ih glaube nicht, daß es so verstanden ist, aber man fönnte es so deuten. Hier muß ih ganz bestimmt erklären, daß die Ansichten, welche in dem ersten Absabße ausgesprochen worden sind, ganz eigentlih au die sind, welhe dem Entwurfe zu Grunde liegen, hier ist also kein Gegensaß. Ein Gegensaß findet si zunädhst bei dem Ausdruck bürgerlihe Ehre, und darüber erlaube ih mir einige Worte. Der Ausdruck Ehre wie der Begriff selbst is sehr umfassend und findet sih in den allerverschiedensten geistigen Gebie- Cr ges giebt eine Chre, die sich ledigli auf geistige Thätigkeiten,

gent hafen, Vorzüge bezieht; es giebt z. B. eine Ehre in Bezug E wissenschaftliche S obiztiäion und künstlerische Hervorbringungen, Al OUL hre, die in dem rein sittlihen Gebiete sih zeigt, das

| e sind Dinge, womit der Staat, die Geseße und die Richter R # thun haben, die der Staat unberührt läßt, weil er sie un-

erühr Men lig Dann giebt es eine Éhre, welhe mehr oder “Ga a em Staate und seinen Einrichtungen zusammenhängt, U Pr fne hre, die entweder aus Verleihungen von Seiten des Staates hervorgeht, oder auf welche der Staat wenigstens Gnu üben fann, indem er sie entzieht oder Rechte daran nüpft. on dieser Ehre allein kann die Rede sein, Das is die Ehre, mit wel

her der Staat in irgend eine Verbindung dur \ei

setnen Riehterstand treten kann. Diese en Be Sram Tg meinen Begriffes und Ausdruckes Ehre hat der Entwurf durch das Wort Ehrenrechte zu bezeichnen gesuht, denn von Chrenrechten fann man natürlich nicht sprehen in Beziehung auf die Ehre, welche der Gelehrte, der Künstler als solher durch seine Productiouen si erwirbt, sondern das Wort Ehrenrechte bezeichnet, daß von Ehre nur die Rede sein soll, insofern sie mit Rechten in Berührung und Ver- bindung steht. Dasselbe wollte die Abtheilung von einer anderen Seite bezeichnen, indem sie sagt „bürgerliche Ehre“, und insofern hat der Ausdruck der Abtheilung ganz dieselbe Tendenz, dasjenige Gebiet der Ehre zu begränzen, von welchem allein hier die Rede sein fann, insofern is also kein Widerspru, und hier muß ih bemerken, daß insoweit die Verschiedenheit dieser Ausdrücke eine reine Fassungs- frage is, und es hängt gewissermaßen vom Geshmack und Gefühl ab, ob man den einen oder den anderen Ausdruck für passender, be- zeichnender, deutlicher hält. Beide Arten der Bezeichnung unterschei= den sich sehr von der Bezeichnung, wie sie im rheinishen Strafgeseß- buch vorkommt, Jn diesem is der eigentlihe Begriff Ehre wörtlich nur bezeichnet bei Gelegenheit der Eintheilung der Strafen in ge- wisse Gattungen wo von peines infamantes die Rede is; dort allein ist eine wörtlihe Hindeutung auf die Ehrez alles Uebrige, was dort vorkommt und eine auffallende Verwandtschaft mit dem hat, was hier diskutirt wird, is niht wörtlih als etwas mit der Ehre Zusammen- hängendes bezeihnet, Es is dort die Rede von droits civils, also von bürgerlihen Rechten, obschon man darin ein mehr oder weniger Vorhandensein der Ehre ausspricht.

