1848 / 40 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

die beiden {wersten Verbrechen gerechtfertigt erscheine, und daß ih mich nicht überzeugen es die Todesstrafe nicht durch eine an=- dere Strafart zu erseßen sein sollte, daß ih dennoch aber sehr wohl anerkenne, wie der exeptionelle Zustand des Kriegs, von dem es sich in den gegenwärtigen Paragraphen handelt, eine Ausnahme von der Regel gebieten kann.

_ Abgeordn. von Auecrowald: Jch habe den Referenten schon

bei dem ersten Vortrage \o verstanden, daß er in Ergänzung des Abtheilungs-Gutachtens darauf angetragen hat, statt 10jähriger bis lebenêwieriger Zuchthausstrafe Strafarbeit und Festungshaft mit fa= fultativer Aberkennung der Ehrenrehte zu bestimmen. Jch hoffe, daß dieser Antrag zur Abstimmung kommen wird. Jch habe aber um das Wort gebeten, um mich in Betreff der Todesstrafe zu äu- ßeru. Jh schließe mich im Allgemeinen in dieser Beziehung an das an, was der geehrte Marschall der Provinz Brandenburg gesagt hat ; ich ee daß in diesem Falle die, wenn man sie so nennen will, geshärste Todesstrafe niht ganz gerechtfertigt ist, Wir müssen einen Unterschied machen, und da glaube ich, daß dieser Unterschied sich rehtfertigt, wie ihn der Entwurf gemacht hat, daß nämlich No. 1 im §. 80 und vorsäßlicher Mord an Verwandten in aussteigender Linie allein in der angedeuteten Art unterschieden werden müssen. JIch muß im vorliegenden Fall gegen den Zusaß der fakultativen Ab=- erfennung der Ehrenrechte bei der Todesstrafe stimmen, dagegen aus den von dem Herrn Minister der Geseßgebung entwickelten Grün- 8 8 diesen Zusaß mich erklären bei der zu erkennenden Straf= rbeit. __ Marschall: Wir können nun zur Abstimmung kommen. Es sind zwei Fragen zu stellen, eine in Beziehung auf die fakultative Aberkennung der Ehrenrehte bei der Todesstrafe und die zweite auf die beantragte Verwandlung der Zuchthausstrafe in lebenswierige Festungshaft oder Strafarbeit , verbunden mit fakultativer Aberken=- nung der Ehrenrechte. Die erste Frage heißt: soll beantragt wer= den, daß, wenn im Falle des §. 87 auf die Todesstrafe erkannt wird, auch auf Verlust der Ehrenrehte erkannt werden könne? Diejeni- en, welche die Frage bejahen, würden es durch Aufstchen zu er- ennen baf Ih bitte, einen Augenblick stehen zu bleiben. Es Le elhaft, Die Herren Secretaire werden die Zählung vor= nehmen.

Das Resultat der Abstimmung i} folgendes: mit Ja haben ge= stimmt 53, mit Nein 43. 8. F018 aat E Éd Abgeordn. Graf Renard: Jch erlaube mir, um das Wort zu

itten.

Marschall: Wir sind jeßt noch bei der Abstimmung, es kommt nochch eine Frage. i

_ Abgeordn. Graf Renard: Jch bitte ums Wort bei Gelegen-

heit der Abstimmung. Durch unsere vorhergehenden Beschlüsse sind wir nun auf einen Standpunkt gelangt, wo die Abstimmung durch- aus fein deutliches Bild von dem Wunsche und der Ueberzeugung der Versammlung giebt. Jch habe mich fruchtlos bemüht, bei meiner Abstimmung konsequent zu bleiben, ih fann aber der Konsequenz nicht mehr folgen, und ih glaube, es geht mehreren meinen geehrten Herren Kollegen eben so. :

Marschall: Die nächste Frage heißt :

Soll beantragt werden, statt der Zuchthausstrafe 10jährige bis lebenswierige Festungshaft oder Strafarbeit mit fakultativer Aber- fennnng der Ehrenrechte eintreten zu lassen?

Diejenigen, die diese Frage bejahen, würden das durch Aufstehen

zu erkennen geben.

(Die Majorität spricht sih dafür aus.)

Wir kommen nun zu §. 88.

Referent Vaumann (liest vor) :

„S. 88.

Preußische Unterthanen, welhe während eines gegen den preu= ßishen Staat ausgebrochenen Krieges im fremden Heere Dienste neh- men und die Waffen gegen den König oder dessen Bundesgenossen tragen, sind als Landesverräther mit dem Tode zu bestrafen.

Gegen preußische Unterthanen, welche schon früher in fremden Kriegsdiensten standen , soll, wenn sie nah Ausbruch des Krieges in denselben verbleiben und die Waffen gegen den König oder dessen Bundesgenossen tragen, zehnjährige bis lebenêwierige Zuchthausstrafe erkannt werden,“

1ZU §, 88.

Die in diesem Paragraphen gewählten Bezeichnungen und Aus- drüce geben zu einer doppelten Erinnerung Anlaß. Einmal is ge- gen den Ausdruck „im fremden Heere“ zu erianern, daß er den Sinn, welcher damit bezeihnet werden soll, nicht rihtig ausdrückt, da nur cin „seindlihes Heer“ gemeint sein kann. Außerdem aber is zu er- innern, daß es nicht angemessen gefunden werden kann, wenn im Ge- seße überhaupt und selbst in einzelnen Paragraphen für dieselben Ver- hältnisse verschiedene Bezeichnungen gewählt werden. Jm vorliegen- den Paragraphen wird ein ausgebrochener Krieg gegen den „preu- ßischen Staat“ vorausgeseßt, während gleich darauf vom Tragen der Waffen „gegen den König“ die Rede f, Da beide Ausdrücke hier identisch sein sollen, so is es zweckmäßig, auch ein und denselben Aus- druck beizubehalten, und da der Landesverrath niemals gegen die Per- son des Königs insbesondere, wie der Hochverrath (§. 80 Nr. 1) sondern nur immer gegen den Staat begangen werden kaun, es auch nicht dem Sprachgebrguhe gemäß wäre, einen Krieg gegen den preu= bischen Staat als Kricg gegen den König zu bezeichnen, so hat die eeeR sich mit 12 Stimmen gegen 1 dafür erklärt, vorzu-

agen :

uO a Las U Ertng t Wortes „Fremden“ in „feindli-

en‘’ gu beantragt werde, statt: „gegen den König“ zu i

«gegen den Meup Fen wut ag N j g König zu segen :

