1848 / 42 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Reich anmaßen , sondern führe nur diesen Fall an, weil ich glaube, die óhnlihe Meinung nbi die vortheilhafteste ist; wo der- Aeußerungen nun igend werden, soll der preußische Rich- ex officio untersuchen und diesfällig auf Strafe erkennen müssen. Dies halie ih nicht für angemessen. Daher wünsche ih und trage darauf an, den Paragraphen aus dem Geseß zu entfernen. egierungs-Kommissar Bischoff : Die übrigen deutshen Straf- esegbücher seßen allerdings eine mildere Strafe fest; allein das hat einen Grund darin, daß sie in dem Titel von den Ehrenkränkungen im Allgemeinen mildere Bestimmungen auen, als der preußische Entwurf. Ein gewisses Verhältniß mu ee am erhalten werden, Wenn später beim §. 195 eine andere und mildere Strafe festgeseßt würde, so würde cs sich rechtfertigen, auch hier niedriger zu gehen. Die Abtheilung hat aber die Strase des Entwurfs bei den Jnjurien angenommen. Die Frage über die Höhe und das Maß der Strafe ist übrigens nur von secundairer Bedeutung.

Hauptsächlich fommt es darauf an, ob man die Jujurien gegen auswärtige Regenten als öffentliche Jujurien ansehen soll, wegen de- ren von Amts wegen die Untersuhung eingeleitet wird. Jn der Hin- sicht, glaube ih, muß der Entwurf beibehalten werden; es würde niht \hicklich sein, wenn auswärtige Regenten erst darauf autragen müßten, daß wegen Jnjurien, die ihnen in Preußen zugefügt sind, 4 Genugthuung werde. Wenn gesagt worden is, man solle die

eciprozität zur Bedingung der Bestrafung aufstellen, so scheint dies ganz unangemessen zu fein: Män darf, wenn ein auswärtiger Re- gent in Preußen beleidigt worden is, nit erst dana fragen, ob, wenn in dessen Lande unserem Regenten eine Beleidigung zugefügt worden wäre, dies dort bestraft werden würde. j .

Abgeordn. Zimmermann : Allerdings liegt eben ein wesent- licher Unterschied zwischen diesem Paragraphen und den Gesetzen über die Jujurien darin, daß bei dem vorliegenden Geseh -Entwurf stets ex officio verfahren wird; und weil bei diesem Vergehen die mil=- dernden Bestimmungen der Jnjuríen ganz wegfallen, cheint mir eine zu große Härte vorhanden zu sein. Jch muß wiederholt darauf Be- zug nehmen, wie leiht man in die Gefahr gerathen kann, mündliche Aeußerungen zu thun, denen mehr Unüberlegtheit oder Unkunde zum Grunde liegt, als die Absicht, zu beleidigen. Wenn nun die “Bestimmungen über die Jnjzurien ein hinlängliches Strafmaß enthal= ten, so scheint mir kein Grund, bei jeder mündlichen Aeußerung über Handlungen auswärtiger Regenten, sollte sie auch eine mißbilligende, verleßende sein, die hiesigen Richter zu veranlassen, ex officio |treng zu untersuchen und darüber zu recherhiren, ob eine Beleidigung ir- gend eines fremden Regenten stattgefunden habe. Jch komme nun auf die Hauptfrage zurück: Jt es nothwendig, ein besonderes Ver- brehen in den Jnjurien gegen auswärtige Regenten zu konstituiren ? Diese Nothwendigkeit is nicht da, die Beleidigung eines auswärtigen Regenten ist eine Beleidigung, wie die einer jeden anderen“ Person, wir haben keine besonderen Verpflichtungen gegen auswärtige Regen-

ten, eine Beleidigung gegen dieselben kann also nicht eine andere sein, als die gegen irgend Jemand anderes. Wenn nun bei den Beleidi- ungen ausreichend strenge Strafen im Strafgeseßbuche festgeseßt find wie bis zu einem Nivr Strafarbeit bei wörtlicher und bis zu drei Jahren Strafarbeit bei thätlicher Beleidigung, \o sind hinläng- lih alle Fälle vorgesehen.

Abgesehen davon, daß es ein Recht des auswärtigen Regenten zu sein sheint, bestimmen zu dürfen, ob er eine Beleidigung gerügt haben will; es kann ja bei weitem mehr in seinen Wünschen liegen, eine Beleidigung gar nicht verfolgt zu sehen. Nach dem Geseßes- vorshlage kommt der fremde Regent in die Lage, daß allemal eine strenge Untersuchung stattfinden müßte; ja er hat nicht einmal das Recht, auf Bestrafung zu verzihten. Zch glaube, daß, wenn dieser Paragraph in den Abschnitt verwiesen wird, wo von den Jujurien die Rede is, die Rechte der sremden Regenten iu allen Beziehungen weit besser gesichert sind; denn dann kommen auch die dort auwend- baren Grundsäße in Beziehung auf die Verjährung, auf den An- trag und auf den Straferlaß in Anwendung. Diese Gründe veran- lassen mih, die hohe Versammlung zu bitten, auf Streichung des Paragraphen anzutragen.

Abgeordn. von Donimierski: Alles, was gegen §. 94 gesagt worden is, findet hier in noch größerem Maße seine Anwendung. Beide Fälle scheinen mir ganz analog zu sein. Jn jenem Paragra- phen handelt es si{ch um die Rechte auswärtiger Staaten, hier um die Rechte auswärtiger Regenten. Es isst mir nicht klar, warum die Abtheilung hier einen anderen Grundsaß befolgt. Dort hat sie be- stimmt, daß jeder Staat nur die Verpflichtung habe, seine Existenz und die Rechte seiner Unterthanen gegen widerrechtliche Angriffe zu sichern, die Moe fremder Staaten nur, insoweit darüber völkerreht- lihe Verträge bestehen. Jh glaube, diesen Grundsaß muß man hier festhalten, um in das Geseßbuh Konsequenz zu bringen. Jch finde auch feinen Grund, diese Bestimmung hier aufzunehmen, sondern würde ihr die Stelle lassen, welche sie bisher im Geseßbuch einnimmt, nämlich im Titel, der von den Jnjurien handelt,

Daher würde ih au für die Streichung des Paragraphen hier an diesem Orte und für die spätere Aufnahme sein, jedenfalls aber die Bedingung der Reziprozität wie im §. 94 festhalten.

