1848 / 38 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

gestehen, daß der Entwurf bei weitem milder ist, als das gegen- wärtig bestehende Recht. 7 Zustiz-Minister Uhden: Zur Erläuterung dessen, was so eben gesagt worden, bemerke ih noch Folgendes : Es ist Bezug genommen wordén auf die Verbindungen, die im und vor dem Jahre 1833 auf den deutschen Universitäten bestanden, Diese hatten den Zweck, mit Waffengewalt den Umsturz sämmtlicher deutsher Bundesstaaten zu bewirken und eine deutshe Republik zu gründen. Die Theilnehmer dieser Verbindungen würden, wenn nicht noch etwas Besonderes hinzu- träte, gegenwärtig unter die Strafen des §. 85. fallen. Anders ver- hält es sich mit den Versammlungen, die dem Frankfurter Attentat vorangingen. Hierüber wurde în der Heidelberger Verbindung vorher berathen. Es wurde feshlossen, daß mit Gewalt losgebrochen wer- den solle, es wurden Anführer gewählt und andere Mitglieder, welche nach Frankfurt sich begeben sollten, um das Verbrecen auszuführén. Das ist der Fall, den der §. 82, vorausseßt, wo ein bestimmtes Unternehmen in Aussicht steht, und darüber beratb\chlagt wird, nicht eine Verbindung, die zwar im- Allgemeinen hocverrätherishe Zwecke,

aber -noch niht ein bestimyites hohverrätherishes Unternehmen im Auge hat.

Abgeordn. Camphausen: Wenn der Herr Geseßgebungs- Minister vor Kurzem anführte, daß das, was sich gegen den Verx- such sagen lasse, hier durhaus unanwendbar sei, so muß ih dem widersprechen ; „ich kann aber auf die Ausführung meiner Behauptung verzichten, da wir vielleicht bei §. §5 darauf zurückommen. Es ist hier der erste prägnante Fall derjenigen Widersprüche eingetreten, die ih anzukündigen mir die Freiheit genommen habe. Offenbar befindet sih die Regierung in der Verlegenheit, ihren Entwurf nicht aufrechthalten zu fönnen. Sie kann das Prinzip der Ehrlosigkeits- Erklärung, wie es §. 20 aufstellt, nicht durchführen, ohne dem Rich- ter zu überlassen, ob sie eintreten soll oder nicht. Die Wurzel davon liegt in der untheilbaren Zusammenfassung alles desjenigen, was die Zuchthausstrafe in sih {ließen soll, in der Untheilbarkeit der soge- nannten Ehrenrehte. Von dem Herrn Ministerial - Kommissar für die rheinishe Geseßgebung sind im Laufe der heutigen Sißung zwei Autoren Chauveau und Rossi angeführt worden, die das Prinzip des rheinischen Rechts selbst angegriffen haben. Jh theile deren Ansicht, aber ih erinnere daran, daß ste darauf hinausging, die ungetrennte Zusammenfassung der bürgerlichen Rechte zu beseitigen, und daß lebtere in §. 20 noch in s{chwierigerer Ausdehnung statt- fände. Alle diese Bedenken würden nicht entstehen, wenn eine Tren- nung der Ehrenrechte eingeführt wäre, so daß in gewissen Fällen der Schuldige nux einen Theil der staatsbürgerlihen Rechte verlieren und die anderen behalten würde. Zu §. 82 habe ih noch zu sagen, daß ih von der Ministerbank und von dem Herrn Regierungs- Kommissar das Wort „Komplott“ gern gehört habe, und es mir lieb gewesen wäre, wenn dieses Wort in den Paragraphen hätte aufgenommen werden können. Das Wort „verabreden“ cheint mir umfassender zu sein, und nicht auszuschließen, Etwas als ein hohverrätherishes Unternehmen anzusehen, was hinter dem zurück- bleibt, was wir unter Komplott, Vershwörung u. \. w. begreifen. Jch gebe anheim, die Bemerkung zu berücksichtigen, mache aber keinen Borschlag, weil ih weiß, daß Fassungs-Anträge auf einen sehr zwei- felhaften Erfolg zu rechnen haben,

Justiz-Minister Uhden: Jh mache darauf aufmerksam, daß das hohverrätherische Unternehmen sehr bestimmt charakterisirt ist, indem auf die §§. §0 und §1 zurückgewiesen wird.

Marschall: Wir können zur Abstimmung kommen, Die erste Frage is auf den Antrag des Abgeordneten Sperling zu richten

welcher dahingeht, daß die Worte: „Anstifter und Nädelsführer sind mit der Todesstrafe zu belegen“ wegfallen möchten. Diese Frage ist die erste, die zur Abstimmung gebraht wird und diejenigen, welche sie bejahen, werden das turch Aufstehen zu erkeunen geben,

Lie Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen. Die nächste Frage is auf den Vorschlag des Grafen von Schwerin zu richten und dieser giebt zu der Frage Veranlassung: Soll ausgesprochen werden, daß die Theilnehmer. , .

Referent VUagumann

(unterbrechend) : Jh will nur Eins gegen den Vorschlag bemerken, uämlih das, daß das Minimum zu hoh is, Jch würde beantragen, das Minimum von 10 Jahren auf 3 Jahre herabzuseßen. (Von vielen Seiten der Ruf: Drei Jahre !)

Abgeordn, Graf von Schwerin: Jh modifizire meinen Antrag ohr, 5 bas Strafmaß für jeßt noch ausgeschlossen bleibe und Jae u ftatt „Zuchthausstrafe“ gesagt werde „Strafarbeit oder TlgÆa mit ber Befugniß, auf Verlust der bürgerlihen Ehren- ter u fenen.“

Nescheil: Wir würden dann die Frage so trennen, daß die Zte id Festungshaft in der Fragestellung eingeschlossen bleibt mus U Me Buer der Strafe noch vorbehalten wird, daß aber Ls uf Verlust der bürgerlihen Ehrenrehte erfannt werden At.

,_ Nee Tann: 3h würde mir den Vorschlag erlauben, dap tas mum wf brei Zahxe jeitgejebt würde. (Dow siclen Seiten der Zuruf: Ja, ja !)

