1848 / 44 p. 5 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Bestimmung nicht unnüß sein soll , die Regierung auch das Recht haben, diese Verbindungen zu untersagen, (Murren in der Versammlung.)

und es kann nur die weitere Frage entstehen, wie zu strafen is, wenn diesem Verbote entgegengehandelt wird. Für diesen Fall fehlt es in dem Allgemeinen Landreht an einer speziellen Strafbestimmung, und es fönnen daher nur die Strafmittel zur Anwendung gebracht wer- den, welche überhaupt der Polizei-Behörde zu Gebote stehen, um ihren Anordnungen Nachdruck zu geben, Es muß also allerdings anerfannt werden, daß in dieser Hinsicht die. Bestimmungen des Ent- wurfes weiter gehen, indem sie eine höhere Strafe festseßen, als sie in der polizeilichen Kompetenz beruhen. Jndeß cheint doch auch in dieser Hinsicht das Prinzip des Entwurfs 4 zu rechtfertigen. Jh bemerke zunächst, daß au in anderen Geseßgebungen, namentlich in neueren deutschen Geseßbüchern, das Prinzip adoptirt worden ist; eben \o hat dasselbe in dem französishen Rechte Art. 291 und fol- g Anerkennung gefunden. Das französische Recht sagt im Art. 91, daß eine Verbindung von mehr als 20 Personen zu dem Zwedcke, an bestimmten Tagen sih mit religiösen, literarischen und politischen Fragen zu beschäftigen, nur mit Bewilligung der Regierung stattsin- den fönne. Hiernächst sind in dem Gesebe vom 10. April 1834, welhes aus Veranlassung der Affociationen ter Volksfreunde und der Gesellschast der SaaséenzeGte erlassen wurde, noch andere Be- stimmungen aufgenommen, welche jenen Vorschriften des Strafgeseb- buches eine größere Entwickelung gegeben haben. Meines Erachtens wird nun gerade in dieser Beziehung der Ent- wurf beizubehalten - sein. Es fFfommen hier hauptsächlich die Fommunistishen und sozialistischen Verbindungen in - Betracht, welche sich vor längerer Zeit auch in Deutschland, wenngleih in we- niger entwickeltem Umfange und Maße, gezeigt haben, als dies in anderen Kindern geschehen is, Jch glaube, daß man solchen Be=- strebungen gegenüber um so mehr der Regierung eine gewisse Macht und die Mittel anvertrauen muß, denselben entgegenzuwirken, als es eine Thatsache ist, daß Verbindungen dieser Art nicht ein {nell vor- übergehendes Produkt der neuesten Zeit sind, sondern sich durch die Geschichte früherer Jahrhunderte hindurhziehen, wie der Bauernkrieg, so wie der Unfug der Wiedertäufer unter Thomas Münzer, beweisen. Es ist im Gutachten der Abtheilung gesagt, man müsse mehr Freiheit gewähren und gestatten, daß das Volk in Associationen die Bedürf= nisse der Zeit und einer Abänderung der Verfassung in Erwägung ziehe; allein ih glaube, daß durch die größere Freiheit der Presse, dur die größere Liberalität, mit welcher Associationen fast jeder Art autorisirt werden, ferner durch die Entwidckelung der ständischen Ver= hältnisse genügende Gelegenheit gegeben is, üffentliche Verhältnisse zu erörtern und zum Austrag zu bringen. Mit Rücksicht hierauf Q das Prinziy des Entwurfes sich rechtfertigen und beizubehalten

1 +

Marschall: Es wird zweckmäßig sein, die §§, 142 -und 143 auch noch zu verlesen und nachher die Diskussion über sämmtliche Paragraphen zu eröffnen und eben so \päter in Bezug auf sämmt= liche drei Paragraphen zu schließen,

Referent Ügumann (liest vor):

18, 142

Die Theilnahme an einer Verbindung, zu deren Zwecken oder Beschäftigungen es gehört, Maßregeln der Verwaltung oder die Voll- ziehung von Geseßen zu verhindern oder zu entkräften, \oll mit Ge- fängniß oder Festungshaft von zwei Monaten bis zu einem Jahre, an den Stiftern, Vorstehern und Beamten der Verbindung aber mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten oder mit Festungshaft von sechs Monaten bis zu zwei Jahren bestraft werden. ““

Das Gutachten lautet:

„Zu §. 142.

Der Entwurf erklärt Verbindungen für strafbar, zu deren Zwek= ken oder Beschäftigungen es gehört,

Maßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von Geseßen zu verhindern oder zu entfräften.

Diese Bestimmung geht ebenfalls noh hinaus über die Verord= nung vom 20. Oktober 1798, wona dergleichen Verbindungen, aus= drücklich wenigstens, niht verboten waren. Allerdings darf nit ge- duldet werden, die Vollziehung von Geseßen zu verhindern oder zu entfräften, und Verbindungen, die einen solchen Zweck verfolgen, sind strafbar; allein es bedarf daneben niht noch ter Erwähnung von „Maßregeln der Verwaltung.“ Denn entweder bestehen die Maßre- gn der Verwaltung in Vollziehung der Geseße, und alsdann ist

erhinderung und Entkräftung dieser Maßregeln zugleich Verhinde- Mes und Entkräftung der Vollziehung von Geseßen; oder es sind Maßregeln der Verwaltung, welche nicht die Vollziehung von Geseben betreffen, und dann ist es bedenklich, dergleichen Maßregeln unter den Schuß von Strafgesebßen zu stellen, Wenn auch einerseits für die Nothwendigkeit eines solhen Schußes angeführt worden ift, daß die Verwaltung in ihren Maßregeln nicht gehindert werden dürfe, und daß wenn sie ungeseblih oder unzweckmäßig erschienen der legale Weg dagegen der der Beschwerde oder des Rechtsweges sei, so wurde doch andererseits geltend gemacht, daß es oft nöthig sei, durch alle erlaubte Mittel ungeseßlihe und unausführbare oder den Verhältnissen nicht entsprehende Maßregeln der Verwaltung zu ver- hindern , daß dies in manchen Fällen nur in Vereinigung Mehrerer e E, an 9 A iheigens nur um an sich nicht unerlaubte indungen han ie V i j ats der Obrigkeit M N e, die öffentlich hervortreten ie eilung hat sih mit ünf Sti ür di Ans i'entschieden, : sich aht gegen fünf Stimmen für die daß im §. 142 die Worte; „Maßregeln der Verwaltung“ wegge- lassen werden, ? und schlägt vor:

nur mit dieser Modification den §. 142 anzunehmen.“ 9. 143. Die Theilnahme an einer Verbindung, zu de Beschäftigungen es e über erinvenoiaea un SOrEn E sung, sei es des preußischen Staates oder des deutshen Bundes, zu erathshlagen, soll, insofern nicht schon der Zweck oder die Beschäf- tigung der Verbindung selbst in einer als Verbrechen strafbaren Hand- lung besteht (§§. 71 ff.), mit Gefängniß oder Festungshaft von zwei Monaten bis zu zwei Jahren , an den Stiftern , Vorstehern und Beamten der Verbindung aber mit Gefängniß nicht unter sechs8 Mo- naten oder mit Festungshaft von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden. Nach richterlihem Ermessen is auch auf Stellung unter besondere Polizei- Aufsicht zu erkennen, Das Gutachten lautet: Zu §. 143.

