1848 / 41 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ßishen Staate, dem engeren Vaterlande, dem ih zur Treue ver= pflichtet bin, und darum fann ih nit der Meinung sein, daß mit derselben Strafe, welhe für Handlungen dem preußischen Staate gegenüber angedroht sind , eingeschritten werde gegen Handlungen, die dem deutshen Bunde gegenüber vorgenommen werden. Die Abe theilung is aber nit so weit gegangen, um zu sageu, sie wolle die deutschen Staaten nicht s{hüßenz nein, sie hat nur gesagt, den deut- {hen Bund kann man nicht durch Strafen für Landesverrath und Hochverrath sichern; wohl aber hat sie angemessen gefunden, daß die einzelnen deutschen Staaten, welche den Bund bilden, mehr geshüßt werden, als andere Staaten, welhe dem preußischen Staate nicht jo nahe stchen. Aus diesen Gründen, meine Herren, bin ih der An-= sicht, daß das Abtbeilungs - Gutachten, welches von der Majorität abgegeben worden ist, sich vollständig rechtfertigt.

Jh komme nun noch zu einem zweiten Ausdrucke, dessen ih frü- her erwähnte. Der Herr Landtags-Kommissar hat gestern geäußert, es habe ihn das Gutachten der Abtheilung geshmerzt. Jch kann uur annehmen, daß eine irrige Vorausseßung dem Gutachten zum

Grunde gelegt wird, ih kann nur annehmen, daß in dem Gutachten eine dem deutshen Bunde überhaupt feindselige Tendenz gefunden worden ist.

Gegen diese Auffassung muß ich mich und die Majorität der Abtheilung auf das entschiedenste verwahren. Man mag darüber ur- theilen, wie man wolle, ob der deutshe Bund seine Aufgabe gelöst habe, ob es ihm gelingen werde, in den Zeiten der äußersten Gefahr sih zu bewähren, ih sage, man kann darüber verschiedener Ansicht sein; darüber sind wir aber Alle einer Ansicht, daß die Tendenz, welche der deutsche Bund hat, für die Einheit Deutschlands zu wir= fen, überall mit demselben Gefühl anerkannt werden muß. Der deut-= he Patriotismus findet darin eine Genugthuung, daß der deutsche Bund ein Bund ist für die Vereinigung Deutschlands, und ih füge hinzu, es is uns als Preußen eine besondere Genugthuung für unser deutsches patriotisches Gefühl, daß wir es wissen, das Streben Preu-= ßens und seines Herrschers geht dahin, die Einheit, die Eintracht Deutschlands immer mehr zu erstreben und zu befestigen. Aber die- ser Sympathie ungeachtet, muß ich auf den Ausspruch zurückkommen : dieses Patriotiêmus ungeachtet, kann man gegen die §§. 92 und 93 stimmen; der Patriotismus bleibt unberührt.

Abgeordn. Frhr. von Wolf =- Metternich: Nachdem der Herr Landtags-Kommissar in so schönen und beherzigungswerthen Worten sich über die in Berathung stehenden Paragraphen ausgesprochen, auch von mehreren verehrten Mitgliedern darauf hingewiesen worden is, wie wenig haltbar die Grundlagen sind, auf welchen das Majoritäts- Gutachten der Abtheilung beruht, welches den Wegfall der Fg. 92 und 93 bezweckt, fällt es {hwer, noch etwas Neues zur Vertheidi- gung des Entwurfs vorzubringen. Es hieße Eulen nah Athen tra- gen und sich in Wiederholungen ergehen, wollte ih des Weiteren in die Frage eingehen, wie die deutsche Bundezakte nicht blos ein Ver= trag der souverainen deutschen Fürsten is, sondern sich wesentlih cha- rakterisirt als ein völferrechtliher Verein zum Schuß der Unabhän- gigkeit und Unverleblichkeit der zum deutschen Bunde zusammengetre= tenen Staaten. Gleicherweise i auch \{chon gesagt worden, daß kei- nesweges die Gränzen des deutschen Bundesgebietes, wie das Gut- achten annimmt, unbestimmt seien, daß sie vielmehr coincidiren mit den Gränzen der einzelnen zum deutschen Bunde gehörigen Landes- theile. Jch muß mich daher darauf beschränken, zur Motivirung mei- nes Votums für Beibehaltung der §§. 92 und 93 nur einige Mo=

mente noch hervorzuheben. Die Einheit Deutschlands is ein \o hoher, ein so {öner Zweck, er muß jedem deutschen Herzen so nahe liegen, daß es als eine uns Allen ohne Ausnahme gewiß fehr fern liegende Vernachlässigung der Pflichten gegen das deutshe Vaterland ange- schen werden könnte, wenn man für diesen Zweck nicht die entspre- chenden Mittel aufsuchen wollte. Das Ziel würde jedenfalls verfehlt werden, wenn man nicht den als Landes- oder Hochverräther bestra- fen wollte, der sich gegen die Einheit der deutschen Bundesländer, gegen die Verfassung des deutschen Bundes vergeht. Allerdings if} zunächst Preußen unser Vaterland, allein, meine Herren, vergessen wir niht, daß auch Preußen ein Theil des großen Ganzen is. Das Interesse für das einzelne Glied kann aber nur Wurzel fassen und gedciblihe Früchte tragen, wenn es für das große Ganze Hand in Hand geht, deshalb müssen wir gleicherweise auch den deutschen Bund durch Strafgescße \hüßen, wie es in Rücksicht des speziellen Vaterlaides geschicht. Allein nicht gegen das Prinzip der deutschen Einheit is von der Gegenseite der Angriff gerichtet, wie wir dies auch von dem Herrn Referenten so eben gehört haben. Man erkennt vielmehr diesen Zweck als einen überaus hochstehenden anz man scheint aber zu unterstellen, daß der deutshe Bund nicht überall seinem Zwecke entsprochen und deshalb den Schuß nicht ver= diene, den ihm die Paragraphen des Entwurfs angedeihen lassen. Jch frage nun aber, is} es gerechtfertigt, einen an und für si tre- lichen Zweck, eine jedenfalls bildungsfähige Justitution zu verwerfen, ohne versucht zu haben, wo die etwanigen Mängel liegen und wie sie zu beseitigen sind? Js es eine empfehlungswerthe Maxime, etwas dem Verfall zu überantworten, bevor man weiß, was man Besseres dafür substituiren kann? Hieße das nicht, dem Brauche der Wilden folgen, welche den Baum fällen, um die Früchte zu genießen? Es is aber noch ein anderer Grund, der mir für Beibehaltung der Pa- ragraphen laut zu sprechen scheint, der auch gestern {hon von einem Mitgliede zu meiner Rechten hervorgehoben worden ist, der nämlich, daß ganz gleiche Bestimmungen, wie sie der Entwurf enthält, in die Strafgesebbücher anderer Staaten übernommen sind. Abgesehen in= deß auch davon, uud angenommen, daß eine solche Reziprozität nicht bestände, so bin ih der Meinung, daß Preußen den hohen Beruf und die historische Mission hat, auch selbstständig für die Einheit des deut- {en Vaterlandes zu wirken, und das um L mehr, als es durch eine große deutsche That : durh die Gründung des deutschen Zoll-Vereins sih so große Verdienste um die Einheit des Vaterlandes bereits er- worben hat. Sind wir doch Alle von dem Wunsche und der Ueber- zeugung durchdrungen, daß, wo immer ein legislativer Aft von un-

serem hochherzigen Könige die Sanction erhält, er niemals im Wi= derspruch schen darf und wird mit der möglichsten Förderung Vei hohen Zieles, der Einheit des deutschen Vaterlandes. Noch erlaube