Abgeorbn, oón Gifers (unter giojer Unruße in der Versamm- lung): Jh würde ich gegen vie Milderung dec Strafe erklären. Zch bin gewiy basic, wo es zulüssig ist, Milderung der Strafen eintreten zu lassen, aber i fürchte, daß, wenn wir sie hier eintreten sassen, wir den Räbe!sführern indirelt neue Mittel in die Häüûde aden sih auf leichtere Weije Theilnedmer zu verschaffen,

(Uncuhe in dec Versammlung, verschiedene Stimmen sprechen

unter einander, und wird nur die Bemerkung verstauden daß

bie Roon geshlossen le) % / Referent Naumann: Man kaun doch niht noch e: Meínung geltend machen, wenn die Diskussion t e Fch bitte, nun darauf aufmerksam machen zu dürfen, daß nur vou einer Verabredung die Rede ist, die nicht zu einem Resultate ge-

hrt hat, j os füh Marschall: Die Diskussion ist allervîngs geschlossen, und bie wenigen Worte, welche der Abgeordnete von Olfers gesprochen hat, haben nur dazu gedient, mir bie genauere Formulirung der

304

(Von allen Seiten der Ruf : „Nein, nein!“ und: „drei Jahre, drei Jahre !‘“) :

Marschall: Neue Vorschläge können jeßt uiht mehr gemacht werden, Es würde also das Maximum unbestimmt bleiben, und zu fragen sein, ob das Minimum von 3 Jahren angenommen werde.

(Einé große Anzahl von Mitgliedern erhebt si{.) Die Majorität hat sich dafür ausgesprochen. Um aber festzuseßen, ob au die Gründe der Minorität anzugeben sind, fömmt es darauf an, zu ermitteln, ob in der Abstimmung die Majorität von Zwet Dritteln sih erhoben hat. ; (Viele Stimmen: Nein, nein!)

Jh bitte nohmals diejenigen, welche die Frage bejaht haben, sich zu erheben, und die Secretaire bitte ih, die Zählung vorzunehmen. (Nachdem diese Zählung stattgefunden hat.)

Das Resultat der Abstimmung is folgendes : 53 haben mit Ja und 34 mit Nein gestimmt. Die nächste Sißung wird Morgen um

10 Uhr stattfinden, (Schluß der Sibuug um halb 4 Uhr.)

Uichtamtlicher Theil.

A A TL

Deutsche Bundesstaaten. Großherzogthum Oldenburg. Vertrag mit England zur Sicherung des schriftstellerishen Eigenthums. Fürstenthum Schwarzburg-Sondershauser. Defizit. E

Oesterreichische Monarchie. Von der lombardishen Gränze, Truppenmärsche. Schreiben aus Wien. (Starker Schneefall; die Stimmung der Truppenz die Leiche der Herzogin von Cöthen.)

Frankreich. Deputirten-Kammer. Annahme des Adreß-Paragra- phen über dic italienischen Angelegenheiten, Paris. Hofnachrichten, Pairs - Kammer, Die neuen Gesandten an den Hösen von Turin und Mailand. Schreiben aus Paris. (Debatte über den die Schweiz be- treffenden Adreß-Paragraphenz Erneuerung der Büreaus der Deputirteu- Kammer.) : : F

Großbritanien und Jrland. London, Abreise des belgischen Kö- nigspaars, Kabinets-Rath. Neue Ucberlandpost. :

Dänemark. Kopenhagen. Eindruck des Verfassungs - Patents in Schleswig. :

Schweiz. Kanton Zug. Ende der Occupation, Kanton Aargau, Streitkräfte des Kantons, Kanton Wallis, Reise der eidgenös- sischen Repräsentanten nah Bern,.

Handels- und Börsen-Nachrichten.

Deutsche Bundesstaaten.

erzogthum Oldenburg. Das neueste Stück des G T CAes ges die laudesherrliche Verordnung, betreffend den Beitritt zu dem zwischen Großbritanien und Haunover behufs gegenseitiger Sicherung des schriftstellerishen Eigenthums am 4, August 1847 geschlossenen Staatsvertrage.

Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen. (D. A. Z.) Dem am 18. Januar wieder eröffneten, seit dem 31. Juli v. J. vertagt gewesenen Landtage ist von Seiten der Regierung keine andere Vorlage gemacht worden, als das Budget für die Zinanz- periode pro 1848 bis 1851. Obwohl die Regierung in der Denk- rift, womit sie den Ständen das Budget übergiebt, versichert, daß Einnahmen und Ausgaben mit aller durch die Natur eines Voran- schlags, durch die Neuheit des gegenwärtigen Verwaltungsorgantismus und die Mangelhaftigkeit der Grundlagen nur irgend gestatteten Genauigkeit berechuet, die Ausgaben mit der äußersten Sparsamkeit bemessen seien; daß nur das Unabweisliche aufgenommen, selbst manches Nöthige zurückgewiesen, das blos Nüßliche wenig, das Ange- nehme gar nicht berücksihtigt worden - sei, so ergiebt sih doch ein Defizit.

Oesterreichische Monarchie.

Von der lombardischen Gränze, 25. Jan. (A. Z,) Die Truppen-Sendungen nah Jtalien dauern fort. So eben hören wir, daß das österreichisch - italienishe Armeecorps neuerdings Ver= stärkungen erbalten soll, und zwar 2 Regimeuter Infanterie, 1 Re- giment Kavallerie und 1 Bataillon Jäger. Man bezeichnet die beiden Infanterie = Regimenter „Erzherzog Ludwig“ und „Baron Fürsten- wärther“ aus Mähren, das Jägerbataillou zu Salzburg und das Chevaulegersregiment „Fürst Liechtenstein,“ wel? lepteres bereits von Wels (in Oberösterreih) aufgebrohen sei. Das Regiment „Ritter v. Heß,“ im Marsch nah Mailand begrissen, is gestern in Triest angekommen, Das Militairbeamten- und Verpflegspersonal dahier, dirste der vielen Truppen wegen ebenfalls cine bedeutende Vermehrung erhalten. : j

Der Oberhofmeister Jhrer Majestät der verewigten Frau Erz= herzogin Marie Louise, Graf von Bombelles, wird dem Vernehmen nah nicht mehr nah Parma zurückehren, sondern erwartet in Wien eine anderweite Bestimmung.

Frage zu erleichtern, die nah dem im lehten Augenblicke noch

emachten Vorschlage zu ánvern war, Wir gehen nicht weiter darauf M Die u beißt: Soll beantragt werden, daß die Theilnehmer mit Ce ober Festungshaft zu belegén seien, uud daß auch F

auf den Verlust der bürgerlichen Ehre erkaunt werden könne. Die- jenigen, welche die Frage bejahen, werden das durch Aufsteheu zu erkennen geben,

Die Frage is mit mehr als d Drítteln bela t,

Es folgt nun die Frage, welhe auf das Minimum der Straf- arbeit oder Gefängnißhaft zu richten ist,

Referent Kaumann : habe fein Bedenken mehr, daß man die zehn Ave fallen läßt, weil bie Versamnilung beschlossen hat, selbst die Todesstrafe zuzulassen, Js das der Fall, so muß man auch bis zur lebenswierigen Freiheitsstrafe kommen können.