Von der Verfassung eines Staats hängt wesentlich das Glü des Volfs ab, und es liegt den Staatsbürgern nichts näher, als die Staatsverfassung kennen zu lernen, die Zwedlmäßigkeit derselben mit Beziehung auf eigene Rechte und eigene Wohlfahrt zu prüfen und liber L eränderungen gemeinschaftlich zu Rathe zu geen, In allen freien Staaten is es immer ein Recht der Staatsbürger gewesen, hierüber zu berathschlagen, und es wird oft eine Pflicht, dies zu thun, um Mängel zur Sprache zu bringen und Verbesserungen zu erstreben. Erst das Edikt vom 20, Oftober 1798 trat diejem Rechte der Staatsbürger im preußischen Staate entgegen, und eine

372

ängstlihe Politik verhinderte, in späteren Decennien auf eine Maß- regel zu verzihten, die indem sie dem Volke Fesseln anlegt seine sittliche Kraft lähmt und dur Mißtrauen entmuthigt. Es kann nicht zugegeben werden, daß Besprechungen über die Staats- verfassung und Berathschlagungen über gewünschte Veränderungen Aufregung im Volke bewirken, vielmehr werden in Zeiten politischer Aufregung derartige Besprehungen und Berathschlagungen dahin führen, daß das Volk belehrt, über die Unstatthastigkeit ungebührlicher Ansprüche aufgeklärt wird, daß sich die Leidenschasten beruhigen.

Die Staatsgewalt findet gegen verbrecherische Handlungen Si-= cherheit in den Strafgeseßen, und wenn verbrecherische Handlungen niht der Zweck oder die Beschäftigung einer öffentlichen Verbindung sind, so fehlt jeder Grund, sie unter besondere P S zu stellen, da in der Oeffentlichkeit die Bürgschaft liegt, daß verbrecherische Zwede nicht verfolgt werden können, ohne zur Kenntniß der Staats- behörden zu gelangen. Wie die Verstattung öffentlicher Besprehung und Berathschlagung über die Staatsverfassung unter Umständen eine Nothwendigkeit is, um die wahren Ansichten und Erwartungen des Volkes zur Kenntni der Regierung zu bringen, so wird umgekehrt die Untersagung oft der Grund, daß sich geheime Verbindungen bil- den, die allein dem Staatswohle gefährlih werden können. Ein Verbot, über die Staatsverfassung zu berathschlagen, seßt voraus, daß die Staatsverfassung feiner Verbesserung fähig, daß sie vollkom- men sei, oder es hat seinen Grund in dem Gefühle der Schwäche, welches nicht zuläßt, die Staatsverfassung einer Prüfung der Staats= bürger zu unterwerfen.

Dies Gefühl der Schwäche is im preußischen Staate nicht ge- rechtfertigt. Er is} stark genug, um das freie Wort nicht scheuen zu dürfen , er ist stark genug, in die Reihe der freien Staaten einzutre- ten, in welchen das freie Wort ein Recht des freien Mannes ist.

Bei Erwägung der vorstehend entwickelten Gründe läßt sich eine Bestimmung, wie sie im §. 143 enthalten ist, nicht rechtfertigen, und die Abtheilung schlägt einstimmig vor,

dahin anzutragen, daß die Bestimmung des §. 143 aus dem Strafgeseßbuche entfernt werde.“ (Nach dem Vortrage von vielen Seiten: Bravo!)