Abgeordn. Sperling: Jh bin ebenfalls dafür , daß die Rezi- prozität als Bedingung der Strasbarkeit aufgenommen werde , weil sich sonst leiht Fälle denken ließen, daß Beleidigungen, die von preu- bischen Unterthanen auswärtigen Regenten zugefügt werden, bestraft würden, während dieselben, von ihren eigenen Unterthanen zuge- fügt, den Geseßeu ihres Staates gemäß unbestraft blieben. Jn die- ser Beziehung will ich uur auf England hinweisen, wo Jujurien, na- mentlich Pasquille , stattfinden können, ohne daß eine Rechtsverfol- gung eintritt: wollte man nicht auf Reziprozität bestehen, so würde nah unserem Paragraphen, wenn eine Jnjurie gegen die Königin von England verübt würde, gegen einen preußischen Unterthan die üntersuhung eintreten müssen, während der englische Unterthan \traf- los bliebe. Was den Antrag anbetrifft, diesen Paragraphen in das Kapitel von den Jnjurien zu verweisen, so habe ih außer dem, was darüber hon angeführt worden ist, noh zu bemerken, daß diesem An- trage noch cine gewihtige Autorität zur Seite steht, nämlich das Allge meine Landrecht und die bisherige Praxis. Jm Allgemeinen Landrecht ist ausdrücklich die Bestimmung enthalten, da Beleidigungen auswärti. ger Regenten nah den allgemeinen Grundsäßen von Beleidigungen zu bestrafen und die Strafen nur zu schärfen seien. Zwar könnte mir entgegengeseßt werden, daß diese Bestimmung im Landrechte nicht im Kapitel von den Jnjurien, sondern in dem der Lanvesverrätherei enthalten sei, indessen betrifft dieser Einwand nur die formale Seite des Antrags. Das Landrecht hat überhaupt fein System. Wir wol= len ein solches in das Strafgeseßbuch jeßt einführen. Demnach er= Hläre ih mih für den Antrag des Korreferenten und eventuell dafür, h wenigstens die Reziprozität als Bedingung der Strafbarkeit auf- gestellt werde.

Abgeordn. Steinbeck: Dieser Paragraph gehört in die Reihe der Paragraphen, wo si politische Rücksichten mit den juridischen 2E in gewissem Konflikte befinden. Nach den juridishen R ten würde jedenfalls \chon der Paragraph aus den bereits vorgetragenen Gründen, die ich zu wiederholen unterlasse, zu strei- hen sein, Ob er aber auch aus erie Rüfsichten zu streichen sei, ift eine andere Frage, Auch diese Frage glaube ih bejahen zu

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müssen, und zwar deshalb: Je höher man von der Würde der Re-

enten denkt, um so mehr wird man zu vermeiden wünschen, daß sie ompromittirt werde; nun sind Jnjurien oft von der Art, daß si bei den Verhandlungen über sie die Sache viel shlimmer gestaltet, als dur die Jnjurien selbst, Muß eiue Jujurie gegen einen aus- wärtigen Regenten von Amts wegen verfolgt werden, so fann das Gouvernement nicht unterlassen, dies in dem einen Falle wie in dem anderen zu thun, wenn es sich nicht in den Verdacht und den Vor= wurf der Willkürlichkeit verwickeln will. Es kann daher für die Würde fremder Regenten höchst bedenklich sein, wenn Jujurien, an ihnen verübt, ex officio verfolgt werden, und so scheint es mir der Würde der Regenten und dem eigenen politischen Interesse, möchte ih sagen, unjerer Gerichtsverfassung angemessen, den juristischen Standpunkt vorhercrschen zu lassen und den fremden Regenten anheim zu geben, ob sie es nicht unter ihrer Würde finden, Jujurien zu rü- gen, und die Ansichten, die in England darüber herrschen, scheinen mir die ritigeren zu sein. Unbedingt muß der Paragraph materiell wegfallen bei Strafbestimmungen, wie sie iu unserem Entwurfe so streng gestellt sind, E, sie hinreichend sind, um fremde Regenten gegen die Nichtswürdigkeiten einzelner Subjekte, die, Gottlob, bei uns nur selten vorkommen, vollkommen zu s{hüßen,

Regierungs - Kommissar Bischoff: Daß von Amts wegen die Untersuchung und Bestrafung erfolgen solle, is hauptsächlich deshalb bestimmt worden, weil es im Juteresse des preußischen Staates selbst beruht, daß solhe Handlungen bestraft werden. Wenn die Besorg- uiß geäußert is, daß die Einleitung der Untersuchung von Amts wegen Jukonvenienzen für die betresfeuden Regenten selbst herbei- führen könne, so wird diesem Uebelstande dadurh vorgebeugt, daß hoffentlich in sehr kurzer Frist das mündlihe und öffentlihe Straf- verfahren eingeführt sein wird, es also dann immer vou dem Staats- Anwalt und dessen Antrage abhängt, ob die Einleitung einer Unter- suchung erfolgen wird. Daß in Fällen dieser Art der Staats-Anwalt weitere Jnstructionen erfordern wird, wenn dies durch die Natur des Verbrechens geboten is, bedarf keiner Erwähnung.

Abgeordn. Camphausen: Zur Unterstüßung des Antrages des Herrn Korreferenten bleiben noh einige Bemerkungen übrig. Cs ist von dem Herrn Regierungs-Kommissar das vorzüglichste Gewicht dar- auf gelegt worden, daß bei Jujurien der Antrag des Verleßten ledig- lih entscheidend sei, während in den Fällen der §§- 108 und 109 von der Regierung die Klage eingeleitet werden könne. Jch würde es nicht für schwierig erahten, die Bestimmung später einzuschalten, daß in dem Falle, wo Junjurien gegen auswärtige Regenten verübt sind, auch Klage von Seiten des Staates eingeleitet werden könne ; damit würde dieses Bedenken gehoben sein. Gegen die Bemerkung, daß die deutschen Strafgeseße nicht so hohe Strafen für solhe Fälle haben, als im §. 108 vorgeschlagen sind, ist eingewendet worden, daß dagegen auch die Strafen für Jujurien in dem preußischen Ent- wurfe höher seien; es werde aljo deshalb nöthig, hier höhere Stra- fen anzuordnen, um eine Proportion aufrecht zu erhalten. Das ist nun ein Grund, der mehr aus der Arithmetik hergenommen ist, als aus dem Rechte. Wenn das Vergehen an sich nicht für so schwer gehalten wird, um eine höhere Strafe zu rechtsertigen, dann kann ich auch nicht anerkennen, daß deshalb, weil es in einem besonderen Paragraphen steht, eine höhere Strafe darauf gelegt werden müsse. Endlich war im. Verlauf der Verhandlung immer nur davon die Rede, daß auswärtige Regenten in Preußen beleidigt werden fönnen, aber der andere Fall is nicht erwähnt worden, auf den ih aufmerksam mache, daß nah den Bestimmungen über Verbrechen im Auslande auch ein preußischer Unterthan, der einen auswärtigen Regenten im Auslande beleidigt, in Preußen vor Gericht gestellt werden muß, während der Ausländer, der hier eine solche Beleidigung verübt und sih entfernt, bei seiner Rückehr in die Heimat nicht vor Gericht ge= stellt werden kaun. Das is ein Fall, in welchem noch schärfer der Mangel der Reziprozität hervortritt. Daß die Üeberschrist des Titels „Beleidigungen der Majestät und . der- Mitglieder des Königlichen Hauses“ auf §. 108 nicht paßt, ist bereits erwähnr worden. Jch seße voraus, die verhéißene Vorlage über die Verbrechen gegen den preußishen Staat wird erläutern, daß nicht Alles, was sih unter der Ueberschrift „Majestätsbeleidigung““ findet, als ein solhes Ver- brehen angesehen werden soll, indem sonst durch §. 108 sehr son- derbare Jnfkonvenienzen entstehen würden. Jch stimme für die Streichung des Paragraphen.