Abgeordn. Abegg: Vielleicht würde man statt des‘Minimums- von zehn Jahren ein Minimum von fünf Jahren angenommen würde,

ch eher einigen, wenn

: X Wien, 1. Febr, Jn Jllgrien haben sich die Schneemassen sehr hoh angehäuft, und man erinnert sih seit Jahrzehuden nicht ‘eines so strengen Winters, der so viel Schnee brachte, die Haupt- }/ Straßen fast unfahrbar machte, die Vizinal = Wege so überlagerte, daß Peinzelne Orte guf Tage ganz von einander bne bleiben. Die großen Truppenmassen von der Gränze, welche sich gegenwärtig auf pem Marsche befinden, haben daher dur die strenge Kälte und die [ganz mit Schnee überfüllten Wege, auf welchen sie sich ers Bahn ma- en und oft streckenweise Mann für Mann márschiren müssen, viel zu leiden, Nicht dadur allein wird ihr shnelleres Fortkommen nah [f Italien aufgehalten, sondern mehr noch durch den heftigen Bora, jj welcher die Küste von Triest beherrscht ‘und die Ucberfahrt in dié } italienischen rovinzen verzögert, Die guf dem Marsche befindlichen

Gránz - Regimenter zählen durchaus eine Fräftige,

# lihfeit au das Herrscherhaus sich ‘voll . Erbitterung über die

ésund auss\é=. f e Mannschaft, welhe bei ihrer bekannten nein Anuhäng-"

italienischen Revolutions - Männer äußern. Gleiche ist bei allen übrigen Truppenkörpern wahrzunehmen, aber auch bei der arbeitenden Volksflasse findet der Revolutions = Eifer feinen Anhang und hat vergebens auf deren Unterstüßung gerechnet. Die stattgehabten kleinen Volkstunrülte im österreichischen Jtalien sind für den Augenblick unterdrück, nur der Gährungss\toff in Süd=-Jtg= lien, dic Aufstände iu Sicilien beunruhigen und verlangen die strengste Ueberwachung, eine fortwährende energische Beaufsichtigung der Ün- ruhestifter. Viele von diesen sind bereits der gefänglichen Haft über=- antwortet , Andere, denen man alle Ursache hat, zu mißtrauen, die der höheren und reiheren Abelsfklasse angehören, suhte man dadurch unschädlich zu machen, daß man ihre Dielozirung, und zwar, wie ver- lautet, nach den Provinzial - Hauptstädten von Laibach, Linz, Juns- bruck verfügte, wo sie, wenngleih nicht in gefängliher Haft, dennoch unter so strenge polizeilihe Aufficht gestellt sind, daß von ihrem Un

triebe und Einfluß zur Unterstüßung und Beförderung der Volks

aufregung nichts zu fürchten is. Die Parteisührer der Revolution, die bitteren Feinde eines vernünftigen Fortschrittes, sehen ihre Macht {nell besbränkt, ihrem Ehrgeiz und ihrer Eitelkeit wird es cht mehr gelingen, den totalen Umsturz des Bestehenden herbeizufü renz sie werden ihre beabsichtigte Revolution theuer bezahlen müssca ; fie können niht verlangen, daß die Kosten der Truppenvermehrungen, än denen sie allein Schuld tragen, jemand Anderem als ihnen selbst durch Repartition auferlegt werden. Mit allem Rechte darf man erwarten, daß durch die schnell mobil gemachten Truppenmassen die beabsichtigte Revolution im Keim erstickt ist; das Weitergreifen derselben, ein Aus- bruch des Krieges wird faum mchr zu befürchten sein, wenn anch die gegenwärtige Aufregung, welche die Halbinsel von Jtalien ergriffen hat, eine angestrengte Beaufsichtigung auf lange Zeit verlangt.

Se. Majestät der Kaiser leidet an einem hestigen Anfall der Jufluenza und befindet sich seit drei Tagen zu Bette. Jun dem Ge- sundheits-Zustande Jhrer Majestät der regierenden Kaiserin, der Kai- serin Mutter und der Frau Erzherzogin Sophie is eine wesentliche Besscrung eingetreten,

Se. Kaiserl. Hoheit der Erzherzog Palatin hat heute Wien wieder verlassen.

An die Stelle des bisherigen Divisionairs in Carnero in Gali- zien, Feldmarschall-Lientenant Baron Weßler, der die Division in und bei Olmühß erhalten, is der zum Feldmarschall - Lieutenant crnannte General-Major von Simonich, der eine der hier garnisonirenbven Bri gaden kommandirte, verseßt worden.

Der Leichnam der verstorbenen Herzogin von Cöthen wird heute in dem von ihr bewohut gewesenen Palais des Erzherzo:s Marimi lian auf der Bastei eingesegnet und demnächst nah Cöthen gebracht werden, wo die hohe Verstorbene gewünscht hat, beigeseßt zu werden. Wegen ihres Nachlasses und wer als Universalerbe bestimmt sei, weiß man nichts, sedoh soll in Cöthen ein Testament depouirt liegen.

Entrüstung

Franc du

Deputirten - Kammer. Sißung vom 31. Januar, Herr Carnot, der (wie gestern erwähnt) in dieser Sizung die Fort- seßung der Debatte über den die italienischen Angelegenheiten betref- fenden Adreß=-Paragraphen eröffnete, begann mit der Erklärung, daß die Verlesung der von Herrn Guizot in Bezug auf den vorliegenden Gegenstand mitgetheilten Aktenstücke ihn zu einigen Bemerkungen veranlasse. Er erinnerte an das, was vor der Thronbesteigung Pius 1X, in Jtalien vorgegangen sei, und schilderte sodann die Lage der Halbinsel zu der Zeit, wo, wie er sagte, das Austreten eines