{ch mir darauf aufmerksam zu machen, daß wir ein Strafgesepbu birätbet; von dem wir hoffen wollen, daß es als ein Muster A cine maßgebende Analogie für andere Strafgeseßbücher gelten werde, und daß, wie eins die Römer ihre zwölf Tafeln von den Griechen holten, auch andere deutshe Lande das preußische Strafgeseßbuch adoptiren und zu einem deutschen machen werden. Dies sind die Gründe, welche mich bestimmen, für Beibehaltung der Paragraphen des Entwurfs zu votiren.

Abgeordn. Camphausen: Jch werde kurz meine Abstimmung begründen. Es giebt Saiten, die, wenn man sie nur leise berührt, in allen Herzen laut erklingen. Eine solche Saite ist angeschlagen worden, die Einheit des deutshen Volkes. Wir sind gewissermaßen im Namen der Einheit der deutschen Nation aufgefordert, gegen den Vorschlag der Abtheilung zu stimmen, und wer dennoch für diesen Vorschlag stimmen möchte, wird in sich den Drang fühlen, darzu- legen, daß auch in seiner Brust ein warmes Gefühl für die deutsche Nationalität lebt, ja, daß sein Votum aus derselben Quelle entspringe, aus welcher die Geguer ihre Gründe {öpfen, Seitdem der deutsche

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Bund besteht, hat das Gefühl der deutschen Einheit nicht in ihm, son- dern neben ihm gelebt. Bald nah den Befreiungskriegen gab es sich in den {wärmerishen Plänen nit nur junger Feuerköpfe, sondern auch reifer hochbegabter Männer kund. Seine Ausartung in ein- zelnen Fällen ward dem Bunde Veranlassung, mit dem Ausshwei- fenden auch das Edle gemeinsam zu unterdrücken. Cine lange Pe- riode der Gegenwirkung folgt, während welcher der Bund vorzugs= weise bemüht war, in den einzelnen Bundesstaaten die Souverainetät deutscher Fürsten dem Volke und den Ständen gegenüber zu heben, Neben ihm lebte die Begeisterung für das ganze Vaterland im Volke fort, und als im Jahre 1840 der westlihe Nachbar lüsterne Augen auf reihe Provinzen warf, da explodirte am Rheine das Gefühl mit gewaltiger Kraft, und wir haben damals deutlih ausgesprochen, daß wir niht nur Preußen, daß wir Deutschland angehören wollen. Dem Bunde ist vom Volke die Juitiative gegeben worden, und erst als die Flamme hochherziger Gefühle im ganzen Lande empor- gelodert war, da hat au der deutshe Bund die Kontingeute ge- mustert. Neben dem Bunde is der deutsche Zollverein emporgewach- sen, der so viel für die Erhebung des deutschen Nationalgefühls ge-

| wirkt hat, und auch der Versuch eines gemeinsamen Wechselrechts,

dessen gestern erwähnt wurde, hat nur neben dem Bunde gemacht werden können. Jch kann im Bunde die Centralisation des Strebens nah deutscher Einheit nicht erkennen. Er hat nie positiv gewirkt, und die Verheißungen, welche die Bundes - Akte dem deutschen Volke gab, die Erwartungen, die sie erregte, hat er unerfüllt gelassen. Was in Deutschland für die Theilnahme des Volkes am Staate geschehen ist, haben wir nicht dem Bunde zu danken. Was in Preußen für Entwickelung der Verfassung geschah, verdanken wir einem deutschen Könige mit einem deutschen Herzen; vom Bunde hat er den Jmpuls nicht empfangen. Zwischen den karlsbader Beschlüssen und der Auf- hebung der Preßfreiheit lag nur cine Spanne Zwischenraum. Auf das Geseß, welches sie wiederherstellen soll, warten wir seit 30 Jah- ren vergebens. Wir wollen noch immer auf den deutschen Bund hof- fen, aber ich will durch mein Votum bekunden, daß der Bund unsere Hoffnungen nicht erfüllt hat und nicht erfüllen kann, wenn er auf dem Wege beharrt, den er bisher gegangen is. Jch will vor allen Dingen bekunden, daß die innere politische Entwickelung der deutschen Staaten nicht von den Beschlüssen des deutshen Bundes abhängig sein darf, und daß ih nicht mitwirken will, sie in diese Abhängigkeit zu bringen. Jch stimme für den Vorschlag der Abtheilung zur Für- derung der deutschen Einheit, und habe die Ueberzeugung, daß es für sie von den günstigsten Folgen sein wird, wenn die Versammlung si dem Vorschlage der Abtheilung anschließt. (Bravo!)

Fürs Wilhelm Radziwill: Dem eben gehaltenen Vortrage und dem Rufe des durchlairchtigsten Marschalls folgend, kann ih mich nur gerade dem entgegenseßen, was der geehrte Redner vor mir aus=- gesprochen hat. Jch will nicht leugnen, daß der deutsche Bund zum Theil nicht den gerechten Erwartungen entsprochen har, die von ihm gehegt worden sind, nah der ewig denkwürdigen Zeit, welcher er fcine Entstehung ih möchte nicht sagen Entstehung, sondern nux seine Verfassung zu verdanken hat. Jch: kann aber keinen Grund darin finden, eine Justitutioi wegen ihrer Unvollkommenheit oder we- gen der nicht vollständigen Durchführung der Elemente, welche in ihr liegen, zu verwerfen, und sie verwerfen heißt es, wenn man sie der Schuhmittel berauben will, - die sie zu ihrem Bestehen bedarf, und daß sie solcher Schuhmittel bedarf, hat die Zeit bewiesen, welche verflossen, seitdem der Bund entstanden ist. :

Jch beklage die Richtungen, „die sich zum Theil in den Reactio- nen der, ich will sie so. neunei, - fongreßrêichen Zeit ausgesprochen. Diese Reactionen haben der guten Sache, nach meiner individuellen Ueberzeugung, {wer geschadet. Wer hat aber diese Reactionen am meisten befördert und veranlaßt? Das theils hirulose, theils durh- dacht verbrecherische, revolutionaire Treiben, das sich in verschiedenen Zeiten, unter verschiedenen Formen auch in Deutschland, die öffent- liche Meinung erschreckend, erhoben hat. Die Hirnlosen und Büs= willigen, die mit diesem Treiben an den Tag traten, haben es haupt- sächlih zu verantworten, daß die Reactionen so weit haben gehen fönnen, wie sie leider in manchen Richtungen unförderlih gegangen sind. Js es also eine Wahrheit, daß man Justitutionen nicht ver- werfen foll, weil sie Mängel haben, daß man sie nicht \{ublos lassen soll, weil sie nicht das geleistet haben, was sie haben leisten können, so halte ih die Geseße, die uns hier vorgeschlagen sind, vollkommen an ihrem Orte.