Abgeordn. Abegg: Ih würde mir uicht das Wort in dieser Sache erbeten haben, wenn ih nicht auf eine Aeußerung des Hexrn Regierungs-Kommissars zurückkommen wollte. Nämlich der Herr Re- gierungs-Kommissar hat gesagt zur Vertheidigung des §. 108, daß sich derselbe an das bestehende Recht anschließe. Dieser Grund \cheint mix aber hier nicht ausreichend, denn vas bestehende Recht soll ja eben abgeändert werden, das bestehende Recht steht niht mehr in Uebereinstimmung mit dem jeßigen Kulturzustande, mit den jeßigen Sitten, darum wird eben ein neues Gesey gemacht. Wenn wir also den Grund gelten lassen wollen, daß eine Bestimmung in das neue Geseß aufgenommen werde, weil fie im alten steht, so wäre eben feine Abänderung nothwendig. Jh habe den Herrn Regierungs=- Kommissar wenigstens so verstanden. Habe ih niht Recht, so wird er mi berihtigen. Also ih meine, daß hier aus dem «älteren Rechte nur die Bestimmungen herüber genommen werden sollen, die an und für sich gerecht, zwedmäßig uud vernünstig sind, aber nicht ältere Bestimmungen blos deswegen, weil sie im alten Gejebe stehen. Dies wollte ich nur hervorheben, denn der Eindruck von Aeußerungen, wie die angeregte, is oft von der Art, daß man glaubt, es müsse von selbst die Aufnahme in das neue Geseß erfolgen, und deshalb wieder= hole ich nohmals, der angeführte Grund scheint mir niht ausrei= hend, und daher stimme ih für den Antrag des Herrn Korre- ferenten. , :

Regierungs-Kommissar Bischoff: Es is allerdings von mir au- geführt E daß dieser Sab sich an das bestehende Recht an- fhließe. Auch glaube ih niht, daß das Argument des verehrten

Redners zutrifst, wenn er sagt, wir wären daran, ein neues Straf» geseß zu machen, und es sei demnach der angegebene Umstand nicht entscheidend. Die Aufgabe bei Abfassung des neuen Strafgeseßbuches

besteht lediglih darin , das bestehende Ÿ echt zu verbessern, zu ergän- zen und abzuändern, wo das Bedürfniß dazu sih ergeben hat; ich

glaube aber nicht, daß sih ein solches Bedürfniß in Ansehung des gegenwärtig in Rede stehenden Prinzips geltend gemacht hat. Wenn nun überdies, wie bereits erwähnt worden, alle deutschen Nachbar= staaten dieses Prinzip aufgenommen haben, so kann dasselbe wohl nicht so verwerflih sein, wie dies von mehreren Seiten ie worden i; guch würden wix mit denselben geradezu in Konflikt ge- rathen, wenn wir nicht Reziprozität gewähren wollten.

Abgeordn. Graf von Schwerin : Jch habe {hon in der Ab- theilung, wie aus dem Gutachten hervorgeht , für Beibehaltung des

Es is zunächst anerkannt worden von dem geehrten Abgeordneten aus Köln, daß auswärtige Regenten vorzu sweise Rücksichten verdie- nen, nur hat man nicht zugeben wolleu, daß sie unter den „Titel Ma= jestäts=Beleidigungen““ zu \tehen kommen sollen, sondern man will sie unter die Privat - Beleidigungen verweisen. Jch glaube, das ist im Wesentlichen glei, wenn man nur festhält, daß nit ein Antrag des

Beleidigten selbst exst abgewartet werden muß, sondern daß der preu-

Prinzips in diesem Paragraphen gestimmt und thue es auch jeßt noch.

ßishe Staat es als eine Beleidigung seiner selbst ansieht, wenn fremde Regenten dur seine Unterthanen beleidigt werden. Jh glaube ab das die Bestimmung hierher gehört, weil die Majestät, die H S den Regenten in ihren Staaten zukömmt, der Gr ) d: den. frem- , 1e ; E rund is, daß man ihnen diese Rücksicht zu Theil werden läßt. Dann is gesagt worden man könne nicht die Regenten solcher Staaten cie in ien, rehtlihem Verkehre mit Preußen stehen, als solche r S die vorzugsweise zu berüsichtigen seien, sondern müsse die Raa rozitét als Maßstab annehmen. Ich kann das nicht zugeben L ch glaube, ‘daß man gar nicht anders als vorauss\eßen darf daß R unserem Könige eine gleihe Behandlung und Rücksicht im Malatbe {enken wird. Wir können also niht ers Reziprozität abwarten Wenn wir eine solche Bestimmung zur Ehre unseres Staates für er= forderlich halten, so müssen wir auch damit vorangehen, sonst würden die übrigen Staaten auch sagen können: wir wollen erst abwarten ob în Preußen eine dergleihen Bestimmung festgeseßt wird. Ih glaube nun ferner, daß das Strafmaß dieses Paragraphen bedingt wird durch dasjenige vom §. 195 über die Privat - Beleidigungen. Die Abtheilung is nun zwar dem Strafmaße dieses Paragraphen beigetreten; daraus folgt aber noch nicht, wie wix aus Beispielen ge= seyen haben, daß die Plenar - Versammlung dem auch beitrete ; id glaube daher, wir würden am zweckmäßigsten hier verfahren, wenn wir das Strafmaß jeßt ausseßten, bis wir §, 195 berathen haben werden, um dann dasselbe auch hier zu bestimmen. Das schließt aber nicht aus, daß wir {hon jeßt das Prinzip annehmen, daß Regenten auswärtiger Staaten, welche in völkerrechtlihem Verkehre mit Preu- ßen stehen, besonderer Schuß in Preußen gewährt werden soll, und daß nicht uur auf ihren Antrag, sondern von Amts wegen solche Be= leidigungen geahndet werden sollen.

