1848 / 42 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

wissentlich als Gesandten oder Geschäftsträger beleidigt. Es erledigt sich dies durch die frühere E des allgemeinen Theils, wo gesagt is, daß überhaupt, wenn ein Verbrehen von bestimmten Ei- genshaften der Personen oder bestimmten Verhältnissen abhängig ist, die Strafe nur eintritt, wenn demjenigen, der die Handlung begeht, dies bekannt gewesen ist. Daher glaube ih, daß das Amendement sich erledigt. Was aber den von der Abtheilung vorgeschlagenen Zusaß betrifft, hinter das Wort „Geschäftsträger“ einzuschalten „im Amte“, so halte ih dies für ganz angemessen. Jch halte dafür, daß überhaupt ein Geschäftsträger in hiesigen Landen nur als Geschäfts- träger oder Gesandter respektirt werden dürfe, wenn er in der That sein Amt ausübt, Allerdings würde noch durh einen Zusaß eine

,

fleine Erweiterung stattfinden können, indem es hieße „im Amt““ oder |

„mit Bezug auf sein Amt.“ Wollte man annehmen, daß ein Ge- sandter oder Geschäftsträger bei dem hiesigen Hofe unter allen Um-

ständen sih im Amte befinde , so muß ich gestehen, daß das doch in |

der That eine Annahme sein würde, die sich nah unserer jeßigen Anschauungsweise nicht rechtfertigen lassen kann. Ällerdings bestand einmal die Ansicht daß der Geschäftsträger die Person seines Mo- narchen repräsentire, daß er gewissermaßen mit ihm identish sei; eine solche Ansicht waltet aber gegenwärtig bei uns wenigstens nicht mehr ob. Man kann unmöglih annehmen , daß ein Geschäftsträger, der sih in irgend einer Gesellschaft oder in einem öffentlichen Lokale be- findet, sich dort im Amte befinde und dort die Person des Monarchen repräsentire, der ihn hierhergeschickt.

Ich halte dafür, daß der Antrag der Abtheilung mit dem Zu- saße zu Nr. 1 si vollkommen rechtfertigt.

Marschall : Wir wollen ermitteln, ob der Vorschlag des Fürsten Boguslaw Radziwill die er orderlihe Unterstüßung findet.

(Er hat sie nicht gesunden.)

Vice - Marschall von Rochow: Sollte ein Gesandter oder Geschäftsträger bei Beleidigungen nur dann eine besondere Berück=- sichtigung erfahren, wenn er im Amte is oder, wie vorgeschlagen wurde, sein Amt ausübt, so würde die ganze Bestimmung fast von gar keiner praktischen Folge sein, denn die wirklihe Ausübung des Amtes eines Gesandten besteht etwa in der Uebergabe seines Kredi- tios oder von Noten, und das sind Dinge, die außerordentli selten vorkommen; in jeder anderen Beziehung könnte also diese Bestim- mung nicht angewendet werden, Wenn man nicht mehr wollte, o glaube ih, thäte man besser, die ganze Bestimmung wegzulasseu. Da nun die Angelegenheiten , wo ein Gesandter amtlich erscheint, #o selten vorkommen und nicht Veranlassung geben können, ihn unter einen besonderen Schuß zu stellen, \o glaube ih, daß derselbe weiter ausgedehnt werden müsse, und stimme für die unveränderte Annahme des Paragraphen. :

Justiz - Minister von Savigny: Jch glaube, daß bei dieser Sade ein kleines Mißoerständniß zum Grunde liegt. Es i} gefragt worden, ob die Geschäftsträger ihre Souveraine repräsentirten z; eine eigentliche Repräsentation, im strengen Sinne des Wortes, fann nad) den im Völkerrecht angenommenen Begeiffon niht vou dem Geschäfts- träger, niht einmal von dem Gesandten behauptet werden, sondern nur von dem Botschafter z; dieser repräsentirt den Souverain in förm=- licher Weise, so daß ihm ähuliche Ehre wie scinem Souverain per= sönlich bezeigt wird. Es kommt aber hier gar nicht an auf diese itreng völkerrechtliche Repräsentation; faktish repräsentirt jeder Ge- sandte und jeder Geschäftsträger seinen Souverain und seine Nation. Also, wenn man nur fordern wollte, daß alle diejenigen Beleidigungen durch einen besonderen Strafschub sollten abgewendet werden, die dem Geschäftsträger oder Gesandten im Amte widerfahren, so is son von einem gechrten Redner erwähnt worden, daß dies so gut als illusorisch sein würde. Jm Amte befindet der Gesandte oder Ge- \{äftsträger sich nur, indem er Depeschen schreibt oder miindlich verhandelt, und da wird er gerade am wenigsten Beleidigungen aus=- geseßt sein. Auf der anderen Seite, wenn ihu Jemand beleidigt, der nicht weiß, daß er Gesandter ist, {o is {hon erwähnt worden, daß dann diese Strafsanction nicht zur Anwendung kommen kann nach der allgemeinen Bestimmung des §. 60, Jn der Mitte liegen die viel häufigeren und wohl! denkbaren Fälle, daß er nicht in Beziehung auf sein Amt, aber von dem, der seine Eigenschaft kennt, beleidigt wird. Jeder, der einen Gesandten, indem er weiß, daß er Gesandter ist, beleidigt, muß si sagen, daß er damit zugleih mehr oder weni-

er auch die Nation und den Souverain, der ihn gesandt hat, be- eidigt. Jusofern ist die Beleidigung, die ihm widerfährt von einer Person, die seine diplomatische Eigenschaft kennt, immer auch mittel- bar eine Beleidigung gegen den Souverain und die Nation, die er faktisch vertritt, wenn er sie auch niht wie ein Botschafter repräsen- tirt. Das is} der Grund, weshalb ein besonderer Schuß für die Ehre einer solhen Person angeordnet werden muß, und ich glaube, es würde unverträglich sein mit jeder Beschränkung, die noch dazu gefügt werden fönnte.