Diese leßte Bemerkung muß ih auch beziehen auf einen Vor- {lag, den ein durhlauchtiges Mitglied der Versammlung gemacht hat. Auch dieser Vorschlag scheint bedenklich, weil darin die Rede is von bürgerlihen Rechten, wenn ih richtig verstanden habe, oder staatsbürgerlihen Rehten. Jch glaube, daß darin das, was wir wollen und der ganze Entwurf will, nicht deutlich genug hervorge= hoben is. Der bürgerliheu Rechte, der staatsbürgerlichen Rechte giebt es unzählige, die nicht entfernt damit zusammenhängen. Unter die bürgerlichen Rechte gehört auch das Recht des Eigenthums, das Recht, in einer Familie zu stehen. Das Alles hat mit der bürger- lihen Ehre nichts zu thun, Wir werden einen Ausdruck suchen müssen, womit das verzeichnet wird, worauf es allein ankommt, und was wir wollen. Eine andere Frage is es, ob man nicht den Be- griff der Ehre definiren solle, Jch könnte dieses nit räthlih finden, Eine Definition der Chre scheint mir einmal für ein Geseßbuch un- möglih, und dann kann ih auch ein Bedürfniß dazu nicht anerken- nen. Es kommt nur darauf an, einen Zusaß zu dem Worte Ehre zu gebrauchen, wodurch das Gebiet, worin wir uns bewegen, begränzt wird. Dieser Zweck is erreicht, sowohl durch den Vorschlag der Ab- theilung, als auch durch den Ausdruck, wie er im Entwurf vorkommt, És wird eine Fassungsfrage sein, welcher von beiden Ausdrücken zu wählen i. Jch will noch einen dritten Ausdruck beifügen: saats- bürgerliche Ehre zu sagen statt bürgerlihe Ehre. Welcher von diesen Ausdrücken der vorzüglichere sei, würde eine Frage der Fassung sein. Die Begriffe sind nicht verschieden, durchaus nicht entgegen- gesebt. Jch glaube, daß die Mitglieder der Abtheilung in diejem Punkte mit mir übereinstimmen werden. Es wird die Rede sein von dem Ausdruck Chrenrechte oder bürgerliche Ehre, wie die Abtheilung vorschlägt, oder mit einem kleinen Zusaße : staatsbürgerliche Ehre,

Referent Kaumann: Jch habe nur zu erklären, daß die An- sicht des Herrn Staats-Ministers, es stehe das Votum der Abthei lung mit der Ansicht der Regierung im vollständigsten Einklange,

anz richtig ist. Die Abtheilung hat nicht verkannt, daß sie, indem ie den Ausdrud: „bürgerlihe Ehre“, dem im Geseß - Entwurf ge- brauchten Ausdruck: Ehren - Rechte, substituirte , dasselbe bezeichnen wolle. Die Abtheilung glaubte aber, es sei nothwendig, einen all- gemeinen Ausdruck zu finden für den Zustand, in welchem diese Rechte ausgeübt werden können. Dieses Bedürfniß war leitend, als die Abtheilung den Ausdruck: „bürgerlihe Ehre ““, wählte. Sie hat damit den Begriff: „staatsbürgerlihe Ehre““, bezeihnen wollen, Es fommt nicht darauf an, zu definiren, was unter Ehre zu verstehen seiz es war nur das Bedürfniß anerkannt worden, einen allgemeinen Ausdruck für die Befähigung zur Ausübung bestimmter Ehrenvor- züge zu geben. Ein anderer Ausdruck wird sich \{chwerlich finden lassen. Abgesprochen soll über keinen werden, wenn das Gese sagt, unter Vorausseßung der bürgerlichen Ehre sollen einzelne Staats-= bürger bestimmte Vorzüge ausüben können; abgesprochen ist nicht, ob Jemand in sih das Gefühl der Ehre tragez abgesprochen i} nicht, daß Jemand bei seinen Mitbürgern dann noch in Ehren stehen könne. Möglich ist es, daß das Geseh mit der Ansicht des Volks in Wis- derspruch tritt, aber die Fälle werden selten sein, weil die bürger= lihe Ehre und die Folgen davon nur versagt werden in Fällen, wo fein Zweifel über den Mangel ehrliebender Gesinnungen sein kann. Sollten aber solhe Fälle do eintreten, so glaube ich, muß man sich damit trösten, daß auch die Geseßgebung nur Menschenwerk ift, und daß wir \hwerlich einen besseren Ausdruck finden werden, woran nicht Ausstellungen gemacht werden können. ;

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch habe ebenfalls nur mein Einverständniß mit dem, was der Herr Justizminister gesagt hat, er- klären wollen. Es käme nur darauf an , zu bezeichnen, daß es ein gemeinsames Recht sei, aus welchem die einzelnen Vorzüge erwach- sen, und daß dies im Bewußtsein als die allgemeine Basis des Vol- fes und des Staates ruhen miüsse. :

Korreferent Frhr. von Mylius: Es ist der Vorschlag in der Abtheilung, bürgerlihe Ehre statt Chrenrechte zu sagen, von mir gemacht, er kann jedoch erseßt werden dur den Ausdruck staats- bürgerlihe Ehre. Es lag mir nur an einer Auffassung, die darin ihren Grund habe, daß ausgesprochen werde, daß die Rechtsgenossen- {haft Aller zu einem gleichen Rechte die nothwendige Basis des Erwerbs eines jeden besonderen Besißes oder besonderen Rechtes sei. Jn welcher Weise kies geschehe, i} gleich, und ih submittire auf die Ausdrucksweise des von mir hochverehrten Juristen, der an der Spihe des Ministeriums für die Geseßgebungs-Revision steht.