Vice - Marschall von Rochow: Auch ich muß mich für Bei= behaltung dieses Paragraphen erklären, Zwar ist dagegen ange- führt worden, daß preußische Unterthanen keine Verpflichtungen ge- gen fremde Regenten hätten, und daß diese hier nur als Privat-= Personen zu betrachten wären. Jh kaun allerdings die Verpflichtung eines Preußen gegen einen fremden Regeuten nicht in dem Maße annehmen, daß er ihm zur Treue verbunden sei, aber der Preuße hat Verpflihtungen gegen die Nation, deren Regent er is; in die- sem wird die ganze Nation beleidigt, die ihm mit Liebe und Treue zugethan ist. Aus diesen Gründen wünsche ih vorzüglich, vaß man den höheren Grad von Achtung, den man auswärtigen Regenten schuldig is, dadur anerkenne, daß man auf die Beleidigung der selben eine besondere und höhere Strafe seße.

Abgeordu. Hüffer : Jch bin mit den früheren Reduern, die sich für Streichung des Paragraphen ausgesprochen haben, einverstanden, jedenfalls aber müßte ih darauf antragen, daß der leßte Theil die- \cr Bestimmung , der nicht auf Thätlichkeiten sih bezieht, wegfalle. Wir sehen täglih in Frankreich , England und Belgien die maßlose= sten Karikaturen auf unsere höchstgestellten Personen erscheinen. Wenn nun der leßte verehrte Redner aussprah , daß in deu Regenten die Nationen selbs beleidigt werden, dann muß von uns unzweifelhaft anerkannt werden, daß auch wir als Nation in dieser Beziehung schon oft auf das empfindlichste beleidigt worden sind und es noch täglich werden. Sollen wir nun dies nicht allein dulden, sondern hier für ganz ähnliche Fälle jenen Staaten gegenüber Strafen bestimmen, o scheint mir das nicht in der Ordnung zu sein und der Gerechtigkeit zu widerstreben, und das beleidigt mein Rechtsgesühl.

Abgeordn. Graf von Galen: Wer in der Stellung der Re-

enten eine höhere Fügung und in den von Gott eingeseßten Herr-

erh seine Werkzeuge erkennt, der wird in Beleidigung derselben cine Beleidigung seines eigenen Regenten finden, der von Gott mit jenen auf eine gleiche Höhe gestellt is, Ju Beziehung hierauf stimme 1h für den Paragraphen.

Abgeordn: Graf zu Solms- Baruth: Jch werde mich dem Antrage anschließen, der von dem geehrten Abgeordneten aus Pom- mern für Beibehaltung des Paragraphen gestellt worden is, Es fann hier nicht die Absicht sein, gerade die erwähnten Karikagturen und Schmähschriften besonders zu begünstigen, welche fremde Regen-= ten durch Abbildungen beleidigen, und in der That mürde es gerade zu zum Schutze dieser unerfreulihen Erscheinungen gereichen, wenn dieser Paragraph nicht stehen bliebe ih werde also für denjelben stimmen. i

Marschall: Der Vorschlag des Abgeordneten Neumann ent= hält nur eine neue Bestimmung, die Bestimmung, daß Strafen nur in Bezug auf Regenten solher Staaten eintreten möchten, in wel chen Reziprozität stattfindet. Außerdem hat aber der Abgeordnete Neumann sich der Fassung des Entwurfes vollständig angeschlossen. Das giebt Veranlassung, die Frage zuerst auf das Abtheilungs-=Gut= achten zu richten, während kein Hinderniß obwaltet, die Frage auf Reziprozität noch am Ende zu stellen. Es mögen die Anträge der Abtheilung angenommen werden oder, nah bem eventuellen Vor=

lage des Abgeordneten Neumann, auf den Entwurf zurückgegan gen werden, in beiden Fällen kann die Frage in Bezug auf die Re= ziprozität noch für sich gestellt werden. Die erste Frage heißt : Soll auf Wegfall des §. 108 angetragen wee und die das beantragen, werden es durch Aufstehen zu erkennen geben. Jch bitte die Secretaire , zu zählen. (Dies geschieht.) - Das Resultat der Abstimmung ist folgendes: für Ja haben ge- stimmt 39, für Nein 57. e Die nächste Frage is nun auf die einzelnen Vorschläge der Ab- theilung zu richten. L Abgeordn. von Saucken - Tarputschen : Müßte nicht jeßt das Amendement des Abgeordneten der Rhein - Provinz kommen, welcher beantragt hat, daß ein Theil des Paragraphen gestrichen wer? Nämlich der leßte Sab, daß die nicht in Thätlichkeit bestcheude ne leidigung u. \. w. Der erste Autrag is verneint worden, uun glaube ih, müßte folgerecht der zweite Antrag kommen, O Marschall : Dieser Antrag is noch nicht unterste Wworen (Er wird unterstüßt.) 1 : Abgeordu. Graf von Schwerin: Wollen Durchlaucht noch eine Diskussion darüber ry i | : Marschall: Es steht dem nichts entge. ie a Lo: Graf von Schwerin: I ems M Antrage anschließen, den ganzen Paragraphen zu diese Aan S ih darin hätte ein Prinzip erkennen können/- Wg Ee P N nicht die meinige is, aber den leßten Saß 3! Gee un H le thât- lihen Beleidigungen zu strafen, aber andere Beleidigungen nicht, darin ist keine Konsequenz. Der Begrisf 901 Beleidigungen bleibt auch im leßten Sabe stchenz es sind nur solhe Handlungen, wo der ani- mus injuriandi nachgewiesen ist, 1m leßten Sabe gemeint, und daß da ein Unterschied sein sollte zwischen solchen Beleidigungen, die thät- lich begangen werden, und solchen, die dur andere Handlungen be- gangen werden, fann ih nicht erfennen, und ih glaube, da wir be= reits den ersten Theil des Paragraphen, das Prinzip desselben, ange- nommen haben, wir auch nit den leßten Saß verwerfen können. Abgeordn. von Auerswald: Jch habe gegen den §. 108 ge= stimmt, weil ih eben fein Prinzip in demselben erkenne, namentlich feines, welches- die Einreihung in den zweiten Titel rechtfertigte. Wenn nun aber der Paragraph doch hier aufgenommen ist, obgleich dies