Jh will nicht alle Einwürfe wieder näher beleuchten, die gegen die Zulässigkeit der §F. 92 und 93 erhoben worden sind, doch kaun ih mich dessen nicht ganz enthalten, und ich werde hierbei den Aus= führungen folgen, die der Herr Referent der Abtheilung in seiner heutigen Rede der Versammlung vorgetragen hat.

Es ist gesagt worden oder vielmehr wiederholt worden, der deutsche Bund habe als solcher kcine souverainen Rechte, die Sou- veraine, die den deutschen Bund bildeten, hätten feine solche Rechte dem Bunde abgetreten, sie hätten sih ihre vollkommene, unbeschränkte Souverainetät, ein Jeder in seinem Staate, vorbehalten. Das muß ih ganz entschieden in Abrede stellen. Ich werde hierbei mich nicht leiten lassen von der Meinung von Juristen, sie mögen einen noch so großen Ruf haben; ih werde einfach die Behauptungen der Abtheilung gegen die Dokumente halten, auf die \sih ein Jeder hier nur beziehen kann, die allein maßgebend sein können, das ist die Bundesakte und die wiener Schlußakte von 15820 Se il beide Dokumente an, so finde ih, daß nicht einzelne, sondern wesent- liche und zahlreiche Attributionen der Souverainetät von den Souve- raínen Deutschlands dem Bunde abgetreten worden sind, daß sie sich dieser Souverainetät entäußert haben, um den Zweek zu erreichen, den der Bund darstellen soll, d. h. die Einheit Deutschlands dem Auslande gegenüberz ih finde, daß in diesen Dokumenten viele Be- stimmungen enthalten sind über Verhältnisse, die ganz entschieden zu Rechten der Souveraine gezählt werden missen. Jun denselben if die Rede von Landesverfassung, ist die Rede von den höheren ge- rihtlihen Justanzenzügen, von den Organisationen der höchsten Ge- rihtshöfe, ist die Rede von den Verhältnissen der mediatisirten Für- sten, von der Parität der Konfessionen, bei welcher die Grundzüge des westfälishen Friedens wieder als maßgebend für Deutsch- land hingestellt worden, is die Rede von der Freizügigkeit, von Handel und Verkehr, ist die Rede von Schiedögerichten bei Streitigkeiten zwischen Regierungen und Ständen, von Schuß gegen innere Unruhen, von Justizverweigerungen seitens der Landesherren gegen ihre Unterthanen. Alle diese Punkte sind direkte Beschränkun-

gen, die sih die deutshen Souveraine in ihren Souverainetätsrechten auferlegt haben zur Einheit und Stärkung des Bundes und des ge- meinen s e unter allen Unterthanen der deutschen Staaten. Sie sind, wie gesagt, in den Artikeln 12—19 der Bundes-Akte ganz

Sue und deutli enthalten, sie sind enthalten in der wiener S

Akte in den §§. 27, 28 und 29, Es is hier so vielfach theoreti\ch interpretirt worden an den Bundesgeseßen, es sind Ansichten aufge-= stellt vou Juristen, Ansichten von Jndividuen, in und pur unserer Versammlung ; ‘ih frage Sie, meine Herren, wer kann hier nur der authentische Znterpret dieser Geseze sein? Wohl kein anderer, als der Bund selbst, und an diese Juferpretation halte ih mich. Der Bund

‘hat entschieden in geseßlichen Verfügungen, die von ihm gusgegan-

gen sind, aufgestellt, daß gegen ihn Hochverrath und Landesverrath begangen werden könne, er hat es mit Strafen belegt. Jch glaube diese Jnterpretation, alle anderen Meinungen in Ehren gehalten. wird jedenfalls hier die durchgreifendste sein. Es ist gesprochen worden von dem Staatsgebiete des Bundes; ih halte das für einen leeren Wortstreit, wenn wir uns hierauf noch näher einlassen wollten. Innerhalb der Gränzen aller deutschen Bundesstaaten, dem Auslande gegenüber, liegt das Gebiet des deut= {en Bundes ; das liegt so auf der Hand, daß es mir nicht der Mühe werth zu sein scheint, mih weiter darüber auszulassen. Uebri- gens sind diese Bundecgränzen vielfach {hon Gegenstaud völkerrect- licher Verhandlungen gewesen; ih darf nur erinnern an Luxemburg und Limburg. Uebrigens, will man die Sache auf die Spibe stellen, so giebt es allerdings ein ganz besonderes Bundesgebiet noch, dieses ist in den Bundesfestungen enthalten, die gemeinsam dem deutschen Bunde gehören. Darum argumentiren zu wolleu, daß man gegen den deutshen Bund nicht hochverrätherish auftreten könne, weil er fein Oberhaupt hat, scheint mir gar nicht treffend zu sein. Mir schcint überhaupt , daß der juristishe Sinn des Wortes „Vertrag“ schr eng auf deu Bund angewendet worden is. Der Bund is nicht ein Vertrag im engeren juristischen Sinne, sondern er if eine Föde ration von Staaten, allerdings von souverainen Staaten, die sich aber ihrer Souverainetät in sehr bedeutenden Punkten entäußert ha ben, um diese Föderation zua schließen und zu befestigen. Daß gegen eine Föderation Hochverrath und Landesverrath begangen werden fann, wird Niemand leugnen; ih darf nur au die Schweiz und an Nord-Amerika erinnern. Uebrigens wird diescr Mangel cines Ober hauptes im Bunde auch noch vollgültig erseßt dadurh , daß sämmt lihe Souveraine Deutschlands \ih solidarish verpflichtet haben zu seiner Integrität und Aufrechthaltung z derjeuige also, der sich gegen die Jutegrität und Aufrechthaltung des deutschen Bundes versündigt, versündigt sih cben so gut gegen den eigenen Landesherrn, er mag zu einem Lande Deutschlands gehören, zu welchem ex will. Es ist gesprochen worden von den Provinzen, die nicht ¿um deutschen Bunde gehören. Es sind zwei ganz verschiedene; die Provinz Preußen hat mit dem deutshen Bunde ein enges Band, das Band der Nationa= lität, die andere, das Großherzogthum Posen, nicht, Es is bis jebt nur die Rede gewesen von dem deutschen Bunde im deutschen Sinne ; ih lege ihm noch einen ganz anderen , allgemeineren bei, Meine Herren, ih halte den deutschen Bund, seine Existenz, seine Kraft für eine europäische Sache. Jch stüße mich hier nicht nur auf meine in dividuelle Meinung, sondern auf die Verträge, aus denen der Bund entstanden ist. Es is nicht in Abrede zu stellent, daß es der Grund- gedanke des deutschen Bundes war, im Herzen Europa?s ein Mittel= rei zu stiften, kräftig genug, um den Feinden entgegenzutreten, die den Frieden von Europa zu bedrohen im Stande sind, kräftig genug im Junern, um sich zu erhalten, aber seiner Natur nah nmcht zu einer crobernden Macht geeignet. Ju solcher Beziehung is die Stärke, die Kraft des deutschen Bundes eine europäische Sache, eine Sache von höchster Wichtigkeit sür Jeden, der den Frieden Europas erhal ten zu sehen wünscht, in dem allein die Gewähr einer Entwickelung des Rechtes und des Fortschrittes zu erkennen ijï. Und in diejem Sinne namentlich fordere ich meine Landslente aus dem Großherzog thum Posen dazu auf, für Alles zu stimmen, was zur Jntegritäk, Zur