Außerdem würde es in der Konsequenz liegen, auch hier di Zuhthausstrafe uicht als die spezifische Strafe selle Maid is Strafart : Strafarbeit und Festungshaft eintreten zu lassen und, nach Er der einzelnen Fälle, mit oder ohne Entziehung der bürger= lichen Ehre. :

# Abgeordu. Graf von Hompesch- Rurig: Jh muß mich theil- weise gegen diesen Paragraphen erklären. Daß ein preußischer Un- terthan, dei nach ausgebrohenem Kriege muthwillig in feindliche Dienste tritt und gegen König und Staat die Waffen trägt, den Tod verdient, damit bin ich ganz einverstandenz ih glaube aber, daß die- ses mehr ‘in den Militair-Kodex gehört, als in ein Civil-Strafgeseß- bu. Dieser Mann is Militair und fällt unter die militairische Dis- ziplin. Wird er mit den Waffen in der Hand gefangen, so finde ih es der Ordnung der ege gemäß, daß er vor ein Kriegsgericht ge- stellt und mit dem Tode bestraft wird; nimmt er aber an einer Ca- pitulation Theil, in welcher sein Leben und seine Freiheit gesichert ist, ob daun dieser Mann nachher noch strafbar ist, das kann ih nicht bestimmen. Was das Wort ¡„Bundesgenossen““ betrifft, so. muß ih mih für die Streihung desselben erklären. Dieses Wort is sehr elastish, z. B. Preußen i im Krieg und mit Rußland allürt, ein preußischer Unterthan geht zu Chamille und trägt unter ihm die Waf- fen vpisde Rußland, oder Preußen i mit der Türkei alliirt und ein

preußischer Unterthan geht nah Griechenland und vertheidigt dort die Unabhängigkeit dieses Staats : up diese Landesverräther? Wir

hdben fernêr in der unglüdcklichen Kriegsperiode gesehen, daß preußi- \che Unterthanen ünter der französischen Armee L M0 Ra

320

land. gekämpft haben: sind diese Landesverräther gewesen? Nein, sie waren gewiß Alle ete Patrioten. Ferner muß ih auf die gänzliche Streichung des zweiten Alinea im Paragraphen antragen. Jedermann weiß, daß in unserem Vaterlande sehr viel gefordert wird, daß z. B. die Civil- und Militair-Examing sehr weitläusige Studien erfordern ; Jemand, der in einem Examen durhfällt, dessen Existenz ‘im Vater- land ist verloren, er sucht seinen Unterhalt in einem fremden Staate, er wird angestellt und dient mit Ehren; ein Krieg bricht aus, und es muß nun dieser Mann das neue Vaterland, seine Anstellung und Existenz aufgeben, muß die Fahne, der er den Eid der Treue geleistet hat, verlassen und in das Vaterland zurückkehren, und was wird das Vaterland ihm zum Ersaße bieten, wird das Vaterland für seine Exi- stenz sorgen, wird es ihm eine Anstellung geben? Jh glaube nicht; also was bleibt ihm übrig? Verläßt er die Fahne, so wird er als feig von seinen Kameraden betrachtet, er scheint si zu fürchten vor dem Kriege; kehrt er zurück, so wird er in nihts verwandelt. Jch trage also auf Streichung des zweiten Alinea an.

Regierungs-Kommissar Bischoff: Jch erlaube mir hierauf Eini- es zu erwiedern. Zunächst is erwähnt worden, es würde diese

estimmung nicht in das Allgemeine Strafgeseßbbuch, sondern in das Militair -Strafgeses gehören, Indessen wird sih diese eigentlich mehr systematishe Bemerkung erledigen, wenn man erwägt, daß das Militair - Strafgeseßbuh sich nur auf Militairpersonen bezieht, hier aber is nicht von preußischen Militgirpersonen die Rede, sondern von preußishen Unterthanen im Allgemeinenz also gehört, wenn man eine solche Bestimmung überhaupt aufnehmen will, dieselbe hierher und niht in das Militair-Strafrecht.

Ferner is erwähnt worden, daß die betreffende Bestimmung nicht angemessen sein würde in dem Falle, wenn eine Capitulation geschlos= sen wäre. Allein wenn eine Capitulation in dem Sinne geschlossen worden is, wie von dem geehrten Redner angeführt wurde, wenn also Straflosigkeit garantirt worden is, alsdann kann dieses oder eín anderes Strafgeseß überhaupt nicht zur Anwendung kommen. Denn die Capitulation is eine spezielle vertragsmäßige Abänderung des all- gemeinen Strafgeseßes, und nach allgemeinen Rehtsgrundsäßen ließt ein solches spezielles Uebereinkommen die Anwendung des allgemeinen Gesetzes aus. Ferner sind die Uebelstände erwähnt worden, zu wel- chen die Bestimmung Veranlassung geben könnte, namentlich in dem Falle, wo die Waffen gegen einen Bundesgenossen des Königs ge- tragen würden; es ist hingewiesen auf einen Fall, der in diesem Augenblicke sih ereignen kann, wo Rußland im Kriege mit den kau- fasishen Völkerschaften begriffen is. Allein au diese Erinnerung ist nicht zutreffend, denn im §. 88 is im Eingange ausdrüdklih als Be= dingung des Verbrechens aufgestellt, daß das Verbrechen während eines gegen den preußishen Staat ausgebrochenen Krieges geschehen sein müsse, es ist also, wie hier überhaupt nur von Landesverrath in Kriegszeiten die Rede ist, ausdrücklich vorausgeseßt, daß Preußen mit ciner anderen Macht allürt ist und nun während des Krieges die Waffen gegen den König oder seine Verbündeten getragen werden. Ferner sind exceptionelle Verhältnisse erwähnt worden, man hat daran erinnert, daß preußische Unterthanen nah Spanien und Portugal ge- gangen seien und dort die Waffen gegen die Franzosen getragen hätten, welche Leßteren damals die Alliirten von Preußen gewesen seien. Allein exceptionelle Verhältnisse werden immer bestehen, und diese kann man bei Abfassung eines Strafgeseßbuches nicht ins Auge fassen, indem leßteres nur den gewöhnlichen Zustand der Dinge be- rücksichtigen kann. Für exceptionelle Verhältnisse kann immer nur durch exceptionelle Maßregeln, namentlih dur die Allerhöchste Gnade, Abhülfe gewährt werden. Endlich und hauptsächlich aber ist vom ge- ehrten Redner darauf angetragen worden, das zweite Alinea des §. 88 fortfallen zu lassen, weil diese Bestimmung zu großer Härte Veran- lassung geben könne, wenn man erwäge, daß ein preußischer Unter- than bei der Schwierigkeit, in den gegenwärtigen Verhältnissen hier eine passende Anstellung im Militair zu finden, nah einem anderen Staate gegangen sei, dort sich zum Offizier habilitirt habe und nun, nachdem dieser Staat mit Preußen in einen Krieg verwickelt worden, die Waffen gegen Preußen tragen müsse. Indessen glaube ih nicht, daß dieje Bemerkung von entscheidendem Einfluß is. Dem Unter- than, welher Preußen verläßt, in einen anderen Staat geht und dort in Dienst tritt, is durch unsere staatsrechtliche Gesebgebung bestimmt und deutlih der Weg vorgezeihnet worden, welchen er einzushlagen hat, um sich der Gefahr dieses Paragraphen niht auszuseßen. Im Geseße vom 31. Dezember 1842 über die Erwerbung und den Ver- lust der Eigenschaft als preußischer Unterthan sind ausdrücklih die Mittel und Wege bezeichnet, wie in einem solhen Falle die Erlaub- niß des Staates und der Emigrations - Konsens nachgesucht werden muß. Wer das nicht thut, wer nah wie vor preußischer Unterthan bleiben will und auf die aus diesem Verhältniß entspringenden Rechte Anspruch macht, muß sich andererseits den Pflichten unterwerfen, welche jeder Staat mit Recht von seinen Bürgern fordert. Er ift, so lange er preußischer Unterthan bleibt, gehalten, dem nachzukommen, was er seinem Lande schuldig ist.