auf keinem Prinzipe beruht, sondern nur auf Nüglichkeitsgründen, so hat man auch wohl das Recht, diese Nüglichkeitögründe in Betreff der einzelnen Theile zu prüfen, und wenn man das thut, so wird man zugestehen müssen, daß die mehrfah hervorgehobenen Jnkonvenien- zen, namentlih in Beziehung auf die Einleitung der Untersuchung, ex officio, im höheren Grade bei der Verfolgung anderer als thât- liher Jnjurien eintreten werden. Jh glaube uächstdem, daß, wenn Beleidigungen fremder Regenten einmal ex officio gerügt werden sollen, dies am natürlichsten da geschehen wird, wo diese Beleidigun-. gen persönlich und unter Verleßung des Gastrechts zugefügt sind, daß da die Verfolgung und Bestrafung gerechtfertigt erscheinen fanu, selbs ohne Rücksicht auf Reziprozität ; daß aber, wenn der leßte Saß des Paragraphen stehen bleibt, wir in die sonderbare Lage kommen könnten, daß unsere Regierung jede Beleidigung eines fremden Ne- genten durch Schriften eifrigst verfolgen müßte, während dessen Un= terthanen sich ungestört in den ärgsten Pasquillen gegen unseres Kö= nigs Majestät ergehen könnten. : :

Landtags - Kommissar: Auf die lebte Bemerkung muß ih mir einige Worte erlauben. .

Es ist vollkommen richtig, daß in einem unserer Nachbarländer ein Institut besteht, welhes darauf gerichtet zu sein scheint, unseren König mit den niederträchtigsten Schmähungen und Verleumdungen zu verfolgen, und ih zweifle nicht, daß alle diejenigen Preußen, welcbe von den Produkten dieses Instituts Kenntniß haben, auf das aller- tiefste dadurch verleßt werden und sie uicht allein als Beleidigungen des Königs, sondern auch als Jusulten der Nation ansehen. Wenn man aber daraus folgern wollte, daß es nun an uns wäre, ähnliche Justitute gegen fremde Monarchen zu gestatten, so muß ih gestehen, daß ih dieser Folgerung keincsweges Raum geben kann. Jh halte mich zunächst an den Grundsaß: was du nicht willst, daß dir die Leute thun, das thue ihnen auh nicht; daraus folgt, daß, wenn wir niht wünschen können, daß ein derartiges Justitut im Auslande ge= gen uns geduldet werde, es ein verkehrtes Prinzip sein würde, wenn wir den Wunsch hegen sollten, daß bei uns gegen das Ausland ein solches Jystitut bestände. Aber abgeschen davon, frage ih Sie, meine Herren, ob die Duldung solher Shmäh=Zustitute die Bande der staatlichen Ordnung des Landes, welches sie duldet, zu lockern oder zu befestigen gecignet ist? Jch meinerseits zweifle nicht, daß sie eben \o sehr gegen den Staat zurückwirken, der sie duldet, als gegen den sie gerichtet sind, ja ich glaube sogar, daß die nachtheiligen Wir= fungen gegen ersteren noch größer sind. Wenn dem so ist, fo glaube ih, daß alle diejenigen, welche keine Veranlassung haben, auf Loe= rung des Bandes unserer staatlihen Verhältnisse zu wirken, nicht dulden werden, daß man den leßten Theil dieses Paragraphen streiche, 7

Abgeordn. Camphausen :

(Unter fortdauernder Aufregung der Versammlung nah voriger Rede.) Ih muß mich gegen cine solche Qualification der Stimmen= Abgabe erklären und dagegen Protest einlegen. Hier muß Jeder die Fretheit haben, zu stimmen, wie es seine Ueberzeugung mit sich bringt, und es muß nicht gesagt werden , daß sie auf Lockerung der Bande dés Sigalës . .

Abgeordu. von Saucken-Tarputschen: Jh trete dem vollkom=- men bei, und wohl Keiner von uns is geneigt, diese Bande zu lockern, einen solch en Vorwurf könnte Keiner von uns auf sich siben lassen, fein Einziger von uns, der dafür gestimmt hat oder noch dafür zu stimmen gewillt is, hat eine Lockerung dieser Bande in Absicht, son= dern wir haben nur das Eine im Auge, was uns Recht scheint, ohne Scheu, ohne Rückhalt zu vertreten, und über unsere Ahstimmungen fönnen wir keinen Vorwurf dulden.

(Viele Mitglieder erheben sich und geben ihre Beistimmung zu erkennen.)

Candtags-Rommissar : Jch bin nicht gemeint, irgend Jemand etwas vorzuwerfen, noch sein Votum zu beschränken, ih glaube aber das Recht zu haben, meine Ansicht als Kommissar der Regierung und die Ansicht der Regierung hier mit derselben Freiheit auszu= sprechen, wie jedes Mitglied der hohen Versammlung. Jch glaube, daß ih von dieser Freiheit auch in diesem Augenblick keinen unrech= ten Gebrauch gemacht habe. Jch habe die hohe Versammlung auf die Folgen aufmerksam gemacht, welche, meiner Ansicht nach, aus einem folhen Votum hervorgehen würden ; darüber hinaus ist meine Absicht niht gegangen.

Abgeordn, von Auerswald : Insofern der Herr Landtags= Kommissar seine Worte damit anfing, daß er auf das, was zuleßt ge- sprochen worden sei, antworten wolle, und ich derjenige bin, der zuleßt gesprochen hatte, und insofern im Verlaufe der Rede eines schlehte Ten= denzen gegen unseres Königs Majestät verfolgenden auswärtigen Justituts gedacht und vorausgeseßt wurde, man fönne ähnlichen Bestrebungen gegen fremde Fürsten bei uns das Wort reden wollen; insofern also in diesen Worten, wenn auch gewiß ohne Absicht, aber do eine An= deutung lag, ih könnte ein Verfahren solcher Art, dessen anderwei= tige Folgen außerdem auf das bedenklichste bezeichnet worden, billi= gen, so muß ih dies auf das entschiedenste zurückweisen, Jch kann, wenngleih, wie schon bemerkt, ih eine verlegende Absicht nicht vor= aussehen mag, nux bedauern, daß der Herr Landtags - Kommissar seine Worte nicht mit mehr Vorsicht gewählt hat.