reformirenden Papstes ganz Europa begeistert habe, : „Welche Haltung,“ fuhr der Redner fort, „mußten damals unsere Vertreter annehmen? Sie mußten die französische Politik aufrecht halten, Sie haben nichts davon gethanz sie behandelten sogar diejenigen, welche die vom Papste vorgeschlagenen Reformen annahmen, als uuruhige und händelsüchtige Köpfe. Jch behaupte, daß cs in Jtalien keine politische Par- tei, sondern blos mehr oder minder heiße Temperamente giebt, und daß die einzige dort stattgefundene Veränderung die Wahl eines der Freiheit zuge- thanen Papstes ist.“ Der Redner erging sich nun in weitläufigen Betrach- tungen über den Zustand Jtaliens und sagte dann: „Das Hauptargument der Gegner Jtaliens und des Papstes is die Furcht, immer nur die Furcht, Man schildert ohne Aufhören QDesterreich so, als ob es nur den Augenblick erwarte, über Jtalien herzufallen, Als, Bolk verdienen die Oesterreicher den Haß nicht, den man gegen sie einzuflößen sucht ; sie sind mild und gast- freundlich, in Jtalien aber treten sie angreifend und beunruhigend auf, Die Lage Oesterreichs in Jtalien ist voll Gefahren und es selbst hat diese Ge- fahren hervorgerufen, Man sagt uns, daß die Uebelstände in Jtalien Ge- bietsumänderungen erheischen , die eine Verlezung der Verträge sein würden. Dürfen wir die Italiener tadeln , weil sie solhe Veränderungen erstreben ? Soll die Rücfsicht auf die Verträge in uns den Wunsch unterdrücken, daß die Lombardei unter díe italienishe Herrschaft zurückkehre? Es giebt eine Frage der Nationalität, welche die Verträge von 1815 beherrscht ; eine Frage, bezügli deren Frankreich, gleih Jtalien durch die Verträge von 1815 verstümmelt, sich jeßt gegen Jtalien erhoben hat, welches diese Ver- träge zerreißen will. Oesterreich will mihts von diesen Verträgen wissen, wenn sie ihm hinderlich sind, wie zu Krakau; es beruft sich aber auf ste, nenn sie ihm nüßlich sein können, Jh spreche für Jtalien das Recht an, seine politishen und Verwaltungs - Einrichtungen zu regeln und damit alle ihm nöthig erschcinenden Abänderungen vorzunehmen, ohne dazu der Er- mächtigung irgend einer fremden Macht zu bedürfen.“ Herr d'Hausson- ville erklärte, daß er mit der italienischen Bewegung vollkommen sympa- thisirez er müsse aber einräumen, daß diese Sympathie niht ohne Besorg- uiß sei. Von der einen Seite habe man in dieser Kammer vernommen, daß es Frankreichs Pflicht sei, die Zukunft Jtaliens zu fichern; andererseits habe* Herr Lon St. Aulaire erklärt, daß in Italien ohue die Mitwirkung Oesterreihs nichts Dauerhaftes zu Stande gebracht werden könne. Beide Behauptungen erachte er für gleih weit von der Wahrheit entfernt. Ohne Zweisel vermöge Frankreich viel für die Unabhängigkcit Jtaliens, und Oesterreich könne viel thun, diese Unabhängigkeit zu hemmen z nach feiner Ansicht aber hänge die Zus kunft Italiens vor Allem von den Italienern selbst ab, Freiheit und Ord- nung daheim, dies seien èie ersten Bedingungen, durch welche die Mb schen Völfer ihre Unabhängigkeit wieder erlangen würden. Die S t p wahrhaften Feinde des Fortschritts in Jtalien seien die äußersten A E seien gewisse Unruhestifter, für welche die Reformen blos ein Bor!van®? iva- R 2 N of 1 ) würden sie dicjelben

ren, Wäre es ihnen blos um Reformen zu thun, so würde T abwarten und jenen verständigen Männern nachahmen, welt h u be: riu und Florenz vertrauensvoll auf den ausgetlärten M un Pri Mr ralen Ansichten ihrer Souveraine sich verließen, Die 7 E “U Rie de von er rede, scien keine Anhänger von Reformen, h Milte: a Revolutionen, welche nur darauf sännen, die 0d M Q d ie e vinzen aufzuregen, um zu einem Kriege zu S rin líe N Gefabe A8 nung zu einer Gebietsveränderung führen P due ¿ o le Gefa Y t Sache, welche Frankreihs ganze Sympathie eße, Und man könne den

E ) ; iederholen, daß sie sich hüten möch-

italienischen Patrioten nicht oft genug wiederyo/e it i, D ; rage der Gebiets-Umgestaltung zu berüh-

ten, diese furchtbare und blutige Frage, {chloß der Redner, „sie sind Grund-

Di s 815 bestehen““, j i lat U ropa N en Rechts Wenn Oesterreich kraft derselben die Lom-

i t, so besißt England kraft derselben die Jonischen usen dum d Heft derselben fin Gebiet vergrößert, Oesterreich ivird si unzweifelhaft nicht aus Ztalen austreiben lassen und wird in sei- nen Ansprüchen von allen Großmächten unterstüßt sein, Aber unter dem ‘Einflusse Frankreichs wird Oesterreich die politischen Verbesserungen im Ju- nern der Saaten nicht verweigern können, Wenn die Jtaliener mit Mä- ßigung und Festigkeit zu Werke gehen, werden sie von ihren Souverainen auch harten, regelmäßige Regierungen, Constitutionen erlangen, und Oesterreich

ird wee Sa sein, um sich dem nicht zu widerseßen, P Ier D enehuy kann Frankreichs Schuh Jtalien von großem Nußen sein,“ Herr De8mousseaux de Givré erklärte, er werde nur wenige Worte sprechen, Die Ungbhän-

gigkeit Jtaliens sei vor wie nah den Verträgen von Wien vollkommen an- erkannt gewesen. „Allerdings“, sagte der Redner, „haben wir uns 1815 diesen Verträgen fügen müssen, jet aber müssen wir dieselben nur noch in- nerhalb der Gränzen unserer Jnteressen annehmen.“ Der Redner bringt noch eine Menge Alltagsphrasen ohne alle Bedeutung vor, aber er findet bei der Kammer fein Gehör, uud der Lärm der Privatgespräche bedecst seine Stimme so, daß sie fast unhörbar wird. Endlich verläßt er trie Tribüne, und da man hört, daß Herr Thiers sie besteigen werde, stellt sich die Nuhe wieder her. Die Deputirten, welche in großer Zahl den Saal verlassen hatten, kehren mit ciner gewissen Hast in densclben zurück und nehmen ihre Plätze ein. Herr Thiers beginnt: Auch er komme, um ein Wort über Fealien zu svreben, „Stillschweigen von unserer Seite“, sagt er, „fönnte verhängnißvolle Folgen haben. Wenn Jtalien des Trostes, der Hoffnung bedarf, wendet es scine Blicke zu uns, Das Unglück Ztaliens ist das Unglück Frankreichs, FJialien möge wissen, daß es alle Sympathieen Frankreichs für sich hat. Jtalien muß erfahren, daß wir ihm Freiheit und Wohlfahrt wünsche 2. Bevor ih aber ansauge, von Jtalien zu sprehen, muß ih Jhneñ sagen, daß eine große Stadt 48 Stunden lang bombardirt worden is. Und dies is nicht durch cine auêwärtige Macht geschehen , sondern ber eigenc Souverain hat den Befehl dazu gegeben. Es if ein wahrer Dienst, wel- cher der Menschheit geleistet wird, indem eine Protestation gegen diescn Aft von dieser Tribüne ertönt,“ Der Redner erinnert daran, welche allgemeine Entrüstung in ganz Europa das Bombardemcnt von Kopenhagen durch die Engländer unter Lord Nelson, das Bombardement von Barcelona durch die Armee Espartero’s 1842 erregt habe, und vertheidtgt mit großem Eifer das Necht der Sicilianer zu dem Aufstand, den sie gegen eine unterdrückende Regierung unternommen hätten, Dann kömmt Herr Thiers auf das Verhalten der Oesterreiher. zu Mailand zu spre- chen, auf das Verhalten des Königs von Neapel zu Palermo und auf das der schweizer Tagsaßung. Er zieht dabei Vergleiche zu Gunsten der leßteren, „Wir haben eine Tribüne““, ruft er aus, „vertheidigen wir diejenigen, die keine haben, Es giebt ein Tribunal der öffentlichen Mei- nung, vor welchem Jedermann erscheinen muß.“ Der Redner erinnert daran, wie selbst der Kaiser Nikolaus genöthigt gewesen sei, sich vor Europa we- gen der Verfolgungen katholischer Nonnen in Klöstern Rußlands und Po- lens zu rechtfertigen. Dieser ganze Theil der Rede des Herrn Thiers wird von der Linken mit fortwährendem Beifall begrüßt, da der Nedner sich an die Leidenschaften wendet. Auf die allgemeine Politik, welheFrankreich, Jtalien ge- genüber, zu befolgen habe, zurücffommend, findet er, daß alle politischen, liberalen

