1848 / 42 p. 6 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

und 123 bestimmten Strafen, den Umständen nach bis zur Verdop- pelung, zu verschärfen.

ällt einem solhen bei der Befreiung eines Gefangenen nur Fahrlässigkeit zur Last, so soll er mit Gefängniß bis zu sechs Mona- ten oder in Fällen besonders geringer Verschuldung mit Geldbuße bis zu funfzig Thalern bestraft werden.

__ Gegen öffentlihe Beamte soll zugleih im Falle des Vorsabes die Cassation und im Falle der Fahrlässigkeit, wenn erschwerende Umstände vorhanden sind, die Amtsentseßung eintreten,“

Das Gutachten lautet : :

L h C „R Â, 124.

__ Der dritte Abschnitt im §. 124 handelt von Verbrechen, welche wesentlih in der Verleßung von amtlichen Pflichten bestehen. Es würde der Entscheidung über die Grundsäße vorgegriffen werden, welche bei Bestrafung von Verbrechen der Beamten überhaupt leitend sein müssen, wenn schon bei dem vorliegenden Paragraphen über die Strafbarkeit eines einzelnen Verbrecheus entschieden werden sollte, und es wird daher vorgeschlagen : j

die Bestimmung der beiden ersten Abschnitte des §. 124 zwar an-

zunehmen, die Bestimmung des dritten Abschnittes aber in den

26sten Titel des [l. Theils zu verweisen und die Berathung über den materiellen Junhalt derselben vorläufig und bis zur Berathung über die übrigen Bestimmungen des gedachten Titels auszuseßen. ““

Justiz-Minister von Savigny: Darauf, ob die Berathung dar= über ausgeseßt bleiben soll oder niht, wird nicht viel ankommen, ob- gleih ih mi uicht überzeugen kanu, daß die Erwägungen, die bei dem Titel über Beamten - Verbrechen vorkommen werden, viel dazu beitragen können, einen anderen Entschluß zu fassen. Jch glaube aber, daß, wie es auch angesehen werden möge, es zweckmäßiger sein werde, diese Bestimmungen hier stehen zu lassen, als sie in den Titel von den Verbrechen der Beamten zu verweisen, weil sie hier viel anschgu- licher sein werden.

Korreferent Frhr. von Mylius: Jch glaube, daß die Abthei- lung auch gegen das Materielle der Bestimmungen nichts einzuwen- den hat, . Sie stellt anheim, wohin sie gestellt werden sollen, obwohl

ih mein Votum dahin ausspreche, daß sie hier Aufuahme finden mögen.

Marschall: Wenn der Vorschlag keinen Widerspruch findet, so scheint es zweckmäßig, gleih hier über die ganze Frage zu entschei den, Es würde die Frage auf die Annahme des ganzen Paragra- phen zu richten sein, und diejenigen, welche dem Antrage auf die An-= nahme des ganzen Paragraphen beistimmen, würden es durch Auf- stehen zu erkennen geben.

Mehr als zwei Drittheile haben dafür gestimmt.

Referent Uaumann (liest vor):

1/8) 12D,

Wer öffentlich in Worten, Schriften, Abbildungen oder anderen Darstellungen die Landesverfassung, die Geseße, die Staats = Einrich- tungen oder die Maßregeln der Verwaltung durch Erdichtung von Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit, durch Schmähung oder durch Verspottung herabzuwürdigen sucht, is, ohne Rückstcht auf den Erfolg, mit Gefängnißstrafe niht unter zwei Monaten zu belegen.

Diese Strafbestimmung is auch gegen denjeuigen anzuwenden, welcher eine der bezeichneten Handlungen gegen den deutschen Bund oder gegen einen der deutschen Bundesstaaten begeht. Jedoch soll wegen solcher gegen einen Bundesstaat begangenen Handlungen die Untersuchung nur auf den Antrag der preußischen Regierung einge- leitet werden.“ i

Das Gutachten lautet :

„Qu S. 125,

Der Ausdruck „Verspottung“/ hat zu der Besorgniß Veranlassung gegeben, daß harmlose Scherze in den Bereich des Strafgesebes ge- zogen werden könnten, während jede Aeußerung, über welche gelacht wird, noch nicht als Shmähung gelten dürfte. Gegen die Mei- nung, daß der Ausdruck „Schmähung““ genüge und daher die Worte „oder durch Verspottung““ wegzulassen seien, hat sih indeß die Ab- theilung erklärt, weil angeführt wurde, daß jene Besorgniß unge= rechtfertigt sei, indem aus der Fassung des Paragraphen hervorgehe, daß nur eine geflissentlihe Herabwürdigung durch öffentliche Verspot- tung im §. 125 vorausgeseßt werde. Aus diesem Grunde wurde auch mit 11 gegen 2 Stimmen ein dahin gehender Antrag abgelehnt, daß „die Maßregeln der Verwaltung“ nicht unter den Schuß des vorlie- genden Paragraphen gestellt würden.

Ferner wurde bemerkt, daß die vorliegende Bestimmung nur im Interesse des eigenen Staats sih durch ein Gefühl der Pietät reht- fertigen lasse, daß aber, wenn auch fremde Staaten unter denselben Schuy gestellt würden, der freien Entwickelung der politishen Presse allzu sehr entgegengetreten würde, daß dadurch ein lähmender mora- lischer Druck entstehen müsse, wenn man die kleinsten Staaten und die fleinlichsten Maßregeln der Verwaltung in denselben vor mögli- cher Verunglimpfung durh Strafgeseße {hübßen wolle. Andererseits wurde indeß hervorgehoben, daß bloßer Tadel von geflissentlicher Her- abwürdigung sehr verschieden sei, daß von einem Verbote der Herab- würdigung der bloße Tadel nicht betroffen werde, daß aber im Ju- teresse der deutschen Bundesstaaten insbesondere sih ein geseßlich zu normirender Schuß gegen Herabwürdigung im Sinne des §. 125 in Berücksichtigung der nahen Beziehungen, in welchen sie zum preußischen Staate stehen, vollkommen rectfertige. Ob- gleih die Abtheilung mit 6 Stimmen, worunter die des Vorsibenden, gegen 6 Stimmen einen Antrag, die ganze Bestimmung im zweiten Alinea des §. 125 zu streichen, abgelehnt hat, so is sie doh mit 7 gegen 5 Stimmen der Ansicht beigetreten, daß in dieser Bestim mung die Worte „gegen den deutschen Bund“ fortgelassen werden müssen, weil Vergehungen gegen den deutshen Bund als solchen aus den bei §g§. 92 und 93 erörterten Gründen im Sinne des §,. 125 nicht stattfinden können. y