Candtags-Rommissar: Jh erkläre mit der größten Bereit= willigkeit und Wahrheit, daß es durchaus nicht meine Absicht gewe= sen is, irgend ein Mitglied der hohen Versammlung anzuklagen, daß es die Etablirung eines solchen Justituts wünshe. J glaube aber auch, daß in meiner Aeußerung nur ein einziges Wort gefehlt hat, um einem folhen Mißverständniß vorzubeugen; nämlih das Wort „Möglichkeit“ oder „Zulässigkeit“ vor dem Ausdruck „Etablirung eines solchen Jnstituts.‘““ Denn diese würde bei uns eben so vorhan= den sein, wie in dem Nachbarlande, wenn der fragliche Theil des Paragraphen fiele. Jh hoffe, daß das ehrenwerthe Mitglied aus Preußen mit dieser meiner Erklärung, was seine Person betri}, sich zufrieden erklären werde.

Abgeordn. von Auerswald : Vollkommen. Jch erlaube mir nur , den Herrn Landtags - Kommissar noch auf einen Umstand guf= merksam zu machen, der ihm vielleicht entgangen is, weil er, wenn ih mich nicht getäuscht habe, erst seit kurzer Zeit der Verhandlung beigewohnt hat. Es is bisher von Niemanden prätendirt worden, daß derartige Handlungen \traflos bleiben sollen, es ist sogar von mehre= ren Rednern, welche auf Streichung des Paragraphen antrugen, wie= derholt ausgesprochen, daß sie nichts dagegen hätten, wenn die hier erwähnten Beleidigungen härter bestraft würden, als andere Beleidi= gungen, es is nur verlangt und beantragt worden, diesen Paragra= phen an eine andere Stelle, in einen anderen Titel zu bringen, zum Theil im Juteresse der fremden Regenten selbst," Wenn nun hier angedeutet wurde, man habe durch den Antrag auf Streichung des Paragraphen völlige Straflosigkeit der in Rede stehenden Beleidi= gungen herbeiführen wollen, so ergiebt sich aus dem Gesagten, daß diese Meinung von keinem derjenigen ausgesprochen ist, die über= haupt darüber gesprochen haben.

Abgeordu. Steinbeck: Der verehrte Redner, der so eben ge- \sprohen hat, berührte den Umstand, daß im Interesse der Würde der fremden Regenten gegen die Bestimmung, welche in dem Para= graphen hier aufgenommen is, gesprochen worden sei, und das ist von mir gesehen. Eben weil ich im Juteresse der Würde der

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fremden Regenten gewünscht habe, daß ‘dieser Paragraph wegfalle, ergreife ih nochmals das Wort, um die zweite Position im Para- graphen einer Beleuchtung zu, unterwerfen. Der Paragraph ist in Beziehung auf die erste Position von der hohen Versammlung un- bedingt angenommen, ob es aber die zweite wird, is jegt die Frage. Jn der ersten Position is die Rede von einer wirklichen Thätlichkeit, in der zweiten Position blos von einem Angriff auf das , was diese Persönlichkeit des fremden Ey o umgiebt. Der Angriff der Thätlichkeit, is er geschehen, oll nun nah jenem Beschluß als be- souderes Verbrechen berührt und diesfallsige Bestimmungen darüber aufgenommen werden. Das läßt sich vertheidigen, wenn man den Gesichtspunkt, den ih früher aufstellte, nicht beahten will, dadur, weil eine Verleßung der Person nicht anders erfolgen fann, als wenn ein Verbrechen verübt wird, welches allerdings, auch wenn fein animus injuriandi damit verbunden 1st, dessenungeachtet ein Ver- brechen, und sogar ein sehr s{chweres, sein kaun. Was dagegen die zweite Position betri, so kann bei ihr nur der animus injuriandi als prägnantes Moment hervorgehoben werden, und, wie ih früher im Allgemeinen erklärte, daß es vielleicht sehr im Interesse des frem- den Regenten liegen könne, den Gegenstand zum Beweise eines sol» hen animus beleuchtet zu sehen, so- muß ich diese Behauptung, na- mentlich in Beziehung auf dieses zweite Moment, wiederholen. Fh habe allerdings gehört, es sei die Meinung, daß, wenn man den Staatsanwalt damit beauftrage, eine solche Untersuchung einzuleiten, es jedesmal von der näheren Justruction des Gouvernements ab= hängen werde, ob er einschreiten solle oder nicht; aber ich muß wie- der darauf zurücktkommen, was ih dort erwähnte, nämlich, wenn der Staatsanwalt in dem einen Falle einshreitet uud in dem anderen niht, so wird die Folge davon sein, daß das Gouvernement in den Augen der großen Masse vielleicht dann sich dem Vorwurse der Will- fürlihfeit ausseße. Davon bleibt das Gouvernement aber frei, wenn nux von dem fremden Regenten der Antrag auf Untersuchung ausgehen muß. Bleibt auch die erste Position stehen, so würde die zweite immer wegfallen können, weil der Schuß, den wir unbedingt dem fremden Regenten aus einem höheren Gesichtspunkte, aus poli- tischen Gründen, schuldig sind, sih auch gewähren läßt, wenn der fremde Regent darauf antragen muß: der Staatsanwalt solle für seine Person kllagend auftreten. Das stimmt auch mit dem überein, was das verehrte Mitglied aus der Rhein-Provinz vortrug, indem dasselbe meinte, bei den Paragraphen, welche von Jnjurien handeln, möge man einschalten : daß in den hier genanuten Fällen der Staats-= Auwalt aufzutreten befugt sci, mit anderen Worten, daß das Organ, welches soust nur der eigene Staat in Anspruch nimmt -iu seinem Interesse, auch von einem fremden Regenten angesprochen werden fönne, und deshalb stimme ih unbeschadet alles Uebrigen dafür, daß

die zweite Position des Paragraphen hier wegfalle und bei den Pa= ragraphen von Jnjurien ihren Plaß finde.