religiösen Rücksichten geböten, sür Jtalien sich zu interessiren; das sei die

Politik des alten Negime’s, des Kabinets von Versailles, die Politik Frank- reichs zu allen Zeiten gewesen, Europa sei in zwei große Theile geschie- den, auf der einen Seite die absoluten, auf der anderen die liberalen Ne- gierungen. Jedesmal wenn eine absolute Negierung falle, verliere Frank- reich einen Feind. Weder Jntervention mit offener Gewalt, noch Juter- vention durch das Mittel der Propaganda sei nöthig, Weder (GGewaltthätig- keit, roh Treulosigkeit dürfe man auwenden. Der Redner erinnert an die Einnahme der Bastille, an den Sturz der alten Restauration 1830 und die Einseßung der Juli-Regierung, und spricht mit vieler Emphase von Frank- reichs heiligem Rechte auf die Freiheit, Jn den Ereignissen von Rom, Toscana, Piemont könne man den Geist, den Genius Frankreichs, überall sehen, Der (Geist Montaigne's, Voltaire's sei in Frankreich herrshend. Die Franzosen seien - es gewesen, die zuerst Jtaliens Unabhängigkeit und Freiheit proklamirt hät- ten. Herr Thiers rekapitulirt diese Declamationen, indem er an die neue- sten Ereignisse in Jtalien erinnert. Er wiederholt den hon oft vorgebrach- ten Vorwurf gegen die Regierung, daß sie Frankreichs Einfluß in Jtalien zu Grunde gehen lasse, gesteht gleih darauf aber, daß Frankreich nichts dort schaffen, nichts dort aufhalten könne. Alles sei Werk der Zeit, und diese müsse man respektiren, Herr Thiers erklärt dann, man müsse die Ver- träge beobachten, so lange der Krieg und das Schwert dieselben nicht ver- uichtet hätten: Er mache sich es zum Vorwurf, vorgestern Herrn Guizot unterbrochen zu habenz Herr Guizot habe Recht, man müsse die Verträge beobachten, aber man müsse sie verabsheuen, Der Nedner fragt, wie man das Einrücken der Oesterreicher in Modena und Parma rechtfertigen könne. Der Vertrag von Wien sage in seinem Artikel 6, alle italienishen Staaten seien unabhängig, mit Ausuahme der Lombardei. Doch wie dem sei, die Thatsache sei nun einmal vollbracht, aber das Necht stehe doch wohl noch zu, zu fragen, wann die Oesterreicher diese Staaten wieder verlassen wür- den, Nun kömmt der Redner auf Klagen über das Zerreißen der engli- schen Allianz. Wenn Frankreich und Englaud nicht in Folge der spanischen Heirath mit einander zerfallen wären, wenn sie beide Hand in Hand gingen, könnten die wichtigen politischen Fragen aller Art, die von allen Seiten auftauchten, von ihnen beide zusammen leiht auf friedlihe und zweck- mäßige Weise gelöst werden. So schwer räche sih jeßt jener Mißgriff. Herr Thiers geht nun auf die einzelnen Punkte der Rede des Herrn Guizot von vorgestern ein, mustert sie der Neihe nach, begleitet sie mit Bemerkun- gen sucht Einzelnes zu widerlegen, kömmt endlich auf die von Herrn Gui- zot angeführte Antwort des englischen Kabinets auf die Note Oesterreichs in Betreff seines Entschlusses, kleine Aenderung des Territorial -Status in

JZtalien zuzulassen, und sagt, er wolle den wahren Sinn der Erklärung

Englands herstellen, England habe auf allen Seiten Neform angerathen,

dieselben Rathschläge auf dem wiener Kabinet gegeben und dann erst er-

klärt, daß Oesterreich allerdings in seinem Rechte sei, wenn es den Terri-

torial-Status in Jtalien aufrechthalte und vertheidige, Solcher Art seien

die Erklärungen Englands gewesen, und es sei von Wichtigkeit,

deren wahren Sinn herzustellen, der aus den Worten des Herrn

Guizot nit klar genug sich abnehmen lasse. Nachdem der Redner

geschlossen, bleibt die Siyung einige Zeit unterbrochen, Endlich besteigt

Herr Guizot die Tribüne, um Herrn Thiers zu antworten, Der Minister

sagte in seiner Entgegnung, auch er bedaure von ganzer Seele die Strenge,

die zu Palermo angewendet worden, wenn er sich auch nicht erlaube, bei

dieser Gelegenheit, wie Herr Thiers, von Tyrannen und Zwingherren zu

sprechen, eben weil diese Sprache nicht geeignet sei, Regierungen zur Mä-

ßigung zurückzuführen, Auch er betrachte die Gegenwart österreichischer

Truppen zu Modena und Parma als eine unregelmäßige Sachez aber er

beziehe sih auf eine Depesche des Herrn Thiers von 1831, worin derselbe

ertlärt habe, Beseßungen von Modena und Bologna könnten nicht wie

Belgiens oder Piemonts zum casns belli für Frankreich werden. Herr

Guizot theilte dann eine Depesche an den Grafen Rossi vom 41, Dezember

v. J. mit, woraus hervorgeht, daß er damals dem Papste gerathen, was

dieser seitdem gethan, nämlich Laien in die Regierung zu bringen.