Abgeordu, Graf von Schwerin: Der Herr Regierungs-Kom- missar hat in einem langen und lihtvollen Vortrage den Standpunkt der Regierung in dieser Frage auseinandergeseßt, und ih will es versuchen , ihm mit Einigem zu antworten, ob es mir gleich faum geliugen wird, ihm zu folgen, da es mir an dem nöthigen Material dazu fehlt und ih nur die wenigen Notizen benußen fann, die ich während seines Vortrages gesammelt habe. Die Abtheilung ist von dem Gesichtspunkt ausgegangen, daß es sih hier um eine sehr wich- tige Materie handle, daß es sich handle um das Recht der freien Association und um die Schranken, in denen es sich bewegen dürfe. Der Herr Regierungs-Kommissar hat gesagt, daß er mit dem, was am Schlusse des Gutachtens ausgesprochen, ganz einverstanden sei, daß die Freiheit bedinge und erfordere, daß dem freien Wort freie Statt gegeben werde; er hat aber hinzugefügt, daß neben der Frei- heit auch die Ordnung bestehen müsse, und ih denke, er seßt wohl voraus, daß vie Abtheilung von diesem Gedanken nicht minder durch- drungen sei, als die Regierung. Wohl hat die Abtheilung gewußt, daß die Freiheit nur in der Ordnung bestehen fönne. Sie is ge- wiß bei ihren Vorschlägen im vollen ewußtsein dieser Nothwendig- feit zu Werke gegangen. Der Herr Regierungs-Kommissar hat nun zunächst das bestehende Recht entwidelt, Tat die Abweichung, die sich in dem Allgemeinen Landrecte befindet. von der Verordnung vom Jahre 1798 auseinandergesegt und hinzugefügt, daß der Entwurf gegen beide Verordnungen ih wesentlich gemildert habe, Jch kann dies nur anerkennen im Strafmaß, durchaus niht im Prinzip, und darin möchte die wesentlihe Abweichung der Abtheilung von der Regierung liegen , daß die Abtheilung der Meinung ist , es sei in Preußen an der Zeit, ja, es sei nothwendig für die freiheitlihe Ent- widelung des Vaterlandes, daß man von dem Prinzip der Ver- ordnung von 1798 zurüctrete und ein anderes Prinzip annehme, Das Prinzip, welches in der Verorduung von 1798, nicht aber im Landrechte liegt, ist das Prinzip der Prävention, während wir das Prinzip haben wollen, daß nur das, was als strafbare Hand- lung erscheint, unter Strafen gestellt werde. Es is das Verhältniß hier dasselbe, wie das Verhältniß der Censur und Preßfreiheit zu einander, wenn ih mi dieses Vergleiches bedienen darf. Die Ab= theilung war durchdrungen von der Ueberzeugung, daß der Regierung {immer und unter allen Umständen das Mittel gegeben bleiben müsse, sich zu überzeugen, ob die Association erlaubte oder unerlaubte Zwee verfolge, sie war durhdrungen von der Ueberzeugung, daß nur ö f= fentlihe Verbindungen gestattet sein dürfen. Sie hat daher der Bestimmung im §. 141, die eine Verbindung für ftrafbar erklärt, weil fie nicht öffentlich is, ihre volle Zustimmung gegeben. Hiermit fallen aber alle Schlußfolgerungen weg, welche der Herr Regierungs- Kommissar gemacht hat in Bezug auf die Verbindungen, die in der leßten Zeit vorgekommen sind. Er hat die Studenten-Verbindungen, um die Einheit Leutschlands herbeizusühren, und andere derartige ge- nannt. Sie waren und mußten verboten sein, weil sie heimliche Verbindungen waren. Wenn ih nun nah diesen Grundsäßen die einzelnen Paragraphen prüfe und darunter zunächst den §. 141, wo es sich um die Form handelt, in der eine Verbindung gestattet sein soll, so glaube ih, daß das Prinzip der Abtheilung richtig angewen- det ist durch den Vorschlag, den sie gemacht hat. Sie will der Re- gierung nur das Recht geben, vollständig Kenntniß zu nehmen von Allem, was in der Verbindung vorkommt, damit sie die Möglichkeit habe, alles Geseßwidrige mit Strafe zu belegen. Eine Befugniß, die weiter ginge, würde nur zur Willkür der Verwaltung füh- ren, und das ist das freie Associations - Recht, daß der Association niht durch die Willkür der Verwaltung Schranken geseßt werden. Diese Sranken sind es, welche die Abtheilung nicht anerkennen will. Alle anderen Schranken zur Erhaltung der Orduung erkeunt sie an, und es fragt sich, ob sie in dem, was sie vorgeschlagen, dies nicht durchgeführt, Den §. 141 hat B vollkommen beibehalten, bis auf den ersten Saß, welcher der Obrigkeit das Recht geben will, jede Verbindung zu verbieten, Sie will, daß die Verwaltung die Befug- niß behalte, darauf zu sehen, daß eine Verbindung keinen verbotenen Zwedck verfolge, darum muß sie vollständig öffentlich sein und in Be-=- zug auf ihre Organisation nichts Ungesebliches haben, nicht unbekann- ten Oberen Gehorsam und nicht bekannten Oberen unbedingten Ge- horsam versprechen. Noch darüber hinaus der Verwaltung die Be- fugniß zu geben, sie zu verbieten blos aus dem Grunde, weil die Verwaltung sagt, wir halten sie für hädlid, und deshalb verbieten wir dieselbe, das hielt die Abtheilung, und ih bin hierin mit ihr ganz einig, der freien ÉEntwickelung des Volks für nachtheilig und gefähr- lih, und deshalb hat sie diese weiter gehende Befugniß verworfen. Ich glaube, meine Herren, wir können es Alle mit Stolz sagen, die Zeiten, wo solche Bestimmungen nothwendig sein mochten, sind vor= über ; das Jahr 1798 liegt weit hinter uns. Jn dem Entwickelungs- Stadium, in welhem sih das preußische Vaterland heute befindet, wo wir , Dank sei es der Bewilligung , die uns unser großherziger König gemacht, im Begriff sind, aus den engen Schranken der Bü= reaukratie in das öffentliche und freie Staatsleben herauszutreten, bedarf es der Censur niht mehr, und bedarf es der Prävention niht mehr in Bezug auf die Verbindungen, Die Regierung is stark, sie bedarf

nicht des Schußes, denihr §. 143 geben soll, sie kann es ert über ihre Grundsätze frei berathschlagt E und dedbalt but Le

Abtheilung am Schlusse ihres Gutachtens gesagt, weil sie Preußen nicht nur eingetreten glaubt in die Reihe der freien Staaten, sondern hofft, daß es fortschreiten werde auf der Bahn, die es betreten so habe sie §. 143 verworfen und aus §. 141 die Verwaltungs-Willkür herauszubringen gesuht. Treten Sie, meine Herren, diesem Vo- tum bei. z

( Vielstimmiges Bravo!)

Abgeordn, Dittrich: Der Herr Direktor der Abtheilung hat die Grundsäße, welche die Abtheilung geleitet haben, so {ön aus= einandergeseßt, daß ih mich längerer Rede enthalten kann, denn ih stimme dem Gesagten vollständig bei. Zuzuseßen habe ih nur noch Folgendes: Wenn ih eine Handlung als strafbar ansehen soll, \o muß ih wissen, warum sie strafbar ist. Nach der ersten Bestimmun im §. 141 soll sie nur strafbar sein, wenn sie von der Obrigkeit e sonders untersagt is, Eine andere Ursache würde in diesem Falle also gar nicht vorhanden sein. Jt die Verbindung nun zu einem un- erlaubten Zwecke, so is sie an sih mit Strafe bedroht. Js fie zu erlaubtem Zwecke, dann ist ein Verbot unnöthig. Der Herr Regie= rungs-Kommissar hat außer den Fällen, welche der Herr Direktor der Abtheilung anführte, auch noch die fommunistischen Verbindungen ge- nannt, Jh frage: was sind kommunistishe Verbindungen? Mir is eine ausreichènde Definition nicht bekannt. Sind sie unerlaubt, so bedürfen sie keines Verbotesz sind sie erlaubt, so is §. 141 zu 1 für sie ebenfalls niht nothwendig. Jh kaun mich hierbei überall auf das vollständigste für die Abtheilung erklären.

Abgeordn. Zimmermann: Zu §. 141 is von dem Direktor der Abtheilung das Wesentlichste gesagt worden, dem ih beipflichte. Meine Aeußerungen beziehen si auf §. 143, ih frage daher, ob jeßt es an der Zeit erachtet wird, eine spezielle Debatte über §. 143 zu= zulassen.