Korreferent Frhr. von Mylius: Es ist auf das Geseß vom 31, Dezember 1842 Bezug genommen worden, und dieses Geseß ist allerdings dasjenige, welches auch bereits in der Abtheilung zur Er- wägung gebracht is, Es is gesagt, daß, wer die Bedingungen des Gejsebes vollständig erfüllt hat, aus dem Unterthanen-Verbande aus= getreten is, also das zweite Alinea in keiner Weise auf ihn Anwen- dung finde. Diese Rücksicht hat auch die Abtheilung bestimmt, feinen Antrag auf Streichung des Alinea zu stellen, obwohl es allerbiugs, aus dem von dem ersten Redner entwickelten Grunde, auch, abgesehen von den Beschränkungen durch das Gese vom 31. Dezember 1842, ein solcher Antrag vollständig gerechtfertigt wäre. Steht aber fest, daß auf alle im geseßlichen Wege aus dem preußischen Unterthanen-= Verbande Ausgeschiedenen die Bestimmung des Alinea nicht zur An= wendung kommen solle, so wide dies mit noch größerer Bestimmtheit auszusprechen sein. / .

Dann i} noch zu erwägen, daß füglich preußishe Unterthanen in derartige Kriegsdienste vor dem Erscheinen des Geseßes von 1842 eingetreten seien, und auf diese würde möglicherweise dieses Alinea des Paragraphen in Anwendung gebraht werden, wenn nicht eine ausdrückliche Bestimmung eingeschaltet wird, wodurch diese Anwendung auch für diese Fälle ausgeschlossen wird. Jch stelle anheim, ob diese Bemertung seitens des Gouvernements als cine Fassungsbemerkung in Erwägung gezogen werden wolle. ;

,_ Candtags-Rommissar: Jch glaube nit, daß es nöthig sein wird, diese vorgeschlagene Ausnahme zu stellen, weil das Geseß von 1841 in dieser Beziehuug nichts Neues vorschreibt, soudern das Ge-= seß über die Auswanderungen vom Jahre 1818 den Weg eben so deutli vorzeichnet, den derjenige, welher aufhören will, preußischer Unterthan zu feln: einschlagen muß. Es wird nah unseren älteren und neueren Geseyßen Niemanden , der die Militairpfliht erfüllt hat, der Auswanderungs-Konsens verweigert. Wer also in fremde Dienste getreten ‘ist und nicht preußischer Unterthan bleiben will, der kann sein Unterthanen - Verhältniß ohne Schwierigkeit auflösen. Js er aber mit dem Bewußtsein, preußischer Unterthan zu bleiben, in fremde Dienste Endes so ae er auch nit die Waffen gegen sein Vaterland führen; thut er es denno, so a er auch daft büßen.

Einer unserer Nachbarstaaten fordert die Rückehr seiner in fremden Diensten stehenden Unterthanen im Falle des Krieges bei Lebens-

strafe, und dort gilt ‘niht das Recht der Auswanderu é zose hört nicht auf, Franzose zu sein, er darf daher "boi Seite nie die Waffen gegen Frankreich tragen. Diesem viel strengeren Be M pagnie trifft den Gesehes =- Vorschlag kein Vorwurf der

Korreferent Frhr. von Mylius: Mein Bedenken i ; Erklärung des Herrn Landtags - Kommissars insofern ge is daraus die Gewißheit entnehme, daß die Strafbestimmung niemals zur Anwendung kommen wird, wenn der Auswanderungs-Konsens er- En is.

Tarschall: Es ist vorher zu ermitteln, ob der V Abgeordneten Grafen von Hompesch auf Streichung L ma tos nea dic Unterstüßung von aht Mitgliedern findet.

(Es erheben sich mehrere Mitglieder.)

Er wird eventuell zur Fragestellung kommen.

Abgeordn. von Arnim: Jh will mi zunächst gegen den Vor- lag der geehrten Abtheilung aussprechen, die Worte: „gegen den König“ zu streihen. Jh finde auch, wie die Abtheilung angeführt hat, in der verschiedenen Bezeichnung, die in diesem Paragraphen auf= genommen is, nichts Unangemessenes. Nämlich es ist allerdings sehr zulässig, daß das Ausland Krieg gegen den preußishen Staat führt, ganz anders gestaltet es sich aber in Beziehung auf den Unterthanen, der seinem Könige, seinem Landesherrn, den Eid der Treue geleistet hat. Meine Herren! als am 3, Februar 1813 gestern jind es 35 Jahre gewesen der König scin Volk zu den Waffen rief, da war unser Wahlspruch: „Mit Gott für König und Vaterland!“ denn beides i} hoffeutlih für immer bei uns eng verbunden, des=- halb besißen wir auch in unserem Könige einen Landesvater; mit diesem Wahlspruhe haben wir einen mächtigen und muthigen Feind aus dem Vaterlande getrieben und das Vaterland befreit. Auch jet ziert die Nation noch dieser edle Wahlspruch, er ist tief in die Ge- sinnung der Nation eingedrungen, und ih hoffe, daß er sih von Generation zu Generation hinübertragen werde bis in die späteste Zeit. Wenn es aber hiernach für den preußischen Unterthan die erste Pflicht ist, für seinen König zu kämpfen, für seinen König die Waffen zu führen, so ist der auch ein Landesverräther, der die Waffen gegen seinen König, gegen seinen Landesherrn führen könnte, und wünsche ih daher, daß der Paragraph, so wie er vorgeschlagen worden ift, oom Gouvernement mit Ausnahme der in Konsequenz der früheren Beschlüsse nöthigen Abänderungen angenommen werde.