Kräftigung und Hebung des deutschen Bundes zu wirken geeignet ijt. Die Schlußfolge davon kann nur die sein, daß ich dringend alle dic jenigen dazu ausfordere, welche in dem übereinstimmen, was ih von der Natur des Bundes selbst und seiner Bestimmung ge]agk, sur die §8. 92 und 93 zu stimmen.

Korreferent Freiherr von Mylius: Dem durchlauchtigen Red= ner, der so eben geendet hat, kann ich weder in seinen Vordersäßen, noch in seinen Schlüssen beitreten. Was zunächst die juristishe Be grisfs - Aufstellung von dem Wesen des deutschen Bundes betrifft, jo ist bereits das Gutachten der Abtheilung, ihre Grundanuficht und das Prinzip ihrer Auffassung von meinem Kollegen im Referat so aus= führlih vertheidigt worden, daß ih mich hierüber nur auf wenige Bemerkungen beschränken kann. Es ist namentlih aus den Bestim= mungen der wiener Schlußakte und der Bundesalklte gefolgert wor- den, es habe dur sie cine Abgabe der Souverainetäts- Rechte in den wesentlichsten Bestimmungen und es ist eine ganze Reihe der= selben erwähnt worden durch die einzelnen Souveraine an den Bund stattgehabt. Jch glaube, es würde mit unserer Geseßgebung sehr {let beschaffen sein, wenn diese Ansicht richtig wäre, da wir gerade in Bezug auf die meisten dort genannten Materien neuere Bestimmungen haben, die selbstständig für unseren Staat erlassen worden sind, die sich zum Theil als zweckmäßig erwiesen haben und gewiß nicht zu Stande gekommen wären, hätte man nöthig gehabt, die Mitwirkung des deutschen Bundes einzuholen.

Es i} ferner eine Reihe von Folgerungen aus demjenigen ge- zogen worden, was man als Begriff des deutschen Bundes aufgestellt hat, die ih eben so wenig theilen kanu, namentlich bin i uicht der Ansicht, daß es Resultat des deutschen Buuves gewesen set, die Ver=- fassungen der einzelnen Bundesstaaten unter eme Garantie zu stel= len. Jh weiß recht gut, daß wir auf einom Thema stehen, wo Beispiele anzuführen schwierig und möglicherweije gefährlich M ih enthalte mih auch derselben und berühre nur Einiges im Allgemei- nen. Jch rufe Jhuen die Thatsache ins Gedächtniß zurück, daß wu Veränderungen der Verfassungen sowohl von unten herauf haben vollstrecken sehen, als auch von oben herunter androhen sehen, bei welchen der decutshe Bund sich E beruhigt hat. Zweitens fann ih nicht der Ansicht sein, daß Jemand im deutschen Bunde, sei es ein darin vertretener Staat, oder ein Regent, einem Preußen gegenüber, den Anspruch zu einer der Unterthanentreue auch nur Bu fernt ähnlichen Verpflichtung zu machen habe. Ich wenigstens muß bekennen, daß ih nur Sr. Majestät dem Könige und E mich als Unterthan zur Treue verpflichtet fühle, 4A Sür| gilt mir nicht mehr, als jeder Privatmann. Was sind aber M Requ ta E e deutschen Bundes? Nimmt er in Bezug auf die Entwicelung unserer Ver= fassung Antheil an uns? Wie s{limm würde a A E L A O gerade sein Einfluß Geltung erlangt hätte. B L e bi tere Frucht des deutshen Bundes, die farlsbader Beschlüsse. Lo n n cinem geehrten Redner darauf hingewiesen worden, daß bô8wi e und verlehrtes Treiben zu jener Zeit im Deutschland Sitte E sei, ich frage aber: Mag es noch so vererMdr Been s 44 : fertigt dies das damalige Beginnen zu einer Zeit, e 4098 7 An lag, der Entwickelung der deutschen Nation eine O Riiclébas zu geben? Wären die deutschen Bundes - O b ie ban E U ihrem vollen Sinne nach vollstreckt worden « ivi f a E L ol hier sißen? würde die ganze großartige Entwickelung Preußens je=

mals zu Stande gekommen sein? würden wir wohl das, was wir

i Zeit sicher zu erwarten haben , eine freie Bn Ard Latte Sr Milvina der Stände an der Geseßgebung, Cíals erwabten“ können , /wélñn Alles, was die farlsbader Beschlüsse j llt, nachhaltig si hätte geltcnd machen können? Es ist nun Lite gesagt worden, daß ein großer Zweck vorhanden sci, nämlich die Kräftigung uud Bildung des nationellen Bewußtseins, die durch die vorliegende Bestimmung angestrebt werde. Jch verkenne nicht die Kraft, die in diesem Argumente liegt, Die Berufung auf das deutsche Nationalgefühl und die tausendjährige Erinnerung, welche wir als Erbtheil unserer Geschichte überkommen haben, wird immer mächtig an