Abgeordn. Steinbeck: Es steht gar niht in der Macht unserer Legislation , scheint mir, die Worte „im Amte‘ hinzuzufügen; denn es handelt sih um eine geseßliche Bestimmung, die gemein - und oölkerrehtliher Natur 1}st. Ueberall wird angenommen, daß der Gesandte, mag er nun den Charakter als Botschafter, Gesandter oder Geschäftsträger tragen, stets im Amte sei. Theils liegt dies in der Natur seines Mandats an si, theils darin, daß man die einzelnen Handlungen, die er vornimmt, keinesweges einer sicheren Kritik unterwerfen kann, ob er sie innerhalb seines Amtes oder außer- halb desselben verübt; denn es fann Handlungen geben, die ‘er voll- fommen im Amte unternimmt, aber unter einer äußeren Hülle, die ihnen den Schein bloßer Privathandlungen giebt. Darum is} , wie hon gesagt, im gemeinen deutshen und Völkerrehte angenommen, daß ein Gesandter und Geschäftsträger sih immer im Amte befinde, und das föunen wir nit einseitig durch eine Bestimmung im Strafgeseßbuche aufheben; deshalb, und weil ih dem beitrete, was der Herr Marschall der Mark Brandenburg vorgetragen hat, stimme ih dafür , daß die Worte: „im Amte“ nicht in den Paragraphen aufgenommen werden.

Abgeordn. Graf Zech-Burkcrsrode : Jch muß mich auc gegen die Zufügung dieser Worte erklären, indem alsdanu, wie {on von dem Herrn Marschall der Mark Brandenburg erwähnt worden, die Bestimmung des Paragraphen fast nie zur Anwendung kommen würde. Es is bekannt, daß Beleidigungen fremder Gesandten früher oft selbs zu Kriegen geführt haben; dies wird jebt nicht mehr vor=- fommen, aber es fönnen doch ernste diplomatische Verwickelungen dar- aus entstehen, denen vorgebeugt werden muß durch Bestrasung der Beleidiger. - Deshalb, glaube ih, is doch die Annahme des Para- graphen ohne den Zusaß empfehlenswerth.

Abgeordn. Lucanus: Jch wollte gehorsamst bemerken, daß Fülle vorkommen fönnen, wo dergleichen Botschafter und Geschäftsträger denn doch au in außeramtlichen Dingen in Kollisionen fommen, bei denen beide Theile au in große Verlegenheit gerathen können. Es ist in Berlin ein Fall der Art vorgekommen, der selbs zu einem Ro= mane Veranlassung gegeben hat, und da möchte man doch Bedenken tragen, so viele Millionen Menschen der Verlegenheit auszuseßen, bestraft zu werden, während die andere Einzelpartie unbestraft bleibt, und tei welcher die Sache höchstens mit einer furzen Bemerkung Oa wird. Also möchte ih nicht, daß so viele Millionen in

,

pieser Beziehung shlechter stehen, als ein einzelner Geschäftsträger.

346 Wie gesagt, in Berlin haben si die Beweise geführt, daß nan vor= sihtig sein muß.

Marschall: Die Frage heißt:

„Soll beantragt werden, daß hinter dem Worte Geschäft s- träger die Worte im Amte oder in Bezug auf sein Amt eingeschaltet werden möchten? ( und diejenigen, welche die Frage bejahen, würden dies durh Auf- stehen zu erkennen geben. Die Majorität hat sih nicht dafür ausgesprochen. : Auf die übrigen Anträge der Abtheilung is keine Frage_zu rihten, weil sie von feiner Seite Widerspruch erfahren haben. Sie sind als angenommen zu betrachten. Wir fommen zu §. 4110. Referent Kaumann (liest p): 1Ô- Ü,

Wenn bei einem öffentlichen Auflaufe die Anwesenden von der Obrigkeit oder dem Befehlshaber der öffentlihen Macht aufgesordert werden, - sich zu entferuen, so ist Jeder, der dieser Aufforderung Folge zu leisten unterläßt, mit Gefängniß bis zu sechs Monaten zu bestrafen. E

Jn geringeren Fällen fann anstatt der Gefängnißstrafe auf Geld- buße bis zu funfzig Thalern erkannt werden.“

Mit 6. 240,

Die Bestimmung, daß diejenigen, welche bei einem öffentlichen Auflaufe aufgefordert werden, sich zu entfernen, und niht Folge p d bestraft werden, ist vollkommen gerechtfertigt; es fragt sich aber :

1, durch wen aufgefordert werden soll ? 2, wie die Aufforderung erfolgen müsse?

Jn Beziehung auf die Frage sub 41 wurde erinnert, daß der Ausdruck: öffentliche Macht ungebräuchlih fei, und daß besser gesagt werde: „Befehlshaber der bewaffneten Macht ‘“‘ im Gegensaß aller übrigen Autoritäten, welche bereits durch den vorhergehenden Aus- druckt: „Obrigkeit‘“ bezeichnet seien. Es wurde indeß entgegnet, daß die gewählte Bezeichnung angemessen sei, weil sie weiter gehe, als die vorgeschlagene zu substituirende Bezeichnung, und keinen Zweifel über die Bedeutung zulasse. Cin Antrag, die vorgeschlagene Bezeich- nung zu substituiren, wurde von der Abtheilung mit 8 gegen 6 Stimmen abgelehut. o

Hinsichtlih der Frage ub 2 wurde bemerkt, daß die Aussor- derung, sih zu entfernen, in einer Weise erfolgen müsse, daß jeder Anwesende sie vernehmen und sich später mit Unkenntniß nicht ent= schuldigen könne. Allerdings ist es wünschenswerth, daß hierüber ausdrückliche Vorschriften ertheilt werden, und daß nicht der Unter- suchung in jedem cinzelnen Falle vorbehalten bleibe, die erfolgte Auf- forderung festzustellen. Ein Antrag, daß bestimmt werde, die Aus- ruhrakte zu verlesen, wurde zwar mit 8 gegen 6 Stimmen abgelehnt, weil die Ausführung einer solchen Bestimmung in einzelnen Fällen

| nicht möglich sein werde, wenn es guf augenblickliches Einschreiten

der Obrigkeit ankomme ; allein die Abtheilung hat sich doch mit 7 Stimmen, worunter die des Vorsitzenden, gegen 7 Stimmen für die Ansicht erklärt, daß es nothwendig sei, im Geseße selbst eine angemessene Form der Aufforderung festzuseßen.