„Herr Thiers“, sagte in dieser Beziehung der Minister, „bat mir die

Worte zum Vorwurf gemacht, die ih vorgestern gesprochen, indem ich sagte:

„Vielleicht wird zu Nom der Priester, der Pontifex, den Souverain ret-

ten.“ Er hat daraus geflossen, ih hätte mich der wichtigsten, der Haupt-

Reform entgegengestellt, welche in den römischen Staaten zu beweikstelligep,

nämlih der Verweltlihnng eines großen Theils der römischen RNe-

gierung selbs, Herr Thiers wird aus der von mir vorgelese-

nen Depesche ersehen, daß er \sich geirrt, und daß unsere Rath-

schläge gerade hauptsächlich auf diese Reform hin gerichtet waren.“

Der Minister - Präsident betheuert, daß die französishe Negierung in

Italien stets im Juteresse des Landes wie Frankreich gehandelt habe, Sie

habe mit aufrichtiger Theilnahme die Sache weiser Reform zu fördern ge-

sucht, aber darauf bedacht sein müssen, thörihte Hoffnungen nicht auffom-

men zu lassen, revolutionairem Treiben entgegenzuarbeiten und Konflikte zu

vermeiden, welche nothwendig zu einem europäischen Kriege geführt haben

würden, Man möge die Verträge von 1815 beklagen, aber man dürfe sie

uicht verabscheuen. Herr Odilon Barrot nahm hierauf das Wort und

griff die Politik des Kabinets mit großer Heftigkeit an.

Die Opposition unterließ es indeß, ein gegen die Regierung ge- richtetes Amendement zu stellen, und der dem Verhalten des Kabi= nets in Betreff Jtaliens zustimmende §. 5 des Adreß - Entmurfs wurde, nah dem Vortrage des Herrn Odilon Barrot, mit großer Mehrheit angenommen.

Paris, 1. Febr. Gestern haben der Prinz und die Prinzessin von Joinville, da seit drei Tagen die Witterung wieder milder ge- worden ist, ihre Reise nah-Algier angetreten.

Jn der Pairs-Kammer verlas gestern der Baron Charles Dupin den ergänzenden Kommissionsberiht über die Arbeiten der Kinder in den Fabriken.

Herr von Bacourt, der neue französishè Gesandte am s\ardini- ¡hen Hofe, hat, der Union monarchique zufolge, von Herrn Guizot

305

den Befehl erhalten, si sogleich nach Turin zu begeben; er hatte den Winter noch in Paris zubringen wollen. Dieselbe Weisung soll an den neuen Gesandten am madrider Hofe, Herrn Piscatory, er- gangen sein, der erst gegen Ende dieses Monats dorthin zu gehen ge- dacht habe.

zx Paris, 1. Febr. Am 28. Dezember wurden die Kammern eröffnet; heute haben wir den ersten Februar, es is also {on mehr als ein Monat verflossen, und wir stehen noch mitten in der Adreß= Debatte. Eist heute beginnt die Deputirten-Kammer die Verhand= lung über den die Schweiz betreffendeu Paragraphen. Es ist vor- auszusehen, daß diese noch länger und lebhafter sein wid, als die über die italienishen Angelegenheiten.

Um 1 Uhr begann heute die öffentlihe Sipung der Deputirten- Kammer, Man bemerkt die Anwesenheit des Herzogs und der Herzogin von Montpensier, so wie der Herzogin von Nemours, auf der Königlichen Tribüne, Auch die anderen Gallerxieen sind zahlreich bescezt, Das Gerücht verbreitet si, daß die Herren Berryer und Thiers den Entschl1ß gegeäußert hätten, im Laufe der Sißung das Wort zu ergreifen, Nach Ver!csung des Protokolls verliest der Präsident den die Schwciz bétreffenden Para- graphen des Adreß-Entwurfs und giebt das Wort Herrn Casimir Perrier, Deputirten des ersten Arrondissements von Paris. Obgleich der Nedner ein nicht sehr starkes Organ hat, so erregt sein Vortrag, der sich durch große Leichtigkeit des Redeflusses auszeichuet, doch große Aufmerksamkeit, da der Redner bekanntlich selbst längere Zeit in der diplomatischen Lauf- bahn gestanden hatte und daher in internaiionalen Fragen mit ei- ner gewissen Autorität spricht. Seine Rede is vorzüglich gegen das Sireben einer Anzahl von Kantonen der Schweiz nah dem Unitaris- mus gerichtet, Er stellt die vom ersten Konsul Bonaparte geäußerten Mei- nungen, so wie die des Herrn Thiers selbs, gegen den absoluten Unitaris- mus der Kammer zur Erwägung vor. Herr Thiers unterbricht ihn mit der Aufforderung, er solle auch die Stellen seiner früheren Neden anführen, wo er sich gegen die absolute Kautonal-Souverainetät ausgesprochen. Herr Thiers fügt bei, die Wahrheit liege zwischen den beiden Extremen in der Mitte, Herr Casimir Perrier, fortsahrend, sagt, was in der Schweiz geschehe, habe durchaus feine Analogie mit dem, was anderwärts geschehe, und ertheilt der Schweiz Rathschläge zur Mäßigung und Umsicht, wie zur Achtung des Rechts Aller, Frankreich dürfe si nit gerade innerhalb der Verträge von 1815 einpferhen, aber es müsse sie achten, so lange sie beständen, Er spriht am Schlusse seiner Nede das Vertrauen aus, daß die Negierung bei Ausübung ihrer Politik nichts bloßstellen, nichts gefährden, aber auch nichts preisgeben werde. Die Nede war die erste größere, welche dieser Deputirte in der Kammer gehalten hat, und er trug einen gewissen Erfolg davon. Jn ganz anderem Toue spricht Herr Malgaigne, gleichfalls Deputirter vou Paris, des Aten Arrondissements. Auch er läßt seine Stimme zum erstenmal in der Kammer vernchmen. Man glaubt aber cher einen salbungsvollen Kanzelredner zu hören, als einen Ret- ner auf der politischen Tribüne, Er erhebt sih mit vieler Wärme zuerst gegen die „hochfahrende, verleßende, herausfordernde Sprache ““, welche das Ministerium der liberalen Schweiz gegenüber angewendet habe, und erin- uert daran, daß es nicht so hochfahrend gesprochen, als es mit den Verei- nigten Staaten zu thun gehabt, Wenn der Anfang dem Redner zu miß- lingen schien, so sucht er \sich jeßt dafür zu entschädigen durch seine starke Stimme, die in der That den ganzen Saal beherrscht, allein unangenehm fällt die Art seines Geberdenspiels, seiner Handbewe- gungen auf. Die zwei neuen Redner der Opposition, welche so bis jept aufgetreten sind, hielten denen der fonservativen Partei, den Herren Devienne und Casimir Perrier, bei weitem nicht vas Gleichgewicht, Die Argumente, welche Herr Malgaigne vorbringt, um seine Vorwürfe gegen das Ministe- rium darauf zu gründen, sind ein getreuer Abklaish aller Artikel, welche der Constitutionnel bis jegt über die Schweiz zu Tage gefördert hat. Ex findet bei der Kammer nur wenig Gehör, und die Linke zollt ihm nur geringen Beifall, Er erzählt die Ereignisse in der Schweiz seit 1830, na- türlich kann er nichts Neues vorbringen, und mehrmals wüd er von der Ungeduld der Kammer unterbrochen z ‘auf allen Seiten kulipfen sich Privat- gespräche an, und endlih brechen sogar Rufe der Ungeduld aus, als der Nedner duarch Verstärkung seiner Stimme seinem Thema einen Reiz zu geben sucht, der ihm durchaus abgeht, Auf der den Pairs vorbehaltenen Tribüne bemerkt man viele Mitglieder dieser Kammer, dar- unter auch den Grafen Molé, welcher übrigens dem Gange der Diskus- sion mit der größten Aufmerksamkeit folgt. Herr Malgaigne fährt fort, ohne sich durch die Unaufmerksamkeit der Einen, die Ungeduld der Anderen abhalten zu lassen. Er findet es natürlich, daß die Verträge, denen Frank- reích sih nun einmal unterzogen habe, vollzogen würden. Aber dies müsse dann überall geschehen. Der Reduer kommt hier auf den schou anfangs gemach- ten Vergleich zurück. Ob man die Schweiz, weil sie {chwach sei, allein zwingen wolle, die Verträge zu beobachten? Ob man ctwa so entschieden gegen dieselbe guftrete nur teshalb, weil sie nur 2 Millionen Einwohner zähle? Er könne nicht glauben, daß man Gerechtigkeit und Billigkeit so gänz- lich hintanseßen werde, Den republikanischen Regierungen allein wolle manZwang auferlegen, während die absoluten mit den Verträgen anfangen könnten, was ihnen beliebt, Die in der Schweiz begründete Ordnung der Dinge, wie die Verträge von 1815 sie festgestellt, sei gegen Frankreich gerichtet. Die Schweiz habe eine Batterie, so zu sagen, für Oesterreich werden sollen, welche errichtet worden, um Frankreich aufzuhalten, die einzig gegen dasselbe ge- richtet sei. So sei die Neutralität der Schweiz 1815 gestellt uud prokla- mirt worden, zu keinem anderen Zweck, Wie könne man also behaupten, Frankreich habe ein Juteresse dabei, daß ein solcher Zustand der Dinge auf- recht erhalten bleibe # Was habe Frankreich 1830 gewollt? „Wir haben““, ruft der Nedner aus, „auf die Propaganda mit den Waffen Verzicht geleistet, aber um der Propaganda der Jdeen freien Lauf lassen, Das wird sicherlich eine der¡ruhmvollsten Seiten in der jeßigen Regierungs-Periode sein. Unter diesem Einfluß wurde Belgien konstituirt, Spanien warf das Joch seiner absoluten Regierung ab, Werden die Schweiz und Jtalien die einzigen Mächte sein, welhe wir von der Gemeinschaft mit unseren Jdeen ausschließen werden? Das kaun ich nicht glauben: dics wäre eben so ungerecht als unpolitisch. Nun bestieg Herr Mähul, ehe- maliger Präfekt zu Lille und Toulouse, die Tribüne, Er sprach zu Gunsten der Politik des Ministeriums, aber auch er wmde nur wenig gehört, und als er geschlossen hatte, entfernte sih eine große Anzahl vou Deputirten aus der Sizung auf die Nachricht, daß weder Herr Berryer, noch Herr von Lainartine, noch Herr Thiers heute das Wort nehmen würden, Auch die Herzogin von Nemours und der Herzog und die Herzogin von Montpensier hatten {on während der Rede des Herrn Mahul den Saal wieder ver- lassen,