unser Herz schlagen, wenn es sich um Bestimmungen handelt, welche dic deutsche Einheit auch für die Zukunft als eine theure Erbschaft unserer Väter auf die Nachwelt vererben sollen. Jh laube aber, daß dieje Bestimmun= gen, wie sie hier vorliegeu, dem E Zwedcke auf feinen Fall ent= sprechen werden. Jch glaube, daß es Preußens ernjter uud großer Beruf is, die deutsche Einheit zu fördern ; ich halte es aber für rich=- tiger, daß es dieselbe durh seine eigenen Mittel fördere und sich niht auf fremde Mitwirkung verlasse. Der deutsche Bund mag als Erbe auftreten der deutschen Größe, die mit dem vergangenen Jahr- hunderte zu Grabe getragen worden m E h aber nicht zu ver- gessen, daß auf dem Ruhm unserer Vergangenheit auh der Mo- der des Grabes ruht. Die Schwäche der deutschen Zustände im vorigen Jahrhunderte hat Niemaud schärfer erkanut, als unjer großer König Friedrih, und wenn jeßt es geschildert worden, daß Preußen handeln müsse zum Schuß und Schirm der deutschen Zu= funft, ih trete dem aus vollem Herzen bei, wünsche aber, daß es dies thue in seiner Eigenschaft als Erbe der Politik Friedrih?s des Großen, nicht aber als Erbe desjenigen, woraus der deutsche Bund entstanden is. Fragen wir uns nun: hat der deutsche Bund als jol- cher die geeigneten Mittel, um das zu bewirken, was zum Schuh der deutschen Nation bei europäischen Konflikten Noth thut? Rich= ten wir unsere Blicke auf die Mündungen des Rheins und der Do=- nau, wir finden da, wo die deutschen Ströme ins Meer fließen, die Reste vergangener staatlicher Bildung, umwogt durch kräftige und starke Nationen, welche bald über diesen Trümmern zusammenschla- gen werden z kann der deutsche Bund dort helfen, rathen und die innere Einheit erhalten, oder müssen wir uns nicht auf unsere eigeue Kraft verlassen? Unsere Aufgabe is es nicht, hier Mittel anzuge- ben, da man uns hier darüber uiht um Rath fragt; unsere Pflicht ist es, von unserem, dem stäudischen Standpunkte, die Ueberzeugung auszusprechen, daß die obwaltenden Zustände im deutschen Bunde der Lösung der Aufgaben, wie sie die niht mehr entfernte Zukunft bringt, nicht gewachsen sind. f

Aus diesen Gründen halte ih die Gleichstellung cines Hochver raths gegen den deutshen Bund und den preußischen Staat für verwerslih und das Gutachten der Abtheilung für motivirt.

Fürst Wilhelm Radziwill: Jch will mir uur einige kurze Widerlegungen desjenigen erlauben, was von dem geehrten Redner vor mix gegen meinen Vortrag angeführt worden ist, und was mir theils auf Mißverstäudniß zu beruhen scheint, Erstens is von dem geehrten Reduer etwas gesagt worden, was gar nicht die von mir geäußerten Ansichten trisst. Wenn Preußen Gesebe erlassen hat, die mit dem zusammenfallen, was ih unter den Punkten mit angeführt, in denen die Souveraine des deutschen Bundes ihre Souverainetät durch die Bundesakte beschränkt, so giebt es gerade ein Argument dafür, daß, wenn Preußen darauf bezügliche Geseße selbstständig er= lassen hat, es darin dem Jmpulse gefolgt is, der im Geiste der deut- schen Bundesakte gelegen hat. Dann is das, was ih von Unter- thanentreue gesagt habe, in anderer Weise aufgefaßt worden, als ich cs behauptet habe. Jh habe nicht gesagt, daß die Unterthanentreue gegen alle Fürsten des deutschen Bundes stattfinden müsse, ich habe gesagt, daß alle deutschen Souveraine solidarisch sich zum Schuße des deutschen Bundes verpflichtet haben, daß also die, welche gegen den deutschen Bund sich versündigen, auch nothwendig sich gegen den eigenen Landesherrn versündigen müssen und somit Verrath gegen den Bund mit Hochverrath gegen den eigenen Landesherrn zusammenfällt. Wenn in meine Aeußerung hinein interpretirt worden ist, daß ih mich zum Vertheidiger der karlsbader Beschlüsse aufgeworfen hätte, so muß ich mich auf die hohe Versammlung berufen und fragen, ob ih nicht gerade das Entgegengeseßte gethan, indem ih gesagt, daß ih manche ÎNeactionen der fongreßreichen Zeit für die gute Sache tief bedaure. Dann i} endlih eine Saite von dem gcehrten Redner angeschlagen worden, die sehr zarter und sehr bedenklicher Natur ist, da sie danach klingt, was man preußische Hegemonie zu nennen pflegt. Eine solche Richtung schcint mir für Preußen am allerwenigsten angemessen, denn in einer solchen Richtung Preußens würden für deu deutschen Bund, für die gemeinsamen Tendenzen Deutschlands offenbar die größten Gefahren liegen. Preußen is in Deutschland mächtig , moralisch und materiell; es würde aber seiner moralischen Macht, seinem heil= samen Einflusse am entschiedensten schaden, wenn es sich in seiner deutschen Politik von hegemonistishen Teudenzen verleiten ließe.

Abgeordn. Graf von Galen: Der geehrte Redner von der Herren - Bank hat sich so eben in einer Weise geäußert, der ih voll= fommen beistimmen muß, und möchte es daher überflüssig sein, noch das Wort zu ergreifen. Was der Herr Landtags=Kommissar gestern in Bezug auf den vorliegenden Fall geäußert hat, war mir ganz aus der Seele gesprochen, und ih wüßte uicht etwas Hinzuzuseßen. Es handelt sich um Landesverrath und Hochverrathz; der deutsche Bund aber bezweckt die Sicherheit Deutschlands im Junern und Aeußern, der Krieg findet unter den Bundesgliedern niht mehr statt, auf jedes Bündniß gegen die Sicherheit Deutschlands ist aufs feierlihste ver= zichtet, eben \o is für den Fall jeder Gefahr von außen die Gewähr von allen Bundesgliedern übernommen worden. - Das ist es, wogegen Landesverrath und Hochverrath stattfinden könnte, und gerade das ist es, was wir aus den alten Geseben des deutschen Reiches bekommen haben, Es i} der alte Landfrieden, der die innere Sicherheit ver- bürgt, und für die äußere Sicherheit is eine Gewähr gegeben , wie sie Deutschland seit Jahrhunderten niht fand. Der Herr Landtags- Kommissar hat es gestern auseinandergeseßt, wie unser erhabener König hochhalte die Verpflichtungen, die er gegen den deutschen Bund und das gesammte deutsche Vaterland übernommen hat. Wir haben hier in seiner deutschen Hauptstadt unserem deutschen Könige reutshe Treue geschworen, und nicht möglich is es, das deutsche Vaterland, den deutschen Bund vom deutschen Köuige zu trennen. Preußen kann nicht getrennt werden von Deutschland, und bei Deutsch= land nur is Preußen zu finden. Jch kann mich daher nur dem an- schließen, was sür die vollständige Beibehaltung der §§, 92 und 93 gesagt ist.