Ras die Strafbarkeit derjenigen Personen betrifft, welche unter die Bestimmung dieses Paragraphen fallen würden, so wurde daraus aufmerksam gemacht, E

daß bloßer Ungehorsam gegen cine obrigkeitlihe Aufforderung obwalte, und S daß dergleichen strafbares Verhalten nur als Polizei - Uebertretung anzusehen, / : ; | das desfallsige Strafgesebß daher in den dritten Theil des Entwurfes zu verweisen sei. Jn Betracht indeß, daß derartiger Ungehorsam die Veranlassung zu Ruhestörungen herbeiführe, und daß das Aufsehen der Obrigkeit besonders bei offentlichen Aufläufen aufrecht erhalten werden müsse, lehnte die Abtheilung den Antrag die Bestimmung des §. 110 als Polizei-Uebertretung in den dritten Theil des Entwurfes zu verweisen, ab, indem sie sich mit 10 gegen 9 Stimmen dafür erklärte, daß das Strafmaximum von sechsmonatlihem Gefängniß beizubehalten sei. Aus demselben Grunde entschied sie sich aber ferner auch dafür, daß in Fällen des §. 110) niemals auf Geldbuße erkannt werden dürfe. Die Abtheilung \chlägt vor : die Bestimmung des §. 110 mit der Modification anzunehmen, daß das zweite Alinea wegzulassen , außerdem aber die Art und Weise festgeseßt werde, in welher die Aufforderung, sich zu entfernen, erlassen werden folle.

Justiz-Minister Uhden: Fch wollte nur seitens des Gouverne- wents erflären, daß, wenn beantragt worden is, eine Bestimmung darüber zu erlassen, wie die Aufforderung erfolgen solle, nichts dage- gen zu erinnern ist. Eine solche is in dem Tumult-Edikte vom 4 August 1833 zwar hon vorhanden; da jedoch in diesem Gejebe materielle Strafbestimmungen enthalten und diese geändert sind, so scheint es angemessen, um jedem Zweifel vorzubeugen, |1€ an die- sem Orte zu treffen. 0 ,

Abgeordn. Ueumann: Nach dieser Erklärung des Herrn Justiz- Ministers habe ih nichts weiter zu erinnern, sondern nur den Wunsch, daß es noch ausgesprochen werde, daß die Aufforderung unter be- stimmten shüßenden Formen erfolgen müsse. E

Abgeordn. von Olfers: Jm Wesentlichen habe ih nichts zu erinnern, jedoch wünschte i, daß hinter den Worten: „von der Obrigkeit oder dem Befehlshaber der öffentlichen Macht““, die Worte eingeschaltet werden : ober! Deren Abgeordneten.“ Dann scheint dieser Paragraph besser zu passen zu dem leßten Alinea des §. 112, jedoch dürfte vielleicht auch diese Bemerkung durch die Erklärung des Herrn Justiz= Ministers erledigt sein. :

Marschall: Wenn feine Bemerkung weiter erfolgt, so gehen wir zu §. 111 über.

Referent Naumann (liest vor):

180 L

enn mehrere Personen sich zusammenrotten und öffentlich mit vereinten Kräften Gewaltthätigkeiten gegen Personen oder Sachen verüben, so sollen folgende Strafen eintreten : e E / 1, gegen die Anstifter, Rädelsführer und Anführer Strafarbeit Lon einem bis zu zehn Jahren oder Zuchthaus bis zu zehn Jahren ; 2, gegen jeden anderen Theilnehmer an der Zusammenrottung Gefängniß nicht unter trei Monaten oder Strafarbeit bis zu

fünf Jahren.“ Bu 6. 141.

Die sub No. 10 in der vorgelegten Zusammenstellung auf- geführte Frage: ob Bestimmungen über den Landfrievenshruch aufgenommen werden sollen? wurde von der Abtheilung einstimmig bejaht, weil zur Verhinderung des Zusammenrottens mehrerer Personen , bie mit vereinten Kräften (Gewaltthätigkeiten gegen Personen oder Sachen verüben, besondere Strafbestimmungen um \o mehr erforderlich sind, als gewöhnlich von derartigen Gewaltthätigkeiten die ruhigsten Personen ohne alle Ver= \{huldung betroffen werden. ( Gegen den Jnhalt des §. 111 wurde erinnert, daß die Worte : „mit vereinten Kräften“ den Begriff des Verbrechens zu sehr eins

s{ränken. Es komme nur darauf an, daß bei ei

Zusammenrotten mehrerer Personen überbaupt "Beraitgal ues verübt seien, ohne Rücksicht darauf, ob dazu „vereinte Kräfte“ Eiauhé worden. Andererseits wurde indeß bemerkt, daß Gewaltthätigkeiten „mit vereinten Kräften“/ gerade das Kriterium des Landfriedensbruches bilden, Gewaltthätigkeiten einzelner Personen aber nah besonderen Gesetzen zu bestrafen seien.

, Die Abtheilung hat einen Antrag, die Worte: „mit vereinten Kräften“ zu streichen, mit 12 gegen 2 Stimmen abgelehnt.

Ferner wurde erinnert, daß nicht füglich von Anstistern und An- führern die Rede sein könne, weil dies einen vorher überlegten Plan vorausseßzen würde und diese Vorausseßung bei Aufläufen 1m Sinne des §. 111 nicht zutrefse. Es wude indeß andererseits bemerklich gemacht, daß nicht blos eine Aufforderung zum Zusammenrotten nicht ausgeschlossen sei, sondern daß auch einzelne Personen während des Auflauss bei Verübung von Gewaltthätigkeiten durch Wort und That Anstifter und Führer werden fönnen, und die Abtheilung hat einen Antrag, die Bestimmung sub I, in: 8: 444M streichen, ‘eben- falls mit 12 gegen 2 Stimmen abgelehnt, |

Ferner hat sich die Abtheilung mit 8 gegen 6 Stimmen gegen die Ansicht erklärt, daß Zuchthausstrafe uicht als angemessene Strafe für derartige Vergehen erscheinen fönne. Deun es muß anerkannt weiden, daß in Fällen des Laudfriedensbruchs häufig Personen ohne alle Verschuldung hart betroffen werden, und daß es Aufgabe des Staats ist, dies dur alle uur möglichen Mittel zu verhindern.