Gestern vor Eröffnung der öffentlichen Sißung der Deputirten= Kammer versammelte si dieselbe in ihren Büreaus, uni zur Orga= nisation derselben durch Ernennung der Präsidenten und Secretaire zu schreiten. Man war diesmal um so mehr auf den Ausfall dieser Wahlen gespannt, als die in der konservativen Partei eingetretene Spaltung voraussehen ließ, daß die Opposition ihre Taktik dabin wenden würde, den Mitgliedern der sogenannten progressistishen Frac- tion ihre Stimme zu geben. So geschah es denn auch, und in der That sind uuter den ernannten Secretairen fünf, welche dieser Frac= tion angehören, nämlich die Herren von Contades, von Jouvenel, von Merode, von Latourette und Beckir-Martha. Die neu ernann-= ten Präsidenten dagegen gehören . der eigentlihen alten und dem Ministerium treuen Majorität an.

Großbritanien und Irland.

London, 1. Febr, (Ueber Holland. *) Jhre Majestäten der König und die Königin der Belgier sind heute von Windsor nach der Stadt gekommen und haben sich sogleih nah Dover begeben, um sich dort nah Ostende wieder einzuschiffen.

Heute wurde in der Wohnung Lord John Russell's ein Kabinets- rath gehalten, welhem sämmtlihe in der Stadt anwesende Minister beiwohnten.

*) Unsere Blätter aus London vom Asten sind uns heute nicht zuge- gangen. :

Der Gerichtshof der Queens-Bench hat gestern in der Wahl-An= gelegenheit des Bischofs von Hereford seinen Spruch abgegeben. Der Hof he den Antrag auf Vorladung des Erzbischofs von Canterbury verworfen.

Eine neue Ueberlandpost überbringt Nachrichten aus Bomba vom 1. Januar, die indeß nihts von Juteresse aus Judien mit=- theilen.” Alles war ruhíg; in Ka!kutta wurden die englischen Fallisse- ments, die man bis zum 22, Dezember dort kannte, {wer empfun= den. Lord Hardinge war am 10. Dezember in Kalkutta angekommen nach einer Abwesenheit von zwei Jahren und zwei Monaten von der Hauptstadt, um seinen Racsolger den Lord Dalhousie, abzuwarten. Die Einwohner der Stadt hatten ihm eine Dankadresse votirt.

Dänemark.