Marschall : Allerdings.

Abgeordn. Zimmermann: Wenn eine Handlung in das Gebiet des Kriminalrechts fallen soll, so muß vor allen Dingen irgendwie ein strafbarer Charakter vorhanden sein. Wenn im §. 143 nun diese Handlung speziell dahin charakterisirt wird, daß weder der Zweck, noch die Beschäftigung der Verbindung selbst in einer als

Verbrechen strafbaren Handlung besteht, wenn also der Paragraph

selbs anerkennt, es ist hier weder im Zwee, noch in der Beschäfti gung etwas Strafbares vorhanden, so muß man nah den Begriffen des natürlichen Rechts erklären, daß dann auch von einer Strafe nimmermchr die Rede sein kann, und es fragt sich nun, ob besondere Gründe vorhanden sind, Strafbarkeit eintreten zu lassen, und folche Gründe sind hervorgehoben worden. Man hat zunächst darauf hin- gewiesen, daß es die öffentliche Ordnung erfordere; ih glaube aber nicht, daß es die öffentliche Ordnung erfordere, eine Verbindung, die weder dem Zwecke, noch der Beschäftigung nach etwas Verbrecheri- ces in sih führt, für strafbar zu erachten, wenn sie sih auch eine politische Verbindung nennt. Es hat allerdings der Zusaß „politisch ““ eine Beschaffenheit, welche die Sache an und für si verdächtigen kann; der Begriff aber wird klar durch die Erläuterung, die im Paragraphen gegeben wird, daß weder der Zweck, noch die Beschäftigung etwas Strafbares sind. Deshalb muß ich mich dahin aussprechen, daß eine solhe Handlung au straflos bleiben muß. Jch beziehe mi auf das Beispiel von England. Wo findet eine s\reiere Besprechung der Angelegenheiten der Staatsverfassung statt, als in England, und wo ist eine stabilere Verfassung als gerade in England 7

Es is Bezug genommen worden auf die französische Geseb- gebung; für mih hat dieses Geseß bezugöweise keinen Werth, wir haben das französische Geseßbuch hier nicht als Norm angenommen. Es läßt sich aber auch aus dem französischen Geseße das gar nicht beweisen, was bewiesen werden soll; das französische Geseßbuch hat niht gesagt, diese Handlungen sind verboten, sondern, wer sih den besonderen Anordnungen, die in dieser Beziehung gegeben werden, nichr fügt, is strafbar.

(Eine Stimme: Nein! Eine andere: Ja)

Das sagt das französische Geseßbuh. Wenn es weiter heißt, \olche Verbindungen sollen strafbar sein, die sich damit beschäftigen, über die Veränderung der Staats - Verfassung zu beraths{lagen 00 fragt sich vor allen Dingen, was ist Staats-Verfassung? Nach un- serer gegenwärtigen Lage der Sache is in unserer Geseßgebung der Begriff der Staats - Verfassung wirkli ein {wankender. Jch ver- stehe darunter meine Ansicht kann irrthümlich sein ih glaube sie aber vertheidigen zu können ih verstehe darunter die gesammte geseßliche Organisation unseres Staates. Wollen wir nun behaup- ten, daß unsere Staats=-Verfassung von der Art sei, daß nirgends eine Besprehung staitfinden könnte, die wirklich zu der Ansicht süh= ren soll, daß hier und da eine Verbesserung nöthig wäre? J weiß, daß ih mich hier auf ein Gebiet begebe, welches an sich \{chwankend is , weil der Begriff der Staats =- Verfassung nicht fest steht; aber ih führe Beispiele an.

Jn einer Nachbarstadt hat ein Stadtverordneten-Vorsteher Vor- lesungen gehalten über die richtige Auffassung der Städte-Ordnung z man hat diese Vorlesungen verboten, und ih fann mir feinen ande- ren Grund dafür denken, als daß die Städte-Ordnung als ein inte- grirender Theil der Staats =- Verfassung angesehen worden is, denn sie begründet die geseßlichen Normen für die Verwaltung der Städte. Jch weiß nicht, warum eine solche Besprechung verboten sein soll, wenn sie nicht andere strafbare Zwecke oder Handlungen mit sich führt. Es ist ferner daraufzurückgegangen, daß der vorliegende Paragraph si an die bestehende Gesebßgebung anschließt; dem muß ih aup das bestimmteste wider- sprehen. Das bestehende Gesetz finde ih vorzüglich im Allgemeinen Landrecht, dem Produkte der Geseßgebung Friedrih?s des Großen, und wenn Friedrih der Große nicht nöthig gefunden hat, seinem Vaterlande solche Bestimmungen aufzulegen, dann, darf ih als Unter=- than auch sagen, is eine solche Bestimmung zur Stabilität unseres Vaterlandes nicht nothwendig. Das Allgemeine Landrecht sagt aber : die Mitglieder aller Gesellshaften sind verpflichtet, auf Erfordern der Obrigkeit von ihren Statuten und Handlungen Rechenschaft zu geben; das ist eine natürlihe und vernünftige Bestimmung. Der Staat ist die größte Gesellschaft, die wichtigste Verbindung, es fann nit eine andere Verbindung im Staate er ira, bie „dem: Zelte Staais entgegenhandeln darf. Das Landrecht sagt weiter : daß heimliche Verbindungen und ihre Mitglieder angezeigt werden müssenz es sagt durchaus nicht, sie sind verboten, sondern’ sie sollen n! angezeigt wer= den, und wenn sie angezeigt sind, soll die Prüfun und Genehmigung der Statuten erfolgen. Also kann ih nicht anertennen, daß §. 143 sich auf das bestehende Recht gründek- Wenn angeführt worden ist, daß das Geseß von 1798 und die folgenden Geseße hier als be» stehendes Recht angenommen werden müssen, so finde ih diese An

nahme \{hon in der Aeußerung widerlegt, daß gerade diese Gesebe aus Zuständen hervorgegangen sind, - die als abnorm und cxceptionell bezeihnet waren, man fann jie daher nicht als Regel annehmen. Was is die nothwendigste und wünschenswertheste Bedingung in dem Charakter des Unterthanen? Ich glaube, die allernothwendigste is die Vaterlandsliebe, und die Vaterlandsliebe wird nicht erzeugt durch den Boden, durh das Klima, durch die natürlihe Lage u. \. w.,