Ferner wurde in Betracht gezogen, daß auh mancher Unschuldige in solchen Fällen bestraft wird, und daß der Grund zu derartigen Verbrechen lediglich in der Rohheit der niederen Klassen liegt, diese Rohheit allein aber {were Strafen nicht rechtfertigen kann. Cin dahin gehender Antrag, die bloßen Theilnehmer am Verbrechen des Landfriedensbruchs nux mit Gefängnißstrafe zu belegen, wurde indeß

. mit 10 gegen 4 Stimmen abgelehnt, weil Fälle eintreten können, in

welchen wenigstens Strafarbeit als geeignet erachtet werden muß,

Zu bemerken bleibt noch, daß die Bezeichnung „„Rädelsführer“ qus dem §. 4114 sowohl, wie aus den §§- 112, 143 und 115, ent- fernt werden muß, weil im fünften Titel des ersten Theils des Ent= wurfes der Begriff von Rädelsführer nicht angegeben is, und dap diese Bezeichnung auch entfernt werden fann, weil eine wesentliche Lücke in den Bestimmungen obiger Paragraphen dadurch uicht entsteht.

Die Abtheilung schlägt vort an s

die Bestimmung des §- 144 mit der Modification anzunehmen : daß der Ausdruck „Rädelsführer“ daraus entfernt werde.

Justiz - Minister von Savigny: Vie Abtheilung hat eigentlich nur einen einzigen Vorschlag zur Abänderung gemacht, und dieser i t mehr Fassungsvorschlag, steht aber in Verbindung mit einer ähnlichen Frage bei §. 82. Seitens der Regierung 1)f nihts dagegen einzu- wenden, wenn übereinstimmend mit der Ansicht der Abtheilung das Wort „Rädelsführer“ gestrihen wird, was in diesem Paragraphen am unbedenklihsten geschehen fann, so daß es dann blos hiepe: „Gegen die Anstifter und Anführer." i e i

Abgcordn. Steinbeck: Der Begriff des Landfriedensbruches i} in den verschiedenen Strafrechts - Cutwursen allmälig erweitert und die Strafen dafür verschärft worden, ohne daß sih dazu ein hin=- reichender Grund finden läßt. Jch muß, um das, was ich zu sagen im Begriff stehe, anschließen zu können, zuvörderst einen Paragraphen in Erinnerung bringen, welcher später erst zur Berathung kommen wird. Nämlich §. 433 sagk: i :

„Wer durch ungebührlihe Reden oder Handlungen ruhestörenden Lärm erregt oder öffentliches Aergerniß veranlaßt, ist mit Geldbuße bis zu zehn Thalern oder mit Gefängniß bis zu vierzehn Tagen zu bestrafen.“ e E

Vijeser Paragraph, der von blos polizeilicher Aufsicht spricht, sett voraus, daß bei diejem Vergehen keine Gewaltthätigkeit verübt werde, und nur hierin liegt die Disserenz zwischen den polizeilichen Vergehen und dem Verbrechen, welches der Entwurf als Landfriedens-

bruch bezeichnet. Nun fann es aber leiht vorkommen, daß es ur=-

sprünglich nur auf Lärm abgesehen warz die Umstände geben aber dem aufgeregten Haufen Mittel an die Hand, Thâätlichkeiten zu ver- üben, und der Landfriedensbruch, an den ursprünglich nicht gedacht war, is geschehen. Man wird zwar opponiren, daß das nicht richtig sei, weil es hier heißt: „Wenn mehrere Personen sich zusammens rotten und öffentlich mit vereinten Kräften Gewaltthätigkeit verüben,“ wenn es statt dessen hieße :

„um öffentlich mit vereinten Kräften Gewaltthätigkeiten zu vet-

üben,“ so würde dagegen nichts einzuwentcu sein, und die Trennung wäre klarer. Dies is aber blos Jassungssrage; wichtiger jedoch is die Frage: „Soll in solchen Fällen, wo Laudfriedensbruch verabredet und verübt worden, das hohe Strafmaß gegen alle Theilnehmer eintreten?“ Jm Entwurfe vou 1845 ist in §. 115 gejagt worden : „„Befängniß uicht unter einem Monat und Strafarbeit nicht unter zwei Jahren,“ und eine solche Milderung scheint auch bei Fällen der ebenberührten Axt vollkommen gerechtfertigt. Ich will nur daran erinnern, daß dieser Paragraph auch fajt nur polizeiliche Vergehen umfaßt, Je B. vollkommene Anwendung findet zwar nicht auf bloße Charivari, bei Einwerfung von Fenstern u. \. w. Nun erinnert sich gewiß manches geehrte Mitglied daran aus seiner Universitätszeit, daß die akademische Freiheit bisweilen dadurch gegen Finsterlinge demonstrirt ward, daß die baulichen Vorrichtungen zertrümmert wurden, welche Licht in die Wohnungen bringen, ohne daß man hierin einen Landfriedensbruch fänd. I stimme daher ad 2 dahin, daß die Vorschrift, die im Entwurfe von 1845 im §, 1 2 angenommen war, anu die Stelle dieses Paragraphen gescht werde. :

| Wrierangs - Kommissar Bischoff t Bei den Verbre) die g, 114 vor Augen hat, is hauptsächlich an s{hwerere Fälle V acht worden, wie sie auch in neuerer Zeit vorgekommen sind, p B, die Zerstörung des Cocterillshen Etablissements in E es eee schen Hauses in Karlsruhe. Es 1 nun gesagt wo! ir V un sih auch Fälle denken, wo man nicht so YON i S rafe 90 V6 dürfe z indessen darf man sich nicht verhehlen / ein An L P Losung zur Zerstörung sremden Cigenthum® E it, A ai e Ms sie gegeben hat, nicht wird ermessen E 0 ) S Th T walt erstrecken wird. Es is in Fällen DiEser Art! B S E E sache, daß die zusammengerottete Menge selbst sich reen e und mehr anfeuert und dann weiter geht, als dies S ic 7 e selbst gewollt hatten. Jch glaube demna, D vei n S. 11: die Anstifter und Anführer mit einem Jahre S Lou it a wor den sind, dagegen nichts einzuwenden ist; RES N Ua er gegen Nv, 21 wo gesag! M a a 0:0 nit Gefangmß mch

rei naten bestraft werden . i unter drei Sei: Wir Vin nun ermitteln, ob der Vorschlag des Abgeordneten Steinbeck Unterstüßung findet, Er hat sie gefunden.