Abgeordn. von Saucken - Tarputschen: Es wird mir }chwer, das auszusprechen, was ich wollte, weil ih nur allzuleiht mißver= standen werden könnte. Es ist von mehreren Seiten hier gesagt worden, der Landesverrath , wie ihn der vorliegende Paragraph be- zeichnet, sei allemal ehrenrührig, und ih theile ganz gewiß im All gemeinen diese Meinung; aber, meine Herren! wir müssen auch be- denken, daß ganz besondere Verhältnisse eintreten können, die eine ganz andere Ansicht geben, als dieser Paragraph von der Sache und von dem, was er als Verbrechen bezeichnet. Der Regierungs-=Kom= missar hat nur den Fall von Spanien und Portugal dem Abgeord- neten vom Rheine entgegengestellt , er hat aber vergessen, den Krieg von 1812 ins Auge zu fassen, Meine Herren, was gewesen ist, fann wiederfehren, dies wird Niemand bestreiten, und die ehrenvoll= sten Mäaner, viele noch heute in unserer Armee, haben damals nicht blos gegen die Bundesgenossen des preußischen Staates, sondern sogar gegen die preußischen Truppen selbs gefochten. Jch stehe nicht an, es auszusprechen, ih selbst würde diesem Paragraphen verfallen, wenn er nach seiner Strenge Anwendung gefunden hätte. Gehorsam dem Befehl des Königs hatten wir willig und freudig für die Ehre der preußischen Waffen gekämpft, an der preußischen Gränze an- gekommen, erfannten wir es aber für eine Pflicht, gegen König und Vaterland nicht länger unsere Waffen dem französischen Jnteresse zu leihen, und bevor wir die Gränze überschritten, wurde unter Einzelnen eine Verabredung getroffen. Jh mußte leider noch auf preußischem Boden einen Angriff auf russishe Truppen mahen 2 Bataillone und 1 Kanone wurde genommen, aber mein leßter Kamerad der Esfadron fiel, und allein stand ih nun da, und trat mit dem russi- chen General in Unterhandlung und fragte an: „was Rußland thun würde, wenn wir jeßt im Juteresse Preußens mit Rußland gegen Frankreich zu kämpfen uns entschlössen ?“ Jch hätte{nach einer befriedi- genden Erklärung, die mir wurde, es auch einzeln ausgeführt , wenn nicht mein edler Feldherr sich an die Spitze gestellt und nah meinem Antrage den entfernten Truppen und unter Vorwissen ihrer Offiziere jene befannte Capitulation abgeschlossen hätte. Was war aber jene Capitulation anders nah dem Wortbegriffe dieses Paragraphen, als Landesverrath? Aber wir setzten zwar das Leben, doch nicht die Ehre ein. Wer erkennt es hier wohl anders? Deshalb möchte ih auch bei diesem Paragraphen mehr Schonung und mildere Strafen anempfeh- len, Liegt es glei in des Königs Willen, ihn nicht in seiner Hücte anzuwenden, so können wir doh auch dem Richter einen geseßlichen weiteren Spielraum lassen. Nun wende ih mich zu dem Amendement des Abgeordneten aus der Rheinprovinz. Jh trete nit bei, den ganzen zweiten Passus zu streichen, aber ih will, daß die „Bundes= genosseu‘’ daraus gestrihen werden, denn es steht ein so weites Feld hier offen, daß ih glaube, wir können ohne Gefahr des preußischen Staates es thun, und für manche Unterthanen viele Verlegenheiten dadurch vermeiden. |

Abgeordn. Camphausen : Der Herr Landtags-Kommissar hatte sich über den Punkt wegen der Bundesgenossen gar nicht Tat der Herr Ministerial-Kommissar hat gemeint, daß etwaige Verlegen= heiten dur exceptionelle Maßregeln zu beseitigen sein würden. (s ist dies au meine Ansicht, und ih bin der Meinung, daß man des- halb nichts in das Geseß aufnehme und exceptionelle Maßregeln im Sinne des Entwurfes, wenn nöthig, anordne. Es is sprachlich nicht richtig, daß man einen Landesverrath begehe, wenn man gegen eine! fremden Staat die Waffen führt. Jch halte es aber auch nicht politisch, die Bestimmung in das Strasgeseßbuch zu bringen- weil viele Fälle eintreten können , und es ist bereits einer angeführt wor den, wo die Regierung selbs wünschen muß, daß eine jolhe geleß= liche Strafbestimmung nicht vorhanden sei. Jch stimme ua g ein fern dem Antrage, der von dem geehrten Mitgliede aus un 2 f aas provinz gestellt worden is, bei, als ih mi für Streichung des Wortes „Bundesgenossen““ erkläre. 4 L E G

Abgeordn, Freiherr von Gaffron: Dasjentg€- Li N tragen habe, bezieht sih auf die Acußerung DGP S bi Os aus Brandenburg, nämlich auf den Vorschlag, D „die Ver- bündeten des Königs“ zu sagen: „die Verbündeten des preußischen Staates“. Jch habe ebenfalls unter diejenigen gehört, die in Ae Abtheilung für diese Veränderung gestimmt Pen und zwar lediglich wegen der Fassung, weil im Anfange der §§. 8 und 87 bei Landes= verrath immer von Handlungen gegen den preußischen Staat die Rede is, Nach meinen Begriffen ist der König und der Staat eins, wenn ich dies auch nicht im Sinne des XIV. Ludwigs verstehen will. Auch i} von der Abthcilung im folgenden §. 89, wo mehrmals von den Verbündeten des la und seinen Truppen die Rede is, dieser Ausdruck nicht im Mindesten bemängelt worden. Es bedarf wohl feiner Versicherung, daß eine andere Tendenz weder von mir noch von einem anderen Mitgliede der Abtheilung hier nicht obgewaltet hat. Wenn sich nun die ganze Sache nur auf den Vorschlag hin- sichtlich der Fassung bezieht, wenn an einer anderen Stelle von den