Was die Höhe der im §. 125 festgeseßten Strafe betrifft, \o wurde bemerkt, daß unter Umständen auch eine Gefängnißstrafe von 2 Monaten eine zu harte Strafe sein würde, und die Abtheilung entschied sich mit 8 gegen 5 Stimmen dahin, daß es überhaupt nicht nöthig sei, ein Minimum der Strafe festzuseßen,

Es wird vorgeschlagen :

die Bestimmung des §. 125 nur mit folgenden Modificationen anzunehmen : 1) daß im ersten Alinea die Worte: „nicht unter 2 Monaten“ und 2) daß im zweiten Alinea die Worte: Bund“‘ gestrichen werden.

Was den zweiten Antrag betrifft, so is er nicht mehr von Be- deutung, nachdem die §§. 92 und 93 gegen den Antrag der Abthei- lung angenommen worden sind. i

Korreferent Frhr. von Mylius : Jch befinde mih hier im Wi- derspruhe mit dem, was so eben mein Herr Kollege im Referate ge= äußert hat, indem ih glaube, gerade hier, was den deutshen Bund und die deutschen Bundesstaaten betrifft, auch abgeschen von den frü- her geäußerten Gründen für Wegfall der §§. 92 und 93, Gründe geltend machen zu fönnen, um diese Strafbestimmung hier wegfallen zu lassenz denn es giebt Verhältnisse, die im Qunteresse des deutschen Baterlandes zur Sprache gebraht werden müssen, und wir mögen nur in Erwägung ziehen, daß wir, wenn wir die Verhältnisse

„gegen den deutschen

392 mancher kleineren deutschen Staaten ins Auge fassen, auf das Sprüch= wort kommen: Difficile est satyram non sceribere,

Abgeordn. Camphausen: Jh schlage vor, daß die Worte; „oder durch Verspottung““, wegfallen, und zwar vorzugsweise deshalb, weil nicht nur die gegen die Landesverfassung, gegen die Gesebe und gegen die Staats-Einrichtungen, sondern auch die gegen die Maßre- geln der Verwaltung gerichteten Verspottungen mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft werden sollen. Es wird dadurh gewissermaßen ein Verbrechen der beleidigten Verwaltung dargestellt, und wer es begeht, hat im Marimum eine doppelt so hohe Strafe zu erleiden, als derjenige, welher in Worten und Handlungen die Chrfurcht ge- gen Se. Majestät den König verlebk. Ih bin nun nicht der Mei- nung, daß die Verwaltung so hoch stehe, daß ein spottender Angriff gegen sie {wer bestraft werden müsse, ih bin es nicht hinsichtlich der Herren Minister, ich bin es ncht hinsichtlih der Minuisterial= Deyartements oder Regterungs Kollegien, ich bin es auch nicht hiu= sichtlich der Herren Landräthe, Potizei-Direktoren und Bürgermeister. Fh finde feruer nicht, daß für die Verwaltung ein dringeudes Be- dürfniß bestehe, sih mit übergroßer Aengstlichkeit hinter den Mauern des Strafgeseßes vor den Pfeileu des Spottes in Sicherheit zu bringen. Im Gegentheil, wenn die begonnene uud noch in Aussicht stehende größere Regsamfeit des öffentlichen Lebens sich mehr aus debut, was der Fall sein wird, wenu keine Hindernisse in den Weg gestellt werden, sv wird es erforderli sein, daß mau auf eine Em-= pfindlichkeit verzichte, die mit dem Nimbus der Beamtenwürde in einer nun dahinshwindenden Zeit gepaart war. Jch glaube, im Ju teresse der Gesammtheit des Staates und der Staatsverwaltung kann auch die herbste Kritik der Verwaltungs-Maßregeln nicht \häd- lich, sondern eher nüßlich sein, Mau möge mir Beispiele anführen, wo eine wirklih gute und tüchtige Verwaltungs-Maßregel durh Spott vereitelt worden wäre. Wenn dagegen schlechte oder lächerlihe Maß- regeln der Satyre niht haben widerstehen können, so liegt darin die Aufforderung, auf ein so wirksames Mittel der Warnung und der Be= förderung der Aufmerksamkeit und Umsicht nicht zu verzihten. Ge gen persönliche Ehreukränkungen sind die Mitglieder der Verwaltung, auch wenn die Censurscheere nächstens in die Rüstkammer gewandert ist, durch den zehnten Titel des Strafgeseßbuchs geschüßt ; sie wer= deu den nöthigen Schuß da finden, wo auch jeder Privatmann ihn zu suchen hat. Jch stimme aber für den Wegfall der Worte: „oder durch Verspottung““, niht minder um der Freiheit willen. Die Gränze zwischen Tadel und Spott is nicht zu erkennen, Wenn der Spott strafbar wird, so ist der Anklage und der Verfolgung ein unabsehba- res Gebiet eröffnet, ein Gebiet, welches sich bis zum Unendlichen er- weitert, weil in unserer verwaltenden Zeit die Maßregeln der Ver- waltung so zahllos sind, wie der Sand am Meere.