Abgeordn. Hüffer : Jh will mir nur erlauben, mi T ONE dagegen auszusprechen - daß bei einem solchen Landfriedensbruch auf Zuchthaus erkannt werden solle, denn nur sehr selten, vielleicht nie, wird der Fall ae Va der bloße Landfriedensbruch mit ehrloser

j unden ist. Gesinnung ver irm.)

Erste Beilage

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mich aussprechen zu lassen! Wenn dabei bedeutende ander= weite Verbrechen verübt werden, . so finden sie ihre Strafe nach den dafür bestehenden besonderen Geseßen, und deshalb scheint mir das Maximum von zehnjähriger Strafarbeit hinreichend. Im zweiten Alinea scheint es mir ebenfalls, daß es nicht angemessen jer, ein Straf-Minimum von drei Monaten zu bestimmen, weil es Fälle geben fann, die so geringer Art sind, wo die Verschuldung solche Entschul- digung finden kann, daß es hart für den Richter wäre, dieses Mini- mum von 3 Monaten aussprechen zu müssen. Jch erinnere in diejer Beziehung an die im vorigen Jahre in Berlin und an anderen Vrten stattgefundenen Uvruhen, wo Hunger und mitunter andere Aufreizung zu derartigen Krawallen Anlaß gaben, und glaube nicht, daß in solchen Fällen das Minimum von 3 Monaten angemessen ware. Auch haben die Richter die Theilnehmer an diesen Unruhen niht überall mit drei Monaten Gefängniß bestraft, sondern sich in manchen Fällen mit 14 Tagen und noch weniger begnügt. :

Abgeordn. von Auerswald : Unter voller Anerkennung der-von dem Herrn Ministerial - Kommissar angegebenen Gründe dafür, daß ein nicht unbedeutendes Strafmaß für manche dieser bezeichneten Hand- lungen nothwendig sei, glaube ih doch, daß in vielen Fällen, wie hon der geehrte Abgeordnete aus Schlesien bemerkte, so geringe Vergehen unter den Paragraphen begriffen werden fönnen, daß die Strafe zu hart erscheinen möchte. Jch habe diese Ansicht in der Abtheilung unter Anführung derselben Beispiele vertreten, und bin der Meinung, daß Fälle vorkommen fönnen, wo das Strafmaß von einem Monat für die Theilnehmer und von drei Monaten für die Anstifter ausreichend wäre, wenn ih auch zugebe, daß mitunter ein bedeutenderes Strafmaß nöthig ist. Von diesem Gesichtspunkte aus schlage ich vor, daß unter Nr. 1 das Straf - Minimum auf drei Monate, in Nr. 3 das Minimum auf ein Monat ermäßigt nud Festungshaft hinzugeseßt werde. Ich vergegenwärtige hierbei nur, daß hier auch von Gewaltthätigkeiten die Rede ist, welche ledigliiÞ an Sachen begangen werden fönnten, und diese mitunter so unbedeu- tend sein dürsten, daß ih wohl auf Unterstüßung meines Vorschlages rechnen zu können glaube.

Abgeordn. Steinbeck: Jh trete diesem Amendement bei und vershmelze das meinige damit.

Marschall: Jn der Art, daß das erste vollständig wegfalle ©

Abgeordn. Steinbeck: So wie das Amendement von dem ver= ehrten Mitgliede aus Preußen vorgetragen worden ist, so nehme ih es guf und trete ihm unbedingt bei.

(Abgeordn. Dittrich verzichtet auf das Wort.)

__ Abgeordn. Camphausen: Der Vorschlag zerfällt in zwei Theile, einmal ein anderes Minimum anzunehmen, und dann eine andere Strasark vorzuschlagen. Für den ersten Theil würde ich stimmen, für den leßteren niht, und inwiefern eine Trennung der Fragen erforderlich szin dürfte, stellé ich anheim. :

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jh ließe mich dem An- trage des Abgeordneten aus Preußen an und füge hinzu, daß es durchaus nothwendig, ja die Hauptsache if, daß man unter Nr. 1 niht allein Strafarbeit in allen Fällen zuläßt, sondern, wenn man meint, daß das Vergehen geringerer Art sei, auch Gefängniß hinzufügt ; auf der anderen Seite wird man eben \o wenig Strafarbeit aus- {ließen können, ja nicht einmal das Zuchthaus, und es wird daher nichts Anderes übrig bleiben, als dem Richter die Fakultät zu geben, bis zu dem Gefängniß herunterzugehen.

Abgeordn. Camphausen : Gegen das Gefängniß habe ih nichts u erinnern, sondern nur gegen die Festungshaft, auf welche nach dem Vorschlage auch soll erkannt werden dürfenz ih kann mir aber keinén Fall denken, wo sie nothwendig sein würde.

Fürst Boguslaw Radziwill : Da würde ih mir die Frage er- lauben, ob das Mitglied Zuchthaus mit einschließt.

Abgeordn. von Auerswald: Ja, das is meine Meinung gewesen.

Referent Kaumann : Jh stelle doch anheim und würde direkt den Antrag stellen, gus diesem Paragraphen das Zuchthaus zu streichen. i i | (Viele Stimmen: Nein! Nein!)

Jch bitte einen Augenblick noch um Gehör. Es handelt sih hier blos um die Theilnahme an dem Landfriedensbruche, wie er im §. 111 definirt is, also von den Fällen, in welchen nicht dem einzelnen Theil nehmer nachgewiesen wird, daß er besonders strafbare Handlungen vorgenommen habe. Diesem Falle wird vorgesehen durch den §. 146, welcher \o lautet: „Sind bei Gelegenheit eines Aufruhrs, eines Land= friedensbruchs oder etner Meuterei einzelne Handlungen vorgetfommen, welche die Natur besonderer Verbrechen an sich tragen, so wird die Anwendung der für diese besonderen Verbrechen angedrohten Strafen durch die vorstehenden Bestimmungen nicht ausgeschlossen.“

Abgeordn, von Gudenau: Jch bemerke, daß dieser Paragraph nach dem Antrage der Abtheilung gestrihen werden soll.

Referent Kaumann : Er fällt weg, weil er nur der Wiederhball einer Bestimmung im allgemeinen Theile ist. Wenn bei Gelegenheit eines Landfriedensbruches einzelne Handlungen vorkommen, welche einen \{chwereren Charakter an sich tragen, dann wird Zuchthausstrafe ein- treten können, insofern diese Handlungen mit einer \o {weren Strafe bedacht sind. Daher glaube ih, daß der Landfriedensbruch an sich niht nothwendig Zuchthausstrafe erheischt.