Ben durch die Liebe der Unterthanen zu den gesammten vaterlän- | dischen Institutionen; dazu gehört aber meines Erachtens, ‘daß es Zweite Beilage

den Unterthanen vollkommen freistehe, si einzeln un in Gesellschaften über die vaterländischen Jnstitutionen auszusprechen. Nur dann fann eine Vaterlandsliebe vorhanden sein, wie sie nothwendig ist, wenn die freieste Entwickelung der Kräfte, der geistigen und moralischen Kräfte der einzelnen Unterthanen, stattfindet. Jn unserem Vaterlande hat bis vor furzem nur eine bestimmte Kategorie nach solchen Grundsäßen die Befugniß gehabt, über die wünschenswerthen und nothwendigen Véränderungen der Staats-Verfassung zu urtheilen, das ijt der Be- amtenstanv. Jch muß bekennen, der Beamteustand übernimmt von dem Augenblicke an, wo er in diesen Stand eintritt, durch einen Schwur díe Verpflichtung, das Bestehende aufrecht zu erhalten, er muß sich also von dem Gedanken entfernen, das Bestehende ändern zu wollen, es kann dem Vorgeseßten nicht einmal lieb sein, wenn ein Streben nach Neuerungen zu sehr hervortritt; aber ih halte das nicht für eine hinreichende Garantie. So muß ih denn bekennen, daß, nah meiner Ansicht, dur diesen Paragraphen die ganze Nation unter Vormundschaft gestellt wird; ich stimme daher gegen den Pa- ragraphen.

Abgeordn. von Werdeck: Ih muß um Entschuldigung bitten, wenn nach den beredten Worten, die unter der Aegide des Fort- \rittes und der Freiheit sih in die Versammlung eingeführt haben, ih es unternehme, die Bedenken vorzutragen, die sich mir bei Anhsü= rung derselben aufgedrängt haben. Zunächst erlaube ih mir ein paar orte über eine Aeußerung zu bemerken, die so eben am Schlusse der Rede des geehrten Sprechers vor mir gefallen is. Es ist dem Beamtenstande im Allgemeinen der Beruf abgesproden worden, ih glaube, so wurde es bezeichnet den Fortschritt zu fördern; ein anderes Mitglied hat sich vorher auf die Geseße von 1808 und 1810 als vorzugsweise fortschreitende bezogen, und da muß ich mix aller= dings erlauben,

(Große Unruhe in der Versammlung.)

darauf aufmerksam zu machen, daß mir wenigstens unbekannt is, ob audere Elemente bei den Geseben von 1808 und 1810 thätig gewe- sen sind, als Beamte. Davon abstrahire iz es will mir aber schei- nen, als ob der Gesichtspunkt, aus welchem die vorliegende Bestim- mung Gegenstand der Kritik geworden, nicht überall vollkommen rih- tig sei. Es is ein Anderes, die Fortbildung des Privat= oder des öffentlihen Rechts im Allgemeinen und die des Kriminalrechts inèbe= sondere. Die Frage der Association, der Verbindung und des Zu- \ammentretens zur Berathung öffentlicher, allgemein interessanter Ge- genstände i nur indirekt ein Vorwurf des gegenwärtigen Gesebßes, Es sind heilige, wichtige Gegenstände, um die es sich handelt, aber sie find nicht auf dem Boden des Kriminalrechts zu erledigen. Jh glaube, daß die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Zu= fammentritt erlaubt sei, auf ein anderes Gebiet gehöre, als das yor- liegende. Es handelt sich nur darum, die Folgen festzustellen, welche auf die Prämissen , die auf dem Gebiete des öffentlihen Rechts zu finden sind, gebaut werden fönnen. Wenn ih von diesem Gesichts- punkte aus an das gegenwärtige Thema herantrete, so fragt sich, was hat die gegenwärtige Geseß = Vorlage zum Grunde? Sie be- gründet sich auf die bestehende Gesebgebung. Wenn wir darin etwas ändern wollen, so müssen wir uns klar machen, was das Bedürfniß erfordert. J habe eben gesagt, das Geseß gründe sich auf das bestehende Recht ; es ist von den geehrten Rednern vor mir bestritten worden, daß dies der Fall seiz allein, meine Herren, man mag eine Vorliebe für das Geseß von 1798, für das Gesey von 1838 und für die damit verwandten Bestimmungen haben oder niht, man wird es niht wegdisputiren können, daß diese Geseße das bestehende Recht seien. Ih muß also die Wünsche, die ausgesprohen worden sind gegen den vorliegenden Paragraphen, als Anträge betrachten’, die eine Aenderung des bestehenden Rechts bezwecken. Wenn ih diesen Maßstab daran lege, so wird sich fragen, inwiefern dieselben durch das Bedürfniß gerechtfertigt sind. Wenn ich dieses frage, sto will ih zugeben, daß Bedürfnisse vorhanden sind, um in diejer Beziehung Abänderungen vorzunehmen z ich glaube aber nicht, daß diese Bedürf= nisse dadurch erfüslt werden fönnen, wenn die Geseßgebung sich in Sprüngen bewegt. Es sind in kurzer Zeit unsere ständischen Jnsti- tutionen auf eine allgemeines Erstaunen erregende Weije zu einer freieren Entwicktelung gelangt; ich rehne hierzu nicht blos diejenigen Znstitutionen, die als streng ständische zu betrachten sind, ih rene dazu die Entwickelung unseres ganzen Gemeindelebens, sei es, daß es sich bewege in dem freisständischen Jnstitut oder in den städtischen und ländlichen Corporationen. Unsere kreisständischen Justitutionen, unsere Kommunal Justitutionen u. w, geben reichliche Gelegenheit, sich mit den Angelegenheiten des Vaterlandes aufs freieste zu beschäf- tigen. Wenn wir die Gelegenheit dazu noch weiter ausdehnen, wenn wir noh tiefer in die Klassen der Bevölkerung herabgreifen oder mehr ins Breite gehen, so kann ih niht glauben, daß dies für den Augenblick ein günstiges Resultat gewähren wird, Jh halte es für wünschenswerth, daß für den Augenbli die Regierung die Zügel in der Hand behalten und zu entscheiden habe, ob sie die Besvyrechung allgemeiner staatlicher Gegenstände unter den gegenwärtig gegebenen Formen vorbehalten oder noch andere Elemente in das Le- ben einführen wolle. Jch halte also von diesem Gesichtspunkte aus den §. 143 durch die Lage, in der gegenwärtig unsere Entwickelung begrissen is, vollkommen begründet. Z