Abgeordn. von Saucken - Julienfelde: Da ih die hohe Ver= sammlung nicht durch Wiederholungen ermüden will, so verzichte ich auf das Wort, trete jedoh der Erklärung des Herrn Referenten und Korreferenten und dem bei, was ein gechrtes Mitglied aus der Rhein-Provinz geäußert hat. i

Abgeordn. Graf von Renard: Die Debatte über diesen Ge= genstand währt nun bereits durch zwei Sißungen, und es scheint mir daher nöthig, etwas zu reassümiren. Wir haben ershöpfeude Vor= träge gehört über das Verhältniß, in welchem Preußen, in welchem der König, in welchem wir, das Volk, zum deutschen Bunde stehen, über die Pflichten, welhe uns dieses Verhältniß auflegt, und über die Ansprüche, welche der deutshe Bund, wir mögen ihn nun eiuen Bundesstaat oder cinen Staatenbund nenuen, an uns, an die von uns zu begutachtende Geseßgebung macht und zu machen berechtigt ist. Jh habe die Erwartung gehegt, daß dem begeisterten Aufrufe, der gestern erscholl von einem geehrten Mitgliede aus Westfalen, wir möchten uns Alle wie Ein Mann bei dieser Gelegenheit erheben und diesen Paragraphen unsere Zustimmung schenken, Folge gegeben werden würde. Meine Erwartung ging nicht in Erfüllung. Jh will k eine parlamentarische Reife der Versammlung sehen, welche nicht

omenten der Begeisterung , sondern der Ueberlegung ihre Resultate zu danken haben will, ich will annehmen, daß, wenn durch die De=-

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batte mit Erwägung aller, seien es wirkliche oder sheinbare Gründe und Gegengründe eine Ueberzeugung gewonnen wird, diese ein grö= ßeres moralisches und politisches Gewicht habe , als jedes Ergebuiß cines begeisternden Moments, Wir haben aber nun auch und zwar schr ausgezeichnete Redner gehört, welche sih gegeu diese Paragra- phen erklärt haben, sowohl aus rechtlichen als politischen Gründen.

Die ersteren erscheinen mir hinlänglich erörtert, Es sei mir er- laubt, die leßteren in ein paar einfahe Worte zu fassen. Diese lau- ten: der deutsche Bund ist kein Staatenbuud, sondern ein Fürsten- bund, er is niht zu dem Wohle der Völker, soudern zur Stüße der Fürsten geschlossen und festgehalten. Mir scheint diese Ansicht cine unrichtige und, was s{hlimmer is, eine ungerechte, Weun ih auch der Aufstellung des geehrteu Mitgliedes aus der Rhein-Provinz, wie wir gestern gehört haben, beistimmen muß, daß der preußische König in logish begränzter Definition und der preußische Staat nicht iden- tisch seien, weil der Staat aus Fürst und Volk bestehe, so folgt aber eben daraus, daß cin Fürstenbund nothwendig gleichzeitig ein Staag-

tenbund sein müsse, denn ih kaun mir zwei integrirende Theile ohne deren innerste Vernichtung uicht getrennt denken. Jedenfalls ist der Fürst der angeborene, der berechtigte und in Folge des höchsten Seh- punktes, der ihm zu Gebote steht, der befähigtste Vertreter, der höchste Schirmer und Wahrer der allgemeinen nationalen, der staat- lihen, der Volks-Juteressenz wir sehen, daß selbst bei den am li- beralsten konstituirten Staaten der Grundsaß festgehalten worden ist, das Staats-Oberhaupt sei unbeschräukt berechtigt, zu beschlicßen über Krieg und Frieden, über Bündniß und Angriss. Wir wollen doch darüber niht noch hinausgehen, und wenn wir dies nicht wollen, so fönnen wir auh nicht wollen, daß unser Fürst sein- Wort nicht halte und nicht löse und die ernsten Pflichten, die er übernommen, nicht erfülle. So wie Jeder von uns in jedem Augenblicke bereit is, Gut und Blut seiner eigenen Ehre zu opfern, so sind wir auch in jedem Augenblicke bereit, Gut und Blut der Ehre unseres Fürsten zu weihen, deun seine Ehre i} unsere Chre. Meine individuelle Ansicht von dem, was der deutsche Bund für unser Wohl, für das Wohl des Volkes geleijtet habe, möge sein, welche sie wolle, so lange der deutsche Bund besteht, werde ih für Beibehaltung dieser beiden Paragraphen stim- men. Was aber diese Vortheile betri, welhe der deutshe Bund uns, dem Volke, gewährt, so giebt es Vortheile, welche sich nicht in Zahlen aussprechen, nicht auf Silber reduziren lassen. Von dem ge- ehrten Marschalle der Proviuz Sachsen sind bereits solche angedeu

tet worden: das allgemeine deutshe Wechselreht; ih füge ähnliche hinzu, welche theils in Berathung stechen, theils iur Entstehen begrif= fen, theils vollendet sind, ein allgemeines deutsches Civil- und Kri- minalrecht, ein deutsher Münzfuß, Maß und Gewicht, eine deutsche Flagge und eine deutshe Wehre; welhe wir bereits haben. Es giebt jedoch noch Größeres, als dieses-eben Genanntez es ist dies die moralische nationale Einheit Deutschlands, durch die Kraft und Macht der deut- hen Treue und Ehre, diese ist die sicherste Garantie für alles Hohe, gegen alles Niedere, für alles Edle, für unser Bestehen. Seit Jahr- hunderten haben die verschiedenartigsten Juteressen und Bestrebungen sich vergeblich bemüht, die deutsche Nationalität zu zerstören, die des- halb unzerstörbar ist, weil sie auf deutscher Treue und Ehre ruht, sie hat sich stets auf das glänzendste, auf das siegreichste bewährt, als sie vernichtet, als. {ie ; erstoxben erschien. Auf die Be- stimmungen der Bundes - Akte, zurückklommend, so is nirgends die Rede von Assimilirung der „Fürsten, ihre Souverginetäten werden gänzlich geschieden .und von ‘einauder. verschieden gehalten, . wohl aber ist in vielen Paragraphen die Rede von Assimilirung- der Völkerstämme durch das Band in einander * greiftider* Gesehgebung, burh das Band gemeinsamer Treue und Ehre. "Der Grund, die Basis jedes Rechts ist Gegenseitigkeit. Wollen wix “Deutsche sein und bleiben, nun, so müssen wir das thun, was die Existenz Deutschlands aufrecht erhält; wenn wir verlangen, daß die anderen Bundesstaaten die Jntegrität Preußens aufrçecht erhalten und wahren, so müssen auch wir die Jutegrität, selbst des kleinsten Bundesstaates, ebeu so schüßen und wahren, wie unsere eigeuen, Wenn wir die beiden Paragraphen nicht annehmen, so machen wir nicht nur kein deutsches Strafgese8, wir machen nicht einmal ein preußisches, denn Preußen is ein integriren- der Theil Deutschlands, is der Schild des deutshen Bundes, und jeder Preuße ijt stolz darauf, zu sagen, „ih bin ein Deutscher“, und so wollen meine Brüder vou der Weichsel und dem Pregel und der Netze, welche nicht zum deutschen Bunde gehören, wenn auch nicht