Truppen und Verbündeten des Königs mehrfah die Rede is, wenn es der König unzweifelhaft ist, der Krieg und Frieden beschließt, und wenn diese Äbänderung nur im Mindesten die Deutung erleiden sollte, als werde eine Trennung der Begriffe König und Staat hier beab- sichtigt, so würde ih keinen Anstand nehmen, für die Fassung des Entwurfs zu stimmen, weil ih das Ganze nur für eine Fassungssache und also für unerheblich halte. L A

Abgeordn, von Weiher : Der Ausdruck „Bundesgenossen“ scheint mir nit undeutlich in der Fassung zu sein, da die Nachbarstaaten, die ihren Beistand uns leihen, eben so angesehen werden müssen, wie die vaterländischen Truppen. Die Folgerungen, die daraus gezogen worden sind, cheinen mir mehr die Staaten zu bezeichnen, mit denen wir in freundlichen Verhältnissen stehen, Aber von diejen ist hier niht die Rede, und wenn das Beispiel von Rußland angeführt wurde, so is darauf zu erwidern, daß es jeßt nicht unser Bundesgenosse, sondern nur ein befreundeter Staat ist. Nur macht mich das zweite Alinea bedenklich, und ih bin dnr die Erklärung des Herrn Ministers noch nit beruhigt. Es ist nämlich gesagt worden, es stehe jedem Unterthanen frei, si seiner Unterthanenpflicht durch Nachsuchung um die Emigrations-Erlaubniß zu entziehen; wenn nun aber derselbe in den preußischen Staaten ansässig ist und seinen Besiß nicht zugleich aufgeben fann, dann wird die Unterthanenpfliht noch fortbestehen bleiben. Jh kann mir denken, daß ein preußischer Unterthan Ver- anlassung erhält, plötzlich in fremde Kriegsdienste zu treten, und nur auf bestimmte Zeit dort angenommen wird; dann kann doch nicht die Absicht sein, einen solhen Preußen zum Treubruch zu veranlassen, denn es würde ihm nichts übrig bleiben, wenn er nicht gegen das Gesetz fehlen will, als zu ‘desertiren.

Candtags-Rommissar: Jh glaube zurückkommen zu müssen auf die von einem geehrten Mitgliede aufgestellte Behauptung, daß das Geseß auh gegen Jemand angewendet werden könne, der gegen cine mit Preußen alliirte Macht fehte, ohne daß Preußen an dem Kriege betheiligt sei.

Meines Erachtens unterliegt es keinem Zweifel, daß der Para- graph diesen Fall niht begreift; er seßt vielmehr voraus, daß Preußen im Kriegszustande sich befinde, er seßt voraus, daß ein Preuße im Heere derjenigen Mächte diene, mit denen Preußen augenblicklich im Kriege begriffen is, Sind aber diese Vorausfseßun- gen vorhanden, so glaube ih niht, daß es darauf ankommen kaun, ob die Waffen gegen Preußen selbst oder gegen seine mit ihm im Felde stehenden Bundesgenossen geführt werden. Dient Jemand dem Feinde, so hängt es nicht von seiner Willkür ab, ob er gegen diesen oder jenen Gegner geführt werden will.

Der geehrte Redner, welcher übrigens allerdings sehr merkwür- dige exceptionelle Fälle aus den Jahren 1812 und 1813 angeführt hat, hat vorausgeseßt, es sei behauptet, daß diese Art des Landes- verrathes jedesmal mit ehrloser Gesinnung verbunden sein müsse. Ih habe eine solche Behauptung nicht aufgestellt, auch nicht gehört, erkläre vielmehr, daß eine solche Vorausseßung keinesweges zutreffen würde. Wenn aber von einem geehrten Mitgliede verlangt wurde, daß diese und ähnliche exceptionelle Fälle in dem Geseße vorgesehen und ausgenommen werden müßten, so halte ih das für eine Unmög= lichkeit. Wer aber in einem fsolhen Falle cinem edlen und reinen Gefühle folgt, der weiß, daß er es mit der Gefahr thut, durch das Gesetz getroffen zu werden, und ohne Zweifel sind die edlen Hand- lungen, welche der Redner anführte, auh in diesem Bewußtsein aus=- geführtz gerade deshalb erscheinen sie um so höher und edler. Darum glaube ih, daß wesentlih an dem Gesehe nihts geändert werden darf.

Um auf die von einem geehrten Deputirten aus Pommern ge- stellte Frage zurückzukommen, \o erwidere ih darauf, daß deshalb, weil Jemand im preußishen Staate mit Grundeigenthum angesessen st, er nicht verhindert wird, auszuwandern; sein Besißthum im preußishen Staat wird dadur nicht gefährdet. Jeder, der aus- wandern will, hat die Befugnis, auszuwandern, sobald er die preuß. Militairpflicht, einschließlich der Reserve, erfüllt hat, niht einmal das Landwehrverhältniß hindert ihn. Die Beibehaltung des Besißes in Preußen verhindert oder erschwert die Auswanderung niht. Wer aber unter Beibehaltung seines Unterthanen - Verhältnisses und seiner Rechte als Preuße in sremde Dienste tritt, der muß entweder die Bedingung stellen, im fremden Kriegsdienste nicht die Waffen gegen scin Vaterland tragen zu dürfen, oder er muß sich der Gefahr aus- seßen, nah preußischen Geseßen als Landesverräther verurtheilt zu werden. Das is} der Sinn der Bestimmung des Entwurfs.