Abgeordn. Graf von Schwerin: Jch gehöre gewiß nicht zu denjenigen, welche den Wunsch haben, daß die Verwaltung unter be- sonderen Schuß gestellt werde, daß nicht die Kritik ihre Handiungen frei und öffentli besprehe. Jh gehöre deshalb nicht zu dieseu, weil ih glaube, daß eine solche Kritik die Kraft der Verwaltung haben und nur eine {wache Verwaltung sie nicht ertragen kann. Aber es f Vier nd von der Knit, nr ema oi der Satyry, sondern von Schmähung und Verspottung durch Entstellung der Wahrheit und durch Erdichtung von Thatsachen die Rede, also ist es ganz speziell die Lüge und die Verleumdung, die hier gemeint ist, und dagegen missen öffentliche Autoritäten geschüßt sein. Man mag noch so zweifelhast darüber sein, ob das Strafsmaß das richtige sei oder nicht, aber das Prinzip, daß nicht nur die Landesverfajsung und die Gesetze, sondern auch die Maßregeln der Verwaltung vor solcher Verspottung sicher gestellt werden müssen, i mit vollkommener An- erkennung des Grundsaßes, daß diese Maßregeln frei besprochen wer= den können, niht anzufechten. :

Abgeordu. Sperling: Die Lüge is -durch die Worte „durch Erdichtung vou Thatsachen oder durch Entstellung der Wahrheit““ be- sonders abgefertigt. Der Ausdruck „Verspottung““ hat also einen von der Lüge unabhängigen Sinn, und ih glaube, er würde nah den Erfahrungen, die wir {hon gemacht haben, in sehr vielen Fällen An- laß zu unbegründeten gerichtlichen Verfolgungen geben. Jm Interesse des Staates und jedes Gemeiuwesens liegt es, daß die Freiheit, öf- fentliche Verwaltungs-Maßregeln zu besprechen, so wenig als möglich beschränkt werde. Wird etwas Unwahres vorgebracht, ein unbegrün deter Tadel ausgesprochen, so wird der betreffende Beamte in einer amtlihen Eutgegnung Gelegenheit finden, es zu widerlegen, wenn er nicht zufrieden mit seinem Bewußtsein, keinen Tadel verdient zu haben, es angemessener findet, zu hweigen. Jch mache die hohe Versamms- lung darauf aufmerksam, daß von Maßregeln der Verwaltung ohne Unterschied der Beamten die Rede ist, von denen sie ausgehen, und daß solche mitunter wirklih von der Art sind, daß man über dieselben sich uicht äußern kann, ohne in die Form des Spottes zu verfallen. So ist es z. B. vorgekommen, daß bei Gelegenheit cines erhebiichen Brandes von einem Polizei: Beamten das Löschen während des Gottes= dienstes untersagt wurde. Jst es möglich, dieses Umstandes auch uur zu erwähnen, ohne in den Verdacht des Spottes zu gerathen?

(Schallendes Gelächter.) Und doch läßt er sich durch Akten beweisen. Ferner erinnere ih mich eines Falles, daß einem der Beamten, der sich auf der Braudstelle etwas später einfand, als Andere, dies von seinem Vorgeseßten ver= wiesen wurde, und er, ta er sich mit der Entfernung seiner Wohnung entshuldigte, die Weisung erhielt, näher heranzuziehen,

(Noch stärkeres Gelächter,) Diesen letzteren Fall kann ih zwar nicht wie jenen verbürgen, jedo ist au er mir von glaubhaften Männern erzählt worden; und ich frage Sie nochmals, ist es möglich, dergleichen Dinge anders als im Tone des Spottes zum Gegenstande der Besprehung zu machen? Daher treten wir doch dem Antrage des Herrn Abgeordneten aus der Rhein - Provinz bei, welcher dahin geht, daþ die Worte „oder durch Verspottung‘“ gestrichen werden, .

Abgeordn, Keumann: Jch schließe mich diesem Vorschlage ebenfalls an und bemerke zuvörderst, daß es darauf ankommt, ob die Auslegung des Herrn Vorsißenden der Abtheilung die richtige sei, und das fann ih keinesweges anerfennen. Cs ist in dem Para= graphen nicht von einer besonderen Verspottung die Rede, sondern ste ist als etwas Allgemeines, als die gewöhnliche Art der Verspottung Wingetelt, n e 4

Abgeordn. Graf von Schwerin (unterbrechend): Jch habe aller- dings mich zu reformiren und will dies erklären, bevor noch weiter gegen mich deduzirt wird. 2

Meine Argumentation war uicht richtig, sle beruhte auf einer unrichtigen Vorgusseßung in Bezug auf die Wortstellung des Para- graphen.

Abgeordn, VKeumann (fortfahrend): Was nun die Sache selbst anlangt, so erlaube ih mir darauf aufmerksam zu machen, daß alle Sriststeller, welhe über den Entwurf sih ausgesprochen, ent- schieden die Aufnahme der Worte „oder durch Verspottung““ getadelt haben, weil dieses Wort so höchst zweifelhafter Natur ist, denn da- nah kommt es darguf hinaus, daß wir fünstig ein besonderes Ver= gehen und einen strafbaren und nicht strafbaren Spott haben würden. Wo die Gränze gezogen werden soll, das is aber sehr zweifelhaft, Jch muß ferner bemerken, daß fast sämmtliche Provinzial - Landtage

sich gegen die Aufnahme dieser Bestimmung erklärt haben, und um j

die Sache kurz zu fassen, mache ich nur noch darauf aufmerksam daß die vorliegende Bestimmung auch härter ist, als das frühere Recht war. Das Landrecht set voraus, daß dadurh Mißvergnügen mit der Regierung veranlaßt werde; das ist etwas, was hier ganz außer Beachtung bleiben soll, mithin ist die Strafbestimmung wesentlich härter, als nah dem bisherigen Rechtszustaude, und deshalb wünsche ih den Wegfall. |