deutsche Sitte, doh deutsche Treue ehren, und mit uns vereinigt,

die beiden Paragraphen aunehmen. Es is deutsche Art, zuerst das Recht festzuhalten, dann das Herz sprechen zu lassen und end=

lich den Verstand zu Rathe zu ziehen. Jch folge dieser alten {önen

Sitte. Preußen, eingeengt zwischen dem mächtigen Westen und dem

folossalen Osten, ruht nun in tiefem Frieden und fann ruhig aus sich

selbst und durch sich selbs sih entwickeln und gestalten. Wer weiß,

was die nächste Zukunft birgt, ob die Besonnenheit der europäischen

Fürsten, ob ihr persönliches Freundschastsband, ob die Kraft, welche

in unserer Vaterlandsliebe liegt, stets genügen werde, dem Sturm

der Zeit zu widerstehen, uud wenn diese Zukunfr naht, werden wir mit Sehnsucht anf den deutschen Bund sehen, mag man ihn Staaten-

oder Fürstenbund nennen, wir werden bei ihm Rettung suchen und

finden, und \o will ich jede Gelegenheit ergreifen, ihn zu stärfen und

zu kräftigen, und stimme nochmals und wiederholt für die Beibehal=

tung der beiden Paragraphen.

Abgeordn. Sperling: Auch ih erkenne die Vortrefflichkeit der Idee an, welche dem deutschen Bunde zum Grunde liegt. Jch trete aber auf die Seite derer, welche diese Jdee bis jeßt noh nicht für realisirt halten. Denn in der That is der deutsche Bund bisher der politischen Entwicelung der Völker nur hinderlih gewesen. Zu oft haben deutsche Regierungen, welche an den Beschlüssen der Bundes= Versammlung Theil nehmen, auf dieselben wesentlihen Einfluß haben, in eben diesen Beschlüssen nux Veranlassung gefunden, gerechten An= sprüchen der Völker entgegenzutreten. Solchen Erfahrungen gegen= über fann ih für den deutschen Bund, bei aller meiner Vorliebe für die Einheit Deutschlands, nicht die Sympathie empsinden, daß ich mich veranlaßt fühlen könnte, dieselbe in einem Hochverraths - Gesebe auszusprehen: Wir haben, meine Herren, gewissermaßen mit der Muttermilh die Jdee in uns aufgenommen, daß Hochverrath nur denkbar sei bei einem Staats =- Unterthanenverhältniß, daß die wich- tigsten Pflichten, welche der Mensch als Staatsbürger übernehme, die seien gegen sein Vaterland und dessen Regierung. Auf dieser Jdee beruht die Unverleßlihkeit und Heiligkeit eben dieser Pflichten, und sie würde geschwächt werden, wenn wir dem Staatsuuterthanen= Verhältnisse jeßt ein anderes Verhältniß gleichstellen wollten. Aus Patriotismus müssen wir uns dagegen erklären und der Abtheilung beistimmen , welche die in Rede stehenden Paragraphen aus dem Entwurfe gestrichen wisseu will. Gehen wir aber auch auf den Jnhalt der Paragraphen über. Wir wollen davon abstra- hiren, daß sie mit der Wissenschaft in direktem Widerspruche stehen. Wir sinden, daß die Bestimmungen derselben auc so unpraktisch sind, daß sie niemals. zur. Anwendung kommen köunen, denn es is bereits ausgeführt worden, daß von einem Bundesgebiete, also auch von einer Verkleinerung desselben nicht die Rede sein könne, Alle geehrten Redner, die eine andere Ansicht verfochten, haben offenbar diesen Ausdruck nur in uneigentlihem Sinne genommen. Jn dem Sinne,

in welhem man von einem Staatsgebiete spricht, existirt ein Bundes-

gebiet wirklich nit, und auch der hochgeehrte Redner, der auf die Bundesfestungen hinwies, P in einem Jrrthume befangen, da in Be= ziehung auf dic Bundesfestungen dem deutschen Bunde fein anderes Recht, als das der Besaßung zusteht. Wie sollte es aber mögli sein, ein hohverrätherishes Verbrechen gegen den deutshen Bund durch die Auflösung oder Aenderung der Bundesverfassung zu be- gehen? Der Königl. Herr Kommissar hat uns zwar ge auf einen Fall aufmerfsam gemaht. Jh glaube aber, daß solcher von der Art war, daß wir uicmals daran denken können, in einem ähn=-

lichen die Bestimmung unseres Strafgeseßbuches zur Anwendung zu bringen, Es wird in deu vorliegeuden Paragraphen offenbar eine Unmögl'chkeit zum Gegenstande eines Verbrehens gemacht und dies

Unternehmen des Unmöglichen mit der härtesten Strafe belegt. Woll-

ten wir nun auch wirklich das Unternehmen des Uumöglichen für

möglich und strafbar gelten lassen, so dürfen wir do nicht aus den

Augen lassen, daß auch ein solhes Unternehmen in jedem Falle nur

gegen eineu cinzelnen Bundesstaat gerichtet werden fönnte, der Ver=

brecher also {hon von dem einzelnen Bundesstaate seine Strafe er-

warten, als Hochverräther ihm gegenüber seinen Kopf verlieren müßte und keinen zweiten sür den deutschen Bund zu verlieren haben würde.