Abgeordn. Camphausen: Nicht das hatte ih vorgeschlagen, daß die Exception in das Geseß gebraht werde, sondern daß das Geseh nichts enthalte, uud daß, wenn das Verbot, nicht gegen die Bundesgenossen die Wasfen zu führen, ‘erforderli sei, dann die Exception als administrative Maßregel eintrete. Das ist der Sinn dessen, was ih gesagt habe. Jh glaube, daß die Versammlung nit ein Interesse hat, auf theoretische Definitionen einzugehen, weil aber von cinem verehrten Mitgliede die Umänderung des Wortes König, in Staat, beanstandet und von ihm gesagt worden ist, daß König und Staat identishe Begriffe seien, so möchte ih erwidern, daß ich das nicht für richtig halte. Der Staat ist nicht vorhanden ohne den König, aber auch nicht vorhanden ohne das Volk, das Volk und der König zusammen bilden den Staat, aber der Staat und der König sind nicht identisch, Es is dies übrigens praftisch von ge- ringer Bedeutung,

Abgeordn. von Auerswald: Jch stimme alle dem, was der Herr Landtags-Kommissar über diese exceptionellen Verhältnisse gesagt hat, vollkommen beiz ih glaube indeß, daß er das verehrte Mitglied der Ritterschaft aus Preußen mißverstanden hat, welches seinen An- trag nur dahin gerichtet hatte, daß die Strafe gemildert werde, daß nicht eine entehrende Strafe eintreten möchte. Weshalb ich haupt= sächlih mir das Wort erbeten habe, is, um mich auch noch gegen das Wort Bundesgenossen zu erklären, niht weil ih so große praktische Nachtheile davon sehe, wie es von einer Seite angedeutet ist (so wenig, wie ih von der anderen Seite praktische Vortheile ab- sehen kann), sondern weil mir die Worte wirklih eine innere Unwahr- heit zu enthalten scheinen. Streng genommen ist es nicht begründet, daß derjenige Landesverrath begeht, der nicht gegen sein Land selbst, sondern gegen den Bundesgenossen dieses Landes kämpft. Diese Wahrheit hat sich mir am deutlichsten gemacht, wenn ih die Para- graphen in sih verfolgte. Jch sehe mir den Geseß-Entwourf an, ver- tiefe mih in die Materie des Hochverraths und Landesverraths, ver- gegenwärtige mir das Schmähliche, den patriotischen Sinn Verlehßende des Verbrechens, und den ganzen Ernst, den die Strafe erfordert, und da stoße ih ganz unvermuthct, ganz unvorbereitet auf die Bun- desgenossenz ih muß versichern, daß ein ganz anderer Jdeengang bei mix eintritt, eine ganz andere fühlere Empfindung.

(Gelächter.)

Ich verliere den ganzen Ernst, mit dem ih an die Strafwürdigkeit des Verbrechens gédaht habe, und überzeuge ini, daß Fremdartiges hineingemischt, die Wahrheit des ursprünglichen Gedankens alterirt ist.

ustiz » Minister von Savigny : Ich glaube, daß fortwährend der Paragraph eitigéemata mißverstanden wird. Wenn hier von Busidesgenossen die Rede i}, so sheint man an den Fall zu denken, wo überhaupt Verbündete vorhanden sind, wenn also Jemand gegen einen mit uns befreundeten und verbündeten Staat die Waffen führt.

321

Davon ist nicht ‘die Rede, sondern hier is die Rede von einem gegen den preußischen Staat ausgebrochenen Kriege, in welhem der preu- pishe Staat Bundesgenossen hat, und in diesem Kriege sind seine

undesgenossen offenbar mit ihm identisch. Jch{ will den Fall an- nehmen, daß unsere Armeen neben einander stehen, gemeinschaftlich kämpfen, und irgend ein Preuße die Waffen trägt niht unmittelbar gegen unser Heer, sondern gegen das neben uns stehende verbündete Heer. Es is vollkommen gleichgültig, denn in diesem Augenblicke sind die mit uns gemeinschaftlich Kämpfenden mit unserem Heere identisch. Von diesem Falle allein spricht der Paragraph, und, das glaube ih, kann unmöglih als etwas Anstößiges und Zweifelhaftes betrachtet werden. a

Abgeordn. von Auerswald: Jh kann mich nicht für überzeugt erklären. Ganz in derselben Art, wie nah §. 8 die Strafe des Hochverraths den Ausländer trifft, ohne daf er Hochverräther ist, habe ih nichts dagegen, wenn man Jemanden todtschicßt, weil er gegen die Bundesgenossen ficht. Er soll aber nicht als Landesver- räther, sondern als Feind der Bundesgenossen todtgeschossen werden. Jch muß an nach der von dem Herrn Minister gegebenen Erklä rung dabei bleiben, daß das Wort Bundesgenossen gestrichen werde. Wenn man hier Rücfsicht auf die Bundesgenossen nehmen will, so möge man einen eigenen Paragraphen bilden, ünd sagen: die für die Landesverrätherei angedroheten Strafen treffen auch die- jenigen, welhe die Waffen gegen die Bundesgenossen des Königs tragen, dann is der Jnhalt wenigstens nicht in sich unwahr.

Marschall: Wir können zur Abstimmung kommen. Die erste Frage is zu richten auf den Vorschlag, das zweite Alinea des §. 88 zu streichen; eventuell d. h. nah Ausfall dieser Abstimmung würde die Frage zu stellen sein, ob die Worte: „oder dessen Bundesge=- nossen“ wegzulassen seien. Nachher würde eine Frage auf den jeßt geänderten Antrag der Abtheilung zu richten sein, daß nämlich die Strafe des Zuchthauses verwandelt werden möge in Festungshaft oder Strafarbeit mit fakultativer Aberkennung der Ehrenrechte. Wenn jedo irgend ein Mitglied der Abtheilung auf Stellung einer Frage, die mit dem ursprünglichen Antrage der Abtheilung in Ueber- einstimmung wäre, beharrt, so würde au diese Frage zu stellen sein, und die Frage, welche ich zuerst erwähnte, nur als hervor- gehend aus dem Vorschlage des Referenten zu betraten sein.

(Der Abgeordnete Graf Hompesch verzichtet auf Stellung der

ersten Frage.) S

Dann isst die erste Frage auf Wegfall der Worte: „oder dessen Bundesgenossen ‘’ zu rihten, und der Antrag, welcher außerdem noch gemacht worden is, daß die Worte: „gegen den König“ bei- zubehalten seien, gäbe insofern feine Veranlassung zur Frage|tellung, als es denjenigen Mitgliedern, welche diesem Vorschlag beitreten wollen, vorbehalten bleibt, die Frage zu verneinen, welche auf An= nahme des Gutachtens der Abtheilung gerichtet wird.

Abgeordn. von Byla: Wenn ih den geehrten Redner der preußischen Ritterschaft richtig verstanden, so hat dersel“e zuleßt noch cinen Antrag hinsichtlich des Wortes „Bundesgen ossen‘“ formirt, der ganz mit meiner Ansicht übereinstimmte, nämlich diese beiden Bestimmungen „gegen den König“ und „gegen dessen Bundesgenossen“‘ zu trennen. Auf gänzliche Streichung der Worte „oder dessen Bun- desgenossen““ hat derselbe zuleßt nicht angetragen. N

Abgeordn. von Auerswald: Jh habe auch nur auf Streichung angetragen, aber zugleih anheimgestellt, wenn es durchaus nöthig wäre, einen besonderen Paragraphen zu verfassen.