_Vice = Marschall von Rochow: Man mag die Freiheit der Presse und die Besprehung der öffentlichen Angelegenheiten \o bo stellen, als man will und ih habe uicht die Absicht, sie herabzu- jeßen so wird doch eine Gränze gegeben werden müssen, und diese sindet sih da, wo Haß und Verachtung gegen die Regierung und Landesverfassung hervorgerufen wird. Jh glaube, daß es feine här- tere Geißel giebt, als die Verspottung. Die Lüge kann entdeckt, die Schmähung widerlegt werden, aber Spott, mit einer gewissen ‘Ge- schilichfeit geübt, ist das wirksamste Mittel, um Verachtung hervor- zubringen. Nun bitte ih zu bedenken, daß selbst bei den freiesten Berfassuugen und in constitutionellen Staaten Aeußerungen, aus de- nen die Tendenz hervorgeht, Verachtung gegen die Regierung zu er= regen, überall streng geahndet werde, und erinnere nur an die strengeu Strafen, auf welche in solche Fällen die Geschworenen - Ge- richte in Frankreich stets erkennen.

_ Marschall: Es hat sich zwar kein Redner mehr gemeldet, es ist aber zu erwarten, daß es noch geschehen werde, und in diesem alle würde es wegen Ablauf der Zeit nöthig sein, die weitere Be=- rathung aufzuschieben. j

(Von allen Seiten wird auf Abstimmung angetragen.)

Jch habe nichts dagegen, daß es zur Abstimmung kommt. Landtags-Rommissar: Es ist keinesweges meine Absicht, eine Rede pro domo zu halten, sonst würde ih vielleicht im Stande sein, dem angeführten Sprüchworte: „difficile est satyram non scribere““ ein anderes entgegenzuseßen: „audacter calumniari, semper aliquid haeret“, nnd es dürfte auch mir niht an Beispielen fehlen, um meine Sentenz zu belegen. Jh rede niht pro domo, ih will mich auch über das Strafmaß nicht aussprehen, sondern nur das Eíne will ih hervorheben, daß dieselben Gründe, welhe mich bewogen haben, im Juteresse des deutschen Bundes und der deutschen Bundesstaaten für die Beibehaltung der §§. 92 und 93 zu sprechen, damit sie durh unser Strafgeseßbuch vor- Angriffen sichergestellt werden, mih bewegen, Jhuen zu empfehlen, durch Annahme des leßten Abschnitts dieses Paragraphen dem deutschen Bund und den deutshen Bundesstaaten deuselben Schuß zu gewähren, dessen der eigene Staat genießt.

(Der Ruf nah Abstimmung wiederholt si.)

Abgeordn. von Brünneck: Es ist schon bei einer anderen Ge= legenheit bemerkt worden, daß nicht allein der Ausdru: „Verspot= tung“, sondern auch der der „Schmähung““ ein sehr unbestimmter, will- fürliher Deutung und Beziehung fähiger is. Ju dieser Ansicht bin ih auch von Rechts - Gelehrten bestärkt worden. Doch hiervon ab= gesehen, möchte ih nur noch darauf aufmerksam machen, daß wenig= stens dem Worte „Enutstellung“ das Wort absichtlich ‘““ vorzujeßen sein dürfte, da die Entstellung der Wahrheit auch eine unabsichtliche, in einem Irrthum begründete sein kann.

(Wiederholter Ruf nah Abstimmung.)

Landtags- Kommissar: Jch finde nichts dagegen zu ermnern, daß diese Bemerkung für die desinitive Fassung ad referendum ge nommen werde.

(Der Wunsch nah Abstimmung macht fih nochmals geltend.)

Abgeordn. Sperling: Jch trage auf namentliche Abstim- mung an.

( Von allen Seiten: Oh, oh!)

Marschall: Jch glaube nicht, daß der Antrag Unterstüßung

siudet.

v.

(Unterdessen erheben sich mehrere Mitgiieder.)

Wix sind zuerst bei der Frage, ob nach dem Antrage der Ab=- theilung die Worte: „not unter 2 Mouaten“, wegfallen möchten. Die zweite Frage wäre, ob die Worte: „gegen den deutshen Bund oder‘, in Wegfall zu bringen seien, und die dritte Frage, ob die Worte: „oder dur Verspottung““, zu streichen wären.

Also die erste Frage heißt : : ]

Soll auf Wegfall der Worte: „nicht unter 2 Monaten““, angetra= gen werden? .

Diejenigen, welche dem beitreten, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität von mehr als zwei Drittheilen hat sih für den Wegfall ausgesprochen.

Die nächste Frage heißt :

Soll beantragt werden, daß die Woue: Bund oder‘, wegfallen 1iöchten ?

Die, welche auf den Wegfall dicser Worte antragen, würden das durch Aufstehen zu erkennen geben.

Die Majorität hat sih nicht dasür ausgesprochen.

Die nächste Frage heißt:

Soll beantragt werden, daß die Worte: „oder durch Verspottung““, aus dem Paragraphen wegfallen?

Es fragt si, ob 8 Mitglieder den Antrag auf namentliche Ab=- stimmung unterstüßen, j

(Es erheben sich einige Mitglieder, worauf sih ein großer Lärm in der Versammlung erhebt, in welchem nur so viel vernommen werden fann, daß der Abgeordnete Sperling seinen Antrag auf Namens - Aufruf wiederholt und andere Mitglieder diesem Antrage sih widerseßen.)

Da 8 Mitglieder den Antrag unterstüßt haben, ‘o kommen wir durch namentlichen Aufruf zur Abstimmung über die Frage:

Soll auf Wegfall der Worte: „oder durch Verspottung““, angetra= gen werden?

Für Ja haben gestimmt: Abegg, Kommerzien-Rath. Allnoch, Erbscholtiseibesiver. von Auerswald, General - Land=-

\chafts=Direktor.

Bauk, Rittergutsbesißer, e l : Braemer, Landschafts-Rath. Graf von Bismark-Bohlen, Pro= Brassert, Geh. Bergrath. vinzial-Landtags-Marschall. von Brodowski, General - Land- von Bodelschwingh, Regierungs= \hafts- Direktor. Vice-Präsident. Brown, Bürgermeister. vou Brünneck, Ober-Burggraf und Provinzial-Landtags-Marschall. von Byla, Landrath.