Justiz-Minister von Savigny: Wenn Landfriedensbruch statt- findet, so können bei der Gelegenheit die allerärgsten anderen Ver- brechen vorkommen, es kann zum Todschlag gegen viele Menschen, zur Brandstiftung u, \, w. fommen, Der geehrte Referent hat eben erwähnt, daß alsdann die Strafen dieser Verbrechen ohnehin eintreten werden; - ih will das zugeben, aber seßen wir den Fall, daß ein Landfriedensbruch stattgefunden hat und es zu solchen extremen und besonders {wer strafbaren Handlungen nicht gekommen it, weil zu rechter Zeit die bewassnete Macht Einhalt gethan hat; das fonnten weder die Ansührer noch die Anstister vorhersechen, sie haben also wissentlich und vorsäßlich eine Handlung begangen, die zu dem Aergsten führen konnte, und es war nicht von diesen Anstistern abhängig, daß die Handlungen nicht dahin geführt haben. Bei einer Handlung aber, die mit solher Gefährlichkeit verbunden ist, kann man unmöglich die Zuchthausstrafe ausschließen wollen.

Äbgeordn. von Brünnek: Jh würde den geehrten Referenten darauf aufmerksam zu machen mir erlauben, daß die Zuehthausstrafe in diesem Paragraphen nur für die Anstifter, aber nicht für die Theilnehmer angedroht worden ist, Wenn ich nicht irre, hat der Herr Referent aber von Theilnehmern gesprochen,

Marschall: Die Frage lautet: „Soll beantragt werden, daß in den Fällen von Nr. 1. auch auf Gefängniß erfannt werden könne?“ Nachher werden die Fragen kommen: „Soll in den Fällen von Nr. 1. ein Minimum von drei Monaten beantragt werden?“ „Soll in den Fällen von Nr. 2. ein Minimum von einem Monate beantragt werden?“

Die erste Frage heißt also: „Soll beantragt werden, daß in den Fällen von Nr, 1, auch auf Gefängniß erkannt werden fönne?“

Freitag den 11. Febr.

Zeitung.

und diejenigen, welche diese Frage bejahen, würden das durch Auf- stehen zu erkennen geben. c Die Frage is mit Majorität von mehr als zwei Dritteln bejaht werden.

„Soll in den Fällen von Nr. 1 ein Minimum von drei Monaten |

beantragt werden?“ Die es bejahen, würden das durch Aufstehen zu erfennen geben. : i Der Antrag is mit mehr als zwei Dritteln Stimmen angenommen worden, „Soll in den Fällen von Nr. 2 cin Minimum von einem Monate beantragt werden?“ Die Bejahenden würden aufstehen,

Gleichfalls mit Majorität von mehr als zwei Dritteln angenommen. Es i} noch zu fragen, ob ‘der Antrag des Referenten, die Zucht- hausstrafe in dem Paragraphen ausfallen zu lassen, die Unterstüßung von acht Mitgliedern findet.

Er hat sie nit gefunden.

Referent Uaumann (liest vor) :

16/442,

Weun mehrere Personen sih zusammenrotten , um öffentlih mit vereinten Kräften einer obrigkeitlichen Anordnung oder Verfügung Widerstand zu leisten, oder von den obrigfeitlichen Beamten oder der bewaffneten Macht etwas zu erzwingen, so sollen dieselben mit fol- genden Strafen belegt werden :

l. die Anstifter, Rädelsführer und Anführer mit Strafarbeit von inem bis zu zehn Jahren - oder Zuchthaus bis zu zehu Jahren ;

2, die übrigen Theilnehmer mit Gefängniß nicht unter drei Mo- naten oder mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren. y

Wenn bei einem vffentlichen Auflgufe (§. 110) den obrigfeit- lihen Beamten oder der bewaffneten Macht mit vereinten Kräften ein thätliher Widerstand geleistet wird, \o sollen die in dem gegen- wärtigen Paragraphen vorgeschriebenen Strafen gleichfalls eintreten,“

Die Abtheilung hat bei diesem Paragraphen nichts zu erwähnen gefunden, als daß der Ausdruck „Rädelsführer“ fortfallen möge.