Abgeordn. von Byla: Bei der Fragestellung habe ih zu be- merken, daß, wenn der Antrag auf gänzliche Streichung der Worte „oder dessen Bundesgenvossen niht Berücksichtigung finden sollte, noch auf den Antrag des ritterschaftlihen Abgeordneten von Preußen, einen besonderen Paragraphen für die Bundesgenossen zu bilden, ein gegangen werden könnte, und deshalb event. eine Frage in dieser Hinsicht noch zu stellen sein dürfte.

Marschall: Dies kann füglich als Gegenstaud der Fassung an- gesehen werd:n. Die erste Frage heißt also: Soll auf Wegfall der Worte : „oder dessen Bundesgenossen““ angetragen werden? und die- jenigen, welche diese Frage bejahen, würden das durch Aufstehen zu erfennen geben. Jch bitte, einen Augenblick stehen zu bleiben, damit die Stimmenzahl genauer erkannt werden kann.

Abgeordn. von Arnim: Sollte es niht wünschenswerth sein, bei einer so wichtigen Angelegenheit zu zählen?

Marschall: Es wird die Zählung vorzunehmen sein. Für Ja haben gestimmt 46, für Nein 48. Die nächste Frage ist nun zu rihten auf den abgeänderten Antrag der Abtheilung, Sie heißt : Soll beantragt werden, daß die Zuchthausstrafe in Festungshaft oder Strafarbeit mit fakultativer Aberkennung der Ehrenrehte verwandelt werden möge? Diejenigen, welche diese Frage bejahen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sich dafür erklärt. nicht mehr zu stellen.

Referent Kaumann: Wenn nun einmal die Bundesgenossen im Paragraphen stehen geblieben sind, und wenn so unbedeutende Fälle vorkommen können, daß man eine Strafwürdigkeit niht vorausseßzen fann, wie sie bei so hohen Strafen vorausgeseßt werden muß, so bin ich der Meinung, daß zebnjährige Strafarleit als Minimum niht angemessen sein kann, und trage darauf an: das Minimum auf drei Jahréè herunterzuseßen.

Abgeordn. Camphausen: Jh muß mir noh eine Frage zu meiner Aufklärung erlauben. Jch bin etwas verkommen in dem nun- mehrigen Strafsystem, und weiß nicht, ob es die Absicht des Be=- \{lusses is, dem Richter die Wahl zwischen vier oder drei Straf- arten zu lassen. Soll blos die Slirafarbeit mit oder ohne Verlust der Ehrenrechte erkannt werden, oder auf die Festungshaft mit oder ohne den Verlust?

Mehrere Stimmen: Auch Festungshasft.

Abgeordn. Camphausen: Auch Festungshaft. Also vier Straf- arten.

Marschall : Es fragt sih, ob noch Bemerkungen über den An- trag des Referenten zu machen sind, und wenn diese nicht erfolgen, so kommen wir zur Abstimmung. Diejenigen, welhe dem Vorschlage beitreten, daß das Minimum auf drei Jahre herabgeseßt werde, wür- den es durch Aufstehen zu erkennen geben. Eine Majorität von mehr als zwei Drittheilen hat sich dafür ausgesprochen. .

Justiz-Minister von Savigny: Jch seße voraus, daß die Ab- stimmung auch den stills{weigenden Sinn habe, daß die Todesstrafe mit fakultativer Aberkennung der Ehrenrechte verbunden sein kann.

Marschall : Ausgedrückt is das niht. Jn der Diskussion hat es nicht gelegen, in der Fragestellung auch nicht.

Justiz - Minister von Savigny: Meine Frage hat sih auf dic drei Paragraphen erstreckt. Jch habe auch den Referenten so ver= standen, daß die Konsequenz darauf führen werde, daß das, was bei §. 87 über die Ehrenrechte beschlossen würde, auch auf §§. 88 und 89 zu beziehen sei. Sonst wäre es eine auffallende Jnkönsequenz.

Referent Kaumann : Jh bin allerdings der Ansicht, daß auch ga ein Zusaß gemacht werden muß. Wenn tir bei einer Freiheits-

rafe für dasselbe Verbrèchen dem Richter die SRaT zugestehen, den Verlust der Ehrenrehte a E so glaube ih, liegt kein Grund vor, mit der höchsten Strafe, der Todesstrafe, dieselbe accessorishe Strafe immer auszuschließen.

Eine andere Frage ist

Abgeordn. von Auerswald : Die Gründe scheinen mir darin zu tigen, daß von der höchsten Strafe die Rede ‘ist, ‘utid sind bercits früher angeführt. Jh halte es deim Ernst ber ‘Géseygebung entsprehend, daß die beiden höchsten Verbrehen, der Königsmo und der Mord an Verwandten in aufsteigender Linie, bei welchen neben der Todesstrafe Ehrlosigkeit erkannt werden soll, in der Strafe niht von anderen unterschieden werden sollen. Jh erkläre mich ganz entschieden dagegen. E G

Marschall: Es scheint erforderli, da diejer Zweifel angeregt worden it, ihn dur die Abstimmung zu lösen. Die Frage würde heißen: ob beantragt werden foll, daß, wenn im Falle des §. 88 auf Todesstrafe erkannt wird, zugleih auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden könne? Diejenigen, welche die Frage bejahen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen. §. 89.

Referent Uguimann (liest vor):

8. 89.