Camphausen, Handels -Kammer- Präsident,

Dittrich, Bürgermeister. Graf zu Dohna= Lau, Kammex-

g s

Dolz, Kruggutsbe|t8er- :

Len Damiatterdt, Landschasts-De= putirter.

„gegen den deutschen

Für Nein haben gestimmt: von Arnim, Oberst - Lieutenant a. D, und Kreis=-Deputirter.

Beker, Orktsrichter.

Diethold, Bürgermeister.

Dritte Beilage

Dritte

Für Ja haben gestimmt: Für N ein haben gestimmt :

von Egnern, Kaufmann, Freiherr von Friesen, Landrath, Fabricius, Bürgermeister. von Flemming, Gutsbesißer. Graf von Fürstenberg, Kammer- herr.

Graf vou Gneisenau, Major a, D. Freiherr von Gaffron, Geheimer Giesler, Schultheiß. Regierungs-Rath. Grabow, Kriminalrath. Graf von Galen, Erbkämmerer, Freiherr von Gudenau, Landrath.

Hausleutner, Apotheker. von Hagen, Landschafts-Rath. Graf von Hompesch-Rurig, Rit- Freiherr Hiller von Gärtringen,

tergutsbesiber. Kammerherr und Provinzial- Hüffer, Kommerzien-Rath. Landtags-Marschall.

Jordan, Freigutsbesißer.

von Katte, Ritterschafts-Rath.

Kersten, Bürgermeister.

Knoblauch, Geh. Finanzrath.

Krause, Gerichts\chulz.

von Kurcewski, General - Land= \hafts-Rath.

oon Krosigk, Domprobst. Kuschke, Bürgermeister.

Freiherr von Lilien, Landrath. Graf zu Lynar, Kammerherr. Linnenbrink, Landwirth.

Meger, Orts-Vorsteher. : Müller, Freischulze. oon Miszewski, Rittergutsbesißer. von Münchhausen, Landrath. Freiherr von Mylius, Staats= Prokurator. Naumann, Geh. Regierungs-Rath Neitsh, Stadt-Syndikus,

und Ober-Bürgermeister. Neumann, Bürgermeister.

Lucanus, Dr., Stadtrath.

von Olfers, Stadtrath.

Freiherr von Patow, Geh, Re- gierungs-Rath.

Paternowski, Bürgermeister.

Plange, Justiz-Kommissarius.

von Platen, Landrath. Petschow, Kaufmann.

von Pogrell, Rathsherr. Prüfer, Rathsherr.

von Potworowski, Rittergutsbe- Fürst zu Putbus. \ther.

Prz9ygodzki, Freigutsbesiger.

Graf von Renard, Wirkl. Gehei-= Fürst Wilhelm von Radziwill. mer Rath. Fürst Boguslaw von Radziwill. Graf von Redern, Wirklicher Geh. Rath. von Rochow, Oberst - Lieutenant a. D. und Provinzial=Landtags=- Marschall.

von Saudcken= Julienfelde, Ritters Schulze -Dellwig, Amtmann und gutsbesißer. Gutsbesißer.

von Saudcken- Tarputschen, Ritt= Graf zu Solms-Barutb. meister a. D. Stägemann, Bürgermeister.

Schier, Bürgermeister und Justi= tiar.

Graf von Schwerin, Landrath,

Siegfried, Landschafts-Rath.

Fürst zu Solms, Landtags - Mar- \chall.

Sperling, Bürgermeister.

Steinbeck, Geh. Bergrath.

von Uechtriß, Konsistorial - Prä

Urra, Bürgermeister. : sident.

Vahl, Schulze.

Regie- von Weiher, Landschafts-Rath, Wodiczka, Justizrath. Wulff, Landwirth.

von - Werdeck, Geheimer rungs-Rath.

von Witte, Ritterschafsts-Rath,

Graf von Zech-Burkersrode, Kam- merherr und Provinzial = Land- tags-Marschall.

Zimmermann, Bürgermeister.

Fehlende Mitglieder: Dansêmann, Erbschulzengutsbesißer. Heinrich, Kaufmann. Herzog von Ratibor. Graf von Sko=- rzewski, Freiherr von Wolf-Metternih, Regierungs - Vice- Präsident.

Das Resultat is folgendes : Nein 37. / Die nächste Sißung wird morgen um 10 Uhr stattfinden. (Schluß der Sißung 74 Uhr.)

Mit Ja haben gestimmt 56, mit

Uichtamtlicher Theil.

Inha L

Juland. Berlin, Allerhöchste Kabinets-Ordres, Rhein-Provinz.

E S, S ; z

Freiwilligen - Fest in Aachen, Eisgang. Neuenburg. Angel. Die Beziehungen der Familie Oudinot zu Neuenburg,

Deutsche Bundesstaaten. Königreich Bayern, Vermischtes, Königreih Sachsen, Abreise des Prinzen Johann nah Bonn. Großherzogthum Sachsen-Weimar, Diplomatisches, Freie Stadt Frankfurt. Eisgang.

Desterreichische Monarchie. Mailand, Verbot der Ein- und Durchfuhr von Waffen, Düstere Stimmung, —— Verhaftungen, Salzburg. Die Zehent-Verweigerungen in Steyermark,

Frankreich. Deputirten-Kammer, Erklärungen Guizot's über Abd el Kader; Annahme der Adreß - Paragraphen in Betreff Algiers; Jn- terpellation hinsichtlih der Einmischung in Portugal. Paris. Ein- pelgntiene Redner über den leßten Adreß - Paragraphen. Die Ver- assung und das nene Ministerium ín Neapel, Verordnungen.