Ich gehe nun weiter zu §. 141, und da muß ih doch gestehen, daß auch der angefochtene Passus dieses Paragraphen mir unver fänglich eint. Wir mögen heute eine vollständige Associationsfrei= heit gestatten, wie in England, wir mögen gestatten, daß, wie dort, die dienenden Klassen zusammentreten, um zu berathen, wie sie ihre Dienstherren zu angemesseneren Lohnsäßen nöthigen wollen, wir mö- gen heute durch ein Geseß gestatten, daß, wie in Belgien, jede Ver= sammlung unter einem bedeckten Raume zu Berathung politischer An- gelegenheiten gestattet sei: so wird doch immer Ein Kriterium eintre= ten, unter dem die Obrigkeit sagen kann, ob eine Versammlung er- laubt sei oder nicht, :

Welches dieses Kriterium sein muß, können wir hier nicht be- stimmen, wir können das nicht im Kriminalrechte vorschreiben, sondern es muß auf einem anderen Gebiete der Geseßgebung Erledigung fin- den. Wenn ih hiervon ausgehe, so scheint es mir in der Ordnung, daß der Obrigkeit das Recht zur Seite stehen muß, ein entsprechen- des Strafgesch für Nichteinhaltung ihrer Verbote zu erlassen, und dies finde ih in §. 141. Es is gesagt worden, daß die Bestimmun- gen in der eigentlichen Polizei-Gesebgebung ausreichend sein würden, aber ich muß das bezweifeln, denn das Strafmaximum bei Polizei- Verboten sind 6 Wochen Gefängniß oder 50 Rthlr. Geldstrafe, was sih unter Umständen sehr unverhältnißmäßig gegen das Vergehen gestalten dürfte, was man dadurch zu verhindern beabsichtigt, Unter diéser Vorausseßung stimme ih für §. 143 und den angefohte= nen Passus von §. 141.

Abgeordn. Zimmermann (nachdem er aufgerufen worden): Jch oerzihte vor der Hand- darauf.

Abgeordn. Frhr. von Gaffron: Jh habe in der Abtheilung

mit dafür gestimmt, daß die Strafbestimmungen im §. 143 wegfallen

373 Allgemeinen

Preußischen Zeitung.

Sonntag den 13. Febr.

——

möchten, und die Gründe, welche mi dazu bestimmten, sind im All- gemeinen die, welche der geehrte Vorsibende der Abtheilung entwickelt hat. Jch finde, daß die bloße Besorgniß Präventionen für mögliche Uebergriffe nicht in allen Fällen rechtfertigt. * Wenn ih auch feines- weges verkenneù will, daß in den Associationen auch bedeutende Gefahr für die öffentliche Ruhe liegen kann, so glaube ih doch, daß der entscheidende Moment, sie zu untersagen, erst eintritt, wenn Ueber- griffe in die geseßlihe Ordnung stattgefunden haben, oder wenn diese durch die Associationen bedroht wird. Dagegen kann ih der Obrig- feit das Recht nicht absprechen, daß, wenn sie die Nothwendigkeit erfannt hat, dergleichen Versammlungen zu verhindern, sie auch das Recht haben muß, sie zu untersagen, und ih habe in dieser Be- ziehung dafür gestimmt, daß der erste Passus im §. 141 stehen bleibe ; denn hat die Obrigkeit einmal etwas verboten, so liegt es in der Natur der Sache, daß sie ihrer Verordnung Nachdruck verschaffen muß. Beim §. 142 habe ich mich in der Minorität der Abtheilung befunden, und zwar bei der Stelle: „die Theilnahme an einer Ver= bindung, zu deren Zwecken oder Beschäftigungen es gehört, Maß- regeln der Verwaltung oder die Vollziehung von Geseßen zu verhin- dern oder zu entkräften““, sind so und so zu bestrafen. Wenn die Ansicht geltend gemacht werden fönnte, daß die Verwaltungs- Maßregeln zum Theil von der Art seien, daß sie die Ausübung der persönlichen Freiheit hindern, o fann dies in einzelnen Fällen statt- finden; au gehöre ih nicht zu denen, die mit blinder Unterwerfung jeder Verwaltungs-Maßregel beipflichten. Es i hier aber von orga- nishen Verbindungen gegen die Ausübung von Verwaltungs - Maß- regeln die Rede, und ih glaube, daß, wenn eine Behörde Uebergrisse begangen hat, derjenige, der sich dadurch verleßt fühlt, sein Recht suchen und erhalten wird. Jh glaube, daß in unserem Staate die Beispiele hin- reichend sind, daß mit unnachsichtiger Strenge dergleichen Uebergriffe geahndet werden. Wenn ich mir aber Verbindungen denke, welche die Vollziehung von Geseben oder die Ausübung von Verwaltungs- Maßregeln hindern wollen, so können dergleichen Verbindungen in großen Städten, vielleicht in Rücksicht der der Behörde zustehenden Gewalt, von weniger Erheblichkeit sein, aber in kleinen Städten oder auf dem Lande, wo die Mittel, der Verordnung Nachdruck zu ver- hafen, uit in hinreichendem Grade immer vorhanden sind, können durch solche Vereine alle Verordnungen der Behörde vereitelt, ja, deren Autorität völlig neutralisirt werden. Diese Behörden kann ih aber nur als Organe der Staatsgewalt betrachten , um die vffentliche Ruhe und Sicherheit zu erhalten.

Abgeordn. Dittrich: Von dem geehrten Redner aus der Pro- vinz Brandenburg is gesagt worden: Die Obrigkeiten müßten ein Kriterium haben, an welchem sie erkennen fönnten, ob eine Verbin- dung verboten ist. Dieser Meinung bin ich ebenfalls; aber daraus folgt gerade, daß der erste Sab des §. 141 zu streichen is, denn sobald ein Kriterium der Strafbarkeit eintritt, kann die Obrigkeit die Verbindung auf jede Art untersagen oder auch mit Gewalt ausein- andertreiben und zur Bestrafung bringen. Außerdem is gesagt wor= den, daß in Betreff der Verwaltungs - Maßregeln, deren §- 142 er- wähnt, die Behörden Kraft haben müßten, um ihren Verordnungen Nachdruck zu verleihen, und auch daran zweifle ih nit, aber mir scheint au hier gerade richtig, was die Abtheilung sagt, denn grün=- den sich diese Maßregeln. auf das Gesel, dann hat auch die Verwal= tung Kraft, sie durchzuseben, aber niht als bloße Verwgltungs-Maß- regeln, sondern als Vollziehung der Gesebe.

(Ruf nach Abstimmung.)