(Heiterkeit)

Es kann, meine Herren, die Bestimmung, wie sie hier steht, nie praktischen Nußen habeu, und dieses is mein zweiter Grund, mich da- gegen zu erklären. : y i

Vice - Marschall von Rochow: Jndem ih mich gegen die Ahb= theilung erkläre, erkenne ih als ein Verdienst derselben an, daß sie deu juristishen Standpunkt mit Gründlichkeit erörtert hatz ich erfenne es als ein besonderes Verdienst an, daß sie, wie der Herr Referent vorhin sagte, es mit einer gewissen Trokenheit gethan hat. Nur von solchen Grundlagen aus läßt si die vorliegeude Frage mit völliger Ruhe und Unparteilichkeit entscheiden. Jch erkenne ferner an, daß auch die Mitglieder der Majorität der Abtheilung iu demselben deut- hen Gefühle gesprochen haben, wie die Minorität (Bravoruf ), wir stehen darin auf gleiher Stufe. Jh erörtere nicht den juristischen Theil der Frage, weil ih dazu als Laie nicht befähigt bin. Hier stehen sih die Meinungen berühmter Juristen cben so entgegen, als die Ansichten in der Versammlung. Jch wende mich vielmehr zu dem Gefühle, welches bei beiden Theilen glei stark ist, zu dem Gefühle der deutschen Nationalität, und da bin ich nun der Meinung, daß diese cin viel größeres politisches Gewicht in die Sache legt, als eine bestrittene Rehts-Theorie. Meine Ueberzeugung ist, daß auf dem Gefühle der innigen Verbrüderung aller deutschen Stämme unscre ganze Kraft, die Gewähr aller Fortschritte in unseren inneren Zu- ständen und unsere Widerstandsfähigkeit nah außen beruht. Dies Gefühl muß also von uns auf alle Weise gehegt, gepflegt, gestärkt und erhalten werden. Wenn gesagt worden is, daß erlangte Vor= theile, die wir anerkennen müssen, wie z. B. der Zoll - Verein und das Wedchsel-Recht, nicht aus dem deutschen Bunde, soudern neben demsclben entstanden sind, so mag dies insofern zugegeben werden, als sie nicht aus Bundes - Beschlüssen hervorgegangen sind, aber sie sind hervorgegangen aus diesem Gefühle der deutschen Nationalität, und das ist es, was ih auf alle mögliche Art bestärkt zu sehen wünsche. Was würde Deutschland -in der Geschichte für eine ganz andere Stellung einnehmen, wenn nicht die deutschen Stämme und ihre Regierungen vou jeher in kleiulicher Eifersuht und Feindseligkeit von einander entfernt gestanden hätten. Erst vor nicht viel länger als dreißig Jahren hat das deutsche Volk zum ersten Male das volle kräftige Gefühl seiner Nationalität in sih aufleben sehen. Möge es aus alter Erbschaft hervorgegangen sein, möge es in dieser Kraft neu erwacht sein, das ist mir gleich; jeßt is es vorhanden. Mit der Kraft desselben haben wir die Fesseln eines mächtigen und stolzen Feindes zerbrochen, und diese Kraft wird jeder Feind erfahren, der es wagen sollte, von irgend einer Gränze her auf uns einzudringen ; aber die unerläßliche Bedingung solchen Erfolges ist, daß wir den Bund

der deutschen Stämme als einen heiligen und unverleblicheu betrachten.

Daraus folgt, daß Jeder, der diesen Bund anzutasten unternimmt, als Hochverräther, Jeder, der mit einem Feinde Deutschlands konspi= rirt, als Landesverräther bestraft werden muß. Dies hier anzuerken= nen, sind wir unserem deutschen Namen, unserer deutschen Chre schuldig. Wir rufcn damit unseren deuishen Brüdern, mögen sie Hessen, Sachsen, Württemberger, Bayern, Badener oder sonstwie heißen, zu: Seid unseres Beistandes in Krieg und Frieden, in Noth und Tod gewärtig wir versehen uns zu Euch derselben Gesinnung! Wer Euch ein Haar krümmen will, der hat es mit uns Preußen zu thun will man an uns, \o verlassen wir uns auf Euh! Diesen Zuruf richten wir an unser deutsches Volk, indem wir die §§. 92 und 93 annehmen, und er wird über ganz Deutschland hinschallen. Jch bitte Sie, meine Herren, stimmen Sie in denselben ein.

Marschall: Wir können nun zur Abstimmung kommen.

Candtags-Rommissar: Jch erhebe mich zunächst, um die von dem Herrn Referenten geäußerte Ansicht zu berichtigen, als habe der Schmerz, den ih gestern, uniht über das Votum der Abtheilung, sondern über den Antrag, die §§. 92 und 93 des Gesetz - Entwurfs zu streichen, ausgesprochen, sih irgendwie auf die Vorausseßung ci- nes Mangels an deutscher Gesinnung derjenigen Mitglieder der Ab- theilung, welche der Majorität angehört haben, bezogen. Jch habe das nicht uur uicht gethan, sondern vielmehr ausdrüdcklich erklärt, wie ih überzeugt sei, daß diese Mitglieder der hohen Versammlung den Wunsch der Stärkung deutscher Eintracht völlig mit mir theilten, ob= gleich wir in unseren Anträgen uns gerade eutgegenständen. Jch habe ausgesprochen, daß mein Schmerz nur darauf beruhe, daß ein selbs aus einem Mißverständuiß hervorgegangenes Votum gegen ein öffentliches Anerkenntniß der deutshen Einheit den Eindruck die= ses Anerkenntnisses \{chwächen müsse. Jch habe heute mit großer Freude gehört, daß ih mich nicht getäuscht, daß auch diejenigen Mitglieder der hohen Versammlung, welche gegen den Gesct - Entwurf stimmen, ihre Sympathie für deutsche Eintracht laut bekenuen, und glaube da- her annehmen zu dürfen, daß, wie auch das Votum ausfallen, wel- ches auch das numerische Verhältniß der Votanten scin möge, nihts= destoweniger die Debatte den Eindruck macheu werde, daß wir Alle vollkowmen einig sind in dem Anerkenutniß der Nothwendigkeit eines einigen, starken deutschen Vaterlaudes!

x (Lautes Bravo! !)

Wenn ih auf die Diskussion selbst zurückfomme, so befürchten Sie nicht, daß ich weitläuftig werdez uur das Nöthigste denke ich zu berühren. Ein geehrter Redner aus der Provinz Brandenburg hat so eben hervorgehoben, wie cs ein Vorzug des Abtheilungs=Gutach= tens sei, daß es, nach dem Ausdrucke des Herrn Referenten, die Sache mit einer gewissen Trockenheit behandelt hat. Jh muß bekennen, daß es mir {wer wird, mich bei diejem Lobe in einer Angelegenheit zu bethei= ligen, welche mein Gefühl ergreist, und in der ih daher eine gewisse Wärme s{werlich werde verbannen können, Wenn aber aus dieser Verpflichtung zur Trockenhcit die heute vernommene Behauptung des Herrn Referenten hervorgegangen ist, daß dew deutshe Bund nihts als ein Vertrag sei, und daß man gegen einen Vertrag feinen Hochverrath, keinen Landes-Verrath begehen könne, so glaube ih do, dieser Behauptung auch ohne Wärme mit Hoffnung des Erfolgs entgegentreten zu können. Der deutsche Bund i} ein Bund aller deutschen Volksstämme zu