Abgeordn, Graf Galen: Wenn ih den Herrn Jud der Geseßgebung richtig verstanden habe, so erklärte er, daß die Ehre nicht vésiniebar sei, sondern in der Brust jedes Menschen ruhe, und daß die Ehre in das Strafgeseßbbuch nur insoweit aufzunehmen sei, als dieselbe mit bestimmten Rechten in Verbindung stehe. Wir hät- ten hiernah also nur von solchen Punkten zu sprechen, wo Ehre und Rechte zusammenkommen , und möchte der Ausdruck Ehrenrechte, wie ihn der Entwurf enthält, als der bessere erscheinen. Denn seßen wir hierfür bürgerlihe oder staatsbürgerlihe Ehre , so hätten wir nicht nur eine undefinirbare Ehre zu definiren, sondern überdies eine solche bürgerlihe Ehre, eine solche staatsbürgerlice Ehre. is

Marschall: Wir können nun zur Abstimmung kommen. Die Frage würde lauten: Soll beantragt werden, daß im Geseb überall t des Ausdrucks Verlust der Ehrenrechte der Ausdruck Verlust der

ürgerlihen Ehre gebrauht werde? i E

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch werde die Modification ern anerfennenz staatsbürgerlihhe Ehre oder staatsbürgerlihe Unbe- holtenheit, wenn man an jenem ersten Ausdrucke Anstoß nehmen

ollte.

Vice-Marschall von Rochow; Sollte es nicht hinreichend sein,

anzuerkennen, daß der Begriff staatsbürgerlihe Ehre oder bürgerliche Ehre, wie man es nennen will, von der Abtheilung richtig aufgefaßt und angegeben worden sei, ohne daß hier eine bestimmte Fassung dafür vorgeschlagen, sondern vielmehr der Verwaltung überlassen werde, ei- nen passenden Ausdruck zu wählen ? :

Justiz- Minister von Savigny: Jh muß bezweifeln, - ob es Gegenstand der Abstimmung der Versammlung sein kann, welcher Ausdruck der passendste sei. Ueber die Fassung is noch niemals ab- gestimmt worden, Fassungswünsche aber vorgetragen, um künftig be- nußt zu werden. ;

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh glaube auch nicht, daß die Abtheiluug darauf bestehen werde. Es {eint nur darauf anzu- kommen, anzuerkennen, daß der Herr Justiz - Minister dasselbe gewollt hat, was wir gewollt haben, und daß der Ausdruck bürgerlihe Ehre dem adäquat erscheine.

Referent Kaumann: Jch kann doch nicht annehmen, daß es die Absicht der Abtheilung sei, dies nur als Fassungssache zu be= trahten, Sie hat allerdings den Ausdruck „bürgerlihe Ehre“ nicht als den Ausdruck geben wollen, der nothwendig gebrauht werden müsse; so lange aber nicht ein besserer Vorschlag gemacht wird, muß ih darauf beharren, daß ihr Vorschlag durch Äbstimmung ap- probirt oder reprobirt werde. Sie hat den Ausdruck gewählt, weil sich in dem Ausdrucke „Ehrenrechte“ etwas findet, das eine nicht rihtige Auffassung der ganzen Bestimmung zulassen würde. Sie findet dur diesen im Entwurfe gebrauchten Ausdruck die Befürch= tung begründet, daß man eine Ungleichheit im Rechte vorausseben könne, während die Ehre etwas Anderes is, als ein Recht, so daß niht von „Ehrenrehten““ die Rede sein dürfe, sondern von der bür- gerlihen Ehre, als der Basis des Rehts, Wenn sih die Versamm- lung für den Ausdruck „bürgerliche Ehre“ entscheidet, so is es nicht nöthig, gerade diesen Ausdruck in das Geseß aufzunehmen; aber es wird darin ein Votum liegen, daß der Ausdruck, welchen der Ent- wurf enthält, nicht für angemessen erahtet wird. Deshalb muß der Ausdruck zur Abstimmung gebracht werden. ;

Marschall: Jch glaube auch, daß die Frage auf den von der Abtheilung vorgeschlagenen Ausdruck gerichtet werden muß, Die Grage heißt: soll beantragt werden, daß im Geseß überall statt des Ausdrucks „Ehrenrechte““ der Ausdruck „bürgerlihe Ehre“ gebraucht werde? Diejenigen, welche die Frage bejahen, würden das durch Auf- stehen zu erkennen geben. i

(Wird von der Mehrzahl bejaht.)