Großbritanien und Irlaud. London, Parlaments-Verhandlun- gen, Einsezung eines Comité’s zur Untersuchung des Nothstandes der westindischen Kolonieen, Sir Stratford Canning, General Litt- ler, Vermischtes,

393

Beilage zur Allgemeinen Preußischen Zeitung.

Freitag den 11. Febr.

Brüssel, Entscheidung der Zuckerfrage, Kommission zur Ausarbeitung eines Ver- Das Verfassungs-

De s h änemark. Kopenhagen. Komm ; fassungs - Entwurfes. Die Königliche Leiche, Patent. : L i Ftalien. Palermo und Neapel, Nähere Berichte über die leßten Vorgänge in Sicilien. Florenz. Volks-Demonstration, Handels- und Börsen-Nachrichten.

I- mw l # n D.

Berlin, 10. Febr. Die neueste Nummer der Geseß - Samm- lung enthält die Allerhöchste Kabinets-Ordre, betreffend das Verbot des Debits der Verlags - und Kommissions - Artikel des vormaligen literarischen Justituts zu Herisau, jeßt der M. Schläpferschen Buch- handlung daselbst, für den ganzen Umfang der Monarchie :

„Jn Folge der Beschlüsse der deutschen Bundes - Versammlung vom 18, Februar und 17. Juni d. J. bestimme Jch hierdurch für den ganzen Umfang der Monarchie, daß für Verlags- und Kommissions - Artikel des vormaligen literarishen Justituts zu Herisau, jeyt der M. Schläpfershen Buchhand- lung daselbst, eine Debits- Erlaubniß (Verordnung vom 23, Februar 1813, g. 41 Nr. 3) nicht mehr ertheilt und der Debit bisher erlaubter Verlags- und Kommissions - Ariikel des genannten literarishen Jnstituts und der ge- nannten Buchhandlung nur noch insoweit gestattet sein soll, als es zur Auf- räumung der hon vor Publication des gegenwärtigen Erlasses von inlän- dischen Buchhändlern wirklih angekauften Exemplare nöthig ist, deren Zahl die Polizeibehörde deshalb bei jedem zur getreuen Angabe hierüber ver- pflichteten Buchhändler genau festzustellen hat. Jm Uebrigen soll der Debit sämmtlicher jeßigen und zukünftigen Verlags - und Kommissions- Artikel des literarishen Justituts zu Herisau und der M. Schläpferschen Buchhandlung bei Vermeidung der dur die Verordnung vom 18, Oftober 1819 Art. XVI. Nr. 5 und den Erlaß vom 6. August 1837 Nr. 4 ange- drohten und mit der im zweiten Saße des §. 14 der Verordnung vom 30, Juni 1843 bestimmten Maßgabe anzuwendenden Strafe bis auf Wei- teres gänzlich verboten sein.

Dieser Mein Befehl is durch die Geseß-Sammlung zur öffentlichen

Kenntniß zu bringen, Sanssouci, den 24, Oktober 1847, E s : Friedrich Wilhelm.

An das Staats-Ministerium, ““

Die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 29. November 1847, be- treffend die §§. 2 und 15 des unter dem 23. April 1847 Allerhöchst genehmigten Reglements zur Bildung eines Unterstüßungs-Fonds für die emeritirten evangelishen Geistlihen der Provinz Brandenburg:

„Auf Jhren Bericht vom 9ten d. M. bestimme Jch hierdurch, daß die 68. 2 und 15 des unter dem 23. April d. J. von Mir genehmigten Re- glements zur Bildung eines Unterstüßungs-Fonds für die emeritirten evan- gelischen Geistlichen der Provinz Brandenburg zugleih mit diesem Meinem Erlaß durch die Geseßsammlung zur allgemeinen Kenntniß und Nachach- tung gebracht werden,

Charlottenburg, den 29, November 1847.

Friedrich Wilhelm. An die Staats-Minister Eichhorn, von Bodelschwingh und Uhden.

Nek deme mt des Unterstüßungs-Fonds für die emeritirten evangelischen Geistlichen der Provinz Brandenburg, g. 2.

Zur Theilnahme an dem Unterstüßungs - Fonds sind alle in der Pro- vinz Brandenburg angestellte evangelische Geistlichen, sowohl{ auf Stellen Königlichen, als auf denen Privat - Patronats berechtigt, welche das Recht haben, bei ihrer Emeritirung einen Antheil von dem Éinkommen der Stelle zu erhalten. Dazu gehören namentlich auch Rektoren städtisher Schulen, welche gleichzeitig eine Predigerstelle verwalten, in Ansehung ihrer geistlichen Stelle und rücksihtlih des von dieser herrührenden Einkommens.

Dagegen sind zum Beitritt zum Unterstüßungs-Fonds nicht berechtigt :

a) Pfarrgehülfen und Hülfsgeistliche, die zwar ordinirt sind, deren An- stellung aber nur eine vorübergehende ist, entweder für Lebzeiten des

Geistlichen, dem sie adjungirt sind, oder bis zur anderweitigen Orga-

nisation der Parochie, in der sie fungiren z

b) solche Geistliche, die bei einer Emeritirung niht nah §§. 528 und

529, Tit, 11, Th. 11, des Allgemeinen Landrechts oder den provin-

zialrechtlichen Vorschriften behandelt werden, sondern aus einem be-

sonderen, für ihre Dienstkategorie bestehenden Pensions-Fonds Ruhe- gehalt empfangen, als Divisions- und Garnison-Prediger, so wie die

Brediger bei militgirishen Erziehungs-Anstalten.