Vice - Marschall von Rochow: Zur Begründung des Antrags, den zweiten Theil des Paragraphen zu streichen, ijt angeführt worden, daß für den Paragraphen nur Gründe der Nüglichkeit sprechen könnten, diese aber auf diesen zweiten Theil nicht Anwendung finden, könnte. Dies kann ih nicht zugeben. Für mich liegt der Bestimmung das PrinztÞ zum Grunde, daß einem fremden Regenten wegen seiner hohen und ausgezeichneten Stellung besonders hohe Achtung bezeigt werden müsse. Aber auch von Seiten der Nülichkeit angesehen, muß ich den zweiten Theil des Paragraphen für praktischer und auch für noch nüßlicher halten, als den ersten. Was den Fall einer thätlichen Be- leidigung anlangt, so weiß ih niht, ob er vorgekommen ist oder jemals vorkommen wird; was aber den zweiten Fall anlangt, jo tritt er oft genug ein, und es können dabei Robheiten verübt werden, welche thätlichen Beleidigungen gleichstehen. Jch bin daher der Ansicht, daß man den zweiten Theil noch weniger entbehren fann, als den ersten.

Abgeordn. Graf von Schwerin : Jch- verzichte aufs Work.

Abgeordn. von Donimierski ;, Jch wollte nux darauf aufmerk= sam machen, daß sih ein Mißverständniß eingeschlichen hat, wenn an= genommen wird, daß dieser Fall \traflos sein solle, vielmehr soll diese Bestimmung nur die Stelle erhaltèn, welche sie bisher im Gesebßbuch eingenommen. Die Ansicht, welche der Herr Landtags - Kommissar ausgesprochen hat, daß das Band zwischen dem Volke und der Krone durch Pasquille. locker werden fönnte, theile ich nicht. Die Liebe und Pietät des Volkes zu seinem König ist so groß, daß erbärmliche Pasquille sie nit entkräften werden, sclbst| wenn wir auch ein sol- hes Institut, von dem die Rede war, in unserer Mitte hätten.

Abgeordn. Graf von Renard: Jene Gründe rechtliher Natur habe ih sehr wohl gewürdigt, welche dafür sprechen, d2ß der §. 108 nicht hierher, sondern unter den Titel der Jnjurien gehöre. Wollen wir aber über den Nachsaß des Paragraphen abstimmen, so gehen wir von der Vorausseßung aus, daß der §. 108 an dieser Stelle stehen bleibe, dann können wir nicht umhin , daß wir auch diesen Nachsaß stehen lassen, welcher den Zall ins Auge faßt, wenn solhe Jnjurien feine Thätlichkeiten sind. So wie ih für den Paragraphen selbst gestimmt habe, werde ih auch für den Nachsaß stimmen.

Marschall: Wir können nun abstimmen. Die Frage heißt : Soll auf Wegfall des leßten Sabes im §. 108 angetragen werden? Diejenigen, welche darauf antragen, würden es durch Aufstehen zu erkennen geben.

Es hat sich keine Majorität dafür ausgesprochen.

Vice - Marschall von Rochow: Der Herr Vorsibende der Ab- theilung hat vorgeschlagen , die Berathung über das Strafmaß aus- zuseßen, bis man sih über die Strafe, die auf Beleidigungen über= haupt geseßt würde, geeinigt hat. Jh möchte vorschlagen, daß dic=- sem Vorschlage beigetreten werde.

Marschall : Habe ich den Antrag bestimmt zu entnehmen ge= habt ?

Abgeordn. Graf von Schwerin : Ja, Durchlaucht, es war mein Antrag.

Justiz - Minister von Savigny: Jh glaube, daß der Antrag nicht vollständig von dem Abgeordneten aus der Mark erwähnt wor- den is. Jch habe thn so verstanden , es möge das Prinzip adoptirt werden , eine strengere Strafe auszusprechen, mit Vorbehalt des Strafmaßes.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh habe vorausgeseßt, daß das Prinzip angenommen würde, daß dem Regenten eines auswär= tigen Staates bei Beleidigungen ein höherer Schuß zu Theil werden solle, daß man aber das Strafmaß nicht bestimmen könne, weil man das Strafmaß für Privat-Jujurien noch nicht kennt.

Marschall: Wenn kein Widerspruch entgegengestellt wird, so wird eine weitere Fragestellung nicht stattfinden, es müßte denn sein , daß auf den Antrag des Abgeordneten Neumann noch eine Frage zu stellen wäre.

Abgeordn, Keumann: Mein Antrag auf Reziprozität bezieht sich nicht auf das Strafmaß. Jch habe nichts dagegen , daß das Strafmaß nicht erwähnt werde, aber die Reziprozität würde immer noch berührt und darüber abgestinunt werden müssen.

Marschall: Es wird also darauf beharrt. Jcch habe die Aeu= ßerung des Grafen Schwerin nicht bestimmt dahin zu verstehen ge- habt, daß die Strafbestimmungen des Paragraphen in den Titel über die Jnjurien verwiesen werden möchten, sondern sie {ien mir blos gelegentlich oder unter einer Vorausseßung gemacht zu sein, so wie auch von einer anderen Seite ein bestimmter Vorschlag, sie dahin zu

verweisen, niht gemaht wörden ist, Der Abgeordnete vou Detti- miersfi hat geäußert, daß die Bestimmung allenfalls hinüber genom men werden fönne. Wenn sich nun die Meinung der Verf dahin ausspricht, so unterliegt es keinem Zweifel, daß die Bestim=. mungen dorthin verwiesen werden fönnen, und da wir dann doch noch einmal darauf zurückfommen werden, so könnte auch die Frage ut Bezug auf die Reziprozität daun zur Erledigung fommen,

Abgeordn. Camphausen: Das Amendement scheint mir davon gauz unabhängig; es is selbstständig und im Anfange der Sizung augekündigt. i :

Marschall: Jch habe nichts dagegen zu erinnern. Die Frage heißt: Soll beantragt werden, die betreffenden Bestimmungen nur in Bezug auf die Regenten solcher Staaten eintreten zu lassen, üt welchen vollständige Reziprozität gesichert ist ? Diejenigen , welche diese Frage bejahen, werden es durh Aufstehen zu erfennen geben.

Die Majorität hat sich nicht dafür ausgesprochen.

(Mehrere Stimmen: Ja wohl!)

Tenn ein Zweifel erhoben wird, so bitte ih, zu zählen.

(Dies geschieht.)

Das Resultat der Abstimmung is folgendes: Für Ja haben: gestimmt 43, für Nein 54. Wir kommen nun zu §. 109,

Referent Kaumann (liest vor) :

„S. 409.

Beleidigungen der bei dem Königlichen Hofe beglaubigten Gea4

sandten oder Geschäftsträger sind in folgender Art zu bestrafen : 1) wenu sie in Thätlichkeiten gegen die Person bestehen, mit Ge=-

fängniß nicht unter drei Monaten oder mit Strafarbeit bis zu drei Jahren ; i L 9) in anderen Fällen mit Gefängniß von einem Monat bis zu: einem Jahre oder mit Strafarbeit bis zu einem Jahre.