Justiz - Minister von Savigny: Es bleibt aber do vorbehal- ten die staatebürgerlihe Ehre.

Korreferent Frhr. von Mylius: Ja wohl, das versteht sich.

Marschall : Die Majorität hat die Frage hejaht, ob aber eine Majorität von zwei Drittheilen, is niht gewiß. Jn diesem speziellen Galle scheint auch nach der Erklärung, welche die Abtheilung abge= geben hat, wenig darauf anzukommen, Wir können alfo zur weite- ren Berathung des §. 20 kommen.

Referent Kaumann: Der zweite Antrag der Abtheilung bei §. 20 is nur eine weitere Entwickelung in Folge des eben angenom=- menen Ausdrucks, Es soll dann §. 20 lauten:

„Der Verlust der bürgerlihen Ehre \chließt in sich den Verlust aller vom Staate verliehenen und in ihm bestehenden Standes - und Ehrenrechte, insbesondere : des Rechts, die National-Kokarde zu tragen, des Adels, der öffentlihen Aemter, Würden und Titel, der Standschaft, der Theilnahme an Stimm- und Ehrenrehten in Gemeinden und Corporationen, der Befugniß zur Ausübung des Patronats, der Gerichtsbarkeit und der Polizei-Verwaltung, des Besißes inländischer und ausländischer Ehrenzeichen.“ Jch glaube niht, daß es darauf ankommen wird, ein besonderes Votum der Versammlung zu extrahiren, weil dieses eine Sache der Fassung ist. G

Abgeordn. Frhr. von Patow: Jh seße dabei voraus, daß die Abtheilung übersehen hat, die Erwerbung hinzuzufügen.

Justiz - Minister von Savigny: Das wollte ich mir auch er- lauben, beizufügen. Es is dann im Gutachten der Abtheilung kein Widerspruch mit dem Antrage, der im Entwurfe enthalten ist, wo es heißt: „Aemter und Würden, so wie die Fähigkeit, solhe Rechte zu erwerben“. Dagegen habe ih im Gutachten der Abtheilung keinen Widerspruch gefunden, und glaube niht, daß die Auslassung dieses Punktes als eine beabsichtigte Abänderung betrachtet werden soll.

Referent Kaumann : Es ist das auch unbedenklih die Meinung der Abtheilung, und so viel sich aus dem Gutachten ergiebt, hat sie niht für nöthig gefunden dies besonders zu erwähnen, weil es in dem Verlust der bürgerlihen Ehre, als der Bedingung der Erwer- bung, schon liegt. Sollte es aber zweifelhaft sein, so bin ih nicht dagegen, daß es noch besonders ausgedrückt wird, und ih will daher keinesweges dem, was der Herr Minister gesagt hat, entgegen- treten.

Justiz-Minister von Savigny: Jch bin vollkommen zufrieden, wenn dies auch nur im Protokoll ausgedrückt wird, denn meines Er= achtens würde das Geseß unvollständig sein, wenn hier nur ausge- drit würde: der Verlust der bürgerlichen Ehre ließt in \sich den Verlust aller bekleideten Aemter, da vielmehr auh die Fähigkeit zu einer fünftigen Anstellung verloren gehen soll. :

Abgeordn. Graf Galen: Es ist der §, 20 angeführt worden; ih habe aber nicht gehört, daß eine Abstimmung darüber stattgefun- den hat, ih gestatte mix daher noch eine Bemerkung. Es is eitens des Ministers der Geseßgebung früher bemerkt worden, daß es zweierlei Arten Ehreurechte gebe, allgemeine und besondere Ehren- rechte. Dieser Unterschied würde, wenn der Ausdruck staatsbürgerliche Ehre beibehalten wird, fünftig noch in dem Paragraphen zu unter- scheiden sein. Ein zweiter Punkt, den ih zu erwähnen habe, betrifft den unter den besonderen Ehrenrechten aufgeführten Adel. Jh bin en der Meinung, daß dieser, sobald ein Makel daran haftet, aber- annt werde. Allein eine Aberkennung des Adels ward nach den bie- herigen Geseßen nit rehtsfräftig, ein Verlust des Adels trat nicht ein, bis das Urtheil die Königliche Bestätigung erhalten hatte. Der Adel mag aberkannt werden können, aber soll auch stillschweigend die- ses Recht aufgehoben werden? Der Adel, welcher si vererbt, dessen Ursprung si în das graue Alterthum verliert, dürfte auh fortan nicht von dem Richter allein aberkannt werden, sondern nur durch Bestätigung dessen, in dessen Namen der Richter das Recht spricht, dur Bestätigung des höchsten Richters, welhem auch die Todes» Urtheile unterliegen.