Abgeordn, Camphausen: Bel: C, 442: finde: 10, zu bean- standen, daß darin nicht das Verbrechen selbst, sondern der Versuch des Verbrechens, die Absicht, bestraft wird. Ér lautet : „Wenn meh- rere Personen sih zusammenrotten, um öffentlich das zu thun,“ sie sind also hon straffällig, wenn sie erst die Absicht haben. Die Ab=- sicht ist als strafbar vorausgestellt, nicht aber die Handlung selbst und etwa die Absicht als ein ershwerender Umstand. Ich glaube nicht, daß ein Bedürfniß vorhanden sei, vou dem allgemeinen Systeme abzugehen, daß die Handlung, die That bestraft werde, und der Ver- such der Handlung nach den allgemeinen Bestimmungen, die das Geseß über den Versuch enthält. Es ist um so mehr. zu bean- standen, als, wenn diese Bestimmung stehen bleibt, nun auch wieder der Versuch des Versuches strafbar wird. Jch darf vielleicht der Einwendung entgegensehen, daß auch das rheinishe Recht strenge Bestimmungen über den Aufruhr und die Bestrafung des Versuchs als vollendetes Verbrechen enthält. Es ist dies allerdings der Fall, aber auh zu beachten, daß dieses Recht zu einer Zeit entstanden ist, wo Frankreih noch in der \rishen Erinnerung aller Uebelstände lebte, welche die Bürgerkriege herbeigeführt hatten, namentlich der Krieg in der Vendée, und in Folge desselben das Durchziehen des Landes durch bewassnete Banden. Nichtsdestoweniger mache ih aber darguf aufmerksam, daß das rheinische Recht zwischen dem Attentat gegen die Sicherheit des Staates und der Rebellion unterscheidet, und daß bei der Rebellion allerdings die That, die Handlung selbst im Vordergrunde steht, Es heißt: „Jeder“ Angriff, jeder Widerstand mit Gewalt und Thätlichkeiten gegen ministerielle Beamte u. e W ist nah den Umständen ein Verbrechen oder Vergehen der Rebellion.“ Sie sehen also, daß hier nicht der Versuch, die Absicht, in den Vor= dergrund tritt, sondern die That, die Handlung selbst. Weit entfernt, daß eine besondere Veranlassung vorliege, beim Aufruhr den Versuch als selbstständiges Verbrechen zu bestrafen, glaube ich vielmehr, daß die Gründe, welche die Wissenschaft in der neueren Zeit gegen die Bestrafung des Versuches geltend gemacht hat, und insbesondere der wichtigste dieser Gründe, hier vorzugsweise zur Anwendung kommen. Dieser Grund ist, daß es im Interesse der bürgerlichen Gesellschaft liege, den Verbrecher, der mit dem Plane eines Verbrechens umgeht, der im Begriff steht, ein Verbrechen zu verüben, nicht davon zurü= zuhalten, daß er noch vor der wirklichen That zurücktrete. Wenn irgendwo, so ist dies nüßlich und heilsam bei dem Aufruhr, der, unterworfen der Steigerung durch aufgeregte Leidenschaft, die trau» rigsten und \chrecklichsten Folgen haben kann, und bei dem am meisten zu befürchten is, daß, wenn es zur That wirklich kommt, das Aller-= \{limmste sich ereigne. Wenn nun einer zusammengerotteten Menge bekannt is, daß, möge sie ih auch entschließen, von ihrem Vor haben abzustehen und guseinanderzugeben, sie nichtsdestoweniger \hon strafbar is, #o wird darin ein Aureiz für sie liegen, in dem Verbrechen weiter zu gehen und den Aufruhr bis zu der Gewalt- thätigkeit zu steigern, für welche sie die Strafe ohnehin zu erleiden hat. Der Artikel, welcher in seinen Strafen deshalb so hart is, weil sie auf den Versuch angewendet werden, ist es au deshalb, weil er in Verbindung steht mit den später folgenden, namentlih mit §. 115, wonach die polizeiliche Aufsicht soll erkannt werden können, und zwar nit nur gegen die Anstister und Anführer, sondern auch gegen die Theilnehmer, Es liegt sodann eine Hâärte darin, daß kein Unterschied gemacht wird, ob die Aufrührer mit Waffen versehen oder unbe- waffnet, ob sie in großer oder fleiner Anzahl versammelt waren. Er lautet : „Wenn mehrere Perjonen“, und es ist nicht ausgeschlossen, daß sechs Augen oder gar 92er Augen ausreichen. Man muß aller- dings dem Richter vertrauen, daß er in der Interpretation nicht so weit gehen werde, allein es is dies wieder ein Fall, wo es vorzu- ziehen wäre, wenn man ihm das Vertrauen nicht zu \henken, wenn vielmehr das Gesetz sich bestimmt ausgedrückt hätte. Vergleicht man den Paragraphen mit §. 115 iber den Widerstand gegen die Obrig- feit, so findet man, daß, wenn drei Personen Widerstand leisten, sie sich nah der Definition des §. 112 im Aufruhr befinden würden und sofort mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft werden könnten. Das sind die Gründe, welche mih zu dem Antrage bestimmen, daß hinsichtlich des Aufruhrs nicht die Absicht, sondern die Handlung in den Vordergrund gestellt werde, und daß der Versuch des Aufruhrs unter §. 40 fallez Es versteht sich, daß ih nicht die Fassung vor- chlagen will, und daß die Ausführung der Regierung zu überlassen wäre. | :

Justiz - Minister von Savigny: Das, was hier zuerst von

dem geehrten Abgeordneten erwähnt worden i}, wird bei genauer ;

Erwägung auf einen bloßen Fassungsvorschlag hinausgehen, und ih will nicht gerade in Abrede stellen, daß nicht durch eine noch vor- sichtigere Fassung das, was von, der Regierung gemeint is, ausge- drückt werden könne. Dahin ging die Absicht nicht, daß die bloße Zusammenrottung in der Absicht, künftig einmal Widerstand zu leisten, wenn auch der Widerstand gar nicht zur versuchten Ausführung ge- fommen (ei, gestraft werden sollte, sondern es war gemeint die

öffentliche Zusammenrottung zu einem gewaltsamen Widerstand gegen

| die Obrixkeit, welcher au in der That versucht worden ist. Wenn

sie nur die Absicht haben, Widerstand zu leisten, aber wieder zurüdck- treten, so is es nur ein Versuch, aber nicht eine Handlung, welche hier gemeint is. Es fann durch eine andere Fassung dafür gesorgt werden, bestimmt auszudrücken, daß im Paragraphen der wirkliche Widerstand gemeint sei. Was man durch den Ausdru „Widerstand leisten“ sagen wollte, besteht darin, daß es nicht darauf ankommen solle, ob der Widerstand Erfolg gehabt habe, das heißt, ob in diesem gewaltsamen Konslikt mit der Obrigkeit die Aufrührer augen- blicklich Herren geblieben sind. Auch wenn der Widerstand augen- blicklich überwunden wird, soll das vollendete Verbrechen angenom=- men werden. Sie haben sich versammelt, mit vereinten Kräften Widerstand zu leisten, sie konnten es aber nicht, weil die bewaffnete Macht stark war, sie sogleich gebändigt hat. gs nun die anderen Punkte betrifft, die gegen den Paragraphen angewendet worden sind, so fann ih damit nicht übereinstimmen. Daß die charafteristiz hen Bestimmungen „bewaffnet ‘“’ und „„Waffen“ erwähnt werden sollen, eint mir niht zweckmäßig. Die Handlung an und für sich ist höchst gefährlich, und alle diese Nebenumstände können nur dazu dienen , die richterliche Abmessung der Strafe zu bestimmen. Wenn es namentlich auf die Zahl der Personen ankommen sollte, wie will fürlih würde jede Zahl erscheinen, und wenn diese hohe Versamm= lung schon oft Gelegenheit gehabt hat, sich zu überzeugen, daß in ihr felbst die Zählung der für oder wider cinen Vorschlag stimmenden Mitglieder nicht ganz leiht is, so wird sie st{ch noch mehr davon überzeugen, daß die Zählung bei einem Aufruhr weit s{wieriger, oft unmöglich sein werde.