Auf diese Bestrafung kann sowohl von dem Beleidigteu selbst (8. 199) als von der preußischen Regierung angetragen werden.“

Das Gutachten der Abtheilung lautet :

„Zu §495

Gegen die Schlußbestimmung des §. 109 wurde geltend gemächt: cinmal daß sie in die Prozeß-Ordnung gehöre, und dann -— daß es gegen das Prinzip verstoße, wonach nur dem Staate das Straf= recht gebühre, wenn die Bestrafung von dem Antrage des Beleidigs- ten abhängig gemacht werden solle. Andererseits wurde bemerkt, daß die angegriffene Bestimmung wesentlich in das materielle Straf= recht gehöre, weil, wenn sie angenommen würde, ohne Antrag des Beleidigten oder der Regierung die Beleidigung nicht strafbar seiz daß aber die Bestrafung von dem Antrage des Baue abhängig gemacht werde, dafür spreche der Grund, daß bei Beleidigungen nicht der Staat, sondern der Beleidigte vorzugsweije der Verleßte sei, daß die Beleidigung nur strafbar sein könne, wenn der Verlebte sih beleidigt fühle, und daß, wenn dies nicht der Fall sei, die Belei= digung als jolhe und daher auch als strafbare Handlung nicht be= stehe. Die Abtheilung hat sich indeß mit 8 gegen 6 Stimmen für die Ansicht entschieden, daß die Schlußbestimmung des Paragraphen wegzulassen sei. Was den materiellen Juhalt des Paragraphen an= betrifft, so ist die Meinung geltend gemacht worden, daß die Eigen= haft eines Gesandten oder Geschäststrägers fremder Staaten nur insofern einen größeren Schuß durch das Strafgeseß rechtfertigen fönue, wenn diesen Personen Beleidigungen „1m Amte ‘’ zugefügt werden, daß aber im Uebrigen fein Grund vorhanden sei, die Straf= bestimmungen, welche im zehnten Titel gegeben worden, zu schärfen.

Die Abtheilung hat sich mit 9 gegen b Stimmen für den Vor= {lag entschieden :

den §. 109 mit folgenden Modificationen anzunehmen :

1) daß hinter dem Worte „Geschäftsträger““ die Worte „im Amte“ eingeschaltet werden ;

2) daß in der Bestimmung unter Nr. 2 die Worte „oder mit Strafarbeit bis zu einem Jahre“ gestrichen werden.

3) daß in allen Fällen des Paragraphen auch auf Festungshaft erkannt werden dürfe z

4) daß der Schlußsaß gestrichen werde.

Regierungs - Kommissar Bischoff: Von Seiten der Regierung steht den meisten Vorschlägen der Abtheilung nichts entgegen, nament= lich nicht unter Nr. 2 die Worte: „oder mit Strafarbeit bis zu 1 Jahre‘, zu streichen, so daß nur Gefängniß eintritt. Eben so is nihts dagegen zu erinnern , daß Festungshaft zulässig sein soll, im Gegentheil muß dies bestimmt werden, nachdem der §. 15 gestrichen ist. Endlich ist nichts dagegen einzuwenden, daß der leßte Saß, wel= cher lautet: „Auf diese Bestrafung kann sowohl von den Beleidigten selbst, als von der preußischen Regierung angetragen werden “‘, weg= fällt, jedo allerdings aus einem anderen Grunde, als welchen die Abtheilung anführt; nicht, weil diese Bestimmung in die Strafpro= zeßordnung gehöre, sondern weil es sih hier von einer ähnlichen Art der Jujurie, wie bei §. 108, handelt, von einer Art der öffentlichen Jnjurie, wo die Untersuchung von Amts wegen einzuleiten ist ; etwa= nigen Uebelständen wird auch hier durch das richtige Ermessen des Staats - Anwalts vorgebeugt werden, Dagegen würde es im höch= sten Grade bedenflih jein, nah dem Vorschlage der Abtheilung zu 1 die Worte „im Amte“ einzuschalten, so daß die Beleidigung nux dann gestraft werden sollte, wenn der Gesandte oder Geschäftsträger im Amte gewesen wäre.

Es fann eine solche Distinction, wie sie bei preußischen Staats= beamten vorkommt und dem §. 196 zum Grunde liegt, bei auswär= tigen Gesandten und Geschäftsträgern nicht statuirt werden, denn diese Persouen sind immer im Amte, und weil sie das sind, sind Beleidi= gungen gegen sie niht Privat-Jnjurien, sondern öffentlihe Jujurien.

Fürst Boguslaw Radziwill : Obgleich Manches, was ih sagen wollte, {hon durch den Vortrag des Herrn Regierungs-Kommissars erledigt worden ist, so will ih mir do erlauben, einen Vorschlag zur Umänderung des Paragraphen zu machen, Jh kann mi feineê- weges mit dem Zusaße ad 1 des Abtheilungs-Gutachtens einver-= standen erklären, wo nach dem Worte „„Geschäftsträger“/ die Worte „im Amte“‘- hinzugefügt werden sollen, weil sich eben der Geschäfts= träger, sobald er auf seinem Posten ist, immer im Amte befindet. Es läßt sih das nicht so genau trennen, wo fr 11 oder außer seiner amtlihen Stellung is; denn die amtlichen Handlungen im engsten : Sinne kommen nur in sehr seltenen Fällen vor, Ad Nr. 4 könnte ih mich auch damit nicht einverstanden erklären, daß der Schlußsaßz gestrichen werde, und E mir daher folgende Fassung des Para-

‘ap rzuschlagen erlauben: E 7 y A e D Uanet einen bei dem Königlichen Hofe beglaubig= ten Gesandten oder Geschäftsträger beleidigt, soll:

1) wenn sie in Thätlichkeiten gegen die Person bestehen, mit Ge= -

fängniß nicht unter drei Monaten oder mit Strafarbeit bis zu drei Jahren; ; E : : 9) in anderen Fällen mit Gefängniß von einem Monat bis zu - einem Jahre oder mit Srafarbeit bis zu einem Jahre : hestraft werden. E bejtr L diese Bestrafung kann sowohl von dem Beleidigten selbsk - (s. 199), als von der preußischen Regierung angetragen werden.“ Referent Naumann: Der Antrag des durchlauchtigen Redners vor mir erledigt sich meines Erachtens, insofern er nämli dahin geht, daß die Bestimmungen des Paragraphen nur dann eintreten jollen, wenn der Beleidigende den Gesandten oder Geschäftsträger -