Regierungs - Kommissar Bischoff: Die jeßt bestehende Geseßge- bung wird allerdings dur den Entwurf geändert. Nach dem gegen- wärtigen Recht kann von den Gerichten auf Verlust des Adels er= kannt werden, allein wenn das Erkenntniß rechtskräftig is, muß es Sr. Majestät dem Könige zur Bestätigung vorgelegt werden. Jn ähnlicher Art verhält es sich mit den Orden und Ehrenzeichen; auf den Verlust derselben wird aber von dem Richter gar nicht erkannt, sondern wenn wegen entehrender Verbrechen ein rechtskräftiges Er- aus ergangen ist, wird es mit einem Akten-Auszuge Sr. Maje-

t vorgelegt, und Allerhöchstdieselben bestimmen, ob der Verurtheilte

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der Orden oder Ehrenzeichen verlustig werden soll. Bei der Revision des Strafrechts sind uun Bedenken entstanden, ob man es in beiden Beziehungen bei der bestehenden Geseßgebung solle bewenden lassen. Zunächst wurden die Bedenken durh die praktishen Schwierigkeiten hervorgerufen, welhe die Ausführung in beiden Beziehungen hatte. Wenn nämli ein Erkenntniß rechtskräftig geworden war, nah wel- chem neben einer Freiheitsstrafe der Verlust des Adels oder von Or- den und Ehrenzeichen eintrat, so mußte die Vollstreckung der Frei= heitöstrafe so lange ausgeseßt werden, bis die Allerhöchste Bestätigung eingegangen war, indem die Vollstreckung einzelner Arten von Frei= beitftrafen nach der Natur der Dinge nit eher erfolgen konnte. Das war ein großer Uebelstand. Indessen würde man sih doch nicht entshlossen haben, aus Veranlassung dieses rein praktischen Uebelstan- des eine Abänderung des bestehenden Rechts zu beantragen; wenn man nicht auch im Prinzip selbst Gründe zu finden geglaubt hätte, welche diese Abänderung erheishen möchten. Man war nämlich der Meinung, daß es in sich unvereinbar wäre, daß Jemand, welcher durch den Richter rechtskräftig der National-Kokarde, als des allge=- meinen Kennzeihens der bürgerlichen Ehre, verlustig erklärt worden ist, möglicherweise noch Adel, Orden und Ehrenzeichen, als die beson- deren Chren-Vorzüge, behalten könne; man glaubte, daß, wenn das Erstere eingetreten sei, nothwendig das Andere die Folge sein müsse. Deshalb is im Entwurfe angenommen, daß, wenn Jemand überhaupt der Ehrenrechte verlustig erklärt worden is, er von Rechts wegen und ohne Weiteres auch des Adels und der Orden verlustig is.

Abgeordn. Graf Galen: Jch erlaube mir zu erwiedern, daß ih niht beabsihtigt habe, den Adel hier zu theilen und den Adel für diejenigen beizubehalten, welhe ihrer Ehren und Würden entsebßt und der National-Kokarde verlustig erklärt worden sind, sondern nur, daß das Bestehende aufreht erhalten werde und also, wenn ein Urtheil erlassen worden, worin der Adel aberkannt wird, dies zuvor Sr, Ma- jestät dem Könige zur Bestätigung vorgelegt werde.

(Einige Stimmen : Nein.)