Landtaas-Rommissar: Es. handelt sich hier um einen Gegen- stand, der in der neuesten Zeit eine große Rolle spielt, um die Asso- ciation, um das Streben nah Association. Wer wollte leugnen, daß in diesem Streben eines der gewichtigsten Vehikel der gewaltigen Fort- schritte liege, welche während der leßten 30 Jahre in Europa und überhaupt in der ganzen civilisirten Welt so auffallend hervorgetreten sind? Wer möchte leugnen, daß auch das Gute und Große, was in der neuesten Zeit gefördert wurde, in der Association eine wesentliche Stüße, ein vorzügliches Förderungsmittel gefunden habe? Deshalb darf man, nah meiner Ueberzeugung, dem Associationsgeiste im Prin- zipe in keiner Weise entgegentreten; wie aber alles Große und Gute auch nur zu leicht dur \chlechte und gefährliche Beimischungen in seiner Wirkung paralysirt, ja, dähin geführt werden fann, daß es nicht nux seine Bestimmung verfehlt, sondern gerade das Gegentheil von dem bewirkt, was es bewirken soll, \o is} auch die Association einem solchen Mißbrauche in hohem Maße unterworfen. Die Ge- schichte, auch diejenige unserer Tage, hat uns darüber sehr lehrende Beispiele gegeben : ih erinnere nur an die Geschichte der französischen Revolution der neunziger Jahre, an die Associationen, die in ihr eine so große Rolle hatten, und frage: wenn die französische Revolution zu den furhtbarsten Exzessen geführt hat, welche die Geschichte über- haupt kennt, ob nicht gewisse nur zu bekannte Associationen daran die wesentliche Schuld tragen? Deshalb glaube ih, daß es in der Pflicht der Regierung liegt, wenn sie im Begriff is, einen wichtigen Zweig der Geseßgebung neu zu redigiren, auch die Mittel scharf ins Auge fassen zu müssen, welche nöthig sind, um eine an sich gute Sache in denjenigen Schranken zu erhalten, ohne welche sie zu Unordnung und äußersten. Falles zur Anarchie führen kann.

Die verehrte Abtheilung hakt dies nicht verkannt, es ist auch von ihrem Vorsißenden mit Recht hervorgehoben worden, daß neben der Freiheit die Ordnung erhalten werden miissez nichtsdestoweniger aber glaube ich nachweisen zu können, daß die Einschränkungen, die sie in dieser Beziehung vorgeschlagen hat, um die Ordnung neben der Frei- heit zu sichern, durhaus unzureichend sind, Nach den Anträgen der Abthe:lung soll das Affociationsrecht nur in drei Punkten beschränkt werden. Nach §. 141 jollen verboten sein: Heimliche Verbindungen und solche, die unter unbekannten Oberen stehen, und nach §. 142 diejeni- gen Verbindungen, welche den Zweck haben, die Vollziehung der Ge- seße zu verhindern oder diese zu entkräften. Jch habe keine anderen Gränzen gefundenz es würden deshalb nah dem Vorschlage der ver- ehrten Abtheilung alle anderen Verbindungen erlaubt sein, es würde die Regierung kein gesebliches Mittel haben, einer Verbindung, welche nicht dur die eben bezeichneten Schranken verboten wäre, entgegen- zutreten . «+ +

(Zeichen der Verneinung.) oder habe ih vielleicht etwas vergessen? » « «

Abgeordn. Graf von Schwerin: Alle unerlaubten Zwedcke ste hen natürlih unter Strafen jede strafbare Handlung aber, zu der sich Leute verbunden haben, wird gerade durch diese Verbindung um so strafbarer. Uebrigens bitte ih Se. Excellenz wegen dieser Unter= brechung um Verzeihung.

Landtags - Kommissar: Jh danke sogar für diese Unterbre= chung, glaube aber nicht, daß sie meine Argumentation wesentlich stören wird; denn wenn sich Personen zur Ausübung von Verbrechen verbinden, zum Diebstahl, Raub, Mord oder hohverrätherishen At- tentaten u. \. w., #0 sind sie niht deswegen strafbar, weil sie si verbunden haben, sondern deshalb, weil ihnen ein Konat zu einem

die verbrecherishe Zwecke haben, sondern von solchen, deren Zweck - fein Strafgeseß verleßt, und die daher nah der Ansicht der Abthei=

lung unbeschränkte Freiheit erhalten sollen, Es fann aber Verbin- dungen geben, die ihrem ostensiblen Zwecke nah nichts Verwerfliches haben, und die dennoh der öffentlichen Ordnung im hohen Grade gefährlich werden können, \hon dadurch, daß sie der Zahl nah \o zunehmen, daß sie eine Macht neben der ösfent- lichen Macht bilden und dadurch die geseßlichen Regierungs=- Organe in ihrer Bewegung und Wirksamkeit lähmen. Es können sich aber auch in ihrem Schoße Bestrebungen entwideln, die der öffentlichen Ordnung entgegenstreben, ohne daß man sie geradehin verbrecherisch nennen könnte. Ih will hier nit darauf hinweisen, daß die geehrte Abtheilung bei Begutachtung des §. 142 den Zwed, die Maßregelu der Verwaltung zu entfräften, als einen erlaubten bezeichnet hat, obgleih ich der Meinung bin, daß es durchaus mit der Ordnung im Staate unvereinbar is, wenn eine Gesellschast zu dem Zwede gebildet wird, die von der geseßlichen Obrigkeit einge- seßte Verwaltung in ihren Operationen zu lähmen. Es können aber auch ganz audere Bestrebungen gefährlih werden, ih nenne die viel gebrauchten Namen: Kommu nismus und Sozialismus! Man hat zwar gesagt, wan wisse nicht, was darunter zu verstehen sei, und ih gebe zu, daß je nach den verschiedenen Abstufungen der Tendenz mehrfache Definitionen möglich sind, aber 1m Wesentlichen kennen

wir Alle ihre Bedeutung, Der Kommunismus erstrebt als leßtes

Ziel Gemeinschast des Eigenthums, oder, was damit ‘identisch ist,

Aufhebung des Cigenthums. Die Definition des Sozialismus er-

lassen Sie mir , au sein Wesen ist bekannt geñug.