Als Landesverräther sind mit dem Tode zu bestrafen diejenigen preußishen Unterthanen, welche durch eine der folgenden Handlungen e;ner feindlichen Macht wissentlih Vorschub leisten oder den Truppen des Königs oder seiner Bundesgenossen wissentlih Nachtheil zufügen, indem sie

1. Festungen, Pässe, beseßte Pläße oder andere Vertheidigungs- Posten, imgleichen Königliche oder verbündete Truppen oder auch nur einzelne Offiziere oder Soldaten, in feindlihe Gewalt bringen ; :

Festungswerke, Zeughäuser, Magazine, Kassen oder andere dem König oder dessen Bundesgenossen zugehörige Vorräthe ‘vvön Waffen, Muxition oder sonstigen Kriegsbedürfnissen in feind- lihe Gewalt bringen, zerstören oder unbrauhbar machen z

dem Feinde Mannschaften zuführen;

Soldaten verleiten, zum Feinde überzugeben ;

Operationspläne oder Pläne von Festungen oder festen Stel» lungen dem Feinde mittheilen; E ; 6. dem Feinde als Spione dienen, oder feindlihe Spione auf nehmen, verbergen oder ihnen sonst Beistand leisten;

dem Feinde Wege oder Fuhrten nachweisen ;

einen Aufstand untér den Truppen des Königs oder seiner Bundesgenossen erregen. Alle anderen Handlungen preußsher Unterthanen, durh welche dem Feinde wissentlih Vorschub geleistet, oder den Truppen des Kö» nigs oder sciner Bundesgenossen wissentlich Nachtheil E wird, sind mit fünfjährigem bis E C ttád Zuchthaus zu bestrafen.““

¡U S. 89,

Gegen diese Bestimmungen findet sih im Allgemeinen nichts zu erinnern; aus demselben Grunde aber, welcher bei §. 85 erörtert worden i}, nird vorgeschlagen, : i

die Weglassung des Wortes „Alle‘’ im leßten Alinea in Antrag zu bringen. “‘ / :

Was die Zuchthausstrafe anbetrifft, so wird sie auch hier den früheren Bestimmungen entsprechend auszuschließen sein; aber es stecken unter den Verbrechen nah §. 89 auch die Spione, und da muß ic bekennen, daß, wenn das Zuchthaus sich irgend rechtfertigen läßt, mir diese Strafart hier gerechtfertigt erscheint. i

Regierungs-Kommissar Bischoff: Die Spione sollen nah Nr. 6 mit dem Tode bestraft werden. Das lehte Alinea bezieht sich auf Handlungen anderer Art. Der erwähnte Umstand würde mithin nicht entgegen stehen.

Referent Kaumann: Es würde also der Antrag gerechtfertigt erscheinen, in allen Fällen des zweiten Alinea die Z uchthaussträfe ebenfalls auszuschließen.

Abgeordn. Graf von Bismark: Wenn, was Gott verhüten wolle, der Fall eintrete, daß der Feind einen Theil unseres Landes beseßt hätte, so scheint mir Nr. 7. eine unleidlihe Härte zu ent- halten, daß nämlih derjenige, welcher dem Feinde Wege oder Fuhr= ten nahweist, mit dem Tode bestraft werden soll. Man muß nur bedenken, wie es im Kriege zugeht. Es wird ein Bauer ergriffen. Man sagt ihm: zeig? uns den Weg. Wenn er nit will, \o be- fommt er Schläge. Er wird mit Gewalt gezwungen. Es scheint daher nöthig, zu sagen: „Dem Feinde ohne äußeren Zwang Wege Ci Fuhrten nachweist,“ font kann es entsezliche Konsequenzen haben.

Regierungs-Kommissar Bischoff : Dann würde §. 54 eintreteù, wo cs heißt: „Eine im Geseß mit Strafe bedrohete Handlung kann demjenigen nicht zugerehnet werden, dessen freie Willensbestimmung durh Gewaltthätigkeiten oder Drohungen ausgeschlossen war.“ Der Fall, welchen der geehrte Abgeordnete meinte, würde demna aus= geschlossen sein.

Abgeordn. von Donimierski: G-gen die vom Königlichen Kom- missarius allegirte Geseßesstelle erlaube ih mir nur die Bemerkung zu machen, daß dem Angeklagten immer obliegen wird, den Beweis darüber zu führen, daß er nur der Gewalt, dem Zwange unterlegen habe, und dieses wird ihm gewiß in vielen Fällen sehr {chwer sein, daher unterstüße ih den Antrag des Herrn Abgeordneten aus Pom- mern, die Nr. 7 ganz zu streichen.

Marschall : Jch werde in der Reihefolge fortfahren, in welcher man sih gemeldet hat, wenn nicht die Mitglieder erklären, daß sie noch in Bezug auf das eben Vorgebrachte zu sprechen wünschen. Es ppen die Diskussion erleichtern, wenn sie sich darauf beschränken wollten.

Fürst Wilhelm Radziwill: Jch wollte nur den Anträg dés geehrten Abgeordneten aus Pommern unterstüßen. Die Handlungen, welche sons im §. 89 bemerkt sind, sind von so ernster Natur, so von dem freien Willen des Thäters abhängig, daß es nicht dem Ernst des Gesehes angemessen scheint, die Nr. 7 stehen zu lassen. Wer einen Krieg mitgemacht hat, weiß, wie die Boten bei den Gelegen heiten behandelt werden, von denen die Nr. 7 handelt. Es würde auf diese Nummer im Paragraphen cine Strafe stehen, die jedesmal durch das praktische Leben unmöglich gemacht werden würde. Sobald einem Befehlshaber im Kriege die Kenntniß einer bestimmten Oert- lihfeit von überwiegender Wichtigkeit ist, wird er nicht austehen, síc von Einwohnern, welhe der Gegend kundig sind, unter Androhung selbst des Todes, in Erfahrung zu bringen. Ob diese Drohung wirk= lih erfolgt sei oder niht, wird vom Richter wohl nie zu ermitteln sein. Jch halte den Paragraphen daher für ganz nutlos, da in allen Fällen, wo cine wirkliche dolose Absicht vorhanden gewesen, Nr. 6 genügen wird, Wenn es bewiesen werden fann, daß er cin Gewerbe daraus gemacht hat, solche Lokalitäten zu verrathen, so würde er als Spion behandelt werden. i au ;

M Regierungs - Kommissar Bischoff: Was die Schwierigkeit der Beweisführung betrifft, so is dies ein allgemeiner Grund, der in al- len Fällen eintritt, wo von dem Angeschuldigten behauptet wird, daß er ohne Willensfreiheit gezwungen gehandelt habe. Der Richter wird auch nit so weit gehen, zu_ verlangen, d stringenter, positiver Beweis geführt werden muß; wenn nur die Wahrscheinlichkeit vor-= liegt, daß ein Zwang stattgefunden häbe, so wird èr den Angeschul- digten mit Rücksicht auf den allgemeinen ci fe e daß ther für die Unschuld als für die Schuld zu präsumiren sei, T Sli Wenn übrigens beänträgt worden ist, Nr. 7 zu streichen, so würde, wenn

t

r as I Eo

L A

dies geschieht, daraus niht die Straflösigkeit folgen, sondern nur,