__ Vice=Marschall von Rochow : Ju Anerkennung der Gründe, die von dem Herrn Ministerial=Kommissar angeführt worden sind, stimme ih damit überein, daß die Bestätigung Sr. Maj. des Kö- nigs für ein Urtheil der Aberkennung des Adels nicht mehr statt- finde, Der Adel verleiht bei uns kein politishes Reht, wenn man nicht etwa den eximirten Gerichtsstand, den er mit vielen Anderen theilt, dafür halten will, Dieser is in der That so unbedeutend, daß man darin kein Privilegium erkennen wird, Nach meiner Ansicht ist der Adel weiter nichts, als das Recht, seinem Namen eine Par- tifel oder einen anderen längeren Titel beizufügen, als Zeugniß, daß die Vorfahren dessen, der sich dieses Rechts bedient, ehrenwerthe Leute waren, und als Mahnung, selbst ein ehrenwerther Mann zu sein.

(Einige Stimmen: Bravo.) Dies fann von demjenigen, der einen ehrenvollen Namen trägt, als ein sehr großes und {chönes Recht betrachtet werden, es {mälert aber feinen Anderen in seinen Rechten, und jeder Andere mag es so hoch oder so niedrig anschlagen, als er will; wenn aber angenommen werden muß, daß Jemand, der eine ehrenrührige Handlung began- gen, dadurch gezeigt hat, daß er auf dieses Recht keinen Werth lege, daß es auf ihn keine Wirkung gehabt habe, \o is es auh auf ihn nicht mehr anwendbar und muß von diesem Augenblicke an aufhören, (Abermaliges : Bravo !)

Marschall: Wird auf den Antrag beharrt, so wird zuerst zu entnehmen sein, ob er die erforderliche Urterstüßung von 8 Mitglie= dern findet.

Er hat sie niht gefunden.

Abgeordn, Hüsfer: Jch möchte darauf antragen, daß der Adel gar nicht unter diejenigen Ehrenrehte gezählt werden möge, welche dur einen Urtheilsspruh in der Weise, wie oorliegt, aberkannt wer- den sollen, und zwar aus zweifahem Grunde, einmal, weil ih darin, so lange wir noch ein Verhältniß nah Ständen in unserem Staate haben, eine Verleßung für den Bürger und eine Ungerechtigkeit für den Adel anerkenne. Der Bürger muß sih tief verleßt fühlen durch den Gedanken, daß der entehrte Adlige in den Bürgerstand zurück- verseßt werden soll

(Theilweise Zeichen von Mißbilligung.), und daß auf diese Weise der Bürgerstand die Strafsection für den Adel würde (Einzelne Stimmen: Oh !), wie dies schon vielfah laut geworden ist. Jch provozire in dieser Beziehung auf den Adel selbst, auch in ihm bestehen Abstufungen, und es würde gewiß demjenigen, der den einfachen Adel hat, nicht zusagen, wenn ein Kriminalgeseß bestimmen wollte, daß der [entehrte Graf oder Freiherr in den einfachen Adel zurückkehren solle. Aber auch für den Adel selbst liegt in dieser Bestimmung eine entschiedene Un- gerechtigfeit, indem für ihn eine Strafe geschaffen wird, die für die anderen Staatsbürger nicht anwendbar i, und weil außerdem der Adelsverlust auch auf die übrigen Glieder der Familie zurückfällt, weil also dadurch eine Verleßung der unschuldigen Familie stattfindet, Der Adel gilt für Manchen als ein Gut, welches für den Einzeluen einen großen idealen Werth haben kanu, einen eben so großen, ja vielleiht größeren Werth, wie die materiellen Güter, und es würden also darauf die nämlicheu Grundsäße anzuwenden sein, welche von uns auf die Confiscation der Güter angewendet worden sind. Des- halb halte ih es für eine Ungerechtigkeit, für den Adel auf diese Weise eine separate Strafart festzuseßen. Bei uns in der Rhein- Provinz existirt etwas Derartiges gar nicht, wenigstens bestand es nicht ursprünglih, wenn es auh durch spätere Verordnungen einge- führt is, und ih würde mich entschieden dagegen erklären müssen, daß der Verlust des Adels hier als Strafe aufgeführt werde. Jch glaube, daß der Adelstand, wenn Jemand darin geboren und erzogen ist, auch derjenige bleiben muß, den er für sein ganzes Leben in allen Verhältnissen beibehält. Marschall: Wir wollen ermitteln, ob dieser Vorschlag unter= stüßt wird. y (Niemand erhebt sich.) Wir gehen alfo darüber hinaus, Referent Kaumann: Es würde nun §. 21 folgen. Nach der Proposition der Regierung, die in dieser Sibung vollständig von der Versammlung angenommen worden is, würde hinter §. 20 eine Be- stimmung aufzunehmen sein, daß die bürgerlihe Ehre auf Zeit oder auf immer entzogen werden könne, und dann §, 21 kommen. Er lautet: 11S. 21. Neben der Zuchthausstrafe und der Cassation (§§. 9. 23) ist der Verlust der Ehrenrechte im Urtheile nicht besonders auszusprechen.