Die Geistlichen an Gefangen-, Kranken- und Strafanstalten gehören nur dann dem Verbande des Unterstüßungsfonds an, wenn sie im Falle der Emeritirung keine Pension vom Staate oder aus den Mitteln der Anstalten, welchen sie angehören, empfangen, sondern ihnen ihr Nückzugsgehalt aus dem Einkommen der Stelle gewährt werden muß, und gebührt ‘dem Kon- sistorium der Provinz Brandenburg die Entscheidung, sobald von einem solchen Geistlichen ein Anspruch auf den Beitritt erhoben wird,

Die Geistlichen, die zur Theilnahme an dem Unterstüßungsfonds be- rechtigt sind, sind auch dazu verpflichtet, Namentlich sind sie gehalten , die im §. 9 angeordneten Beiträge zu dem Fonds zu entrichten, u, st. w,

C 10

Zur Begünstigung der Zweckte der Anstalt werden derselben folgende besondere Rechte verliehen:

1) die Rechte einer moralischen Person und in ihren Beziehungen nach außen, namentlih behufs Erwerbung von Grundstücken die Rechte einer Corporation; h

2) die Vorrechte des Fiskus in Prozessen, so wie dieselben anderen un- mittelbaren Staatsanstalten zustehen z

3) die Stempelfreiheit bei allen Verhandlungen in Sachen der Anstalt und für die Lebensatteste, welhe behufs Empfangnahme der Ruhe-

gehaltszuschüsse erforderlich sind (§. 16)z E

4) die Befreiung vou Gerichtssporteln,

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Ferner die Allerhöchste Kabinetsordre, betreffend das Verfahren bei der Aufnahme von Ausländern in den diesseitigen Unterthanen= verband :

„Jch habe aus dem Berichte des Staatsministeriums vom 27, v. M. ersehen, daß nicht selten Ausländern, deren Naturalisationsgesuche auf den begründeten Widerspruch der Gemeinde des Orts der beabsichtigten Nieder- lassung zurückgewiesen waren, bald nachher die Aufnahme an diesem Orte dennoch hat bewilligt werden müssen, weil sie nah ihrer Zurückweisung un- ter dem Vorgeben, sich in einer anderen Gemeinde niederlassen zu wollen, und auf Grund der Zustimmung dieser Gemeinde, die Eigenschaft eines preußishen Unterthans erworben hatten. Um solchem Mißbrauche für die Zukunft vorzubeugen, bestimme Jch hierdurh nach dem Antrage des Staatsministeriums, daß die Landespolizei-Behörden ermächtigt sein sollen, an die Verleihung der Eigenschaft als preußischer Unterthan künftighin die Beschräukung zu knüpfen, daß innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren, vom Tage der Ausstellung der Naturalisationsurkunde an gerechnet , die Befu nie des Aufgenommenen zur Wahl eines anderen inländishen Wohn- oder Aufenthaltsorts in Ermangelung der Zustimmung der Gemeinde dieses leßteren, lediglich nah den in dem Geseße über die Erwerbung und den Verlust der Eigenschaft als preußischer Unterthan vom 31. Dezember 1842. §. 7 Nr. 2—4 und 8, für Ausländer ertheilten Vorschriften zu beur-

theilen ist,

Mein gegenwärtiger Befehl ist- durch die Geseßsammlung zur öffent- lichen Kenntniß zu bringen. Berlin, den 10, Januar 1848, Z Friedrich Wilhelm. An das Staatsministerium.

Und tie Verordnung wegen Errichtung eines evangelischen Ober- Konsistoriums :

„Vir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von

Preußen 2c. 2c.

haben beschlossen, für die obere Leitung des evangelischen Kirchenwesens

eine andere Einrichtung eintreten zu lassen, und verordnen zu diesem Zwecke,

mit Rücksicht auf die Vorschläge der im Jahre 1846 versammelt gewesenen

evangelischen General-Synode, nah dem Antrage Unseres Staats-Ministe-

! riums, was folgt:

8, 1. Es soll eíne obere Kirchen-Behörde für die evangelische Landes- Kirche unter dem Namenz+ „Evangelisches Ober - Konsistorium “‘, in Berlin errichtet werden.

&, 2, Zu beständigen Mitgliedern des Ober-Konsistoriums werden Wir eine Anzahl von Männern cvangelischen Bekenntnisses, geistlichen und welt- lichen Standes , berufen.

§. 3, Zu Berathung wichtigerer Angelegenheiten sollen dieser Ver- sammlung die Vorsißenden der Provinzial -Konsistorien und die General- Superintendenten hinzutreten. Jn Verhinderungsfällen können die Vorsißen- den der Provinzial -Konsistorien durch ein weltliches Mitglied und die General- Suvperintendenten durch ein geistlihcs Mitglied des Konsistoriums sich vertreten lassen.

8. 4, Den Vorsiy im Ober - Konsistorium führt Unser Minister der geistlichen Angelegenheiten, in dessen Vertretung ein von Uns zu ernennen- der Vice - Präsident.

8. 5, Das Ober - Konsistorium bildet für alle evangelisch - kfirhlicben Angelegenheiten, welche nah §. 1 der Verordnung vom 27. Juni 1845 (Geseg - Sammlung von 1845, Seite 440) in Verbindung mit §. 2 der Dienst - Instruction sür die Provinzial - Konsistorien vom 23, Oktober 1817 (Gesez-Sammlung von 1817, Seite 237) und Littr. B, Nr. 1 —4 der Ordre vom 31. Dezember 1825, betreffend eine Abänderung in der bishe- rigen Organisation der Provinzial-Verwaltungsbehörden (Geseß-Sammlung von 1826, Seite 5) dem amtlichen Wirkungskreise der Provinzial-Konsisto- rien zugewiesen sind, die oberste kirhlihe Behörde. Jn Disziplinar-Ange- legenheiten gehen zugleich die in den Ordres vom 12. April 1822 (Gesehß- Sammlung von 1822, Seite 105) und vom 27. April 1830 (Geseß- Sammlung von 1830, Seite 81) dem Minister der geisilihen Angelegen- heiten übertragenen Befugnisse auf das Ober- Konsistorium über,

Dasselbe steht in allen dicsen Angelegenheiten mit den Provinzial-Kon- sistorien in unmittelbarem amtlichen Verkehr, fordert von ihnen Bericht und entshcidet auf Anfragen und Rekursbeschwerden unmittelbar, Gegen diese Entscheidungen flndet ein weiterer Rekurs an den Minister der geistlichen Angelegenheiten nicht statt. , l

In denjenigen Fällen, in welchen es einer Berichterstattung an Uns, oder einer Mitwirkung von Behörden anderer Ressorts bedarf, faßt das Ober - Konsistorium seine Vorschläge und Wünsche in die Form von Gut- achten oder Anträgen und legt dieselben dem Minister der geistlichen Ange- legenheiten zur weiteren Veranlassung vor,

8. 6, Eine Zusammenberufung der größeren Versammlung des Ober- Konsistoriums (§. 3) findet regelmäßig alle Jahr einmal statt; außerdem so oft es uach dem Ermessen des Vorsißenden das Bedürfniß erheischt.