Abgeordn. Camphausen : Von den beiden Bemerkungen, welche der QNEerr Geseßgebungs - Minister gemacht hakt, entspriht die eine meinem Antrage. Jch habe sie so verstanden, daß in dem Gesebe

nur der wirklihe Widerstand, die wirklihe Thätlichkeit als Aufruhr bezeichnet werden solle. Zu der zweiten Bemerkung hätte ih zu er- läutern, daß ein Antrag von meiner Seite nicht gestellt is, sondern daß ich nur habe andeuten wollen, wie in der vermeintlih {härferen Bestimmung durch die Präzision der Fassung eine Milderung liegen fönne und wirkli liege. Das ist eine Bemerkung, die deshalb nicht ohne Wichtigkeit is, weil wir häufig vor Kasuistik gewarnt werden. Meine Herren, es giebt im Strafrecht eine Kasuistik, die zum Schuß der Angeklagten nothwendig is, und das ist in manchen Fällen wohl zu berüdsihtigen. i

Abgeordn. Steinbeck: Es is bereits beleuchtet worden, wie unmöglich es is , eine bestimmte Anzahl Personen anzunehmen, um das Verbrechen des Aufruhrs zu harafterisiren. Die Gesetze haben zwischen 10, 20, sogar 3 geschwankt. Es is} aber von dem Mit- gliede aus dex Rheinprovinz ausmerksam gemacht worden auf einen Umstand, welcher verdient, daß die Verwaltung ihn 11 Betrachtung ziehe. Es hat das Mitglied bemerkt, und, wie ich glaube, ganz richtig, daß bei einer strengen Strase, wenn sie guf den Versuch gejet würde , der Verbrecher im Verbrechen verharren und immer weiter gehen würde. Wir sind- von dem Herrn Minister der Geseß- gebung belehrt worden, daß die Ansicht der Regierung mit dem Wunsche des Abgeordneten aus der Rheinprovinz übereinstimme. Der Entwurf von 1843 enthält einen Paragraphen, der von der höchsten Wichtigkeit scheint und hier weggelassen worden ist, nämlih §. 204, welcher im §. 117 des Entwurfs von 1845 modifizirt wiederholt ist. Letzterer lautet: „Wenn die Theilnehmer an einem Aufruhr oder Land- friedensbruh noch keine Gewaltthätigkeit verübt haben und entweder aus eigenem Antrieb oder auf die Aufforderung der obrigkeitlichen Beamten oder des Befehlshabers der öffentlichen Macht sogleich aus=- einandergegangen und zur Ordnung zurüc{gekehrt sind, so sollen die Anstifter und Rädelsführer mit Gefängniß niht unter Einem Monat oder Strafarbeit bis zu ¿wei Jahren belegt, die übrigen Theilnehmer aber mit Strafe verschont werden.“

Fch glaube, daß es im Juteresse der öffentlichen Ruhe, Ordnung und allgemeinen Sicherheit liegt, daß dieser Paragraph hier aufge- nommen werde, weil er jene üblen Folgen von vorn herein entfernt und abshneidet. Jch stelle die Aufnahme dieses Paragraphen zum Amendement.

Justiz - Minister Uhden : Von dem Herrn Minister der Geseß=- Revision ist die Intention der Regierung \{chon auseinandergeseßt worden. Wenn aver nur ein Versuch vorhanden wäre, so ift von der Versammlung schon die Bestimmung angenómmen, daß, wenn Jemand freiwillig, aus eigener Bewegung, von der Vollendung des Verbrechens absteht, er straflos bleiben f\oll. Es i daher nicht noth= wendig, noch etwas darüber festzuseßen.

Abgeordn. Steinbeck: Sobald die Jntention der Regierun dahin geht, sich bei der Redaction klar und bestimmt in dem Sinue des in Rede stehenden Paragraphen auszusprehen, #o wird dieser 8. 11 Des Entwurfs von 1845 also bei der Redaction auf die eine oder andere Art vershmolzen werden. Für diesen Fall würde in Folge der Aeußerung des Herrn Justiz = Ministers mein Amendement jeßt überflüssig und es überhauvt nicht nöthig sein, meinen Vorschlag weiter zu verfolgen. h

Abgeordn. Graf von =cchwerin: Sobald das Amendement zu- rüdckgezogen ist, verzichte ih aufs Wort.

Marschall: Da will ih nur ermitteln, was in der zuleßt geäu- ßerten Ansicht des Abgeordneten Camphausen lag, Jh hatte den Vorschlag des Abgeordneten Camphausen in folgender Frage aufge=- faßt: Soll beantragt werden, den g. 112 in einer Weise zu fassen, daß nicht die Absicht, sondern die Handlung in den Vordergrund trete, und daß der Versnch nach §. 40 behandelt werde? Jch möchte ermitteln, welcher Theil dieser Frage nach der lezten Aeußerung des Abgeordneten hinwegfallen würde. L

Abgeordn. Camphausen: Der ganze Saß würde wegfallen. Die Erklärung des Herrn Gesetzgebungs - Ministers ging dahin, dai meinem Antrage entsprochen werde.

Marschall: Jch hatte aus der leßten Aeußerung des Abgeord= neten entnehmen zu müssen geglaubt, daß er nur zum Theil befriedigt worden sei.

- 450M Camphausen: Nein, vollständig. Ih seße voraus, daß die Versammlung derselben Ansicht A i :

Abgeordn. Zimmermann : Jch glaube, daß doc noch eíne kleine Verschiedenheit besteht zwischen dem Antrage des Abgecroneter aus Schlesien und der Erklärung des Perrn Justiz-Ministers. Es ist zwar ein allgemeiner Grundsaß des Strafrechtes, daß der Versuch straflos sein soll, wenn von dem Verbrechen freiwillig abgestanden wird. Hier liegt aber der Fall so, daß die Obrigkeit die Aufrührer aufgefordert hat, abzustehen. Der erkennende Richter Tönnte doch in dieser Verschiedenartigfcit des Falles noch eine andere Lage der Sache finden. Jh würde daher antragen, daß auf diesen Zweifel bei der fünftigen Fassung gerücksichtigt würde. ;

Abgeordn. von Weiher : Jch bin mit dem Paragraphen in der zweiten Hälfte nicht einverstanden.

Marschall; Jh muß bemerken, daß kein Antrag gestellt wor-