Neben allen anderen Strafen kann auf den Verlust der Ehren- rechte nur wegen solcher Verbrehen erkannt werden, bei welchen die Gesehe dieses besonders vorschreiben. Ju dem Urtheile is alsdann dieser Verlust nur im Allgemeinen, ohne Aufzählung der einzelnen Ehrenrechte (§. 20), auszusprechen.

Jnwiefern außer dem Falle einer rihterlihen Verurtheilung der Verlust der Standschaft, so wie der Theilnahme an Stimm- und Chrenrehten in Gemeinden und Corporationen, und der Befugniß zur Ausübung des Patronats, der Gerichtsbarkeit und der Polizei-

deren Vorschriften, namentlich nah den Städte- und Landgemeinde, Ordnungen, zu beurtheilen.“ Das Gutachten lautet: Sit G. E

Wenn nah den Anträgen der Abtheilung die dreigliedrige Ein- theilung der strafbaren Handlungen in das Geseßbuh eingeführt wird, so ist es wünschenswerth, daß die Strafe des Verlustes der bürgerlichen Ehre sich an diese Eintheilung angemessen anschließe. Ob sih dies durhführen lassen wird, kann erst bei Erörterung der einzelnen Verbrechen und deren Bestrafung geprüft werden, und es wird daher vorgeschlagen,

die Berathung über die Bestimmung im zweiten Abschnitte des §. 21 vorläufig auszuseßen.

Gegen die Bestimmungen im ersten und dritten Abschnitte findet sich nichts zu erinnern, ‘‘

Ich muß bemerken, daß dieser Antrag der Abtheilung in diesem Augenblicke als erledigt zu erachten ist und daß es der Ausseßung der Berathung niht mehr bedarf. Es wird den gefaßten Beschlüs= sen ‘er E im zweiten Alinea den ersten Saß so zu ändern, daß es heißt:

„Auf den Verlu s der bürgerlichen Ehre kann nur bei \chweren Verbrechen erkannt werden und nur in den Fällen, in welchen es die Gesebe besonders vorschreiben. Auf zeitweise Entziehung der bürgerlihen Ehre kann wegen \chwerer Verbrechen, so wie we- gen Verbrechen und Vergehen, erkannt werden, jedoch ebenfalls nur in den Fällen, in welchen es die Geseße besonders vorschreiben,“

Justiz = Minister von Savigny: Es wird dabei aber immer noch der leßte Saß des zweiten Alinea stehen bleiben müssen, wel= cher mit der jebigen Praxis enge Verbindung hat.

Korreferent Freiherr von Mylius: Es is in der Abtheilung von mir noch nicht erwähnt worden, daß der Verlust der bürgerlichen Ehre, wie er jebt festgestellt worden is, im Entwurfe noch nicht ent- halten war, und es dürfte daher Bedenken erregen, wozu der erste Sab des §. 21 den Zusaß: „und der Cassation““, nöthig habe, indem im §. 23 es heißt: „die Cassation zieht außerdem den Verlust der Ehrenrechte nah sich.“ Zweckmäßiger dürfte es scheinen, im §. 21 der Cassation keine Erwähnung zu thun.

Regierungs - Kommissar Bischoff: Es is das reine Fassungs= sahe. Man will bestimmen, daß bei der Cassation und der Zucht- hausstrafe im Urtheile niht ausgesprochen zu werden braucht, daß der Verurtheilte auch der Ehrenrechte verlustig sei, sondern dieser Verlust ohne Weiteres und von Rechts wegen eintrete.

Korreferent Frhr. von Mylius: Wenn auf Zuchthaus oder Verlust der bürgerlihen Ehre erkannt wird, so würde dadurch fest- stehen, daß ein Beamter zur Amtsführung ferner unfähig sei; da- durh wird jedes fernere Urtheil auf Cassation unnöthig, und aus diesem Grunde wird die Cassation nicht besonders erwähnt zu wer= den brauchen.

Justiz = Minister von Savigny: Es scheint ein Mißverstand vorzuliegen. Es giebt Verbrechen, namentlich bei den Beamten, bei welchen niht Zuchthaus, sondern Cassation erkannt wird, und die Meinung geht dahin, daß überall, wo entweder Zuchthaus oder Cas- sation ausgesprochen wird, immerwährender Ehrenverlust die Folge davon sei.