Nun können zwar beide von sehr ehrenwerthen Grundsäßen ab= geleitet werden, es fönnen die edelsten Gemüther dafür gewonnen werden, kein Unbefangener aber wird bezweifeln, daß dèr Kommunis= mus in seiner Vollendung zum Umsturze alles Bestehenden führen wird; und daß den Führern solcher Associationen die Jdee nicht fremd is, auf den Trümmern des von ihnen umgestürzten geselligen Zustan- des ihre Zwingherrschaft zu begründen! Jch frage Sie, meine Herren, sollen Gesellschaften bestehen dürfen, welhe unter dem Deck=- mantel erlaubter Zwecke den Kommunismus auszubreiten si bestreben, oder gar ostensible Kommunisten-Verbindungen, oder sozialistische Ver- bindungen, welche das Verhältniß des Fabrikanten zum Arbeiter, des Gutsbesißers zu seinen Tagelöhnern zu zerstören sich bemühen i Ich frage, ob man solche Gesellschaften ohne Gefährdung für das öffent- liche Wohl überhaupt dulden, ob man sie auch dann noch dulden dürfe, wenn die Zahl ihrer Mitglieder so weit anwächst , daß {elbst bei entstehenden Exzessen das Cinschreiten _\hwierig oder gefährlich wird; ih srage, ob es im Juteresse der öffentlichen Drduung liegt, solchen Gesellschaften ruhig zuzusehen und abzuwarten, bis es zu Exzessen und damit zu einer Gesahr fommt, welche die Obrigkeit ent- weder gar nicht oder nur durch Gewaltmittel unterdrüdcen könnte? Den angeführten Beispielen würde ih noch mehrere hinzufügen fön- nen, doch werden sie genügen, um darzuthun, daß die Schranken, welche die Abtheilung den Associationen gestellt hat, nicht hinreichen, um die Gefahren des mächtig sich entwickelnden Associationsgei|tes zu beseitigen,

Es würde sich allerdings fragen: l gebung bestimmte Gränzen dafür ziehen, wo das Erlaubte aufhört und das Unerlaubte anfängt? Jh glaube aber einmal, daß dies außerordentlich \{chwer sei, und zweitens, daß der Versuch einer solchen Abgränzung nicht zur jeßigen Berathung gehöre Jh darf in erste= rer Beziehung nur auf die Zahl der Mitglieder zurückkommen. Ohne Zweifel kann eine in ihrem ostensiblen Zweck gefahrlose Gesellschaft durch die Zahl ihrer Mitglieder gefährlih werden. Wer fönnte aber eine Zahl als Maximum angeben, die nicht nach Ort und Um- ständen viel zu groß oder viel zu flein sein würde? Das französische Recht macht jede Verbindung von mehr als 20 Mitglic= dern von der willkürlichen Erlaubniß der Obrigkeit abhängig; o enge Schranken wollen Sie aber gewiß niht. Wenn aber einmal eine ostensible Gränze durch die Geseßgebung s{hwerlich gezogen wer- den kann , so glaube ih, daß nichts übrig bleibt , als das Prinzip des §. 141 anzunehmen, welches jede Verbindung als eine unerlaubte bezeichnet, sobald sie dur die Obrigkeit verboten is. Dadurch bleibt das Prinzip bestehen , daß jede Verbindung erlaubt is, die nicht verboten wird. Die Obrigkeit hat das Recht und muß das Recht haben, von den Bestrebungen einer Verbindung Notiz zu nehmen ; fommt dann der Moment, wo nah ihrem pflihtmäßigen Ermessen die Verbindung gefährlih wind, so kann und muß sie dieselbe verbie- tenz erst, wenn sie dann noch fortbesteht, wird sie strafbar.

Ueber den §. 142 habe ich mi {on ausgesprochen. Jch kann nur wiederholen, daß es unmöglih im Jnteresse der öffentlichen Ordnung liegen wird, eine Verbindung, welche den Zweck hat, Maß- regeln der Verwaltung zu hintertreiben, zu dulden.

as den dritten Paragraphen betri , \o enthält er weiter nichts, als eine Vorschrift, welche durch die Bundesgeseßgebung auch preußisches Gesebß ist. Materiell erscheint er nicht absolut nöthig, denn wenn der Bundesbeschluß nicht existirte, würde man auch mit den Bestimmungen des §- 141 ausreichen, welcher der Regierung implicite das Recht giebt, eine Gesellschaft zu verbieten, von deren Gemeingefährlichkeit sie sich überzeugt, Auch gestehe ih, daß unter den Gesellschaften, welche durch den besagten Bundesbeschluß verboten sind, durchaus unschuldige, ja unter Umständen nütlice begriffen sein können; aber auh das muß anerkannt werden , daß gerade bei den politischen Verbindungen die Gränze zwischen Unschuld und Gefahr am schwersten zu ziehen sei, und daß wir uns am wenigsten darübéêr zu beklagen haben, daß dergleichen Verbindungen durh die Bundes- gesebgebung verbotcn sind, weil wir in einer langen Kette organische Einrichtungen von der Gemeinde - Versammlung an bis zu dem Ver- einigten Landtage hinauf besiben, _welche die größte Freiheit der p0o- litischen Diskussion, jede in ihrer Sphäre, geben. L

Es wird durch die vorgeschlagenen Beschränkungen Feineêweges, wie der geehrte Deputirte der Stadt Spandau voraussebt / das freie Wort beschränkt. Das seie E E Lesnezung e

vor Verfassung und Verwaltungs - rgan io A Y e at iur 8M if beschränkt, zum Behuse dieser Besprechung

{ wo Nisocigtionen 3 uden,. I Ao bet zupilbé den Wunsch, daß §- 144, wie er im S chlagen is, angenommen werde. Handelt es sich dur die Geseßgebung die Gränze des erlaubten A}ociatio -stzustellen, den Zeitpunkt näher zu bezeichnen, wann Ao brigkeit N Gesellschaft verbieten darf, so ist das ein Gegen- S der nicht in das Kriminalrecht gehörenden Gesebgebung. Jst die Feststellung in entsprehender Weise möglich, so könnte es der Ver- waltung nur willkommen sein, weil es gewi für sie nichts weniger als erwünscht ist, willkürlih scheinen zu mühjen. So lange ihr aber feine bestimmten Gränzen vorgezeichnet sind, wird sie da einschreiten müssen, wo die Aufrechterhaltung der öffentlihen Ordnung solches erfordert.

Abgeordn. Camphaujen: Der verehrte Abgeordnete aus Pom-

,

Lassen sich dur die Geseb-

Entwurfe vorge! später darum,

Verbrechen zur Last fällt, Jch rede also nicht von Verbindungen,

mern hat in seinem ersten Vortrage mit zwei Worten den Stand-