An diese größere Versammlung werden gewiesen:

1) alle Disziplinarsachen wider Geistliche und Kandidaten, in welchen in erster Jnstanz auf Verlust des Amtes oder der Wahlfähigkeit, auf un-

freiwillige Verseßung oder auf Demeritirung erkannt ist ;

2) der Vortrag der jährlichen Verwaltungsberichte der Provinzial - Kon- sistorien und die Beschlußnahme über die daran sih knüpfenden Maß- nahmen und Anträge z

3) die schließlihe Berathung über neue organische Einrichtungen für das evangelische Kirchenwesen.

Der Vorsipende is befugt, auch andere, wichtige Gegenstände an die grö- ßere Versammlung zu verweisen,

6, 7. Die Beschlüsse des Ober Konsistoriums erfolgen in kollegialischer Form. Jn Disziplinarsachen haben sich diejenigen Mitglieder, welche bei der Entscheidung in erster Jnstanz mitgewirkt haben, ihrer Stimme zu ent- halten.

§. 8. Unser Minister der geistlichen Angelegenheiten is beauftragt, wegen Ausführung dieser Verordnung das Weitere zu veranlassen. :

Urkundlich haben Wir diese Verordnung Allerhöchstselbs vollzogen und mit Unserem Königlichen Jnsiegel bedrucken lassen,

Gegeben Berlin, den 28, Januar 1848,

(L. S.) Friedrich Wilhelm.

LLNn V Leute ll

Mühler. von Rother. Eichhorn. von Thile, von Bodelschwingh. Graf zu Stolberg. Frhr. von Caniß, von Düesberg.

Pr1nz von Savigny, Uhden. von Rohr.“

Nhein-Provinz. (Aach. Ztg.) Während der am 3, Fe- bruar in Aachen stattgehabten Feier zur Erinnerung an den von dem hochseligen Könige erlassenen Aufrufe erschien plößlich ein Fadelzug von mehr denn 200 Personen aller Stände, welcher aus den gedien- ten Schüßen und den Landwehrmännern gebildet war, die versam- melten Vorkämpfer für das Wohl Deutschlands feierli begrüßte und in wohlgestellten Worten die Versicherung aussprach, daß, wenn das Vaterland ihrer. bedürfen und auch an sie einst der Ruf ergehen möchte, sie wie jene sich in Wort und That bewähren würden.

_Der Düsseld, Ztg. schreibt man aus Kaiserswerth vom 4. Februar : „Die verflossene Nacht war für unser Städtchen und die nächsten Rhein -Uferbewohner eine Nacht der Unruhe und Besorgniß. Nachdem wir am 30sten v. M. das seltene Schauspiel gesehen, daß die Eisdecke des Rheines von unten herauf bis längs die Stadt vorbei feststand, langte ganz unerwartet nah verhältnißmäßig kurzem Thauwetter in der Nacht vom 2ten zum 3ten d. M. gegen 1 Uhr die düsseldorfer Eisdecke hier an, der im Laufe des gestrigen Tages das oberländische Eis in dichten Massen folgte, ohne daß das Wasser eine Höhe über 12 bis 13 Fuß des düsseldor- fer Pegels erreichte. Jeder hielt alle Gefahr für vershwunden, als man gegen Abend mit Schrecken wahrnahm, daß die Eismassen immer dichter wurden, immer langsamer abflossen und das Wasser rasch stieg. Unverkennbar hatte sich_ der Nhein unterhalb wieder geseht oder war in einer gewissen Entfernung noch gar nicht ofen ge- wesen. Eine zufällige Nachricht von Wesel bekundete, daß man dort Morgens noch die Eisdecke passirt hatte. Alles war in ängstlicher Bewe- gung, und die Phantasie mit Schreckbildern einer unheilvollen Nacht erfüllt. Gegen 7 Uhr hörte man von unten her Schüsse fallen, welche die Angst als Nothschüsse, die Hoffnung als Befreiungszeichen darstellte, Um 8 Uhr stand die Eisdecke, so weit man es vom Ufer au& im Dunkel wahrnehmen konnte, bei einer Wasserhöhe von 175 Fuß vor der Stadt fest, Mittler- weile waren die geeigneten, früher vorbereitet gewesenen Maßregeln ergriffen worden, um dem Eindringen des Wassers in die Stadt nach Möglichkeit zu begegnen. Nachts 4 Uhr scgte sih das Eis wieder in Bewegung, nach- dem der Wasserstand auf eine kurze Zeit eine Höhe von fast 19 Fuß er- reiht hatte. Die Eismassen trieben nun allmälig ab, das Wasser fiel {nell und hatte heute früh bei Tagesanbruch, von Treibeis befreit, wie- der einen Stand von etwa 15 Fuß erreicht,“

Aus Emmerich vom 5. Februar wird gemeldet: „Gestern früh seßte sich das Eis bei Rees in Bewegung und hier gestern Abends 62 Uhr, stellte sich aber gleih wieder, um gegen 9 Uhr von neuëm zu beginnen. Um 11 Uhr war wieder Stillstand, und diesen Morgen sah man, daß das wenige Eis, welches vorbeigetrieben, E eine halbe Stunde unterhalb der Stadt auf die dort noch stehende Eisdecke ge-