Korreferent Frhr. von Mylius: Jch habe nichts dagegen wei= ter zu bemerken; es bezog sich meine Erinnerung wesentli und vor= zugsweise auf die Fassung.

Referent Kaumann: Die Disposition des §. 21 is eine dop- pelte ; einmal: es kann nur bei {weren Verbrehen auf den Verlust der bürgerlichen Ehre erkannt werden, und zweitens: nur in Fällen, in welchen es die Geseße ausdrücklich vorschreiben, und das sind Ver= brechen, die in ehrloser Gesinnung ihren Grund haben, Darum ist diese doppelte Bestimmung nöthig.

Regierungs - Kommissar Bischoff: Jh würde au die Fassung des Herrn Referenten für vollkommen genügend erachten.

Abgeordn. Freiherr von Gudenau: Jh muß noch einmal auf

Verwaltung, eintreten kann, ist nach den darüber bestehenden beson-

das Bedenken des Herrn Korreferenten zurückommen, Hier kommt zum ersten Male die Cassation vor als eine besondere Strafart, und ih kann mi nicht überzeugen, daß es nothwendig sei, die Cassation als eine besondere Strafart beizubehalten, denn die Cassation schließt den Verlust der Ehrenrehte in sich, und umgekehrt {ließt leßterer Verlust wieder die Cassation in sich. Wenn also ein Beamter ein Verbrechen begeht, so kann auf Verlust der Ehrenrechte erkannt wer- den, und dann brauchen wir keine Cassation, da diese gerade dieselbe Wirkung hat.

Regierungs-Kommissar Bischoff : Die Cassation unterscheidet sich von der einfahen Amtsentsezung dadurch, daß der Kassirte nie wie= der ein Amt erhalten kann ; sie is gewissermaßen eine qualifizirte Amktseutseßung.

Abgeordn, Freiherr von Gudenau: Jch habe nur meine Be- merkung gemacht, weil hier das erste Mal dieser Name genannt wird, Der Verlust der bürgerlichen Ehre zieht dieselbe Unfähigkeit nah sh, wie die Cassation, und die Cassation wie der Chren- verlust. Also betrachte ih diese besondere Strafe nicht als er- forderlich. j

Regierungs - Kommissar Bischoff: Und doch i ein materieller Unterschied vorhanden. Der Kassirte geht nicht allein der Ehrenrechte verlustig, sondern auch der Fähigkeit, ein Amt wieder zu bekleiden.

Abgeordn. Sperling: Der Herr Regierungs-Kommissar is da- mit einverstanden, daß im §. 21 der Ausdruck „Cassation‘“ wegfalle. Jür diesen Fall würde ih hier nichts zu erwähnen haben, sondern erst bei §. 23 mich zur Sache erklären, wo der Begriff der Cassation näher ausgedrüdckt is. Jedenfalls wäre es aber systematischer, daß dasjenige, was §. 21 in seinem ersten Alinea enthält, hinter §. 23 zu stehen käme.

Justiz-Minister von Savigny : Das is doch blos eine Fassungs- Bemerkung und also niht Gegenstand der Diskussion. Ob es an beiden Orten richtig steht oder besser nur an einem allein, is bloße Fassungsfrage.

Marschall: §. 22.

Referent Kaumann (liest vor) ; C [P 19

Js ein preußischer Unterthan im Auslande wegen eines Ver brechens bestraft worden, welhes nah preußischen Geseßen den Verlust der Ehrenrechte nach si zieht , so soll ein neues Straf- verfahren vor den preußischen Gerichten eingeleitet und von diesen nah Befinden der Verlust e Ehrenrete ausgesprochen werden.“

¡U §. de Aus denselben Gründen, welche bei §§. 3 und 4 erörtert worden sind, wird vorgeshlagnz dahin anzutragen, daß die Disposition dieses Paragraphen fafultativ gefaßt, also in der dritten Zeile statt „soll“ ge- seßt werde: „Fann“‘. Außerdem würde der Paragraph den Bestimmungen entspre- hend zu ändern sein, welche die verschiedenartige Entziehung der

bürgerlihen Ehre betreffen,

Marschall: §. 23. Referent Kaumann (liest t S. 23. Die Amts - Entsebung hat den Verlust aller von dem Verur-