Dem Alt, Merk. wird aus Sshleswig vom 2, Februar ge=- schrieben : „Dos gestern hier angelangte Verfassungs-Patent hat ín allen Kreiseit eine tiefe Aufregung brivortGfias man scheint meiftentheils ín dex durch die Königliche Urkunde vom 20sten v, M. angedeuteten, bereits von des hochseligen Königs Majcsiät beabsichtigten „Ordnung der öffentlichen Ver- hältnisse des Staats“ nicht die jeyt verkündete reihsständische oder genauer Verfassung gemeinschaftlicher Stände für das Königreich und die Herzogthümer erwartet zu haben, so wenig wieman im Allgemeinen die bereits gefaßten Hoffuun- gen dadurch verwirklicht sehen zu können glaubt, Die sofort beim at Eindrude vorherrschende Besorgniß scheint vor Allem zu sein, daß die zu Ein ang des Patents voraufgestellte Königliche Absicht des allerhöchsten eseßgebers, durch die beabsichtigte Verfassung die Au-rechthaltung der Selbstständigkeit der Herzogthümer zu sichern, bei der praktischen Durchführung troy des be- sten Willens {wer zu erreichen sei, dergestalt, daß die mit dankenswerther Volks freundlichkeit ertheilten lieberalen Attribute der neuen „gemeinschaft- lichen Stände“, bei der Auflegung von Steuern, bei der Finanz - Verwal- tung und bei der Geseßgebung über gemeinschaftliche angelegen ten eine beschließende Mitwirkung auszuüben, in konkreten Fällen sogar den entgegengeseßten Einfluß erlangen fönnen, indem überall, tvo die die Herzogthümer betreffende Ansicht in der Minorität sich befinden sollte, die Sache in die Lage gerathen werde, daß und zwar dann durch ver- fassung8mäßigen Majoritätsbeschluß das Königreich den Herzogthü- * mein Steuern und Geseye diktire. Möge die Verfassung in ihren, noch erst zu erwartenden näheren Bestimmungen diese Befürchtungen besei- tigen und den hohen Plan Seiner Majestät zu demjenigen Hie führen, welhes der Königlichen Absicht gemäß auf gleiche eise die Aufrechthaltung der Selbstständigkeit der bei der Verfassung betheiligten Lande, als die der Einzelrechte der Bewohner sichere!! Möge auch zu die- sem Behuf eine offene Besprechung der hochwichtigen Angelegenheit durch den Mund besonnener Patrioten vergönnt sein, deren Ansicht zu vernehmen, wie dies die Berufung erfahrener Männer beweist, ohne Zweifel unseres volksfreundlichen Königs Wunsch ist !“

S weiz. Kauton Zug. Die Occupation dieses Kantons is nun zu

Ende. Am 31. Januar haben die eidgenössischen Repräsentanten und Truppen denselben verlassen.

Kanton Aargau. Aus einer amtlichen Zusammenstellung geht hervor, daß in dem leßten Feldzuge der Kanton Aargau 11,826 Maun unter den Waffen hatte, und zwar, 5520 vom Bundes-Aus= zuge, 4180 Mann von der ersten und 2126 von der zweiten Land= wehr.

Kanton Wallis, (Frkf. Bl.) Am 28. Januar sind die eidgenössischen Repräsentanten in Wallis, Dr. Emil Frei und Staats=- rath Frauscini, nach Bern abgereist, um mit den Bundes - Behörden über die Reduction der Truppen zu unterhandeln und, wie vermuthet wird, so viel wie mögli die baldige Beendigung ihrer Mission zu betreiben. Seit der Staat reorganisirt ist, wird es den Herren Re= präsentanten hier langweilig, da sie uiht viel mehr zu thun haben, als auf Eintreibung der Strafgelder hinzuwirken und ihre Taggelder zu verzehren.

Das Kuratorium des hiesigen Diakouissen-Hauses Bethanien hat es gleih nah seinem Zusammentritt für seine Pflicht erachtet, Ermit-= telungen darüber anzustellen, welche Bewandniß es mit den Beschul- digungen hat, durch welche man in Artifeln auswärtiger Zeitungen die Verwaltung des Diakonissen-Krankenhauses zu verdächtigen gesucht hat. Da diese Beschuldigungen die angeblih bemerkten nnd gerüg=

. ten Thatsachen der Zeit noch nicht näher bezeichnen und es überdies,

zumal wenn die Personen, welche solhe Bemerkungen gemacht haben wollen, sich niht nennen, niht wohl ausführbar ist, z. B. das festzu- stellen, ob einmal vor einiger Zeit die Luft im Hause nicht rein ge- wesen ist, so haben die Ermittelungen für die speziellen Angaben zwar zu keinem ganz klaren Resultate führen können, aber doch wenigstens das ergeben, daß feine irgendwie erheblichen Uebelstände der bezeid)- neten Art vorgekommen sind. Jm Gegentheil haben sie uns zu un- serer großen Befriedigung die Ueberzeugung gewährt, daß den Beam- ten der Anstalt mit voller Zuversicht das besondere Vertrauen zuge- wandt werden fann, welches sie ín ihre Stellen berufen hat. Wir meinen, es kann Niemand, der die Anstalt sieht, sie verlassen ohne dankbare Anerkennung der christlichen Liebe, die in Selbsiaulnfenne und Treue ihrem Herrn in den armen Kranken dient. Uebrigens steht ja das Krankenhaus den Besuchenden in den bekannt gemachten Zeiten offen und jeder hat daher Gelegenheit, sich davon zu über= zeugen, welcher Art die Fürsorge is, die dort geübt wird. Das öffentlihe Vertrauen fehlt ihr nicht, Es werden fortwährend von Wohlhabenden und Armen mehr Kranke angemeldet, als aufgenom- men werden können. :

Würde von irgend Jemandem eine Bemerkung gemacht, die eine Verbesserung in Anregung bringen könnte, wie dies ja leiht der all sein kann, so werden wir für ihre Mittheilung von Herzen dankbar sein. Es ist das ein Recht und selbs eine Pflicht christlicher Theilnahme, solhe Mittheilungen uns zugehen zu lassen. Durch anonyme, wenn auh öffentlih bekannt gemahte Verdächtigungen werden wir uns aber ín keiner Art in der Zuversicht stören laffen, mit der wir der bisher bewährten und jeßt von uns kontrolirten forgsamen Treue der Beamteu vertrauen dürfen.

Berlin, den 5. Februar 1848.

Kuratorium der Diakonissen-An stalt Bethanien.

Bekanntmachung. An milden Gaben für die Nothleidenden in Ober - Schlesien sind ferner bei uns eingegangen und an die Haupt =Seehandlungs= Kasse eingezahlt :

Aus der Sammlung des Konsistorial - Präsidenten von Uechtriß.

226) Frau Wittwe C. Z. aus Thüringen 2 Rthlr. 227) F, v. B. 1 Rthlr. 228) T. L. 1 Rthlr, 229) Herr v. Uechtriß, Hauptmaun und Adjutant Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Adalbert, 5 Os 230) Herr Landtags - Marschall Fürst zu Solms Hohen Solms Lich 20 Nthlr, 231) v. W. in 2 Frd'or. 11 Rthlr. 10 Sgr. 232) W. v. S. 1 Rthlr. 233) B, 1 Rthlr, 234) Bl. und dessen Tochter 2 Rthlr. 235) Ungenannt 2 Rthlr. 236) F. v. St., geb. v. S. 10 Rthlr, 237) Herr Geh. Staats =- Minister Dr. Eichhorn in 2 örd’or, 14 Rthlx, 10 Sgr, 238) E, G. 15 Sgr.